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Thomas Notz (Hrsg.) Quellen zur Schweizer Geschichte seit 1945

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  • Nachrichtenlose Vermögen, EWR-Abstimmung, Jurafrage, Alpeninitiative, Heroinabgabe … Diese 200 Quellen machen die Schweizer Zeitgeschichte lebendig. Die aus-gewählten Texte, Bilder, Protokolle, Statistiken, Film- und Tondokumente zeigen die gesellschaftliche und politische Entwicklung des Landes und geben einen spannenden Einblick in die Schweiz der letzten 70 Jahre.

    Diese Quellensammlung ist für den Geschichtsunterricht konzipiert und wendet sich insbesondere an Schüle-rinnen und Schüler der Sekundarstufe II. Ergänzt wird das Werk durch ein Handbuch für Lehrpersonen, das zu jeder Quelle eine Erläuterung enthält.

    www.hep-verlag.ch/quellen

    Quellen zur Schweizer Geschichte seit 1945

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    Thomas Notz (Hrsg.)

    Quellen zur Schweizer Geschichteseit 1945

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  • InhaltsverzeichnisVorwort 7

    1 Gesellschaftlicher Wandel 9

    2 Parteienlandschaft im Wandel 45

    3 Wirtschaft 61

    4 Migration 83

    5 Energie, Verkehr und Umwelt 103

    6 Sicherheitspolitik 145

    7 Staats- und sozialpolitische Entwicklungen 163

    8 Aussenpolitik 185

    Quellennachweis 221

    Themenverzeichnis 237

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  • VorwortQuellensammlungen sind auch in Zeiten, in denen im Internet eine immense Fülle von Materialien gefunden werden kann, eine wichtige Arbeits hilfe für Geschichtslehrpersonen. Eine Quellen sammlung kann die Vorbereitung des Unterrichts erleichtern, indem sie eine Auswahl von Quellen ohne Recherche-aufwand zur Ver fügung stellt, die sich für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern eignet.

    Die behandelten Themen orientieren sich an den gymnasialen Lehrplänen. Die Textquellen wurden, wenn nötig, gekürzt.

    Die vorliegende Quellensammlung soll andere, bereits bestehende Werke, wie «Das Werden der modernen Schweiz», ergänzen. Zum einen reicht der erfasste Zeitraum im vorliegenden Buch näher an die Gegenwart, zum anderen sollen hier nicht die gleichen Quellen noch einmal Eingang finden, die man auch in andern Quellensammlungen findet.

    Diese Sammlung von Quellen konnte nur dank der Mithilfe von Studierenden der Fachdidaktik Geschichte an der Pädagogischen Hochschule Bern entstehen. Sie haben die meisten dieser histori-schen Ressourcen aufgespürt. Ihnen gebührt an erster Stelle mein grosser Dank. Ausserdem danke ich den folgenden Institutionen für ihre Unterstützung: der Ernst Göhner Stiftung, der Pädagogischen Hochschule Bern und dem Verein Schweizerischer Geschichtslehrerinnen und -lehrer.

