HOCHMITTELALTERLICHE ADELSFAMILIEN IN ALTBAYERN, FRANKEN … · 2014. 6. 17. · IS Peter...

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HOCHMITTELALTERLICHE ADELSFAMILIEN IN ALTBAYERN, FRANKEN UND SCHWABEN Herausgegeben von FERDINAND KRAMER und WILHELM STÖRMER Redaktion: Elisabeth Lukas-Götz KOMMISSION FÜR BAYERISCHE LANDESGESCHICHTE MÜNCHEN 2005

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  • HOCHMITTELALTERLICHE ADELSFAMILIENIN ALTBAYERN, FRANKEN UND

    SCHWABEN

    Herausgegeben von

    FERDINAND KRAMER und WILHELM STÖRMER

    Redaktion: Elisabeth Lukas-Götz

    KOMMISSION FÜR BAYERISCHE LANDESGESCHICHTEMÜNCHEN 2005

  • FUNKTION, TYPOLOGIE UND GESCHICHTE FRÜHERADELSBURGEN IN ALTBAYERN

    von

    Christoph Bachmann

    1. Einleitung

    Seit der Romantik und den Arbeiten der Burgenforscher des 19. Jahrhundertswie Johann Nepomuk Cori', Karl August von Cohausen/, Bodo Ebhardt! undOtto Piper' verfügen wir teilweise noch immer über ein burgenkundliches Zerr-bild, das in den realen Burgneubauten des 19. Jahrhunderts (Hohkönig) gipfelt.Man versteht die Burgen als mächtig himmelwärts strebende Bauten von bis-weilen gewaltigen Architekturdimensionen. So kann bei fast jeder Burgenre-staurierung des 19. Jahrhunderts eine Uberhöhung der Originalzustände festge-stellt werden, um dem zeitgemäßen Bild einer deutschen Burg gerecht zu wer-den, um Bewunderung zu erhaschen'. Dieses romantische Bild der Burg istmittlerweile dank der Mittelalterarchäologie und der Bauforschung, beidesüberwiegend jedoch nur für den schweizerischen Raum beispielhaft durchge-führt, im Wandel begriffen. Die Realität zeigt ganz bescheidene Dimensionen:kleine Burgen, schlechte Lebensqualität, strenge und kalte Winter: "Die Leuteauf der Frohburg (Schweiz) hatten nicht ritterlich gegen äußere Feinde zukämpfen, sondern höchst unheroisch gegen Kälte, Durst, Ungeziefer und vorallem gegen die Langeweile'". Um für den bayerisch-fränkischen Bereich zu ei-ner derart prägnanten und quellenfundierten Aussage kommen zu können,bleibt noch ein langer Weg, da die systematische Erfassung und Ergrabung der

    1 Johann Nepomuk Co RI, Bau und Einrichtung der Deutschen Burgen im Mittelalter, Linzad. Donau 1895.• 2 Karl August von COHAUSEN, Die Befestigungsweisen der Vorzeit und des Mittelalters,Wiesbaden 1898.1 Bodo EBHARDT,Deutsche Burgen, 2 Bde., Berlin 1899-1908.4 Otto PIPER, Burgenkunde. Bauwesen und Geschichte der Burgen zunächst innerhalb des

    deutschen Sprachgebietes, München 1895.5 Joachim ZEUNE, Ein neues Bild der Burg. Burgenforschung und Rezeptionsgeschichte im

    Wandel der Zeit, in: Herbert W. WURSTER-Richard LOIBL-Winfried HELM (Hg.), Ritterburgund Fürstenschloß (Katalog zur Ausstellung der Stadt und Diözese Passau im Oberhausmuse-um Passau), 2 Bde., Passau 1998, hier 1 (Geschichte) 171-192, bes. 178f.; Horst WolfgangBÖHME u. a. (Hg.), Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch, 2 Bde., Stuttgart 1999.

    6 Werner MEYER,Die Frohburg. Ausgrabun~en 1973-1977 (Schweizer Beiträge z. Kultur-geschichte u. Archäologie d. Mittelalters 16), Zünch 1989, 113.

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  • über- und unterirdischen Bodendenkmäler/ trotz der Anstrengungen der letz-ten Jahre, die vor allem Joachim Zeune zu verdanken sind", weiterhin einschmerzliches Desiderat bleibt", Daran ändern auch die Arbeit von Boos überdie Burgen der südlichen Oberpfalz'P sowie die hin und wieder durchgefühnenGrabungen an einzelnen Burgen wie z.B. Abenberg", Alteglofsheim", AIt-randsberg!', Burgthann (Mfr.)I4, Castell", Hilpoltstein", Hirschberg", Hoch-stadt a. Main", Karlburg", Lichtenstein (Ufr.)20, Murnau", Oberhaus-', Sulz-bach" und Thierlstein'" wenig, zumal es überwiegend nicht darum geht, die

    7 Vg!. hierzu die Problematik über die Zuständigkeitsregelung zwischen Archäologen undKunsthistorikern: ..Soweit sich an Burgplätzen Gebäude oder Mauerreste obertägig erhaltenhaben, werden sie nicht von der Bodendenkmalpflege erfaßt, sondern fallen in die Zuständig-keit der Kunstdenkmäler-Inventarisation", Waiter SAGE, Zur archäologischen Erforschungmittelalterlicher Burgen in Südbayern, in: Hubert GLASER,Wittelsbach und Bayern 1/1: DieZeit der frühen Herzöge. Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern. Beiträge zur Bayerischen Ge-schichte und Kunst 1180-1350, München 1980, 126-132, hier 131 Anm. 2.

    8 Joachim ZEUNE, Burgen. Symbole der Macht. Ein neues Bild der mittelalterlichen Burg,Regensburg 1996; Joachim ZEUNE, Mittelalterliche Burgen in Bayern. Eine Schreckensbilanz,in: Schönere Heimat 79 (1990) 143-154; Joachim ZEUNE, Salierzeitliche Burgen in Bayern, in:Horst Wolfgang BÖHME (Hg.), Burgen der Salierzeit 2 (Römisch Germanisches Zentralmuse-um 26), Sigmaringen 1991,177-234.

    9 .Der Beitrag Bayerns auf diesem Forschungsbereich nimmt sich bislang freilich recht be-scheiden aus ... Betrachten wir gar den südbayerischen Raum, so war man bis vor kurzem beider Beurteilung der Wehrbauten nachrömischer Zeit fast allein auf Analogieschlüsse anhandbestimmter topographischer Eigenheiten oder oberflächlich erkennbarer typischer Details an-gewiesen.", SAGE,Archäologische Erforschung (wie Anm. 7) 127.

    10 Andreas Boas, Burgen im Süden der Oberpfalz. Die früh- und hochmittelalterlichen Be-festigungen des Regensburger Umlandes (Regensburger Studien u. Quellen z. Kulturgeschichte5), Regensburg 1998. Die Arbeit bietet einen Katalog von 82 Burgen um Regensburg, der an-hand der gedruckten historischen Quellen, Flurkarten, Geländebegehungen und der älterenLiteratur erstellt wurde; systematische Grabungen wurden nicht durchgeführt.It Joachim ZEUNE, Burg Abenberg - eine hochmittelalterliche Dynastenburg, in: Das Ar-

    chäofogische Jahr in Bayern 1996 (1997) 168-171.12 Silvia CODREANU-WINDAUER,Die Ausgrabungen im Schloß Alteglofsheim - ein Zwi-

    schenbericht, in: Das Archäologischejahr in Bayern 1992 (1993) 153-155.13 Silvia CODREANU-WINDAUER,Auf den Spuren der Burg Altrandsberg, in: Das Archäo-

    logische Jahr in Bayern 1987 (1988) 170-172.t4 WoHgang STEEGER,Ausgrabungen in der Burg von Burgthann, in: Das Archäologische

    Jahr in Bayern 1990 (1991) 150-153. .IS Peter E1TEL, Castell- ein früher Adelssitz in Mainfranken, in: Das Archäologische Jahr in

    Bayern 1996 (1997) 157-160.16 Thomas PLATZ,Die Bauphasen der Hauptburg Hilpoltstein, in: Das Archäologische Jahr

    in Bayern 1992 (1993) 167-170.17 Andreas TILLMANN,Ausgrabungen auf Schloß Hirschberg, in: Das Archäologische Jahr

    in Bayern 1988 (1989) 140f.18 Joachim ZEUNE, Die ehemalige Wasserburg von Hochstadt a. Main, in: Das Archäologi-

    schejahr in Bayern 1990 (1991) 168-170.19 Dieter HEYSE, Die Burg des ..noster ministerialis de Karlburg", in: Das Archäologische

    Jahr in Bayern 1993 (1994) 147-149.20Joachim ZEUNE, Lichtenstein. Die vergrabene Burg, in: Das Archäologische Jahr in Bay-

    ern 1994 (1995) 173-156.21 B. SALMEN-A. SPLIETII (Red.), Schloß Murnau. Ein Bauwerk der Stauferzeit und seine

    Geschichte (Forschungen z, Archäologie u. Baugeschichte d. Mittelalters u. d. Neuzeit i. Bay-ern I), Murnau 1994.

    22 WURSTER-LOIBL-HELM (Hg.), Ritterburg (wie Anm. 5) 2 (Archäologie).23 Mathias HENSCH. Ausgrabungen im Schloß Sulzbach, in: Das Archäologische Jahr in

    Bayern 1994 (1995) 157-160. .

