Impulse für Optokeramiken
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Transcript of Impulse für Optokeramiken
Schweizerische Akademie der Technischen WissenschaftenAcadémie suisse des sciences techniques Accademia svizzera delle scienze tecnicheSwiss Academy of Engineering Sciences
ImpressumSATW INFO 2/12, Mai 2012
SATW GeschäftsstelleSeidengasse 16, 8001 ZürichTel. +41 44 226 50 [email protected]
Autor: Bernhard Braunecker
Redaktion: Beatrice Huber
Review: Andreas Zuberbühler
Illustration: Andy Braun
SATW INFO
Schlussfolgerungen
Die SATW hatte im Jahr 2010 mit ihrem Forum eine Veranstal-
tungsreihe geschaffen, die Fachleute aus einem bestimmten
Technologiegebiet zusammenbringt, um über neueste Erkennt-
nisse zu informieren und um abzuklären, was dies für den Denk-
und Werkplatz Schweiz bedeuten könnte. Als Thema des zweiten
Forums wurde «Advanced Optoceramics» gewählt. Optokeramiken
gehören zur Klasse der oxidisch-mineralischen Werkstoffe, die
ein breites Applikationsspektrum von Hochspannungsisolatoren
bis zu Medizinalanwendungen abdecken. 1987 erhielten Johannes
Georg Bednorz und Karl Alexander Müller vom IBM-Forschungs-
zentrum in Rüschlikon den Nobelpreis für ihre Pionierarbeiten an
auf Oxidkeramik basierenden Hochtemperatur-Supraleitern. In
der Schweiz werden Keramiken schwerpunktmässig bei der
Empa, an der ETH Zürich und der EPF Lausanne, aber auch in der
Industrie behandelt.
Generell zeichnen sich diese Werkstoffe dadurch aus, dass sich
durch gezielte Dotierung der Keramikmatrix mit Fremdpartikeln
die mechanischen, elektrischen, thermischen und optischen Ei-
genschaften verändern lassen. Das geschieht über einen mehrstu-
figen Herstellungsprozess. Man zermahlt die Werkstoffe zu Nano-
pulver, dotiert sie und kommt dann über geeignete Press- und
Sinterprozesse zurück zu makroskopisch handhabbaren Proben. Da
die Dopingrate beim heterogenen Nanopulver-Konvolut deutlich
grösser sein kann als beim Einkristall, sind höhere Effizienzen bei
bestimmten Materialeigenschaften zu erwarten.
Die optischen Keramiken zeigen eine hohe optische Transparenz,
sind also rein äusserlich von hochwertigen optischen Glasscheiben
nicht zu unterscheiden. Sie zeigen aber neben den für Keramiken
typischen guten mechanischen und thermischen Eigenschaften
auch weitere, für den Bau von Optikinstrumenten interessante
optische Werte. Erwähnenswert sind hohe Brechzahlen, ausser-
gewöhnliches Dispersionsverhalten und vor allem eine nutzbare
Transmission vom visuellen bis in den 5 bis 6 μm Spektralbe-
reich. Gerade für medizinische Anwendungen mit dem Erbiumla-
ser bei 3 μm sind somit neue Möglichkeiten denkbar.
Das SATW Forum fand am 24. November an der Empa in Düben-
dorf statt. Der erste Teil der Veranstaltung bot in sechs Kurz-
referaten Informationen über Materialeigenschaften, Fortschritte in
der Materialherstellung und -verarbeitung sowie über mögliche An-
wendungen, der zweite Teil galt der Diskussion des Themas. Die Inhal-
te der Kurzreferate werden auf den nächsten Seiten näher vorgestellt.
SATW INFO
Impulse für OptokeramikZum zweiten Mal fand 2011 ein SATW Forum statt. Das Thema war diesmal «Advanced Optoceramics».
2/12
Das SATW Forum zu «Advanced Optoceramics» zeigte, dass die vor-
gestellten Prozessansätze, die höhere Dopingraten des zu Nanopul-
ver verarbeiteten Trägermaterials mit «intelligenten» Fremdatomen
wie Seltenen Erden ermöglichen, nicht nur zu verbesserten aktiven
(Laser-) und passiven (Linsen-)Optiksystemen führen, sondern auch
zu höheren Effizienzen bei Röntgendetektoren und LED-Lichtquellen.
