Information – Beratung – Vorlagepflichten Welche Ansprüche hat der Betriebsrat? Kiel – 15....

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Information Beratung Vorlagepflichten Welche Ansprüche hat der Betriebsrat? Kiel 15. Mai 2012

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Information – Beratung – Vorlagepflichten

Welche Ansprüche hat der Betriebsrat?

Kiel – 15. Mai 2012

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Eingangsfall 1:

Arbeitgeber A stellt Lacke her. Der Betriebsrat verlangt Auskunft über die Menge der in einer bestimmten Kategorie angefallenen Schadstoffe und deren Entsorgung. A verweigert die Auskunft. Er sieht keine Aufgaben des BR berührt und beruft sich auf Datenschutz.

Zu Recht?

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Eingangsfall 2:

Arbeitgeber A will eine neue Produktionsanlage einführen. Er unterrichtet den Betriebsrat und berät mit ihm darüber. Der BR hat erhebliche Einwände und verlangt die Unterlassung der Einführung. Als A sich hierum nicht kümmert, beantragt der BR gerichtlich die Untersagung der Umsetzung.

Mit Aussicht auf Erfolg?

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Eingangsfall 3:

Arbeitgeber A plant einen radikalen Personalabbau mit Teilverlagerung von Produktionsanlagen ins Ausland. Der Betriebsrat wird hierüber rechtzeitig unterrichtet. A bittet den BR, die Planungen einstweilen vertraulich zu behandeln. BR-Vorsitzender V wendet sich sofort mit umfassender Stellungnahme an die Belegschaft und die Presse.

Liegt ein Pflichtenverstoß des V vor?

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I. Information und Beratung in der Betriebsverfassung

II. Informationsansprüche des Betriebsrats

III. Beratungsrechte des Betriebsrats

IV. Verschwiegenheit und Geheimnisschutz

V. Informationstiefe und Unterlagenvorlage

VI. Rechtsstreitigkeiten

VII. Taktik

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I. Information und Beratung in der Betriebsverfassung

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Information

Beratung

personelle Einzelmaßnahmen

„echte“ MitbestimmungBetriebsänderung

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II. Informationsansprüche des Betriebsrats

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Allg. Informations-anspruch

Info + Beratung § 105BetrVG

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Allgemeiner Informationsanspruch

§ 80 Abs. 2 BetrVG:

„Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten.“

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Aufgaben des Betriebsrats:

• besondere Aufgaben nach dem BetrVG und weiteren Gesetzen

• allgemeine Aufgaben nach § 80 Abs. 1 BetrVG

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Wichtige allgemeine Aufgaben (§ 80 Abs. 1 BetrVG):

• wachen über Einhaltung von zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarung

• Förderung von Beschäftigung, älteren Arbeitnehmern, Gleichstellung, Schwerbehinderte, ausländische Arbeitnehmer

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Wichtige allgemeine Aufgaben (§ 80 Abs. 1 BetrVG):

• Förderung von Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes, des Arbeitsschutzes und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie

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• Darlegungspflicht des Betriebsrats, wozu er die konkret angeforderten Informationen benötigt, falls er abruft

• gewisse Wahrscheinlichkeit des Bestehens einer Aufgabe reicht aus

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Rechtzeitigkeit der Information:

• Zeitfaktor aus Gegenstand und Art der Beteiligung

• beabsichtigte Maßnahme:nach Auswahl der optimalen Lösung durch AG, aber noch vor der Umsetzungseinleitung

• bereits umgesetzte Maßnahme:auch über abgelaufene Zeiträume

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Umfassende Information:

• in der Weise, dass der BR sich in hinreichendem Maße ein Bild von der konkreten Sachlage verschaffen kann

• kein taktisches Zurückhalten

• kein Fachchinesisch

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Nicht vorhandene, aber abrufbare Informationen:

• Erhebungs- und Verschaffungspflicht

• i.d.R. keine Beschaffung von Dritten

• keine Pflicht bei extremen Kosten

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Initiative zur Unterrichtung/Information:

• Arbeitgeber, sofern er „Maßnahmenträger“

• Betriebsrat, sofern er initiativ wird

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Besondere Informationsansprüche

• als Voraussetzung für Beratungsansprüche, z.B. § 90 Abs. 1 BetrVG

• im Rahmen der Durchführung personeller Einzelmaßnahmen, z.B. § 102 BetrVG

• § 105 BetrVGPersonelle Veränderungen bei leitenden Angestellten

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Informationserteilung und Datenschutz:

• kein Datenschutz im Verhältnis zum Betriebsrat

• BR ist Teil der datenverarbeitenden Stelle „Arbeitgeber“

• kein Einfluss auf Verschwiegenheit und Geheimnisschutz

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Eingangsfall 1:

Arbeitgeber A stellt Lacke her. Der Betriebsrat verlangt Auskunft über die Menge der in einer bestimmten Kategorie angefallenen Schadstoffe und deren Entsorgung. A verweigert die Auskunft. Er sieht keine Aufgaben des BR berührt und beruft sich auf Datenschutz.

Zu Recht?

