Heft 02, 2008

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2008 Heft 3 Weltweite Klänge - Sonidos de la Tierra JESUITENMISSION MENSCHEN FÜR ANDERE

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Magazin der Jesuitenmission Österreich

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Weltweite Klänge - Sonidos de la Tierra

JESUITENMISSIONMENSCHEN FÜR ANDERE

Liebe Freundinnen und Freunde der Jesuitenmission!Schwester Ursula erzählte mir kürzlich folgendes Erlebnis: Bei einer Pilgerreise nach Israel verbringt die Gruppe auch einen Tag in der Wüste. Nomaden laden die Gruppe in ihr Zelt ein. Alles atmet auf: Mitten unter der sengenden Sonne stehen sie plötzlich im Schatten eines geräumigen Zeltes. Der Innenraum ist einfach, die Haushalts-Utensilien sind praktisch verstaut. Und plötzlich ist auch schon für jeden eine Tasse Tee bereitet – eine Stärkung in der Hitze der Wüste. Die Gastfreundschaft rührt die

Pilger an. Aber wie können sie mit den großzügigen Gastgebern kommu-nizieren? Ein Lied, eine Melodie löst sich aus der Gruppe, und über die Musik können sie ihre Dankbarkeit, ihre Hochachtung und Anerkennung der Nomaden-Gemeinschaft gegenüber ausdrücken. „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder …“- weit abseits von jeder folkloristischen Romantik: Musik verbindet Menschen. Musik ermöglicht uns, andere Kulturen besser zu verstehen, Musik spricht den ganzen Menschen an, in seinen Gefüh-len, seinem Geist und Intellekt und in seinem Glauben. Mit diesem Heft wollen wir Sie zu einer Reise durch südamerikanische Erfahrungen der Ungerechtigkeit und der Suche nach einer harmonischeren Weltgemein-

schaft einladen. Die Töne, die hier anklingen, tun weh: Ausgrenzung, Bürgerkrieg, Gewalt, Ausbeu-tung der Natur. Sie rufen nach einem Kontra-punkt. Unser Interesse und Verständnis, unsere Sorge und unsere Hilfe können dazu beitragen, dass sich Lebensmelodien in Kolumbien, Brasi-lien und Paraguay harmonisch verändern.

Ich bedanke mich herzlich bei allen, die uns in den bisherigen Projekten unterstützt haben. Die Reaktion auf unsere Bitten und die Spenden, die bei uns eingehen, sind ein sichtbares Zeichen gelebter Nächstenliebe. Vergelt´s Gott an Sie alle!

Hans Tschiggerl SJ, Missionsprokurator

Impressum

Jesuitenmission Menschen für andere, 2008 Heft 3 Medieninhaber und Herausgeber: Missionsprokur der Gesellschaft Jesu in Österreich, Canisiusgasse 16, A-1090 Wien, Tel +43 01 3170519, [email protected], www.jesuitenmission.at Redaktion: P. Hans Tschiggerl SJ, Mag. Katrin Morales, Gestaltung: Martin Tiefengrabner, Druck: LDD Communication A-4664 Gmunden Bildnachweis: P. Hans Tschiggerl SJ (S.2,22) Jesuitenprovinz Paraguay (Titelbild) P. Friedrich Sperringer SJ (S.6,7,17) P. Jorge Serrano SJ (S.3,5,12,13,18,19,23, Schluss-bild) Jesuitenmission Deutschland (S.8,9,10,16,20,21) Katrin Morales (S.3,4) Patrick Karbon (S.14,15) P. Marco Recolons SJ (S.16)

DVR 0029874(234), P.b.b. Verlagsort 1090 Wien GZ 02Z032649M

Kolumbien: Friedensarbeit 3Paraguay: Sonidos de la Tierra 6Brasilien: Bedrohte Indio Völker 9Gott der Armen 12Good Morning Teacher 14An die Grenzen gehen 16Interview mit Jorge Serrano SJ 18Ein Leben für Indien 20In Kürze 22Unsere Bitte 23

KoLUMBIEN

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Friedensarbeit in Kolumbien

Seit 40 Jahren erlebt Kolumbien einen latenten Bürgerkrieg. Gewalt-tätige Auseinandersetzungen, Entfüh-rungen und Landvertreibungen stehen auf der Tagesordnung. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft sind schwerwiegend: Abgesehen von den direkten, bewaffneten Konflikten, die viele Tote fordern, hinterlässt die Gewalt ihre Spuren in den Struk-turen der Gesellschaft. Gewalt als Konfliktlösung wird legitimiert, die erfahrene Gewalt setzt sich in den Familien fort, und wird in sozialen und politischen Systemen reprodu-ziert. In diesem Umfeld versucht „Amar y Servir“, ein Zusammen-schluss verschiedener Sozialorganisa-tionen der Jesuiten, unter der Leitung von P. Jorge Serrano SJ, in unter-schiedlichen Bereichen Friedens-arbeit zu leisten. Bei einem Besuch Anfang des Jahres konnte ich einige

dieser Projekte kennen lernen.

Veränderung beginnt bei Kindern

In den Schulen und Gemeinschafts-zentren von „Fe y Alegria“ bekom-men Kinder und Erwachsene aus

den Barrios, den Armensiedlungen, die Möglichkeit zu Schul- und Weiterbildung, die ihnen eine trag-fähige Zukunft ermöglichen soll. Es gibt auch pastorale und kultu-relle Angebote, sowie handwerkliche Kurse.

Seit 400 Jahren sind Jesuiten in Kolumbien tätig. Unter dem Namen „Amar y Servir“-„Lieben und Dienen“- arbeiten sie in Schulen, mit Gemeinden und Flüchtlingen für eine tragfähige Gesellschaft und unterstützen Menschen dabei, ihren Beitrag zum Zusammenleben in Frieden zu leisten.

