Handelsgebiet und Handelswaren der...

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1 Übersicht: 1. Handelsgebiet und Handelswaren der Hanse 2. Die Kaufleute der Hansezeit 3. Geldwesen 4. Nowgorod – das Kontor im Osten 5. Koggen 6. Der Hansetag 7. Die Seekriegsführung 8. Niedergang der Hanse 9. Die Hanse zur Neuzeit 1. Handelsgebiet und Handelswaren der Hanse - Hansischer Handel Hansischer Handel ist im wesentlichen der Handel, den die deutschen Kaufleute der Städte Nordeuropas betrieben, indem sie Waren aus Osteuropa nach Wes- ten beförderten und umgekehrt. Diese Verbindung zwischen Osteuropa und dem nördlichen Westeuropa war ein wesentlicher Faktor für die Entstehung und das Fortleben der Hanse. Dieser große Hauptweg lässt sich anhand der Linie Nowgo- rod – Reval – Lübeck – Hamburg – Brügge – London darstellen. Später wurden die Waren auch statt über Lübeck und Hamburg mit Schiffen durch den Sund trans- portiert Jedoch kann man den hansischen Handel nicht nur auf diese Ost- West Han- delsachse beschränken. Die Hanse hatte auch mit dem Norden und dem Süden intensive Handelsbeziehungen. Eine andere besonders wichtige, aber nicht unbe- dingt Handelsstraße war die rheinische Linie, die Italien und Frankfurt mit den Niederlanden und England verband. Jedoch weiß man, dass auch Erzeugnisse, die man im Hansebereich selbst herstellte oder erntete (Bier, Leinwand, Salz, Ge- treide), in geringeren Umfang in den hansischen Handel einflossen.

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Übersicht:

1. Handelsgebiet und Handelswaren der Hanse 2. Die Kaufleute der Hansezeit 3. Geldwesen 4. Nowgorod – das Kontor im Osten 5. Koggen 6. Der Hansetag 7. Die Seekriegsführung 8. Niedergang der Hanse 9. Die Hanse zur Neuzeit

1. Handelsgebiet und Handelswaren der Hanse - Hansischer Handel Hansischer Handel ist im wesentlichen der Handel, den die deutschen Kaufleute der Städte Nordeuropas betrieben, indem sie Waren aus Osteuropa nach Wes-ten beförderten und umgekehrt. Diese Verbindung zwischen Osteuropa und dem nördlichen Westeuropa war ein wesentlicher Faktor für die Entstehung und das Fortleben der Hanse. Dieser große Hauptweg lässt sich anhand der Linie Nowgo-rod – Reval – Lübeck – Hamburg – Brügge – London darstellen. Später wurden die Waren auch statt über Lübeck und Hamburg mit Schiffen durch den Sund trans-portiert Jedoch kann man den hansischen Handel nicht nur auf diese Ost- West Han-delsachse beschränken. Die Hanse hatte auch mit dem Norden und dem Süden intensive Handelsbeziehungen. Eine andere besonders wichtige, aber nicht unbe-dingt Handelsstraße war die rheinische Linie, die Italien und Frankfurt mit den Niederlanden und England verband. Jedoch weiß man, dass auch Erzeugnisse, die man im Hansebereich selbst herstellte oder erntete (Bier, Leinwand, Salz, Ge-treide), in geringeren Umfang in den hansischen Handel einflossen.