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  • Bau-, Alltags- und Kulturgeschichte zu erhellen, sondern Funde vorzustellen.Untersuchungen wie zu Hohenfreiberg im Allgäu, wo neben der Auswertungder archivalischen Quellen auch Grundrisse und Pläne zur Bauchronologie er-stellt wurden", bilden die Ausnahme. Sicherlich, die Arbeiten gestalten.sich äu-ßerst zeitaufwendig und damit kostenintensiv, jedoch wäre der Erkenntnisge-winn für die Geschichtswissenschaft für eine Zeit der Quellenarmut beträcht-lich und würde den Aufwand rechtfertigen, wie die z.T. sensationellen Ergeb-nisse auch kleinerer Grabungen (z.B. Alteglofsheim und Hilpoltstein) bewiesenhaben.Ferner fristet auch die Erforschung der altbayerischen Burgengeschichte an-

    hand archivalischer Quellen im Themenkanon der Historiographie eher einSchattendasein. Es existieren zwar zwei jüngere sog. Inventare zu oberbayeri-schen Burgen von Werner Meyer" und Michael Weithmann27, jedoch sind dasMeyersche bezüglich der Vollständigkeit und Richtigkeit der wiedergegebenenFakten und das Weithmannsche aufgrund seiner Inventarisierungskriterien äu-ßerst problematisch und nur mit Vorsicht zu genießen", Zwei weitere größereArbeiten beschäftigen sich explizit mit der Burgenpolitik", bzw. einem Tei-laspekt davon, dem Öffnungsrecht".

    Läßt man den "momentanen Stand der bayerische Burgenforschung und dentrostlosen Ausblick"3l Revue passieren, bleibt dem Nichtarchäologen für dieErforschung der Frühzeit der Burgengeschichte eigentlich nur der Rückgriff aufdie Bände der Kunstdenkmäler in Bayern und die Bände des Historischen At-lasses von Bayern, die Arbeiten zur Genealogie, Besitz- und politischen Ge-schichte einzelner Geschlechter sowie die weit zerstreute ortgeschichtliche Lite-ratur.Aufgrund der etwas ausführlicher dargestellten Problematik zur Forschungs-

    lage ergab sich für einen ersten Ansatz die Auswahl zweier Geschlechter, die er-stens gut erforscht und zweitens quellenmäßig gut greifbar sind, nämlich dieFalkensteiner und die Wittelsbacher.

    24 Maximilian HEIMLER, Archäologische Funde aus Schloß Thierlstein, in: Schloß Thierl-stein. Geschichte und Sachkultur einer ostbayerischen Burg vom Mittelalter bis in die Neuzeit(Schriftenreihe Kreismuseum Walderbach 6), Cham 1989,35-79.

    25 ZEUNE, Burgen (wie Anm. 8) 167f.26Werner MEYER,Burgen in Oberbayern, Würzburg 1986.27Michael WEITHMANN, Inventar der Burgen Oberbayerns, München 21994.28 Vg!. die Rezensionen von Joachim ZEUNE zu WEITHMANN, Inventar (wie Anm. 27), in:

    Schönere Heimat 84 (1995) 129f., und Christoph BACHMANNin: ZBLG 58 (1995) 1176-1178.29 Pank~az FRIE!?, Hochadelige und landesherrlich-witt~lsbachisc~e Burgenpolitik im hoch-

    und spätmmelalterhchen Bayern, m: Hans PATZE(Hg.), Die Burgen Im deutschen Sprachraum,2 Bde. (VuF 19/1,2), Sigmaringen 1976,2331-352.

    30 Christoph BA~HMA~N, Offnun~srecht und herzogliche Burgenpolitik in Bayern im spä-ten Mittelalter (Schriftenreihe 106), Munchen 1997.

    31 ZEUNE, Rezension zu WEITHMANN, Inventar (wie Anm. 28) 130.

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  • 2. Die Burg als Verwaltungszentrum:Das Beispiel der Falkensteiner

    "2.1. Hartmannsberg und Neuburg

    2.1.1. TypologieÜber die Besitzungen der Falkensteiner sind wir durch den berühmten

    "Codex Falkensteinensis" gut unterrichtet", Daraus geht hervor, daß die Gra-fen im altbayerischen Raum Besitzer von insgesamt drei Burgen waren, nämlichihrer Stammburg Falkenstein, sowie den Burgen Hartmannsberg und Neuburg(abgegangen bei Vagen, LK Rosenheim). Ferner kommt die Burg Hernstein inNiederösterreich noch als Exklave hinzu. Typologisch gesehen handelt es sichbei Hartmannsberg und Neuburg um sog. Feste Häuser, was aus den Abbil-dungen im Codex hervorgeht". Hartmannsberg ist eine typische Wasserburg,die auf einer kleinen Insel im Langenbürgener See liegt. Dem beengten Bau-grund gemäß bestand sie nur aus einem palasähnlichen Haus mit einem Sockel-geschoß aus sorgsam gearbeitetem Quaderwerk und einem etwas erhöhten Tor.Im Obergeschoß erstreckten sich rundbogige Fensterarkaden - ein klarer Hin-weis auf den Saaloder Repräsentativraum. Darüber zog sich eine Reihe kleinerFenster hin, vermutlich die Schlafunterkünfte im 2. Stock. Ein umlaufenderZinnenkranz krönte das Gebäude", Als Baumaterial scheinen Buckelquaderverwendet worden zu sein", Eine aus den Fenstern angelnde Person, im Seeschwimmende Fische und die Wellen unterstreichen die besondere Lage derBurg mitten im Wasser36, bzw. verweisen auf die Fischrechte der Falkensteinerim Hartmannsberger See37•Die Neuburg am Fuße des Irschenberges - die genaue Lokalisierung ist nicht

    gesichert" - hatte ein festes Sockelgescboß aus Quadersteinen. Die im Oberge-schoß abgebildeten Fensterarkaden'" lassen auf einen Repräsentativraum, denPalas, schließen. Darüber befand sich ein Kranz von Fenstern. Den Abschluß

    32 Ingrid HEEG-ENGELHART (Bearb.), Das älteste bayerische Herzogsurbar. Analyse undEdition (QuE NF 37), München 1990 [künftig zitiert: Herzogsurbar]; Elisabeth NOICHL(Bearb.), Codex Falkensteinensis. Die Rechtsaufzeichnungen der Grafen von Falkenstein (QuENF 29), München 1978 [künftig zitiert: Codex Falkensteinensis].

    33 Codex Falkensteinensis (wie Anm. 32) Tafel VIII.34 ZEUNE, Salierzeitliche Burgen (wie Anm. 8) 212.3S Gertrud SANDBERGER,Die Grafen von Falkenstein, ihre Burgen und ihr Verwaltungs-

    handbuch, in: Anregung. Zeitschrift f. Gymnasialpädagogik (Beih. Geschichtsdenkmal u. Ge-schichtsunterricht), München 1975, 17-21, hier 18.

    36 ZEUNE, Salierzeitliche Burgen (wie Anm. 8) 212; zu einer völlig anderen Deutung ge-langte SANDBERGER,Grafen von Falkenstein (wie Anm. 35) 18; demzufolge handelt es sich beidem Obergeschoß der Burg um einen Vorratsraum zur Aufnahme und Lagerung der Natural-abgaben der Untertanen. Die im See schwimmenden Fische deutet sie als Zeichen der herr-schaftlichen Fischrechte. Möglich ist m. E. aber auch eine Deutung des Fischfangs als adeligenZeitvertreib, bzw. adeliges Standesattribut, vg!. Joachim BUMKE, Höfische Kultur. Literaturund Gesellschaft im hohen Mittelalter 1, München 1986, 242.

    37 Hans PETZ-Hermann GRAUER-Johann MAYERHOFER,Drei bayerische Traditionsbücheraus dem 13.Jahrhundert, München 1880, XXIV.

    38 WEITHMANN,Inventar (wie Anm. 27) 269.39 Codex Falkensteinensis (wie Anm. 32) Tafel Ill.

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  • bildete ein umlaufender Zinnenkranz mit zwei flankierenden Türmen. Ob essich hier um Erker oder tatsächliche Türme, die im Boden fundamentiert waren,handelte, läßt sich nicht entscheiden.

    2.1.2. Funktionen der Burgen

    Der gesamte Grundbesitz der Falkensteiner war in 4 Propsteien gegliedert,die von einem Propst (Falkenstein und Hernstein) oder Prokurator (Hartmanns-berg und Neuburg) geleitet wurden'", Die Burgen Hartmannsberg und Neu-burg bildeten den Verwaltungsmittelpunkt der Propsteien", Es ist anzunehmen,daß die Burg zusammen mit der Gutsherrschaft von den Prokuratoren geleitetwurde. Diese beaufsichtigten die Meier, erhoben, verbuchten und sammelten dieGefäIle, führten sie an die Grundherrschaft des Grafen ab42 und überwachtendie Bewirtschaftung des Sallandes'L Sie hatten ferner die Buchführung zu be-sorgen und über die Abgaben genaue Listen zu führen, die der Grundherr ge-gebenenfalls selbst überprüfen konnte. Anhand dieser Listen fand auch die all-jährlich mit dem Grundherrn vorzunehmende Abrechnung statt, wobei demPropst nach vollendeter Rechnungslegung ein Rezeß überreicht wurde".

    Die Propstei Hartmannsberg umfaßte zwischen Inn und Chiemsee 9 Höfe, 2ganze und 4 halben Mansen, 1 Hube, 1 Lehen, 4 Mühlen, 4 Viehhöfe, 252zehntpflichtige Häuser, 25 weitere dienstpflichtige Stätten und 2 Fischrechte imI-Iartmannsberger- und Hartsee", Der Propstei waren außerdem die Vogteienüber die rings um den Chiemsee verstreuten Güter von Herrenchiemsee undSalzburg zugeteilt". Die Burg Hartmannsberg bot also nicht nur Schutz vorFeinden, sondern erfüllte als Herrschaftsmittelpunkt eines größeren Grund-herrschaftskomplexes noch die Aufgabe der Verwaltung des grundherrIichenBesitzes (Einforderung, Überprüfung und eventuell auch Lagerung der Abga-ben); ferner ist die Burg auch rechtlicher Mittelpunkt, da von hier aus die Vog-trechte über den Chiemseer Besitz ausgeübt wurden",Die Burg selbst diente weiterhin aufgrund ihrer Insellage im Seen- und Moor-

    streifen zur Sperrung des an der Burgmauer am Südrand der Insel vorbeifüh-renden Fernwegs, der am Innübergang bei Pfunzen begann und über Haidbichl,prutting, Edenstraß, Teisenham, Hemhof und Hartmannsberg bei Straß in ei-

    ..0 Karl RAMP, Studien zur Grundherrschaft Neuburg-Falkenstein auf Grund des .Codexdiplomaticus Falkensteinensis·, (Diss.) Neuburg a.d. Donau 1925,25 ...I Codex Falkensteinensis (wie Anm. 32) Nr. 44-79.42 Werner RÖSENER.Beobachtungen zur Grundherrschaft des Adels im Hochminelaleer, in:

    Werner RÖSENER (Hg.), Grundherrschaft und bäuerliche Gesellschaft im Hochmittelalter(Veröffentlichungen d. Max-Planck-Instituts f. Geschichte 115), Göttingen 1995, 116-161, hier

    13~j TertUlina BURKARD,Die Landgerichte Wasserburg und Kling (HAB A 1/15), München1965,94 .

