ILM NEWS - FFF Bayern...Klaus Doldinger porträtiert (Uschi Reich Filmproduktion, made in munich...

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NEWS ILM Das Medienmagazin des FFF Bayern Raum: Vom Roman zum Drehbuch auf die Leinwand – »Agnes« Zeit: Symposium i4c blickte in die Zukunft Bild: Das 31. DOK.fest München widmet sich Umbruchprozessen der Gesellschaft BAYERN # 2 April 2016

Transcript of ILM NEWS - FFF Bayern...Klaus Doldinger porträtiert (Uschi Reich Filmproduktion, made in munich...

  • NEWSILM

    Das Medienmagazin des FFF Bayern

    Raum: Vom Roman zum Drehbuch auf die Leinwand – »Agnes«

    Zeit: Symposium i4c blickte in die Zukunft

    Bild: Das 31. DOK.fest München widmet sich Umbruchprozessen der Gesellschaft

    BAYERN

    # 2 April2016

    ILM N

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    AYERN# 2 | A

    pril 2016

  • Ab 26. Maiim Kino

    Ein Film von Norbert Lechner

    ENTEGUT!Mädchen allein

    zu Haus

    /EnteGutDerFilm www.EnteGut.de

  • EDITORIAL

    Prof. Dr. Klaus Schaefer

    Vor gut 20 Jahren, am 1. März 1996, nahm die FFF Bayern GmbH offiziell ihre Tätigkeit auf. Vorausgegangen war eine dreimonatige Vorgründungsphase, in der Gesell-schaftsverträge verfasst, Richtlinien konzipiert und Gremien besetzt wurden. Aus dem Gründungsbü-ro im Bayerischen Filmzentrum auf dem Gelände der Bavaria ging es bald in die Schwanthaler Straße. Zeitgleich wurde als hundertprozentige FFF-Tochter die Media Antenne München (heute Creative Europe Desk München) gegründet. Ein Jahr später kam von der Münchner Filmwochen GmbH das Informartionsbüro Film mit seinem Locationbüro (heute Film Commission) dazu. Und fünf Jahre später wechselte der FFF seinen Sitz in die Sonnenstraße, wo er auch heute noch zu finden ist.

    20 Jahre FilmFernsehFonds Bayern bedeuten vor allem ganz viele Projekte. Projekte, die bearbeitet werden wollten, Projekte, die verwirklicht worden sind, und Projekte, die erfolgreich in der Film- und Fernsehauswertung und auch bei Festivals und Preisverleihungen waren. 20 Jahre FFF stehen aber auch für ganz viel Arbeit. Für die Förderrefe-renten, für die Vergabegremien und für alle ande-ren Mitarbeiter. Unterstützt wurden wir dabei vom Filmteam der LfA Förderbank Bayern, mit dem uns über zwei Jahrzehnte eine überaus vertrauens-volle und effektive Zusammenarbeit verbindet.

    Über 100 Vergabeausschuss-Sitzungen haben in dieser Zeitspanne stattgefunden. Über 400 Förder-Jour fixe mit unseren Förderreferenten haben wir im Vorfeld dieser Sitzungen abgehalten. Nicht mitgezählt die weiteren Sitzungen des Internatio-nalen Ausschusses, des Games-Ausschusses und des Bayerischen Bankenfonds. Mehr als 10.000 Förderanträgen gingen weit mehr als 20.000 Be-ratungsgespräche beim FFF voraus. 600 Millionen Euro Förderung als Zuschuss oder Darlehen wurden vom Vergabeausschuss empfohlen. Über 80 Millionen Euro Rückflüsse aus wirtschaftlich erfolgreichen Projekten mögen im Vergleich dazu gering anmuten. Gleichwohl ist auch diese Summe im Wettbewerb der Förderer ganz an der Spitze und die rückgeflossenen Mittel sind ein nicht unerheblicher Anteil unserer jährlichen Förder-summe.

    Die Zahl der Zuschauer, die FFF geförderte Filme im Kino oder auch im Fernsehen gesehen haben, kann nur geschätzt werden. Alle Wiederholungen eingeschlossen könnte sie aber bei 1 Milliarde oder sogar höher liegen. Und seit nunmehr 7 Jahren kommen tausende von Gamern hinzu, die FFF

    Zwei Jahrzehnte FFFgeförderte Computerspiele spielen. Viele natio-nale und internationale Preise für FFF-geförderte Produktionen runden das Bild ab.

    Die Förderung von Projekten ist das Kerngeschäft des FFF Bayern. Der FFF ist aber nicht nur För-derung. Er ist Anlaufstelle für viele Themen und Fragestellungen im Freistaat, die mit Film, Games und anderen audiovisuellen Medien zu tun haben. So leistet unsere Film Commission wichtige Location Arbeit in allen bayerischen Regionen. Unsere FilmNews und andere Veröffentlichungen zu Film und Medien in Bayern liefern interessante Informationen für die Branche. Unsere Netzwerk-Arbeit mit vielen Veranstaltungen im In- und im Ausland wie Film-Präsentationen, Co-Produkti-onstreffen, Fachveranstaltungen, Messeteilnahmen und Delegationsreisen zu Festivals knüpft wichtige Verbindungen und stärkt den Standort.

    All dies wäre nicht möglich und nicht denkbar gewesen ohne ein engagiertes und fachlich versier-tes Team, wie es der FFF sein eigen nennt. Dabei haben wir personell klein angefangen. Aber wir konnten zügig eine schlagkräftige und kompetente Belegschaft aufbauen. Heute ist der FFF personell immer noch schlank, auch im Vergleich zu ähnli-chen Einrichtungen, aber engagiert, leistungsfähig und branchenfreundlich orientiert. Deswegen sei an dieser Stelle ein ganz großer Dank gesagt an das gesamte FFF-Team, allen voran an meine Stellver-treterin Gabriele Pfennigsdorf.

    Ganz herzlich zu danken ist aber ebenso den FFF Gesellschaftern – dem Freistaat Bayern, dem Bayerischen Rundfunk, der BLM, dem ZDF, ProSiebenSat.1 und RTL – dafür, dass sie vor 20 Jahren diese Initiative zur Gründung des FFF ergriffen und unterstützt haben. Dieser Dank schließt die früheren Gesellschafter, die Kirch Gruppe und die Tele München Gruppe, mit ein.

    Dank gebührt in besonderem Maße dem Anfang des Jahres verstorbenen Gründungspräsidenten Dr. Herbert Huber und dem Gründungsaufsichts-ratsvorsitzenden (und damaligen bayerischen Kultusminister) Prof. Dr. h.c. Hans Zehetmair, die gemeinsam die ersten Kapitel der erfolgreichen FFF-Geschichte geschrieben haben. Sie haben damit einen unschätzbaren Beitrag dazu geleistet, dass der Film- und Medienstandort Bayern prosperiert und für den Wettbewerb mit anderen Regionen bestens gerüstet ist!

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    NEWSILM

    Das Medienmagazin des FFF Bayern

    Raum: Vom Roman zum Drehbuch auf die Leinwand – »Agnes«

    Zeit: Symposium i4C blickte in die Zukunft

    Bild: Das 31. DOK.fest München widmet sich Umbruchprozessen der Gesellschaft

    BAYERN

    # 2 April2016

    Transmedia // S. 10»Agnes« // S. 18 Snowdance // S. 30

    Töne bedeuten mir mehr als Worte

    Antje Harries hat den Ausnahmemusiker und

    Filmmusik-Komponisten Klaus Doldinger

    porträtiert (Uschi Reich Filmproduktion, made in munich movies, BR,

    WDR). Fotografiert haben Sven Zellner und Thomas

    Beckmann, für den Ton ist Roman Schwarz, für

    den Schnitt Ulrike Tortora verantwortlich. Der

    Dokumentarfilm feiert Premiere auf dem

    31. DOK.fest München.

    Foto: Uschi Reich Filmproduktion

    InhaltSTANDORT

    6 Aus der Medienszene

    Video Champions / Drehende »Replace« / Premiere »Grüße aus Fukushima« / Premiere »Eddie the Eagle« / Premiere »Bamberski« / Premiere »Das Geheimnis der Hebamme«

    7Arri@Bavaria

    ARRI hat neue Produktionsräume auf dem Gelände der Bavaria. Im März wurde der

    Einzug gefeiert.

    8Trauer um Heinz Badewitz

    Der Leiter der Internationalen Hofer Filmtage starb überraschend am 10. März 2016 in Graz.

    9 Festivalförderung

    Das Bayerische Staatsministerium für Wirt-schaft und Medien, Energie und Technologie

    hat den FFF Bayern zusammen mit der LfA beauftragt, Filmfestivals in Bayern zu fördern.

    Peter Dinklage dreht in BayernDer FFF Bayern hat die internationale

    Koproduktion »The Jester« mit 1,5 Mio. Euro gefördert.

    10 Symposium über moderne

    BewegtbilderDrei Tage lang stand das Audimax der HFF München im Zeichen der Zukunft: Experten

    aus aller Welt berichteten von den Entwicklungen im Bereich audiovisueller

    Medien auf dem Symposium i4c.

    PRODUKTION

    13Kinostarts

    »Rico, Oskar und der Diebstahlstein« / »Ente gut! Mädchen allein zu Haus« /

    »Agnes« / »Captain America: Civil War« / »Outside the Box« / »Seitenwechsel«

    14Mphos geilster Tag

    Im Kino hat »Der geilste Tag« ein Millionenpublikum erreicht. Die Produktion

    ist ein Beispiel für die langjährige Zusammen-arbeit zwischen den Filmländern Bayern

    und Südafrika. Auch ein junger Schauspieler aus Johannesburg hat darin eine wichtige

    Rolle gespielt. Ein Porträt.

    18Du sollst dir kein Bildnis machen

    Johannes Schmid stellt mit Agnes seinen dritten Langfilm vor. Es war ein langer

    Weg, bis aus Stamms Roman ein eigenständiges Drehbuch wurde, das sich

    vom literarischen Text löst und dennoch seinen Kern bewahrt.

    20Künstler aller Genres –

    vereinigt euch!Der Bayerische Rundfunk beschreitet

    kreatives Neuland und koproduziert Julian Rosefeldts Videokunstprojekt »Manifesto«

    mit Cate Blanchett.

    VERANSTALTUNGEN

    24 Der Dokumentarfilm,

    eine HochkulturDas DOK.fest schafft es immer wieder aufs

    Neue, einerseits das Liebgewonnene beizubehalten und sich andererseits neu zu erfinden. In diesem Jahr schon zum 31. Mal.

    Ein Überblick über das Programm.

    29 1. Stunde: Kino

    100 Kinos in 93 bayerischen Städten zeigten bei der 9. SchulKinoWoche Bayern über

    100 künstlerisch bedeutsame und auf den Lehrplan abgestimmte Filme.

    30Sie sind so frei

    Das Independent-Filmfest »Snowdance« hat sich mit seiner dritten Auflage in Landsberg

    etabliert. Auch dank der Zugkraft eines Til Schweiger. Bei einer Podiumsdiskussion über Zwang und Freiheit beim Filmemachen

    pries der internationale Star die Filmförderung – und wurde für einen überraschenden

    Schulterschluss mit der Indie-Szene gefeiert.

    33 Märzfestivals 2016

    Der März stand in Bayern wieder ganz im Zeichen des Filmfestivals. In Nürnberg,

    Landshut, Landsberg, Regensburg, Selb und Bad Aibling präsentierten die Macher ihre

    Programme.

    34FFF Empfang auf der Berlinale

    Medienministerin Ilse Aigner und FFF-Geschäftsführer Prof. Dr. Klaus Schaefer

    begrüßten mehr als 600 Gäste.

    35Bayerische Gamesfirmen

    auf der Cartoon MovieViele der im Bereich Animation tätigen Firmen

    reisten im März zur »Cartoon Movie« nach Lyon, wo die Branche sich jährlich ein

    Stelldichein gibt, um über neue, in Entwicklung befindliche oder fertige Projekte

    zu konferieren.

    36 Termine

    36 animago / cinec

    INFO

    37 Creative Europe Desk

    MünchenOpen Training für Dokus / Internationaler

    Drehbuchworkshop / Einreichtermine / Ergebnisse für Weltvertriebe

    38Produktionsspiegel

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    01Anfang März trafen sich die Größen aus Home-Entertainment-, Film- und Fernsehbranche in

    München zur Video Night, bei der zum 16. Mal die Video Champions verliehen wurden.

    Regisseurin Katja von Garnier wurde mit dem Regiepreis für ihr FFF-gefördertes Pferdeabenteuer Ostwind 2 (Highlight/Constantin) ausgezeichnet,

    das gleichzeitig den Programm Award in der Kategorie Family Entertainment National gewann.