    Thomas Notz

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  • Diese Quellensammlung entstand dank der Mitarbeit von folgenden Studentinnen und Studenten der Pädagogischen Hochschule Bern: Andreas Ammann, Lena Ashkenazi, Thomas Bachmann, Pema Bannwart, David Bärtschi, Tobias Benninger, Anna Berger, Jonas Bernet, Jaana Bienz, Stefanie Bietenhard, Georg Bill, Markus Blum, Roman Bühlmann, Julia Burbulla, Roman Bonderer, Antun Boskovic, Isabelle Brunner, Zhengi Cam, Nicolas Chèvre, Adrian Christen, Tatjana Combertaldi, Michel Dängeli, Angela Derksen, Adrian Dürrwang, Manuela Engel, Urs Fankhauser, Thomas Fässler, Mathias Fercher, Tina Ferrari, Konrad Gasser, Marco Gervasoni, Roger Gehrig, Eveline Gfeller, Christoph Geissler, Sara Gorbulinsky, Alexandra Greco, Franziska Griessen-Ryter, Nadja Häcki, Samad Hamed, Matthias Hancke, Beat Hatz, Marc Herrmann, Edith Hiltbrunner, Gabriela Hofstetter, Daniel Hrebec, Stefanie Hugo, Philippe Imwinkelried, Tiziana Imstepf, Anina Jost, Gisela Kammermann, Sarah Käser, Simon Kaufmann, Nicolas Kehrli, Asil Keskin, Robin Koch, Roger Kropf, Dominik Knubel, Claudio Kunz, Alain Künzi, Nadine Kuster, Corinne Labudde, Timy Liniger, Daniel Loosli, Beda Lötscher, Sascha Lüthi, Adrian Luzi, Pierre Mentha, Mirjam Meyer, Martina Moser, Ronald Müller, Stefan Müller, Lukas Neubacher, Kristina Nievergelt, Marchet Notegen, Büsra Noyan, Viktor Oettli, Bianca Ogrizek Woermann, Katharina Otterbach, Fabio Pacozzi, Maria Guadalupe Ramirez, Michael Regli, Roman Rogenmoser, Aurel Rohrer, Andreas Ruoss, Fabian Rupp, Sebastian Ruppen, Adrian Sager, Rachel Salzmann, Fábio Santos Gomes, Raphael Saxer, Natascha Schär, Denise Schärer, David Schärli, Christian Scheuber, Giulia Schiess, Lorenz Schläfli, Nicole Schlegel, Désirée Schmid, Barbara Schneider, Jonas Schobinger, Manuel Schuler, Hanna Schürch, Bianca Seitzinger, David Stalder, Michael Steffen, Jérôme Strübi, Bernhard Stüssi, Marcel Theiler, Michèle Theiler, Matthias Thomi, Selen Tiefenbach, Marlies Tritten, Maja von Kaenel, Katharina Wälchli, Desirée Werlen, Tanja Willi, Adrian Wettstein, Manuela Wiedmer, Andrea Wirz, Mirio Woern, Michelle Wüthrich, Christoph Wyniger, Stefanie Wyss, Peter Zemp, Raphael Zimmermann.

    Hinweise zur Benutzung

    — Kleine Rechtschreibfehler, die in den Originalquellen vorkommen, wurden korrigiert, sofern sie für die Interpretation ohne Bedeutung sind. Fettgedrucktes und andere besondere Formatierungen wurden in der Regel so wie in den Originalquellen stehen gelassen.

    — Bei der Kategorie «Autor« bzw. «Autorin» kann auch der Herausgeber bzw. die Herausgeberin gemeint sein. Der Begriff ist im Sinne einer Quellenanalyse zu verstehen. Wird der Autor mit einer Bezeichnung (z. B. Bundesrat) zusätzlich umschrieben, bezieht sich dieser Zusatz jeweils auf den Zeitpunkt der Entstehung der Quelle. Zeitungen oder Zeitschriften sind in Klammern angegeben.

    — Hinten im Buch findet sich der Quellennachweis, in dem zu jeder Quelle weiterführende Quellenangaben aufgelistet sind.

    — Bei jeder Quelle sind in alphabetischer Reihenfolge die Themen angegeben, auf die sich die Quelle bezieht. Die der Quelle zugeordne-ten Themen sind als Auswahl zu verstehen und nicht umfassend. Eine Übersicht aller Themen findet sich ganz am Schluss des Buches.

    — Die audiovisuellen Quellen dieser Quellensammlung können auf der Website des Verlags unter www.hep-verlag-ch/quellen-links abgerufen werden.

    — Zu dieser Quellensammlung gibt es ein Handbuch für Lehrpersonen mit wertvollen Hintergrundinformationen und Erläuterungen zu den Quellen.

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  • 1 Gesellschaftlicher Wandel

