Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische...

37
LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN VICTORIA HOSKINS Webseite: http://userpage.fu-berlin.de/hoskins/LAII.html Inhaltsverzeichnis 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit¨ are Vektorr¨ aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur 37 1. Jordan-Normalform Mit der Jordan-Normalform werden wir alle komplexen Matrizen bis auf ¨ Ahnlichkeit klas- sifizieren. Wir werden eine Normalform, die Jordan-Normalform finden, so dass es in jeder ¨ Ahnlichkeitsklasse genau eine 1 komplexe Matrix in Normalform gibt. Wir werden Invarianten ur die ¨ Ahnlichkeitsklassen (d.h. etwas, dass das Gleiche f¨ ur zwei ¨ ahnliche Matrizen ist) ent- decken: alte Invarianten (das charakteristische Polynom, Eigenwerte) und neue Invariante (das Minimalpolynom, geometrische und algebraische Vielfachheit der Eigenwerte). [16.04.18] 1.1. Erinnerung an Eigenwerte und Diagonalisierung. Sei K ein K¨ orper. Definition. (1) F¨ ur einen linearen Endomorphismus f End K (V ) eines K-Vektorraumes V sagen wir, dass v V mit v 6=0 V ein Eigenvektor zum Eigenwert λ K ist, falls f (v)= λ · v. ur λ K definieren wir den λ-Eigenraum von f Eig(f,λ) := {v V : f (v)= λ · v}. Die geometrische Vielfachheit von λ ist μ g (f,λ) := dim K (Eig(f,λ)). (2) F¨ ur eine Matrix A Mat n×n (K) sagen wir, dass x K n mit x 6= 0 ein Eigenvektor zum Eigenwert λ K ist, falls Ax = λx. Der λ-Eigenraum von A ist Eig(A, λ)= {x K n : Ax = λx} und die geometrische Vielfachheit von λ ist μ g (A, λ) := dim K (Eig(A, λ)). Bemerkung. Nach [LAI, Satz 5.10] gelten: (1) Wenn V endlichdimensional ist (so dass det(f ) f¨ ur f End K (V ) definiert ist), gilt: λ ist ein Eigenwert von f ⇐⇒ det(λ · Id V - f ) = 0. (2) λ ist genau dann ein Eigenwert von A Mat n×n (K), wenn det(λI n - A) = 0. Definition. 1 (bis auf die Reihenfolge der Jordanbl¨ocke ) 1

Transcript of Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische...

Page 1: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN

VICTORIA HOSKINS

Webseite: http://userpage.fu-berlin.de/hoskins/LAII.html

Inhaltsverzeichnis

1. Jordan-Normalform 12. Bilinearformen und quadratische Formen 113. Euklidische und unitare Vektorraume 194. Ringe und Moduln 32Literatur 37

1. Jordan-Normalform

Mit der Jordan-Normalform werden wir alle komplexen Matrizen bis auf Ahnlichkeit klas-sifizieren. Wir werden eine Normalform, die Jordan-Normalform finden, so dass es in jederAhnlichkeitsklasse genau eine1 komplexe Matrix in Normalform gibt. Wir werden Invariantenfur die Ahnlichkeitsklassen (d.h. etwas, dass das Gleiche fur zwei ahnliche Matrizen ist) ent-decken: alte Invarianten (das charakteristische Polynom, Eigenwerte) und neue Invariante (dasMinimalpolynom, geometrische und algebraische Vielfachheit der Eigenwerte).

[16.04.18]1.1. Erinnerung an Eigenwerte und Diagonalisierung. Sei K ein Korper.

Definition.

(1) Fur einen linearen Endomorphismus f ∈ EndK(V ) eines K-Vektorraumes V sagen wir,dass v ∈ V mit v 6= 0V ein Eigenvektor zum Eigenwert λ ∈ K ist, falls

f(v) = λ · v.

Fur λ ∈ K definieren wir den λ-Eigenraum von f

Eig(f, λ) := {v ∈ V : f(v) = λ · v}.

Die geometrische Vielfachheit von λ ist µg(f, λ) := dimK(Eig(f, λ)).(2) Fur eine Matrix A ∈ Matn×n(K) sagen wir, dass x ∈ Kn mit x 6= 0 ein Eigenvektor

zum Eigenwert λ ∈ K ist, falls

Ax = λx.

Der λ-Eigenraum von A ist Eig(A, λ) = {x ∈ Kn : Ax = λx} und die geometrischeVielfachheit von λ ist µg(A, λ) := dimK(Eig(A, λ)).

Bemerkung. Nach [LAI, Satz 5.10] gelten:

(1) Wenn V endlichdimensional ist (so dass det(f) fur f ∈ EndK(V ) definiert ist), gilt: λist ein Eigenwert von f ⇐⇒ det(λ · IdV − f) = 0.

(2) λ ist genau dann ein Eigenwert von A ∈ Matn×n(K), wenn det(λIn −A) = 0.

Definition.

1(bis auf die Reihenfolge der Jordanblocke)

1

Page 2: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

2 VICTORIA HOSKINS

(1) Fur A ∈ Matn×n(K) ist das charakteristische Polynom von A

χA(t) = det(tIn −A) ∈ K[t].

Die algebraische Vielfachheit von λ ist µa(f, λ) := µ(χf , λ) := max{n : (t− λ)n|χf (t)}.(2) Fur einen linearen Endomorphismus f : V → V eines endlichdimensionalenK-Vektorraumes

V ist das charakteristische Polynom von f

χf (t) = det(tIdV − f) ∈ K[t].

Die algebraische Vielfachheit von λ ist µa(A, λ) := µ(χA, λ).

Bemerkung. Wenn dimK(V ) = n (bzw. A ∈ Matn×n(K)), ist χf (t) (bzw. χA(t)) ein nor-

miertes2 Polynom vom Grad n und die Nullstellen des charakteristischen Polynoms sind dieEigenwerte von f (bzw. A) [LAI, Satz 5.13].

Lemma.[LAI] Die algebraische Vielfachheit ist großer oder gleich die geometrische Vielfach-heit fur jeden Eigenvektor eines linearen Endomorphismus von einem endlichdimensionalenK-Vektorraum.

Definition.

(1) Ein linearer Endomorphismus f : V → V eines endlichdimensionalen K-VektorraumesV heißt diagonalisierbar, wenn es eine geordnete Basis B von V gibt, so dass MBB (f)eine Diagonalmatrix ist.

(2) Eine Matrix A ∈ Matn×n(K) heißt diagonalisierbar, wenn der Endomorphismus FA ∈EndK(Kn) mit FA(x) = Ax diagonaliserbar ist.

(3) Zwei Matrizen A,B ∈ Matn×n(K) heißen ahnlich (schreibweise: A ∼ B), wenn esS ∈ GLn(K) gibt mit A = SBS−1.

Ubung.

(1) Ahnlichkeit auf Matn×n(K) ist eine Aquivalenzrelation.(2) Eine Matrix A ∈ Matn×n(K) ist genau dann diagonalisierbar, wenn A ahnlich zu einer

Diagonalmatrix ist.(3) Wenn f : V → V ein linearer Endomorphismus eines K-Vektorraumes der Dimension

n ist, sind alle zugehorigen Matrizen von f ahnlich (d.h. fur geordnete Basen A und Bvon V gilt MAA (f) ∼MBB (f)).

(4) Fur zwei ahlinche Matrizen A ∼ B gilt χA(f) = χB(f).

Bermerkung. Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und f ∈ EndK(V ).

(1) Nach [LAI, Satz 5.11] ist f genau dann diagonalisierbar, wenn V eine Basis aus Eigen-vektoren von f besitzt.

(2) Nach [LAI, Satz 5.12] ist f diagonalisierbar, wenn f genau n = dim(V ) paarweiseverschiedene Eigenwerte λ1, . . . , λn hat.

(3) Nach [LAI, Satz 5,14] ist aquivalent:(a) f ist diagonalisierbar.(b) Das charakteristische Polynom χf (t) zerfallt in Linearfaktoren und die geometrische

und algebraische Vielfachheiten aller Eigenwerte λ ∈ K ubereinstimmen:

µg(f, λ) = µa(f, λ).

(c) Wenn λ1, · · · , λk die paarweise verschiedene Eigenwerte von f sind, dann gilt

V =

k⊕i=1

Eig(f, λi) := Eig(f, λ1)⊕ · · · ⊕ Eig(f, λk).

2P (t) = antn + · · · a0 ist normiert, falls an = 1

Page 3: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 3

1.2. Nullstellen von Polynomen. Fur einen Korper K kann man fragen, wann zerfallt jedesPolynom P (t) ∈ K[t] in Linearfaktoren? Oder wann hat jedes nicht-konstante Polynom mitKoeffizienten in K eine Nullstelle?

Definition. Ein Korper K heißt algebraisch abgeschlossen, wenn jedes nicht-konstante Polynommit Koeffizienten in K eine Nullstelle in K hat.

Beispiel. Fur K = R hat das Polynom P (t) = t2 + 1 keine Nullstelle in R und deshalb ist Rnicht algebraisch abgeschlossen.

Lemma. Wenn K algebraisch abgeschlossen ist, zerfallt jedes Polynom P (t) ∈ K[t] in Linear-faktoren.

Satz 1.1 (Fundamentalsatz der Algebra). Die komplexen Zahlen sind algebraisch abgeschlossen,d.h. jedes nicht-konstante Polynom mit C-Koeffizienten besitzt mindestens eine Nullstelle in C.3

Bemerkung. Es gibt einen Korper-Homomorphismus R→ C mit x 7→ x+ i0 . Deshalb gibt eseinen Ring-Homomorphismus R[t]→ C[t], der auch injektiv ist. Da C algebraisch abgeschlossenist, hat jedes nicht-konstante Polynom P (t) ∈ R[t] mindestens eine Nullstelle in C. Ferner giltfur P (t) ∈ R[t] und eine Nullstelle α ∈ C von P (t)

(1) Die konjugiert komplexe Zahl α ist auch eine Nullstelle von P . Ferner haben α und αdie gleiche Vielfachheit: µ(P, α) = µ(P, α).

(2) Q(t) := (t− α)(t− α) ∈ R[t] und es gibt eine Zerlegung P (t) = Q(t)R(t) in R[t].(3) Wenn Grad(P ) ungerade ist, hat P mindestens eine Nullstelle in R.

Lemma. Fur P (t) ∈ K[t] gibt es einen injektiven Korper-Homomorphismus K → L (was wireine Korpererweiterung nennen), so dass P (t) in Linearfaktoren aus L[t] zerfallt.4

Beispiel. Fur K = R oder K = C konner wir L = C wahlen, weil C algebraisch abgeschlossenist. Dann zerfallt jedes Polynom P (t) ∈ K[t] in Linearfaktoren in L[t].

1.3. Trigonalisierung. Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und f ∈ EndK(V ). Waskonnen wir uber f und die zugehorige MatrizenMAA (f) folgern, wenn nur χf (t) in Linearfaktorenzerfallt (aber die geometrische und algebraische Vielfachheiten der Eigenwerte nicht uberein-stimmen)?

Definition. Sei f : V → V ein linearer Endomorphismus.

(1) Ein Untervektorraum U ⊂ V heißt f -invariant, falls f(U) ⊂ U .(2) Eine Fahne in einem n-dimensionalen K-Vektorraum V ist eine Kette von Untervek-

torraume

{0V } = V0 ( V1 ( · · · ( Vn−1 ( Vn = V

mit dimK(Vr) = r. Diese Fahne heißt f -invariant, wenn jeder Unterraum Vr in der Fahnef -invariant ist.

Beispiel.

(1) Fur alle f ∈ EndK(V ) sind {0V } und V offensichtlich f -invariant.(2) Die Eigenraume Eig(f, λ) sind f -invariant.(3) Fur V = Kn gibt es die Standard-Fahne mit Vr := Span(e1, . . . , er).(4) Jede Fahne von V ist IdV -invariant.

3Fur den Beweis, siehe den faszinierenden Kurs ‘Funktionentheorie’.4Diese Lemma wird in der Algebra und Zahlentheorie bewiesen.

Page 4: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

4 VICTORIA HOSKINS

(5) Sei A ∈ Matn×n(K) eine obere Dreiecksmatrix, d.h. aij = 0 fur i > j. Fur die zugehorigelineare Abbildung FA : Kn → Kn ist die Standard-Fahne FA-invariant.

Lemma. Fur einen linearen Endomorphismus f : V → V eines n-dimensionalenK-Vektorraumes[18.04.18]ist aquivalent:

(1) Es gibt eine f -invariante Fahne von V ,(2) Es gibt eine geordnete Basis A von V , so dass MAA (f) eine obere Dreiecksmatrix ist.

Definition.

(1) Ein linearer Endomorphismus f : V → V eines n-dimensionalen K-Vektorraumes heißttrigonalisierbar, wenn es eine f -invariante Fahne von V gibt.

(2) Eine Matrix A ∈ Matn×n(K) heißt trigonalisierbar, wenn A ahnlich zu einer oberenDreiecksmatrix ist.

Bemerkung.

(1) A ∈ Matn×n(K) ist genau dann trigonalisierbar, wenn es FA : Kn → Kn ist.(2) f ∈ EndK(V ) ist genau dann triangonalisierbar, wenn es MAA (f) (fur eine geordnete

Basis A von V ) ist.(3) Jeder diagonalisierbare Endomorphismus ist auch trigonalisierbar, aber die Umkehrung

ist falsch: zum Beispiel ist

A =

(1 10 1

)trigonalisierbar aber nicht diagonalisierbar, weil 1 = µg(A, 1) < 2 = µa(A, 1) [LAII, Satz5.14].

Satz 1.2. Fur einen linearen Endomorphismus f : V → V eines n-dimensionalen K-Vektorraumesist aquivalent:

(1) f ist trigonalisierbar,(2) χf (t) zerfallt in Linearfaktoren.

Korollar.

(1) Jede komplexe Matrix A ∈ Matn×n(C) ist trigonalisierbar.(2) Jeder Endomorphismus eines endlichdimensionalen C-Vektorraumes ist trigonalisierbar.

Beispiel. Sind die folgende reelle Matrizen diagonalisierbar (bzw. trigonalisierbar)?

A =

(2 −30 1

)B =

(3 −20 3

) (1 1−1 1

)Wir berechnen die charakteristische Polynome und Vielfachheiten jeder Matrix:

• A ist trigonaliserbar, weil χA(t) = (t− 2)(t− 1) in Linearfaktoren zerfallt. Ferner ist Adiagonalisierbar, weil

Eig(A, 1) = Span

(31

)Eig(A, 2) =

(10

),

so dass µg(A, λ) = 1 = µa(A, λ) fur λ = 1, 2.• B ist trigonalisierbar, weil χB(t) = (t− 3)2, aber B ist nicht diagonalisierbar, weil

µg(B, 3) = dimK Eig(B, 3) = dimK Span

(10

)= 1 < 2 = µa(B, 3).

• C ist nicht trigonalisierbar (und deshalb auch nicht diagonalisierbar), weil

χC(t) = (t− 1)(t− 1) + 1 = t2 − 2t+ 2

keine Nullstellen in R hat (die Diskriminante von χC ist negativ: (−2)2−4×2 = −4 < 0).

Page 5: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 5

1.4. Der Satz von Cayley-Hamilton. Fur einen K-Vektorraum V ist EndK(V ) ein K-Vektorraum und ein Ring: man kann Polynome miteinander punktweise addieren und die Kom-position von Abbildung liefert eine Multiplikation auf EndK(V ). Deshalb konnen wir die Po-tenzen eine Abbildung f ∈ EndK(V ) betrachten: f0 := IdV , f1 := f , f2 := f ◦ f , u.s.w. Fur einPolynom P (t) = ant

n + an−1tn−1 + · · ·+ a0 ∈ K[t] definieren wir

P (f) := anfn + an−1f

n−1 + · · ·+ a0IdV ∈ EndK(V )

und wir schreiben P (f) = 0, wenn dieser Endomorphismus die Nullabbildung ist.