Für Kinder aus Armenvierteln ist der Schul- besuch nicht

selbstverständlich

Großmütter helfen bei der Essensausgabe

Im Kindergarten lernen schon die Kleinsten wie man friedlich miteinander auskommt

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Soziales Engagement

Im „Haus der Grosseltern“ tref-fen sich Kinder und Senioren. Beide wären sonst allein, weil die

mittlere Generation den ganzen Tag außer Haus ist. Sie können sich sinn-voll beschäftigen und Neues lernen. Neben einem Speisesaal und einem Gruppenraum gibt es auch eine kleine Kapelle, die besonders von den

älteren Leuten gerne besucht wird. Pablo, ein 74-jähriger Senior, zeigt uns stolz seinen Gemüsegarten, den er mit selbst hergestelltem Kompost düngt und mit dessen Früchten er zum Mittagessen im Zentrum beitra-gen kann. Nur dank solcher Initiati-ven und mit finanziellen Zuschüssen von außen ist es möglich, das Ange-

bot aufrecht zu erhalten. oft gibt es nicht genug Geld, um wenigstens das Mittagessen für die Besucher sicher-zustellen, erzählt die Leiterin des Zentrums. Dann müssen die Großel-tern und Kinder hungrig nach Hause gehen.

Zukunft möglich machen

In einem Taxi fahren wir zum näch-sten Termin, einem Treffen mit dem Team von CINEP, dem „Zentrum für Forschung und Bildungsarbeit der Jesuiten“ in Kolumbien. Etwas erstaunt über die Schweigsam-keit meines Begleiters, schweige ich auch. Als wir aus dem Taxi aussteigen, erklärt mir Jorge: „Ein Taxifahrer, der sich im Zentrum von Bogotá nicht auskennt und ein ziemlich teures Auto als Taxi benutzt, ist wahrschein-lich von den FARC oder den Para-militärs.“ Die Furcht vor der Präsenz der Guerilla ist allgegenwärtig und die Sicherheitsvorkehrungen in den Gebäuden sind entsprechend. Vor vielen Bürotüren steht ein bewaff-neter Sicherheitsbeamter.

Im CINEP arbeiten Johanna und ihre Mitarbeiterinnen Programme und Materialien aus, mit denen sie in die von Auseinandersetzungen zwischen Guerilla und Paramilitärs betroffenen Gebieten gehen. In Gruppenprozes-sen wird die Erfahrung von Gewalt gemeinsam aufgearbeitet. Langsam konnte ein Netzwerk von Multi-plikatoren ausgebildet werden, die ihre eigenen Erfahrungen und ihr Wissen weitergeben. oft wissen die Familien, die opfer von Gewalt und Vertreibung werden, nicht über ihre Rechte auf Entschädigung Bescheid, sie stehen, wenn der Familienvater

KoLUMBIEN

KoLUMBIEN

Demonstration gegen Gewalt und

Entführungen

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umkommt, ohne Lebensgrundlage da, und verzweifeln. In Selbsthilfe-gruppen bekommen sie die Möglich-keit, mit Unterstützung des CINEP, gemeinsam neue, konstruktive Wege in die Zukunft zu finden.

Im Dienst der Vertriebenen

In den letzten 20 Jahren wurden über 3 Millionen Kolumbianer innerhalb von Kolumbien zu Flüchtlingen. vor der Gewalt. Wenn Gebiete von Solda-ten oder Guerillas „besetzt“ werden,

bleibt oft nur die Flucht. „Die Menschen flüchten in die Groß-städte, dort erhoffen sie sich einen neuen Anfang. ohne ausreichende Wasserversorgung, ohne Aussicht, sich ihren Lebensunterhalt verdienen zu können, und ohne Erfahrung über das Zusammenleben in einer grossen Stadt, leben sie ausgegrenzt in den Barrios am Stadtrand. Viele mussten alles zurücklassen. Die Gewaltstruk-turen, vor denen sie geflohen sind, setzen sich in den Barrios wieder fort. Immer wieder müssen sie in andere Viertel umziehen, um zu verhindern, dass die Kinder für den Kampf zwischen Guerilla und Mili-tärs rekrutiert werden. Selbst wenn

sie einmal entkommen konnten, holt sie das Umfeld wieder ein“, erzählt Vanessa vom Flüchtlingsdienst der Jesuiten (JRS). Sie arbeitet in Sied-lungen im Süden Bogotás, der Haupt-stadt, die besonders Flüchtlingsströme anzieht. Gemeinsam mit Studenten führt sie dort Beratungszentren, die den Vertriebenen als erste Anlaufstelle dienen. Auch hier setzen die Jesuiten auf Hilfe zur Selbsthilfe, zur Selbst-organisation. Durch Freiwilligen-programme in den Schulen werden

Jugendliche, die sonst abgeschottet leben, auf die Situation aufmerksam gemacht, sie bekommen die Möglich-keit, in direkten Kontakt mit Betrof-fenen in den Barrios zu kommen, und bekommen vom JRS das Rüst-zeug, sich selbst zu engagieren.

Kultur des Friedens

„Es geht darum, eine Kultur des Konfliktes in eine Kultur des Frie-dens zu verwandeln“, diese Aufgabe verlangt vielfältige, kreative Ansätze, auf politischer, gesellschaftlicher und sozialer Ebene. Amar y Servir ist dabei auf Unterstützung angewiesen.

Katrin Morales

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PARAGUAy LEPRAHILFE

Paraguay war und ist mit den Jesuiten eng verbunden. Die heutige Jesuiten-Provinz besteht aus achtzig Mitgliedern, vor allem aus der ärmeren Bevölkerung. Sie sind hauptsächlich in der Ausbildung und in der Jugendarbeit tätig.

Paraguay: Das heilige Experiment

Wundermittel Musik

Bereits 1609 haben Jesuitenmissi-onare in Südamerika Hunderttau-sende von Indianern in feste Sied-lungen zusammengeführt, die unter dem Namen Jesuiten-Reduktionen bekannt wurden. Zu den Pionieren zählt P. Anton Sepp SJ aus Kaltern in Südtirol (1655 – 1733), der 1691 zusammen mit seinem Freund P. Anton Böhm SJ aus Amberg nach Südamerika kam. Zu den drei Säulen des heiligen Experimentes – Evan-gelisierung, Schutz der Indios und kulturelle Entwicklung – kam eine vierte wichtige Komponente hinzu, nämlich die Musik. Die Indios waren bald in der Lage, die barocke Musik aus Europa, selber zu singen und zu spielen. Die Musik war das Wunder-mittel, das die Indianer anzog. Der große Komponist des Musikstaates war Domenico Zipoli. 1716 wurde er Jesuit und vom orden in die neue Welt gesandt. Dort komponierte er

weiter bis zu seinem frühen Tod 1726 für die Indiodörfer.