    1.1 Hinterfragte Rollenbilder (1973) 11

    1.2 Verteilung der Haushaltstypen 1970–2015 12

    1.3 Ehe und Familie als zentrales Element der Gesellschaft (1974) 13

    1.4 Die Kommunenbewegung (1972) 14

    1.5 Erste Wohngemeinschaften (1972) 15

    1.6 Polizeieinsatz gegen Konkubinat (1967) 16

    1.7 Konkubinatsverbot: Rede vor der Landsgemeinde des Kantons Glarus (1985) 17

    1.8 Grenzen der Toleranz im Umgang mit Homosexualität (1977) 18

    1.9 Erster Christopher Street Day in Zürich (1978) 19

    1.10 Rundschau: Die Wahl von Ruth Dreifuss in den Bundesrat (1993) 20

    1.11 Rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann (1995) 21

    1.12 Werbung für McDonald’s (1983) 22

    1.13 Brandanschlag auf McDonald’s: Pressebild (1982) 23

    1.14 Brandanschlag auf McDonald’s: Zeitungsbericht (1982) 24

    1.15 Brandanschlag auf McDonald’s: Stellungnahme der SP der Stadt Zürich (1982) 25

    1.16 Werbeplakat für den Tourismus im Wallis (1959) 26

    1.17 Jugendsport: militärischer Vorunterricht (1960) 27

    1.18 Titelzahl und Auflage von Kaufzeitungen 1939–2014 28

    1.19 Kinos 1931–2016 29

    1.20 Interview mit Roger Blum: «Hoffen, dass die Meinungsvielfalt bleibt» (2009) 30

    1.21 Offene Drogenszene am Letten, Zürich (1993) 31

    1.22 Karikatur: Auflösung der offenen Drogenszene am Letten, Zürich (1995) 32

    1.23 Drogenpolitische Grundsätze der Stadt Zürich (1991) 33

    1.24 Rauchverbot an der Kantonsschule Reussbühl Luzern (2006) 34

    1.25 Merkblatt zur Umsetzung des Schutzes vor Passivrauchen, Kanton Luzern (2010) 35

    1.26 «Fuck for Peace» (1968) 36

    1.27 Erklärungen des Zürcher Stadt rates zum Globus-Krawall (1968) 37

    1.28 Thesen zu den Jugendunruhen (1980) 38

    1.29 «Züri brännt» (1979) 39

    1.30 Lebenserwartung 1876–2015 40

    1.31 Religionszugehörigkeit 1910–2015 41

    1.32 Verurteilungen 1984–2016 42

    1.33 Sanktionsvollzug 1984–2015 43

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  • Inhalt_Quellensammlung_1A_17.indb 10 14.12.17 10:14

  • 1 Gesellschaftlicher Wandel Themen: 68er-Bewegung, Familie, Gender

    1.1 Hinterfragte Rollenbilder (1973)

    Autor: Hansjörg Erny

    Titel: Zerstört endlich die alten Rollenbilder, Mütter!

    Quellengattung: Zeitungsartikel (Manuskript)

    Datum: 10. Juli 1973

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  • 1 Gesellschaftlicher Wandel Themen: 68er-Bewegung, Familie, Gender

    1.2 Verteilung der Haushaltstypen 1970–2015

    Daten: Bundesamt für Statistik

    Titel: —

    Quellengattung: Statistik

    Jahr: (2016)

    MehrpersonenhaushalteEinpersonenhaushalte

    Ehepaare ohne KinderEhepaare mit KindernEinelternhaushalteKonkubinatspaare ohne KinderKonkubinatspaare mit Kindern

    1970 1990 2013—2015

    1970 1990 2013—2015

    Haushaltstypen

    Familienhaushalte

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  • […] Zunächst zur Ehe. Gegen sie richtet sich die hauptsächliche Kritik. Sie sei veraltet, sei nach neuen biologischen und soziologischen Erkenntnissen Unnatur und Zwangsjacke, sie sei eine blosse Einrichtung des Kapitalismus und damit nichts anderes als ein Manipulationsinstrument, ohne dass die Betroffenen es merkten. […] Am wenigsten anhaben kann natürlich diese Kritik der religiös, namentlich katholisch begründeten Auffassung von der Ehe. Ist sie durch Gottes Sakra-ment eingesetzt, so ist daran nicht zu rütteln.

    […] Leicht zu widerlegen ist die These, dass die Ehe eine Einrichtung des Kapitalismus sei oder doch, etwas weiter gefasst, der jeweiligen Machthaber. Wer die Geschichte kennt, erkennt die Unwahrheit dieser Behauptung. Wahr ist freilich, dass es Machthaber gab und gibt, welche die Ehe wie auch die Familie für ihre Zwecke dienstbar zu machen versuchten. Beide sind organisatorische Zellen und daher erfassbar und zusammenfassbar. Damit werden sie benützbar, manipulierbar. […] Nun darf man aber die Ehe nicht, wie das von Progressiven geschieht, danach beurteilen, dass sie sich auch missbrauchen lässt. […]

    Als Geschichtsfälschung erweist sich sodann die Behauptung, die Ehe sei eine christliche Erfin-dung. Es gab vor dem Christentum regional die Einehe, und die Völkerkundler wissen, dass es sie auch unter den sogenannten Primitiven gab.