    Die stellvertretende FFF-Geschäftsführerin Gabriele Pfennigsdorf überreichte den Preis. V.l.:

    Gabriele Pfennigsdorf, Bernd Schiller (SamFilm), Andreas Ulmke-Smeaton (SamFilm), Franz

    Woodtli (Constantin), Katja von Garnier, Ewa Karlström (SamFilm), Grit Jovilet (Highlight).

    02Im März gingen die Dreharbeiten zum Horror-thriller Replace in München zu Ende. Gedreht

    worden war auch in Toronto. V.l.: David Kehrl (Wild Bunch), Marcus Ammon (Sky), Haupt-

    darstellerin Rebecca Forsythe, Regisseur Norbert Keil, Hauptdarstellerin Lucie Aron, Marc Gabizon (Wild Bunch), Produzent Felix von Poser (Spar-

    kling Pictures).

    03Im City-Kino in München feierte Doris Dörries Drama Grüße aus Fukushima im März Premiere.

    Neben der Regisseurin und Drehbuchautorin (Mitte) sowie der Hauptdarstellerin Rosalie Tho-mass (3.v.l.) waren Benjamin Herrmann (Verleih-chef von Majestic), Klaus Schaefer (FFF Bayern), Nebendarstellerin Nami Kamata (Sängerin der

    Band Coconami) sowie die Produzenten Harald Kügler und Molly von Fürstenberg (Olga Film,

    v.l.n.r.) zur Premiere gekommen.

    04Im März feierte auch Eddie the Eagle in München

    Deutschlandpremiere. Der Kinohit wurde im letzten Jahr unter anderem in Garmisch, Oberst-dorf, Seefeld und England gedreht. V.l.: Henning

    Molfenter, Hugh Jackman, Taron Egerton, Iris Berben, Dexter Fletcher, Eddie ‚The Eagle‘

    Edwards und Charlie Woebcken.

    05Anfang März präsentierte Regisseur Vincent

    Garenq seinen Kinofilm Bamberski bei der Welt-premiere in Paris. Der FFF-geförderte Film mit

    Daniel Auteuil und Sebastian Koch wurde u.a. an Originalschauplätzen in Lindau am

    Bodensee gedreht.

    06Im Münchner Gloria Palast feierten Mitte März die Bavaria Fernsehproduktion und die Dege-to die Premiere des dreistündigen historischen Eventfilm „Das Geheimnis der Hebamme“ von Roland Suso Richter nach dem Bestseller von

    Sabine Ebert. Die ARD zeigte den Film am Karfreitag. V.l.: Ruby O. Fee, Ronald Mühlfellner, Sascha Schwingel, Jan S. Kaiser. Die ARD zeigte

    den Film am Karfreitag.

    Aus der Medienszene

    STANDORT

  • ARRI@BavariaIm März wurde der Einzug von ARRI auf das Gelände der Bavaria gefeiert.

    Kunden, Mitarbeiter und viele Interessierte und Freunde beider Häuser nutzten die Gelegenheit, die State of the Art ARRI Kamera-Systeme und Scheinwerfer sowie die brandneuen Bild- und Tonbearbeitungsmög-lichkeiten bei ARRI Media individuell an Ort und Stelle kennenzulernen. Mit großem Stolz wurde das neue Dolby Vision Grading Studio mit Laser-projektion präsentiert – das erste außerhalb der USA! Begeistert wurden auch die atemberaubenden Präsentationen im zukunftsweisenden Dolby Atmos Tonstudio besucht. Unter anderem wurden Ausschnitte aus dem in diesem Jahr mit dem Oscar für die beste Kamera ausgezeichneten Film The Revenant in HDR (High Dynamic Range) und Dolby Atmos gezeigt. Die einmalige Bildqualität der ALEXA 65, die außer bei The Revenant auch bei Filmen wie Snowden, How to Be Single, Captain America: Civil War, Rouge One: A Star Wars Story u.v.m. eingesetzt wurde, belegten großartige Bild-beispiele. Ebenso überzeugen konnten sich die Gäste von der Vielseitigkeit des neuen LED Softlights SkyPanel (u.a. eingesetzt bei Star Wars – Episode VII, Rouge One: A Star Wars Story, The Huntsmen & The Ice Queen) und der leistungsstarken M-Series (u.a. eingesetzt bei Life of Pie, Mad Max – Fury Road, Spectre, Jurassic World) – Leuchten, die inzwischen bei kaum einem Kinofilm fehlen.

    Die Veranstaltung fand ihren Höhepunkt in der Open House Night, mo-deriert von Nina Eichinger und eröffnet mit einer Ansprache von Martin Moszkowicz, Vorstandsvorsitzender der Constantin Film AG. In seiner Ansprache bedankte er sich bei ARRI, dass den Filmemachern durch die hervorragenden Techniken ermöglicht wird, ihre Stoffe noch hochwer-tiger für das Publikum herzustellen. Franz Kraus und Dr. Jörg Pohlman, Vorstände der ARRI AG, Dr. Christian Franckenstein und Achim Rohnke, Geschäftsführer der Bavaria Film GmbH sowie Fritz Deininger, Dolby Regional Director Central Europe, begrüßten im Anschluss mit kurzen Ansprachen die Gäste und präsentierten die neuen Technologien.

    Franz Kraus, Nina Eichinger und Christoph Hoffsten (ARRI Rental) während der Präsentation der ARRI Alexa.

    In einem der Produktionsräume wurde ein neues Soundsystem vorgestellt: Mit Dolby Atmos können im ganzen Kinosaal einzelne Geräusche platziert werden.

    Top 15Deutsche Kinofilme 2016

    Quelle: VdF / FFA (Stand: 05.04.2016, Filme ab Start 10.12.2015). Alle blau markierten Filme wurden vom FFF Bayern gefördert. * nur FFF-Verleihförderung

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    1.827.728

    507.458

    1.084.977

    299.188

    239.493

    110.461

    277.256

    263.524

    178.719

    5 HILFE, ICH HABE MEINE LEHRERIN GESCHRUMPFT

    Sony // Kinostart: 17.12.2015

    4 HEIDI Studiocanal // Kinostart: 10.12.2015

    3 DER GEILSTE TAG Warner Bros. // Kinostart: 25.02.2016

    2 ICH BIN DANN MAL WEG Warner Bros. // Kinostart: 24.12.2015

    1 BIBI & TINA –

    MÄDCHEN GEGEN JUNGS DCM // Kinostart: 21.01.2016

    Besucherzahlen

    6 DIE WILDEN KERLE – DIE LEGENDE LEBT

    Disney // Kinostart: 11.02.2016

    7 BRUDER VOR LUDER * Constantin // Kinostart: 24.12.2015

    8 DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK Universal // Kinostart: 03.03.2016

    9 TSCHILLER: OFF DUTY Warner Bros. // Kinostart: 04.02.2016

    10 UNFRIEND Warner // Kinostart: 07.01.2016

    11 COLONIA DIGNIDAD – ES GIBT KEIN ZURÜCK

    Majestic // Kinostart: 18.02.2016

    12 GUT ZU VÖGELN * Constantin // Kinostart: 14.01.2016

    13 DIE DUNKLE SEITE DES MONDES Alamode // Kinostart: 14.01.2016

    14 POINT BREAK Concorde // Kinostart: 21.01.2016

    15 GRÜSSE AUS FUKUSHIMA Majestic // Kinostart: 10.03.2016

    100.069

    61.999

    372.519

    1.212.857

    1.531.351

  • FFF Geschäftsführer Prof. Dr. Klaus Schaefer: „Wir können es nicht glauben – Heinz Badewitz wirkte alters- und zeitlos. Er schien über alle Grenzen erhaben. Die Filmge-schichte in Deutschland hat er ein halbes Jahrhundert lang geprägt. Sein Blick war außergewöhnlich und hatte die Fähigkeit, Talent zu entdecken, wo andere es nicht sahen. Souverän, sympathisch und charmant präsen-tierte er noch nie Dagewesenes und schaffte es,

    dass die Filmwelt nach Nordostbayern an die Saale kam. Sie kam, um zu sehen, was er gesehen hatte und um ihn zu sehen. Er zeigte sich nicht nur als Cineast und Profi, sondern immer auch als Mensch, dem wir uns nähern durften. Heinz Badewitz war und ist eine Legende. Sein Tod lässt uns fassungslos zurück.“ Die Trauerfeiern fanden am 4. April in München und am 6. April in Hof statt.

    Trauer um Heinz Badewitz

    Heinz Badewitz, Leiter der Internationalen Hofer Filmtage,

    starb am 10. März 2016 im Alter von 74 Jahren.

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    Schauspieler Peter Dinklage und Regisseur Mark Palansky haben bereits zwei Filmprojekte gemeinsam umgesetzt, ihr drittes realisieren sie nun in Bayern: Der Th riller Th e Jester handelt im Stil von Game of Th rones von einem Puppenspieler, der als Hofnarr getarnt einen Rachefeldzug startet. Die Münchner Firma Aventin Filmproduktion ist an Th e Jester beteiligt. Die Produzenten Wolfgang Behr und Bernd Schlötterer realisieren das Projekt gemeinsam mit dem englischen Koproduzenten Leon Clarance (Motion Picture Capital / London). Die Dreharbeiten fi nden voraussichtlich in der zweiten Jahreshälft e 2016 in Bayern statt. Die Initiative Filmkulis-se Bayern hatte Regisseur Mark Palansky im vergangenen Jahr mit einer Auswahl an Motiven davon überzeugt, dass Bayern der passende Drehort für diesen Stoff ist.

    Th e Jester basiert auf der Kurzgeschichte Hop Frog von Edgar Allan Poe: Pock, ein kleinwüchsiger Puppenspieler, muss mit ansehen, wie die Ritter des Königs seinen Onkel auf grausame Weise ermorden und seine beste Freundin und geheime Liebe Tripetta auf den Königshof verschleppen. Um Tripetta zu befreien und seinen Onkel zu rächen, bewirbt er sich als Hofnarr und gewinnt die Gunst des despotischen Königs. Schon bald steigt die Anzahl der Vermissten am Hof.

    Der FFF Bayern hat das Projekt im Rahmen des Sonderprogramms Internationale Koproduktionen und Digitale Bildgestaltung mit 1,5 Mio. Euro zur Förderung empfohlen. Weitere geförderte Projekte in diesem Programm waren bisher u.a. Big Game mit Samuel L. Jackson, Th e Happy Prince von und mit Rupert Everett und mit Colin Firth und Emily Watson, Snowden von Oliver Stone mit Joseph Gordon-Levitt und Shailene Wood-ley, und die bayerischen VFX-Produzenten Trixter und ScanlineVFX für ihren Einsatz bei den internationalen Kinofi lmen Captain America: Civil War und Th e Lake.

    FFF Bayern übernimmt Förderung der baye-rischen Filmfestivals

    Der FFF Bayern fördert seit diesem Jahr auch bayerische Filmfestivals. Festivalveranstalter können nun ihre Anträge auf Förderung beim FFF stellen. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medi-en, Energie und Technologie hat die FilmFernsehFonds Bayern GmbH zusammen mit der LfA Förderbank Bayern beauft ragt, Filmfestivals in Bayern zu fördern. Zuvor lag die Abwicklung der Festivalförderung beim Ministerium.

    Ziel der Festivalförderung ist u.a. die fl ächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit kulturell wertvollen und/oder unterhaltsamen Kinofi l-men. In den Ballungszentren München und Nürnberg werden ausschließ-lich Leuchtturmprojekte von herausragender nationaler / internationaler Bedeutung unterstützt. Filmfestivals werden im Sinne der bayerischen Fördergrundsätze defi niert als örtlich realisierte, wiederkehrende Veran-staltungen, die sich über einen begrenzten Zeitraum mit einem kuratieren Programm und einem begleitenden Nebenprogramm an ein breites Pub-likum richten. Empfänger der Förderung ist jeweils der Veranstalter des Festivals. Die Referentin für die Festivalförderung beim FFF Bayern ist Julia Deischl. Weitere Informationen zur Festivalförderung stehen auf der Website des FFF.

    Peter Dinklage dreht in Bayern

    FFF Bayern fördert mit 1,5 Mio. Euro internationale Koproduktion »The Jester« nach einer Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe

  • Symposium über moderne Bewegtbilder

    Drei Tage lang stand der Audimax der HFF München im Zeichen der Zukunft: Experten aus aller Welt berichteten von den Entwicklungen

    im Bereich audiovisueller Medien auf dem Symposium i4c.