Die erforderlichen technischen Herstellungs- und Bearbeitungspro-
zesse sind zweifelsohne noch herausfordernd, aber mit dem in der
Schweiz vorhandenem Wissen bei der Empa und den teilnehmenden
Firmen machbar. Die an der ETH Zürich und der EPF Lausanne be-
triebene Forschung an multifunktionalen Werkstoffen ist höchst ak-
tuell, da durch geeignete Behandlungsmassnahmen Keramiken nicht
nur wie Halbleiter in ihren photonischen Eigenschaften eingestellt
werden können, sondern zusätzlich noch in den mechanisch-thermi-
schen Parametern. Schliesslich wies die von Johannes Georg Bed-
norz aufgezeigte Methode der Massenproduktion dotierter Polymere
auf eine Mannigfaltigkeit an Anwendungen hin, speziell im opti-
schen Bereich.
Die Veranstaltung wurde von den 30 Teilnehmern mehrheitlich mit
«sehr gut» beurteilt und scheint somit einem Bedürfnis entsprochen
zu haben. Während die Industrievertreter die Information über die
Technologiefortschritte begrüssten, bekamen die Hochschulver-
treter in der Diskussionsrunde wertvolle Hinweise über mögliche
Anwendungsgebiete. Es zeigte sich, dass verschiedene Firmen
sich bilateral über ihre Absichten und Fortschritte austauschen
wollen, und es wurde von mehreren Teilnehmern der Wunsch nach
einer Diskussionsplattform und einer Folgeveranstaltung geäussert.
SATW ForumIn der 2010 gestarteten Reihe «SATW Forum» werden im kleinen Kreis ausgewählter Experten Erkenntnisse über eine aktuelle, im Ansatz neuartige Technologie besprochen. Diese sollte im Labor bereits verifiziert sein und ein attraktives Marktpotential erkennen lassen, jedoch noch einer industriellen Umsetzung harren. Der Weg dorthin darf durchaus noch als risikoreich eingeschätzt werden, da sich gerade dies als Wettbewerbsvorteil für die Schweizer Hochschulen und Industrien erweisen könnte. Die Diskussion im Forumskreis soll primär zeigen, ob nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch ein gemeinsames Interesse an einer Weiterentwicklung der Technologie vorhanden ist.
Bei der Auswahl der Themen wird darauf geachtet, dass die Technologie trotz ihrer Neuartigkeit auf einer gewissen Tradition in der Schweiz aufbauen kann, um Akzeptanz bei Politik und Öffentlichkeit zu finden. Zudem sollten die Themen eine Weiterführung früherer Aktivitäten sein, über die sowohl auf akademischer als auch industrieller Seite genügend neue Erkenntnisse vorhanden sind, um die Risiken bei einer Weiterführung zu minimieren.
Weiterführende Informationen www.satw.ch/publikationen/satwinfo
Optokeramiken sind ein kleines, aber immer wichtiger werdendes Teilgebiet moderner Keramikwerkstoffe. Sie können zum Beispiel in Teleskopen zum Einsatz kommen. Im Bild das Weltraumteleskop Planck der Europäischen Weltraumorganisation ESA (Bildquelle ESA)
Transparente Keramiken für neuartige Anwendungen, Edgar Pawlowski (Schott AG)
Die Entwicklung transparenter Keramiken begann vor etwa 20
Jahren, als aus polykristallinen keramischen Materialien erste
brauchbare Komponenten für Laser- und optische Anwendun-
gen hergestellt werden konnten. Das wichtigste technische
Problem, das der Lichtstreuung an den Korngrenzen der kerami-
schen Werkstoffe, liess sich nun lösen. Der von Schott entwi-
ckelte, im Vakuum ablaufende Sinterprozess des kristallinen
Nanopulvers ist nicht nur für kleine Stückzahlen, sondern auch
für eine Massenproduktion von Multi-Komposit-Keramiken mit
unterschiedlichen Dotierungskonzentrationen geeignet. Je
nach Art und Menge der Dotierung lassen sich die optischen
Eigenschaften variieren, um neuartige optische Instrumente
und Lasersysteme, bessere LED-Lichtquellen sowie leistungs-
stärkere Röntgendetektoren zu bauen. Ein grosser Vorteil ist,
dass im Vergleich zu Einkristallen eine höhere Dotierung mit
Seltenen Erden erreicht werden kann, was zu höheren Effizien-
zen bei gleichzeitig geringerer Temperaturabhängigkeit führt.