    […] Was sodann die angebliche Un- oder Widernatürlichkeit der Ehe anbetrifft, so wird hier seitens der Gegner mit Vorliebe mit den Befunden im Tierreich argumentiert, in welchem angeb-lich ein auf Lebenszeit bestehendes Zusammenleben zweier Tiere verschiedenen Geschlechts unbekannt sei. Es ist immer unstatthaft und unfruchtbar, das menschliche Verhalten am tieri-schen zu messen und von daher verstehen zu wollen. […] Die These ist aber auch darum falsch, weil zahlreiche Tierarten auf die Dauer paarweise leben, z. B. die Dohlen. […]. Zwei gegenläufige Komponenten treffen sich im Menschen: der Trieb und der Geist. Es gibt nichts, das sich nicht in dieses Spannungsfeld einordnen liesse. Der Trieb schliesst die Sexualität in sich. Sie gehört untrennbar zum Menschen. Tilgungsversuche führen zu Krankheiten. Jeder Trieb ist schweifend und unersättlich. Das widerstreitet der Einehe, namentlich der ehelichen Treue. Wäre der Mensch nur Naturwesen, so wäre die eheliche Treue in der Tat wider die Natur. Kraft des Geistes ist er aber auch Kulturwesen. Er ist daher imstande, den Trieb zu disziplinieren.

    […] Die Progressiven versuchten, die Ehe zu sprengen, indem sie in Kommunen zusammenleben. An sich wäre möglich, dass Ehen gleichwohl bestünden. Die extreme Meinung war aber die, dass jedes Mitglied, ob männlich oder weiblich, Anrecht auf intimen Umgang mit jedem anderen habe. Das erwies sich, soweit wir unterrichtet sind als undurchführbar. Es bildeten sich eben von selbst Zweierschaften, wenn auch nicht stets von langer Dauer; es waren aber doch eheähnliche Gebilde, die von den anderen respektiert wurden. Das zeigt, dass die Ehe […] immer wieder zurückkehrt.

    […] im Grunde ist die Ehe eben doch auf Lebensdauer angelegt. […] Es hat daher seinen guten Sinn, dass die Ehepartner auch dann, wenn sie beide scheidungswillig sind, doch noch durch den Gang zum Gericht zur Besinnung kommen, was sie zu tun im Begriffe sind, namentlich was für Leid sie allenfalls über die Kinder bringen. Es kann eben Pflicht sein, schwere Drangsal in der Ehe zu tragen um der Kinder willen. […]

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    1 Gesellschaftlicher Wandel Themen: 68er-Bewegung, Familie, Gender

    1.3 Ehe und Familie als zentrales Element der Gesellschaft (1974)

    Autor: Paul Thürer (in: Zeitschrift für Sozialberatung)

    Titel: Ehe und Familie als zentrales Element der Gesellschaft

    Quellengattung: Zeitschriftenartikel

    Jahr: 1974

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  • Bezeichnenderweise stehen Diskussionen über die Kommunen-Bewegung oft unter einem Titel wie «Kommunen – Zerfall der Kleinfamilie?», was unseres Erachtens bereits von einem problema-tischen «Familienverständnis» zeugt. Psychiater und Fürsorger retten sich meist in die Feststel-lung, dass junge Leute, die sich vor der Zeit in Widerspruch zu ihrer Familie setzen, Produkte eines «broken home», eines «zerbrochenen Heims» sind, wobei zumeist übersehen wird, dass die in unserer Zeit (vor allem wiederum in den Agglomerationen) überwiegende Form der Familie, die Kleinfamilie, selbst bereits ein Zerfallsprodukt ist. In einem weiteren gesellschaftlichen Zusam-menhang gibt es über die krassen Erscheinungsformen (Auflösung des Hausstandes, Trennung der Eltern, Einweisung der Kinder in Heime) hinaus eine ganze Reihe von äusserlich und rechtlich intakten Familien, die ebenfalls zu den «broken homes» zu zählen wären.