Lemma. Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum und f ∈ EndK(V ). Dann gibt es ein nicht- [23.04.18]Null Polynom P (t) ∈ K[t] mit P (f) = 0.

Definition. Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und f ∈ EndK(V ). Ein normiertesnicht-Null Polynom mf (t) ∈ K[t] heißt Minimalpolynom von f wenn

i) mf (f) = 0.ii) Fur alle andere nicht-Null Polynome P (t) ∈ K[t] mit P (f) = 0 gilt Grad(mf ) ≤

Grad(P ).

Ebenso definieren wir das Minimialpolynom von A ∈ Matn×n(K), so dass mA(t) = mFA(t) fur

FA : Kn → Kn, x 7→ Ax.

Bemerkung.

(1) Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und f ∈ EndK(V ) mit dem Minimal-polynom mf (t) ∈ K[t]. Fur alle P (t) ∈ K[t] mit P (f) = 0 gilt mf (t)|P (t): nach derDivision mit Rest fur Polynome gilt

P (t) = Q(t)mf (t) + r(t) und Grad(r) < Grad(mf )

und falls r 6= 0, gilt r(f) = 0, was ein Widerspruch zu der Minimalitat von mf gibt.(2) Das Minimalpolynom existiert nach dem Lemma oben und es ist eindeutig (weil es

normiert ist).(3) Zwei ahnlich Matrizen A ∼ B haben das gleiche Minimalpolnom: mA(t) = mB(t).

Satz 1.3 (Satz von Cayley-Hamilton). Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und f ∈EndK(V ) mit dem charakteristischen Polynom χf (t) ∈ K[t]. Dann gilt χf (f) = 0. Insbesonderegilt mf (t)|χf (t).

Korollar. Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum und f ∈ EndK(V ). Dann gilt χf |mnf .

Beispiel. Die Matrix

A =

(1 10 1

)hat das charakteristische Polynom χA(t) = (t − 1)2 = t2 − 2t + 1. Das Minimalpolynom vonA ist entweder t − 1 oder (t − 1)2, da mA(t)|χA(t) nach dem Satz von Cayley–Hamilton. DaA − I2 6= 0, ist t − 1 nicht das Minimalpolynom von A. Deshalb ist mA(t) = χA(t) = (t − 2)2.Nach dem Satz von Cayley–Hamilton gilt

A2 − 2A+ I2 = 0.

Es folgt, dass A(A− 2I2) = −I2, so dass A(2I2 −A) = I2. Insbesonder ist A−1 = 2I2 −A.

Bemerkung. Mit dem Satz von Cayley-Hamilton konnen wir fur jede invertierbare Matrix A ∈Matn×n(K) die inverse Matrix A−1 finden. Wir erinnern uns, dass A genau dann invertierbarist, wenn det(A) 6= 0. Fur das charakteristiche Polynom

χA(t) := det(tIn −A) = tn + cn−1tn−1 + · · ·+ c1t+ c0

Page 6: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

6 VICTORIA HOSKINS

gilt χA(0) = det(−A) = (−1)n det(A) = c0. Insbesondere c0 6= 0 ⇐⇒ det(A) 6= 0. Nach demSatz von Cayley-Hamilton gilt

An + cn−1An−1 + · · ·+ c1A+ c0In = 0.

Diese Gleichung ist aquivalent zu

A(An−1 + cn−1An−2 + · · · c1In) = −c0In

und wenn c0 6= 0 ist die inverse Matrix A−1 = −1c0

(An−1 + cn−1An−2 + · · · c1In).

1.5. Nilpotente Endomorphismen und Hauptraume. Hauptraume sind verallgemeinerteEigenraume5 und wir werden Hauptraume benutzen, um die Jordan-Zerlegung zu beschreiben.

Definition.[25.04.18]

(1) Ein linearer Endomorphismus f : V → V eines K-Vektorraumes heißt nilpotent, falls esgibt r ∈ N mit f r = 0 (die Nullabbildung).

(2) Eine Matrix A ∈ Matn×n(K) heißt nilpotent, falls es gibt r ∈ N mit Ar = 0 (die Null-matrix).

Lemma.Sei f : V → V ein linearer Endomorphismus eines n-dimensionalen K-Vektorraumes.Dann ist aquivalent:

(1) f ist nilpotent,(2) Es gibt 1 ≤ r ≤ n mit f r = 0,(3) χf (t) = tn,(4) Es gibt eine geordnete Basis A von V mit

MAA (f) =

0 ∗ ∗...

. . . ∗0 · · · 0

.

Bemerkung. Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum. Fur h ∈ EndK(V ) und die Po-tenzen von h gilt

{0V } = ker(h0) ⊂ ker(h) ⊂ ker(h2) ⊂ · · ·und

V = Bild(h0) ⊃ Bild(h) ⊃ Bild(h2) ⊃ · · ·und dimK(V ) = dimK(ker(hr)) + dimK(Bild(hr)) nach der Dimensionsformel fur hr, aber imallgemeinen ist diese Summe nicht direkt: ker(hr) ∩Bild(hr) 6= {0V }. Da V endlichdimensionalist, konnen beide Ketten nicht endlos aufsteigen (bzw. absteigen).

Lemma (von Fitting). Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum. Fur h ∈ EndK(V ) sei

d = min{r ∈ N : ker(hr) = ker(hr+1)}.

Dann gilt

(i) d = min{r ∈ N : Bild(hr) = Bild(hr+1)},(ii) U := ker(hd) und W := Bild(hd) sind h-invariante Untervektorraume von V ,(iii) h|W : W →W ist ein Isomorphismus,(iv) h|U : U → U ist nilpotent mit dem Minimalpolynom mh|U (t) = td,

(v) ker(hd) = ker(hd+i) und Bild(hd) = Bild(hd+i) fur alle i ∈ N,(vi) V = U ⊕W ,

(vii) d ≤ dimK(U) = µa(h, 0).

5Ein Hauptaum eines Eigenwertes λ (eines Endomorphismuses) ist großer als der λ-Eigenraum und die Di-mension eines Hauptraumes ist die algebraische Vielfachheit von λ. Wir erinnern uns, dass die Dimension einesEigenraumes (d.h. die geometrische Vielfachheit) ist kleiner oder gleich die algebraische Vielfachheit.

Page 7: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 7

(viii) Es gibt eine geordnete Basis A von V , so dass

MAA (h) =

(N 00 B

)mit Nd = 0 (nilpotent) und B invertierbar.

Bemerkung. Sei f : V → V ein linearer Endomorphismus eines endlichdimensionalen K-Vektorraumes. Wir erinnern uns, dass f genau dann diagonalisierbar ist, wenn V die direkteSumme der Eigenraume von f ist. In diesem fall zerfallt das charakteristische Polynom von fin Linearfaktoren und es gilt

µg(f, λ) := dimK Eig(f, λ) = µa(f, λ)

fur alle Eigenwerte λ von f . Wenn f nicht diagonalisierbar ist, dann ist die Summe aller Ei-genraume von f kleiner als V . In diesem Fall konnen wir das obige Lemma verwenden, umgroßere Raume (sogenannte Hauptraume) zu finden. Wir erinnern uns daran, dass jeder Eigen-raum der Kern eines Endomorphismus ist:

Eig(f, λ) = ker(f − λIdV ).

Nach dem Lemma von Fitting fur h := f − λIdV gibt es eine eindeutig bestimmte Zahl d mit

{0V } ( ker(f − λIdV ) ( ker((f − λIdV )2) ( · · · ( ker((f − λIdV )d) = ker((f − λIdV )d+i)

fur alle i ∈ N. Fur U := ker((f − λIdV )d) gilt dimK(U) = µa(h, 0) ≥ d und U ist h-invariant.Wir haben

χh(t) := det(tIdV − h) = det(tIdV − (f − λIdV )) = det((t+ λ)IdV − f) = χf (t+ λ)

und daher folgt µa(f, λ) = µa(h, 0). Insbesondere gilt U = ker((f − λIdV )µa(f,λ)), da µa(f, λ) =µa(h, 0) ≥ d. Nach dem Lemma von Fitting haben wir

V = U ⊕Wwobei W := Bild((f − λIdV )d) und Eig(f, λ) ⊂ U . Insbesondere ist h|U : U → U nilpotent undh|W : W →W ist ein Isomorphismus.

Definition. Sei f : V → V ein linearer Endomorphismus eines endlichdimensionalen K- [30.04.18]Vektorraumes. Fur einen Eigenwert λ von f definieren wir den Hauptraum von f zum Eigenwertλ durch

Hau(f, λ) := ker((f − λIdV )µa(f,λ)).

Satz 1.4 (Jordan-Zerlegung). Sei f : V → V ein linearer Endomorphismus eines endlichdi-mensionalen K-Vektorraumes, so dass

χf (t) =k∏i=1

(t− λi)ri

in Linearfaktoren in K[t] zerfallt, wobei λ1, . . . , λk die paarweise verschiedene Eigenwerte sindund ri = µa(f, λi). Dann gelten:

(1) Jeder Hauptraum Hau(f, λi) ist f -invariant mit Dimension ri,(2) V ist die direkte Summe der Hauptraume von f :

V =k⊕i=1

Hau(f, λi),

(3) Es gibt eine Jordan-Zerlegung f = fN + fD mit fN nilpotent, fD diagonalisierbar undfN ◦ fD = fD ◦ fN .

Korollar. Jeder lineare Endomorphismus f eines endlichdimensionalen C-Vektorraumes V hateine Jordan-Zerlegung f = fD+fN (und die entsprechende Aussage fur komplexe Matrizen gilt).

Beispiel. Sei

A =

(2 −33 −4

)∈ Mat2×2(K).

Page 8: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

8 VICTORIA HOSKINS

Dann χA(t) = (t+ 1)2, also λ := −1 ist ein Eigenwert von A mit µa(A,−1) = 2. Da das charak-teristische Polynom von A in Linearfaktoren zerfallt, hat A (und die entsprechende AbbildungFA : K2 → K2) eine Jordan-Zerlegung. Es gilt

Eig(A,−1) = Span

(11

)( Hau(A,−1) := ker((−I2 −A)2) = ker

(0 00 0

)= K2.

Deshalb haben wir die Jordan-Zerlegung K2 = Hau(A,−1). Ferner gibt es eine nilpotenteMatrix N und eine diagonale Matrix D mit ND = DN , so dass A ∼ D +N (nach Teil (3) desSatzes 1.4). Die Matrix

B := A− (−1I2) =

(3 −33 −3

)ist nilpotent (B ist analog zu der Abbildung gi = f − λiIdV in dem Beweis des Satzes 1.4) unddeshalb gibt es eine geordnete Basis

A =

((11

),

(1−1

))mit MAA (FB) =

(0 60 0

)=: N

Dann gilt

A ∼MAA (FA) = MAA (−1IdK2) +MAA (B) = D +N

mit D = −I2.

1.6. Jordan-Normalform. Fur d ∈ N definieren wir den (nilpotenten) Jordanblock

Jd :=

0 1 0

. . .. . .. . . 1

0 0

∈ Matd×d(K)

und fur λ ∈ K definieren wir den Jordan-Block Jd(λ) = λId + Jd ∈ Matd×d(K).

Definition. Wir sagen eine Matrix A in Jordan-Normalform (JNF) ist, falls A eine block-diagonale Form hat, die aus Jordan-Blocke entsteht, d.h.

A =

Jd1(µ1) 0. . .

0 Jds(µs)

,

wobei µi = µj und di = dj moglich ist. Wir sagen, dass A eine Jordan-Normalform hat,wenn A ahnlich zu einer Matrix in JNF ist. Fur einen Endomorphismus f ∈ EndK(V ) einesendlichdimensionalen K-Vektorraumes V sagen wir, dass f eine Jordan-Normalform hat, wennfur eine geordnete Basis A von V die Matrix MAA (f) eine JNF hat.

[02.05.18]Satz 1.5 (Jordan-Normalform fur nilpotente Endomorphismen). Sei g : V → V ein nilpotenterEndomorphismus eines n-dimensionalen K-Vektorraumes V und d := min{r ∈ N : gr = 0}.Dann gibt es eindeutig bestimmte Zahlen s1, . . . , sd ∈ N mit

d∑k=1

ksk = n

Page 9: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 9

und eine geordnete Basis A von V , so dass MAA (g) in JNF ist:

MAA (g) =

Jd. . .

Jd. . .

. . .

J1. . .

J1

mit sk Kopien von Jk.

Bemerkung. Nach dem Beweis des Satzes 1.5 folgt, dass sd > 0.

Beispiel. Fur die folgende nilpotente Matrix

A =

0 1 10 0 10 0 0

mit A2 =

0 0 10 0 00 0 0

A3 = 0

finden wir eine JNF von A wie folgt. Sei d := min{r ∈ N : Ar = 0} = 3 und fur 0 ≤ i ≤ 3 seiUi := ker(Ai) = {x ∈ K3 : Aix = 0}, dann

{0} = U0 ( U1 = Span(e1) ( U2 = Span(e1, e2) ( U3 = K3.

Wir finden eine Zerlegung K3 = U2 ⊕W3 mit W3 = Span(e3). Es gilt A(W3) = A(Span(e3)) =Span(Ae3) = Span(e1 + e2) ⊂ U2. Wir mussen eine Zerlegung K3 = U1 ⊕W2 ⊕W3 finden mitA(W3) ⊂W2. Aus dim(U1) = dim(W3) = 1 folgt dim(W2) = 1, also W2 = Span(e1 + e2). Dannist W1 = U1 = Span(e1) und

K3 = W1 ⊕W2 ⊕W3 = Span(e1)⊕ Span(e1 + e2)⊕ Span(e3).

Es gilt s3 = dim(W3) = 1 und s2 = dim(W2)−dim(W3) = 0 und s1 = dim(W1)−dim(W2) = 0.

Wir wahlen eine Basis von K3 wie folgt: sei v(3)1 := e3 eine Basis von W3 und wir erweitern

A(v(3)1 ) = Ae3 = e1 + e2 zu einer Basis von W2 (da s2 = 0 haben wir die triviale Erweiterung

mit 0 zusatzlichen Vektoren) und wir erweitern A(e1 + e2) = A2(e3) = e1 zu einer Basis von W1

(wegen s1 = 0 ist diese Erweiterung trivial).

Basis von W3 : v(3)1 = e3

Basis von W2 : A(v(3)1 ) = e1 + e2

Basis von W3 : A2(v(3)1 ) = e1

Fur A = (A2(v(3)1 ), A(v

(3)1 ), v

(3)1 ) = (e1, e1 + e2, e3) ist

MAA (FA) =

0 1 00 0 10 0 0

in Jordan-Normalform. Fur die standard Basis B = (e1, e2, e3) ist MBB (FA) = A und nach demBasiswechselsformel gilt

MAA (FA) = SAS−1 mit S := MBA(IdK3) =

1 −1 00 1 00 0 1

.

Page 10: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

10 VICTORIA HOSKINS

[07.05.18]Satz 1.6. Sei f : V → V ein linearer Endomorphismus eines endlichdimensionalen K-VektorraumesV , so dass das charakteristische Polynom von f

χf (t) =k∏i=1

(t− λi)ri

in Linearfaktoren zerfallt mit λ1, . . . , λk die paarweise verschiedenen Eigenwerte von f . Danngibt es eine Basis A von V , so dass

MAA (f) =

λ1Ir1 +N1 0 · · · 0

0 λ2Ir2 +N2. . .