    TEXT Olga Havenetidis, Nele Koos

    STANDORT

  • Der Transmedia Day, sozusagen noch der klassischste Tag in diesem Dreiklang, bildete den Auft akt der mehrtägigen Veranstaltungsreihe. Egbert van Wyngaarden wollte erst einmal herausfi nden, wen er vor sich hatte und fragte das Publikum nach den verschie-denen Berufsgruppen ab. So konnte man sehen, dass nicht nur Filmemacher da waren, sondern auch IT-Spezialisten, Gamesentwickler, Journa-listen, Fernsehredakteure etc. Auch Techniker, die sich mit „Internet of Things“ beschäftigen, waren dabei. Monique Simard von der Sodec in Quebec klärte erst einmal das Publikum über den Ruf der Deutschen auf: Sie habe gehört, dass die Deutschen immer noch DVDs und CDs kaufen würden. Also konservativ seien, was nicht zuletzt mit den Institutionen zusammenhänge. Insgesamt schuf der Transmedia Day selber ein Bild – ein Bild dessen, was alles zusammenwächst und in vielen Bereichen bereits zusammengehört. Was hat etwa das von Georg Tschurtschenthaler vorgestellte Projekt Supernerds mit Filmprodukti-on zu tun? Den Link dazu gab niemand explizit, man stellte ihn am Ende des Tages selber her: Es geht ums Erzählen, und das Erzählen in der digitalen Welt kann sich eben auch so entwickeln. Als Louis-Richard Tremblay vom National Film Board of Canada, das selber Filme produziert, einige digitale Projekte vorstellte, wurde klar, wie in anderen Teilen der Welt das Digitale und das Filmische bereits zusammengedacht werden. Das NFB gilt weltweit als eine der wichtigsten Innovationsschmieden im Bereich Virtual Reality. Eine Kostprobe davon bot im HFF-Foyer die VR-Installation „Th e Unknown Photographer“, an der Tremblay persönlich beteiligt war. Dass letztlich das Digitale auch im Dienst von Film und Fern-sehen stehen kann, zeigte der Vortrag von Jörg Blumtritt von Datarella: Er betrachtete das Th ema Datenverarbeitung aus kreativer Perspektive und präsentierte, wie analysierte Nutzerdaten helfen können, Unterhaltungsprogramme für eine klar defi nierte Zielgruppe zu entwickeln. Am Beispiel von House of Cards erklärte er, wie dieses Prinzip aktuell bereits genutzt wird und warum es in Zukunft immer relevanter werden wird.

    Am „Mixed Reality Day“ sprach unter anderem Diego Montoya sehr fachspezifi sch und über die Kooperation von RE’FLEKT mit Audi, bei der sie versuchen, mit Hilfe einer Oculus-Brille, dem potenziellen Käufer virtuell sein individuell konfi -

    guriertes Auto darzustellen. Montoya zählte auch die vielen „Trial and Error“-Versuche auf, die er mit seinen Kollegen durchgemacht hat, um dem Publikum zu zeigen, dass es ein hoch komplexes Th ema ist, welches aber in naher Zukunft durch-aus relevant sein wird.

    Auch Prof. Dr. Philipp Rauschnabel von der Universität Michigan-Dearborn blieb mit seinem Vortrag bei einem ähnlichen Th ema, nämlich bei den „Smart Glasses“. Zusammen mit Teams aus Amerika, Deutschland und Malaysia macht Prof. Rauschnabel Studien über die Akzeptanz solcher Datenbrillen. Vier Trends waren ihm besonders wichtig, die die Zuhörer verstehen sollten. Er unterstrich in seinem Vortrag, dass es immer neue Entwicklungen geben wird, dass Technologien zusammenwachsen, dass die heutige Technik trag-bar und dass damit ihr Design immer wichtiger wird und dass die Grenzen zwischen Virtualität und Realität sich aufl ösen.

    Als vorletzte Rednerin des Tages war Klasien van de Zandschulp aus den Niederlanden eingeladen, um über ihre Arbeit bei Lava Lab und auch ältere Projekte zu sprechen. Sie ist eine „Interaction Designerin“ und „UX Researcherin“, die auf den Gebrauch und den Umgang mit digitalen Geräten spezialisiert ist, wobei ihr Fokus immer auf den Endverbraucher gerichtet ist. Sehr anschaulich und unterhaltsam stellte Zandschulp Projekte wie „Zo niet, dan toch“, oder auch „#GoldenAge“ vor. „Zo niet, dan toch“ beispielsweise war ein virtuelles Festival in Amsterdam, bei dem die Teilnehmer mit ihren Handys und Tablets an festgelegten Orten auf virtuelle Veranstaltungen trafen. Bei dem Bildungsprojekt „#GoldenAge“ war es jungen Museumsbesuchern möglich, mit Porträts aus dem 17. Jahrhundert zu chat-ten. Ein gelungener zweiter Tag, der Lust auf den Dritten machte.

    HFF Präsidentin Bettina Reitz und FFF-Geschäft sführer

    Klaus Schaefer begaben sich auf die Spuren des unbekann-

    ten Fotografen.

    Die Transmedia Day Gastredner und das i4c-Team. V.l.n.r. und v.o.n.u.: Salla-Rosa Leionen, Georg Tschurtschenthaler, Jörg Blumtritt, Monique Simard, Marc Beaudet, Nicholas Fortugno, Th omas Sessner, Louis-Richard Tremblay, Markus Kaiser, Astrid Kahmke, Anja-Karina Richter, Ingeborg Degener, Prof. Egbert van Wyngaarden.

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  • Den Auft akt am „Animation Day“ machte der VFX-Supervisor von Rise FX Deutschland, Sven Pannicke. Sein Vortrag handelte von den Visual Eff ects, für die er und sein Team bei internatio-nalen Spielfi lmen verantwortlich sind. Pannicke veranschaulichte konkret anhand des Films Codename U.N.C.L.E von Guy Ritchie, an welchen Stellen Visual Eff ects nötig waren und wie er und seine Kollegen bei Drehproblemen Lösungen fi nden. Als Abschluss seines Vortrages zeigte er dem Publikum einen exklusiven Einblick in sein aktuelles Projekt Richard the Storck – einen Ani-mationsfi lm für Kinder.

    Im Anschluss hörten die Zuschauer einen Vor-trag von Th orsten Wegener, der als Produzent für den FFF-geförderten Film Die Biene Maja verantwortlich ist. Wegener beschrieb in seiner Rede „Animation for Children“, die einzelnen Schritte, die ein Studio unternehmen muss, um eine solche Marke zu einem international erfolgreichen Kinofi lm zu machen. Er schilderte zu dem die Vorteile und auch die Hürden, die eine Verfi lmung des Klassikers Biene Maja mit sich bringt. Sein Schlusswort bezog sich auf die aktuelle Debatte, ob die neue Biene Maja nicht zu dünn sei. Hierzu kommentierte Wegener, dass mit neuem Content immer auch Diskus-

    Wenn etwas so im Wandel ist, wie das Erzählen in der digitalisierten Welt, sind gerade gedruckte Bücher eine große Hilfe. Denn sie schaffen ein Fundament. So auch das neue Buch STORY: NOW, das ein Handbuch für digitales Erzählen sein möchte. Viele, die momentan zu und mit diesem Thema arbeiten, sowohl in Theorie als auch in Praxis, haben ein Kapitel dazu beigetragen: Benjamin Feld schreibt über Geschäftsmodelle, Jeff Gomez über Wertschöpfung, Christina M. Schollerer über Themenfi ndung, Dorothea Martin über crossmediale Dramaturgie, Hendrik Lesser über Teams und kreative Prozesse, Philipp Edelmann über den Einfl uss von Design auf den Inhalt, Jennifer Wilson über Erlösmodelle, Matthias Leitner über strategische Partnerschaf-ten. Diverse Case Studies erlauben einen Blick in Produktionsprozesse. Allein die Transmedia Days der letzten vier Jahre haben bewiesen: die Grundlage für das transmediale Schaffen ist das Zusammenwirken vieler, die einander zuvor gar nicht kennen mussten. Jetzt ist ihr Zusammenwir-ken existenziell. Auch ein solches Handbuch kann ohne diese verschiedenen Stimmen keinen Sinn ergeben. Insofern ermöglicht es beim Lesen, diese verschiedenen Stimmen, die bei transmedialen Prozessen mitwirken, zu hören und zu verstehen.

    STORY: NOW EIN HANDBUCH FÜR DIGITALES ERZÄHLEN

    sionen verbunden seien, und es damals mit dem neuen Look der kleinen Biene auch schon Debatten gab.

    Eine der wohl am sehnlichsten erwarteten Reden des Tages war die von Sven Martin, Visual Eff ects Supervisor bei Pixomondo. Dieser erzählte von der Vorgehensweise bei Visual Eff ects in Fern-sehserien und veranschaulichte das Gesagte mit Bildern der Serie Game of Th rones, bei der sein Team für die Drachen-Animation verantwort-lich ist. Die acht Schritte, die vom Konzept und Design bis hin zum Compositing reichen und notwendig sind, um eine Animation vervollstän-digen zu können, demonstrierten, wie viel Arbeit hinter diesen Bildern steckt und wie viel Liebe zum Detail von Nöten ist, damit eine Animation realistisch wirkt. i4c wurde veranstaltet vom Bayerischen Film-zentrum, Creative Europe Desk München, dem MedienNetzwerk Bayern, in Kooperation mit der Hochschule für Fernsehen und Film München, Transmedia Bayern e.V. und mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Organi-siert wurde das Symposium von Astrid Kahmke vom Bayerischen Filmzentrum.

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  • Rico, Oskar und der Diebstahlstein

    SPIELFILM

    Produktion: Lieblingsfilm // Koproduktion: Fox Interna tional Productions Germany // Produzenten: Philipp Budweg, Robert Marciniak // Förderung: MBB, FFHSH, FFF Bayern, MDM, FFA, DFFF // Verleih: Twentieth Century Fox of Germany // Regie: Neele Leana Vollmar // Drehbuch: Martin Gypkens nach einem Roman von Andreas Steinhöfel

    Ricos Mutter Tanja ist mittlerweile mit dem Bühl zusammen und Ricos bester Freund Oskar lebt mit seinem Vater Lars nun auch bei Rico im Haus. Also alles gut. Doch dann stirbt völlig über-raschend der knarzige Fitzke und vererbt Rico seine geliebte Stein-Sammlung. Während Oskar überzeugt ist, dass diese Sammlung wertlos ist und eine Fitzke-Marotte war, glaubt Rico, nun im Besitz eines wertvollen Schatzes zu sein, den er in Gedenken an Fitzke auch würdig bewahren möchte. Als die beiden Jungs feststellen, dass Ri-cos Lieblingsstein, der Kalbstein, gestohlen wur-de, ist ihr Detektiv-Spürsinn geweckt. Sie müssen die Diebe stellen und finden heraus, dass die auf dem Weg an die Ostsee sind. Die Reise beginnt.KINOSTART: 28. APRIL 2016

    Captain America: Civil War

    ACTIONFILM IN DIGITAL D3

    Produktion: Vita-Ray-Dutch Productions III LLC (Marvel Studios) // Koproduktion: Studio Babels-berg // VFX-Produktion: Trixter // Produzenten: Ke-vin Feige, Lars P. Winther // Förderung: FFF Bayern, MFG // Verleih: Walt Disney // Regie: Anthony & Joe Russo // Drehbuch: Christopher Markus, Stephen McFeely nach einer Buchvorlagevon Jack Kirby und Joe Simon

    Nach der Zerstörung durch die Abwehr globaler Bedrohungen durch die Avengers, versucht die US-Regierung, die Superhelden strenger zu kon-trollieren. Eine neue Instanz soll sich darum kümmern, dass die Helden nur noch auf An-weisungen reagieren. Iron Man Tony Stark (Ro-bert Downey Jr.) unterstützt den Plan. Aber Steve Rogers alias Captain America (Chris Evans) weiß, wie eine so mächtige Organisation auch miss-braucht werden kann und übt Widerstand. KINOSTART: 28. APRIL 2016

    Ente gut! Mädchen allein zu Haus

    DER BESONDERE KINDERFILM

    Produktion: Kevin Lee Film // Produzent: Norbert Lechner // Sender: MDR, BR, KiKA // Redaktion: Dr. Astrid Plenk, Christa Streiber, Stefan Pfäffle, Cornelius Conrad // Förderung: FFF Bayern, MDM, FFA, BKM, DFFF // Verleih: Weltkino // Regie: Nor-bert Lechner // Drehbuch: Kathrin Milhahn, Antonia Rothe-Liermann