    .... RAMP, Grundherrschaft (wie Anm. 40) 25 f."s PETZ-GRAUER-MAYERHOFER,Traditionsbücher (wie Anm. 37) XXIV.46 BURKARD,Wasserbur~ (wie Anm. 43) 94.47 Zur VerwaltungsfunktIon der Burg vg!. Herwig EBNER,Die Burgenpolitik und ihre Be-

    deutung für die Geschichte des Mittelalters, in: Carinthia 1/164 (1974) 33-51, hier 34; PankrazFRIED, ..Modernstaatliche" Entwicklungstendenz~n i!fl baye~ischen Ständestaat des Sparmittel-alters, in: Hans PATZE(H!?), Der Deutsche Ternto~I~lstaa~ Im 14. Jahrhundert (VuF 14), Sig-maringen 1971,301-341, hier 328; FRIED,Burgenpolitik (wie Anm. 29) 348.

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  • nen weiteren Fernweg mündete, der nach Traunstein und dann weiter nach Rei-chenhall führte48•

    2.1.3. Geschichte von HartmannsbergWann genau Hartmannsberg erbaut wurde, ist nicht bekannt. Der Name je-

    denfalls geht offenbar auf den Edlen Hadamar zurück, der um 925 erwähntwird", Dieses Gut kam zwischen 1025 und 1041 an die Sighardingerw, In derersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gelangte dieser Besitz an die Grafen vonWeyarn, denn um 1120 nennt sich Sigboto n. von Weyarn auch nach Hart-mannsberg?'. Spätestens 1125 verheiratete sich Graf Rudolf von Falkensteinvmit Gertrud von Weyarn, und als deren Vater, Graf Sigboto von Weyarn, sei-nen Stammsitz Weyarn 1133 in ein Augustinerchorherrenstift umwandelte undsich in dieses Kloster auch zurückzog, erbten die Falkensteiner den WeyarnerBesitz'". Im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts waren als letzte männlicheVertreter der Familie der Falkenstein-Neuburger nur noch Sigboto VI. und seinBruder Konrad vorhanden, während deren Lebzeiten sich der politische undwirtschaftliche Niedergang der Familie vollzog. In den politischen Wirren zurZeit Kaiser Friedrichs 11. scheint Sigboto VI. seine herzogsfreundliche Politikaufgegeben und sich auf die Seite der Grafen von Andechs-Meranien gestellt zuhaben'", Wohl im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Her-zog Otto n. und Otto VIII. von Andechs-Meranien scheint Sigboto VI. um1244 gefallen zu sein". Sein Bruder Konrad wurde gefangengenommen undGraf Konrad von Wasserburg übergeben, der sich daraufhin der falkensteini-sehen Burgen bernächtigte=, Nachdem aber Herzog Otto 11. in den Kirchen-bann geraten war und Graf Konrad von Wasserburg, aufgestachelt vom päpstli-chen Legaten Albert Beham, zu einem regelrechten Kreuzzug gegen den Her-zog aufrief", wurde Konrad von Wasserburg von Herzog Ludwig n., dem

    48 Klaus SCHWARZ,Archäoloqisch-topographische Studien zur Geschichte frühmittelalterli-cher Fernwege und Ackerfluren im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee (Material-hefte z. bayerischen Vorgeschichte A 45), Kallmünz 1989,80, 86f., 124f.

    49 Willibald HAUTIIALER-Martin FRANZ (Hg.), Salzburger Urkundenbuch 1-4,1910-1933[künftig zitiert: SUB], I 72 Nr. 5; die Namengebung, die auf einen Erbauer bzw. dessen Nach-kommen zurückzuführen ist (vg!. Wilhelm STÖRMER,Zur Adelsgesellschaft in Bayern undÖsterreich um 1200, in: Eugen BOSHOF-Fritz Peter KNAPP [Hg.], Wolfger von Erla, Bischofvon Passau [1191-1204] und Patriarch von Aquileia [1204-1218] als Kirchenfürst und Litera-turmäzen [Germanistische Bibliothek 3/20], Heidelber~ 1994, 69-106, hier 84), ist außerge-wöhnlich, kann aber durch ein anderes, früheres Beispiel abgesichert werden: Egglburg (LKEbersberg); vg!. Karl PUCHER, Landkreis Ebersberg (HONB OB 1),München 1951, 20f.

    so BURKARD,Wasserburg (wie Anm. 43) 300.51 MB 2 325 Nr. 139.52 MB 311.53 Franz TYROLLER,Genealogie des altbayerischen Adels im Hochmittelalter, in: Wilhelm

    WEGENER (Hg.), Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte, Lieferung 4, Göt-tingen 1962, 45-524, hier 271.

    54 Er war Lehensträger der Andechs-Meranier geworden, Edmund von OEFELE, Geschichteder Grafen von Andechs, Innsbruck 1877, 56.

    55 Max SPINDLER, Die Anfänge des bayerischen Landesfürstentums (Schriftenreihe 26),München 1937,33.

    56 MGH SSXVII 343.57 Elisabeth NOICHL, Die Grafen von Wasserburg. Beiträge zur Genealogie und Geschichte,

    in: Heimat am Inn 10 (1990) 6-37, hier 25f.

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  • Bruder Herzog Ottos 11.,seit dem 24. Juni 1247 auf Hartmannsberg belagert",Im November fiel die Burg". Konrad von Falkenstein erhielt jedoch seine Be-sitzungen nicht zurück, sondern Herzog Otto 11.konfiszierte das Allodialgutder Falkensteiner60und eignete sich die Lehen an61•

    2.1.4. Typologie und Geschichte der NeuburgDie auf einem Bergsporn gelegene Neuburg dürfte mit dem Burgstall Neu-

    burg 1000 m südöstlich der Kirche von Vagen identisch sein. Urprünglich galtdie Neuburg als Errichtung der Grafen von Weyarn. Dabei ging man von der indas Jahr 1102 datierten Gründungsurkunde des Klosters Dietramszell aus, inder ein Graf Sigiboto als comes de Neunburgk bzw. de Newenburch62 genanntwird63• Dieser Graf wurde mit dem Grafen Sigiboto de Wiara gleichgesetzt, derum 1078/85 genannt wird'", Diese Urkunde ist jedoch als Tegernseer Fälschungaus der Zeit um 1180 entlarvt wordenv. Damit liegen nun die frühesten Belegefür die Neuburg erst aus den Jahren 1158, als Erzbischof Eberhard 1. von Salz-burg dem Grafen Sigiboto von Neuburg die Vogtei des Bistums Chiemseeübertrug66, und 1164 vor, als die Burgkapelle, die ecclesiaNovinburc geweihtwurde67• Da nun die Dietramszeller Gründungsurkunde nicht mehr als Nach-weis herangezogen werden kann und die Erwerbung der Weyarner Güter erstim Jahr 1133 zustandekam, dürfte es sich bei der Neuburg um eine falkensteini-sche Gründung auf dem ehemaligen Besitz der Grafen von Weyarn handeln.

    2.2. Falkenstein

    2.2.1. TypologieEin anderer Burgentypus, die Turmburg, wird durch Falkenstein, den na-

    mengebenden Sitz der Grafen, verkörpert. Es handelt sich bei der im Codex ab-gebildeten Burg um das sog. Altfalkenstein, das einst oberhalb der heutigenjüngeren Burg, ea, 1hkm entfernt, auf der Rachelwand stand. Hier erhob sichüber der Felsenwand rechts ein schlanker Turm mit hohem Quadersockel, ei-

    58 MGH SSXVII 3435-7.59 Das Datum ist nicht ganz geklärt, da die Annales Scheftlarnensis den 11. November 1247

    nennen, jedoch Herzog Ludwig noch am 19. November 1247 eine Urkunde in obsidione castriHademarsperch ausstellte, MW I99 Nr. 40.

    60 RÖSENER,Grundherrschaft (wie Anm. 42) 147.61 Der formelle äußere Rahmen wurde zwar durch die Belehnung Herzog Ludwigs des

    Strengen mit den Lehen des Grafen von Neuburg durch Bischof Konrad von Freising geschaf-fen (MW I257 Nr. 105), faktisch war der Herzog jedoch bereits seit 1247/48 im Besitz sämtli-cher falkensteinischer Besitzungen.

    62MB 6 163-166 Nr. 10.63Die Argumentationskette nach SCHWARZ,Fernwege und Ackerfluren (wie Anm. 48) 97-

    9\. TheodorBITIERAUF, Die Traditionen des Hochstifts Freising II: 926-1283 (QuE NF 5,)München 1909,476, Nr. 16~8. .. .. .. .

    65 Elisabeth NOICHL, Die .Grundungsurkunde des Chorherrenstiftes Dietramszell. EIßeTegernseer Fälschung aus dem letzten Viertel des 12.Jahrhunderts, in: AZ 76 (1980) 39-56, hierv a.46f .• 66 SUB (wie Anm. 49) II Nr. 333, Nr. 462-465.67Codex Falkensteinensis (wie Anm. 32) 160f. Nr. 180.

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  • nem gekuppelten Fenster im Obergeschoß und einer stattlichen Turmkrone mitZinnen. Der Eingang lag erhöht. Weiterhin läßt sich noch eine Burgkapelle er-kennen".

