Innere HV - Schilddrüse · Struma, ggfs. mit auskultierbarem Schwirren Osteoporose Hinweise für...

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Endokrinologie Matthias Kroiss

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Endokrinologie

Matthias Kroiss

Fall 1: Was ist mit Frau Müllers Augen los?

2

„komplettes Schilddrüsenlabor“

zurück nächster Fall

Ultraschall der Schilddrüse

zurück nächster Fall

Szintigraphie der Schilddrüse

zurück nächster Fall

… Schilddrüsen-

Funktionsstörung… morphologische

Schilddrüsen-

Veränderungen

Hyper-/Hypothyreose

manifest/subklinisch

Unterscheide

Schilddrüsenfunktion und ihre Störungen

Labordiagnostik der Schilddrüsenfunktion: Diagnostisches Paar

Primäre

SD-Insuffizienz

Hypothyreose

Hypophysäre

(sekundäre)

SD-Insuffizienz

(Hypotyreose)

Sekundäre

SD-Überfunktion

(Hyperthyreose)

Primäre SD-

Überfunktion

(Hyperthyreose)

Normal-

bereich

hochnormalerniedrigt

erniedrigt

normal

hoch

Peripheres Hormon (Thyroxin =T4)

Ste

ueru

ng

sh

orm

on

(T

SH

)

TSH basal

Euthyreose

fT3, fT4

manifeste

Hypothyreose

erniedrigt erhöht

manifeste

Hyperthyreose

erhöhtnormal erniedrigt

Sekundäre Hypothyreose

Hypothyreose Hyperthyreose

fT3, fT4

normal

subklinische

H*-thyreose

QUIZ:

Welche Schilddrüsenstoffwechsellage

liegt vor?

Frau „Müller“

1. Manifeste

Hypothyreose

2. Subklinische

Hypothyreose

3. Subklinische

Hyperthyreose

4. Manifeste

Hyperthyreose

5. Euthyreose

Fall 3: Frau T., 77 Jahre

TSH = 0,50 mIU/ml

1. Manifeste Hypothyreose

2. Subklinische Hypothyreose

3. Subklinische Hyperthyreose

4. Manifeste Hyperthyreose

5. Euthyreose

K., fünf Tage alt

1. Manifeste Hypothyreose

2. Subklinische Hypothyreose

3. Subklinische Hyperthyreose

4. Manifeste Hyperthyreose

5. Euthyreose

+ 92.30

3.5

15.6

Symptome der Hyperthyreose

Wärmeintoleranz

Psychomotorische Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen

Tachykardie, Vorhofflimmern

Gewichtsabnahme

Warme feuchte Haut, Schwitzen

Gehäufte Stuhlgangfrequenz/Diarrhoe

Haarausfall

Feinschlägiger Fingertremor

Zyklusstörungen

Struma, ggfs. mit auskultierbarem Schwirren

Osteoporose

Hinweise für endokrine Orbitopathie

MERKE:

Hyperthyreose ist noch keine Diagnose

1

Klinische Untersuchung bei klinischem

Verdacht auf Hyperthyreose

Zeichen der Schilddrüsenhormonwirkung

schlanker/kachektischer Habitus

hohe (unregelmäßige) Herzfrequenz

Schwitzen (T-Shirt im Winter), warme Haut

Tremor (feinschlägig)

Gesteigerte Reflexe

Unruhe

16

Klinische Untersuchung bei klinischem

Verdacht auf Hyperthyreose

Zeichen der Schilddrüsenerkrankung

Struma

• diffus oder knotig

Gesteigerte Schilddrüsendurchblutung (Schwirren)

17

Inspektion der Schilddrüse

Palpation der Schilddrüse

von hinten

Knoten und kaudale Begrenzung beim Schlucken

Lymphknoten (entlang der GNS, supraklavikulär)

nicht vergessen)

Klinische Einteilung der Struma nach WHO

Stadium 0: keine Struma

Stadium I: tastbare Struma

Stadium Ia: tastbare, aber auch bei Reklination des

Kopfes nicht sichtbare Struma

Stadium Ib: tastbare und unter Reklination des Kopfes

auch sichtbare Struma

Stadium II: auch ohne Reklination des Kopfes

sichtbare Struma

Stadium III: sehr große Struma, die auch aus

größerer Entfernung sichtbar ist und mit lokalen

Komplikationen verbunden ist.

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Auskultation der Schilddrüse

Atem anhalten lassen!

Hochfrequentes Schwirren -> Membran!