Erbe der Reduktionen

Von den einstigen Reduktionen, in denen die Indios auch in einer nach-haltigen und effizienten Landwirt-schaft geschult wurden, sind heute nur noch Ruinen zu sehen. Viele Reduk-tionen wurden im 19. Jahrhundert bewusst zerstört, unter anderem weil die laizistisch aufklärerischen Regie-rungen sich von diesem Erbe lösen wollten. Die Paraguayaner wissen aber, dass in diesen Reduktionen ihre ortskirche den Anfang genommen hat, und dass ohne die Vermittlungs-arbeit der Jesuiten von der indigenen Kultur viel weniger erhalten geblie-ben wäre. So zeugen fragmentarisch erhaltene Reliefs barocker Putten mit eindeutig indigenen Zügen von der kreativen Integration einer außer-europäischen Kultur in den welt-umspannenden christlichen Stil des

Die Musik bietet Auswege aus dem Leben im Barrio

Musikunterricht in der Schule

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PARAGUAy

Barock, was nur in den latein-ameri-kanischen Reduktionen gelungen ist. In der Reduktion Loreto, heute in Argentinien, wurden seit 1700 in einer eigenen Druckerei Bücher in Guaraní (der meist geförderten einheimischen Sprache) herausge-geben. Die Behausungen der Indios waren wohl klein, entsprachen aber in ihrer Substanz damaligem euro-päischem Standard. Dieses Erbe der Reduktionen in Paraguay setzt sich fort in den apostolischen Werken der Jesuiten von heute.

Jesuiten Mission Heute

Die Jesuiten verkünden den Glau-ben in sechs Pfarreien; dazu gehö-ren die alten Reduktionsorte San Ignacio und Santa Maria, wo sich die Gemeinde heute wieder in den alten Räumen der ehemaligen Reduktion versammelt. Außerdem leisten Jesui-ten soziale Hilfe in den Armenvier-teln von Asunción durch Lobbyarbeit für die Armen und durch ein Sozial-zentrum. So versuchen sie heute die Armen, die ein Drittel der Bevölke-rung von Paraguay ausmachen, vor Ausbeutung und Unterdrückung zu schützen. In Grundschulen, Haupt-schulen und Kollegien erhalten mehr als 20 000 Jugendliche Bildung. Ein lokales Radio erreicht die Menschen in sehr abgelegenen Regionen. Auch nach der Aufhebung der Redukti-onen engagieren sich die Jesuiten wieder in der direkten Mission für die Indios.

Sozialarbeit und Musik

Der Dirigent Luis Szarán hat wieder aufgefundene Noten neu bearbei-

tet und publiziert. Die alte Musik der Reduktionen erklingt nun erneut in Kirchen und Konzertsälen in Para-guay und in Europa. Luis Szarán hat seither Hunderte von Konzerten mit Werken der Musik von Zipoli gegeben. Außerdem hat er in den Dörfern Paraguays die Jugend für die alte Musik interessieren können.

Heute gibt es mehr als 3000 junge Menschen, die sich für die alte Musik begeistern, Instrumente spielen lernen und auf ihre Weise den alten Musik-staat wieder auferstehen lassen. Das Projekt heißt „Sonidos de la Tierra“.

Sonidos de la Tierra

“Weltweite Klänge” ist ein Programm zur sozialen Integration in der Gemeinschaft durch die Musik. Es geht

PARAGUAy

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Bach zu üben. Danach wird er an der orchesterprobe teilnehmen. Mbuya-pey besitzt nur zwei Telefonleitungen, aber drei orchester. Seit Jorge Teil des orchesters ist, mit seinen Normen und Gruppendynamiken, haben sich das Zusammenleben in seiner Fami-lie und sein Verantwortungsbewusst-sein bei der Verteilung der Milch verbessert. Vor allem ist ihm bewusst geworden, dass er ein aktives Mitglied seiner Dorfgemeinschaft ist.

Weltweite Klänge in Europa

Mittlerweile spannt sich das Projekt „Weltweite Klänge“ über Deutsch-land bis nach Indien in den Hima-laya. Die Musik, das schönste Erbe aus diesem Missionswerk, soll fortklingen und Zeugnis geben von dem Traum und dem Versuch, eine friedliche Welt zu schaffen. Von 1.-5. Novem-ber 2008 findet der Workshop „Welt-weite Klänge“ in Nürnberg statt. Anschließend ist das internationale orchester unterwegs in Deutschland, der Schweiz und in Österreich.

darum, über die Musik den Kindern und Jugendlichen der Ärmsten Chan-cen zu eröffnen. Durch sinnvolle Freizeitbeschäftigung, die Förde-rung des Selbstbewusstseins und der Kreativität, sowie das Zusammenfin-den im Team sollen die Gewaltbereit-schaft gesenkt und Alternativen zum Leben auf der Strasse aufgezeigt werden. Durch das Zusammen-spiel im orchester und das wach-sende Vertrauen in die Gemeinschaft werden demokratische Einstellungen gefördert.

Musik hilft im Zusammenleben

Jeden Morgen steht Jorge Guzmán aus dem kleinen Dorf Mbuyapey auf, um die Kühe seines Vaters zu melken. Um fünf Uhr in der Früh bereitet er das Frühstück und das Mittages-sen vor, sattelt sein Pferd und befe-stigt den Milchkrug und sein Violon-cello am Sattel. Er verteilt seine Milch von Haus zu Haus, bis er schließlich bei der Musikschule ankommt. Jorge wäscht sich, zieht seine Uniform an und beginnt die Cellosuiten von

EINLADUNG„SONIDOS DE LA TIERRA “ – „WELTWEITE KLÄNGE“

Sonntag, 9. November 2008, 18:00 Uhr

Collegium Canisianum Tschurtschenthalerstraße 7, 6020 Innsbruck

Montag, 10. November 2008, 18:00 Uhr

Pfarrkirche Lainz Konzilsgedächtniskirche, Kardinal-König-Platz 1,

1030 Wien

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!CDs von „Weltweite Klänge 2“ (2007)

können im Büro der Jesuitenmission bestellt werden.