    2.2.2. Funktion und Geschichte

    Die Entstehung des Falkensteins wird man in die Anfangszeit der Herren vonFalkenstein setzen dürfen, d.h. spätestens in den Beginn des 12. jahrhundertse",Auch Falkenstein bildete, wie Hartmannsberg, den Mittelpunkt einer Gutsver-waltung", die von einem Prokurator geleitet wurde. Neben dem Aspekt der Si-cherheit - die alte Burg Falkenstein über der Rachelwand nutzte eine überwie-gend durch Felswände bzw. durch sehr steile Hänge gesicherte Bergkuppe _war der Burgplatz aus verkehrsgeographischer Sicht sehr geschickt gewählt. DieBurg befand sich am Austritt des Inns aus dem Gebirge und damit an einemverkehrspolitischen Schlüsselpunkt. Von hier aus wird einmal die links des Innsnach Norden weiterführende Hohe Straße überwacht, zum anderen trifft imRaum Falkenstein die Verlängerung der von Bergharn kommenden Trasse unddes bei Bruckmühl die Mangfall überquerenden Fernwegs auf die linksseitigeInntalstraße. Schließlich befindet sich auch im Kontrollbereich der Burg dieinnaufwärts gelegene Irinüberfahrt bei Windshausen, wo der Anschluß an dieInntalstraße erreicht wird71•Über die Ausstattung der Burg sind wird durch eine Auflistung unterrichtet:

    Es gab dort 30 Spieße für die Bärenhatz, zehn Federbetten, zwei Schachspieleund zwei Triktrakspiele'L Dieses Inventar, die Zeichnung im Codex und auchdie auffallende heraldische Narnensgebungf weisen darauf hin, daß der Falken-stein nicht nur ein Herrschaftsinstrument war, sondern auch für das Selbstver-ständnis der Familie eine beachtliche Rolle spielte": Die Burg war zum"Wohnort", zur "Residenz" der Familie geworden und damit auch zum Selbst-darstellungsraum gegenüber anderen Familien, äußerlich dokumentiert durchdie künstlerisch-architektonische Gestaltung der Burg und intern manifestiertdurch das Tafelsilber, die Waffen und weitere wertvolle Inventargegenständeö,Die Burg teilte, wie alle falkensteinischen Besitzungen, das Schicksal von Hart-mannsberg, denn 1247 ging Falkenstein nach Beseitigung des Grafen Konradvon Wasserburg in wittelsbachischen Besitz über und wurde 1296 durch denSalzburger Ministerialen Megingoz von Surberg in der Fehde zwischen KönigAdolf von Nassau und Herzog Albrecht I. von Österreich eingenommen undzerstört".

    68 ZEUNE, Salierzeitliche Burgen (wie Anm. 8) 215.69 SCHWARZ,Fernwege und Ackerfluren (wie Anm. 48) 105.10 Codex Falkensteinensis (wie Anm. 32) Nr. 2~3.11 SCHWARZ,Fernwege und Ackerfluren (wie Anm. 48) 102.72 Codex Falkensteinensis (wie Anm. 32) 67f. Nr. 104.73 Wilhe1m STÖRMER,Adel und Ministerialität im Spiegel der bayerischen Namensgebung

    (bis zum 13.Jahrhundert), in: DA 33 (1977) 84-152.74 Werner MEYER,Die Burg als repräsentatives Standessymbol, in: Zeitschrift f. schweizeri-

    sche Archäologie u. Kulturgeschichte 33 (1976) 173-181.7S STÖRMER,Adelsgesellschaft (wie Anm. 49) 83-85.76 Sebastian DACHAUER.Zur Geschichte der Kirche am Petcrsberge und der Burgen Falken-

    stein, Kirnstein und Auerberg, in: OA 2 (1840) 35~01, hier 385.

    736

  • 2.2.3. Exkurs: Die Burg im Kontext des adeligen Selbstverständnisses

    Ausgehend von einem gewissen frühmittelalterlichen "Urtyp der Burg", derFluchtburg, entwickelte sich mit dem Aufkommen der Ministerialität ein neuerBurgentyp77, die Höhenburg, die sich im 11. und 12. Jahrhundert allmählichzum vorherrschenden Burgentyp herauskristallisierte", Da der Übergang zuspezifisch neuen Burgentypen nur langsam vor sich ging, können noch im 11.und 12. Jahrhundert karolingisch-ottonische Befestigungsanlagen archäologischnachgewiesen werden?", Alternativ zu den sich herausbildenden vielgliedrigenHöhenburgen verbreitete sich ein neuer, in Nordwestfrankreich entstandenerBurgentyp80, der in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts über das Rheinlandnach Süddeutschland gelangte. Es handelt sich um die sog. Motte (Donjon) oderTurmhügelburgS'. Dabei wird innerhalb eines ringförmigen Grabens mit demAushub ein Hügel aufgeworfen, dessen abgeflachte Gipfelfläche mit hölzernenoder steinernen Aufbauten versehen warR2• Es kann nunmehr davon ausgegan-gen werden, daß diese Burgen bereits einen einzigen (adeligen) Besitzer hatten,im Gegensatz zu den Fluchtburgen, deren Unterhalt von einer Gemeinschaftgetragen werden mußte. Diese Turmhügelburgen wurden ebenfalls nur zu be-stimmten Zeiten aufgesucht; der adelige Besitzer wohnte überwiegend im leichtbefestigten und mit Wirtschaftsgebäuden versehenen Adelshof, der im oder inder Nähe eines Dorfes lagS3• Die Motte bildet demzufolge einen Bautypus, derzu einer sozialen Schicht hervorragend paßt, die aus ländlich-bäuerlichen Ur-sprüngen stammend erst langsam zu Macht und Reichtum vordringt. DerWohnturm ist die wohl naheliegendste Art, schon zu Anfang des Aufstiegs auchbaulich ein Symbol zu setzen: mit begrenztem Aufwand dem Hof eines Edel-freien oder bedeutenden Ministerialen hinzugefügt, sichert und überhöht er dieWohnung des Herrn im unmittelbaren wie symbolischen Sinn. Die Motte wiedie Plazierung auf einem nahen Hügel dürfen als verstärkte Überhöhung ver-standen werden, die mit dem wachsendem Selbstverständnis des Adels und demAusbau von Grundbesitz und Wirtschaftskraft zur Höhenburg führr", Diesesneue adelige Selbstbewußtsein als Zeichen der Exklusivität8S, der Macht und

    77Hellmut KUNSTMANN,Mensch und Bur~ (Veröffentlichungen d. Gesellschaft f. fränki-sche Geschichte IX/IS) Neustadt an der Aisch 1985,4.

    78 Hans Ma~in MAl!RER, Der Burgenbau als .Gesinnungsausdruck und Herrschaftssymbo-lik in: SchwäbIsche Heimat 23 (1972) 124-130, hier 128.

    79 ZEUNE, Salierzeitliche Burgen (wie Anm. 8) 194.80Dietrich Ltrrz, Turmburgen in Südwestdeutschland, in: Michel BUR (Hg.), La maison

    forte au moyen age, Paris 1986, 137-152.81 Hermann Hn~z, M.otte u~d Donjon. ~ur Frü~.geschichte der mittelalterlichen Adelsburg

    (Zeitschrift f. Archäologie d. Mittelalters Beih, 1), Koln 1981,65 f.82 Vg!. Heinrich BOXLER-}örg MÜLLER, Burgenland Schweiz. Bau und Alltag, Solothurn

    21991, 30-35.83 LUTZ. Turmburgen (wie Anm. 80) 143.84 Thomas BILLER,Die Adelsburg in Deutschland. Entstehung, Gestalt, Bedeutung, Mün-

    chen 21998, 125.8S Die ist besonders bei den Pfalzbauten und deren prächtiger Ausstattung zu beobachten.

    Vg!. hierzu Fritz KERN, Gottesgnadentum und WIderstandsrecht. Zur Entwicklungsgeschichteder Monarchie, 21954 (Nd. Darmstadt 71980), 115-117; Gerhard STREICH, Burg und Kirchewährend des deutschen Mittelalters II (VuF Sonderbd. 29/2), Sigmaringen 1984,565.

    737

  • KUItUl·86korreliert mit dem gesteigerten Bedürfnis nach Sicherheit, die die Hö-henburg bot87• Die Abkapselung wird auch als bewußte Absetzung des Adelsvom Volk, den eigenen Hintersassen, interpretiert". Für die Verhältnisse in Ti-rol wird sogar von einer Regelmäßigkeit des Aufgebens eines älteren Sitzes in-nerhalb eines Siedlungsverbandes zugunsten einer jüngeren Höhenburg gespro-chen'", Unterstützt wird diese These noch von der Namengebung. So lassensich Burgennamen, die den Namen des Burgengründers (z.B. Hartmannsberg =Hadernarsberg, Marquartstein = Marquart von Hohenburg) zugrundelegen, alsdeutliche Hinweise auf das gestiegene adelige Selbstbewußtsein verstehen. Auchheraldische Namen verweisen in diese Richtung, z.B. der Name der Burg Fal-kenstein. Viele dieser aus allgemeinen Beobachtungen gewonnen Charakteristi-ka lassen sich auf die falkensteinischen Burgen übertragen: Die selbstbewußteNamensgebung bei Falkenstein und Hartmannsberg, die Absetzung von den ei-genen Hintersassen durch die Erbauung der Stammburg auf einer Felsenwand,die luxuriöse Ausstattung der Burgen mit Silbergeschirr und die Abbildung derFamilie im gräflichen Güterverzeichnis. Speziell für die Falkensteiner Verhält-nisse müssen auch die im Codex Falkensteinensis enthaltenen Burgenzeichnun-gen für das adelige Selbstverständnis herangezogen werden. Hier fällt bei derBurg Neuburg die Wiedergabe mit romanischer Burgfront, zwei Türmen undZinnenkranz auf. Auch Hartmannsberg weist eine romanische Front auf, diegeradezu an königliche Pfalzanlagen erinnert", So kann für die Falkensteineraufgrund der repräsentativen architektonischen Gestaltung ihrer Burgen, derheraldischen Namengebung, dem Tafelsilberinventar und dem Familienbild imfamilieneigenen Güterverzeichnis auf ein umfangreiches programmatischesKonzept zur Selbstdarstellung einer aufstrebenden adeligen Familie im Hoch-mittelalter geschlossen werden.