    Was vermissen so viele junge Leute heute in der Kleinfamilie, was suchen sie in den neuen Formen des Zusammenlebens? Primär scheint es die Geborgenheit zu sein, die starke Solidarität der Gruppe gegenüber dem einzelnen, wie sie in der ehemaligen, heute immer selteneren «Gross-familie» mit Grosseltern, Urgrosseltern, Vettern und Basen wohl noch möglich war, wie sie aber in der auf die Eltern und ein oder zwei Nachkommen reduzierten Kleinfamilie mit ihrer notwendig starren und kaum veränderlichen Rollenverteilung immer mehr verunmöglicht wird.

    In welchem Masse ist zum Beispiel die Solidarität in einer dreiköpfigen Kleinfamilie einseitig und unfreiwillig auf die ökonomische Beziehung zur «Aussenwelt», zur Gesellschaft, fixiert, wenn Frau und Kind quasi auf Gedeih und Verderb auf einen einzigen Brotverdiener angewiesen sind? Wie weit ist anderseits Geborgenheit möglich, wenn in der gleichen Familie beide Eltern arbeiten? Sie machen die Familie damit zwar wirtschaftlich unabhängiger, sie ist in diesem Sinne «sicherer»; doch was nützt einem Kind die materielle Sicherheit, wenn es schon in frühen Jahren die Beziehungen zur Mutter acht Stunden im Tag entbehren muss?

    Es ist nicht der Ort, über die Ursachen der «Familienzersplitterung» zu sinnieren. Es gilt lediglich, die von der Jugend – darunter sind hier auch junge Leute bis 30 begriffen – experimen-tierten neuen Formen des Zusammenlebens auch unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Wie sehr der gesellschaftliche Druck auf die kleine Familie die Beziehungen innerhalb dieser Gemeinschaft selbst beeinflusst, ist noch ebenso offen, wie die Frage nach der Auswirkung eines auf drei, vier Personen beschränkten «Wir»- Gefühls auf das Verhalten des einzelnen im «Nicht-Wir», in der Gesellschaft rundherum.

    Wenn heute ein «Schutz der Familie» gefordert wird, muss die Kleinfamilie dann gegen die «Kommune» verteidigt werden? Die Kommune versucht zumindest, zu einer Gruppengrösse zu kommen, die jener der ehemaligen Grossfamilie etwa entspricht und aus der der einzelne sicher einige Vorteile ziehen kann. Das Leben in grösseren Gemeinschaften bringt zwar mehr «Auseinan-dersetzung», mehr Bewegung ins tägliche Leben, gleichzeitig aber auch mehr Bewegungsfreiheit, da die hergebrachten, in der Kleinfamilie überwiegend noch geschlechtsfixierten Rollen – Mann als Ernährer, Frau als häuslicher Dienstbote und Kinderpfleger – in der Grossfamilie abwechselnd von einzelnen wahrgenommen werden können. Wobei man sich bewusst sein muss, dass die «alte» Grossfamilie mit deren autoritären Strukturen nicht einfach kopiert werden kann!

    Einige «rationelle» Argumente, die für die Grossfamilie sprechen, haben sich denn auch längst in verschiedenen, durchaus «bürgerlichen» Einrichtungen niedergeschlagen wie etwa Kindergär-ten, Gemeinschaftsküchen in modernen «Boarding Houses» in Grossbritannien und den skandina-vischen Ländern.

    1 Gesellschaftlicher Wandel Themen: 68er-Bewegung, Familie, Gender

    1.4 Die Kommunenbewegung (1972)

    Autor: Rolf Herzog (in: Kommunen in der Schweiz, National-Zeitung-Schriftenreihe 2)

    Titel: Familie und Arbeit, zwei Angelpunkte

    Quellengattung: Zeitschriftenartikel

    Jahr: 1972

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  • 1 Gesellschaftlicher Wandel Themen: 68er-Bewegung, Familie, Gender

    1.5 Erste Wohngemeinschaften (1972)

    Autorschaft: Antenne, Schweizer Fernsehen

    Titel: Erfahrungen mit der Kommune

    Quellengattung: TV-Beitrag

    Datum: 16. Mai 1972

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