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- Handelsraum Der vom hansischen Handel erfasste Raum umschloss mehrere, sehr unter-schiedlich strukturierte Wirtschaftszonen mit ungleichen Entwicklungsstand und stark voneinander abweichenden Angebots- und Nachfragestrukturen. Das nörd-liche Westeuropa war dem rohstoff- und nahrungsmittelreichen Nord- und Ost-europa gegenüber gewerblich frühentwickelt. Im großen und ganzen erscheint es so, dass der Osten im Warenkreislauf vor allem Rohstoffe, Massengüter von re-lativ geringen Wert, der Westen dagegen im Austausch Fertigwaren und wert-volle Genussmittel lieferte. Hier bestand eine Unausgewogenheit im Austausch, da der von Osten nach Westen gehende Warenstrom nach Gewicht und Wert größer war als der in der entgegengesetzten Richtung. Die auf der Fahrt nacht Westen voll beladenen Schiffe kehrten oft nur teilweise beladen oder leer zu-rück. Bedeutung von Reval (Tallinn) Obwohl Reval unter (zunehmend lockerer) dänischer Herrschaft stand, behielt die Stadt eine deutsche Oberschicht und da diese fast ausschließlich aus Kauf-leuten bestand, ist ein baldiger enger Kontakt zur Hanse nicht verwunderlich. Dass sich Reval als der Hanse zugehörig betrachtete ist bereits für 1252 beleg-bar und findet spätestens 1285 ausdrückliche Erwähnung. Von wirtschaftlicher Bedeutung war die dänische Entscheidung von 1294, allen deutschen Kaufleuten den Handelsweg nach Nowgorod über Reval und Narwa zu gestatten. Damit war der Grundstein gelegt, Reval zu einem Knotenpunkt des hansischen Ostseehan-dels werden zu lassen.

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Haupthandelswaren 1. Tuch 2. Pelze 3. Wachs 4. Salz 5. Trocken- und Salzfisch 6. Getreide 7. Holz 8. Bier

Die Bedeutung der Handelswaren

Tuch Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert stand der Tuchhandel wertmäßig an erster Stelle. Für das Produkt Tuch herrschte großer Bedarf und es gab eine große Vielfalt von Qualitäten und Preisen. Gewinne von 15% bis über 30% waren den Kaufleuten sicher. Im 13. und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts handel-ten die Hansekaufleute fast ausschließlich mit flämischen Tuchen. Im Gegensatz zu anderen Kaufleuten hielten die Hansekaufleute lange an den flämischen Tu-chen fest. Aber im 15. Jahrhundert setzten sich die englischen und holländi-schen Stoffe trotz feindlicher Vorschriften überall immer mehr durch. Tuche aus Frankreich, vom Rhein und aus den Hansestädten selbst spielten nur eine be-scheidene Rolle. Ende des 14. Jahrhunderts erlebte die polnische Textilindustrie einen Aufschwung und es entstand auch eine steigende Nachfrage nach den, vor allem von Frankfurt aus in den Handel gebrachten, italienischen Luxustüchern in Nordeuropa.

Pelze Der Pelzhandel war in gewisser Weise das Gegenstück zu dem Handel mit Tuchen aus Westeuropa. Er galt als Grundlage des hansischen Wohlstandes. Die Schiffe der Kaufleute konnten teilweise mehr als 200.000 Stück der, zum Versand in Fässern verpackten, Pelze laden. Pelze wurden im wesentlichen aus Russland, vor allem aus Nowgorods eingeführt. Nowgorods Hinterland bot von wertvollen Zo-bel- und Hermelinpelzen bis hin zu Kaninchenpelzen eine Vielfalt von verschiede-nen Pelzen. Aus England und Schottland wurden in umgekehrter Richtung Schaffelle in den Ostseeraum geliefert

Wachs Wachs war der andere wichtige russische Handelsartikel. Die Beleuchtungsbe-dürfnisse in Kirchen, Schlössern und Häusern garantierten einen regelmäßigen Absatz, jedoch mit relativ bescheidenen Gewinnen.

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Salz Salz hatte einerseits die Funktion als Nahrungsmittel und war andererseits auch Konservierungsmittel für Butter, Käse, Fleisch und Fisch. Dieses kostbare Pro-dukt fehlte im Osten fast völlig. Es gehörte zu den frühesten Gegenständen hansischen Handels. Im Spätmittelalter rechnete man mit einem Jahresbedarf von 15-16 kg Salz pro Kopf. Somit ergab sich für die Hanse also ein aufnahmebe-reiter Markt.