    3. Die Burg als Rechtszentrum. Das Beispiel Wittelsbach

    3.1. Typologie und GeschichteDas bisher angenommene Erbauungsdatum der Burg Wittelsbach mit der

    Verlegung des Stammsitzes von Scheyern nach Wittelsbach gleichzusetzen(1115), läßt sich durch die anläßlich des Wittelsbacherjahres 1980 auf demBurgberg von Oberwittelsbach durchgeführten Grabungen nicht mehr halten.Diesen Ergebnissen zufolge existierte bereits vor der Übernahme der Burg auf

    86 Jürg TAUBER,Alltag und Fest auf der Burg im Spiegel der archäologischen SachquelIen,in: Josef FLECKENSTEIN(Hg.), Das ritterliche Turnier im Mittelalter, Göttingen 1986, 588-623,hier 594, 599.

    87 Alexander ANTONOW, Planung und Bau von Burgen im süddeutschen Raum, Frank-furt/Main 1983, 129.

    88 STÖRMER,Adelsgesellschaft (wie Anm. 49) 83.89 Martin BITSCHNAU,Burg und Adel in Tirol zwischen 1050 und 1300. Grundlagen zu ih-

    rer Forschung (Österr. Akademie d. Wissenschaften, phi!. hist. Klasse, Sitzungsberichte 403)Wien 1983. '

    90 STÖRMER,Adelsgesellschaft (wie Anm. 49) 83.

    738

  • dem Bergsporn bei OberwitteIsbach eine Erdbefestigung mit Schildmauer; imInnern standen bereits Steingebäude". Offensichtlich erfolgte in den Jahren1110/20 der Ausbau der Burg zu einer Höhenburg in Spornlage. Dabei wurdedas bisherige Areal auf das Dreifache vergrößert und mit einer neuen Ringmau-er umgeben. Der Halsgraben, der die Burg vom Hinterland abtrennte, wurdebei den Erweiterungsbauten wieder zugeschüttet. Stattdessen erfolgte die Anle-gung von zwei Vorburgen im Osten des Bergsporns. Ferner wurde ein doppel-ter Hanggraben errichtet, der wohl die ganze Burg im Norden, Westen und Sü-den umzog'", Im Inneren konnte an der Nordostseite der Burg ein großes Ge-bäude mit mehreren Räumen nachgewiesen werden, bei dem es sich wahr-scheinlich um den Palas handelt.

    3.2. Funktion

    Die Wittelsbacher, deren gesicherte Ahnenreihe seit der Mitte des 11. Jahr-hunderts mit Comes Otto de Skyrun beginnt?', hatten als Nachfolger der Grafenvon Ebersberg nach deren Aussterben 1045 wahrscheinlich die Vogtei über dasKloster Kühbach erlangt, zumindest Otto V., Pfalzgraf von Bayern (1083/84-1156), war nachweislich im Besitz dieser Vogtei", Es erwies sich im Nachhineinals geschickter Schachzug, daß Otto V. um 1115 seine Position von Scheyern indie Nähe des von ihm bevogteten Klosters Kühbach verlegte und die BurgWittelsbach übernahm, denn die Güter des von ihm bevogteten Klosters Küh-bach bildeten nun einen fast geschlossenen Kreis um Wittelsbach, von Mand-lach über Unterbernbach, Reifersdorf, Taxberg, Haslangkreit, Paar, Winden,Bergen, Thalhausen, Wollomoos, Andersbach und Taiting. Als er dann um1125/30 auch die Vogtei über die Güter des Klosters St. Ulrich und Afra inAugsburg erlangte, deckte sich dieser Kühbacher Kreis fast mit einem anderen,der vom Verwaltungszentrum St. Ulrich und Afra gebildet wurde", Er um-schließt die Orte Aichach, Hollenbach, Ober- und Unterbachern, Rettenbach,Ober- und Unterschönbach, vielleicht Rapperzell und Ecknach96 (vgl, zur Ver-deutlichung die beigefügte Karte).

    Die Burg Wittelsbach lag inmitten dieser Güter, was deshalb von Bedeutungwar, weil die Vogtrechte neben der machtpolitischen Komponente eine finan-zielle Absicherung bedeuteten. Die Vogtreichnisse setzten sich aus den festbe-grenzten Dingabgaben wie Verköstigung und Beförderung, das Recht auf freieHerberge, das Vogtdrittel von den angefallenen Friedensgeldern, die Frevelbußeund endlich die Abgaben der Immunitätsleute wie Heergeld oder sonstige re-

    91 Robert KOCH, Die Burg Wittelsbach bei Aichach. Vorbericht über die Ausgrabungen1978/79, in: GLASER,Wittelsbach und Bayern (wie Anm. 7) 133-138; Robert KOCH, Die Aus-grabungen in d.er Burg ~ittelsbach bei Aichach, Landkreis Aichach-Friedberg, Schwaben, in:Das ArchäologIschejahr m Bayern 1980 (1981) 176f.

    92 vgl. auch WEITI-IMANN,Inventar (wie Anm. 27) 454.93 Pankraz FRIED, pie Herkunft der Wittelsbacher, in: GLASER,Wittelsbach und Bayern

    (wie Anm. 7) 29--41, hier 31.94 Sigmund von RIEZLER,Geschichte Baierns 1/2, München 21927, 553.95 Zu den Grafen von Kühbach s. den Beitrag von Gottfried Mayr in diesem Band.96 Günter FL~HRSCH~ Machtgrundlagen und Herrschaftspo.litik der ersten Pfalzgrafen

    aus dem Haus Wmelsbach, m: GLASER,Wmelsbach und Bayern (wie Anm. 7) 42-110, hier 54.

    739

  • gelmäßig oder außerordentlich erhobene Vogtsteuern zusammen", Des weite-ren boten die Vogtdinge dem Schirmherrn die Möglichkeit, Druck auf diekirchlichen Hintersassen auszuüben sowie auf die Leute und Ministerialen desBischofs oder der Äbte Einfluß zu gewinnen. Der Sinn dieser Verlagerung kannalso nur der gewesen sein, in der "neuen" Burg Wittelsbach ein Rechts- undebenso ein Verwaltungszentrum zu errichten, in dem die Abgaben gesammeltund wieder ausgegeben werden konnten. Dieser finanzielle Rückhalt dürfte si-cherlich auch mit eine Rolle dafür gespielt haben, daß einige Dienstmannen imAichacher Raum, wie Otto von Affing, Gerwig und Reginboto von Autenzell,Grimold von Paar, Wernher und Dietpold von Weilach, Brun von Wittelsbachu. a. in die Dienste des Pfalzgrafen traten",

    Die von Pfalzgraf Otto V.v.Wittelsbach bevogteten Güterder Klöster Kühbach und St. Ulrich und Afra (um 1130)

    HaslangkreitOWinden

    Kühbach Hardt 0o ~b oUnter-

    Hollenbach sch~~bach 0to .. ORappe

    . Wittelsbach WoresbachAkhach 0

    t Burgt Kloster

    OMandlach

    10km

    Unterbacherno 0

    Oberbachern . 0Reifersdorf

    oTaxberg

    Eniwurf: Ch. Bachmann

    Scheyern t

    Bergen 0

    Thalhausen

    OWollmooso 3

    97 Franz GENZINGER, Grafschaft und Vogtei der Wittelsbacher vor 1180, in: GLASER,Wit-telsbach und Bayern (wie Anm. 7) 111-125, hier 119.

    98 FLOHRSCHÜTZ,Machtgrundlagen (wie Anm. 96) 50.

    740

    Kartographie: F .-G. Weinrich

  • 4. Die Burg als Machtfaktor

    4.1. Wartenberg (LK Erding):Hochstift Freising./. Pfalzgrafen von Bayern

    4.1.1. Typologie der BurgBei Wartenberg handelt es sich um eine Höhenburg auf einem Bergsporn, die

    gegen Nordost durch einen Halsgraben geschützt war; jenseits des Grabens exi-stierte eine Vorburg. Südlich davon stand auf dem durch eine Senke von derHauptburg getrennten Hügel ein Außenwerk, das seit dem 15.116. Jahrhundertals herzogliches Jagdhaus genutzt wurde'",

    4.1.2. Geschichte von WartenbergUm 1116/1117 überließ Pfalzgraf Otto V. dem Kloster Ebersberg zwei Joch

    in der villa Ufheim (Aufharn, Gde. Langenpreising, LK Erding) und erhielt ausKlosterbesitz zwei andere Joch in monte Wartenberc100• Dieser Beleg galt langeZeit als Gründungs- und Errichtungsdatum für die Burg, nach der sich Pfalz-graf Otto VI. wiederholt nannte'?'. Erst eine archäologische Untersuchung zumWitteIsbacherjahr 1980 konnte zeigen, daß das anhand schriftlicher Quellen re-lativ sichere Baujahr nicht als Neugründung auf jungfräulichem Boden zu ver-stehen ist, sondern daß die Burg vielmehr an ältere, dem 10. oder frühen It.Jahrhundert entstammende Vorläufer anknüpfte'F, Grundriß und Größe dieserAnlagen sind nicht bekannt, jedoch dürfte es sich um nur schwach befestigteHolz-Erde-Anlagen gehandelt haben, die relativ früh schon mit einem hohenRandwaII und vorgelagerten Gräben gesichert wurden. Die künstliche Auf-schüttung des Burgbergs zur Schaffung einer Plattform für die anschließendeErrichtung einer Burg mit Vorburg an der Ostseite wird mit dem überliefertenBurgausbau 1116/1117 in Verbindung gebracht. Erst im Lauf des 12. Jahrhun-derts erfolgte der schrittweise Ausbau zur einer landesherrlichen steinernen, mitdicken Backsteinmauern umwehrten Burg10l.Während des 12. Jahrhundertsspielte Wartenherg beim Aufbau der wittelsbachischen Herrschaft im sog.Holzland (= Gegend zwischen Isen, Sempt und Isar) eine zentrale Rolle, auch inder herzoglichen Hofhaltung. Mit der Gründung der Stadt Landshut im Jahr1204 endete jedoch die Wittelsbacher Hofhaltung in Wartenbergla..