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BRASILIEN

Wir reisen durch den Urwald des Amazonas. Nachts im Lager studieren wir die Landkarten. Die Regierung hat zwei Gigakraftwerke am Rio Madeira bewilligt. Neben der Strom-erzeugung geht es um den Ausbau der Wasserwege zwischen Brasilien, Boli-vien und Peru, um Agrarprodukte und Holz schneller nach Übersee transportieren zu können. Die Folge: Abholzung und Brandrodung im Amazonasgebiet werden noch stär-ker zunehmen, Gewinn, Macht und politische Entscheidungen werden noch konzentrierter in wenigen Händen liegen. Wir glauben, dass in diesem Gebiet noch Indianervölker leben, die die Regierung für ausge-storben erklärt hat. Wir wollen den Hinweisen nachgehen und die Daten dann der Regierung vorlegen. Denn solange das Urteil „ausgestorben“

gilt, fallen die Indianervölker und ihr Lebensraum nicht unter den gesetz-lich garantierten Schutz.

Brutalität im Urwald

In ganz Brasilien gibt es heute noch 235 Indianervölker, die 180 verschie-dene Sprachen sprechen. 50 Prozent von ihnen leben in der Stadt oder ihren Randgebieten. 180 dieser Völker leben im Großraum Amazoniens. Sie haben sich der Zivilisation ganz oder teilweise angepasst. Aber es ist immer eine große Überraschung, wenn ich über die 60 noch frei lebenden India-nervölker spreche. Die Öffentlichkeit weiß nicht, dass diese Ureinwohner des Amazonas-Gebietes von Regie-rungsprojekten aus ihren Territorien getrieben, von Farmern und Pisto-leiros massakriert und ausgerottet werden.

P. Gunter Kroemer setzt sich seit vielen Jahrzehnten im Auftrag der brasilianischen Bischofskonferenz für das Überleben und die Rechte der Amazonas-Indianer ein. Und das keineswegs nur am Schreibtisch.

Einsatz für bedrohte Indianervölker

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BRASILIEN

Mühsame Spurensuche

Wir fahren weiter zum Fluss Jacareúba, wo Fischer von einer Begegnung mit „wilden Indianern“ berichteten. Wir glauben, dass es die Katawixi-Indianer sind, denn hier ist ihr tradi-tionelles Wohngebiet. Der offizi-elle Indianerschutz hat die Katawixi jedoch für ausgestorben erklärt. Ihr Land wurde von der Regierung für Siedlungsprojekte und Großbetriebe freigegeben. Wir wollen erreichen, dass die Regierung ihrer Verantwor-tung gerecht wird. Wir kommen zum Fluss Inacorrã und dann zum Fluss Jacareúba. Nun sind wir mitten im Herzen ihres Landes. Und wir treffen auf ihre Spuren. Mit Hilfe erfahrener indianischer Spurenleser können wir nachweisen, dass es sich tatsächlich um die Katawixi-Indianer handelt. Wir haben den Beweis, dass sie noch am Leben sind. Die Regierung hat sie fälschlicherweise für ausgestorben erklärt.

Der erste Schritt zur Rettung

Im Anschluss an unsere Expedition fliege ich in die Hauptstadt Brasília, um unsere Informationen zu präsen-tieren. Der neue Generalkoordina-tor für die isolierten Indianer ist ein vernünftiger Mann. Er lässt sich über-zeugen und das Volk der Katawixi wird wieder in die offizielle Liste der isoliert lebenden Völker aufge-nommen. Das ist wichtig, um ihre Existenz- und Landrechte durchsetzen zu können. Aber wie hoch stehen die Chancen, dass ihr Schutz eine höhere Priorität bekommt? Werden die Indi-anervölker der Politik des schnellen Wirtschaftswachstums im Urwald des Amazonasgebietes standhalten?v

Wir verfolgen das Prinzip, den Willen dieser Menschen zu akzeptieren, die Begegnung mit der brasilianischen Bevölkerung zu meiden. Wir helfen ihnen, indem wir ihr Habitat, ihre

Ressourcen, ihr Territorium schützen und die Regierungen dazu bringen, ihre Existenz anzuerkennen und ihr Land nicht freizugeben für die wirt-schaftliche Ausbeutung.

Warnung vor Pistoleiros

Mit einem geländegängigen Jeep fahren wir lange vor Sonnenaufgang los und kommen spät abends bei den gastfreundlichen Schwestern Isabel und Tereza aus dem Josefinenorden in Nova Califórnia an. Wir werden versorgt, aber auch gewarnt. Es ist gefährlich, über die Indianer und die wahren Ziele unserer Expedition zu sprechen. Denn Pistoleiros und Kriminelle sichern die Interessen der Großgrundbesitzer und Holzhänd-ler. Hier im Urwald ist ein Leben nur wenig wert.

P. Kroemer unterwegs mit seinem Team zum Schutz der Indianer

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BRASILIEN

HER MIT DEM HANDY

MACHEN SIE MIT BEI DER HANDY-SAMMELAKTION FÜR PATER KROEMER.

Schicken Sie uns Ihre alten Handys – denn bei uns sind sie noch zu was nütze. Wir geben sie an eine Recyclingfirma

und unterstützen mit dem Erlös die Arbeit von P. Kroemer zum Schutz bedrohter Indianervölker am

Amazonas.

Fordern Sie weitere Materialien an, wenn sie die Handyaktion in Ihrer

Pfarre, Schule, Firma,… starten möchten:

Jesuitenmission

Canisiusgasse 16, 1090 Wien Tel.: (01) 3170519

[email protected]

Der Gott der Armen

Du bist der Gott der Armen,ein menschlicher und einfacher Gott,ein Gott, der auf der Strasse schwitzt,Gott mit verwittertem Gesicht.

Deshalb rede ich zu Dir,so wie man in meinem Volk spricht,denn du bist Gott, der Arbeiter,Christus, der Handwerker.