    Die elfjährige Linh und ihre kleine Schwester Tien sind plötzlich auf sich allein gestellt, als ihre Mutter nach Vietnam muss, um sich um die kranke Oma zu kümmern. Doch das darf nie-mand erfahren – vor allem nicht das Jugendamt. Linh ist jetzt nicht nur für Tien verantwortlich, sondern muss sich neben der Schule auch um den Haushalt und den vietnamesischen Imbiss ihrer Mutter kümmern. Doch die selbsternannte Spionin Pauline aus dem Wohnblock gegenüber entdeckt das Geheimnis und droht, die beiden Mädchen zu verraten. Aus der anfänglichen Erpressung wächst bald eine Freundschaft, die jedoch immer wieder auf die Probe gestellt wird. Denn auch die Polizei und Frau Trost vom Jugend amt sind nah dran, hinter das Geheimnis zu kommen.KINOSTART: 26. MAI 2016

    Outside the Box SATIRE

    Produktion: Walker + Worm Film // Produzenten: Tobias Walker, Philipp Worm // Sender: ZDF, arte // Redaktion: Milena Bonse, Lucas Schmidt // Förde-rung: FFF Bayern, IDM, DFFF // Verleih: Wild Bunch Germany // Regie: Philip Koch // Drehbuch: Philip Koch, Anna Katrin Schneider

    Schluss mit Bückling: Frederick Schopner hat die Nase voll davon, dass seine sogenannten Team-kollegen die Lorbeeren für seine Ideen einheim-sen. Beim anstehenden Outdoor Firmenevent kann er endlich den drei abgehobenen Egoma-nen eine Lektion in Sachen „High Performance“ erteilen. Doch Teamoptimierung im Hoch-seilgarten war gestern. PR-Managerin Vanessa Kramer möchte einen Presse-Coup landen und setzt auf ungewöhnliche Methoden: Sie lässt eine perfekte Geiselnahme inszenieren – allerdings von abgehalfterten Schauspielern. Für die beiden Spaghetti-Western-Darsteller liegt nichts näher als ihre Gage mit echtem Lösegeld und echten Waffen aufzubessern. Während Vanessa alles daran setzt, die Panne vor ihrem Chef und den anwesenden Medienvertretern zu vertuschen, haben die unerfahrenen Geiselnehmer mit ganz anderen Problemen zu kämpfen: Wie sollen sie den erfolgshungrigen Managern klar machen, dass sie sich nicht länger in einem ausgeklügel-ten Rollenspiel befinden?KINOSTART: 26. MAI 2016

    Agnes LIEBESFILM

    Produktion: Lieblingsfilm // Produzenten: Philipp Budweg, Thomas Blieninger // Koproduktion: A Track Film // Sender: WDR // Redaktion: Andrea Hanke // Förderung: FFF Bayern, F&MS NRW, BKM, FFA, DFFF // Verleih: Neue Visionen // Regie: Johan-nes Schmid // Drehbuch: Nora Lämmermann, Johannes Schmid nach einem Roman von Peter Stamm

    Der Sachbuchautor Walter verliebt sich in die Physikstudentin Agnes, die nicht nur in ihrem Studium den großen Fragen des Lebens nach-spürt. Ihre radikale Haltung zum Leben fordert ihn, der sich in seinem unverbindlichen, ge-mäßigten Leben eingerichtet hat, heraus. Eines Tages macht Agnes einen frappierenden Vor-schlag: Walter soll eine Geschichte über ihre ge-meinsame Liebe schreiben. Anfänglich ist das ein harmloses Spiel, doch bald schon übernimmt die gemeinsame Geschichte das Kommando und die Frage ist, wer ihr Autor ist. Agnes folgt dem Bild, das Walter aufs Papier bringt und spürt doch bald, dass ihm das Erzählen wichtiger ist als die Erfüllung ihrer Liebe. Denn auf Dauer macht Glück keine guten Geschichten. Als Walter das begreift, sieht er den einzig wahren Schluss der Geschichte vor sich, einen Schluss, der sie ihre Liebe und Agnes das Leben kosten kann.KINOSTART: 2. JUNI 2016

    Seitenwechsel KOMÖDIE

    Produktion: H&V Entertainment // Koproduktion: SevenPictures Film, Warner Bros. Film Pro ductions Germany // Produzenten: André Zoch, Mischa Hof-mann // Förderung: MBB, FFF Bayern, F&MS NRW, DFFF // Verleih: Warner // Regie: Vivian Naefe // Drehbuch: Andrea Sixt, Katharina Eyssen

    Einen Seitenwechsel gibt es für Trainer Alex höchstens auf dem Fußballplatz, wo er seine Mannschaft trainiert. Sich in die Lage seiner Ehefrau Teresa zu versetzen, fiele ihm dagegen im Traum nicht ein. Doch auch der ansonsten so einfühlsamen Psychologin fällt es schwer, die Perspektive ihres Mannes zu verstehem. Die beiden streiten oft. Inzwischen droht sogar die Scheidung. Nach einer weiteren heftigen Aus-einandersetzung, passiert etwas Unvorherge-sehenes: Ein Gewitter lässt die Streithähne ihre Körper tauschen. Nun steckt Alex in Teresas Frauenschuhen, während Teresa mit Alex’ Testo-steron klarkommen muss. KINOSTART: 2. JUNI 2016

    13KINOSTARTS

  • Mphos geilster Tag

    Im Kino hat »Der geilste Tag« bereits ein Millionenpublikum erreicht.

    Die Produktion ist ein Beispiel für die langjährige Zusammenarbeit zwischen den Filmländern Bayern und Südafrika.

    Auch ein junger Schauspieler aus Johannesburg hat darin eine wichtige

    Rolle gespielt. Ein Porträt.

    TEXT Peter Linden

    PRODUKTION

  • Da hatten sie ihn ausdrücklich wegen seiner „warmen Augen“ und wegen seines unschuldigen Gesichtsausdrucks gecastet, und dann das: Mpho Ranwedzi, gerade 13 Jahre alt geworden, soll einen Dieb spielen. Genauer gesagt: Er soll einen Mercedes klauen. Einen braunen Camper Van, Baujahr um 1980, mit dem zwei junge Deutsche in Florian David Fitz’ Film gerade von Kenia aus in Richtung Kapstadt touren. Der geilste Tag, seit zwei Monaten im Kino, ist eine Geschichte, wie sie nur die Erste Welt erzählt. Zwei Jungs aus dem reichen Deutschland, Benno und Andi, lernen sich in einem Hospiz kennen, kurz nachdem beide tödliche Diagnosen erhalten haben. Angesichts ihres sicheren Endes beschlie-ßen sie, sich eine stattliche Reisekasse zusammen-zuklauen. Ihr Ziel: Noch einmal so richtig die Sau rauslassen. Den geilsten Tag ihres Lebens feiern, bevor es sie dahinrafft . Ohne Rücksicht auf Tabus und Verluste. Derlei Never-come-back-Geschichten brauchen Katalysatoren, die zufällig auf den Plan treten. Die der Handlung mal eine Wende verleihen, mal sie beschleunigen. Das ist Mphos Job. Irgendwo in den Slums Kenias taucht der Junge plötzlich auf, klaut unterwegs erst Geld und später das ganze Auto. Neben den „warmen Augen“, die Produzent Dan Maag später so ausdrücklich lobt, ist es Mphos Präsenz, die das Filmteam aus Deutschland beeindruckt. Und seine Unbekümmertheit. Der 13-Jährige schert sich nicht um das Klischeebild, das er in dem Film zu bedienen hat. Im Gegenteil, er posiert mit seiner Beute, einem Haufen Spielgeld, auch, um mit den Selfi es Tage später seine Freunde in der Schule zu beeindrucken. Eine Woche vor dem Kinostart. Mpho Ranwedzi ist gemeinsam mit Mitgliedern des Produkti-onsteams und seiner Mutter Melody noch einmal im Township Khayelitsha unterwegs, wo sie die wichtigsten Szenen mit dem Jungen gedreht haben. Khayelitsha, eine halbe Million Menschen auf engstem Raum, unweit des Flughafens von Kapstadt, unweit der Cape Town Film Studios, wo die Masten von Piratenschiff en aus dem ausgedörrten Boden ragen und wo gerade eine amerikanische Serie gedreht wird. Khayelitsha, 40 Kilometer von der Prospektkulisse des Tafelbergs und der Waterfront entfernt, 40 Kilometer nördöstlich des WM-Stadions von 2010, das weitgehend ungenutzt in der südafrikanischen Sonne glänzt.

    Fotoshooting für die Presse. Der Ausfl ug führt wie bei den Dreharbeiten hinein in den Mew Way, eine kilometerlange Sackgasse mitten ins Herz einer anderen Welt, in eine zuckerbäckerbunte Wellblechromantik: Wäscheleinen unter einem Gewirr von Stromleitungen, am Boden ausge-breitete Schafsköpfe für die Suppe am Abend. Eine ungehütete Ziegenherde, Barbershops, kleine Lebensmittelläden, Menschen auf rostigen Fahrrädern, verrostete Autos in staubigen Vorgärten. Strenger Geruch. Und überall gestapelte Reifen, viel zu viele für die wenigen Autos, die hier verkehren. In Florian David Fitz’ Film ist der Mew Way Kulisse für die Slums von Nairobi. Auch Actionfi l-me werden hier gedreht und immer wieder Werbespots. Vor allem den jungen Kreativen aus Werbeagenturen scheint es Spaß zu machen, gelegentlich Neuwagen durch ein Township zu jagen. Oder ausgerechnet dort, wo die Spuren der Apartheid noch am deutlichsten erhalten sind, neue Flacons zu bewerben. Den Bewohnern bleiben so immerhin zuweilen ein paar Rand für einen Job am Rande des Sets. Sogar einen Aussichtshügel haben sie in Khayelit-sha errichtet, damit jeder sehen kann, dass Townships auch so etwas wie Stolz besitzen. Und, dass sich hier und da ein wenig Wohlstand breit

    macht. Inmitten des Gestrüpps aus Blech und Draht entstehen kleine Container-Viertel, ja sogar ummauerte Quartiere mit Ziegelhäuschen. Oben auf dem Hügel ist ein Fernglas mit Münzeinwurf auf den Tafelberg gerichtet. Für ein paar Sekunden schmelzen dann 40 Kilome-ter auf einen Steinwurf zusammen. Für Mpho Ranwedzi ist das eine vertraute Welt. Eine Welt, die er, der 13-Jährige nicht hinterfragt. Sie existiert einfach. Und doch hat Mpho Ranwedzi, für deutsche Kinobesucher das Gesicht des jugendlichen afrikanischen Slumbewohners, selbst nie in einem Township gelebt. Er lebt in Johannesburg in intakten Verhältnissen, Vater Humbulani ist Personalchef bei einem Elektrizitätskonzern, Mutter Melody Krankenschwester. Eigentlich, sagt Melody Ranwedzi am Rande des Shootings sorgenvoll, sollte Mpho Rechtsanwalt werden. In der Schule sei er sehr gut in Englisch und Mathematik. Doch dann bewegt er sich beim Shooting für die paar Journalisten so routiniert durch den Mew Way, dass sie ihm doch bewundernde Blicke hinterherwirft . „Ich bin arm im Film, also muss ich hier leben“, sagt Mpho beiläufi g, als er gefragt wird, ob es ihm schwer fi el, in einem der berüchtigten Townships zu drehen. Daneben steht Ephraim von der Security und passt auf. Nicht, weil sie Sorge hätten, überfallen zu werden, sondern weil die fi lmerprobten Bewohner von Khayelitsha gerne mal in die Szenerie platzen. „No risk“, versichert Ephraim, der selbst in Khayelitsha lebt. Auch die Macher von Der geilste Tag hätten am Ende wohl weitaus mehr Angst vor der einen Szene mit der gezähmten Löwin Jamilla gehabt. Was sicher auch an Mphos unwiderstehlicher, sorgloser Art lag. Matthias Schweighöfer sei zuerst ein recht ängstlicher Typ gewesen, erzählt der Junge, Angst vorm Fliegen und so. Außer-dem sei immer dessen persönlicher Assistent dabei gewesen, wohin Schweighöfer auch ging. Aber dann hätten sie abends Basketball gespielt und Burger gegessen und Milkshakes getrunken, und am Ende sogar deutsche Schimpfwörter geübt und viel gelacht. Wahrscheinlich, sagt Mpho, „hat der Matthias jetzt keine Angst vor Südafrika mehr“. Regisseur Florian David Fitz hatte Mpho Ranwedzi schon einige Wochen vor dem Dreh beim fi nalen Casting kennen gelernt.

    Belohnung für die Produktionsfi rma Pantaleon Entertainment: Als erste Produktion überhaupt hat Pantaleon alle erforderlichen Unterlagen vollständig zu einem Termin bei der Schlussprüfung abgegeben, in diesem Fall für den Kinofi lm „Der Nanny“. Bei allen anderen Einreichungen hat laut Judith Erber in der Ge-schichte der LfA immer irgendetwas gefehlt. Zur Belohnung gab es im März eine Tasche mit Geschenken von der LfA Förderbank Bayern. Mal sehen, ob die Unterlagen von „Der geilste Tag“ bei der Schlussprüfung auch so schön vollständig sein werden.