Man kann zum Beispiel aus einer Keramikscheibe die gleiche
Laserleistung gewinnen wie aus einer viel grösseren Einkris-
tallscheibe, was ein wichtiger Kostenfaktor sein kann.
Moderne Optikfertigungsmethoden, Bernd Reiss (Swissoptic AG)Die Oberflächen von Optikbauteilen aus Optokeramik können im
Wesentlichen mit den Prozessen behandelt werden, die heutzu-
tage für Asphären und Freiformflächen aus Glas in der Optikfer-
tigung eingesetzt werden (siehe Abbildung 1). Mittels Feinst-
schleif-Roboter erreicht man Formgenauigkeiten im Bereich
einiger 100 Nanometer, allerdings noch mit punktuellen Oberflä-
chenschäden von einigen Mikrometern Tiefe. Diese beseitigt ein
ebenfalls roboterbetriebenes zonales Polierverfahren, um so die
geforderte Oberflächengüte im Bereich einiger Ångström (= 1/10
Nanometer) zu erreichen. Bei beiden Prozessschritten muss der
momentane Zustand der Oberfläche in Echtzeit als Regelgrösse
für die Roboter gemessen werden, was angesichts der vibrieren-
den und durch Poliermittel stark kontaminierten Umgebung eine
echte Herausforderung darstellt. Bei beiden Prozessen kann auf
Erfahrungen im Metallmaschinenbau zurückgegriffen werden.
Damit ist man bestens gerüstet für kommende Materialien wie
Optokeramiken. Bei Swissoptic wurden bereits erste Proben be-
arbeitet und dabei Qualitätswerte für die Oberflächenform und
Oberflächengüte erreicht, die vergleichbar zu den Bestwerten
bei Glaswerkstoffen sind.
Optokeramische Materialien für den Optikdesign, Bernhard Braunecker (SATW)Im Abbe-Diagramm (siehe Abbildung 2) liegen links unten die
Gläser mit niederer Brechzahl und schwacher Dispersion, rechts
oben die hochbrechenden, aber mit starker Dispersion versehe-
nen Gläser. Für den Optikdesign wären Gläser links oben ideal.
Nur beginnen amorphe Gläser nahe einer magischen Linie (rot
gestrichelt) auszukristallisieren. Eine so gestörte Linse fokus-
siert einen Laserstrahl dann nicht mehr in einen Punkt, son-
dern füllt die ganze Umgebung mit unbrauchbaren stochasti-
schen Interferenzmustern, so genannten Speckles. Anstatt nun
gegen die Kristallisierung anzukämpfen, sind neue Materialien
jenseits der magischen Linie gefragt, beispielsweise Kerami-
ken. Die Blasen im Diagramm zeigen Bereiche, wo Optokera-
miken bereits in guter optischer Qualität als Prototypen vorlie-
gen. Basierend auf vorläufigen optischen Daten verschiedener
Prototypen der Schott Optokeramikreihe SOC lässt sich jetzt
schon zeigen, dass dies positive Auswirkungen auf den Design
von Optiken für abbildende Systeme, Grossraumprojektion, Me-
dizin oder Raumfahrt haben sollte. So wie Gläser durch Zusatz
von Cerium-Atomen strahlungsfest für die Raumfahrt gemacht
werden können, sollte dies auch für die Keramiken gelten.
Herausforderung fehlerfreier Herstellung von Nanopulver, Thomas Graule (Empa)Die Herstellung von nahezu fehlerfreien Hochleistungskeramiken
mit sehr feiner, submikronskaliger Gefügestruktur gelingt durch
aggregatfreie Synthese und Verarbeitung von Nanopulver. Hierzu
werden moderne Verfahren der Pulver-Synthese sowie kolloidale
Verarbeitungstechniken eingesetzt. Das grösste Problem dabei ist,
die Van-der-Waals-Kräfte durch Oberflächenbehandlung und
hochenergetische Mahlverfahren zu beherrschen. Im Vortrag wur-
den verschiedene Ansätze gezeigt, wie das Problem der Aggregat-
bildung während der Nanopulversynthese und speziell der Agglo-
meratbildung bei der Formgebung gelöst werden kann. Durch
gezielten Einsatz von elektrostatischer und sterischer Stabilisie-
rung kann die Van-der-Waals-Anziehung kompensiert werden und
so die Formgebung in flüssigen, wässrigen oder organischen Medi-
en erfolgen. Gegebenenfalls kann dies auch genutzt werden, um
besonders rieselfähige, leicht verpressbare Sprüh-Granulate zu
erzeugen, die dann über eine Pressformgebung in den so genann-
ten Grünkörper überführt werden können. Die abschliessende Ver-
dichtung erfolgt über verschiedene Varianten der Sinterung.