Du gehst Hand in Hand mit meinem Volk, du arbeitest auf dem Feld und in der Stadt. Du stehst Schlange vor der Fabrik, und wartest auf deinen Lohn wie wir. Du fühlst die Kälte der Nacht, auch du schläfst in Hütten aus Karton. Gebet der Landarbeiter

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THEMA

Der Himmel ist grau. Die Sonne scheint sanft rot durch die Nebel-decke. Ein leicht süßlicher Geruch strömt durch die Luft, der Wunsch tief durchzuatmen verlässt einen prompt. Die Tore zur Schule werden geöffnet und die Kinder strömen in Scharen in die Klassenzimmer. Es ist acht Uhr morgens und Nanpi High School wird durch die Schreie der Kinder zum Leben erweckt. Eine Schule wie man sie in Europa gewohnt ist? Nein. In China ist alles anders.

Jemand klopft an meine Tür. Es ist Mr. Xu, mein Betreuer, Berater und Begleiter hier in Nanpi, der mich zu meiner ersten Klasse führen will. Mir wird leicht kribbelig, aber ich über-winde mich und folge ihm schwei-gend. Er erzählt mir die Geschichte von Nanpi. Diese Schule wurde 1907 von Zhang Zhi Dong, einem Minister der letzten Dynastie errichtet, er hatte sich für die Öffnung zum Westen hin eingesetzt und wollte dies auch durch

die Erziehung und Bildung erlangen. Mr. Xu erzählt begeistert, und als wir bei einer Statue vorbei gehen, streckt er seinen Finger aus und sagt: „Das ist er!“ Ich blicke zu dieser Statue hoch und erkenne im ersten Moment einen Konfuzius-ähnlichen Mann, aber ich verkneife mir die Bemer-kung, denn ich will nicht mit dem Vorurteil enden, dass alle Chinesen gleich aussehen.

Hundertzwölf kleine Augen

Wir erreichen das Klassenzimmer, ich soll noch mal Luft holen, dann werde ich der Klasse vorgestellt. Mir wird schlecht. Die Glocke läutet. Vier Englischlehrer gesellen sich plötz-lich zu uns und meinen erfreut: „Wir würden gern am Unterricht teilneh-men, falls dies möglich ist?“ Ich kann nur zustimmen. Wir betreten das Klassenzimmer. Die anderen Lehrer flüchten zwischen die Reihen, nun stehe ich mit Mr. Xu vor der Klasse.

„GOOD MORNING, TEACHER!“

Patrick Karbon, Übersetzer und Archivar, machte einen Freiwilligen-einsatz bei Projektpartnern der Jesuitenmission in China, an der Nanpi High School in der Provinz Hebei. Dort gab er 12 Klassen für drei Wochen Englisch Unterricht.

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Es sind mindestens sechzig Kinder, zusammengepfercht in diesem Raum. 120 kleine Augen starren mich an. Mr Xu stellt mich der Klasse vor, dann antworten alle Kinder wie aus einem Munde: „Good morning, teacher!“ und das Eis ist gebrochen. Ich beginne meinen Unterricht, indem ich die Kinder bitte aufzustehen und die Augen zu schließen. Sie sollen träu-men auf eine lange Reise zu gehen, wir fahren nach Europa und genauer nach England. Dort angelangt unter-halten wir uns mit den anderen, aber leider versteht dort niemand Chine-sisch, deshalb müssen wir Englisch sprechen.

Allmählich beginnen sie die Bedeu-tung des Englischunterrichts zu verstehen und freuen sich. Ich erzähle den Kindern von Europa, von der europäischen und amerikanischen Geschichte und von dem kleinen Land Südtirol, aus dem ich stamme. Ein Land von Minderheiten. Ich unternehme verschiedene Versuche, ihr Interesse für diese Themen zu wecken, lasse sie Fragen stellen und warte auf gerechte Antworten, aber ich warte vergebens.

„I believe in Marxism!“

Das Schulsystem in China ist noch sehr alt: Frontalunterricht, Auswen-diglernen und Disziplin beherrschen die Klassenräume. An den Wänden hängen kleine Papierstücke, auf denen sie ihre Träume und Wünsche für die Zukunft geschrieben haben. Auf vielen lese ich: „Wenn du nicht kämpfst, stirbst du“ – mir friert das Blut in den Adern. Die Kinder werden zum Kämpfen erzogen.Im Lehrerzimmer werde ich dann von

Mr. Xu gefragt, ob ich einer Religion angehöre. Ich antworte ihm, dass ich Christ bin. Auf meine Frage, ob er an etwas glaube, lacht er, streift sich mit

seiner üblichen Geste übers Haar und meint: “I believe in Marxism!“ aber fügt sogleich hinzu: „Just joking“, dennoch erklärt er mir, dass er der kommunistischen Partei angehöre und es ihnen nicht erlaubt sei, an etwas anderes zu glauben als an die Partei.

Ich verbringe einige Wochen mit diesen Menschen und versuche immer wieder heiße Eisen anzufas-sen, international bekannte Miss-stände in China zu berühren, aber die indoktrinierten Rückmeldungen nehmen kein Ende. In China sind alle gleich, wird mir gesagt, warum sollten bestimmte Menschen anders behandelt werden? Der Glaube ist ein Aberglaube, warum sollte man ein Leben in den Wolken verbringen, wenn man kämpfen muss? Das Leben ist hart, warum sollte man vertrauen lernen?

Der Sommerurlaub klopft an die Türen der Schule. Ich steige in das Auto, das mich nach Shijiazhuang führen soll, in die Hauptstadt von der Provinz Hebei. Nanpi High School schließt ihre Tore hinter uns.

Auf Wiedersehen, Nanpi!

Patrick Karbon

FREIWILLIGE

Die Lehrer sind interessiert am Austausch mit

Patrick

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THEMA

Der Einsatz für Glaube und Gerech-tigkeit, verbunden mit dem Dialog der Kulturen und Religionen, ist eine generelle Umschreibung der Inhalte der Jesuiten-Mission. Nun stellen wir diesen Einsatz unter das Vorzeichen der Versöhnung.

Versöhnung

Die Beziehung der Menschen zu Gott, zueinander und zur Schöpfung geschieht aus dem Geist der Versöhnung. Wir sind gerufen, „Boten Gottes zu sein, der in Jesus Christus die Welt mit sich versöhnt hat.“ Die Einheit von Glaube, Gerech-tigkeit und Versöhnung war immer Bestandteil der Jesuiten-Mission. Es mag jedoch sein, dass die Versöhnung in früheren

Zeiten durch die starke Betonung des Kampfes für Gerechtigkeit verschlei-ert wurde.