    4.1.3. Ausbildung eines TerritoriumsNachdem Pfalzgraf Otto V. von Wittelsbach in den Jahren 1116/1117 im

    Holzland Fuß gefaßt hatte, begann auch der Ausbau der Burg, die zum Zen-trum für den Kampf gegen die freien Herren in diesem Raum wurde. Der wich-

    99 WEITHMANN, Inventar (wie Anm. 27) 434.100 Josef STURM,Die Anfä~ge des. I:Iauses Preysing (Schriftenreihe 8), München 1931,360.101Bodo UHL (Bearb.), DIe Traditionen des Klosters Welhenstephan (QuE NF 27/1), Mün-

    chen t972 [künftig zitiert: Trad. Weihenstephan], Nr. 291.102Waiter SAGE,Die wittelsbachische Burg Wartenberg im Landkreis Erding, Oberbayern,

    in: Das Archäologischejahr 1980 (1981) 178.I 'lOl SAGE,Wartenberg (wie Anm. 102).

    la. Susanne HERLETH-KRENfZ-Gottfried MAYR, Das Landgericht Erding (HAB A I/58),München 1997, 226.

    741

  • tigste Mann des Pfalzgrafen war der Burghauptmann. Otto von Wittelsbach be-stimmte dafür den Ministerialen Witilo, der nach der Verlegung des Hauptsitzesvon Scheyern nach Wittelsbach wahrscheinlich dort seinen Amtssitz hatte undnach der Errichtung von Wartenberg dahin abgeordnet wurde.los• Ferner er-scheint bereits 1138/47 der erste pfalzgräfliche Richter, nämlich Konrad vonWartenberglO6• Der eigentliche Ausbau der Landesherrschaft erfolgte jedochdurch die Zurückdrängung und Beseitigung der Rechte anderer Herren, wozuder Pfalzgraf als ausführende Organe unfreie, aber waffentüchtige Dienstman-nen benötigte!".Neben der Dienstmannschaft war aber auch das Rechtsinstrument der Vogtei

    von ausschlaggebender Bedeutung, Macht und Druck auf die geistliche freisin-gisehe Ministerialität auszuüben. Die Wittelsbacher hatten seit der Mitte des 11.Jahrhunderts die Vogtherrschaft über das Freisinger Hochstift inne und erwar-ben ferner um 1130 die Vogtei über das Kloster Weihenstephan sowie die überdas Kloster Neustift. Auch die Güter des Domkapitels wurden von denScheyern-Wittelsbachern seit Ende des 11. Jahrhunderts bevogtet''", Den Ringschloß die Vogtei der Grafen von Dachau über St. Andreas. Im WartenbergerRaum hatten die Wittelsbacher die Vogtei über das Kloster Ebersberg auf Um-wegen über das Erbe aus dem Besitz der Grafen von Ebersberg inne.Aufgrund dieser umfangreichen richterlichen Befugnisse urteilte ~falzgraf

    Otto als Leibherr über die Unfreien auf seinen Eigengütern, als Vogt von Wei-henstephan besaß er die Hoch- und Niedergerichtsbarkeit üb~ die Grundhol-den dieser Gerichte und als Pfalzgraf saß er über die Leute auf den königlichenGütern und die freien Bauern zu Gericht'?". An Rechtsfällen waren etwa fol-gende Streitpunkte vor dem vogteilichen Gericht zur verhandeln: 1) Heirat mitUngleichen, bzw. Unfreien zum Schaden der Kirche, 2) Raufhändel und Tot-schlag, 3) Diebstahl'P, Wie wichtig dieser Machthebel war, beweist der 'Eifer Bi-schof Ottos von Freising (1138-1158), mit der er die Zurückdrängung der Wit-telsbacher als Gerichtsherren seiner Ministerialen vor König Konrad Ill. (1138-1152) betrieb und auch Ende 1142 erreichte!", aber auch das Bemühen derWittelsbacher, auf jeden Richterstuhl, der ihrem Einfluß unterstand, einen ihrerAnhänger zu setzen!". .Mit diesem judiziellen Instrumentarium gerüstet konnte der Pfalzgraf nun

    daran gehen, mit seiner mehr als kläglichen Mannschaft, etwa 12 Ministerialen-familien, im Holzland rund um Wartenberg Fuß zu fassen. Seine bedeutendstenFamilien waren die Familie des Burghauptmanns Witilo, die Familie Kopf, die

    lOS Günther FLOHRSCHÜfZ, Der Adel des Wartenberger Raums im 12. Jahrhundert, in:ZBLG 34 (1971) 85-164,462-511,909-911, hier 90f. .

    106 Trad. Weihenstephan (wie Anm. 101) Nr. 291.107 HERLETH-KRENTl-MAYR, Erding (wie Anm ..l04) 88.108 GENZINGER, Grafschaft (wie Anm. 97) 118f.109 FLOHRSCHÜ'IZ,Adel (wie Anm. 105) 492.110 Carolus MEICHELBECK,Historia Frisingensis la, Augsburg 1724, 360 f.111 MGH D Konrad Ill. Nr. 83 (1142 XII 30).112 FLOHRSCHÜ'IZ, Adel (wie Anm. 105) ~04, 493; so z.B. in Tegernbach, Moosburg oder

    auch in Freising selbst.

    742

  • sich nach ihrem Hauptsitz, der Kopfsburg'P, nannten, die Ministerialen vonHolzhausen, die Wartenberg gegen Osten abzuschirmen hatten, und selbstver-ständlich die Preysing!".

    Seine bedeutendsten Feinde waren in diesem Raum die Herren von Moosen,die Erben der Allodialgüter der Herren von Lern. Offensichtlich war es mit denWittelsbachern, die die Reichslehen der Lerner beanspruchten, wegen der FrageReichslehenl Allodialgut zum Bruch mit den Herren von Moosen gekommen.Pfalzgraf Otto V. hatte die weitaus besseren Machtmittel auf seiner Seite, da erüber diese Frage als oberster Richter des Holzlandes selbst zu entscheiden hatte.Der Druck der Wittelsbacher wuchs alsbald so stark an, daß die Moosenernachgeben mußten. Um ihren Besitz jedoch nicht in die pfalzgräflichen Händefallen lassen zu müssen, übereigneten sie zahlreiche Güter dem Kloster Berch-tesgaden, was um·1160 mit einem Ausverkauf der Allodien endete. Die Moose-ner existierten zwar noch weiter und konnten im 13. Jahrhundert den Titel derGrafen von Grünbach erwerben, aber die Entwicklung der Herrschaft Warten-berg war nicht mehr aufzuhalten'P. Andere edelfreie Familien, wie die Herrenvon Thahn, Haünwang, Pfrombach, Heidenkam, Schleibing, Preisenberg undViisheim haben sich mehr oder weniger kampflos aus ihren Positionen zurück ..gezogen; wieder andere sind - wohl verlockt durch die Aussicht auf Lehengü-ter, vorwiegend königlicher Provenienz - aus der persönlichen Freiheit in diewinelsbachische Ministerialität übergetreten, wie die Fraunberg, Heidenkam,Holzen, Holzhausen. Inning am Holz, Langenpreising, Riding, Zustorf'", Eslassen sich aber auch Übertritte von der Freisiniger Ministerialität in die derWittelsbacher belegen, wie die des Albero von Straubing, des Gebhart vonHolzhausen oder des Reginmar von Berghofen!", Wieder andere wählten denneutralen Weg; wie Einwichvon Hüttenfurth, der durch eine geschickte Schau-kelpolitik sich und seine Familie ohne größeren Schaden durch diese Zeit lavie-ren konntellB• . .

    Betrachtet man die Ergebnisse der Atlasforschung!" und der Genealogie zudieser Thematik, so lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: Mit dem Erwerbder Pfalzgrafenwürde und dem Bau der Burg Wartenberg erfuhr die wittels-bachische Ministerialität einen enormen Aufschwung. Waren es in der erstenPhase bis ea. 1125 etwa 10-12 Familien, wie die Kopf von Eichenkofen, die derHerzog mit Reichslehen belehnt hatte, so erweiterte die zweite Gründungswelleden Radius um Wartenberg, wobei die Ostseite des Raumes stark befestigtwurde. Die dritte Gründungswelle setzte mit dem Erwerb der bayerischen Her-zogswürde 1180 ein. Die Wittelsbacher belehnten ihre Ministerialen jetzt mit

    II3Bei der Kopfsburg handelt es sich um eine auf einem mäßigen Hügelrücken errichteteHöhenburg, die sicherlich in drei Bauphasen errichtet wurde: mittelalterliche Turmhügelburgmit Wasserring, spätmittelalterlicher Wohn- und Wehrbau, barocke Ausformung zum Schloß:WEm-IMANN, Inventar (wie Anm. 27) 221.

    114 HERLETH-KRENTZ-MAYR,Erding (wie Anm. 104) 89-93.us FLOHRSCHO'rZ,Adel (wie Anm. 105) 127, 129-131,492.116 HERLETII-KRl':NTZ-MAYR,Erding (wie Anm. 104) 88.117 FLOHRSCHOTz,Adel (wie Anm. 105) 504.118 FLOHRSCHüTZ, Adel (wie Anm. 105) 495f.119 Kartographische Darstellungen dieser Thematik finden sich in HERLElH-KRENTZ-

    MAYR,Erding (wie Anm. 104) 66, 90.