Eine überaus leistungsfähige Produktionsstätte war die Saline in Lüneburg. 50% des Salzes gelangte über Lübeck in den Ostseeraum und ein Drittel wurde über Hamburg gehandelt. Das Lüneburger Salz zeichnete sich durch hohe Reinheit und eine hohe konservierende Wirkung aus, so dass auch die Konkurrenz des französischen Baiensalzes nicht zu einem Verlust der Märkte für das Lünebur-ger Salz führte.

Das Baiensalz (Bai von Bourgnot: Meersalz, später Sammelbegriff für französi-sches und spanisches Salz) war grobkörniger als das Salinensalz, stärker verun-reinigt, bitterer im Geschmack und soll eine geringer konservierende Wirkung besessen haben. Im Gegensatz dazu war das Baiensalz aber – trotz der hohen Transportkosten - deutlich billiger. Hamburger, Lübecker und Kaufleute aus an-deren wendischen Städten waren am Baiensalzhandel beteiligt. Die hansische Baienflotte zählte 100 Schiffe. In der Baienfahrt fuhren die größten Schiffe. Das Baiensalz war das einzige Massengut des Westens.

Getreide Preußen und Polen waren die großen Produzenten von Getreide, das hauptsächlich über Danzig nach Osteuropa transportiert wurde. Vor allem Norwegen und Flan-dern hatten einen großen Bedarf an Getreide. Der dringende Korn- und Mehlbe-darf brachte Norwegen seit dem 13. Jahrhundert in direkte wirtschaftliche Ab-hängigkeit von den wendischen Städten

Holz Der hansische Osten war auch der große Holzlieferant Westeuropas. Danzig spielte die Hauptrolle im Holzexport und in der Ausfuhr der sehr begehrten Ne-benprodukte des Waldes (Asche, Pech und Harz). Flandern und England waren die wichtigsten Holzabnehmer, da diese das Holz unter anderem als Bauholz für ihre Schiffe brauchten. Das Eibenholz aus den Karpaten war besonders bei den Engländern für die Bogenherstellung gefragt. Ende des 15. Jahrhunderts ist die Holzausfuhr des preußischen Holzes infolge der Konkurrenz des Norwegischen Holzes gesunken.

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Bier Das Bier war das einzige ausschließlich durch den Hansebereich und nicht durch ein fremdes Land gelieferte Produkt. Es gehörte zu den Grundnahrungsmitteln.

Andere Handelswaren: Der Wein hatte für den hansischen Handel einen ähnlich große Bedeutung wie die Haupthandelsartikel. Der Rheinwein, über Köln und Frankfurt auf den Markt ge-bracht, hatte im ganzen Hansebereich den Vorrang. Französische Weine waren teurer, aber ebenfalls überall verbreitet.

Der Bedeutungsverlust der Hanse durch Veränderungen im Handel

Die Verkehrslinie Nowgorod - London war die Basis für den Erfolg des hansi-schen Handels. Ein aufkommender west-östlicher Handelsweg von Frankfurt und Nürnberg über Leipzig nach Polen und das Eindringen der Holländer in den östli-chen Handelsraum wurden zu einem Anzeichen für den Verfall der Hanse. Ge-würze und Niederländische Tuche wurden in die eine und Pelze in die andere Richtung gehandelt. Krakau und Breslau waren so am Ende des 15. Jahrhunderts durch die Neuorientierung ihres Handels der Hanse entfremdet.

Der Aufstieg Hollands war eine der Hauptursachen des späteren Rückganges der Hanse: Er entwand ihr unter anderem das Handelsmonopol in den nordischen Meeren (holländischer Heringsfang in der Nordsee, holländische Schifffahrt).