Grenz – Erfahrungen

Jesuiten sind dazu aufgefordert, Gren-zen zu überschreiten und Grenzge-biete zu erforschen. Die 35. General-kongregation definiert Grenze neu. Der Begiff „Grenze“ durchläuft in unserem globalen Dorf einen Bedeu-tungswandel. In einer vernetzten Welt zirkulieren Ideen, Informationen, die Wirtschaft, Technologien und das Kapital frei. Personen bewegen sich ebenfalls frei, wenn auch mit sehr viel mehr Behinderungen und Einschrän-kungen. Grenzen sind offener gewor-den und vielfach sind sie verschwun-den, sodass unsere Welt eine religiöse und kulturelle Vielfalt erlebt.

Es gibt allerdings neue Grenzen, und es ist unsere Aufgabe, Übergänge zu schaffen und Brücken zu schlagen. Ja, wir werden aufgefordert, selbst eine Brücke in einer gespaltenen Welt zu sein. Es gibt große Gräben zwischen Menschen, Kulturen und Länder,

P. Marco Recolons SJ

P. Marco Recolons SJ arbeitet seit über dreißig Jahren in Bauern- und Guarani Dörfern in Bolivien. Auf diesem Erfahrungshintergrund reflektiert er neue Herausforderungen für die Jesuiten-Mission, wie sie in der 35. Generalkongregation der Jesuiten formuliert werden.

An die Grenzen gehen

Dialog ist die Grundlage für eine gerechte

und konstruktive Koexistenz -

P. Miribung SJ im Dialog mit

einer Indio Gemeinschaft

Die indigenen Völker sollen in

Würde leben können

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THEMA

zwischen Reichen und Armen, auf nationaler und auf internationaler Ebene. Wer die Welt aus der Perspek-tive der Armen und Ausgegrenzten sieht, der erneuert seine option für die Armen. Gewalt, Krieg, Waffen-handel, Verschwendung der Boden-schätze, und der Verlust der Souve-ränität vieler Nationalstaaten, behindern den gerechten Umgang aller Menschen miteinander.

Umgang mit der Schöpfung

Wenn wir uns nicht um die Erhal-tung der Mitwelt kümmern, gleichen wir Menschen, die auf der „Tita-nic“ die Sessel richten, während das Schiff sinkt. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Schöpfung ist tief in der christlichen Spiritualität begrün-det. Er berührt das Innerste unseres Glaubens an die Liebe Gottes und unsere Liebe zu Ihm „von dem wir herkommen und zu dem wir unter-wegs sind“.

Unsere Sorge für die Umwelt wird inspiriert durch das ignatia-nische Gespür für die tätige Gegen-wart Gottes in allem Geschaffenen.Wieder sind es die Armen, die von der Umweltverschmutzung und den Klimaänderungen am härtesten betroffen sind. .

Perspektive Lateinamerika

In Lateinamerika ist ein neues poli-tisches Bewusstsein erwacht, das neue Formen politischer Aktivitäten bewirkt. Sie sind eine Herausforde-rung für die traditionell Mächtigen und haben Spannungen und Polari-sierungen erzeugt.

In Bolivien haben die indigenen Völker immer mehr an politischer

Macht gewonnen. Sie wollen eine neue Art des Zusammenlebens, im Widerspruch zu den Regeln der Mächtigen.

Brücken des Dialogs

Unser „Pastoral-Team“ sieht sehr klar, dass es nicht mehr ausreicht, auf der Seite der Schwächeren für die indi-genen Völker zu arbeiten. Wir müssen uns auch an die Menschen wenden, die bis heute die Macht in ihren Händen halten. Und wir müssen beide Seiten zu einer ehrlichen Versöhnung aufrufen. Wir müssen Brücken des Dialogs bilden, die neue Formen respektvoller, gerechter und konstruktiver Koexistenz ermögli-chen. Weiters müssen wir an einer nachhaltigen ländlichen Entwicklung arbeiten. In ihr muss die Umwelt geschont werden und gleichzeitig der indigenen Bevölkerung die Möglich-keit geboten werden, in Würde zu leben, ohne in die Städte fliehen zu müssen.

Bist du gerne Jesuit?

Ich bin seit 40 Jahren im orden glücklich. Mein Leben ist erfüllt und ich habe viele wunderbare Menschen kennengelernt. Was will ich mehr?

Gut, aber, wo bleibt da Jesus??

In allen und in allem. Das ist das Beste daran, Jesuit zu sein, dass ich Jesus überall begegnen kann: in der Kapelle in meiner Kommunität in einem armen Barrio in Bogotá, wenn ich ein Paar auf die Hochzeit vorbe-reite, dabei helfe, ein Haus zu bauen, oder Kurse über die Beschaffung von Mitteln für soziale Projekte gebe. Das ist der ignatianische Weg: Gott über-all zu finden und Ihm im Alltag zu begegnen.

Ist es sehr hart, in Armut zu leben?

In meinem Land gibt es Menschen, die mit weniger als 2 Euro pro Tag auskommen müssen. Auch wenn ich bescheiden lebe, ohne Luxus, öffent-liche Transportmittel benütze, und

Haushaltsarbeit selbst erledige, lebe ich immer noch viel besser als sie. Um zu schreiben, ist es egal, ob ich eine Füllfeder von Mont Blanc, oder einen Kugelschreiber um 10 Centa-vos benütze, um mich vor Kälte zu schützen, macht es keinen Unter-schied ob ich einen Mantel aus einer billigen Textilkette, oder ein Desig-nerstück aus einer teuren Boutique trage.

In welchen Arbeiten warst Du bisher?

Ich habe mit Bauern an der kari-bischen Küste gelebt, und dort als Katechet und Sozialarbeiter in der Pfarre gearbeitet und ich war Lehrer für Theater, Katechese und Philo-sophie in verschiedenen höheren Schulen für die oberen Klassen in Bogotá und Medellín. Ich war sechs Jahre lang Pfarrer für Migranten in Cúcuta, hatte Pfarren in El Dorado in Bogotá und in San Pablo, ein länd-liches Gebiet inmitten des Konfliktes zwischen Guerilla und Paramilitärs.

Jorge E. Serrano SJ leitet seit vier Jahren Amar y Servir in Kolum-bien. Über seine Arbeit berichten wir in diesem Heft. Das Inter-view zeigt, aus welchen Quellen er selbst lebt.