......

. . . 00 . . . 0 λkIrk +Nk

mit Ni ∈ Matri×ri(K) nilpotente Matrizen in Jordan-Normalform. Insbesondere ist MAA (f) inJNF, also hat f eine JNF.

Lemma.

(1) Zwei Jordan-Blocke Jr(λ) und Js(µ) sind genau dann ahnlich, wenn r = s und λ = µ.(2) Zwei Matrizen in JNF A und B sind genau dann ahnlich, wenn sie die gleiche Anzahl

von jedem Jordan-Block Jr(λ) haben.

[09.05.18]Satz 1.7. Die Jordan-Normalform eines Endomorphismus f eines endlichdimensionalen K-Vektorraumes mit einem charakteristischen Polynom, das in Linearfaktoren zerfallt, ist bis aufdie Reihenfolge der Jordan-Blocke eindeutig durch f bestimmt, d.h. unabhangig von der Wahlder Basis.

Korollar. Jede komplexe Matrix hat eine JNF, d.h. in der Ahnlichkeitsklasse der komplexenMatrix gibt es eine Matrix in JNF. Ferner klassifiziert die Jordan-Normalform (bis auf dieReihenfolge der Jordan-Blocke) alle komplexen Matrizen bis auf Ahnlichkeit, d.h. in jeder Ahn-lichkeitsklasse einer komplexen Matrix gibt es genau eine Matrix in JNF (bis auf die Reihenfolgeder Jordan-Blocke).

Beispiel. Sei A eine Matrix mit dem charakteristischen Polynom χA(t) = (t − 5)(t − 3)2. Mitnur diesen Informationen konnen wir die mogliche JNF wie folgt bestimmen. Die Eigenwertesind λ1 = 5 und λ2 = 3 und es gilt fur jeder Eigenwert λi von A:

dimK(Hau(A, λi)) = µa(A, λi) ≥ µg(A, λi) ≥ 1.

Wegen µa(A, 5) = 1, folgt µg(A, 5) = 1 und wegen µa(A, 3) = 2, folgt µg(A, 3) = 1 oderµg(A, 3) = 2. Um die JNF zu berechnen, betrachen wir die nilpotente Abbildungen

gi := (FA − λiId)|Hau(A,λi) : Hau(A, λi)→ Hau(A, λi)

und wenn di := min{r ∈ N : gri ≡ 0}, gibt es Zahlen s(i)1 , . . . , s

(i)di∈ N, die eindeutig durch gi

definiert wird, mit

(1)

di∑j=1

js(i)j = µa(A, λi)

(Satz 1.5). Ferner gilt

(2) 0 < di ≤ dimK(Hau(A, λi)) = µa(A, λi).

Dann hat die JNF von A den Jordan-Block Jj(λi) mit der Vielfalt s(i)j .

Fur λ1 = 5 folgt es, dass d1 = 1 nach (2) und s(1)1 = 1 nach (1). Dann die JNF von g1 hat

1 = s(1)1 Jordan-Block J1 und die JNF von A hat 1 = s

(1)1 Jordan-Block J1(5).

Page 11: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 11

Fur λ2 = 3 folgt es, dass d2 = 1 oder d2 = 2 nach (2). Wenn d2 = 1, dann ist s(2)1 = 2 nach

(1) und g2 hat 2 = s(2)1 Jordan-Blocke J1 und A hat 2 = s

(2)1 Jordan-Blocke J1(3). Wenn d2 = 2

gibt es Zahlen s(2)1 , s

(2)2 ∈ N mit 1s

(2)1 + 2s

(2)2 = µa(A, λ2) = 2 und wegen s

(i)di

> 0 (siehe die

Bemerkung nach dem Satz 1.5) haben wir s(2)1 = 0 und s

(2)2 = 1. In diesem Fall hat g2 einen (da

s(2)2 = 1) Jordan-Block J2 und A hat 1 = s

(2)2 Jordan-Block J2(3).

Abschließend gibt es zwei Moglichkeiten:

a) Wenn (d1 = 1, s(1)1 = 1) und (d2 = 1, s

(2)1 = 2), ist die JNF von A 5 0 00 3 00 0 3

und das Minimalpolynom von A ist mA(t) = (t− 5)(t− 3).

b) Wenn (d1 = 1, s(1)1 = 1) und (d2 = 2, s

(2)1 = 0, s

(2)2 = 2), ist die JNF von A 5 0 0

0 3 10 0 3

und das Minimalpolynom von A ist mA(t) = (t− 5)(t− 3)2.

Definition. Eine Funktion j : Matn×n(K) → X (fur eine Menge X) heißt Invariant fur Ma- [14.05.18]trizen (bis auf Ahnlichkeit), falls j konstant auf jeder Ahnlichkeitsklasse ist, so dass, es eineinduziierte Abbildung gibt

j : Matn×n(K)/∼ → X.

Beispiel. Die folgenden Funktionen sind Invarianten fur Matrizen (bis auf Ahnlichkeit):

(1) das charakteristische Polynom χ : Matn×n(K)→ K[t],(2) das Minimalpolynom m : Matn×n(K)→ K[t],(3) die Determinante det : Matn×n(K)→ K,(4) die Spurabbildung Spur : Matn×n(K)→ K,(5) der Rang einer Matrix Rang : Matn×n(K)→ N,(6) die Menge der Eigenwerte Eig : Matn×n(K)→ {endliche Teilmenge von K},(7) die algebraische (bzw. geometrische) Vielfachheiten von λ ∈ K:

µa(−, λ) : Matn×n(K)→ N (bzw. µg(−, λ) : Matn×n(K)→ N).

(8) (falls K algebraisch abgeschlossen ist, so dass jede Matrix eine JNF hat) die Anzahlsk(λ) : Matn×n(K)→ N von jedem Jordan-Block Jk(λ) in einer JNF einer Matrix.

2. Bilinearformen und quadratische Formen

2.1. Bilinearformen. Seien V , W und U Vektorraume uber einen Korper K. Zur Erinnerung:eine Abbildung f : V →W heißt K-linear (oder linear), wenn fur alle v, v′ ∈ V und λ ∈ K gilt

f(v + v′) = f(v) + f(v′) und f(λ · v) = λ · f(v),

oder, aquivalent, fur alle v, v′ ∈ V und µ, λ ∈ K gilt

f(µv + λv′) = µf(v) + λf(v′).

Definition.

(1) Eine Abbildung f : V ×W → U heißt bilinear6, wenn fur alle Vektoren v, v′ ∈ V undw,w′ ∈W und Elemente µ, λ ∈ K gilt

i) f(µv + λv′, w) = µf(v, w) + λf(v′, w),ii) f(v, µw + λw′) = µf(v, w) + λf(v, w′).

6Man kann diese Definition erweitern: wenn V1, · · · , Vn und W K-Vektorraume sind, heißt eine Abbildungf : V1 × V2 × · · · × Vn → W multilinear, wenn f in jeder Komponente linear ist, d.h. fur alle 1 ≤ i ≤ n und furalle vj ∈ Vj fur j 6= i ist die Abbildung Vi →W , die durch vi 7→ f(v1, · · · , vn) definiert wird, linear.

Page 12: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

12 VICTORIA HOSKINS

(2) Eine bilineare Paarung zwischen V und W ist eine bilineare Abbildung f : V ×W → K.(3) Eine Bilinearform (BLF) auf V ist eine bilinear Abbildung b : V × V → K. Wenn

dimK V = n ∈ N und A = (v1, · · · , vn) eine geordnete Basis von V ist, dann nennenwir die Matrix B := (b(vi, vj))1≤i,j≤n ∈ Matn×n(K) die Matrix zu der Bilinearform bbezuglich der Basis A und wir schreiben B = b(A,A). Die Menge der Bilinearformenauf V wird mit BilK(V ) bezeichnet.

Beispiel.

(1) Die Abbildung b : K2 ×K2 → K, die durch

b

((x1x2

),

(y1y2

)):= x1y2 − x2y1

definiert wird, ist bilinear. Fur die geordnete Basis (e1, e2) von K2 ist die zugehorigeMatrix

B =

(0 1−1 0

).

(2) Die kanonische Bilinearform auf Kn ist die Abbildung b : Kn ×Kn → K

b(x, y) =n∑i=1

xiyi

und die zugehorige Matrix fur die geordnete Standardbasis A = (e1, . . . , en) von Kn istdie Einheitsmatrix: In = b(A,A).

(3) Fur jeder K-Vektorraum V mit dem Dualraum V ∗ := HomK(V,K) ist die Abbildungb : V ∗ × V → K

b(ϕ, v) := ϕ(v)

eine bilineare Paarung zwischen V ∗ und V .

Bemerkung. Sei V ein K-Vektorraum der endlichen Dimension n und A = (v1, · · · , vn) einegeordnete Basis von V . Dann gibt es genau einen linearen Isomorphismus ΦA : V → Kn mitΦA(vi) = ei fur 1 ≤ i ≤ n [LAI, Satz 4.4].

(1) Wenn b : V × V → K eine Bilinearform ist und B die Matrix zu b bzgl. der Basis A ist,dann gilt fur alle v, v′ ∈ V

b(v, v′) = ΦA(v)t B ΦA(v′).

(2) Umgekehrt definiert B ∈ Matn×n(K) eine Bilinearform bAB auf V durch

bAB(v, v′) := ΦA(v)t B ΦA(v′)

und die zugehorige Matrix dieser Bilinearform bAB bzgl. der Basis A ist wieder B.

Bemerkung. Man kann Bilinearformen auf V punktweise addieren: fur Bilinearformen b1, b2 :V × V → K definieren wir b1 + b2 : V × V → K durch

(b1 + b2)(v, v′) := b1(v, v

′) + b2(v, v′),

und b1 + b2 ist auch bilinear. Man kann auch eine Bilinearform b : V ×V → K mit einem Skalarλ ∈ K multiplizieren, um eine neue Bilinearform λ · b : V × V → K zu definieren

(λ · b)(v, v′) := λ · b(v, v′).

Deshalb ist die Menge der Bilinearformen auf V ein Untervektorraum des K-VektorraumesAbb(V × V,K) der Abbildungen von V × V nach K.

Page 13: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 13

Satz 2.1. Sei V ein K-Vektorraum der endlichen Dimension n und A = (v1, · · · , vn) einegeordnete Basis von V . Die Abbildung

ΨA : BilK(V )→ Matn×n(K),

die zu jeder Bilinearform b die zugehorige Matrix B = b(A,A) bzgl. der Basis A zuordnet, istein linearer Isomorphismus.

[16.05.18]Satz 2.2 (Basiswechsel). Seien A,B geordnete Basen eines endlichdimensionalen K-VektorraumesV . Dann gilt fur eine Bilinearform b auf V

b(B,B) = MBA(IdV )t b(A,A)MBA(IdV )

wobei MBA(IdV ) die Basiswechselmatrix fur die Identitat auf V ist.

Definition. Zwei Matrizen A,B ∈ Matn×n(K) heißen kongruent, wenn es eine Matrix S ∈GLn(K) gibt mit A = StBS. Schreibweise: A ≈ B.

Ubung. Die Relation der Kongruenz auf Matn×n(K) ist eine Aquivalenzrelation. Fur eineBilinearform b auf einem K-Vektorraum der Dimension n sind alle die Matrizen b(A,A) furverschiedene geordnete Basen A von V kongruent (nach der Basiswechsel-Formel).

Bemerkung. Wenn b : V × V → K eine Bilinearform auf V ist, konnen wir eine Abbildungfb : V → V ∗ durch

fb(v) := b(−, v) : V → K

definieren. Wegen der Linearitat von b im ersten Argument ist fb wohldefiniert. Wegen derLinearitat von b im zweiten Argument ist fb linear.

Wenn dimK(V ) = n und A = (v1, . . . , vn) eine geordnete Basis von V ist, konnen wir diezugehorige Matrix C := MAA∗(fb) ∈ Matn×n(K) betrachten (wobei A∗ die duale Basis ist). Esgilt

fb(vj) =

n∑i=1

cijv∗i

und deshalb folgt es, dass

b(vk, vj) =: fb(vj)(vk) =

n∑i=1

cijv∗i (vk) = ckj

d.h. MAA∗(fb) ist die Matrix b(A,A) zu b bzgl. A.

Satz 2.3. Sei V ein endlichdimensionalen K-Vektorraum. Dann ist die Abbildung

BilK(V ) → HomK(V, V ∗)b 7→ fb : V → V ∗

ein linearer Isomorphismus.

2.2. Symmetrische Formen. Zur Erinnerung: eine Matrix A ∈ Matn×n(K) heißt symme-

trisch, wenn At = A. Sei MatSymn×n(K) die Teilmenge von Matn×n(K), die symmetrische Matrizenenthalt.

Definition. Eine Bilinearform b auf einem K-Vektorraum V heißt

(1) symmetrisch, wenn b(v, v′) = b(v′, v) fur alle v, v′ ∈ V . Die Menge aller symmetrischenBilinearformen auf V bildet ein Untervektorraum Bilsym(V ) von Bil(V ).

(2) antisymmetrisch, wenn b(v, v′) = −b(v′, v) fur alle v, v′ ∈ V .

Eine Matrix A ∈ Matn×n(K) heißt antisymmetrisch, wenn At = −A.

Page 14: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

14 VICTORIA HOSKINS

Bemerkung.

(1) Die Menge Bilsym(V ) (bzw. Bila-sym(V )) aller symmetrischen (bzw. antisymmetrischen)Bilinearformen ist ein Untervektorraum von Bil(V ). Ebenso ist die Menge Matsymn×n(K)(bzw. Mata-symn×n (K)) aller symmetrischen (bzw. antisymmetrischen) ein Untervektorraumvon Matn×n(K).

(2) Wenn 2 := 1 + 1 = 0 in K stimmen die Begriffe symmetrische und antisymmetrischuberein.

(3) Wenn 2 6= 0 in K (so dass 2 ∈ K invertierbar ist), dann gilt

Matn×n(K) = Matsymn×n(K)⊕Mata-symn×n (K),

weil eine n× n-Matrix A die Form A = 12(A+At) + 1

2(A−At) hat.

Lemma. Sei b eine Bilinearform auf einem K-Vektorraum V der Dimension n. Die zugehorigeMatrix B = b(A,A) bzgl. einer geordneten Basis A von V ist genau dann symmetrisch (bzw.antisymmetrisch), wenn b symmetrisch (bzw. antisymmetrisch) ist. Ferner gibt es einen linearenIsomorphismus

Bilsym(V ) → Matsymn×n(K)b 7→ b(A,A)

.

Beispiel. Die kanonische Bilinearform b : Kn ×Kn → K

b(x, y) =

n∑i=1

xiyi

ist symmetrisch.

Definition. Eine Bilinearform b auf einem K-Vektorraum V heißt alternierend, wenn b(v, v) = 0fur alle v ∈ V .

Lemma. Sei b : V × V → K eine Bilinearform.

(1) Wenn b alternierend ist, dann ist b antisymmetrisch.(2) Wenn 2 6= 0 ∈ K und b antisymmetrisch ist, dann ist b alternierend.

[23.05.18]2.3. Orthogonalitat und nicht ausgeartete Formen.

Definition. Sei b : V × V → K eine Bilinearform auf einem K-Vektorraum V . Wir sagen, dassv ∈ V orthogonal zu w ∈ V ist (bzgl. b), wenn b(v, w) = 0 und wir schreiben v ⊥ w. Fur eineTeilmenge M ⊂ V definieren wir die Menge M⊥ aller Vektoren, die rechtsorthogonal auf Mbzgl. b sind

M⊥ := {v ∈ V : b(m, v) = 0 ∀m ∈M}und die Menge ⊥M aller Vektoren, die linksorthogonal auf M bzgl. b sind

⊥M := {v ∈ V : b(v,m) = 0 ∀m ∈M}.