2. Die Kaufleute der Hansezeit Die wandernden Kaufleute: Bis zu Beginn des 14. Jahrhunderts dominierten die wandernden Kaufleute den hansischen Handel. Diese kauften auf ihren Fahrten Waren ein und verkauften, sie dann wiederum an einem andern Ort, wobei die Kaufleute natürlich einen Ge-winn bei diesem Handel anstrebten. Da sie aber ihre Waren auf den Fahrten be-gleiten mussten, konnte das Handelsvolumen nicht ihre Transportkapazität über-steigen sie waren also in der Menge der Ware und damit im Umsatz einge-schränkt. Die sesshaften Kaufleute: Durch immer größere Waren- und Geldvolumen im Handel entwickelte sich ab dem 13. Jahrhundert, wie in Italien schon üblich, der Typ des sesshaften und von seinem Sitz aus den Handel leitenden Kaufmanns. Dieser begleitete die Ware

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nicht mehr auf dem Wege, sondern regelte den Warenverkehr über Niederlas-sungen in wichtigen Handelsstädten, durchgeführt von beauftragten Mitarbei-tern. Da der Händler und Transporteur in einer Person, nämlich des Wander-kaufmanns, nun nicht mehr existierte, teilten sich der Handel und das Trans-portgewerbe in zwei verschiedene Wirtschaftszweige. Kompanien und Handelsgesellschaften: Die Hansekaufleute schlossen sich in Gilden, Kompanien und Handelsgesellschaf-ten zusammen. Die seit dem 13. Jahrhundert in vie-len Städten gegründeten Gilden dienten beruflich und gesellschaftlichen Zwecken. Charakteristischer für die hansische Welt aber waren Kaufleutegrup-pen die nach ihren Handelsbeziehungen zum Ausland oder einem ausländischen Hafen gegliedert waren. Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts tauchen Ver-bindungen dieser Art in verschieden See- und Bin-nenstädte auf, die den Namen Kompanien tragen. Um Kapitalien zu bündeln und das Risiko für den einzelnen zu mindern, schlossen sich die Kaufleute auch zu Handelsgesellschaften zusammen. Meistens bestanden sie nur aus einer kleinen Zahl von Teilha-bern, die sich auf einen bestimmten Zeitraum zu-sammenschlossen.

3. Geldwesen Seit der karolingischen Münzreform war die Grundlage des Münzwesen in Deutschland das Pfund Silber gewesen, das in 240 Dinare oder Pfennige ausge-münzt worden war. Der karolingische Pfennig, von denen 12 einen Schilling aus-machten, hatte sich fast alle europäischen Länder erobert. Später wurde das halbe Pfund, die Mark Silber, die Norm nach der sich Zahl und Gehalt der Münz-sorten richteten. Neben diese Gewichtsmarkt trat dann die Mark als Rech-nungswert. Im hansischen Bereich war das die Lübische Mark, um 1400 ihrem Silberwert nach etwa 40 Reichsmark von 1900 entsprechend, aber natürlich von weit höherem Kaufwert. Die Ausmünzung der Mark Silber schwankte zwischen dem 13. und dem 15. Jahr-hundert erheblich. Das macht es schwierig, Münzwerte aus verschiedenen Zeiten miteinander zu vergleichen oder ihren Wert auf heutige Kaufkraft umzurechnen: Es sind nur ganz vage Vergleiche möglich. Wir haben deshalb darauf verzichtet,

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Warenpreise oder finanzielle Leistungen anzugeben oder umzurechnen. Man kann nur ungefähr gleichzeitig Werte zueinander in Beziehung setzen. In anderen Länder wurde auch zum Teil mit Gold oder sogar mit Leder oder Fell-geld gezahlt. England hatte die Währung Sterling. Die Vielfalt der Zahlungsmittel hatte zur Folge, dass sich in den Handel als be-sonderer Beruf und Stand die Geldwechsler einschalteten. In Brügge bildeten sie eine Organisation unter gräflicher und städtischer Aufsicht, für deren Tä-tigkeit die Stadt eine Haftung übernommen hatte. Häufig waren es Lombarden, die ja auch die Träger des Bankwesens in Nordwesteuropa waren, in England und den Niederlanden vor allem. Die Begriffe Lombardkredit und Lombardsatz erin-nern bis heute an ihre Rolle im Geldwesen.