    Der Schauspieler Mpho Ranwedzi auf dem Hügel vor Khayelitsha bei Kapstadt. Er selber wohnt in Johannesburg.

    Sehen Sie hier im Video, wie Dan Maag die Belohnung auspackt.

    www.facebook.com/ff fb ayern/videos/10153325046175812/

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  • Ein kurzer Besuch in Kapstadt, Mphos erster Inlandsfl ug, Burger, Milkshakes, Schwimmen im Hotelpool. Fitz lieh dem Jungen aus Johannesburg seine schwarze Badehose. „Wir haben doch die selbe Figur“, sagt der 1,40 Meter große Junge und grinst unter seiner roten Baseballkappe hervor. Und vermutlich die selbe Wellenlänge. Nach ein, zwei Stunden war klar: Mpho hat den Job. Im Film sollte er später auch ein wenig rappen, kein Problem, Mpho schlug gleich noch den passenden Beat und den Text vor. Während ein paar Jungs in seinem Alter in zerrissenen Klamotten ein Fußballfeld auf dem Streifen zwischen der sechsspurigen Autobahn und den ersten Hütten am Rande von Khayelitsha improvisieren, erzählt Mpho, dass er jetzt auch in Johannesburg Filmkarriere macht. In Mfolozi Street, einer Art afrikanischer Lindenstraße, spielt er einen frechen Jungen, der schon mal im falschen Moment ins mütterliche Schlafzimmer platzt. Für die Serie musste er seine Karriere als Rechtsaußen in seinem Fußballverein aufgeben. Doch sogar das sei es ihm wert, weil er hofft , dass ihm das seinem ganz persönlichen geilsten Tag näher bringt: Jenem Tag, an dem er die Hauptrolle als „Good Guy“ in einem Actionthriller bekom-men wird, „als eine Art schwarzer James Bond.“ Im deutschen „geilsten Tag“, dessen Premiere er zusammen mit seinem Vater als Ehrengast in München miterleben durft e, war das Drehbuch in einem Punkt jedenfalls noch nicht nach seinem Geschmack. So sehr es ihm Spaß machte, sich nach dem Diebstahl des Gelds in Bennos und Andis Mercedes zu verstecken, so sehr er sich freute, den Van schließlich zu stehlen, so sehr hatte er sich gewünscht, die Beute danach höchstper-sönlich über die Straßen zu jagen, wenigstens ein paar Kilometer weit. Aber nichts da. Zu jung, fand Regisseur Fitz. Kein Führerschein, sagte Produzent Dan Maag. Zu deutsch, fi ndet Mpho. Für den Jungen aus Mfolozi Street wären das keine Hindernisse gewesen.

    Matthias Schweighöfer und Florian David Fitz mit ihrem südafrikanischen Darsteller Mpho Ranwedzi. Von südaf-rikanischer Seite war die Two Oceans Production Cape Town (Giselher Venske) beteiligt.

    Anton Petzold Juri Winkler

    AB DONNERSTAG, 28. APRIL NUR IM KINO

    NACH DEM BESTSELLER VON ANDREAS STEINHÖFEL

  • Du sollst Dir kein Bildnis

    machen Johannes Schmid stellt mit »Agnes« seinen dritten Langfilm vor.

    Es war ein weiter Weg, bis aus Peter Stamms Roman ein eigenständiges Drehbuch wurde, das sich vom literarischen Text löst

    und dennoch seinen Kern bewahrt.

    TEXT Anna-Lisa Dieter

    Jedes Bildnis ist genau das Gegenteil von Liebe“, heißt es in Max Frischs Stiller. Peter Stamm lässt Agnes, die Hauptfigur seines gleichnamigen Romans, eben diesen Wunsch nach einem Bildnis an ihren Geliebten adressieren: „Könntest Du nicht eine Geschichte über mich schreiben? Es wäre wie ein Porträt. Es gibt kein einziges gutes Bild von mir. Auf dem man mich sieht, wie ich bin.“ Ein solcher literarischer Stoff, der Wunsch, Geschichte und Bild verbindet, rührt an die Essenz des Kinos. Es ist daher wenig verwunderlich, dass der Theater- und Filmregis-seur Johannes Schmid nach der Lektüre von Agnes bald die Idee hatte, den Roman zu verfilmen. In seinem dritten Spielfilm, einer Produktion der Lieblingsfilm unter Beteiligung des WDR und gefördert vom FFF, geht er dem Geflecht aus Bildern und Projektionen nach, das unsere Sicht auf den Anderen verstellt und sich besonders der Liebeserfahrung aufzwängt: „Mich hat interessiert, wie sich zwei Menschen so unglaublich verfehlen können, indem sie sich gegenseitig gestalten wollen. Wie man so aneinander vorbei geraten kann, obwohl da ein großes Potential und eine große Liebe ist.“

    Es war ein langer Weg, bis aus Stamms Roman ein eigenständiges Drehbuch wurde, das sich vom literarischen Text löst und dennoch seinen Kern bewahrt. Der Stoff von Agnes begleitete Nora Lämmermann und Johannes Schmid, die gemein-

    PRODUKTION

  • »Wie man so aneinander vorbei geraten kann, obwohl da ein großes Potential und eine große Liebe ist.«

    sam das Drehbuch schrieben, über sechs Jahre lang. Die intensive Arbeit an der literarischen Vorlage, die laut Schmid von einer Drehbuchförde-rung durch den FFF stark profitierte, bestand auch in einigen entscheidenden Änderungen des Romans. Dazu zählte zunächst die Entscheidung, den Schauplatz der Geschichte von den USA nach Deutschland zu verlegen. Diese räumliche Verschiebung bedeutete auch, dass aus dem ursprünglich als internationale Koproduktion geplanten Film, der in englischer Sprache gedreht werden sollte, ein nationales Projekt wurde. Über den Transfer nach Deutschland sei er nachträglich sehr froh, sagt Schmid, da er den Plot in unserer Lebenswirklichkeit verankere, eine Konkretisierung darstelle. Zugleich war den Drehbuchautorinnen aber auch daran gelegen, das Entrückte von Stamms Schauplatz – ein Chicago, das im Roman als eine Art Theaterbühne abseits der sozialen Wirklichkeit erscheint – auf das deutsche Setting zu übertragen. Kein Film also über ein spezifisches Milieu in Berlin, Frankfurt oder München, sondern über zwei Menschen in einer abstrakten deutschen Großstadt. Gefunden haben Schmid und sein Kameramann Michael Bertl dieses Szenenbild im Ruhrgebiet, vor allem in Düsseldorf, jener Stadt, die wie Chicago am Wasser liegt und eine urbane Kulisse bietet, die sich noch nicht ins cinematographische Gedächtnis eingebrannt hat.

    Auf einer ähnlichen Dynamik von Konkretisierung und Abstraktion basiert auch die filmische Darstellung der Figuren, die sich in der literari-schen Vorlage einer einstimmigen Deutung entziehen. Was die Figuren als Verkörperungen auf der Leinwand an Realismus gewinnen, verlieren sie wieder, indem die Backstory reduziert und auf psychologische Erklärungsmuster weitgehend verzichtet wird – eine Möglichkeit, die Offenheit des geschriebenen Wortes auch im Film zu erhalten. Das Prinzip der Reduktion setzt sich in der Figurenkonstellation, dem Liebespaar im Zentrum des Films, fort. Odine Johne (die für ihre Darstellung mit dem Max Ophüls-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet wurde) und Stephan Kampwirth (der vor allem sitzt, schreibt und schaut, wobei er diesen passiven Handlungen eine beeindruckende Intensität abringt): sind Agnes und Walter. Sie machen den Film zu einer Art konzentriertem Kammerspiel, das sich trotz zahlreicher anderer Drehorte gegen Ende hin immer mehr auf den Raum der gemeinsamen Wohnung verengt, als ob es kein Außerhalb der Beziehung mehr gäbe.

    Die anfangs erwähnte Liebesgeschichte, die Walter auf Agnes’ Wunsch hin schreibt, entwickelt ein unheimliches Eigenleben, rivalisiert zusehends mit der Wirklichkeit. Den Autoren war schnell klar, dass Wirklichkeit und Fiktion im Film stärker als

    Szenen aus „Agnes“. Hauptdarstellerin Odine Johne wurde beim Max Ophüls Festival in Saarbrücken in diesem Jahr als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet. Die männliche Hauptrolle spielt Stephan Kampwirth.

    im Roman ineinander greifen sollten. Durch eine lange Arbeit im Schneideraum wurde diese Idee umgesetzt. Die Bilder der unterschiedlichen Erzählwirklichkeiten sind ineinander montiert, was, so Schmid, ein genaues Austarieren der Publikumslenkung erforderlich machte, „damit der Zuschauer gegen Ende hin zunehmend akzeptiert, dass Realität und Fiktion verschwimmen – ohne auszusteigen“.

    Fein auf die Bilder abgestimmt ist das Sounddesign des Films. Es ist ein schönes Detail, dass nach vielen Einstellungen, in denen Walters Storywriting zu sehen ist, eine Songwriterin das letzte Wort hat: die schwedische Sängerin Anna Ternheim, mit deren Engagement sich Schmid einen kleinen Traum erfüllt hat. Zu ihrer warmen Stimme sehen wir im Nachspann des Films verwackelte Aufnah-men, die Agnes mit ihrer Handkamera gemacht hat: Fetzen von Himmel und Bäumen, von Walters und ihrem Gesicht; Bruchstücke eines Glücks, das sich nur flüchtig und unscharf abbilden lässt, als reine Impression, nicht als gutes oder fertiges Bild.

    Kein allzu flüchtiges Glück wünscht man dem Film Agnes, der es in die Vorauswahl zum Deutschen Filmpreis 2016 geschafft hat, wenn Anfang April die Nominierungen für diesen Preis verkündet werden und für den Kinostart am 2. Juni.

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  • PRODUKTION

  • Künstler aller Genres,

    vereinigt euch!Der Bayerische Rundfunk beschreitet kreatives Neuland

    und koproduziert Julian Rosefeldts Videokunstprojekt »Manifesto« mit Cate Blanchett.

    TEXT Tina Rausch

    Das Museum als Place to be auf der Berlinale 2016. Dieser Coup verdankt sich einer Reihe glücklicher Begegnungen und beginnt, wie so oft im Filmgeschäft, an einem Nebenschauplatz. 2013 lernen die BR-Redakteurin Dr. Cornelia Ackers und die damalige Fernsehdirektorin Bettina Reitz beim Münchner Festival Kino der Kunst den Videokünstler Julian Rosefeldt kennen. Der Wahlberliner mit Teilzeitprofessur an der Münchner Akademie der Bildenden Künste arbeitet mit „Mitteln des Kinos, aber bewusst nicht im Kino“, wie er selber sagt, „sondern im Kunstkontext, weil ich da die größere Freiheit habe“. Cornelia Ackers erinnert sich, gleich beim ersten Gespräch das Gefühl gehabt zu haben, „einen Seelenverwandten zu treffen“. Damit befindet sie sich in oscarprämierter Gesell-schaft. Über Thomas Ostermeier, den Leiter der Berliner Schaubühne, begegnet Julian Rosefeldt zufällig Cate Blan-chett. Sein künstlerischer Ansatz begeistert die australische Hollywood-Schauspielerin; sie bietet Rosefeldt an, bei einem seiner nächsten Projekte mitzuwirken. Unentgeltlich.

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  • Der Rest ist schon jetzt (Film-)Geschichte. Für die Videoin-stallation Manifesto schlüpfte Blanchett an zwölf Drehtagen in dreizehn Rollen – von der Hausfrau und Mutter über eine Punkerin, Puppenmacherin, Vorstandvorsitzende, Trauer-rednerin, Grundschullehrerin bis hin zum Obdachlosen. In verschiedenen Settings interpretierte sie auf die jeweilige Figur und Fragen unserer Zeit zugeschnittene Text-Collagen aus über 50 politisch-künstlerischen Manifesten. Das Kommunis-tische Manifest von Marx und Engels stammt als ältestes und berühmtestes aus dem Jahre 1848, zu den jüngsten zählen Werner Herzogs Minnesota Declaration (1999) und Jim Jar-muschs Golden Rules of Filmmaking (2002).