Die Menge M⊥ (bzw. ⊥M) heißt Rechtsorthogonalraum (bzw. Linksorthogonalraum) von M inV .

Bemerkung. Wenn b symmetrisch oder alternierend ist, dann gilt v ⊥ w ⇐⇒ w ⊥ v. Insbe-sondere ist M⊥ = ⊥M fur alle M ⊂ V .

Beispiel. Fur die kanonische Bilinearform auf K3 und M = {e1, e2} gilt

M⊥ :=

x =

x1x2x3

: b(e1, x) = b(e2, x) = 0

= Span(e3) = ⊥M.

Page 15: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 15

Lemma. Sei b : V × V → K eine Bilinearform auf einem K-Vektorraum V und M ⊂ V eineTeilmenge. Dann sind M⊥ und ⊥M Untervektorraume von V .

Definition. Eine Bilinearform b auf einem K-Vektorraum V heißt nicht ausgeartet, wenn furalle v ∈ V gelten die folgende Aussagen:

(1) b(v′, v) = 0 fur alle v′ ∈ V =⇒ v = 0 (d.h. V ⊥ = {0V }),(2) b(v, v′) = 0 fur alle v′ ∈ V =⇒ v = 0 (d.h. ⊥V = {0V }).

Sonst sagen wir, dass b ausgeartet ist.

Beispiel.

(1) Die kanonische Bilinearform auf Kn

b(x, y) =n∑i=1

xiyi

ist nicht ausgeartet: aus b(x, y) = 0 fur alle y ∈ Kn folgt x = 0, da b(x, ei) = xi, undaus b(x, y) = 0 fur alle x ∈ Kn folgt y = 0.

(2) Sei b : K2 ×K2 → K die Bilinearform

b

((x1x2

),

(y1y2

)):= x1y1 + x2y1

mit zugehorigen Matrix

b(A,A) =

(1 01 0

)bzgl. der Standardbasis A = (e1, e2). Diese Bilinearform ist nicht symmetrisch und furM = {e2} gilt M⊥ 6= ⊥M :

b

((01

),

(y1y2

))= y1 so dass M⊥ =

{(y1y2

)∈ K2 : y1 = 0

}und

b

((x1x2

),

(01

))= 0 so dass ⊥M = K2.

Diese Bilinearform b ist ausgeartet, weil

(K2)⊥ =

{(y1y2

)∈ K2 : y1 = 0

}6= {0V }.

Zur Erinnerung: fur einen K-Vektorraum V und eine Bilinearform b : V × V → K gibt eseine lineare Abbildung fb : V → V ∗ mit

fb(v) := b(−, v) : V → K

und wenn A = (v1, . . . , vn) eine geordnete Basis von V ist, gilt MAA∗(fb) = b(A,A).

Satz 2.4. Sei b : V ×V → K eine Bilinearform auf einem endlichdimensionalen K-VektorraumV mit einer geordneten Basis A. Dann sind die folgenden Bedingungen aquivalent:

(1) b ist nicht ausgeartet,(2) V ⊥ = {0V },(3) ⊥V = {0V },(4) die zugehorige Matrix B = b(A,A) ist invertierbar,(5) die lineare Abbildung fb : V → V ∗, die durch v 7→ b(−, v) definiert wird, ist ein Isomor-

phismus.

Page 16: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

16 VICTORIA HOSKINS

Beispiel. Die Einschrankung einer nicht ausgearteten Bilinearform kann ausgeartet sein: furV = K2 und die Bilinearform

b(x, y) := x1y2 + x2y1,

ist b|U×U ≡ 0 fur U := Span(e1) ⊂ V . Insbesondere ist b nicht ausgeartet, aber b|U×U ist aus-geartet.

Definition. Sei U ein Untervektorraum eines K-Vektorraumes V . Dann definieren wir denAnnullator von U

Ann(U, V ∗) := {ϕ ∈ V ∗ : ϕ(u) = 0V ∀ u ∈ U} ⊂ V ∗.

Fur W ⊂ V ∗, definieren wir Ann(W, (V ∗)∗) ⊂ (V ∗)∗ wie oben und

Ann(W,V ) := {v ∈ V : ϕ(v) = 0V ∀ ϕ ∈W} ⊂ V.

Bemerkung. Sei V ein K-Vektorraum und U ⊂ V und W ⊂ V ∗ Untervektorraume.

(1) Der Annullator Ann(U, V ∗) ist ein Untervektorraum von V ∗.(2) Wenn V endlichdimensional ist, wir behaupten dass

dimK(Ann(U, V ∗)) = dimK(V )− dimK(U).

Seien {u1, · · · , ur} eine Basis von U und B = {u1, · · · , ur, v1, · · · , vs} eine Basis von V ,dann sind die Linearformen v∗i ∈ Ann(U, V ∗) ⊂ V ∗ fur 1 ≤ i ≤ s linear unabhangig. Esgilt

Span(v∗1, . . . , v∗s) = Ann(U, V ∗),

da ‘⊂’ klar ist, und jede Abbildung ϕ ∈ Ann(U, V ∗) ⊂ V ∗ als eine Linearkombinationder Basisvektoren B∗ geschrieben werden kann:

ϕ = λ1u∗1 + · · ·+ λru

∗r + µ1v

∗1 + · · ·+ µsv

∗s

mit λi = ϕ(ui) = 0K fur 1 ≤ i ≤ r. Daher ist {v∗1, . . . , v∗s} eine Basis von Ann(U, V ∗).(3) Wenn V endlichdimensional ist, haben wir einen linearen Isomorphismus

Φ : V → (V ∗)∗

v 7→ Φv : V ∗ → K,

wobei Φv(ϕ) := ϕ(v). Dann gilt Φ(Ann(W,V )) = Ann(W, (V ∗)∗).

Satz 2.5. Sei b : V ×V → K eine Bilinearform auf einem endlichdimensionalen K-VektorraumV und U ein Untervektorraum von V . Dann gilt

dim(U) + dim(⊥U) = dim(V ) + dim(U ∩ V ⊥).

und

dim(U) + dim(U⊥) = dim(V ) + dim(U ∩ ⊥V ).

Korollar. Sei b : V × V → K eine nicht ausgeartete Bilinearform auf einem endlichdimensio-[28.05.18]nalen K-Vektorraum V . Fur einen Untervektorraum U ⊂ V gilt

dim(V ) = dim(U) + dim(⊥U) = dim(U) + dim(U⊥).

Ferner haben wir U = ⊥(U⊥) = (⊥U)⊥.

Korollar. Sei b : V ×V → K eine Bilinearform auf einem endlichdimensionalen K-VektorraumV . Fur einen Untervektorraum U ⊂ V ist aquivalent:

(1) b|U×U ist nicht ausgeartet,(2) V = U ⊕ U⊥.

Page 17: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 17

Ubung. Sei K ein Korper mit 1 + 1 6= 0 und V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum. Furjede antisymmetrische Bilinearform b : V ×V → K beweisen Sie (durch Induktion nach dim(V )),dass es eine Basis A von V gibt mit

b(A,A) =

0 0 . . . 0

0. . .

. . .. . . 0

. . ....

.... . . S

. . .. . .

. . . 00 . . . 0 S

fur S =

(0 1−1 0

).

Was ist eine notwendige Bedingung fur V eine nicht ausgeartete antisymmetrische Bilinearformzu haben?

2.4. Quadratische Formen.

Definition. Ein Polynom in n Variablen t1, · · · , tn uber K ist ein formaler Ausdruck P derForm

P (t1, . . . , tn) =∑

I=(i1,...,in)∈Nn

aIti11 t

i22 · · · t

inn

mit Koeffizienten aI ∈ K, so dass nur endliche viele Koeffizienten aI ungleich Null sind. DerGrad eines nicht-Null Polynoms P ist

grad(P ) := max{i1 + · · ·+ in : aI 6= 0}.

Ein Polynom P heißt homogen vom Grad d, wenn fur alle I = (i1, . . . , in) ∈ Nn gilt

aI 6= 0 =⇒ i1 + · · ·+ in = d.

Insbesondere ist das Nullpolynom homogen von jedem Grad d. Die Menge aller Polynome in nVariablen t1, . . . , tn uber K wird mit K[t1, . . . , tn] bezeichnet; diese Menge ist eine Teilmenge derMenge Abb(Kn,K). Die Menge K[t1, . . . , tn] mit der Addition und Multiplikation von Polynomebildet einen Ring und ist auch ein K-Vektorraum. Die Teilmenge K[t1, . . . , tn]d ⊂ k[t1, . . . , tn]von allen homogenen Polynome des Grads d ist ein endlichdimensionalen Untervektorraum.

Ubung. Ein Polynom P (t1, · · · , tn) in n Variablen uber K ist homogen vom Grad d genaudann, wenn fur alle λ ∈ K gilt

P (λ · t1, . . . , λ · tn) = λdP (t1, . . . , tn).

Definition. Eine quadratische Form auf V ist eine Abbildung q : V → K mit den folgendenEigenschaften:

(1) q(λ · v) = λ2 · q(v) fur alle λ ∈ K und v ∈ V ,(2) Die Abbildung βq : V × V → K

βq(v, v′) := q(v + v′)− q(v)− q(v′)

ist eine Bilinearform auf V . (Wir nennen βq die zu q assoziierte Bilinearform).

Die quadratische Form q heißt nicht ausgeartet, falls βq nicht ausgeartet ist. Die Menge allerquadratischen Formen auf V wird mit QFK(V ) bezeichnet.

Bemerkung. Insbesondere, wenn q 6≡ 0 ist q nicht linear nach (1). Die assoziierte Bilinearformβq ist symmetrisch. Ferner ist die Teilmenge QFK(V ) ⊂ Abb(V,K) ein Untervektorraum.

Satz 2.6. Sei A = (v1, · · · , vn) eine geordnete Basis eines K-Vektorraumes V . Fur eine Abbil-dung q : V → K definieren wir eine Abbildung fAq : Kn → K durch

fAq (x1, . . . , xn) := q(x1 · v1 + · · ·+ xn · vn).

Page 18: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

18 VICTORIA HOSKINS

Die Abbildung q ist genau dann eine quadratische Form, wenn fAq ein homogenes Polynom vomGrad 2 ist.

Bemerkung. Sei V ein K-Vektorraum.

(1) Wenn b eine Bilinearform auf V ist, dann ist qb(v) := b(v, v) eine quadratische Form vonV mit βqb(v, v

′) = b(v, v′) + b(v′, v). Wenn A eine geordnete Basis von V ist, gilt

βqb(A,A) = b(A,A) + b(A,A)t.

(2) Wenn b ist eine symmetrische Bilinearform auf V , gilt

2b(v, v′) = b(v + v′, v + v′)− b(v, v)− b(v′, v′).Die folgende ‘Polarisierungs-Identitat’ folgt fur die quadratische Form qb(v) := b(v, v)

2b(v, v′) = qb(v + v′)− qb(v)− qb(v′)Insbesondere gilt fur die zugehorige Bilinearform βqb zu qb die Gleichung 2b = βqb .

(3) Falls 2 := 1 + 1 6= 0 ∈ K und b eine symmetrische Bilinearform auf V ist, dann konnenwir b aus der quadratischen Form qb(v) := b(v, v) zuruckgewinnen durch die Formelb = 1

2βqb .

Beispiel. Fur die kanonische symmetrische Bilinearform b auf Kn ist qb(x1, . . . , xn) =∑n

i=1 x2i .

Definition. Die Charakteristik eines Korpers K ist[30.05.18]

Char(K) :=

{0 falls n := 1 + · · ·+ 1 6= 0 ∈ K ∀n ∈ N∗,min{n ∈ N∗ : n = 0 ∈ K} sonst.

Ubung. Die Charakteristik eines Korpers ist entweder Null oder eine Primzahl.

Beispiel.

(1) Char(Q) = Char(R) = Char(C) = 0.(2) Char(Fp) = p fur eine Primzahl p.

Satz 2.7. Sei K ein Korper mit Char(K) 6= 2 und V ein K-Vektorraum. Dann gibt es einenlinearen Isomorphismus

BilsymK (V ) → QFK(V )b 7→ qb

mit qb(v) := b(v, v).

Bemerkung. Wenn dimK(V ) = n ∈ N und Char(K) 6= 2, dann gibt es Bijektionen

Matsymn×n(K) ∼= BilsymK (V ) ∼= QFK(V ).

Wenn q(x) =∑

1≤i≤j≤n aijxixj eine quadratische Form auf Kn ist, dann ist die zugehorige

symmetrische Matrix C = (cij) mit

cij =

aij/2 i < jaii i = jaji/2 i > j,

da 12βq(ei, ej) = cij , so dass 1

2βq(B,B) = C fur B = (e1, . . . , en).

Definition. Sei b eine symmetrische Bilinearform auf einem K-Vektorraum V . Eine Orthogo-nalbasis von V bzgl. b ist eine Basis A von V mit b(vi, vj) = 0 fur alle vi 6= vj ∈ A (d.h. vi ⊥ vj).

Bemerkung. Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und A eine geordnete Basis vonV . Die Basis A ist genau dann orthogonal bzgl. einer Bilinearform b auf V , wenn die zugehorigeMatrix b(A,A) diagonal ist.

Page 19: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 19

Beispiel. Fur die kanonische Bilinearform auf Kn

b(x, y) :=

n∑i=1

xiyi

ist die Standardbasis eine Orthogonalbasis.

Satz 2.8. Sei K ein Korper mit Char(K) 6= 2 und b eine symmetrische Bilinearform auf einemendlichdimensionalen K-Vektorraum V . Dann gibt es eine Orthogonalbasis von V bzgl. b.

Korollar. Wenn Char(K) 6= 2, ist jede symmetrische Matrix A ∈ MatSymn×n(K) kongruent zueiner Diagonalmatrix, d.h. es gibt S ∈ GLn(K) mit SASt = D, eine Diagonalmatrix.

Korollar. Wenn K = C und b eine symmetrische Bilinearform auf einem C-Vektorraum V derDimension n ∈ N ist, dann gibt es 0 ≤ r ≤ n und eine geordnete Basis A von V so dass dieMatrix B = b(A,A) zu b die folgende Form hat

B =

(Ir 00 0

).

Korollar.(Tragheitssatz von Sylvester - Version I). Sei K = R und b eine symmetrische Biline-arform auf einem R-Vektorraum V der Dimension n. Dann gibt es r, s ∈ N mit r + s ≤ n undeine geordnete Basis A von V so, dass die zu b gehorige Matrix B = b(A,A) die folgende Formhat

B =

Ir 0 00 −Is 00 0 0

.

Korollar. SeiK ein Korper mit Char(K) 6= 2. Jedes homogene quadratische Polynom q(x1, . . . , xn) =∑1≤i≤j≤n aijxixj in n Variablen x1, . . . , xn lasst sich schreiben in der Form

q(x) =∑

1≤i,j≤ndi · (bi1x1 + · · ·+ binxn)2

mit bij und di ∈ K.

Bemerkung. Aus diesem Korollar folgt:

(1) Fur jede quadratische Form q auf einem C-Vektorraum der Dimension n gibt es 0 ≤r ≤ n und eine geeignete Basis A von V , so dass das zugehorige homogene quadratischePolynom fAq (siehe Satz 2.6) die folgende Form hat

fAq (t1, . . . , tn) = t21 + · · ·+ t2r .

(2) Fur jede quadratische Form q auf einem R-Vektorraum der Dimension n gibt es r, s ∈ Nmit r + s ≤ n und eine geeignete Basis A von V , so dass das zugehorige homogenequadratische Polynom fAq die folgende Form hat

fAq (t1, . . . , tn) = t21 + · · ·+ t2r − t2r+1 − · · · − t2r+s.