4. Nowgorod – das Kontor im Osten Nowgorod liegt etwa 150km südlich von Sankt Petersburg am Ilmensee. Diese geographische Lage ist geradezu ideal, da die Flüsse Lovat, Shelon, Msta und Volkhov in den See münden und ideale Transportwege eröffnen. Die Volkhov führt direkt durch Nowgorod hindurch in Richtung St. Petersburg mündet in den Lagodasee, von welchem man durch St. Petersburg direkt in die Ostsee gelangt. Über die Flüsse im Süden Nowgorods kann man sogar bis ins Schwarze Meer ge-langen. Da die Umgebung Nowgorods sehr waldreich war, stand Holz als wichti-ger Baustoff in ausreichender Menge zur Verfügung. Die Verkehrverbindungen zu den Städten Kiew und Moskau, die damals an Bedeutung zunahmen, waren günstig. Nach Lübeck 1159 an der Ostsee neu gegründet wurde, begannen die hansischen Kaufleute sogleich mit ihrem Schiffen zur Ostseeinsel Gotland zu fahren. Hier hatten sie den ersten Kontakt mit den russischen Kaufleuten aus Nowgorod. Es dauerte nicht lange und die hansische Kaufleute folgten den skandinavischen und russischen Kaufleuten nach Nowgorod.

5. Koggen Seit dem 12. Jahrhundert wurden Koggen als Handels-schiffe eingesetzt. Dieser neue Schiffstyp hat für die Hansekaufleute eine so große Bedeutung erlangt, dass er vielfach zum Synonym für die Hanse geworden ist. Diese verdeutlichen auch die vielen Stadtsiegel, die Koggen abbilden.

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6. Der Hansetag

Die Hanse war eine locker organisierte Vereinigung von Städten, die nur wenige gemeinsame Institutio-nen besaß. Sie verfügte weder über fest angestelltes Personal noch über reguläre Geldquellen. Auch besaß sie keine feste Flotte oder ein jederzeit bereites Heer. Diese lockere Organisationsform der Hanse, die keine Anzeichen eines Staates - aber die Macht eines solchen - besaß, hat bei vielen römisch geschul-ten Juristen der damaligen Zeit eine große Ratlosig-keit hervorgerufen. Obwohl die Hanse nicht in der Form eines Staates organisiert und verwaltet wurde, hatte sie die Möglichkeit, wesentliche Entscheidungen und Beschlüsse zu tref-fen.

Die Mitglieder der Hanse wurden nie registriert. Die Hanse hatte sich sogar ge-weigert, ein Mitgliederverzeichnis zu erstellen Die Schätzungen reichten von 50 bis 200 Mitgliedern. Es war auch kaum möglich, die Mitgliederzahl festzustellen, da es teilweise Städte gab, welche die Hanseprivilegien in Anspruch nahmen, a-ber selber nicht in dem Städtebund vertreten waren. So gab es eine natürliche Gliederung der Hansestädte, in der die größten Städte eine Vormachtstellung einnahmen. Diese Einteilung wurde in Drittel vorgenommen. Das erste Drittel umfasste die wendischen, sächsischen, pommerschen und brandenburgischen Städte mit Lübeck als Hauptort. Das zweite Drittel wurde von Dortmund, später Köln geleitet. Ihm gehörten die westfälischen, rheinischen und preußischen Städte an. Das letzte, gotländisch-livländische, Drittel hatte anfangs Wisby, später Riga zum Vorort. Braunschweig gab sich nicht mit der Unterordnung un-ter Lübeck zufrieden und beantragte auf dem Hansetag von 1494 eine Umgrup-pierung der Drittel. Es wollte zum Hauptort des Drittels mit den sächsischen, preußischen und livländischen Städten werden. Da Danzig damit nicht einver-standen war, bildete man ein eigenes sächsisches Viertel mit Braunschweig an

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der Spitze und ein preußisch-livländisches mit Danzig als Hauport. An Stelle der Drittelaufteilung gab es nun die Viereraufteilung – die Quartiere. Lübeck und die wendischen Städte übernahmen die Führung in der Organisation dieser Quartie-re.