Magnetische Kontrolle von nicht-kugelförmigen Teilchen, André R. Studart (ETH Zürich)Mit der vorgestellten Methode lässt sich die räumliche Ausrichtung
nichtsphärischer und nichtmagnetischer Keramikteilchen in flüssi-
gen Suspensionen durch schwache Felder handelsüblicher Magnete
von 1 milliTesla steuern. Um die Teilchen zu magnetisieren, werden
diese mit geringen Anteilen (<0.01 Vol %) magnetischer Nanoparti-
kel beschichtet. Das führt zu anisotropen Stäbchen und Plättchen
von 1 bis 20 Mikrometer Länge, die gross genug sind, um ihre Aus-
richtung bei Temperaturschwankungen beizubehalten, aber klein
genug, um in Flüssigkeiten löslich zu sein. Damit lassen sich bei
polykristallinen Keramiken und Verbundwerkstoffen die physikali-
schen Eigenschaften von aussen steuern.
Superhybrid-Materialien, Johannes Georg Bednorz (IBM)Bei der vom Japaner Tadafumi Adschiri entwickelten Methode
werden anorganische Nanokristallpartikel wie Cerium- oder
Zirkonoxid in ein organisches Trägermaterial wie Polymerfoli-
en eingelagert. Das hat zwei Vorteile: Einerseits lassen sich
durch die Nanopartikel die magnetischen, elektrischen, kata-
lytischen und optischen Eigenschaften des Hybridmaterials
beeinflussen, anderseits ermöglicht das organische Trägerma-
terial eine äusserst kostengünstige Massenfertigung. Aller-
dings sind eine hinreichende Löslichkeit und eine gleichmässige
Verteilung der Nanopartikel im Wirtsmaterial gefragt, was spe-
zielle Technologien erfordert, da die Substanzen zueinander
unverträglich sind. Der Ansatz ist nun, die Nanokristalle zuerst
in eine organische Hülle einzubetten, die eine hohe Affinität
für organische Lösungsmittel und Polymere hat. Bei der Adschiri-
Methode geschieht dies durch Einleiten einer Metallsalzlösung
und der organischen Additive in einen Reaktor mit Wasser im
superkritischen Zustand bei 400 °C und 30 MPa. Es konnten
bereits flexible Superhybrid-Materialien mit hohem Bre-
chungsindex, hoher thermischer, aber geringer elektrischer
Leitfähigkeit oder mit magnetischen Partikeln hergestellt wer-
den. Anwendungen sind zum Beispiel die Katalyse chemischer
Reaktionen.
TeilnehmerkreisDie Veranstaltung wurde zusammen mit der Empa an ihrem
Standort in Dübendorf durchgeführt. Die Organisatoren waren
Johannes Georg Bednorz (IBM), Bernhard Braunecker (SATW),
Pierangelo Gröning, Thomas Graule (beide Empa) sowie Hanspeter
Herzig (EPFL). Die 30 Teilnehmer kamen von Ceramaret, Empa,
EPF Lausanne, ETH Zürich, Fisba, IBM, Lasag, Leica Geosystems,
Lonza, Metoxit, Micos, RUAG Space, Schott Forschungszentrum,
Schott Switzerland, Silitec, Swissoptic, SwissLaserNet, Trumpf
und der Universität Bern.