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Lieben und Dienen

Für 2 Jahre war ich als reisender Missi-onar im Amazonasgebiet in Brasilien unterwegs. Von 1998 bis 2002 war ich Leiter des Jesuiten Flüchtlingsdienstes in Kolumbien und seit 4 Jahren bin ich Direktor von Amar y Servir (“lieben und dienen”).

Was tut Amar y Servir?

Wir sind Brücke zwischen Menschen, die helfen wollen, die Situation in Kolumbien zu verbessern und Menschen, die unter dem Konflikt in Kolumbien leiden.

Was bedeutet lieben?

Mich dem anderen mit allem was ich bin und habe hinzugeben, damit er als Person und Mensch wachsen kann.

Was bedeutet sich geliebt zu wissen?

Zu wissen, dass es andere Menschen gibt, die in der Lage sind, mir alles zu geben, was ich brauche, um mein Lebensziel zu erreichen, auch in ihrer Kritik und in Meinungsverschieden-heiten. Das hat auch Jesus getan, mit Petrus, den Pharisäern, und über-haupt den Menschen, denen er seine Botschaft vermittelt hat.

Gib uns ein konkretes Beispiel von der Arbeit von Amar y Servir.

Die Gruppe der Vertriebenen, mit denen der Jesuiten Flüchtlingsdienst arbeitet, werden nach der ersten humanitären Nothilfe völlig sich selbst überlassen, wenn die akute Phase vorbei ist. Diese Menschen wollen ihr Leben neu aufbauen, wieder unab-hängig sein, autonom, wie sie es vor der schrecklichen Vertreibung durch den Krieg waren. Wir bieten ihnen Kurse zur Weiterbildung, zur Selbst-organisation, zur Gleichberechtigung

der Geschlechter und zur Pflege ihrer Kultur. Dazu braucht es personelle und finanzielle Ressourcen. Tatsäch-lich gibt es viele Menschen auf der

Welt, die helfen wollen. Sie fühlen, dass das Leben sehr großzügig zu ihnen war, dass sie von Gott geseg-net sind, und sie fragen sich, wo sie ihren Beitrag leisten können, dass das Leben auf der Erde besser wird. Hier tauchen wir auf. Wir sind diese Brücke, die den Wunsch zu teilen mit der Notwendigkeit die Lebensum-stände zu verbessern, verbindet.

Wie können unsere Leser deine Arbeit unterstützen?

Es gibt verschiedene Formen der Unterstützung: Für den Frieden in Kolumbien zu beten, und für die notwendige Versöhnung nach dem Krieg. Die älteren unter Ihnen wissen, was Krieg bedeutet und wie wichtig Verzeihung und Versöhnung sind. Die zweite, ebenso wichtige Möglich-keit ist, uns mit finanziellen Mitteln für unsere Arbeit zu unterstützen. Sie können das über die Jesuitenmis-sion mit dem Stichwort Kolumbien tun, oder über unsere website www.amaryservir.org.co .

Vielen Dank für das Gespräch!

Strassenverkauf in Armenviertel in

Bogotá

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INTERVIEW

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INDIEN

Der Traum vom ewigen Leben ist gross, doch nur wenigen Menschen ist es vergönnt, gerade mal ein Jahrhun-dert zu überblicken. P. Josef Neuner

SJ feiert am 19. August 2008 seinen hundertsten Geburtstag, körperlich fit und geistig wach. Es ist mir eine hohe Ehre, auf sein Leben und die Errun-genschaften dieser ereig-nisreichen Jahre zurück zu blicken. Was macht ihn aus, diesen Jesuiten? Sein Leben als Mann Gottes, seine Liebe zu Indien, die Treue zur Kirche, sein Einsatz als Theologe? Vielleicht alles zusammen. Sein Mitbruder

Francis D´Sa SJ beschreibt ihn so: „P. Neuner wurde zum Brückenbauer in fast allen Gebieten, mit denen er sich beschäftigte – zwischen ordensleu-

ten und Diözesanverantwortlichen, zwischen Wissenschaft und Spiritu-alität, zwischen christlicher Theolo-gie und den indischen Religionen, zwischen Indien und Europa und nicht zuletzt zwischen der Kirche und der Welt.“

Indische Spurensuche

Geboren am 19. August 1908 in Feld-kirch an der Österreichisch-Schwei-zerischen Grenze, absolvierte er seine Schulausbildung am renommierten Jesuitenkolleg Stella Matutina. 1926 trat er ins Noviziat der süddeutschen Provinz der Gesellschaft Jesu ein, wurde 1936 zum Priester geweiht und legte 1944 seine letzten Gelübde ab. Schon früh regte sich in P. Neuner die Liebe zu Indien. Am 31. Mai 1938 landete er in Bombay. Er wurde mit der Ausbildung der Priester betraut. Die kolonial ausgerichtete Kirche,

Der Name Neuner steht in Indien für eine neue Generation von Theo-logen. Verortet in den Traditionen ihres Landes wie in denen der Kirche, stehen sie Rede und Antwort in den Fragen unserer Zeit. P. Job Kozhamthadam SJ, Präsident der päpstlichen Hochschule für Philoso-phie und Theologie Jnana-Deepa Vidyapeeth in Pune, die P. Neuner so wesentlich geprägt hat, blickt auf seinen Lebensweg zurück.

Ein Leben für Indien-P. Josef Neuner SJ

P. Josef Neuner SJ

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die er vorfand, beschreibt er als unzu-länglich: „Die Auseinandersetzung mit indischer Philosophie und den religiösen Traditionen lag nicht in meinem Aufgabenbereich und war auch nicht erwünscht.“ Eine uner-wartete Fügung gibt zumindest Neuner persönlich die Möglichkeit zur gewünschten Auseinanderset-zung. Die Kriegsjahre1939 bis 1946 muss er als „grossdeutscher“ Staats-bürger auf englischen Herrschafts-gebiet in Indien im Internierungs-lager verbringen, viel Zeit für den Theologen, sich in die Literatur des Landes zu vertiefen. Er lernt Sanskrit, liest die Bhagavad Gita, die Upanis-haden, Radhakrischnans Geschichte der indischen Philosophie. Die Tatsa-che, dass er seine Doktorarbeit über „Die opferlehre der Bhagavadgita“ schrieb, zeigt erneut seine Liebe zu Indien und seine Fortschritte in der Aneignung seiner geistigen Traditi-onen.