Eine sehr wichtige Rolle bei Beschlüssen und Entscheidungen spielten die Hanse- und Regionaltage. Dort wurden Beschlüsse diskutiert, beraten, getroffen und umgesetzt. Die Hansetage galten im Gegensatz zu den Regionaltagen als oberste Instanz. Sie wurden jedoch seltener einberufen als Regionaltage

Der Hansetag galt als das leitende Organ der Hanse und war die Hauptversamm-lung der Hansestädte. Der Hansetag entschied über Handelsverträge und Han-delsprivilegien, über Verhandlungen mit ausländischen Städten oder Herrschern, über Frieden, Krieg oder Blockade, über den Ausschluss oder Zulassung von Mit-gliedern. Außerdem war es die Aufgabe der Hansetage, bei Konflikten zwischen Hansestädten zu vermitteln und zu schlichten. Der Hansetag tagte in unregelmäßigen Abständen von 1358 bis 1669. In den Zei-ten großer politischer Konflikte häuften sich die Hansetage; in den Zeiten ruhi-ger Entwicklung gab es manchmal lange Perioden ohne Hansetage. Die Beteiligung an den einberufenen Hansetagen war gemessen an der Zahl der Mitglieder ge-ring. Dieses hatte verschiedene Gründe: Zur damaligen Zeit war das Reisen teu-rer, schwieriger und zeitraubender als heute. Aus diesem Grund nahmen meist nur die größeren und reicheren Städte an einem Hansetag teil. Da einige Hanse-städte über 300 km von Lübeck entfernt waren, bedeutete das, dass diese Städte recht selten auf Hansetagen vertreten waren. Ein anderer Grund für das Ausbleiben einiger Städte lässt sich damit erklären, dass es häufig unbeliebte Beschlüsse zu treffen gab. Meist blieben die betroffenen Hansestädte den Hansetagen fern, um einem Beschluss damit aus dem Wege zu gehen.

An den Hansetagen konnten meistens alle bedeutenden Personen des Reiches teilnehmen. Dazu gehörten zum Beispiel der Kaiser, Erzbischöfe, Fürsten oder Abgesandte. Sie hatten kein Stimmrecht, sondern nur das Recht, ihre Meinung über die Beschlüsse, welche sie betrafen, dem Hansetag mitzuteilen.

Lediglich Ratssendeboten (meist Ratsherren) waren bevollmächtigt, ihre Stadt oder eine jeweilige Städtegruppe (mit Hilfe des Vertretungssystem) auf Hansetagen zu vertreten. Sie allein waren zur Stimmabgabe berechtigt. Sie wur-den durch die Räte der jeweiligen Hansestädte abgeordnet und erhielten die Anweisung, die Meinung der einzelnen Städte zu den in der Einladung bekannten Tagesordnungspunkten zu vertreten. Dieses bedeutete, dass jeder Ratssendebo-te vor jedem Hansetag genau informiert werden mußte, wie er sich zu den ein-zelnen Tagesordnungspunkten zu verhalten hatte. Die Aufgabe der Boten war es

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somit, die Standpunkte ihrer Stadt oder Städtegruppen vorzustellen und zu ver-suchen, die Interessen zu wahren.

Nach der Einladung durch Lübeck erschienen die Teilnehmer der Hansetage nur zögerlich. Meist verschob sich der Beginn der Tagung, weil nicht alle Teilnehmer rechtzeitig erschienen.

Die Vertreter der Städte nahmen bei den Verhandlungen im Sitzungssaal Platz. Dabei war der Platz jedes Ratssendeboten nach einer Rangordnung festgelegt, die meist zu Streitigkeiten führte. Der Platz in der Mitte eines hufeisenförmi-gen Tisches stand Lübeck zu, obwohl ihm dieser durch Köln wiederholt streitig gemacht wurde. Später nahm Köln den rechten Platz an der Seite Lübecks ein. Die weiteren Plätze um Lübeck herum nahmen Hamburg und Bremen ein.