    743

  • Herzogsgut. Vornehmlich wurden der Osten des Erdinger Raums, das sog.Holzland, und der Norden mit Sitzen überzogen'P,

    5. Die territorialpolitische Funktion der Burg

    5.1. Das Beispiel Regensburg

    Im Raum um Regensburg konnten die Wittelsbacher bereits seit dem Anfalldes Erbes der Grafen von Lengenfeld-Pettendorf, nämlich Burglengenfeld,Pettendorf und Schwandorf, im Jahr 1119 Fuß fassen 121. Zumindest fürBurglengenfeld läßt sich belegen, daß hier unmittelbar nach dem Erwerb um-fangreiche Ausbau- und Verstärkungsmaßnahmen getroffen wurden'P. In derMitte des 12. Jahrhunderts folgte die Erwerbung von Kelheim, das von UlrichMarschall von Schiltberg und Luitold Schenk von Au als Burghütern verwaltetwurde123• Auch hier dürften bereits kurz nach der Erwerbung größere Baumaß-nahmen, wie die Errichtung eines mächtigen Bergfrieds'>, stattgefunden haben.Würden für die oben genannten anderen Burgen ebenfalls archäologische Gra-bungsergebnisse vorliegen, könnte vielleicht ein System hinter diesen Maßnah-men belegt werden: Es kann vermutet werden, daß die Stadt Regensburg in ei-nem ersten Schritt anhand von Burgen "eingeschnürt" werden sollte. Sicher be-legen läßt sich dies aber anhand schriftlicher Quellen, nachdem sich HerzogLudwig I. (1183-1231) durch das Erbe der Pabonen'"; die Burg Regenstauf, ei-ne solide Basis für ein weiteres Vorgehen gegen di.~ spätere Reichsstadt ge-schaffen hatte. In die weiteren territorialpolitischen Uberlegungen reihten sichferner noch Pettendorf, Mintraching und Abbach mit ein. Abbach, das 1007 vonKaiser Heinrich II. an das Bistum Bamberg geschenkt worden war126, gelangte1138 durch Bischof Otto I.von Bamberg (1102-1139) an das von ihm gestifteteKloster Prüfening!". Um 1210 begann Herzog Ludwig der Kelheimer auf demklösterlichen Grund auf der Grundlage einer älteren Wallburgl28 mit dem Baueiner steineren Burg129, deren Bergfried noch vor 1224 vollendet wurdeJ3O•

    120 HERLETH-KRENTZ-MAYR,Erding (wie Anm. 104) 98; FLOHRSCHÜTZ,Adel (wie Anm.105) 501 f.

    121 RIEZLER,Geschichte (wie Anm. 94) 1/2 553; Wilhelm VOLKERT,Die Territorialpolitikauf dem Nordgau im 13.Jahrhundert, in: Max SPINDLER(Hg.), Handbuch der bayerischen Ge-schichte III/2, München 1979, 1266; vg!. auch den Beitrag von Alois Schmid in diesem Band.

    122 ZEUNE, Burgen (wie Anm. 8) 215-217.123 FLOHRSCHÜTZ,Machtgrundlagen (wie Anm. 96) 83 f.124 Rainer CHRISTLEIN, Funde aus dem .Binnenkastell" der Burg Kelheim, in: GLASER,

    Wittelsbach und Bayern (wie Anm. 7) 1/2101 f. .125 Vgl. Alois SCHMID, Die Burggrafschaft Regensburg. Verfassungsgeschichtliche Beob-

    achtun~en zu einer hochmittelalterlichen Adelsherrschaft, in: Julius SCHMATZ(Hg.), 1000 Jah-re Stefling 996-1996, Kallmünz 1996,9-23. .

    126 MGH D Heinrich 11.Nr. 46.127 BayHStA KU Prüfening 9 (Druck: MB 13 158-162; 1138 XII 11).128 Felix MADER,Bezirksamt Kelheim (Die Kunstdenkmäler von Niederbayern 7), München

    1922,19.129 Georg LEIDINGER(Hg.), Andreas von Regensburg. Sämtliche Werke (QuE NF 1) Mün-

    chen 1903, 6J13. Das Kloster Prüfening wurde mit anderen Gütern entschädigt: MW I 25-28(1224 I 13).

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  • Durch ihre Lage auf einer isolierten Bergkuppe mit nach allen Seiten hin steilabfallendem Terrain!" am Donauhochufer kontrollierte die Burg die in diesemRaum zusammenstoßenden Straßen von Regensburg in Richtung Augsburg undRheinlande sowie die wichtige Donauuferstraße'V, Auch Pettendorf, das nachdem Aussterben der Edelfreien von Pettendorf 1119 in ein Dynastenklosterumgewandelt worden warm, wurde für die Zwecke der Territorialpolitik reak-tiviert und wieder in einen Ministerialensitz umgewandelt, der die westlicheAusfallstraße Regensburgs nach Nürnberg kontrollierte!", Ebenso wie Abbachund Pettendorf lag Regenstauf an verkehrsmäßig bedeutsamer Stelle. Auf einembeherrschenden Bergkegel überwachte die Burg die Straße von Regensburgentlang des Regens in Richtung Cham-Further Senke und weiter nach Böhmengerade am Ausgang ?er Zei~larner ~ucht13S. Alle Orte waren zu~lei~h Sit~~ vonUrbarsämtern136• Mittels dieser Vier Burgen erfolgte der territorialpolitische"Angriff" auf Regensburg, der sich zuerst in einer militärischen Positionsstär-kung und Kräftesammlung geäußert hatte.Unterstützt wurde der territoriale Angriff auf Regensburg noch durch eine

    nicht minder effektive Bistumspolitik, die darauf hinauslief, über die Vogtei derdomkapitelschen Güter Einfluß auf die Bischofswahl zu nehmen!", Trotz die-ser mehrgleisigen Machtpolitik gelang es Herzog Ludwig nicht sich die Stadtgefügig zu machen; 1229 wurde Ludwig I. im Zusammenhang mit seinem Abfallvon Kaiser Friedrich n. und seiner Vormundschaftsregierung über Heinrich(VII.) im Verbund mit Graf Otto von Meranien und unter Beteiligung von Bi-schof Siegfried von Regensburg angegriffen und besiegt+", Regensburg erhieltdaraufhin das sog. "Fridericianum"13'1, einen wichtigen Markstein auf dem Wegder Bürgerschaft zur 1245 erlangten Reichsfreiheir'w, Somit spielte auch dieAnlage der Burg Schwarzenfels, deren Bau durch Otto den Erlauchten zwi-schen 1240 und 1245 angeordnet wurde, keine Rolle mehr, zumal auch derenBedeutungl41 umstritten ist: Aus der Sicht des Herzogs sollte die Burg dieGrenze seiner Besitzungen, wohl der Herzogsresidenz Kelheim, schützen bzw.nach der Übernahme der Bogener Klostervogtei über Prüfening 1242 die herzo-gliche Position gegenüber dem Kloster stärken!". Sicher ist jedoch auf alle Fälle,

    130 ANTONOW, Planung (wie Anm. 87) 188,215.131 MADER,Kelheim (wie Anm. 128) 19.132 Alois SCHMID,Die T~rritorialpolitik der frühen Wittelsbacher im Raum Regensburg, in:

    ZBLG 50 (1987) 367-410, hier 379.133 Alois SCHMID, Die Anfänge des Klosters Pettendorf, in: Beiträge z. Geschichte d. Bi-

    stums Regensburg 19 (1985) 285-301, hier 291 £.134 SCHMID,Territorialpolitik (wie Anm. 132) 376£.J3S SCHMID,Territorialpolitik (wie Anm. 132) 378.136 Herzogsurbar (wie Anm. 32) 254 Nr. 1729; 249 Nr. 1693; 216 Nr. 1501; 225 Nr. 1555.137 SCHMID,Territorialpolitik (wie Anm. 132) 383.138 RIEZLER,Geschichte (wie Anm. 94) II 56£.13'1 ]ean-Louis-Alphonse HUlLLARD-BREHOLLES,Historia diplornatica Friderici Secundi, 6

    Bde., Paris 1852-61, hier III 232-236. .140 Karl-Otto AMBRONN, Regensburg - die verlorene Hauptstadt, in: GLASER,Wittelsbach

    und Bayern (wie An!D' ~) 285:-?94, hier 289-292. . •141SCHMID, Terntonalpohuk (wie Anm. 132) 397: "Auch dieser Stützpunkt war natürlich

    egen Regensburg gerichtet".g 142 BOOS, Burgen (wie Anm. 10) 362 f.

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  • daß Schwarzenfels verkehrsgeographisch sehr günstig an emer Einfallstraßenach Regensburg lag.Das hinderte Herzog Ludwig 11. jedoch ein Jahrzehnt später nicht, den

    Kampf um die Macht in der Reichsstadt unter Zuhilfenahme einer Zwingburgerneut aufzurollen, denn zum Jahr 1258 meldete Hermann von Niederaltaichden Bau einer Burg auf dem Geiersberg'P, die gegen Regensburg gerichtetwar!" und später den Namen Landeskron erhielt!". Offensichtlich war dieserBurgenneubau für die Bürgerschaft von Regensburg eine derart große Provo-kation, daß es darüber zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen demHerzog und der Reichsstadt kam, in deren Verlauf Herzog Ludwig die reichs-städtische Burg Höfling erobern konntet", Das Kriegsglück war jedoch aufSeiten der Stadt, so daß Herzog Ludwig 1259 einen recht einseitigen Frieden zuseinen Ungunsten schließen mußte. Herzog Ludwig willigte in die Schleifungder Burg Geiersberg/Landeskron und in die Räumung der Burg Höfling ein'und versprach, nie wieder eine Burg zulasten der Regensburger Bürger zu er-richten 147.Das System der Burgenpolitik dürfte durch obige Ausführungen verdeutlicht

    worden sein: Man versuchte, das zu bekämpfende Objekt durch einen Ring vonBurgen immer enger einzuschnüren, um dadurch die Ausbildung eines uner-wünschten Territoriums zu verhindern. Auffallend ist, daß die meisten dieserBurgen an verkehrsgeographisch bedeutenden Positionen plaziert wurden. Diessollte sicherlich dazu führen, dem Gegner die wirtschaftlichen Grundlagen zunehmen und die Versorgung von außen mit Lebensmitteln und Truppen zuunterbinden, um ihn mit dieser Blockade gefügig zu machen.