    Auf die Weltpremiere Ende 2015 im Australian Centre for the Moving Image in Blanchetts Geburtsstadt Melbourne folgte anlässlich der Berlinale die Europa-Premiere im Hamburger Bahnhof. Nächste Stationen sind das Sprengel Museum Han-nover, die Ruhrtriennale und die Art Gallery of New South Wales. All diese Institutionen ermöglichten die Produktion von Manifesto – und profitieren nun vom Erfolg. „Die Museen erhalten eine andere Dimension von Aufmerksamkeit“, sagt Cornelia Ackers. „Manifesto lotet die Grenzen von Film und Unterhaltung aus und ist dank Cate Blanchett ganz großes Kino. Das wollen alle sehen.“ Entsprechend groß war – und ist – der Andrang in Berlin, wie Carlo Paulus vom Verein der Freunde der Nationalgalerie bestätigt: 2.000 wollten im Februar bei der Eröffnung dabei sein, am Eingang drohte die Stimmung zeitweise zu kippen. Insgesamt besichtigten im ersten Monat etwa 17.000 Besucher die Installation im Ham-burger Bahnhof.

    Auch die Presse berichtete durchweg positiv: „Weltstar befruchtet Berliner Videokünstler – durch die eindrucksvolle Leistung Blanchetts dürfte Rosefeldts Arbeit internationale Beachtung zuteilwerden“, schrieb Spiegel Online. „Blanchetts Wandlungsfähigkeit ist großartig, keinen Moment fällt sie aus der Rolle“, konstatierte die Süddeutsche Zeitung, und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung bezweifelte, dass man auf der Berlinale mehr Kino bekommen würde: „Schafft ein, zwei, viele Cate Blanchetts!“ Da lohnt es, hinter die Produkti-onskulissen zu blicken. Denn dass der Bayerische Rundfunk zu diesem Erfolg maßgeblich beitrug, verblasste ein wenig ange-sichts Blanchetts Ausnahmetalents und Hollywood-Glamours.

    Als sich im kreativen Prozess abzeichnete, dass hier keine Kunst-Video-Spielerei, sondern eine dem Film nahe Form ent-stehen würde, klopfte Rosefeldt beim Bayerischen Rundfunk an. „Bettina Reitz fand Möglichkeiten, dieses außergewöhnliche und extravagante Projekt zu realisieren“, sagt Cornelia Ackers. Und zwar als Pilotprojekt, das es so noch nicht gab: Manifesto entstand in Koproduktion mit Ackers als Redakteurin – und der Vereinbarung, aus dem vorhandenen Material neben der Installation einen etwa 90-minütigen Film zu schneiden, der nach einer gewissen Festival-Kino-Auswertung seine Premiere im Bayerischen Fernsehen hat.

    In Zusammenarbeiten wie diesen sieht Ackers enormes Potenzial für den Fernsehsender: „Videoinstallationskunst ist die vielleicht innovationsfähigste Kunstform heutzutage. Sie enthält sowohl filmische als auch schauspielerische Aspekte, benötigt ein viel geringes Budget als ein normaler Spielfilm und kann durch ihre neuen, unkonventionellen Zugänge wich-tige Impulse auch für den Unterhaltungsfilm geben.“ Gerade in Zeiten der Sparmaßnahmen gelte es, filmische Neuerungen im Blick zu behalten: Bei einer möglichen Entwicklung von Quantität zu immer mehr Qualität, sollten die Ergebnisse hoch-wertig sein. „Videokunst und Fernsehfilme könnten sich also hier ungemein gegenseitig befruchten.“ Diesen Überlegungen folgend plante Bettina Reitz als BR-Fernsehdirektorin künftig je ein künstlerisches Projekt im Zwei-Jahre-Rhythmus ein.

    Ein Anschlussprojekt mit Julian Rosefeldt ist bereits in der Entwicklung. Die Idee dazu entstand aus dem Gedanken-spiel, Lion Feuchtwangers München-Roman Erfolg neu zu verfilmen. Da die Literaturverfilmung von 1992 „so stimmig, buchnah und aussagekräftig“ sei, entschied man sich dagegen, so Ackers. „Das Szenario München in dieser Umbruchzeit filmisch aufzugreifen, war aber so wichtig, dass Bettina Reitz anregte, einen entsprechenden künstlerischen Film zu realisie-ren.“ Neben dem innovativen Ansatz überzeugten auch die im Vergleich zur Romanverfilmung deutlich geringeren Produk-tionskosten.

    Anders als Manifesto kauft der Bayerische Rundfunk dieses so-wie mögliche Folgeprojekte von vornherein als Film ein. Denn auch wenn Cornelia Ackers den Austausch und die künst-lerische Auseinandersetzung mit Julian Rosefeldt überaus schätzt – von der Installation bis zum sendefähigen Film ist es noch ein weiter Weg. In den Museen werde „Kunstkunst“ gezeigt, so Ackers, die vor allem durch Blanchetts „unglaub-liche Wandelbarkeit und höchste Spielkunst“ beeindrucke. „Für die Filmkunst sollten wir eine Form finden, die auch das dem Manifest innewohnende Schmutzige vermittelt.“ Visionen hat die BR-Redakteurin viele: Effekte wie Ton- und Bildverschiebungen könnten die gängige Erwartungshaltung an einen Fernsehfilm konterkarieren, eine Splitscreenlösung das Skulpturartige der Ausstellung auf den Bildschirm übertragen. Vor allem aber solle sich das Hintereinander der Installation auflösen, so Ackers, und zwar an Stellen, wo sich die zwölf Manifeste inhaltlich überschneiden: „Die Ähnlichkeit eines Gedankens sollte auch durch die Nähe der Bilder aufschei-nen.“ Für all dies gilt es nun den Künstler zu begeistern. Dass die letzte Entscheidung bei ihm bleibe, sei klar. Wobei es Ackers wichtig ist, diese jeweils nachvollziehen zu können. Im Zweifelsfall hilft vielleicht der erste Satz des von Rosefeldt selbst verfassten, jedoch nie veröffentlichten Manifests: „Lust, nicht Frust ist der Motor unseres Schaffens.“

    Eine interessante Kombination:

    Cornelia Ackers, Cate Blanchett und

    Julian Rosefeldt.

    »Lust, nicht Frust ist der Motor unseres Schaffens« Julian Rosefeld

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  • MANIFESTO Buch und Regie: Julian Rosefeldt // Dar-stellerin: Cate Blanchett // Redaktion BR: Cornelia Ackers // Produktion: Julian Rosefeldt und Schiwago Film in Koope-ration mit dem Bayerischen Rundfunk, gefördert vom Medienboard Berlin-Brandenburg // Bis 10. Juli 2016 zu sehen im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin

    www.julianrosefeldtinberlin.deFilmversion und Making-of in Arbeit

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  • Der Dokumentarfilm,

    eine Hochkultur

    Das DOK.fest schafft es immer wieder aufs Neue, einerseits das Liebgewonnene beizubehalten und sich andererseits

    neu zu erfinden. In diesem Jahr schon zum 31. Mal. Ein Überblick über das Programm.

    TEXT & INTERVIEW Olga Havenetidis

    PRODUKTION

  • BERLIN – DIE SINFO-NIE DER GROSSSTADT von 1927. Tobias PM Schneid hat eine neue Musik dazu kom-poniert, die das Münchener Kammer-orchester unter der Leitung von Jonathan Stockhammer urauf-führen wird.

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  • Wie kommt es, dass es bisher noch keinen Film über Klaus Doldinger gegeben hat?Antje Harries: Das kann man so nicht sagen. Schon 2006 hat der WDR einen biographischen Film produziert, der sehr informativ und erhellend ist und dem Werk von Klaus Doldinger auch nahe kommt. Außerdem ist Doldinger im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sehr oft aufgetreten und interviewt worden, so häufig wie nur wenige Künstler. Und das seit seinen Anfängen. Für uns ist das ein Geschenk gewesen, da wir sehr frühe Auftritte aus den 60er Jahren von ihm haben, in denen er von dem legen-dären Joachim Ernst Berendt vorgestellt wird. Die konnten wir in unserem Film verwenden.

    Wie haben Sie selbst seine Musik kennengelernt?Tatsächlich war ich in meiner Jugend ein großer Jazzrockfan. Mein erstes Konzert – für das ich damals nach Hamburg fuhr – war Passport.

    Es gibt viele Möglichkeiten, Menschen im Film zu porträtieren. Für welche haben Sie sich entschieden?Unser Ziel war es, uns möglichst direkt Klaus Doldinger zu nähern. Ihn quasi authentisch zu erwischen. Wir hatten das Glück, ihn bei Studioaufnahmen zu einem neuen Album beobachten zu dürfen. Er versammelte da seine Passport Classic und Passport Today Besetzungen. Gastauftritte hatten Sasha und Max Mutzke und der grandiose Posaunist Nils Landgren. Alle sind auch schon gemein-sam mit Doldinger aufgetreten. Wenn er musiziert, versinkt er und lauscht nur noch den Tönen. Das ist für uns eine gute Gelegenheit gewesen, ihn mit der Kamera zu begleiten.

    Ist es schwieriger oder leichter, einen Protagonisten zu haben, der sich mit Film auskennt?Aufgrund seiner kontinuierlichen Be-schäftigung mit Film, allein durch seine Filmmusiken, kennt er sich prima aus. Uns hat er immer gebeten, mehr Licht zu setzen, weil wir nur mit natürlichem Licht gedreht haben. Wir waren dadurch flexibler, und die neuen digitalen Kame-ras sind sehr lichtempfindlich. Doldinger hatte damit bisher keine Erfahrungen, hat sich dann aber darauf eingestellt ...

    Jazzmusik lebt ja vom Ereignis, das man erfährt. Wie funktioniert das auf der Leinwand? Kann das nur funktionieren, weil es hauptsächlich Filmmusik ist?Jazz ist Dialog. Das funktioniert sehr gut auf der Leinwand, wenn man eine gute Cutterin hat. Ulrike Tortora ist es gelungen, die Studioaufnahmen zu einem musikalischen Gespräch zu montieren. Das geht sogar weit über das rein Musikalische hinaus, weil diese Art zu kommunizieren viel mit gegenseitigem Verständnis zu tun hat.

    Hat Klaus Doldinger den Film selber schon gesehen? Wir befinden uns gerade in den letzten Zügen des Schnitts und hoffen sehr, dass wir ihm den Film in den nächsten Tagen zeigen können.

    Eigentlich muss man sich nur jedes Jahr zehn Tage lang dem DOK.fest hingeben, soviel wie möglich sehen, besu-chen, teilnehmen, sprechen, dann weiß man alles, was man wissen muss über die Welt. Das liegt an zwei Gründen: Zum einen lassen Daniel Sponsel und sein Team einfach nicht locker. Unermüdlich kämpfen sie um ihr Festival, organisato-risch, aber auch inhaltlich. Die Suche nach guten, wichtigen, interessanten Dokumentarfilmen bestimmt das ganze Jahr, die Auseinandersetzung mit Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kunst ebbt nicht ab. Die Motoren laufen unermüdlich, es geht nicht darum, was einem erscheint, sondern was man sucht und fin-det. Dazu kommt die ständige Kommunikation mit allen mög-lichen Menschen, Firmen, um Partner zu erhalten und zu gewinnen. Das DOK.fest, es ist eben auch hervorragend vernetzt.

    Der zweite Grund liegt im Genre des Dokumentarfilms: Wohl kaum ein anderes filmisches Genre ist so verbunden mit dem Weltgeschehen. Schon vom Wesen her ist er relevant. Durch seine formale Strenge, was das Abbilden der Wirklichkeit angeht, hat er große Spielräume, denn dieses Strenge kann durchbrochen werden, sie wird auch durchbrochen, und das immer mehr in den letzten Jahren. So zeigen Dokumentarfilme nicht nur, wie Wirklichkeiten aussehen, sondern auch, wie wir mit ihnen umgehen.

    Es erstaunt also nicht, dass in diesem Jahr Filme über Leben von Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, im Programm des DOK.fest auftauchen. Allerdings heißt die dazugehörige Reihe nicht DOK.flucht, wie der erste naheliegende Einfall, sondern DOK.transit. Es geht auch nicht ausschließlich um die Menschen, die in den letzten Jahren aus Syrien oder Eritrea geflohen sind. Sondern um das Leben von Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr dort leben, wo sie zu Hause waren oder sind. Das DOK.fest denkt einen Schritt weiter und geht dafür historisch sogar einen Schritt zurück. Denn Grenzen gibt es schon lange, und ihre Öffnung war nie für alle Men-schen leicht. Insofern versteht das Festival den Ausdruck „tran-sit“ nicht (nur) als geographischen Abschnitt, sondern als Umbruchprozess der Gesellschaft. Gezeigt wird in dieser Reihe zum Beispiel Dügün von Marcel Kolvenbach und Ayse Kalmaz. In diesem geht es um den Duisburg-Marxloh, der sich von einem Zentrum der deutschen Stahlindustrie zum Mekka deutsch-türkischer Hochzeiten entwickelt hat. Für die Premiere werden der porträtierte Hochzeitsunternehmer und 12 Bräute erwartet. In Trapped by Law erzählt Sami Mustafa von zwei Brüdern, die über Nacht von Deutschland in den Kosovo abge-schoben werden. Ein Land, das sie kaum kennen, in dem sie sich kaum verständigen können. Drei Jahre hat der Regisseur sie begleitet. Forget me not von Jan Jaap zeigt eine holländische Schule, in der Kinder teilweise jahrelang auf ihre Abschiebung warten und ohnmächtige Lehrer erleben müssen, wie ihre Klas-sen schrumpfen.