SATW INFO
Abbildung 1: Moderne Bearbeitungsprozesse für Glas- und Keramikwerkstoffe
Abbildung 2: Abbe-Diagramm (Bildquelle: Schott AG)
Verkittetes Prisma
Feinstschleif-prozess
Zonales Polierverfahren
Endprodukt
SATW INFO
Abbe-Zahl SOC-BSOC-D
SOC-A
YAG
SOC-C
Brec
hung
sind
ex
Transparente Keramiken für neuartige Anwendungen, Edgar Pawlowski (Schott AG)
Die Entwicklung transparenter Keramiken begann vor etwa 20
Jahren, als aus polykristallinen keramischen Materialien erste
brauchbare Komponenten für Laser- und optische Anwendun-
gen hergestellt werden konnten. Das wichtigste technische
Problem, das der Lichtstreuung an den Korngrenzen der kerami-
schen Werkstoffe, liess sich nun lösen. Der von Schott entwi-
ckelte, im Vakuum ablaufende Sinterprozess des kristallinen
Nanopulvers ist nicht nur für kleine Stückzahlen, sondern auch
für eine Massenproduktion von Multi-Komposit-Keramiken mit
unterschiedlichen Dotierungskonzentrationen geeignet. Je
nach Art und Menge der Dotierung lassen sich die optischen
Eigenschaften variieren, um neuartige optische Instrumente
und Lasersysteme, bessere LED-Lichtquellen sowie leistungs-
stärkere Röntgendetektoren zu bauen. Ein grosser Vorteil ist,
dass im Vergleich zu Einkristallen eine höhere Dotierung mit
Seltenen Erden erreicht werden kann, was zu höheren Effizien-
zen bei gleichzeitig geringerer Temperaturabhängigkeit führt.
Man kann zum Beispiel aus einer Keramikscheibe die gleiche
Laserleistung gewinnen wie aus einer viel grösseren Einkris-
tallscheibe, was ein wichtiger Kostenfaktor sein kann.
Moderne Optikfertigungsmethoden, Bernd Reiss (Swissoptic AG)Die Oberflächen von Optikbauteilen aus Optokeramik können im
Wesentlichen mit den Prozessen behandelt werden, die heutzu-
tage für Asphären und Freiformflächen aus Glas in der Optikfer-
tigung eingesetzt werden (siehe Abbildung 1). Mittels Feinst-
schleif-Roboter erreicht man Formgenauigkeiten im Bereich
einiger 100 Nanometer, allerdings noch mit punktuellen Oberflä-
chenschäden von einigen Mikrometern Tiefe. Diese beseitigt ein
ebenfalls roboterbetriebenes zonales Polierverfahren, um so die
geforderte Oberflächengüte im Bereich einiger Ångström (= 1/10
Nanometer) zu erreichen. Bei beiden Prozessschritten muss der
momentane Zustand der Oberfläche in Echtzeit als Regelgrösse
für die Roboter gemessen werden, was angesichts der vibrieren-
den und durch Poliermittel stark kontaminierten Umgebung eine
echte Herausforderung darstellt. Bei beiden Prozessen kann auf
Erfahrungen im Metallmaschinenbau zurückgegriffen werden.
Damit ist man bestens gerüstet für kommende Materialien wie
Optokeramiken. Bei Swissoptic wurden bereits erste Proben be-
arbeitet und dabei Qualitätswerte für die Oberflächenform und
Oberflächengüte erreicht, die vergleichbar zu den Bestwerten
bei Glaswerkstoffen sind.
Optokeramische Materialien für den Optikdesign, Bernhard Braunecker (SATW)Im Abbe-Diagramm (siehe Abbildung 2) liegen links unten die
Gläser mit niederer Brechzahl und schwacher Dispersion, rechts
oben die hochbrechenden, aber mit starker Dispersion versehe-
nen Gläser. Für den Optikdesign wären Gläser links oben ideal.
Nur beginnen amorphe Gläser nahe einer magischen Linie (rot
gestrichelt) auszukristallisieren. Eine so gestörte Linse fokus-
siert einen Laserstrahl dann nicht mehr in einen Punkt, son-
dern füllt die ganze Umgebung mit unbrauchbaren stochasti-
schen Interferenzmustern, so genannten Speckles. Anstatt nun
gegen die Kristallisierung anzukämpfen, sind neue Materialien
jenseits der magischen Linie gefragt, beispielsweise Kerami-
ken. Die Blasen im Diagramm zeigen Bereiche, wo Optokera-
miken bereits in guter optischer Qualität als Prototypen vorlie-
gen. Basierend auf vorläufigen optischen Daten verschiedener
Prototypen der Schott Optokeramikreihe SOC lässt sich jetzt
schon zeigen, dass dies positive Auswirkungen auf den Design
von Optiken für abbildende Systeme, Grossraumprojektion, Me-
dizin oder Raumfahrt haben sollte. So wie Gläser durch Zusatz
von Cerium-Atomen strahlungsfest für die Raumfahrt gemacht
werden können, sollte dies auch für die Keramiken gelten.