Apostel des Konzils

In all seinen Veröffentlichungen versuchte er schon damals eine sanfte Transformation der kolonialen Kirche in eine authentisch indische Kirche, die das christliche Leben und seine Botschaft im Kontext der indischen Wirklichkeit abbildet und Antwort geben kann auf die Fragen der Zeit. Bei diesem Anliegen kam ihm schliesslich die geschichtliche Entwicklung entscheidend zur Hilfe. 1962 wurde P. Neuner als Berater zum 2. Vatikanischen Konzil nach Rom berufen. „Die Teilnahme am Konzil war die wichtigste Erfahrung meines Lebens“, schreibt er begeistert in seiner Autobiografie. Tief in seinem

Herzen war er überzeugt, dass diese Konzil verwandelnde Kraft für die Kirche im Allgemeinen und für ihn im Besonderen haben würde, und er wollte die Kirche in Indien an dieser einzigartigen Erfahrung teil-haben lassen. P. Neuner war an wesentlichen Dokumente des Konzils zur Ausbildung der Priester, interreligiösem Dialog und Missionstätigkeit der Kirche intensiv betei-ligt. Mehr noch aber war ihm die Umsetzung dieser Ergebnisse in den indischen Kontext ein Anliegen. Jeder Aspekt des kirchlichen Lebens sollte von dem erneuernden Geist durchdrun-gen werden.

Inspirator bis heute

Bis heute bleibt es zentrales Ziel des Jesuiten, dass der christliche Glaube in einer radikal säkularen Welt seinen Platz findet und Zeug-nis geben kann. Was P. Neuner darin immer ausmachte, war die harmo-nische Verbindung von Loyalität mit der Kirche und einer ungeheuren offenheit für die Unvorhersehbar-keiten dieser Welt. An der Hoch-schule Jnana-Deepa Vidyapeeth, die er über Jahrzehnte geprägt hat, lebt sein Geist weiter. Als kleines Zeichen der Wertschätzung und Dankbar-keit wurde das vor zwei Jahren neu gebaute Auditorium nach seinem geistigen Vater benannt. So hören die Studenten heute ihre Vorlesungen im Josef-Neuner-Auditorium.

P. Job Kozhamthadam SJ

INDIEN

Buchhinweis: “Der indische

Josef - Erinnerungen aus meinem Leben”,

P. Josef Neuner SJ, Die Quelle, 2003

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IN KÜRZE

P. Erich Drögsler SJ, bisher Spiritual am Wiener Priesterseminar und Verantwortlicher für das Jesuit Refugee Service Österreich (JRS), ist nun Vizerektor des Collegium Canisianum in Innsbruck.

Br. Gottfried Getzinger SJ wurde zum Mitglied des JEV-Beirates (Jesuit European Volunteers) ernannt.

P. Markus Inama SJ baut ab September 2008 im Rahmen der Stiftung CoNCoRDIA ein neues Sozialzentrum in Sofia in Bulgarien auf.

Die Pfarre Petrus Canisius wurde an die Erzdiözese Wien übergeben, Pfarrer P. Ferdinand Mayerhofer SJ ging in Pension. Der Rektor der ARGE (Arbeitsgemeinschaft der katholischen Gemeinden aus Afrika,

Asien und Lateinamerika), Johannes Gönner wird neuer Pfarrer in St. Cani-sius.

Br. Stefan Oláh SJ ist am 11. Juni 2008 verstorben. Stefan olah ist in Ungarn unter dem kommunistischen Regime geheim in den Jesuitenorden aufge-nommen worden. Nach seiner Flucht nach Österreich war er in Deutschland und Kanada tätig. 26 Jahre war er Hausmeister im Canisiushaus. In den letz-ten Jahren arbeitete er in der Missionsprokur mit. Er hat sich besonders der Aufbereitung der gespendeten Marken gewidmet. Vergelt´s Gott!

P. Markus Inama SJ

VORTRAG MIT P. LUIS GUTHEINZ SJP. Luis Gutheinz SJ ist von 13. – 19. Oktober 2008

auf Heimatbesuch und feiert sein 50. Ordensjubiläum und seinen 75. Geburtstag.

14. Oktober 2008 Pfarrkirche Lainz, Kardinal-König-Platz 1, 1130 Wien

18:30 Eucharistiefeier mit P. Gutheinz SJ 19:30 Vortrag: „P. Luis Gutheinz SJ und die Arbeit der Jesuiten in China“ und Gesprächsabend

15. Oktober 2008 Collegium Canisianum, Tschurtschenthalerstraße 7, 6020 Innsbruck

19:30 Vortrag: „P. Luis Gutheinz SJ und die Arbeit der Jesuiten in China“ und Gesprächsabend

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

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UNSERE BITTE

Leben in Frieden

Liebe Leserin, lieber Leser!

Viele Mitbrüder und Projektpartner in Lateinamerika, von denen wir in diesem Heft berichten, kenne ich persönlich. Ihr Engagement in Kolumbien, Paraguay und Brasilien ist beeindruckend. Ihr Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit, im Dialog mit den verschiedenen Kulturen ist geprägt von der großen Versöhnung, die Jesus gerade den Armen verkündet.

Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung für die Jesuitenmission in Lateinamerika. Mit unserem weltweiten Netzwerk können wir Ihnen versichern, dass Ihre Hilfe auch wirklich bei den Notleidenden ankommt:

in Kolumbien, dass in einer von Gewalt zerrissenen •Gesellschaft, eine Kultur des Friedens wachsen kann.

am Amazonas, dass Indianer nicht weiter verfolgt und ausgerottet werden, sondern •ihren Lebensraum erhalten.

in Paraguay, dass Kinder und Jugendliche nicht in gewalttätige Banden abtauchen, •sondern in Frieden leben lernen und eine sinnvolle Ausbildung erfahren.

Herzlichen Dank für Ihre Hilfe!

P. Hans Tschiggerl SJ, Missionsprokurator

Spendenkonto

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„Kolumbien“ „Amazonas“ „Paraguay“

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