    Um Grenzen geht es auch in den Filmen der anderen Reihen, und so irgendwie auch in Jan Gassmanns FFF-gefördertem Film Europe, she loves, der bereits auf der Berlinale die Reihe Panorama Dokumente eröffnet hat. Er porträtiert das Leben und Lieben dreier Paare in drei verschiedenen Städten – und geht dabei auch in der Machart über Grenzen. In Katrin Nemec’ HFF-Abschlussfilm Vom Lieben und Sterben geht es um die am Ende alles entscheidende Grenze: diejenige zwischen Leben und Tod. Der Film begleitet Robert Wolf, der nach

    Regisseurin Antje Harries mit Klaus Doldinger am Set während der Drehar-beiten.

    AUTHENTISCHERWISCHTDas Porträt über Klaus Doldinger läuft als Münchner Premiere auf dem DOK.fest. Ein paar Fragen an die Regisseurin Antje Harries.

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  • TÖNE BEDEUTEN MIR MEHR ALS WORTE Klaus Doldinger hat es geschafft, den Jazz in die Geschichte der Film-musik zu integrieren. Der Dokumentarfilm befragt u.a. Kollegen und Filmemacher.

    EVA HESSE Die Künst-lerin schuf während ihres kurzen Lebens große Kunstwerke, zum Beispiel aus Fiberglas. Der Film porträtiert ihr Leben und Schaffen.

    DÜGÜN Aus Duisburg-Marxloh, einem der Zentren der deutschen Stahlindustrie, wurde das deutsch-türkische Hochzeits-Mekka. Zur Premiere werden 12 Bräute erwartet.

  • einem schönen Leben als Gitarrist der Band Quadro Nuevo 2008 durch einen Verkehrsunfall querschnittsgelähmt wurde und beschließt, zu sterben. Die Grenze zwischen Natur und Kultur versucht, eine neue Gartenbewegung in Europa und Amerika zu durchkreuzen: In Wild Plants zeigt Nicolas Hum-bert junge Aktivisten, die ungenutztes Terrain in Biotope und Anbauflächen verwandeln. Seinen Film Ein letzter Tango prä-sentierte German Kral bei den letzten Hofer Filmtagen und zeigt ihn nun in der Reihe DOK.music Open Air: die Grenze wird hier markiert zwischen Leidenschaft und Eifersucht, zwi-schen Mann und Frau. In Töne bedeuten mir mehr als Worte porträtiert Antje Harries den Ausnahmemusiker und Kompo-nisten Klaus Doldinger. Seine Beziehung zur Grenze besteht unter anderem darin, dass er den Jazz in alle Filmgenres integ-riert (s. Interview auf Seite 26).

    Musik wird auch ein wichtiger Bestandteil der diesjährigen Eröffnung sein: Das Festival zeigt, übrigens wieder im Deut-schen Theater, den Stummfilm-Klassiker Berlin – Die Sinfonie der Großstadt von 1927. Tobias PM Schneid hat eine neue Musik dazu komponiert, die das Münchener Kammerorchester unter der Leitung von Jonathan Stockhammer uraufführen wird – ein Beispiel für die Verknüpfung der Kunstarten, die das DOK.fest seit jeher auszeichnet. Ein Stummfilm mit Live-Musik eines großen Orchesters im Theater eröffnet dem Publi-kum neue Sichtweisen. Ein analoges Transmedia, wenn man so will. Dazu passt auch der Inhalt des Films: Letztlich handelt es sich um die Dokumentation des 24-Stunden-Alltags von Berlin – eine Herangehensweise, die die heutige Webcam und die 24h-Fernsehevents (24 h Berlin, 24 h Jerusalem, 24 h Bayern) vorwegnimmt.

    Die Verbindung knüpft das DOK.fest übrigens auch mit der bildenden Kunst: Drei Künstlerporträts werden in der Pina-kothek der Moderne gezeigt, darunter Marcie Begleiters Film über Eva Hesse, die wohl viel zu kurz gelebt hat, um so bekannt zu sein, wie es ihre Kunst verdient. Nicht zuletzt diese Kombi-nationen mit Musik und Kunst heben den Dokumentarfilm in die Sphäre, in der ihn Festivalleiter Daniel Sponsel verortet: Der Dokumentarfilm ist Hochkultur. Und: Jeder Dokumentarfilm kann aussehen wie großes Kino. Zuletzt konnten wir das erle-ben auf der Berlinale, wo zum ersten Mal seit sechs Jahrzehnten ein Dokumentarfilm den Goldenen Bären gewonnen hat. Fuo-coammare wird natürlich auch auf dem DOK.fest gezeigt. Auch die Retrospektive wird das Hochkulturelle, das große Kinohafte des Genres demonstrieren: Andres Veiel hat seine Filme immer für das Kino gemacht, ob mit Protokolltexten auf der Theater-bühne oder bei trauernden Eltern zuhause. Gerade bei ihm war es spannend, wie er einen historischen, politischen Stoff, zu dem er auch Dokumentarfilme gemacht hatte, in einem Spiel-film inszeniert. Einiges darüber erfahren können die Festival-gäste bei einer Masterclass in der HFF München.

    Ein Festival, das sich um all diese Themen und Sichtweisen kümmert, muss sich auch selbst anschauen und sein eigenes Handeln hinterfragen und ändern. Das macht Daniel Sponsel: Sein Vorhaben, das er letztes Jahr angekündigt hat, eine Art DOK.fair zu sein, hat er umgesetzt: Seine Mitarbeiter verdienen mehr Geld, die Arbeitsverträge sind gerechter, die Give Aways sind umweltverträglich und fair hergestellt, ausgedruckt wird auch viel weniger. „Wir können nicht Umweltfilme und Men-schenrechte promoten und selber mit unterbezahlten Mitarbei-tern und T-Shirts aus Bangladesh arbeiten“, sagt Sponsel.

    ANDRES VEIEL hat viele bedeu-tende Dokumentarfilme geschaffen, die während der Retrospektive zu sehen sein werden.

    TRAPPED BY LAW Sami Mustafa erzählt von zwei Brüdern, die über Nacht von Deutschland in den Kosovo abgeschoben werden. Das Land ist ihnen fremd.

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  • 1. Stunde: Kino100 Kinos in 93 bayerischen Städten zeigten bei der 9. SchulKinoWoche Bayern über 100 künstlerisch

    bedeutsame und auf den Lehrplan abgestimmte Filme. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit Norbert Lechners FFF-geförderten Kinderfi lm »Ente gut! Mädchen allein zu Haus« im Cineplex

    Lichtspielberg in Erding. Parallel zur Filmvorführung diskutierten Experten zum Thema »Der besondere Kinderfi lm: Filmkultur im Bildungskontext«.

    TEXT Julia Wülker

    200 Schüler erlebten am 14. März 2016 im Cineplex Lichtspielberg in Erding einen besonderen Montagmorgen. Sie tauschten das Klassenzimmer gegen den Kinosaal ein und sahen bei der Au� aktveranstaltung der 9. Schul-KinoWoche Bayern eine exklusive Preview des FFF-geförderten Kinder� lms Ente gut! Mädchen allein zu Haus von Norbert Lechner, der auf der Berlinale seine Weltpremiere feierte. Die Schüler hatten in diesem Rahmen die Gelegenheit, mit den Filmemachern zu sprechen und exklusive Einblicke in ihre Arbeit zu erlangen.

    Parallel zur Filmvorstellung diskutierten unter der Moderation von Kristin Amme (PULS) in einem Expertengespräch Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich, SchulKinoWochen-Projekt-leiter Michael Jahn, Filmkompetenzlehrer Peter Rohmfeld, Regisseur und Produzent Norbert Lechner, die Drehbuchautorinnen Antonia Rothe-Liermann und Katrin Milhahn sowie Geräuschemacher Joo Fürst zum � ema „Der besondere Kinder� lm: Filmkultur im Bildungs-kontext“. Welche Rolle spielt der Film als Kultur- und Bildungsgut im Unterricht? Warum sind Fil-me für Kinder und Jugendliche wichtig? Was zeichnet einen besonderen Kinder� lm aus? Die-sen Fragen gingen die Experten nach und waren sich in einem Punkt alle einig: Dass Film in Schu-len als gleichberechtigtes künstlerisches Medium akzeptiert und unterrichtet werden sollte.

    Kinder und Jugendliche wachsen zwar mit Youtu-be auf und können dank der verfügbaren und günstigen Technik selbst Filme machen, wie sie aber die Inhalte bewerten und Medienkompetenz erlernen, ermöglicht ihnen der Filmunterricht, verdeutlichte Rohmfeld in der Diskussion. Auch Staatssekretär Eisenreich ist überzeugt, dass der Filmunterricht bei der Wertevermittlung helfe und zusätzlich zum Lehrplan die Gelegenheit biete, die Unterrichtsziele zu vermitteln und zu erreichen. Deshalb sollte der Filmunterricht noch

    bewusster in die Lehrerausbildung ein� ießen und obligatorisch werden. Film ist in vielen Schulen bereits in Fächern wie Deutsch, Kunst oder Musik verankert. Doch aufgrund der Komplexität des Mediums schrecken noch viele Lehrer davon ab, Film in ihrem Unterricht zu integrieren, obwohl das Medium solch einen großen Raum in der Lebenswirklichkeit der Schüler einnimmt.

    Die Bedeutung besonderer Kinder� lme sieht Jahn darin, dass Filme für Kinder und Jugendliche genauso wichtig seien wie Kinderbücher, da Kin-der sich in ihnen widerspiegeln und sie an ihre Lebenswelt anknüpfen. Deshalb sollten Kinder in den Kinos verstärkt Filme sehen, die originär, nur für sie gemacht sind und kein Family Entertain-ment darstellen. „Daran müssen wir arbeiten, das braucht jede Generation“, forderte Jahn.

    Vermehrt solch originäre Filme in die Kinos zu bringen ist auch das Ziel des Fördermodells „Der besondere Kinder� lm“, das auf einer Initiative des ö� entlich-rechtlichen Fernsehens, der Film-wirtscha� , Förderinstitutionen sowie der Politik basiert. „In den letzten 15 Jahren war es fast unmöglich, einen originären Kinder� lm zu � nan-zieren. Die Fernsehsender haben sich auf ihre Märchen� lme berufen und das restliche Geld in Bestseller-Filme gesteckt, die ihnen Zuschauer garantierten. Der Originalsto� , der bei Erwachse-

    Beim Expertengespräch: Filmkompetenzlehrer Peter Rohmfeld, SchulKinoWochen-Projektleiter Michael Jahn, Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich, Kris-tin Amme (PULS), Geräuschemacher Joo Fürst, Regisseur und Produzent Norbert Lechner sowie die Drehbuchautorinnen Antonia Rothe-Liermann und Katrin Milhahn.

    ZUR SCHULKINOWOCHE BAYERN:Vom 14. bis zum 18. März 2016 zeigten 100 Kinos in 93 bayerischen Städten über 100 künstlerisch bedeutsame und auf den Lehr-plan abgestimmte Filme. Unterrichtsmateri-alen, medienpädagogisch begleitete Kino-Seminare und Lehrerfortbildungen rundeten das Programm ab. Über 170.000 Schülerin-nen, Schüler und Lehrkräfte hatten sich in diesem Jahr zur SchulKinoWoche Bayern angemeldet.

    nen� lmen eine Selbstverständlichkeit ist, ist im Kinder� lm nicht mehr vorgekommen. Deshalb war es überfällig, die Initiative Der besondere Kinder� lm‘ zu starten. Es ist toll, dass Karola Wille vom MDR diesen Stein ins Rollen gebracht hat“, betonte Lechner.