Herausforderung fehlerfreier Herstellung von Nanopulver, Thomas Graule (Empa)Die Herstellung von nahezu fehlerfreien Hochleistungskeramiken
mit sehr feiner, submikronskaliger Gefügestruktur gelingt durch
aggregatfreie Synthese und Verarbeitung von Nanopulver. Hierzu
werden moderne Verfahren der Pulver-Synthese sowie kolloidale
Verarbeitungstechniken eingesetzt. Das grösste Problem dabei ist,
die Van-der-Waals-Kräfte durch Oberflächenbehandlung und
hochenergetische Mahlverfahren zu beherrschen. Im Vortrag wur-
den verschiedene Ansätze gezeigt, wie das Problem der Aggregat-
bildung während der Nanopulversynthese und speziell der Agglo-
meratbildung bei der Formgebung gelöst werden kann. Durch
gezielten Einsatz von elektrostatischer und sterischer Stabilisie-
rung kann die Van-der-Waals-Anziehung kompensiert werden und
so die Formgebung in flüssigen, wässrigen oder organischen Medi-
en erfolgen. Gegebenenfalls kann dies auch genutzt werden, um
besonders rieselfähige, leicht verpressbare Sprüh-Granulate zu
erzeugen, die dann über eine Pressformgebung in den so genann-
ten Grünkörper überführt werden können. Die abschliessende Ver-
dichtung erfolgt über verschiedene Varianten der Sinterung.
Magnetische Kontrolle von nicht-kugelförmigen Teilchen, André R. Studart (ETH Zürich)Mit der vorgestellten Methode lässt sich die räumliche Ausrichtung
nichtsphärischer und nichtmagnetischer Keramikteilchen in flüssi-
gen Suspensionen durch schwache Felder handelsüblicher Magnete
von 1 milliTesla steuern. Um die Teilchen zu magnetisieren, werden
diese mit geringen Anteilen (<0.01 Vol %) magnetischer Nanoparti-
kel beschichtet. Das führt zu anisotropen Stäbchen und Plättchen
von 1 bis 20 Mikrometer Länge, die gross genug sind, um ihre Aus-
richtung bei Temperaturschwankungen beizubehalten, aber klein
genug, um in Flüssigkeiten löslich zu sein. Damit lassen sich bei
polykristallinen Keramiken und Verbundwerkstoffen die physikali-
schen Eigenschaften von aussen steuern.
Superhybrid-Materialien, Johannes Georg Bednorz (IBM)Bei der vom Japaner Tadafumi Adschiri entwickelten Methode
werden anorganische Nanokristallpartikel wie Cerium- oder
Zirkonoxid in ein organisches Trägermaterial wie Polymerfoli-
en eingelagert. Das hat zwei Vorteile: Einerseits lassen sich
durch die Nanopartikel die magnetischen, elektrischen, kata-
lytischen und optischen Eigenschaften des Hybridmaterials
beeinflussen, anderseits ermöglicht das organische Trägerma-
terial eine äusserst kostengünstige Massenfertigung. Aller-
dings sind eine hinreichende Löslichkeit und eine gleichmässige
Verteilung der Nanopartikel im Wirtsmaterial gefragt, was spe-
zielle Technologien erfordert, da die Substanzen zueinander
unverträglich sind. Der Ansatz ist nun, die Nanokristalle zuerst
in eine organische Hülle einzubetten, die eine hohe Affinität
für organische Lösungsmittel und Polymere hat. Bei der Adschiri-
Methode geschieht dies durch Einleiten einer Metallsalzlösung
und der organischen Additive in einen Reaktor mit Wasser im
superkritischen Zustand bei 400 °C und 30 MPa. Es konnten
bereits flexible Superhybrid-Materialien mit hohem Bre-
chungsindex, hoher thermischer, aber geringer elektrischer
Leitfähigkeit oder mit magnetischen Partikeln hergestellt wer-
den. Anwendungen sind zum Beispiel die Katalyse chemischer
Reaktionen.