Der meist mehrere Tage dauernde Hansetag wurde von dem Gastgebern Bürger-meister eröffnet und geleitet. Die einzelnen Sitzungen dauerten lange, da die Übereinstimmung der Teilnehmer schwer herzustellen war. Nach Abschluss der Verhandlungen mussten die Beschlüsse mit einer Stimmenmehrheit gefasst wer-den. Die endgültigen Beschlüsse eines Hansetages wurden in Rezessen zusam-mengefasst und schriftlich festgehalten. Jeder Ratssendebote erhielt einen dieser auf Pergament geschriebenen Rezesse und ließ nach der Rückkehr in seine Stadt Abschriften für die zu seinem Bereich gehörenden Städte anfertigen. Diese von den Ratssendeboten weitergeleiteten Rezesse wurden in den übrigen Hansestädten von dem Rat diskutiert und beraten. Später wurden sie dann ver-lesen und es wurde versucht, sie in die Praxis umzusetzen. Meist jedoch lag ein großer Unterschied zwischen Theorie und Praxis.

7.Die Seekriegsführung zur Zeit der Hanse Nach Karl von Clausewitz die Fortsetzung der Politik, nur mit anderen Mitteln. Er bezog sich mit seiner Aussage zwar nicht auf die Kriege zur Zeit der Hanse, doch scheint seine Aussage für diese sehr treffend. Der Hanse war daran gele-gen, Kriege und Auseinandersetzungen soweit als möglich zu vermeiden. Kriege waren grundsätzlich die letzte Möglichkeit zu einem, dann mehr oder minder mi-litärisch erzwungenen, Konsens zu kommen.

Die Hanse war stets bemüht mit innen- und außenpolitischen Problemen diploma-tisch zu verfahren. Besonders war ihr daran gelegen, die Seehandelsverbindun-gen aufrecht zu erhalten, weil diese von besonderer Bedeutung waren. Schließ-lich machten der Seehandel und die Seeschifffahrt die eigentliche Stärke der Städtegemeinschaften aus. Die Seemacht der Hanse lag im ökonomischen, politi-

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schen und kulturellen Entwicklungsstand der Seestädte begründet. Selbst wenn eine Auseinandersetzung auf See unumgänglich war, bemühte sich die Hanse um Neutralität und versuchte benachbarte Fürsten und Herren als Bundesgenossen zu gewinnen. Um keinen Zweifel an ihrer Friedfertigkeit und Redlichkeit auf-kommen zu lassen, wies die Hanse auch nie Vermittlungsangebote anderer Länder ab, die ihr unterbreitet wurden. Auch die Kontakte zu den Kriegsgegnern wurden aufrecht erhalten, um nicht die Gelegenheit zu verpassen den bewaffneten Aus-einandersetzungen ein frühzeitiges Ende zu machen und den geregelten Seehan-del fortzusetzen. Die durch den Seekrieg erzwungene Möglichkeit, politische oder wirtschaftliche Ziele zu erreichen, stand eher im Hintergrund, wurde aber dennoch bei “Bedarf” angewandt.

Rüstungen und Kriegsführung kosteten auch damals schon viel Geld. Kam es aber zum Krieg, beschloss der Hansetag das Vorhaben und das Ziel des Seekriegsun-ternehmens, die zu stellenden Städtekontingente sowie die Lastenverteilung. Die für die betroffenen Mitgliedsstädte verbindliche Grundlage für den Kriegsplan wurde ebenfalls auf dem Hansetag beschlossen. Wie schon oben erwähnt, mach-te die Seeschifffahrt die eigentliche Stärke der Hansegemeinschaft aus. Sie war deshalb so von besonderer Bedeutung, weil die Mitgliedsstädte, denen daran gelegen war, die Sicherheit auf See und den profitablen lebenserhaltenden Han-del zu gewährleisten, auch bei Auseinandersetzungen zusammenarbeiteten. Das hieß, im Falle einer Auseinandersetzung arbeiteten Kontore, Konvois und Flotten-verbände der einzelnen Städte gemeinsam daran, Beschlüsse zu fassen, die für die zu finanzierenden, in den Krieg geschickten Flotten verbindlich waren. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren allein in den sieben Hanse-städten Lübeck, Hamburg, Danzig, Bremen, Stralsund, Rostock und Wismar an-nähernd 1000 Schiffe beheimatet. Daran, dass Handelsschiffe jener Zeit kurz-fristig um- und aufgerüstet werden konnten, wird deutlich, dass die Mitglieds-städte bei Bedrohung ihrer Handelsinteressen gewaltige Flottengeschwader in den Krieg führen konnten.