    Sein Film wurde im Rahmen dieser Initiative in der ersten Ausschreibungsrunde 2013/2014 gefördert und erzählt die Geschichte einer unge-wöhnlichen Freundscha� zwischen den vietna-mesischen Schwestern Linh und Tien und der elf-jährigen Pauline. Die � emen Außenseitertum, kulturelle Identitäten, Migration und Toleranz in einer kindlichen Alltagswelt stehen dabei im Mit-telpunkt der Geschichte. Um den Alltag der bei-den vietnamesischen Schwestern so detailgetreu und authentisch wie möglich abzubilden, hat Lechner lange in vietnamesischen Communities in Deutschland recherchiert und ist selbst nach Vietnam gereist. „Wir haben den Dreh bewusst um ein Jahr verschoben, um uns so genau wie möglich auf das � ema vorbereiten zu können. Kinder sind schließlich die schärfsten Kritiker“.

    Die lange Recherche scheint sich gelohnt zu haben: Ente gut! Mädchen allein zu Haus begeis-terte das junge Publikum im Rahmen der Schul-KinoWoche Bayern. Am 26. Mai 2016 können sich auch alle anderen Kinder davon überzeugen, wenn der Film im Verleih von Weltkino in den Kinos startet.

  • Sie sind so freiDas Independent-Filmfest »Snowdance« hat

    sich mit seiner dritten Auflage in Landsberg etabliert. Auch dank der Zugkraft eines Til Schweiger.

    Bei einer Podiumsdiskussion über Zwang und Freiheit beim Filmemachen pries der internationale Star

    die Filmförderung – und wurde für einen überraschenden Schulterschluss mit der Indie-Szene gefeiert.

    TEXT Chris Bleher

    VERANSTALTUNGEN

  • Gesine Schwan kam für drei Tage nach Landsberg am Lech.

    Festivalchef Tom Bohn, Managing-Director

    Jürgen Fahrenholtz und Heiner Lauterbach bei

    der Eröffnung.

    Die Story ist bä-ren-stark!“ Der gekidnappte Fernsehfilmredakteur blickt seinem Entführer, dem erfolglosen Hobby-Drehbuchautoren, flehend in die Augen. Er solle bitte, bitte einsehen, dass der Orangen-hain, diese großartige Liebesgeschichte eines palästinensischen Terroristen und einer jüdischen Israelin, zum Meisterwerk gereift ist. Reif ist für das Pri-me-Time-Abendfernsehen. Dass es nach Wochen harter gemeinsamer Arbeit an der Dramaturgie höchste Zeit ist, zurück in die Großstadt zu fahren, in den Sender, dass es an der Zeit ist, den Film ins Programm zu heben. Der Redakteur will vor allem eins: Raus aus dieser Kellerwohnzelle, in der sie ihn eingesperrt halten, weg von diesem einsamen Landhaus, wo ihm der Autor und dessen Vater mit der Rohrzange einen Zahn herausgebrochen haben, damit er merkt, wie ernst es ihnen ist mit der These von der unbedingten Notwendigkeit einer Zusammenarbeit.

    Es ist ein bizarrer, mehrfach ironisch gebrochener Traum, den der Berliner Andreas Arnstedt auf die Leinwand gebracht hat. In harmlosen Feierabend-soaps wie Gute Zeiten, schlechte Zeiten hat er als Schauspieler mitgewirkt, auf dem Snowdance hat er für seine bitterböse Komödie Der Kuckuck und der Esel den höchstdotierten Preis erhalten, den für die beste Regie. 2.000 Euro, immerhin. Die Jury urteilte: „Eine Geschichte, wie für dieses Festival geschrieben.“

    Til Schweiger kann da nur staunen. Er sitzt vor rund 350 Leuten im ausver-kauften Landsberger Stadttheater zusammen mit Arnstedt auf dem Snow-dance-Podium und lehrt: „Es gibt eine Regel: Filme übers Filmemachen funktionieren nur in der Branche.“ Er finde es aber „toll, wenn das jemand weiß, und es trotzdem tut, um sich zu verwirklichen“. Bei Schweiger sind Erfolg und Selbstverwirklichung längst eins geworden, und so wurde der Schauspieler und Produzent für die dritte Auflage des Snowdance-Festivals als eine Art Gegenentwurf zu Low- oder No-Budget-Leuten wie Arnstedt oder Indie-Serienmacher Dennis Albrecht eingeladen. Nach dem Schweiger-Bashing auf der Podiumsdiskussion des vergangenen Jahres holte man das Phantom des Mainstreams leibhaftig ins Programm. Mit einigem Kollateral-nutzen: Diesmal konnte man für den Selbstbesinnungstalk sieben Euro Ein-tritt nehmen – und überregionalen Medien einen kapitalen Aufhänger bieten für wohlwollende Berichterstattung. Schauspieler-Kumpel Heiner Lauter-bach, Mitgründer des Festivals vor drei Jahren, pries Schweiger als „Vorzeige-beispiel für Unabhängigkeit“. Das heiße ja nur, „dass man einen Film so machen kann, dass einem keiner reinredet“.

    Fünf Tage vor der Kino-Premiere von Nick Tschiller: Off Duty sitzt Schweiger also im altehrwürdigen Stadttheater und erklärt überzeugten Gegnern der quotenorientierten Filmindustrie, worum es verdammt nochmal geht: „Man will gesehen werden, wozu filmt man denn?“ Netter Kontrast: Acht Millio-

    nen Euro kostete sein cineastischer Tatort mit James-Bond-Anmutung – 25.000 Euro kostete Arnstedts Streifen Der Kuckuck und der Esel. Die Hälfte davon verschlang das Catering. Schweiger hat da einen Tipp: „Independent zu sein, ist keine Kunst, das ist man automatisch. Ich empfehle jedem, zur Filmförderung zu gehen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du abgelehnt wirst.“

    In Landsberg erreichen die Festival-Macher – Regisseur Tom Bohn, Heiner Lauterbach und Marketingmann Jürgen Farenholtz – nicht die Massen, doch das treue und begeisterungsfähige Publikum wächst. Diesmal sahen 6.000 zahlende Zuschauer die 20 Filme – ein Drittel mehr als im Vorjahr. Und diesmal hatten sich die Macher sogar getraut, von den Filmleuten eine Ein-reich-Gebühr zu erheben. 237 Filme waren zu sichten.

    Zum Erfolg beigetragen hat einmal mehr der Charme des mittelalterlichen Städtchens am Lech. Die steile, kopfsteingepflasterte Alte Bergstraße mit ihren zahlreichen Ateliers lieferte den humorigen Superlativ: „Längstes begehbares Programmheft der Welt“. Die Inhaber dekorierten ihre Schau-fenster jeweils passend zu einem Film, für den sie die Patenschaft übernah-men. Da wurden die Passanten auch aufmerksam auf Nekro, den abgefah-rensten Film des diesjährigen Festivals: Die türkische Regisseurin Pinar Sinan ersann einen todeinsamen Hilfspfleger mit Waisenhaus-Kindheit, der sich auf der Pathologie in eine weibliche Leiche verliebt und sie mit in sein Istanbuler Einzimmer-Apartement schmuggelt. Dunkle Cello-Adagi beglei-ten die verzweifelten Versuche, seine stumme Sofa- und Bett-Genossin vor dem endgültigen Verfall zu bewahren. Der Kino-Weise Kurt Tykwer aller-dings schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, warum man so was dreht.“

    Die fünfköpfige Jury mit dem Dokumentarfilmemacher Hannes Jaenicke fühlte sich allemal mehr angesprochen vom groovigen und durchaus mas-senkompatiblen Coming-of-Age-Drama The Most Beautiful Thing in the World, das kürte sie zum besten Langfilm. Der niederländische Regisseur Danyael Sugawara lässt ein junges Paar die wilde Zeit ihrer bedingungslosen Verliebtheit genießen, es aber an der Aufgabe zerbrechen, die Verantwortung für das bald geborene gemeinsame Baby zu teilen. Die Verantwortung ist Frauensache. Der überforderte Jungvater brennt irgendwann im Suff mit dem Kleinen durch.

    In der Kategorie Dokumentarfilm gewann Dirty Games, ein investigatives Meisterstück des Berliners Benjamin Best über mafiöse Strukturen im gro-ßen Sport. Ein Film, so ganz nach dem Geschmack von Peter Eigen, dem ehemaligen Weltbank-Manager und Gründer des Anti-Korruptions-Netz-werks „Transparency International“. Der kam gemeinsam mit seiner Gattin Gesine Schwan für die gesamten drei Festivaltage Ende Januar nach

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  • Til Schweiger, hier mit Ulrich Höcherl auf dem

    Podium, hat sich auch schon für die vierte

    Auflage im Februar 2017 angekündigt.

    Landsberg. Er und die ehemalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsi-dentin zeigten sich begeistert davon, was Eigens Neffe Tom Bohn und dessen Indie-Freunde im Kino-Biotop am Lech auf die Beine gestellt hatten.

    Schwan war hingerissen von diesem „sehr inspirierenden Eröffnungsfilm“ über den beinamputierten Formel-Eins-Fahrer Alex Zanardi, der mit Pro-thesen und einem starken Team noch einmal um einen Grand-Prix-Sieg kämpft. No Limits, das einstündige Porträt über einen grenzenlosen Optimis-ten und herzensguten Willensmenschen, das konnte man – ebenso wie Arnstedts Film – sehen wie eine Metapher aufs Independent-Filmen: Mit rudimentären Mitteln Großartiges leisten. Immer nach vorne schauen, aber nicht verbissen, sondern souverän, mit Humor. Die gefeierten Regisseure Tim und Nick Hahne sowie Julius Jacoby antworteten auf die Frage der Moderatorin, ob denn Filmsponsor BMW nicht versucht habe, Einfluss auf den Schnitt zu nehmen. Doch, da seien schon ein, zwei Bitten geäußert worden, Aber die habe man abgeschlagen, und gut war‘s. Begeisterung beim Premierenpublikum. So geht independent. Sie sind so frei.

    Ein Highlight des Festivals war erneut das Speedcasting im historischen Rathaus. Veranstalter Thomas Bauer, Herausgeber und Chefredakteur des Schauspieler-Magazins „Ca:stmag“ ließ 25 besetzungsrelevante Personen mit 50 Schauspielern je fünf Minuten ins Gespräch kommen. Unter den Castern war auch Arnstedt. Der fand prompt einen Mann, den er sogleich ins Herz schloss und für künftige Projekte vormerkte: Ein schauspielernder Bierbrau-er hatte es ihm angetan, der Bodenständigkeit und Authentizität wegen. Ein paar Tage später verriet Arnstedt bei einem Chianti in seinem Lieblingsitalie-ner „Il pane e le rose“ in Berlin-Friedrichshain, wie er seine Akteure sonst castet: auf dem Arbeitsamt.

    Offenbar die goldrichtige Adresse: Die Handvoll Akteure in Der Kuckuck und der Esel waren nach dem Erscheinen 2014 gefragt wie nie: Die mollige Hauptdarstellerin Marie Schöneburg erhielt drei durchgehende Serienrollen, der männliche Hauptdarsteller Thilo Prothmann in der Rolle des Amateur-Autors und Entführers Konrad war ebenfalls durchgehend beschäftigt. Das hält Arnstedt nicht davon ab, große Namen zu besetzen. Sein neuer Film Short Term Memory Loss ist ein Kandidat für das Münchner Filmfest, es ist wieder eine Low-Budget-Produktion – die aber mit Veronica Ferres.

    Das kompromisslose Indie-Kino à la Arnstedt und das massentaugliche Action-Kino à la Schweiger – die konträren Welten verschmolzen auf dem Podium im Stadttheater auf rührende Weise. Als Arnstedt erzählte, wie sein 27-fach preisgekrönter Erstling Die Entbehrlichen von allen Fernsehredak-teuren abgelehnt wurde („zu hart“), wiederholte Schweiger genüsslich den Plot. Da ist ein Junge, dessen alkoholkranker Vater sich erhängt, und aus Angst, dass er ins Heim kommt, spielt dieser Junge seiner Außenwelt vor, dass alles gut ist – „da denke ich: wow! Das ist ein Mega-Filmstoff. Meee-egaa! Das kann man doch bestimmt so machen, dass ganz viele Leute ...“ Hier bricht Schweiger ab und näselt eine sichere Pointe: „Darf ich den rema-ken?“ Das Publikum lacht schallend, Arnstedt sagt „hiermit offiziell zu“.

    Schweiger, der neue Liebling der Landsberger Indie-Szene, war am Ende so angetan von Stadt und Festival, dass er sich gleich für die vierte Auflage Anfang Februar 2017 ansagte. Mit einer Werkschau seiner eigenen Filme. Wer die lange Nacht der Schweiger-Produktionen durchhält, soll den Eintritt erstattet bekommen und zu einem gemeinsamen Weißwurstfrühstück einge-laden werden.

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  • Auf der 22. Internationalen Kurzfi lmwoche Regens