    6. Die m i lit ä r is ehe Bed e u tun g der Bur g 148

    Um alle oben beschriebenen Voraussetzungen erfüllen zu können war es fürdie Burgenbesitzer unbedingt notwendig, auch bei kriegerischen Auseinander-setzungen zu bestehen, denn die mittelalterliche Kriegsführung war im wesent-lichen darauf bedacht, Burgen, die an strategisch wichtigen Punkten wie Stra-ßen149, Brückenv? oder Hochufer größerer Flüsse'!' lagen, zu belagern und zu

    143 MGH SSXVII400J-5.144 MW I165 Nr. 69.145 Boos, Burgen (wie Anm. 10) 365.146 MW 1165 Nr. 69.147 MW 1165 Nr. 69.148 Vg!. allgemein hierzu: Volker SCHMIDTCHEN,Die Bur~ und ihre militärische Bedeutung

    vom Mittelalter zur Neuzeit, in: WURSTER-LoIBL-HELM, RItterburg (wie Anm. 5) 1 193-206.Die Forschungsliteratur zur militärischen Bedeutung der Burg bezieht sich überwiegend aufdie Belagerungsthematik, bzw. die Wehrarchitektur. Der eigentliche Konnex zwischen derBurg als Wehrbau und Machtzentrum wird kaum erörtert, Die sekundäre militärische Funkti-on der Burg als Nachschubbasis, als Rückzugsort, als logistisches Zentrum findet keine Be-rücksichtigung, dürfte aber bei der Versorgung größerer,Heere eine bedeutende Rolle gespielthaben. Vg!. hierzu für das Spätmittelalter: BACHMANN,Öffnungsrecht (wie Anm. 30) 89-104.

    149 StAN HU Eichstätt 632 (1394 1128). Vg!. auch: Gerhard PFEIFFER,Die landesgeschicht-liche Funktion der Plassenburg, in: JffL 29 (1969) 245-259, hier 247, 259; Friedrich UHLHORN,Die territorialgeschichtliche Funktion der Burg, in: BfdL 103 (1967) 9-3 t, hier 20.

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  • brechenl52• Offene Feldschlachten waren im Hochmittelalter selten'P. DerGrund für die eminente Bedeutung der Burgen läßt sich zwar aus den Quellennicht direkt ablesen, doch kann es als sicher gelten, daß logistische Zwecke aus-schlaggebend waren'P', Burgen.dienten als Sammelplätzel=, als Waffenarsenaleund Beurelager'P, als Etappenstationen'V und Proviantmagazinet'", Zur Erfül-lung dieser Aufgaben wurde auf den Burgen eine Vorratswirschaft betrieben'>",da eine ausreichende Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung den Kampfwerteiner Burg außerordentlich erhöhte'P, So sollen beispielsweise auf der Burg Ti-rol Lebensmittel für ein ganzes Jahr eingelagert gewesen sein!". Zumeist dürf-ten die Burgen jedoch erst im Bedarfsfall mit größeren Lebensmittelmengenverproviantiert worden seinl62• Diese Lebensmittel kamen überwiegend von denzur Burg grunduntertänigen Bauern, deren Abgaben zur Versorgung der Burg-bewohner dienten'P, Darüber hinaus wurde zur Erhaltung der militärischen

    150MGH SSXXI 14916(Arnoldi abbatis Lubecensis Chronica Slavorum).151Klaus FEHN, Die zentralörtlichen Funktionen früher Zentren in Altbayern, Wiesbaden

    1970, 142! Herwig EBNER, Die. Burg als Forschungsp~oblem mittel~~terlic~er.v erf~ssungs.~e-schichte, m: PATZE, Burgen (wie Anm. 29) 1 11-82, hier 21-34. Schone Beispiele sind Grun-wald und Burghausen. .

    152ZEUNE, Burgen (wie Anm. 8) 52-57; Randall ROGERS, Latin siege warfare in the 12thcentury, (Diss. Masch.) Hillary 1984.

    153Zusammenstellung der mittelalterlichen Feldschlachten bei Hans DELBRÜCK,Geschichteder Kriegskunst im Ra~men der.politischen Geschichte Ill, Berlin 21923; vgl. für Bayern: Jo-seph WORDINGER, Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben von 1347-1506 2 Bde., München 1868.

    1s-fAlbert BAUER-Reinhold RAu (Hg.), Widukindi res gestae saxonicae, in: Quellen z. Ge-schichte d. sächsischen Kaiserzeit (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 8), Darmstadt 1971,11-183 hier Lib. I, c. 35, 68.

    155Berthold BRETHOLZ(Hg.), Cosmae Pragensis Chronica Boemorum (MGH Scriptoresrerum Germanicarum, NS 2), Hannover 1923, Lib. 1, c. 10,22-25; Albert BAUER(Hg.), Hein-rici Chronicon Livoniae (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 24), Darmstadt 1959, Lib.XV c. 7, 145; Rieheri Historiarum, Lib. Ill, c. 4 (MGH SS III 6104H2).

    156Heinrici Chronieon Livoniae (wie Anm. 155) Lib. XXVIII, c. 3, 305; Rieheri Histori-arum (wie Anm. 155) Lib. II, c. 8 (MGH SS III 58919).

    157Heinriei Chronicon Livoniae (wie Anm. 155) Lib. XXI, c. 2, 213; Widukindi res gestaesaxonicae (wie Anm. 154) Lib I, c. 9, 31.

    158Eberhardi Arehidiaconi Ratisponensis Annales (MGH SSXVII 6001()...12);Werner TRILL·MICH (Hg.), Thietmari Merse~urgensis Episcopi Chronicon (Fr~iherr-yom.-Stein=Gedäehtnis-ausgabe 9), Darmstadt 1962, LIb. VI? e. 53, 303; Heinrici Chronicon Livoniae (wie Anm. 155)Lib. IX, c. 11,43; Anna.lium Pragensium pars I (MGH SS IX 1743S-39); Gesta Alberonis Archi-e iscopi auctore Baldenco (MGH SSVIII 25t21).Pm Werner GOEZ, Das Leben auf der Ritterburg, in: Cord MECKSEPER-E.SCHRAlIT(Hg.),Mentalität und Alltag im Spätmittelalter (Kleine Vandenhoeck-Reihe 1511), Göttingen 1985,9-33, hier 18; Almut SATRAPA-SCHILL,Das Leben und die Versorgung auf mittelalterlichen Hö-henburgen, (Diss.) Stuttgart 1978, 115.

    160Eberhardi Archidiaeoni Ratisponensis Annales (wie Anm. 158); Fritz ZSCHAECK(Hg.),Levoldi de Northof Chroniea comitum de Marka (MGH SS rerum Germaniearum NS 6), Ber-lin 1929 723-25;Gesta Alberonis Archiepiseopi auctore Balderico (wie Anm. 158).

    161Adolf HOFMEISTER(Hg.), Chronica Mathiae de Nuwenburg (MGH SS rerum Germani-carum NS 4). München 1924-1940,2216-7.

    162Levoldi Chronica (wie Anm. 160) 723-25;Gesta Alberonis Archiepiscopi auctore Balderi-eo (wie Anm. 158); Annalium Pragensium pars I (wie Anm. 158).

    163Viktor ERNST,Die Entstehung des niederen Adels, Stuttgart 1916, 6-9.

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  • Wirksamkeit der Burg auf den meisten Burgen eine eigene Landwirtschaft be-trieben!" oder sogar ein eigener Gewerbebetrieb unterhaltent=.

    7. Zusammenfassung

    Es konnte gezeigt werden, daß frühe Adelsburgen in Altbayern in ein multi-funktionales Konzept von militärischer Nutzung, Verwaltung von Grundbesitzund Rechtstiteln sowie in der Kontrolle von Handelswegen eingebunden waren.Entscheidend dabei war meist die Topographie der Burg bzw. die Wahl desStandortes. Auf diesen Gesichtspunkt wurde offensichtlich besonderer Wertgelegtl66• Über die dann tatsächlich erfolgte Bauausführung sind wir aufgrundfehlender Untersuchungen kaum unterrichtet. Ferner wurde deutlich, daß sichdie Burg im Verlauf des 12.Jahrhunderts von einem reinen Zweckbau zu einemrepräsentativen Gebäude wandelte (Wittelsbach, Falkenstein) und später sogarResidenzcharakter annehmen konnte.Es wurde aber auch deutlich, daß die bayerische Burgenforschung noch im-

    mer eines der größten Defizite in der bayerischen Landesgeschichtsforschungdarstellt. Die Behauptung, daß im Altbayerischen die Burgen aufgrund derfrühzeitig herausgebildeten Landesherrschaft der Wittelsbacher keine sonderli-che Bedeutung hatten, dürfte sich mit dem Hinweis auf den Kampf der Wittels-bacher gegen das Freisinger Hochstift im Holzland erübrigen: Burgen spieltenim Altbayerischen vielleicht nach Ausbildung der Landesherrschaft keine sogroße Rolle mehr, aber ihre Bedeutung für die Ausbildung einer Landesherr-schaft darf keinesfalls unterschätzt werden.

    16-4 Werner MEYER,Landwirtschaftsbetriebe auf mittelalterlichen Burgen, in: Adelige Sach-kultur des Spätmittelalters (Veröffentlichungen d. Instituts f. mittelalterliche RealienkundeÖsterreichs 5), Wien 1982, 375-386; Wolfgang F. REDDIG, Die Burg als Wirtschaftsorganis-mus, in: WURSTER-LoIBL-HELM, Ritterburg (wie Anm. 5) 1 311-320.

    165 Waiter jANSSEN,Die Bedeutung der mittelalterlichen Burg für die Wirtschafts- und Sozi-algeschichte des Mittelalters, in: Herbert jANKUHN-Walter jANssEN, Das Handwerk in vor-und frühgeschichrlicher Zeit 11 (Abhandlungen d. Akademie d. Wissenschaften i. Göttingen,Phil.-hist. Klasse I11/123), Göttingen 1983,261-316.

    166 Vg!. zur Generalplanung im Burgenbau ANTONOW, Planung (wie Anm. 87) 113-145.

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