TeilnehmerkreisDie Veranstaltung wurde zusammen mit der Empa an ihrem
Standort in Dübendorf durchgeführt. Die Organisatoren waren
Johannes Georg Bednorz (IBM), Bernhard Braunecker (SATW),
Pierangelo Gröning, Thomas Graule (beide Empa) sowie Hanspeter
Herzig (EPFL). Die 30 Teilnehmer kamen von Ceramaret, Empa,
EPF Lausanne, ETH Zürich, Fisba, IBM, Lasag, Leica Geosystems,
Lonza, Metoxit, Micos, RUAG Space, Schott Forschungszentrum,
Schott Switzerland, Silitec, Swissoptic, SwissLaserNet, Trumpf
und der Universität Bern.
SATW INFO
Abbildung 1: Moderne Bearbeitungsprozesse für Glas- und Keramikwerkstoffe
Abbildung 2: Abbe-Diagramm (Bildquelle: Schott AG)
Verkittetes Prisma
Feinstschleif-prozess
Zonales Polierverfahren
Endprodukt
SATW INFO
Abbe-Zahl SOC-BSOC-D
SOC-A
YAG
SOC-CBr
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Schweizerische Akademie der Technischen WissenschaftenAcadémie suisse des sciences techniques Accademia svizzera delle scienze tecnicheSwiss Academy of Engineering Sciences
ImpressumSATW INFO 2/12, Mai 2012
SATW GeschäftsstelleSeidengasse 16, 8001 ZürichTel. +41 44 226 50 [email protected]
Autor: Bernhard Braunecker
Redaktion: Beatrice Huber
Review: Andreas Zuberbühler
Illustration: Andy Braun
SATW INFO
Schlussfolgerungen
Die SATW hatte im Jahr 2010 mit ihrem Forum eine Veranstal-
tungsreihe geschaffen, die Fachleute aus einem bestimmten
Technologiegebiet zusammenbringt, um über neueste Erkennt-
nisse zu informieren und um abzuklären, was dies für den Denk-
und Werkplatz Schweiz bedeuten könnte. Als Thema des zweiten
Forums wurde «Advanced Optoceramics» gewählt. Optokeramiken
gehören zur Klasse der oxidisch-mineralischen Werkstoffe, die
ein breites Applikationsspektrum von Hochspannungsisolatoren
bis zu Medizinalanwendungen abdecken. 1987 erhielten Johannes
Georg Bednorz und Karl Alexander Müller vom IBM-Forschungs-
zentrum in Rüschlikon den Nobelpreis für ihre Pionierarbeiten an
auf Oxidkeramik basierenden Hochtemperatur-Supraleitern. In
der Schweiz werden Keramiken schwerpunktmässig bei der
Empa, an der ETH Zürich und der EPF Lausanne, aber auch in der
Industrie behandelt.
Generell zeichnen sich diese Werkstoffe dadurch aus, dass sich
durch gezielte Dotierung der Keramikmatrix mit Fremdpartikeln
die mechanischen, elektrischen, thermischen und optischen Ei-
genschaften verändern lassen. Das geschieht über einen mehrstu-
figen Herstellungsprozess. Man zermahlt die Werkstoffe zu Nano-
pulver, dotiert sie und kommt dann über geeignete Press- und
Sinterprozesse zurück zu makroskopisch handhabbaren Proben. Da
die Dopingrate beim heterogenen Nanopulver-Konvolut deutlich
grösser sein kann als beim Einkristall, sind höhere Effizienzen bei
bestimmten Materialeigenschaften zu erwarten.
Die optischen Keramiken zeigen eine hohe optische Transparenz,
sind also rein äusserlich von hochwertigen optischen Glasscheiben
nicht zu unterscheiden. Sie zeigen aber neben den für Keramiken
typischen guten mechanischen und thermischen Eigenschaften
auch weitere, für den Bau von Optikinstrumenten interessante
optische Werte. Erwähnenswert sind hohe Brechzahlen, ausser-
gewöhnliches Dispersionsverhalten und vor allem eine nutzbare
Transmission vom visuellen bis in den 5 bis 6 μm Spektralbe-
reich. Gerade für medizinische Anwendungen mit dem Erbiumla-
ser bei 3 μm sind somit neue Möglichkeiten denkbar.