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Klinische Untersuchung bei klinischem

Verdacht auf Hyperthyreose

Zeichen der Endokrinen Orbitopathie Lidretraktion: über dem Limbus corneae wird die weiße Sklera

sichtbar (Dalrymple-Zeichen)

bei Blicksenkung bleibt das Oberlid weit zurück (Graefe-Zeichen)

seltener Lidschlag (Stellwag-Zeichen)

Exophthalmus

Chemosis der Bindehaut

Augenbewegungsstörungen (Mm. rectus inf. und med.)

meist beidseitig (häufig aber asymmetrisch)

Folgeerscheinungen: Keratitis, Hornhaut-Ulzerationen

Opticuskompression

erhöhte Augendruckmessung

Gesichtsfeld- bzw. Visuseinschränkungen

Hyperthyreose - Ursachen

Autonomie der Schilddrüse (unifokal, multifokal,

disseminiert)

immunogene Hyperthyreose (M. Basedow)

iatrogen (zu hohe L-Thyroxin-Dosis) faktiziell

Hyperthyreote Phase bei Hashimoto-Thyreoiditis

Thyreoiditis de Quervain

Schwangerschaftshyperthyreose

Extrem selten: TSHom

Endokrino Merksatz

Biochemie immer VOR Bildgebung

Weitere Diagnostik bei Hyperthyreose

SD-Sonographie

SD-Antikörper: TSH-Rezeptor-Autoantikörper, (TPO-AK, Tg-AK)

SD-Szintigraphie

oft reicht “Teilprogramm”

bei Hinweis für Basedow (z.B. Schwirren über SD, Orbitopathie) Szinti verzichtbar

bei V.a. Autonomie (z.B. sonographisch Struma nodosa) keine Antikörper

Schilddrüsensonographie

Vordere Halsmuskulatur Schildknorpel/Trachea

A. carotis communis Oesophagus

Schilddrüsensonographie

Rechter SD-Lappen

Linker SD-Lappen

Isthmus

Schilddrüsenvolumen: 25 ml ♂

18 ml ♀

Schilddrüsensonographie bei M. Basedow

Immunhyperthyreose = Morbus Basedow

Prävalenz ca. 1%

Symptome der Hyperthyreose und ggf. endokrine Orbitopathie

kausal und pathognomonisch: TSH-Rezeptorautoantikörper

Sanitätsrat Dr. Karl Adolf von Basedow

(26.03.1799-14.4.1854)

Kreisphysikus von Merseburg

M. Basedow und Endokrine Orbiopathie

Ursache der EO

Expression des TSH-Rezeptors auf Orbitafibroblasten

Coexpression und „Crosstalk“ zwischen TSH-Rezeptor

und IGF1-Rezeptor

Stimulation der Proteoglykan-/Kollagenproduktion

30

31Smith TJ, Hegedüs L. N Engl J Med 2016;375:1552-1565.

M. Basedow und Endokrine Orbiopathie

Ursache der EO

Expression des TSH-Rezeptors auf Orbitafibroblasten

Coexpression und „Crosstalk“ zwischen TSH-Rezeptor

und IGF1-Rezeptor

Stimulation der Proteoglykan-/Kollagenproduktion

Therapie

Selen und Lokaltherapie bei milder EO

Hochdosierte i.v.-Corticosteroide bei moderater bis

schwerer EO (Methylprednisolon 0,5 g einmal

wöchentlich für 6 Wochen, dann 0,25 g; max. 8 g

32

Potentielle zukünftige Therapie:

IGF1-Rezeptorinhibitoren

33Smith TJ et al. N Engl J Med 2017;376:1748-1761.

Therapiekonzept bei M. Basedow

initial Thyreostatika (z.B. 10-20 mg Thiamazol) zur

Induktion einer Euthyreose

Aufrechterhaltung der Euthyreose mit Thyreostatika (± L-

Thyroxin) für 6-12 Monate

danach Beendigung der Thyreostase und

Verlaufsbeobachtung

erst bei Rezidiv Durchführung der definitiven Therapie

(Operation oder Radiojodtherapie)

Perchlorat

Cooper N Engl J Med 2005

Thiamazol

Wirkung von Thyreostatika

Überlegungen zur definitiven Therapie bei

M. Basedow

Bei den meisten Patienten sind sowohl Radiojodtherapie als

auch SD-Operation plausible Therapieverfahren .

bei großer Struma (> 60 ml), mechanischen Problemen,

gleichzeitigen kalten Knoten, ausgeprägte Orbitopathie:

eher Operation

bei voroperiertem Hals und wenn die funktionelle Störung

(und nicht die Struma) im Vordergrund steht: eher

Radiojodtherapie

Hyperthyreose bei Schilddrüsenautonomie

3

Pathogenese Struma und Schilddrüsenknoten

Normale Schilddrüse

Struma

Struma nodosa

Multifokale Schilddrüsenautonomie mit Hyperthyreose

► Jodmangel

► geringe chronische Stimulation

► TSH?, TSH Sensitivität?