3. Euklidische und unitare Vektorraume[04.06.18]

3.1. Euklidische Vektorraume. In diesem Abschnitt sei K = R. Der Korper R ist angeord-net, d.h. es gibt eine Ordnung ≤ auf R. Ferner gibt es einen Betrag auf R, der eine Abbildung| − | : R→ R≥0 := {x ∈ R : x ≥ 0} ist.

Definition. Sei V ein R-Vektorraum.

(1) Eine symmetrische Bilinearform b : V × V → R heißt positiv semi-definit (bzw. positivdefinit), falls b(v, v) ≥ 0 (bzw. b(v, v) > 0) fur alle v ∈ V \{0V }.

Page 20: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

20 VICTORIA HOSKINS

(2) Eine symmetrische Bilinearform b auf V heißt negativ (semi-)definit, wenn −b positiv(semi-)definit ist.

(3) Eine symmetrische Matrix A ∈ MatSymn×n(R) heißt positiv semi-definit, wenn xtAx ≥ 0 furalle x ∈ Rn\{0} ist. Ebenso kann man die Definitionen fur positiv semi-definit, negativdefinit, und negativ semi-definit formulieren.

(4) Ein Skalarprodukt auf V ist eine positiv definite symmetrische Bilinearform 〈−,−〉 :V × V → R auf V .

(5) Ein euklidischer Vektorraum (V, 〈−,−〉) ist ein endlichdimensionaler R-Vektorraum Vmit einem Skalarprodukt 〈−,−〉 : V × V → R.

Bemerkung.

(1) Wenn V ein endlichdimensionaler R-Vektorraum ist und A eine geordnete Basis von Vist, dann gilt fur eine symmetrische Bilinearform b auf V :

b ist positiv definit ⇐⇒ b(A,A) ist positiv definit.

(2) Nach dem Tragheitssatz von Sylvester (Version I) gibt es zu jeder symmetrische Biline-arform b auf einem R-Vektorraum V der Dimension n naturliche Zahlen r, s mit r+s ≤ nund eine geordnete Basis A von V so, dass

B = b(A,A) =

Ir 0 00 −Is 00 0 0

.

Die Bilinearform b ist genau dann positiv semi-definit, wenn s = 0. Die symmetrischeBilinearform b ist ein Skalarprodukt (d.h. positiv definit), wenn s = 0 und r = n. Ins-besondere ist ein Skalarprodukt 〈−,−〉 auf V nicht ausgeartet nach dem Satz 2.4. DieBilinearform ist negativ definit, wenn r = 0 und s = n.

Beispiel. Das Standardskalarprodukt auf Rn ist

〈−,−〉 : Rn × Rn → R(x, y) 7→ 〈x, y〉 :=

∑ni=1 xiyi.

Dann ist En := (Rn, 〈−,−〉) der standard euklidische Vektorraum (der Dimension n).

Lemma. Eine symmetrische Matrix A ∈ MatSymn×n(R) ist genau dann positiv definit, wenn Akongruent zu der Einheitsmatrix In ist.

Satz 3.1 (Tragheitssatz von Sylvester). Sei 〈−,−〉 eine symmetrische Bilinearform auf einemendlichdimensionalen R-Vektorraum V . Dann gibt es eine Zerlegung V = V+⊕V−⊕V0 mit denfolgenden Eigenschaften.

(1) V0, V+ und V− sind paarweise orthogonal bezuglich < −,− > ,(2) b|V0×V0 ≡ 0,(3) b|V+×V+ ist positiv definit,(4) b|V−×V− ist negativ definit.

Ferner sind V0, dimR(V+) und dimR(V−) eindeutig bestimmt.

Definition.

(1) Die Signatur einer symmetrische Bilinearform b auf einem endlichdimensionalen R-Vektorraum V ist

sign(b) := dim(V+)− dim(V−),

wobei V = V+ ⊕ V− ⊕ V0 eine Zerlegung wie in dem Tragheitssatz von Sylvester ist.(2) Die Signatur einer symmetrische Matrix A ∈ Matn×n(R) ist die Signatur der zugehori-

gen symmetrische Bilinearform bA.

Page 21: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 21

Bemerkung. Fur zwei symmetrische Matrizen A,B ∈ Matn×n(R) gilt

A und B sind kongruent ⇐⇒ Rang(A) = Rang(B) und sign(A) = sign(B).

Definition.Sei (V, 〈−,−〉) ein euklidischer Vektorraum.

(1) f ∈ EndR(V ) heißt orthogonal (bzgl. 〈−,−〉), wenn fur alle v, w ∈ V gilt

〈f(v), f(w)〉 = 〈v, w〉.Wir schreiben O(V ) := {f ∈ EndK(V ) : f ist orthogonal}.

(2) Eine Matrix A ∈ Matn×n(R) mit AtA = In heißt orthogonal7. Wir schreiben O(n) furdie Menge aller orthogonalen n× n-Matrizen.

Bemerkung.

(1) Jede Matrix A ∈ O(n) ist invertierbar mit A−1 = At, also gilt O(n) ⊂ GLn. Tatsachlichist diese Teilmenge eine Untergruppe: es gilt In ∈ O(n) und aus A ∈ O(n) folgt A−1 ∈O(n). Wir nennen O(n) die orthogonale Gruppe.

(2) Fur A ∈ Matn×n(R) definieren wir eine lineare Abbildung FA : Rn → Rn durch FA(x) =Ax fur einen Spaltenvektor x ∈ Rn. Dann gilt fur das Standardskalarprodukt 〈−,−〉 aufRn

〈FA(x), FA(y)〉 = 〈Ax,Ay〉 = (Ax)tAy = xtAtAy.

Insbesondere ist A genau dann orthogonal, wenn FA orthogonal bzgl. des Standardska-larprodukt 〈−,−〉 auf Rn ist.

Beispiel.

(1) Sei λ ∈ R und V ein euklidischer Vektorraum. Dann ist f = λ · IdV genau dann ortho-gonal, wenn λ = ±1.

(2) Eine Drehung Dθ : R2 → R2 um 0 ∈ R2 mit Winkel θ ist orthogonal bzgl. des Stan-dardskalarprodukt 〈−,−〉 auf Rn, weil

Aθ = MBB (Dθ) =

(cos θ sin θ− sin θ cos θ

)mit B = (e1, e2) orthogonal ist:

AtθAθ =

(cos θ − sin θsin θ cos θ

)(cos θ sin θ− sin θ cos θ

)=

(1 00 1

).

(3) Eine Spieglung Sx : R2 → R2 in der x-Achse ist orthogonal, weil

A = MBB (Sx) =

(1 00 −1

)orthogonal ist. Tatsachlich ist die Spieglung durch jede Gerade L durch 0 ∈ R2 ortho-gonal.

Bemerkung. Fur einen euklidischen Vektorraum V und orthogonale Endomorphismen f, g ∈EndR(V ) gilt

(1) f ◦ g ist orthogonal,(2) ker(f) = {0V }. Wegen dimR(V ) <∞, ist f bijektiv und ferner ist f−1 orthogonal.(3) Die Menge O(V ) ist eine Untergruppe von AutR(V ) ⊂ EndR(V ).(4) Fur einen Eigenwert λ ∈ R von f gilt λ = ±1.

Beispiel.

(1) O(1) = {±1}.7In diesem Fall ist A invertierbar mit A−1 = At

Page 22: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

22 VICTORIA HOSKINS

(2) Fur n = 2: wenn eine Matrix

A =

(a bc d

)orthogonal ist, gilt a2 + c2 = b2 + d2 = 1 und ab + cd = 0. Seien α := a + ic undβ := b + id ∈ C, dann gilt |α| = |β| = 1 und Re(αβ) = 0. Es folgt, dass |αβ| = 1 und,wegen Re(αβ) = 0, dass αβ = ±i, d.h. β = ±iα. Jede komplexe Zahl α ∈ C mit |α| = 1hat die Form α = cos θ + i sin θ fur θ ∈ [0, 2π). Deshalb gibt es zwei Falle:

Fall 1 : β = iα. A =

(cos θ − sin θsin θ cos θ

)eine Drehung um 0 ∈ R2 mit Winkel θ, oder

Fall 2 : β = −iα. A =

(cos θ sin θsin θ − cos θ

)eine Spieglung an der Geraden durch den 0 und

√α.

(3) Fur A ∈ O(n) ist det(A) = ±1. Ferner ist der Homomorphismus det : O(n) → O(1) ={±1} surjektiv.

[06.06.18]3.2. Unitare Vektorraume. In diesem Abschnitt sei K = C := {x+ iy : (x, y) ∈ R2}, wobei i

eine Wurzel von −1 ist. Der Betrag ist eine Abbildung |− | : C→ R≥0 mit |x+ iy| =√x2 + y2.

Die Komplexe Konjugation ist ein Korperautomorphisms C→ C, der durch z := x+ iy 7→ z =x− iy definiert wird. Es gilt zz = |z|2.

Es gibt keine Ordnung auf C, deshalb hat der Begriff ‘positive Definitheit’ keinen Sinn. Fernerhaben wir fur die kanonische symmetrische Bilinearform b auf Cn

b(z, w) :=n∑k=1

zkwk

fur z = w = (i, . . . , i)t, dass b(z, z) < 0. Deshalb werden wir ein Skalarprodukt auf einem kom-plexen Vektorraum als eine ‘positiv definite hermitesche’ Form definieren.

Definition. Sei V ein C-Vektorraum.

(1) Eine Abbildung h : V × V → C heißt Sesquilinearform auf V , wenn(a) h ist C-linear im zweiten Argument, d.h. fur vi ∈ V und λ, µ ∈ C gilt

h(v1, µv2 + λv3) = µh(v1, v2) + λh(v1, v3).

(b) h ist C-antilinear im ersten Argument , d.h. fur vi ∈ V und λ, µ ∈ C gilt

h(µv1 + λv2, v3) = µh(v1, v3) + λh(v2, v3).

Die Menge aller Sesquilinearformen auf V wird mit SLF(V ) bezeichnet.(2) Eine Sesquilinearform h auf V heißt Hermitesch (bzw. schief-Hermitesch), wenn ∀vi ∈

V :

h(v1, v2) = h(v2, v1) (bzw. h(v1, v2) = −h(v2, v1)).

(3) Wenn A = (v1, . . . , vn) eine Basis von V ist und h eine Sesquilinearform auf V ist, dannheißt h(A,A) := (h(vi, vj))ij ∈ Matn×n(C) die Matrix von h bezuglich A.

(4) Fur B = (bij) ∈ Matm×n(C), definieren wir B† := Bt = (bji) ∈ Matn×m(C).8

(5) Eine Matrix B ∈ Matn×n(C) heißt Hermitesch (bzw. schief-Hermitesch), wenn B = B†

(bzw. B = −B†).

8Es gilt B† := (Bt) = (B)t.

Page 23: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 23

Beispiel. Die kanonische Hermitesche Form auf Cn ist h : Cn × Cn → C mit

h(z, w) =n∑k=1

zkwk

und die Matrix von h bzgl. zu der geordneten Standardbasis (e1, . . . , en) ist die EinheitsmatrixIn.

Bemerkung. Sei V ein C-Vektorraum der Dimension n und A = (v1, . . . , vn) eine geordneteBasis von V . Dann gibt es genau einen linearen Isomorphismus ΦA : V → Cn mit ΦA(vk) = ekfur 1 ≤ k ≤ n [LAI, Satz 4.4].

(1) Wenn h : V × V → C eine Sesquilinearform ist und B die Matrix von h bzgl. der BasisA ist, dann gilt fur alle v, v′ ∈ V

h(v, v′) = ΦA(v)† B ΦA(v′).

Ferner ist h genau dann eine (schief-)Hermitesche Form, wennB eine (schief-)HermitescheMatrix ist.

(2) Umgekehrt definiert B ∈ Matn×n(C) eine Sesquilinearform auf V durch

hAB(v, v′) := ΦA(v)† B ΦA(v′)

und die zugehorige Matrix dieser Sesquilinearform h bzgl. der Basis A ist wieder B.(3) Die Abbildung

ΨA : SLF(V )→ Matn×n(C),

die zu jeder Sesquilinearform h die zugehorige Matrix B = h(A,A) von h bzgl. der BasisA zuordnet, ist ein linearer Isomorphismus.

(4) Es gibt eine Formel fur einen Basiswechsel: seien A,B geordneten Basen von V . Danngilt fur eine Sesquilinearform h auf V

h(B,B) = MBA(IdV )†h(A,A)MBA(IdV )

wobei MBA(IdV ) die Basiswechselmatrix fur die Identitat auf V ist.

Bemerkung. Sei V ein C-Vektorraum.

(1) Wenn h eine Hermitesche Form auf V ist, gilt h(v, v) ∈ R fur alle v ∈ V , weil h(v, v) =

h(v, v).(2) Wenn h eine schief-Hermitesche Form auf V ist, gilt h(v, v) ∈ iR fur alle v ∈ V .

Definition. Sei V ein C-Vektorraum.

(1) Eine Hermitesche Form h auf einem C-Vektorraum V heißt positiv definit, wenn fur allev ∈ V mit v 6= 0V gilt h(v, v) > 0. Die Definitionen fur positiv semi-definit, negativdefinit und negativ semi-definit sind analog.

(2) Ein Skalarprodukt auf V ist eine positiv definite Hermitesche Form auf V .(3) Ein unitarer Vektorraum (V, h) ist ein endlichdimensionaler C-Vektorraum V mit einer

Skalarprodukt h auf V .

Beispiel. Die kanonische Hermitesche Form auf Cn

〈z, w〉 :=n∑k=1

zkwk

ist positiv definit, weil 〈z, z〉 :=∑n

k=1 zkzk =∑n

k=1 |zk|2. Wir nennen 〈−,−〉 das Standardska-larprodukt auf Cn. Dann heißt (Cn, 〈−,−〉) der standard unitare Vektorraum

Definition. Sei (V, 〈−,−〉) ein unitarer Vektorraum.

Page 24: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

24 VICTORIA HOSKINS

(1) f ∈ EndC(V ) heißt unitar (bzgl. 〈−,−〉), wenn fur alle v, w ∈ V gilt

〈f(v), f(w)〉 = 〈v, w〉.Wir schreiben U(V ) := {f ∈ EndC(V ) : f ist unitar}.

(2) Eine Matrix A ∈ Matn×n(C) mit A†A = In heißt unitar9. Wir schreiben U(n) fur dieMenge aller unitaren n× n-Matrizen.

Bemerkung. Fur A ∈ Matn×n(Cn) definieren wir eine lineare Abbildung FA : Cn → Cn durchFA(x) = Ax fur einen Spaltenvektor x ∈ Cn. Dann gilt fur das Standardskalarprodukt 〈−,−〉auf Cn

〈FA(x), FA(y)〉 = 〈Ax,Ay〉 = (Ax)†Ay = x†A†Ay.

Insbesondere ist A genau dann unitar, wenn FA unitar bzgl. zu dem Standardskalarprodukt〈−,−〉 auf Cn ist.

Beispiel. Sei λ ∈ C und V ein unitarer Vektorraum. Dann ist f = λ · IdV genau dann unitar,wenn |λ| = 1.

Bemerkung. Fur einen unitaren Vektorraum V und unitare Endomorphismen f, g ∈ U(V ) gilt

(1) f ◦ g ist unitar.(2) ker(f) = {0V } und wegen dimC(V ) <∞, ist f bijektiv und ferner ist f−1 unitar.(3) Die Menge U(V ) ist eine Untergruppe von AutC(V ) ⊂ EndC(V ).(4) Fur einen Eigenwert λ ∈ C von f gilt |λ| = 1.

