Helga Schultz: Nachkriegsordnung 1 Die Nachkriegsordnung Im Zeichen von Bretton Woods: Marshallplan...

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Helga Schultz: Nac hkriegsordnung 1 Die Nachkriegsordnung Im Zeichen von Bretton Woods: Marshallplan und Blockbildung

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Helga Schultz: Nachkriegsordnung

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Die Nachkriegsordnung

Im Zeichen von Bretton Woods: Marshallplan und Blockbildung

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Gliederung

• Europa am Ende des Krieges

• Unter der Hegemonie der USA in Richtung Freihandel

• Marshallplan und Blockbildung

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Literatur

• Philip Armstrong, Andrew Glynn, John Harrison: Capitalism since 1945, Cambridge Mass. 1991, 1-114.

• M. C. Kaser (Hg. ): The Economic History of Eastern Europe 1919-1975, Vol. III: Institutional Change within a Planned Economy, Clarendon Press Oxford 1986, 5-48.

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1. Europa am Ende des Krieges

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Folgen des Totalen Krieges

• Die Schäden waren in Osteuropa (Polen, Sowjetunion, Jugoslawien) und im kriegführenden Deutschland am schwersten.

• Die Taktik der „verbrannten Erde“ zerstörte die Lebensgrundlagen im Osten des Kontinents.

• Zerbombte Städte, Schienenstränge , Brücken.

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Freiburg im

Breisgau

Luftbildaufnahme 1945Quelle: http://theorie.physik.uni-wuerzburg.de/~ardornei/ muenster/Freiburg_1945_Luftbild.JPG

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Bevölkerungsverluste

• Mehr als 40 Millionen Tote (16 Mill. Militärs, 26 Mill. Zivilisten), darunter

• 25 Millionen Einwohner der Sowjetunion, • 4,5 Millionen Polen und polnische Juden, • 1,7 Millionen Jugoslawen,• 6,8 Millionen Deutsche.

• Wegen des anhaltenden demographischen Wandels schrumpfte die europäische Bevölkerung trotz dieser ungeheuren Opfer nicht. Wachsende Geburtenzahlen glichen die Verluste aus.

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Entwurzelung

• Ein ähnlich großer Teil der Bevölkerung war entwurzelt: – Emigranten, Zwangsarbeiter,

Kriegsgefangene. – Flüchtlinge und Vertriebene.

• Die Rückkehrer und die Vertriebenen nahmen neben den Frauen die Arbeitsplätze der Gefallenen und Ermordeten ein.

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Befreit und heimatlos

Eskortiert von amerikanischen Soldaten verlassen die überlebenden Kinder am 27. April das Konzentrationslager Buchenwald. Sie werden zunächst in medizinische Einrichtungen eingeliefert.

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Flucht und Vertreibung

Quelle: Wolfgang Benz: http://www.bpb.de/popup_druckversion.html?guid=04820954025511927291582355461586

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Kriegsschäden

• Europas Wirtschaft war am Ende des Krieges weniger zerstört, als Bevölkerung, Gesellschaften und Lebensumwelt, da sie für die Bedürfnisse des Krieges hochgerüstet wurde.

• Nicht die Schäden an Anlagen und Ausrüstungen waren das Hauptproblem, sondern die Konversion von Kriegs- zu Friedensproduktion.

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Notjahre • Drei Engpässe gab es für die Überwindung der

wirtschaftlichen Not: • Das Ernährungsproblem:

• Die Frühjahrsbestellung 1945 in der letzten Etappe des Krieges, angesichts von Flucht und Vertreibung.

• Die Missernte 1946 und der extreme Winter 1946/47.

• Das Transportproblem: Brücken und Bahnhöfe zerstört, das rollende Material verschlissen: Zerstörte Wege

• Das Brennstoffproblem, folgt teilweise aus dem Transportproblem.

• Diese Engpässe wurden bis 1947/48 überwunden.

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Erholung der Industrie

Industrieproduktion 1938=100Quelle: Armstrong, 1991, Chapter I; Fischer, Handbuch, Bd. 6.

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Bulgarien

Polen

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2. Unter der Hegemonie der USA in Richtung Freihandel

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Reagrarisierung?• Der amerikanische

Finanzminister Henry Morgenthau entwickelte 1944 den Plan, die deutschen Fabriken und Bergwerke zu zerstören und die Industrieregion zu internationalisieren.

• Die deutsche Kriegspropaganda nutzte dies als Schreckbild.

• Die Erfahrungen nach dem ersten Weltkrieg und der heraufziehende kalte Krieg hinderten die Ausführung.

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Kein deutscher Staat, aber deutsche Einheit?

• Im Potsdamer Abkommen bekannten sich die Alliierten zur wirtschaftlichen und politischen Einheit Deutschlands unter alliierter Hoheit.

• Nach Kriegsende wurden alle Zerstückelungspläne der Alliierten für Deutschland verworfen, um nicht die wirtschaftliche Erholung Europas zu gefährden.

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Reparationen West

• Die Reparationen sollten der Entmilitarisierung Deutschlands und der Ersetzung der Kriegsschäden dienen.

• Die westdeutschen Lieferungen an die westlichen Alliierten betrugen insgesamt 517 Millionen $US und waren mit Beginn des Marshallplanes im wesentlichen beendet.

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Reparationen Ost• Die ostdeutschen Reparationen entsprachen 13

Milliarden $US, also dem 25fachen der westdeutschen Zahlungen.

