Hundertjähriges Jubiläum der Faculty of Actuaries in Schottland

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Hundertj~ihriges Jubiliium der Faculty of Actuaries in Schottland Die ,Faculty of Actuaries in Scotland ~ feierte vom 11.--15. Juni 1956 in Edinburgh ihr hundertj~ihriges Bestehen. Dem Kontinental-Europ~ier ist die Rolle der Faculty im schottischen Versicherungswesen -- die gleiche wie die des Institute of Actuaries in England -- nicht ganz leicht zu beschreiben. W~ihrend die Ausbildung der Ver- sicherungstechniker in Deutschland und in den anderen L~indern des Kontinents Aufgabe der Hochschulen ist und die bestehenden Aktuar-Vereinigungen den Cha- rakter wissenschaftlicher Gesellschaften tragen, ist die Faculty Hochschule und wis- senschaftliche Vereinigung in einem: Wer eine leitende Stellung im britischen Lebens- versicherungswesen erstrebt, der ist darauf angewiesen, sida w~ihrend der ersten Jahre seines Berufslebens dem vorgeschriebenen Ausbildungsgang bei der Faculty (oder in England beim Institute) zu unterwerfen. Sich als ~Actuary ~ bezeichnen darf nur, wer die Abschlu/gprfifung bestanden hat, und diese ist so streng, daft sie nur yon einer Minderheit der Priiflinge bestanden wird. Der kontinentale Versicherungs- techniker hat also einigen Grund, die schottischen Kollegen um das Bestehen und die Wirksamkeit der Faculty zu beneiden und sich zu iiberlegen, ob nicht hier eine der Wurzeln des hohen Ansehens liegt, deren sich die britische Lebensversicherung auf der ganzen Erde erfreut. Die Jubil~iumsveranstaltungen liel~en erkennen, wie sehr diese Bedeutung der Faculty auch ins Bewut~tsein der schottischen Offentlichkeit iibergegangen ist; [iberall in Edinburgh waren Wegweiser zu den Jubil~iumsveran- staltungen angebracht, in den Griinanlagen an der weltberiihmten Princes Street war das Jubil~ium samt dem Wappen der Faculty zum Gegenstand einer Blumenuhr gemacht worden, bei dem abschlie/~enden Bankett sprachen unter anderen Pers/Sn- lichkeiten des ~Sffentlichen Lebens auch der Lordkanzler (Pr~isident des Oberhauses und Justizminister) des Vereinigten K~nigreichs und der Lord-Provost (Oberbiirger- meister) yon Edinburgh. In der EriSffnungssitzung waren die Berufskollegen der schottischen Aktuare aus zwanzig L~indern durch Delegationen vertreten; die Gliickwiinsche der Deutschen Gesellschaft fiir Versicherungsmathematik und unser Jubil~iumsgeschenk, eine Vase aus Meigener Porzellan, iiberbrachte der Berichterstatter. Auch bei den anschliegen- den Veranstaltungen -- darunter zwei wissenschaftlichen Sitzungen, einer Garden- Party, einem Dampferausflug auf dem Clyde und dem bereits erw~ihnten Bankett -- wurde immer wieder fiihlbar, wie sorgf~iltig und liebevoll die schottischen Gastgeber, an ihrer Spitze der President der Faculty, Herr K. K. Weatherhead, an alle, auch die kleinsten Einzelheiten gedacht hatten. Nur die weltbekannte schottische Sparsam- keit trat nicht in Erscheinung, um so iSfter aber die Sonne, die sich in Schottland bekanntlich sonst gem versteckt. Die Faculty hat anl~iglich ihres Jubil~iums eine Festschrift aus der Feder ihres frii- heren Pr~isidenten, des Herrn A. R. Davidson, herausgegeben, die sich in dem fi~r solche Ver~Sffentlichungen, wenn sie britischen Ursprungs sind, charakteristischen liebenswiirdigen Plauderton mit ihrer Geschichte besch~iftigt. Von den wissenschaft- lichen Sitzungen hatte die erste als Gegenstand einen von Herrn R. L1. Gwilt ver- faften, sehr umfassenden Riickblick auf die Sterblichkeit in den vergangenen 100 Jah- ren. Es versteht sich, daft hierbei keine grunds~itzlich neuen Tatsachen ans Tageslicht kamen; um so wesentlicher war die Erkennmis, wie iihnlich die Entwicklung in dieser Hinsicht in den verschiedensten L~indern der Erde gewesen ist. In der zweiten Sitzung wurde an Hand eines Berichtes des Herrn J.B. Dow die Frage er~Srtert, wieweit Lebensversicherungen und Renten ohne Gewinnanteil abgeschlossen werden k~Snnen 103

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Hundertj~ihriges Jubiliium der Faculty of Actuaries in Schottland