Definition. Die Menge aller unitare n×n-Matrizen U(n) < GLn(C) heißt die unitare Gruppe.

Beispiel.

(1) U(1) = {z ∈ C : |z| = 1}.(2) Fur A ∈ U(n) ist |det(A)| = 1. Ferner ist der Homomorphismus det : U(n) → U(1)

surjektiv.[11.06.18]

3.3. Normen und Orthogonalitat. In dieser Sektion sei K = R oder K = C. Dann gibt eseinen Betrag | − | : K → R≥0.

Definition. Sei V ein K-Vektorraum. Eine Abbildung || − || : V → R≥0 heißt Norm, wenn diefolgenden Eigenschaften (N1-N3) gelten:

(N1). Fur v ∈ V gilt ||v|| = 0 =⇒ v = 0V ,(N2). Fur v ∈ V und λ ∈ K gilt ||λ · v|| = |λ| ||v||,(N3.) Fur v, v′ ∈ V gilt die Dreiecksungleichung: ||v + v′|| ≤ ||v||+ ||v′||.

Bemerkung. Fur eine Norm || − || : V → R gilt:

(1) ||0V || = 0 nach dem Axiom (N2).(2) || − v|| = ||v|| nach dem Axiom (N2).

Satz 3.2. Sei V ein K-Vektorraum und 〈−,−〉 : V × V → R ein Skalarprodukt (mit K = Roder C). Dann ist ||v|| :=

√〈v, v〉 eine Norm auf V . Ferner gelten fur v, w ∈ V und λ ∈ K

(a) ||v + w||2 = ||v||2 + ||w||2 + 2Re < v,w >.(b) (Parallelogrammidentitat)

||v + w||2 + ||v − w||2 = 2||v||2 + 2||w||2.(c) (Schwarz’sche Ungleichung)

|〈v, w〉| ≤ ||v|| ||w||mit Gleichheit genau dann, wenn v und w linear abhangig sind.

9In diesem Fall ist A invertierbar mit A−1 = A†

Page 25: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 25

(d) | ||v|| − ||w|| | ≤ ||v − w||.

Beispiel. Das Standardskalarprodukt auf Rn

〈−,−〉 : R× Rn → R(x, y) 7→ 〈x, y〉 :=

∑ni=1 xiyi

liefert die euklidische Standardnorm || − || : Rn → R≥0

||x|| =

√√√√ n∑i=1

x2i .

Ebenso liefert das Standardskalarprodukt auf Cn

〈−,−〉 : C× Cn → C(z, w) 7→ 〈z, w〉 :=

∑nk=1 zkwk

die unitare Standardnorm || − || : Cn → R≥0

||z|| =

√√√√ n∑k=1

zkzk =

√√√√ n∑k=1

|zk|2.

Definition. Sei V ein K-Vektorraum. Eine Abbildung d : V × V → R≥0 heißt Metrik (oderAbstand), wenn die folgenden Eigenschaften (M1-M3) gelten:

(M1). Fur v, w ∈ V gilt d(v, w) = 0 ⇐⇒ v = w.(M2). Symmetrie: Fur v, w ∈ V gilt d(v, w) = d(w, v).(M3.) Dreiecksungleichung: Fur u, v, w ∈ V gilt d(u, v) ≤ d(u,w) + d(w, v).

Lemma. Sei || − || eine Norm auf einem K-Vektorraum V . Dann ist d(v, w) := ||v − w|| eineMetrik auf V .

Definition. Sei 〈−,−〉 : V × V → K ein Skalarprodukt auf einem K-Vektorraum V .

(1) Zwei Vektoren v, w ∈ V heißt orthogonal, falls 〈v, w〉 = 0. In diesem fall schreiben wirv ⊥ w.

(2) Zwei Teilmengen A und B heißt orthogonal (schreibweise A ⊥ B), falls a ⊥ b fur allea ∈ A und b ∈ B.

(3) Eine direkte Summe ⊕nj=1Ui von Untervektorraume Uj von V ist orthogonal, falls Uj ⊥Uk fur alle j 6= k.

(4) Eine Familie (vj)j∈J von Vektoren heißt orthogonal, falls fur alle j 6= k gilt vj ⊥ vk.(5) Eine Familie (vj)j∈J von Vektoren heißt normiert, falls fur alle j ∈ J gilt ||vj || = 1.(6) Eine Familie (vj)j∈J von Vektoren heißt orthonormal, falls 〈vj , vk〉 = δjk fur alle j, k ∈ J .(7) Eine Orthonormal-Basis (ON-Basis) von V ist eine Basis von V , deren Vektoren ortho-

normal zueinander sind.

Bemerkung. Fur ein Skalarprodukt 〈−,−〉 : V × V → K auf einem K-Vektorraum V geltendie folgenden Aussagen.

(1) v ⊥ w ⇐⇒ w ⊥ v fur v, w ∈ V , weil 〈v, w〉 = 〈w, v〉.(2) Eine Familie ist genau dann orthonormal, wenn sie orthogonal und normiert ist.(3) Fur v 6= 0V ist v/||v|| normiert.(4) Jede orthogonale Familie (vj)j∈I mit vj 6= 0V fur alle j ∈ J ist linear unabhangig: aus

einer Gleichung 0V =∑n

k=1 λkvjk mit λk ∈ K folgt fur 1 ≤ l ≤ n

0 = 〈vil , 0V 〉 = 〈vil ,n∑k=1

λkvjk〉 =n∑k=1

λk〈vil , vjk〉 = λl||vjl ||2

und wegen vjl 6= 0V , folgt λl = 0.

Page 26: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

26 VICTORIA HOSKINS

(5) Wenn (vj)j∈J eine orthogonale Familie mit vj 6= 0V fur alle j ∈ J ist, dann ist dieFamilie (wj)j∈J mit wj := vj/||vj || orthonormal.

Beispiel. Die Standardbasis e1, . . . , en von Kn ist eine ON-Basis (bzgl zum Standardskalarpro-dukt).

Satz 3.3. Sei 〈−,−〉 : V × V → K ein Skalarprodukt auf einem K-Vektorraum V (mit K = Roder C) und sei v1, . . . , vn eine ON-Basis von V .

(1) Fur alle v ∈ V gilt

v =n∑k=1

〈vk, v〉 · vk.

(2) Parseval-Gleichung: fur alle v, w ∈ V gilt

〈v, w〉 =n∑k=1

〈vk, v〉〈vk, w〉.

(3) Bessel-Gleichung: fur alle v ∈ V gilt

||v||2 =n∑k=1

|〈vk, v〉|2.

[13.06.18]Satz 3.4. Sei f : V →W eine lineare Abbildung zwischen endlichdimensionalen K-Vektorraum-en mit Skalarprodukten 〈−,−〉V : V × V → K und 〈−,−〉W : W × W → K. Wenn A =(v1, . . . , vn) und B = (w1, . . . , wn) geordnete ON-Basen von V und W sind und A = MAB (f),dann gilt

aij = 〈wi, f(vj)〉.3.4. Gram-Schmidtsche-Orthogonalisierungsverfahren (GSOV). Durch diese Verfah-ren werden wir zeigen, wie man aus einer gegebenen linear unabhangigen Familie v1, . . . , vn vonVektoren aus einem K-Vektorraum mit Skalarprodukt (V, 〈−,−〉) eine ON-Familie w1, . . . , wnerhalt mit Span(v1, . . . , vn) = Span(w1, . . . , wn). Das Verfahren an den Beweis von Satz 2.8anlehnt.

Satz 3.5 (Gram-Schmidt OV). Sei (V, 〈−,−〉) ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt. Wennv1, . . . , vn eine lineare unabhangige Familie von Vektoren aus V ist, gibt es eine ON-Familiew1, . . . , wn von Vektoren mit

Span(v1, . . . , vr) = Span(w1, . . . , wr) fur 1 ≤ r ≤ nKorollar. Jeder endlichdimensionale K-Vektorraum V mit Skalarprodukt hat eine ON-Basis.

Bemerkung. Sei (V, 〈−,−〉) ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt. Wenn (vj)j∈N eine lineareunabhangige Familie von Vektoren aus V ist, nach dem GSOV und Induktion gibt es eineON-Familie (wj)j∈N von Vektoren, so dass fur alle n ∈ N gilt

Span(v0, . . . , vn) = Span(w0, . . . , wn).

Korollar. Sei V ein unitarer Vektorraum und f ∈ EndC(V ). Dann gibt es eine ON Basis Avon V so dass MAA (f) eine obere Dreiecksmatrix ist.

Korollar.(Satz von Schur) Sei A ∈ Matn×n(C). Dann gibt es U ∈ U(n) so dass U †AU eineobere Dreiecksmatrix ist.

Ubung: QR-Zerlegung. Sei A ∈ GLn(R) mit Spaltenvektoren {a1, . . . , an}. Sei {q1, . . . , qn}die durch das Gram-Schmidt Verfahren aus {a1, . . . , an} konstruierte Orthonormalbasis. Warumist Q = (q1| · · · |qn) orthogonal? Zeigen Sie dass R := QtA eine obere Dreiecksmatrix ist. Danngilt A = QR, wobei Q eine orthogonale Matrix ist und R eine obere Dreiecksmatrix ist. Wiekann man die QR-Zerlegung benutzt, lineare Gelichungssysteme zu losen? (Hinweis: Fur b ∈ Rn,finden Sie b′ ∈ Rn mit L(A, b) = L(R, b′)).

Page 27: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 27

3.5. Spektralsatze.

Satz 3.6 (Spektralsatz fur Hermitesche Matrizen). Sei A ∈ Matn×n(C) eine Hermitesche Ma-trix. Dann gilt

(1) Alle Eigenwerte von A sind reelle.(2) Cn hat eine ON-Basis von Eigenvektoren von A.(3) Es gibt eine unitare Matrix U so dass U †AU ist diagonal mit reellen Eintrage.

Korollar. (Spektralsatz fur symmetrische Matrizen) Sei A ∈ Matn×n(R) eine symmetrischeMatrix. Dann gilt

(1) A hat n reelle Eigenwerte (wenn man mit Vielfach rechnen).(2) Rn hat eine ON-Basis von Eigenvektoren von A.(3) Es gibt eine orthogonale Matrix P so dass P tAP ist diagonal.

[18.06.18]Satz 3.7 (Spektralsatz fur unitare Matrizen). Sei A ∈ Matn×n(C) eine unitare Matrix. Danngilt

(1) Alle Eigenwerte von A haben Betrag 1.(2) Cn hat eine ON-Basis von Eigenvektoren von A.(3) Es gibt eine unitare Matrix U so dass U †AU ist diagonal mit Eintrage vom Betrag 1.

3.6. Orthogonale Projektion.

Satz 3.8. Sei (V, 〈−,−〉) ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt, v ∈ V und U ⊂ V ein Unter-vektorraum (mit K = R oder K = C). Fur u ∈ U ist aquivalent:

(1) v − u ∈ U⊥(2) d(v, U) := min{d(v, u′) : u′ ∈ U} = d(v, u).

Ferner gibt es ein u ∈ U mit (1) und (2) genau dann, wenn v ∈ U + U⊥. In diesem Fall ist ueindeutig.

Definition. Sei (V, 〈−,−〉) ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt, v ∈ V und U ⊂ V ein Unter-vektorraum. Die lineare Abbilung πU : U ⊕ U⊥ → U mit πU (u+ u′) := u heißt die orthogonaleProjektion.

Korollar. Sei (V, 〈−,−〉) ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt und U ⊂ V ein Untervektor-raum. Die orthogonale Projektion πU : U ⊕ U⊥ → U erfullt fur alle v ∈ U ⊕ U⊥

(1) πU (v) ist gleich dem Element u ∈ U mit minimalem Abstand zu v, d.h.

d(v, u) ≤ d(v, u′) fur alle u′ ∈ U.

(2) ||πU (v)|| ≤ ||v|| mit Gleichheit genau dann, wenn v ∈ U (d.h. πU (v) = v).

Bemerkung. Sei (V, 〈−,−〉) ein endlichdimensionaler K-Vektorraum mit Skalarprodukt undU ⊂ V ein Untervektorraum.

(1) Es gilt V = U + U⊥ = U ⊕ U⊥. Daher ist die orthogonale Projektion auf U eineAbbildung πU : V → U .

(2) Es gilt U = (U⊥)⊥.(3) Wenn u1, . . . , un eine ON-Basis von U ist, gilt πU (v) =

∑nj=1〈uj , v〉 · uj fur alle v ∈ V .

[20.06.18]3.7. Adjungierte Abbildungen. In diesem Abschnitt sei K = R oder C und wir betrachenendlichdimensionale K-Vektorraume mit Skalarprodukten.

Lemma (von Riesz). Sei V ein endlichdimensionalerK-Vektorraum mit Skalarprodukt 〈−,−〉.Fur f ∈ V ∗ := HomK(V,K) gibt es einen eindeutig bestimmten Vektor v ∈ V mit f(−) = 〈−, v〉als Elemente von V ∗.

Page 28: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

28 VICTORIA HOSKINS

Satz 3.9. Seien (V, 〈−,−〉V ) und (W, 〈−,−〉W ) endlichdimensionale K-Vektorraume mit Ska-larprodukten. Fur f ∈ HomK(V,W ) gibt es eine eindeutige lineare Abbildung fad ∈ HomK(W,V )mit

〈f(v), w〉W = 〈v, fad(w)〉V fur alle v ∈ V,w ∈W.Wir nennen fad die zu f adjungierte Abbildung. Wenn A = (v1, . . . , vn) eine ON-Basis von Vist, dann gilt fur alle w ∈W

(3) fad(w) =

n∑j=1

〈f(vj), w〉W · vj .

Wenn zusatzlich B = (w1, . . . , wm) eine ON-Basis von W ist, dann gilt

MBA(fad) = MAB (f)†.

Korollar. Fur f : V →W eine lineare Abbildung zwischen endlichdimensionalenK-Vektorraum-en und die adjungierte Abbildung fad : W → V gilt auch

〈w, f(v)〉W = 〈fad(w), v〉V fur alle v ∈ V,w ∈W

Korollar. Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum mit Skalarprodukt 〈−,−〉. Fur f ∈EndK(V ) ist aquivalent

(1) f ist orthogonal falls K = R (bzw. f ist unitar falls K = C),(2) f ist invertierbar mit f−1 = fad.

Bemerkung. Seien (U, 〈−,−〉U ), (V, 〈−,−〉V ) und (W, 〈−,−〉W ) drei endlichdimensionale K-Vektorraume mit Skalarprodukten. Fur f, fi ∈ HomK(U, V ) und g ∈ HomK(V,W ) und λi ∈ Kgelten:

(1) (λ1 · f1 + λ2 · f2)ad = λ1fad1 + λ2f

ad2 ,

(2) (g ◦ f)ad = fad ◦ gad,(3) (IdV )ad = IdV ,(4) (fad)ad = f .

Satz 3.10. Seien (V, 〈−,−〉V ) und (W, 〈−,−〉W ) endlichdimensionale K-Vektorraume mit Ska-larprodukten. Fur f ∈ HomK(V,W ) gilt

(1) ker(f) = Bild(fad)⊥

(2) ker(fad) = Bild(f)⊥

Korollar. Seien (V, 〈−,−〉V ) und (W, 〈−,−〉W ) endlichdimensionale K-Vektorraume mit Ska-larprodukten. Fur f ∈ HomK(V,W ) gilt

(1) f ist genau dann injektiv, wenn fad surjektiv ist.(2) f ist genau dann surjektiv, wenn fad injektiv ist.(3) f ist genau dann bijektiv, wenn fad bijektiv ist.