Das SATW Forum fand am 24. November an der Empa in Düben-
dorf statt. Der erste Teil der Veranstaltung bot in sechs Kurz-
referaten Informationen über Materialeigenschaften, Fortschritte in
der Materialherstellung und -verarbeitung sowie über mögliche An-
wendungen, der zweite Teil galt der Diskussion des Themas. Die Inhal-
te der Kurzreferate werden auf den nächsten Seiten näher vorgestellt.
SATW INFO
Impulse für OptokeramikZum zweiten Mal fand 2011 ein SATW Forum statt. Das Thema war diesmal «Advanced Optoceramics».
2/12
Das SATW Forum zu «Advanced Optoceramics» zeigte, dass die vor-
gestellten Prozessansätze, die höhere Dopingraten des zu Nanopul-
ver verarbeiteten Trägermaterials mit «intelligenten» Fremdatomen
wie Seltenen Erden ermöglichen, nicht nur zu verbesserten aktiven
(Laser-) und passiven (Linsen-)Optiksystemen führen, sondern auch
zu höheren Effizienzen bei Röntgendetektoren und LED-Lichtquellen.
Die erforderlichen technischen Herstellungs- und Bearbeitungspro-
zesse sind zweifelsohne noch herausfordernd, aber mit dem in der
Schweiz vorhandenem Wissen bei der Empa und den teilnehmenden
Firmen machbar. Die an der ETH Zürich und der EPF Lausanne be-
triebene Forschung an multifunktionalen Werkstoffen ist höchst ak-
tuell, da durch geeignete Behandlungsmassnahmen Keramiken nicht
nur wie Halbleiter in ihren photonischen Eigenschaften eingestellt
werden können, sondern zusätzlich noch in den mechanisch-thermi-
schen Parametern. Schliesslich wies die von Johannes Georg Bed-
norz aufgezeigte Methode der Massenproduktion dotierter Polymere
auf eine Mannigfaltigkeit an Anwendungen hin, speziell im opti-
schen Bereich.
Die Veranstaltung wurde von den 30 Teilnehmern mehrheitlich mit
«sehr gut» beurteilt und scheint somit einem Bedürfnis entsprochen
zu haben. Während die Industrievertreter die Information über die
Technologiefortschritte begrüssten, bekamen die Hochschulver-
treter in der Diskussionsrunde wertvolle Hinweise über mögliche
Anwendungsgebiete. Es zeigte sich, dass verschiedene Firmen
sich bilateral über ihre Absichten und Fortschritte austauschen
wollen, und es wurde von mehreren Teilnehmern der Wunsch nach
einer Diskussionsplattform und einer Folgeveranstaltung geäussert.
SATW ForumIn der 2010 gestarteten Reihe «SATW Forum» werden im kleinen Kreis ausgewählter Experten Erkenntnisse über eine aktuelle, im Ansatz neuartige Technologie besprochen. Diese sollte im Labor bereits verifiziert sein und ein attraktives Marktpotential erkennen lassen, jedoch noch einer industriellen Umsetzung harren. Der Weg dorthin darf durchaus noch als risikoreich eingeschätzt werden, da sich gerade dies als Wettbewerbsvorteil für die Schweizer Hochschulen und Industrien erweisen könnte. Die Diskussion im Forumskreis soll primär zeigen, ob nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch ein gemeinsames Interesse an einer Weiterentwicklung der Technologie vorhanden ist.
Bei der Auswahl der Themen wird darauf geachtet, dass die Technologie trotz ihrer Neuartigkeit auf einer gewissen Tradition in der Schweiz aufbauen kann, um Akzeptanz bei Politik und Öffentlichkeit zu finden. Zudem sollten die Themen eine Weiterführung früherer Aktivitäten sein, über die sowohl auf akademischer als auch industrieller Seite genügend neue Erkenntnisse vorhanden sind, um die Risiken bei einer Weiterführung zu minimieren.
Weiterführende Informationen www.satw.ch/publikationen/satwinfo
Optokeramiken sind ein kleines, aber immer wichtiger werdendes Teilgebiet moderner Keramikwerkstoffe. Sie können zum Beispiel in Teleskopen zum Einsatz kommen. Im Bild das Weltraumteleskop Planck der Europäischen Weltraumorganisation ESA (Bildquelle ESA)