Die ,Faculty of Actuaries in Scotland ~ feierte vom 11.--15. Juni 1956 in Edinburgh ihr hundertj~ihriges Bestehen. Dem Kontinental-Europ~ier ist die Rolle der Faculty im schottischen Versicherungswesen - - die gleiche wie die des Institute of Actuaries in England - - nicht ganz leicht zu beschreiben. W~ihrend die Ausbildung der Ver- sicherungstechniker in Deutschland und in den anderen L~indern des Kontinents Aufgabe der Hochschulen ist und die bestehenden Aktuar-Vereinigungen den Cha- rakter wissenschaftlicher Gesellschaften tragen, ist die Faculty Hochschule und wis- senschaftliche Vereinigung in einem: Wer eine leitende Stellung im britischen Lebens- versicherungswesen erstrebt, der ist darauf angewiesen, sida w~ihrend der ersten Jahre seines Berufslebens dem vorgeschriebenen Ausbildungsgang bei der Faculty (oder in England beim Institute) zu unterwerfen. Sich als ~Actuary ~ bezeichnen darf nur, wer die Abschlu/gprfifung bestanden hat, und diese ist so streng, daft sie nur yon einer Minderheit der Priiflinge bestanden wird. Der kontinentale Versicherungs- techniker hat also einigen Grund, die schottischen Kollegen um das Bestehen und die Wirksamkeit der Faculty zu beneiden und sich zu iiberlegen, ob nicht hier eine der Wurzeln des hohen Ansehens liegt, deren sich die britische Lebensversicherung auf der ganzen Erde erfreut. Die Jubil~iumsveranstaltungen liel~en erkennen, wie sehr diese Bedeutung der Faculty auch ins Bewut~tsein der schottischen Offentlichkeit iibergegangen ist; [iberall in Edinburgh waren Wegweiser zu den Jubil~iumsveran- staltungen angebracht, in den Griinanlagen an der weltberiihmten Princes Street war das Jubil~ium samt dem Wappen der Faculty zum Gegenstand einer Blumenuhr gemacht worden, bei dem abschlie/~enden Bankett sprachen unter anderen Pers/Sn- lichkeiten des ~Sffentlichen Lebens auch der Lordkanzler (Pr~isident des Oberhauses und Justizminister) des Vereinigten K~nigreichs und der Lord-Provost (Oberbiirger- meister) yon Edinburgh. In der EriSffnungssitzung waren die Berufskollegen der schottischen Aktuare aus zwanzig L~indern durch Delegationen vertreten; die Gliickwiinsche der Deutschen Gesellschaft fiir Versicherungsmathematik und unser Jubil~iumsgeschenk, eine Vase aus Meigener Porzellan, iiberbrachte der Berichterstatter. Auch bei den anschliegen- den Veranstaltungen - - darunter zwei wissenschaftlichen Sitzungen, einer Garden- Party, einem Dampferausflug auf dem Clyde und dem bereits erw~ihnten Bankett - - wurde immer wieder fiihlbar, wie sorgf~iltig und liebevoll die schottischen Gastgeber, an ihrer Spitze der President der Faculty, Herr K. K. Weatherhead, an alle, auch die kleinsten Einzelheiten gedacht hatten. Nur die weltbekannte schottische Sparsam- keit trat nicht in Erscheinung, um so iSfter aber die Sonne, die sich in Schottland bekanntlich sonst gem versteckt. Die Faculty hat anl~iglich ihres Jubil~iums eine Festschrift aus der Feder ihres frii- heren Pr~isidenten, des Herrn A. R. Davidson, herausgegeben, die sich in dem fi~r solche Ver~Sffentlichungen, wenn sie britischen Ursprungs sind, charakteristischen liebenswiirdigen Plauderton mit ihrer Geschichte besch~iftigt. Von den wissenschaft- lichen Sitzungen hatte die erste als Gegenstand einen von Herrn R. L1. Gwilt ver- faften, sehr umfassenden Riickblick auf die Sterblichkeit in den vergangenen 100 Jah- ren. Es versteht sich, daft hierbei keine grunds~itzlich neuen Tatsachen ans Tageslicht kamen; um so wesentlicher war die Erkennmis, wie iihnlich die Entwicklung in dieser Hinsicht in den verschiedensten L~indern der Erde gewesen ist. In der zweiten Sitzung wurde an Hand eines Berichtes des Herrn J.B. Dow die Frage er~Srtert, wieweit Lebensversicherungen und Renten ohne Gewinnanteil abgeschlossen werden k~Snnen

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oder sollen. In der Diskussion wurde diese Frage unter den verschiedensten Geslchts- winkeln und vom Standpunkt der verschiedensten Nationen beleuchtet. Als Ergebnis ist vielleicht festzuhalten, daff Versicherungen ohne Gewinnanteil unter stabilen Verh~ilmissen ohne weiteres gew~ihrt werden k~nnen. Besteht diese Voraussetzung nicht, so ger~it man aber vor das Dilemma, daff man entweder vergleichsweise hohe Sicherheits-Koeffizienten ansetzen muff, was diese Versicherungsform dann vom Standpunkt des Versicherten aus unwirtschaftllch macht, oder durch ein zu welt gehendes Nachgeben an dieser Stelle ein fiir das Unternehmen m/Sglicherweise gefahr- volles Risiko eingeht, sofern der Bestand an nicht gewinnberechtigten Versicherungen Gewicht hat.

Wolfgang Sachs (D~isseldorf)

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