Definition. Sei V ein endlichdimensionalerK-Vektorraum mit Skalarprodukt und f ∈ EndK(V ).

(1) f heißt selbstadjungiert, falls f = fad.(2) f heißt antiselbstadjungiert, falls f = −fad.(3) f heißt normal, falls f ◦ fad = fad ◦ f .

Bemerkung. Wenn A eine ON-Basis von V ist und A = MAA (f) gilt

(1) f ist selbstadjungiert ⇐⇒ A† = A(2) f ist antiselbstadjungiert ⇐⇒ A† = −A.(3) f ist normal ⇐⇒ AA† = A†A.

Page 29: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 29

Beispiel. Fur einen Untervektorraum U eines endlichdimensionalen K-Vektorraumes V (mitSkalarprodukt) ist die orthogonale Projektion πU : V → U selbstadjungiert: Sei (v1, . . . , vr) eineON-Basis von U , dann konnen wir diese ON-Basis auf einer ON-Basis A = (v1, . . . , vn) von Verweitern, so dass

MAA (πU ) =

(Ir 00 0

).

Satz 3.11. Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum mit Skalarprodukt 〈−,−〉 und f ∈EndK(V ) normal. Dann gilt fur jede λ ∈ K

Eig(f, λ) = Eig(fad, λ))

und Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal aufeinander. Insbesondere gilt

ker(f) = Eig(f, 0) = ker(fad) = Bild(fad)⊥ = Bild(f)⊥.[25.06.18]

Satz 3.12 (Spektralsatz fur normale Abbildungen). Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraummit Skalarprodukt 〈−,−〉 und f ∈ EndK(V ). Dann ist aquivalent

(1) f ist normal und das charakteristische Polynom χf (t) zerfallt vollstandig in Linearfak-toren,

(2) V ist die orthogonale Summe der Eigenraume von f ,(3) Es existiert eine ON-Basis von V aus Eigenvektoren von f .

Korollar. Eine Matrix A ∈ Matn×n(C) ist genau dann normal (d.h. A†A = AA†), wenn es gibteine unitare Matrix U ∈ U(n) mit U †AU diagonal.

3.8. Anwendung in der Geometrie: Affine reelle Quadriken. Sei K ein Korper mitChar(K) 6= 2. Bald werden wir annehmen, dass K = R.

Definition. Ein quadratisches Polynom in n Unbestimmten x = (x1, · · · , xn) uber K ist einAusdruck der Form

Q(x1, . . . , xn) =∑j≤k

ajkxjxk +n∑j=1

bjxj + c

mit ajk, bj und c ∈ K. Die affine Quadrik Z(Q) ⊂ Kn, die durch Q definiert wird, ist die Menge

Z(Q) = {x ∈ Kn : Q(x) = 0} ⊂ Kn.

Im Fall n = 2 nennt man eine affine Quadrik Z(Q) ⊂ K2 auch einen Kegelschnitt.

Beispiel. Sei K = R und n = 2. Dann sind die folgende Beispiele Kugelschnitte (d.h. dieentsprechende affine Quadriken kann als Durchschnitt eines Kugels in R3 mit einer (affinen)Ebene E ∼= R2 beschreiben werden):

(1) Q(x, y) = x2 + y2 − 1 mit Z(Q) ⊂ R2 ein Kreis.(2) Q(x, y) = x2 + 2y2 − 1 mit Z(Q) ⊂ R2 eine Ellipse.(3) Q(x, y) = x2 − y mit Z(Q) ⊂ R2 eine Parabel.(4) Q(x, y) = xy − 1 mit Z(Q) ⊂ R2 eine Hyperbel.(5) Q(x, y) = x2 + y2 + 1 mit Z(Q) = ∅ ⊂ R2 die leere Menge.

Bemerkung. Wir konnen ein quadratisches Polynom

Q(x1, . . . , xn) =∑j≤k

ajkxjxk +n∑j=1

bjxj + c

schreiben als Q(x) = xtAx+ btx+ c mit

A :=

a11

a122 · · · a1n

2

a122 a22

. . ....

.... . .

. . ....

an12 · · · · · · ann

∈ MatSymn×n(K), b =

b1b2...bn

, x =

x1x2...xn

∈ Matn×1(K).

Page 30: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

30 VICTORIA HOSKINS

Man kann Q durch eine einzige Matrix A drucken: Q(x1, . . . , xn) = xtAx mit

A :=

(c bt/2b/2 A

)∈ MatSym(n+1)×(n+1)(K) und x :=

1x1...xn

∈ Mat(n+1)×1(K).

Definition. Seien Q und Q′ zwei quadratische Polynome in n Unbestimmten x1, · · · , xn uberK = R. Dann heißen Q und Q′

(1) affin (algebraisch) aquivalent, wenn es S ∈ GLn(R) und v ∈ Rn gibt mit Q′(x) =Q(Sx+ v).

(2) kartesisch (algebraisch) aquivalent, wenn es S ∈ O(n) und v ∈ Rn gibt mit Q′(x) =Q(Sx+ v).

Beispiel. Fur n = 2 betrachten wir Q(x1, x2) = x21 + 4x22 + 2x1 − 8x2 + 1. Wir konnen diesePolynom schreiben als

Q(x1, x2) = (x1 + 1)2 + 4(x2 − 1)2 − 4.

Durch die Translation(x1x2

)7→(y1y2

):=

(x1 + 1x2 − 1

)= I2x+

(1−1

)wird Z(Q) zur Ellipse Z(Q′) = {y ∈ R2 : y21 + 4y22 = 4}. Deshalb sind Q(x) und Q′(x) :=x21 + 4x22 − 4 zueinander kartesisch aquivalent.

[27.06.18]Satz 3.13 (Normalformen fur reelle Quadriken). Sei Q(x) = xtAx+ btx+ c ein quadratisches

Polynom in x = (x1, . . . , xn)t mit A ∈ MatSymn×n(R), b ∈ Matn×1(R) und c ∈ R. Dann ist Q zueiner der folgenden Normalformen kartesisch aquivalent:

Typ 1. P (x) = d1x21 + · · · drx2r,

Typ 2. P (x) = d1x21 + · · · drx2r + e mit e 6= 0,

Typ 3. P (x) = d1x21 + · · · drx2r + exr+1 mit e > 0.

Jeweils mit 0 ≤ r ≤ n und di 6= 0. Dabei ist r = Rang(A) und d1, . . . , dr sind die nicht-NullEigenwerte von A (mit Vielfach). Ferner gilt

(1) Zwei Normalformen sind genau dann aquivalent, wenn sie zum selben Typ (d.h. Typ1,2,3) gehoren, die Zahlen d1, . . . , dr bis auf Permutation die-selben sind und die Zahlene ubereinstimmen.

(2) Wenn man Q als Q(x) = xtAx schreiben mit xt = (1, x1, . . . , xn), dann gilt

Q hat Typ j ⇐⇒ Rang(A)− Rang(A) = j − 1.

Bemerkung.

a) Eine orthogonale Matrix S ∈ O(n) definiert eine Abbildung FS : Rn → Rn mit FS(x) =Sx, so dass 〈FS(x), FS(y)〉 = 〈x, y〉 fur alle x, y ∈ Rn. Insbesdondere erhalt FS Distanzen:

d(FS(x), FS(y)) = ||FS(x)− FS(y)|| = ||FS(x− y)|| =√〈FS(x− y), FS(x− y)〉

=√〈x− y, x− y〉 = d(x, y).

Eine Translation T : Rn → Rn (d.h. eine Abbildung der Form x 7→ x + v fur einenfesten Vektor v ∈ Rn) erhalt Distanzen auch. Eine Koordinatentransformation der Formx 7→ Sx + v mit S ∈ O(n) und v ∈ Rn erhalt Distanzen. Wenn Q und Q′ kartesischeaquivalent quadratische Polynome sind, dann gibt es eine Koordinatentransformation derForm x 7→ Sx+ v mit S ∈ O(n) und v ∈ Rn, die die Quadrik Z(Q) zu der Quadrik Z(Q′)nimmt. Eine Abbildung Rn → Rn, die Distanzen erhalt, heißt Isometrie.10

10z.B. siehe den Kurs Elementare Geometrie.

Page 31: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 31

b) Es gibt 4 Schritte, um ein quadratisches Polynom in Normalform zu schreiben:Schritt 1: orthogonale Diagonalisierung.Schritt 2: quadratische Ergazung.Schritt 3: lineare Terme kombinieren.Schritt 4: Translation.

Die Koordinatentransformationen in den Schritte 1 und 3 sind orthogonale Transforma-tionen und die Koordinatentransformationen in den Schritte 2 und 4 sind Translationen.

Beispiel. Fur

Q(x1, x2) = 5x21 + 5x22 + 8x1x2 − 1.

wollen wir eine Normalform finden. Der erste Schritt ist die orthogonale Diagonalisierung dersymmetrischen Matrix

A :=

(5 44 5

),

d.h. wir mussen eine orthonormale Basis von R2 von Eigenvektoren von A finden (eine solcheBasis existiert nach dem Spektralsatz fur symmetrische Matrizen). Es gilt χA(t) = t2−10t+9 =(t− 1)(t− 9) und deshalb sind 1 und 9 die Eigenwerte von A mit Eigenraume

Eig(A, 1) = Span

(1−1

)und Eig(A, 9) = Span

(11

).

Deshalb ist

A :=

{v1 :=

(1√2−1√2

), v2 :=

(1√21√2

)}

eine ON-Basis von R2 von Eigenvektoren und T := (v1|v2) ∈ O(2) mit T tAT = D := diag(1, 9).Sei S = T t so dass A = StDS und

Q(x) = xtAx− 1 = xtStDSx− 1 = (Sx)tD(Sx)− 1.

Dann Q(x) ist kartesisch aquivalent zu Q′(x) := xtDx − 1, da Q′(Sx) = Q(x) (oder Q′(x) =Q(Tx)). Das quadrisches Polynom Q′ ist schon in Normalform, deshalb mussen wir keine Trans-lation machen. Die Quadrik Z(Q′) = {x : x21 + 9x22 = 1} ⊂ R2 ist eine Ellipse. Die orthogonaleMatrix T ist eine Drehung durch π/4 und deshalb ist Z(Q) die Drehung von Z(Q′) durch π/4.

Korollar. Jedes reelle quadratische Polynom Q in x1, . . . , xn ist genau zu einer der folgendenNormalformen affin (algebraisch) aquivalent:

Typ 1. P (x) = x21 + · · ·x2k − x2k+1 · · · − x2r mit 0 ≤ k ≤ r ≤ n,

Typ 2. P (x) = x21 + · · ·x2k − x2k+1 · · · − x2r + e mit 0 ≤ k ≤ r ≤ n und e 6= 0,

Typ 3. P (x) = x21 + · · ·x2k − x2k+1 · · · − x2r − xr+1 mit 0 ≤ k ≤ r ≤ n,

wobei r = Rang(A) und sign(A) = k − (r − k) = 2k − r.

Beispiel. Fur n = 2 konnen wir alle Quadriken

Q(x) = xtAx = xtAx+ btx+ c

klassifizieren (bis auf affinen Aquivalenz): seien r = Rang(A), r = Rang(A) und s = sign(A),

s = sign(A) und k = (sign(A) + Rang(A))/2. Dann haben wir die folgende Tabelle:

Page 32: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

32 VICTORIA HOSKINS

r r s s k k Typ Polynom Q(x, y) (in NF) Quadrik Z(Q) ⊂ R2

2 2 2 2 2 2 I x2 + y2 Punkt2 2 0 0 1 1 I x2 − y2 2 sich schneidende Geraden2 2 -2 -2 0 0 I −x2 − y2 Punkt2 3 2 1 2 0 II x2 + y2 − 1 Ellipse2 3 0 1 1 1 II x2 − y2 + 1 Hyperbel2 3 2 3 2 3 II x2 + y2 + 1 ∅1 1 1 1 1 1 I x2 Doppelte Gerade1 2 1 0 1 1 II x2 − 1 2 parallele Geraden1 2 1 2 1 2 II x2 + 1 ∅1 3 1 -1 1 1 III x2 − y Parabel0 0 0 0 0 0 I 0 R2

0 1 0 1 0 1 II 1 ∅0 2 0 2 0 2 III x Gerade

4. Ringe und Moduln[02.07.18]

4.1. Unterringe und Ideale. Zur Erinnerung: Ein Ring ist eine Menge R mit zwei Ver-knupfungen + : R × R → R und · : R × R → R so dass, (R, ·) eine abelsche Gruppe istmit neutralem Element 0R, die Multiplikation · assoziativ ist, die Distributivgesetze gelten. DerRing R heißt

• kommutativ, falls die Multipliktation kommutativ ist (d.h. r1 · r2 = r2 · r1 fur aller1, r2 ∈ R).• Ring mit Eins, falls die Multiplikation ein Neutralelement 1R ∈ R hat (d.h. r · 1R = r =

1R · r fur alle r ∈ R).

Beispiele

(1) (Z,+, ·) ist ein kommutativer Ring mit 1.(2) Zn mit der modularen Addition und Multiplikation ist ein kommutativer Ring mit 1.(3) Jeder Korper ist ein kommutativer Ring mit 1.(4) Fur einen Korper K ist die Menge aller Polynome K[t] ein kommutativer Ring mit 1.(5) Matn×n(K) ist ein Ring mit 1 (die Einheitsmatrix). Matn×n(K) ist genau dann kom-

muativ, wenn n = 1.(6) Fur einen Vektorraum V uber einem Korper K ist die Menge aller linearen Endomor-

phismen EndK(V ) ein Ring mit Eins, wobei die Multiplikation die Komposition ist. Dasneutralelement fur die Multiplikation ist die Identitat IdV : V → V . Im allgemeinen istEndK(V ) nicht kommutativ, da f ◦ g 6= g ◦ f .

(7) Der Nullring {0} ist ein kommutativer Ring mit Eins mit 0 = 1. Wenn R 6= {0} ein Ringmit Eins ist, dann gilt 1 6= 0 (Fur a ∈ R \ {0} gilt 1 · a = a 6= 0 = 0 · a, also folgt 1 6= 0).

Definition. Eine Abbildung ϕ : R → S zwischen Ringen (R,+R, ·R) und (S,+S , ·S) ist einRinghomomorphismus, wenn fur alle r1, r2 ∈ R

(1) ϕ(r1 +R r2) = ϕ(r1) +S ϕ(r2),(2) ϕ(r1 ·R r2) = ϕ(r1) ·S ϕ(r2).(3) (Falls R und S Ringe mit Eins sind) ϕ(1R) = ϕ(1S).

Ein bijektiver Ringhomomorphismus heißt Ringisomorphismus.

Beispiel.

(1) Die Identitat IdR : R→ R ist ein Ringhomomorphismus.(2) Wenn ϕ : Z → Z ein Ring homomorphismus ist, dann ist ϕ(1) = 1. Es folgt, dass

ϕ(r) = r (nach Induktion).(3) Die Abbildung ϕ : Z→ Zn mit x 7→ x mod n ist ein Ringhomomorphismus.

Page 33: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 33

(4) Die Abbildung ϕ : C→ Mat2×2(R) mit

ϕ(a+ ib) =

(a b−b a

)ist ein Ringhomorphismus.

Bemerkung. Fur einen Ringhomomorphismus ϕ : R→ S gilt

(1) ϕ(0R) = ϕ(0S) (nach dem ersten Axiom),(2) ϕ(−r) = −ϕ(r) fur r ∈ R (nach dem ersten Axiom),(3) Die dritte Bedingung ϕ(1R) = ϕ(1S) folgt nicht aus den anderen Axiomen (z.B. Seien

R = {0} und S = Z, dann gelten die erste und zweite Bedingungen fur die Nullabbildungϕ : R→ S, aber ϕ(1R) = ϕ(0R) = 0Z 6= 1Z).