8.Niedergang der Hanse

Mitte des 15. Jahrhunderts begann der Niedergang des Hansebündnisses. Die Herrscher der Anrainerländer gewannen an politischer Macht und schränkten das Monopol der Hansestädte auf Handel und Fischfang ein. Die Jahrhunderte lang aufrecht erhaltenen Steuerfreiheiten und Privilegien der Hansekaufleute wurden eingeschränkt. So begann Dänemark im Jahr 1429 systematisch den Sundzoll auf durchfahrende Handelsschiffe zu erheben. Im Jahr 1494 schloss

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Zar Iwan III. das Hansekontor in Nowgorod. 1603 wurde der Stalhof in London aufgehoben. Die deutschen Landesfürsten begannen sich gegenüber den Städten durchzusetzen und beschleunigten den Niedergang der Hanse. Sie untersagten den innerdeutschen Hansestädten das Bündnis mit den bedeutenden Küstenhan-sestädten des Nordens und zwangen sie aus dem Bund auszusteigen. Gleichzeitig drangen die Engländer und Holländer verstärkt in den Wirtschaftsraum der Ost-see vor, die Hanse bekam starke Konkurrenz. Den zunehmend komplexer gewordenen politischen und wirtschaftlichen Gege-benheiten des 15. Jahrhunderts fiel bald die hansische Solidarität zum Opfer, da es immer schwieriger wurde, einheitliche Entscheidungen zu treffen. Die Hanse sprach immer weniger mit einer Stimme. Während im 15. Jahrhundert der internationale Handel immer engere Verflechtungen einging, erstarrte die Hanse zunehmend im wenig flexiblen Festhalten an überkommenen Privilegien. Als Kon-strukt des Mittelalters war der Bund der Kaufleute und Städte dem wirtschaft-lichen und politischen Aufbruch Europas in die Moderne nicht länger gewachsen

9.Die Hanse der Neuzeit Im späten Mittelalter war die Hanse ein blühendes Bündnis zwischen den Städ-ten und Kaufleuten im Nord- und Ostseegebiet. Die Neugründung der Hanse ver-danken wir der niederländischen Stadt Zwolle, welche im Jahre 1980 anlässlich ihrer 750- Jahr-Feier zu einem Hansetag einlud. Damit wollte sie an die alte Tradition der Hanse anknüpfen, der Zwolle angehört hatte. Der Anlass: Bei der Vorbereitung des Jubiläums war im Stadtarchiv eine Urkunde entdeckt worden, in der Zwolle als erste Stadt des Hansebundes die Stadt Lübeck als Haupt der Hanse anerkannt hatte. Zum Hansetag in Zwolle – dem ersten Hansetag seit 1669 – kamen Vertreter aus 43 ehemaligen Hansestädten. Die Idee, die Hansetage wieder aufleben zu lassen, war geborgen. Auf den neu entstandenen Hansetagen werden die Gegenwartsprobleme, wie zum Beispiel Umweltprobleme oder Denkmalschutz der Städte, diskutiert und Er-fahrungen ausgetauscht. Inzwischen nehmen regelmäßig über 100 Städte aus ganz Europa an den Hansetagen teil. Bewerbungen von Städten um die Veranstaltungen von Hansetagen liegen bis zum Jahr 2029 vor.

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Referat von © Sabrina Rinderle, 2006 Im Rahmen des Leonardo – Projekts der Europäischen Union. Kaufmännische Schulen Offenburg und Tallinna Majanduskool

Vervielfältigungen erwünscht – unter Bekanntgabe der Verfasserin.