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Exkurs: Informationsbeschaffung durch den BR

• berechtigt, AN am Arbeitsplatz aufzusuchen

• berechtigt, Betriebsbegehungen durch zu führen

• Heranziehung betrieblicher Auskunftspersonen

• Heranziehung von Sachverständigen

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III. Beratungsrechte des Betriebsrats

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§ 90BetrVG § 92

BetrVG

§ 111BetrVG

§ 96BetrVG

§ 92 aBetrVG

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Information Beratung

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Beratung:

• über geplante Maßnahme und Auswirkungen auf die Arbeitnehmer

• noch im Stadium der Planung

• muss genug Zeit für Meinungsbildung lassen

• so rechtzeitig, dass Vorschläge und Bedenken noch berücksichtigt werden könnten

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Beratung:

• bei abschnittsweiser Planung auch abschnittsweise Beratung

• Erörterung aller Gesichtspunkte

• keine Umsetzungsverpflichtung

• Teilnehmerkreis und Gesprächspartner?

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§ 90BetrVG

• Neu-, Um- und Erweiterungsbauten

• technische Anlagen

• Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe

• Arbeitplätze

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§ 92BetrVG

• Personalplanung

• Einsatz- und Bedarfsplanung

• sich hieraus ergebende Maßnahme der Berufsbildung und personellen Maßnahmen

• nicht: personelle Einzelmaßnahmen

• Vorschlagsrecht des BR

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§ 96BetrVG

• Berufsbildungsbedarf

• Ermittlungspflicht

• Vorschlagsrecht BR

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§ 111BetrVG

• Betriebsänderungen

• bei wesentlichen Nachteilen für Belegschaft oder Belegschaftsteile

• SV-Beiziehungsrecht ab 300 AN

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Eingangsfall 2:

Arbeitgeber A will eine neue Produktionsanlage einführen. Er unterrichtet den Betriebsrat und berät mit ihm darüber. Der BR hat erhebliche Einwände und verlangt die Unterlassung der Einführung. Als A sich hierum nicht kümmert, beantragt der BR gerichtlich die Untersagung der Umsetzung.

Mit Aussicht auf Erfolg?

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IV. Verschwiegenheit und Geheimnisschutz

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Allgemeine arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht

Datenschutzvorschriften

Geheimnisschutz § 79 BetrVG

Persönliche Geheimnisse § 99 Abs. 1 S. 3 BetrVG

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Geheimnisschutz § 79 BetrVG

Voraussetzungen für strafbewehrten Geheimnisschutz:

• Vorliegen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen

• ausdrückliche Geheimhaltungserklärung des Arbeitgebers

bei Verstoß: § 120 BetrVG

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Geheimnisschutz § 79 BetrVG

Ideale Absicherung von Betriebs-/Geschäftsgeheimissen:

Unterlagenübergabe gegen Quittung mit Belehrung nach § 79 BetrVG

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Persönliche Geheimnisse § 99 Abs. 1 S. 3 BetrVG

• Stillschweigensverpflichtung

• betrifft Informationen, die im Rahmen der BR-Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind

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V. Informationstiefe und Unterlagenvorlage

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Vorlage von Unterlagen:

• im Rahmen der allgemeinen Aufgabenerfüllung, § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG

setzt „Verlangen“ des BR voraus

• bei ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes

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Vorlage von Unterlagen:

• kein genereller Anspruch auf Unterlagenvorlage

• kein allgemeiner Vertragskontrollanspruch

• kein generelles Verschriftlichungserfordernis

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Was sind „Unterlagen“?

• schriftliche Aufzeichnungen

• Fotos und Skizzen

• Datenträger

• PDF-Dateien

• abhängig von konkreter Sachlage

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Vorlage von Unterlagen nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG:

Aufgabe des BR gegeben?

Diese Unterlagen erforderlich?

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Vorlage von Unterlagen bei gesetzlicher Pflicht, z.B.:

• § 90 Abs. 1 BetrVG

• § 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG

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Informationstiefe und Umfang der Information:

• nicht zwingend auf Unterlagen bezogen

• teilweise durch Gesetz – etwas – konkretisiert(„umfassend und rechtszeitig zu unterrichten“)

• je nach Sachlage verschieden

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Informationen müssen in dem Umfang erteilt werden, dass der Betriebsrat ohne weiteres in der Lage ist, sich aus den erteilen Informationen ein Bild von der betrieblichen bzw. personalen Situation zu verschaffen und hieraus geeignete eigene Maßnahmen abzuleiten.

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Exkurs: Einsicht in Bruttolohnlisten

• ausdrücklich gesetzlich geregelt in § 80 Abs. 2 S. 2, 2. Halbsatz

• nur Recht zu Einblicknahme

• keine Kopien, keine Voll-Mitschrift

• nur Stichworte

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VI. Rechtsstreitigkeiten

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• Informations- und Beratungsansprüche sind klagbar

• einstweiliges Verfügungsverfahren möglich

• kein Maßnahmenabbruch analog überwiegender Rechtsprechung zu § 111, 112 BetrVG

• insgesamt wenige Streitverfahren vor den Arbeitsgerichten

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VII. Taktik