(4) ϕ ist genau dann injektiv, wenn ker(ϕ) = {0R} (nach dem ersten Axiom),(5) Wenn ϕ bijektiv ist, dann ist ϕ−1 : S → R auch ein Ringhomomorphismus.

Definition. Sei (R,+, ·) ein Ring.

a) Ein Unterring von R ist eine Teilmenge S ⊂ R, so dass S mit der Einschrankung derAddition und Multipliktation von R ein Ring ist. Wenn R ein Ring mit Eins ist, soll einUnterring S auch das neutralelement 1R erhalten.

b) Ein Ideal von R ist eine Teilmenge I ⊂ R, so dass (I1) -(I2) gelten:(I1) I ist eine Untergruppe von (R,+),(I2) Fur i ∈ I und r ∈ R gilt r · i ∈ I und i · r ∈ I.

Ein Unterring S ⊂ R (bzw. Ideal I ⊂ R) heißt echt wenn S 6= R (bzw. I 6= R).

Bemerkung. [04.07.18]

(1) Eine Teilmenge S eines Rings R (mit Eins) ist genau dann ein Unterring, wenn S unterdie Subtraktion − und die Multiplikation · abgeschlossen ist (und 1 ∈ S).

(2) Wenn R kommutativ ist, dann ist (I2) aquivalent zu(I2’) ∀i ∈ I, r ∈ R : r · i ∈ I.

Fur einen nicht kommutativen Ring R gibt es Begriffe von Linksideale und Rechtsideale(aber in dieser Einfuhrung werden wir nicht diese Begriffe benutzen).

(3) Ein Ideal ist eine Untergruppe von (R,+), die unter Links- und Rechtsmultiplikationvon Elemente aus R abgeschlossen ist. Insbesondere ist I unter − und · abgeschlossenist (also fur Ringe ohne Eins ist jedes Ideal ein Unterring).

Ubung. Sei R 6= {0} ein kommutativer Ring mit Eins. Beweisen Sie, dass R genau dann einKorper ist, wenn die einzigen Ideale (von R) genau {0R} und R sind.

Beispiel.

(1) R und {0R} sind immer Ideale von R. Wenn R 6= {0} ein Ring mit Eins ist, dann ist{0R} kein Unterring von R.

(2) Sei I ein Ideal von R. Wenn 1 ∈ I, folgt I = R.(3) Der Ring R = Z hat keine echten Unterringe: die Untergruppen von (Z,+) sind genau

die Teilmengen nZ fur n ∈ N, aber 1 ∈ nZ genau dann, wenn n = 1. Allerdings sind dieUntergruppen nZ Ideale: fur r ∈ Z und na ∈ nZ gilt

r · na = n(ra) ∈ nZ.

(4) Die Teilmenge Z des Rings (Q,+, 0) ist ein Unterring aber kein Ideal: 1 ∈ Z und 12 ∈ Q,

aber 12 · 1 /∈ Z).

Ubung. Sei R ein kommutativer Ring mit Eins. Beweisen Sie, dass jedes Ideal I von Matn×n(R)die Form I = Matn×n(J) fur ein eindeutig bestimmtes Ideal J von R hat.

Page 34: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

34 VICTORIA HOSKINS

Satz 4.1. Sei ϕ : R→ S ein Ringhomomorphismus. Dann gilt

(1) Das Bild von ϕ ist ein Unterrring von S.(2) Fur einen Unterring R′ ⊂ R ist ϕ(R′) ein Unterring von S.(3) Der Kern ker(ϕ) ist ein Ideal von R.(4) Fur ein Ideal J ⊂ S ist das Urbild ϕ−1(J) ein Ideal von R.

Beispiel.

(1) Fur den Ringhomomorphismus ϕ : Z→ Zn mit x 7→ x mod n ist

ker(ϕ) = {a ∈ Z : a ≡ 0 mod n} = nZ.

und Bild(ϕ) = Zn.(2) Sei K ein Korper und λ ∈ K. Dann ist die Abbildung ϕ : K[t]→ K mit

ϕ(P (t)) = P (λ)

ein surjetiver Ringhomomorphismus mit

ker(ϕ) = {P (t) ∈ K[t] : P (λ) = 0} = {P (t) ∈ K[t] : (t− λ)|P (t)} = (t− λ)K[t].

Satz 4.2. Sei I ein Ideal eines Rings R. Dann gilt

(1) Die Menge R/I := {r + I : r ∈ R} ist ein Ring mit den folgenden Addition undMultiplikation:

(r + I) + (r′ + I) := r + r′ + I (r + I) · (r′ + I) = r · r′ + I

und das Nullelement is 0R + I = I.(2) Wenn R kommutativ ist (bzw. ein Ring mit Eins ist), dann ist R/I kommutativ (bzw.

ein Ring mit Eins).(3) Die Abbildung π : R → R/I, die durch r 7→ r + I definiert wird, ist ein surjektiver

Ringhomomorphismus mit ker(π) = I.(4) Die Abbildung

α : {Ideale J von R/I} → {Ideale M von R mit I ⊂M}J 7→ π−1(J)

ist bijektiv mit der Umkehrfunktion M 7→ π(M).

Ubung. Fur R = Z und I = nZ mit n ∈ N ist Z/nZ = {x + nZ : x ∈ Z} ∼= Zn. Was sind dieIdeale von Z/nZ?

Satz 4.3. (Homomorphiesatz fur Ringe) Sei ϕ : R → S ein Ringhomomorphismus. Dann gibtes einen Ringisomorphismus

ϕ : R/ ker(ϕ)→ ϕ(R)

mit ϕ ◦ π = ϕ, wobei π : R→ R/ ker(ϕ) der naturliche surjektive Ringhomomorphismus ist.

Definition. Sei R ein kommutativer11 Ring.[09.07.18]

(1) Fur r ∈ R definieren wir das von r erzeugte Ideal

〈r〉 = rR := {r · s : s ∈ R}.

Ideale von R der Form 〈r〉 werden Hauptideale genannat.(2) Fur eine Teilmenge A ⊂ R definieren wir das von A erzeugte Ideal

〈A〉 = {n∑i=1

riai : n ∈ N, ri ∈ R, ai ∈ A}.

11Die Definition fur nicht kommutative Ringe ist ein bisschen mehr kompliziert

Page 35: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 35

Ubung. Der Durchschnitt einer Familie von Idealen eines Rings R ist ein Ideal. Fur eineTeilmenge A eines kommutativen Rings R die Menge 〈A〉 ist eine Ideal von R und es gilt

〈A〉 =⋂

A⊂J⊂RJ Ideal

J,

und 〈A〉 ist das kleinste Ideal in R, das A enthalt.

Beispiel.

(1) Fur einen kommutativen Ring mit Eins ist 〈1R〉 = R.(2) Fur R = Z ist 〈n〉 = nZ.

4.2. Moduln. Zur Erinnerung: Ein Vektorraum uber einem Korper K ist eine abelsche Gruppe(V,+) mit einer Skalarmultiplikation · : K × V → V so dass i) λ · (µ · v) = (λ · µ) · v fur allev ∈ V und µ, λ ∈ K und ii) 1K · v = v fur alle v ∈ V und iii) die Distributivegesetze gelten.

Definition. Sei R ein Ring mit Eins. Ein R-(Links)modul ist eine abelsche Gruppe (M,+) miteiner Abbildung

· : R×M →M,

die Skalarmultiplikation genannt wird, so dass fur a, b ∈ R und m,n ∈M gilt

i) a · (b ·m) = (ab) ·m,ii) 1R ·m = m,

iii) Die Distributivegesetze: (a+ b) ·m = a ·m+ b ·m und a · (m+ n) = a ·m+ a · n.

Beispiel.

(1) Sei R = K ein Korper. Dann sind K-Moduln genau die K-Vektorraume.(2) Jede abelsche Gruppe (G,+) ist ein Z-Modul mit Skalarmultiplikation · : Z×G→ G

n · g :=

g + · · ·+ g (n mal) wenn n > 00G wenn n = 0(−g) + · · ·+ (−g) (n mal) wenn n > 0

Umgekehrt ist jeder Z-Modul eine abelsche Gruppe nach die Axiome oben. Zum Beispielsind die abelsche Gruppen (Z/nZ,+) Moduln uber Z.

(3) Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum uber einem Korper K und f ∈ EndK(V ).Dann ist V ein K[t]-Modul mit der Skalarmultiplikation K[t]× V → V

P (t) · v := P (f)(v).

(4) Ein Ideal eines Ring R ist ein Modul, wobei die Skalarmultiplikation R × I → I dieEinschrankung der Multiplikation auf R ist.

(5) Fur einen R-Modul M ist ein Untermodul eine Teilmenge N ⊂M , die eine Untergruppevon (M,+) ist, so dass r · n ∈ N fur alle r ∈ R und n ∈ N . Jeder Untermodul ist auchein R-Modul.

Ubung. Sei R ein Ring und (Ni)i∈I eine Familie von Untermoduln eines R-Moduls M . Dannist auch der Durchschnitt ∩i∈INi ein Untermodul von M .

Definition. Seien M und N zwei R-Moduln. Eine Abbildung ϕ : N →M heißt Homomorphis-mus von R-Moduln (oder R-linear), wenn

(1) ϕ(n1 + n2) = ϕ(n1) + ϕ(n2) fur alle n1, n2 ∈ N(2) ϕ(r · n) = r · ϕ(n) fur alle n ∈ N und r ∈ R.

Der Kern von ϕ ist ker(ϕ) = {n ∈ N : ϕ(n) = 0M} und das Bild ist Bild(ϕ) := ϕ(N) ⊂M . DerCokern ist Coker(ϕ) := M/Bild(ϕ) = M/ϕ(N).

Page 36: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

36 VICTORIA HOSKINS

Beispiel. Sei R = Z und N = M = Z. Dann ist ϕ : Z → Z mit ϕ(m) = n ·m ein Homomor-phismus von Z-Moduln (aber kein Ringhomomorphismus) mit

ker(ϕ) = {0} und Bild(ϕ) = nZ und Coker(ϕ) = Z/nZ.

Bemerkung. Sei M ein R-Modul und N ⊂M ein Untermodul. Dann gilt

(1) Die Quotientengruppe M/N := {m+N : m ∈M} mit der Skalarmultiplikation

r · (m+N) := rm+N

fur r ∈ R und m+N ∈M/N bildet einen R-Modul.(2) Die Abbildung π : M → M/N mit π(m) := m + N ist ein surjektiver R-Modul-

Homomorphismus mit ker(π) = N .

Bemerkung.(Homomorphiesatz fur Moduln). Sei ϕ : N → M ein Homomorphismus von R-Moduln. Dann gilt

(1) ker(ϕ) := {n ∈ N : ϕ(n) = 0} ist ein Untermodul von N .(2) Bild(ϕ) ist ein Untermodul von M .(3) Coker(ϕ) hat die Struktur eines R-Moduls, so dass M → Coker(ϕ) ein Homomorphismus

von R-Moduln ist.(4) Es gibt einen Isomorphismus von R-Moduln ϕ : N/ ker(ϕ)→ Bild(ϕ) so dass ϕ ◦ π = ϕ

fur π : N → N/ ker(ϕ).

4.3. Basen. Jeder K-Vektorraum hat eine Basis (sogar unendlichdimensionale Vektorraume,wenn wir das Axiom der Wahl annehmen). Diese Eigenschaft gilt jedoch nicht fur Moduln: Esgibt viele Moduln, die keine Basis haben. Dieser Unterschied ist der erste große Unterschiedzwischen Vektorraumen und Moduln.

Definition. Sei M ein Modul uber einem Ring R und A ⊂ M eine Teilmenge. Der von Aerzeugte Untermodul 〈A〉 von M ist der kleinste Untermodul von M , der A enthalt, d.h.

〈A〉 =⋂

A⊂N⊂MN Untermodul

N.

Die Teilmenge A heißt Erzeugendensystem von M , wenn 〈A〉 = M . Wenn A endlich ist mit〈A〉 = M , dann heißt M endlich erzeugt.Bemerkung. Es gilt

〈A〉 =

{n∑i=1

riai : n ∈ N, ri ∈ R und ai ∈ A

}.

Beispiel.

(1) Fur einen Korper K, einen K-Vektorraum V und A ⊂ V gilt

〈A〉 = Span(A).

(2) Sei R = Z und M = Z/nZ. Dann ist 1 +mZ ein Erzeugendensystem von M .(3) Sei R = Z. Das Element 2 + 4Z ∈ Z/4Z erzeugt den Untermodul 〈2 + 4Z〉 = {0 +

4Z, 2 + 4Z} von Z/4Z. Dieser Untermodul ist eine Untergruppe von Z/4Z, die isomorphzu Z/2Z ist.

Definition. Sei M ein R-Modul und (mi)i∈I eine Familie von Elementen von M .

(1) Die Familie (mi)i∈I heißt linear unabhangig, wenn fur jede endliche Teilmenge J ⊂ Igilt ∑

j∈Jrjmj = 0 mit rj ∈ R =⇒ rj = 0 fur alle j ∈ J.

(2) Die Familie (mi)i∈I heißt Erzeugendensystem von M, wenn 〈{mi : i ∈ I}〉 = M .

Page 37: Inhaltsverzeichnis Jordan-Normalform · 1. Jordan-Normalform 1 2. Bilinearformen und quadratische Formen 11 3. Euklidische und unit are Vektorr aume 19 4. Ringe und Moduln 32 Literatur

LINEARE ALGEBRA II: LEHRPLAN 37

(3) Eine Basis von M ist eine lineare unabhangig Familie (mi)i∈I von Element von M , dieM erzeugt.

(4) M heißt frei, wenn M eine Basis besitzt.

Beispiel.

(1) Rn ist ein freier R-Modul mit Basis A = {e1, . . . , en}, wobei ei = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0)mit der 1 an i-ter Stelle.

(2) Sei K ein Korper. Jeder K-Vektorraum ist ein freier K-Moduln.(3) Nicht jeder R-Modul ist frei: Sei R = Z und M = Z/nZ. Fur m = a + nZ ∈ M gilt

n ·m = n · a+ nZ = 0 + nZ. Daher ist die Menge {m} linear abhangig.

Satz 4.4. Sei A := {m1, . . . ,mn} eine endliche geordnete Teilmenge eines R-Modul M . Danngibt es einen Homomorphismus von R-Moduln

ϕA : Rn → M(r1, . . . , rn) 7→

∑ni=1 ri ·mi.

Ferner gilt

i) A ist genau dann ein Erzeugendensystem von M , wenn ϕA surjektiv ist.ii) A ist genau dann linear unabhangig, wenn ϕA injektiv ist.

iii) A ist genau dann eine Basis von M , wenn ϕA bijektiv ist.

Wenn M ein endlich erzeugter freier R-Modul ist, dann gibt es n ∈ N mit M ∼= Rn.

Literatur

• S. Bosch, Lineare Algebra, 4. Auflage, Springer-Verlag, 2008.• G. Fischer, Lineare Algebra: Eine Einfuhrung fr Studienanfanger (vieweg studium;

Grundkurs Mathematik),2013.• W. Klingenberg, Lineare Algebra und Geometrie, Springer-Verlag, 1984.• S. Lang, Introduction to linear algebra, Second edition, Springer, 1986.• S. Lang, Linear Algebra, Third edition, Springer, 1987.• J. Liesen und V. Mehrmann, Lineare Algebra, Vieweg, 2011.

Freie Universitat Berlin, Arnimallee 3, Raum 011, 14195 Berlin, Germany

[email protected]