• Die Sowjetunion entnahm – auch für Polen – bis 1954 aus der sowjetischen Besatzungszone:

• Demontagen von Industrie- und Verkehrsanlagen, • Uran zum Aufbau ihrer Atomindustrie, • Güter aus der laufenden Produktion.

• Die negativen Wirkungen auf die ostdeutsche Wirtschaft werden jedoch von manchen Wirtschaftshistorikern bezweifelt.

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Bretton Woods

• Den USA gelingt es im Abkommen von Bretton Woods (1944 UNO-Konferenz mit 44 Staaten) gegen das Widerstreben Großbritanniens ein Weltwährungssystem auf Dollarbasis zu installieren.

• Weltbank und Internationaler Währungsfond sichern das System fester Wechselkurse.

• Die Absicht von John Maynard Keynes als eines der Väter dieses Systems, den Ausgleich der Handelsbilanzen und damit Vollbeschäftigung zu sichern, wird nicht realisiert.

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GATT 1947 • Hochzollpolitik, Protektionismus und

Isolationismus der USA werden durch das internationale Handelsabkommen GATT (General Agreement of Tariffs and Trade) überwunden.

• Vereinbart wird die Senkung der Zölle um ein Drittel bis die Hälfte. Großbritannien muss die Sonderhandelszone des Commonwealth aufgeben.

• Erst mit dem Marshallplan kann Westeuropa wieder zum Handelspartner der US-Wirtschaft werden.

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Lernen aus der Geschichte

• Die Nachkriegsordnung der westlichen Welt war zum einen die Konsequenz aus den bitteren Erfahrungen der Zwischenkriegszeit.

• Die USA brauchten eine florierende europäische Wirtschaft als Partner und Stabilisator des Welthandels und als Absatzmarkt.

• Gleichrangiges Ziel war die politische Stabilisierung des Kontinents gegen den Kommunismus, dies wurde mit dem Kalten Krieg zum erstrangigen Ziel.

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Handel Westeuropa - USA

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Imp

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3. Marshallplan und Blockbildung

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Kommunistische Gefahr

• Die Angst vor der kommunistischen Machtübernahme in weiteren westlichen Ländern (Griechenland, Italien, Frankreich) war begründet, wenn auch weit übertrieben.

• Die bürgerlichen Parteien waren weithin wegen der Kollaboration mit dem Faschismus diskreditiert, die Kommunisten wegen ihrer Rolle im Widerstand in den meisten Ländern in hohem Ansehen.

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Marshallplan• Der Marshallplan (nach dem Außenminister der

USA George M.) beschließt am 5. Juni 1947 umfangreiche Hilfen für die europäischen Völker, gleich ob Sieger oder Besiegte: das European Recovery Program (ERP).

• Der Marshallplan stellt 12,5 Milliarden US Dollar bereit, die durch das ERP-Programm immer wieder regeneriert und vermehrt werden.

• Diese Hilfe soll stabilisieren und gegen den drohenden kommunistischen Vormarsch immunisieren im Sinne der im März desselben Jahres vom Präsidenten der USA verkündeten Trumandoktrin.

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Ablehnung aus dem Osten

• Die Sowjetunion lehnte Marshallplanhilfe erwartungsgemäß ab.

• Die Satellitenstaaten der UdSSR müssen fernbleiben: Ungarn und die Tschechoslowakei hatten bereits angenommen, Polen Interesse bekundet.

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Kalter Krieg

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Marshallplanhilfe aus den USAQuelle: Fischer, Handbuch, Bd. 6, 188.

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Kredite und Marshallplan pro Kopf

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Leiter zum Aufschwung: Niederlande

1948: Niederländische Broschüre und Weizenlieferung aus USA

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Schuman-Plan

• Der Marshallplan erfordert Zusammenwirken der europäischen Staaten in der CEEC (Committee of European Economic Cooperation).

• Das kommt französischen Plänen entgegen, die Deutschen einzubinden: Schuman-Plan

Robert Schuman, Außenminister der Republik Frankreich, signiert am 4. April 1949 den Nato-Pakt.

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Spaltung und Integration

Spaltung Europas und westeuropäische Integration sind zwei Seiten des Marshallplanes.

Siegerplakat des Marshallplan-Wettbewerbs 1951

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Blockbildung

• Januar 1949 wird in Moskau der RGW gegründet: Sowjetunion, Bulgarien, Polen, Rumänien, Ungarn und die Tschechoslowakei.

• Die NATO wird im April 1949 als militärische und politische Allianz unter Führung der USA gegründet.

• Hastings Ismay, der erste Nato-Generalsekretär: „NATO had been devised to keep the Russians out, the Americans in and the Germans down.“

• Der Warschauer Pakt folgt 1955.

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Embargo-Politik• Die USA beschränkten mit Beginn des Kalten

Krieges den Export strategischer Güter in den sowjetischen Einflussbereich.

• Marshallplan und NATO nötigen auch die westeuropäischen Länder, dieser Politik beizutreten.

• Im November 1949 wurde die COCOM (Coordinating Committee on Multilateral Export Controls) gebildet. Drei Listen bringen den West-Ost-Handel nahezu zum Erliegen:

• Verbotene Güter,• In der Menge beschränkte Güter,• Überwachte Güter.

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Bipolares Gleichgewicht• Nach dem Krieg ging die

Wirtschaft in ganz Europa in Richtung Verstaatlichung der Großindustrie und Interventionismus.

• Der Eiserne Vorhang isoliert die Wirtschaftssysteme, auch durch Embargo.

• Die Wege trennen sich: einerseits zum marktwirtschaftlichen Sozialstaat, andererseits zur sozialistischen Planwirtschaft.