► Wachstumsfaktoren)

► Selektion autonomer Zellen durch vermehrte

Proliferation

► zunehmende funktionelle Autonomie

Unterscheidungsmerkmale von

immunogener Hyperthyreose und Autonomie

Parameter M. Basedow Autonomie

Alter meist < 50 Jahre meist > 50 Jahre

Struma diffus, weich knotig

Strumaanamnese kurz lang

Schwirren häufig niemals

Orbitopathie 30-50% fehlt

Sonographie echoarm Struma nodosa

Szintigramm homogene inhomogene

Speicherung Speicherung

TSH Rezeptor AK 70-80% sehr selten

Hyperthyreose durch

Jodkontamination selten häufig

Therapiekonzept bei manifester

Schilddrüsen-Autonomie

Radiojod Operation

Volumen < 40ml >60ml

(aber bis 100 mgl.)

Knoten unifokal Verdacht auf Malignom

Sonst. Op-Risiko Kinderwunsch

„Patientenwunsch“

Merke: Bei Hyperthyreose aufgrund einer

Schilddrüsenautonomie sind Thyreostatika

KEINE DAUERTHERAPIE

Fall 3: Frau T., 77 Jahre

Subklinische Hyperthyreose

Gabe von jodhaltigem

Röntgen-Kontrastmittel

geplant

Ultraschall

Subklinische Hyperthyreose

Problem: Macht die subklinische Hyperthyreose krank?

Risiko der Entwicklung einer manifesten

Hyperthyreose

Risiko einer Jodexposition und damit Auslösung

einer hyperthyreoten Krise

Neigung zur Osteoporose

Beeinflussung der kardiale Situation

Änderungen des TSH bei Verlaufskontrollen

MERKE:

Leicht pathologische TSH-Werte sollten vor

therapeutischer Konsequenz kontrolliert werden!

Meyerovitch et al. Arch Intern Med 2007

L-Thyroxin:

Das am 2. häufigsten verordnete Medikament in Deutschland

16 Mio. Verordnungen, 243 Mio. € Kosten pro Jahr

Praktisches Vorgehen bei

subklinischer Hyperthyreose

Bestätigung der subklin. Hyperthyreose im Abstand

von 4-6 Wochen

SD-Sonographie => ggf. Antikörper, SD-Szinti

Risikoabschätzung: kardiale VE, Osteoporose, KM-

Gabe geplant?

Einzelfallentscheidung

Welche Beschwerden erwarten Sie bei

einer Hypothyreose ?

HyperthyreoseHypothyreose

Hypothyreose ist auch keine Diagnose...

Autoimmunthyreoiditis

(Hashimoto-Thyreoiditis) sekundäre (hypophysäre) Hypothyreose

Medikamenteneinnahme

infiltrative Erkrankungen (Hämochromatose, Leukämien etc.)

extrem selten

Passagere Hypothyreose:

Postpartum-Thyreoiditis

Subakuten Thyreoiditis de Quervain

„Iatrogen“: postoperativ bzw. nach Radiojod- oder

Bestrahlungstherapie

Welche Diagnostik veranlassen Sie?

1) TSH

freies T3 und freies T4

2) Schilddrüsen-Sonographie (i.d.R. echoarm und

eher klein)

3) SD-Antikörper: TPO-AK, Tg-AK (Keine TRAK!)

Keine Szintigraphie oder Biopsie !!!

Therapie der Hypothyreose

Therapie erfolgt mit L-Thyroxin (=T4)

Einnahme muss nüchtern erfolgen !!! (oder zum

Bettgehen)

Reine T3-Präparaten sind nicht indiziert

Kombinationspräparate bleiben Einzelpatienten

vorenthalten

Übertherapie vermeiden!!!

Auffällig: ca. 30% der Patientinnen mit Hashimoto-

Thyreoiditis geht es trotz “perfekter” Substitution

nicht wirklich gut

Zusammenfassung Schilddrüse I

Laborscreening

TSH sehr guter Screening-Parameter

Hyperthyreose

Klinik: Wärmeintoleranz, Tachykardie, schwitzige Haut, Gewichtsabnahme, Nervosität, Stuhlgangfrequenz ↑

Ursachen: Basedow + Autonomie = 99% der Fälle

Basedow-Therapie primär medikamentös

Therapie der Autonomie gleich definitiv (Radiojod o. Op)

Zusammenfassung Schilddrüse I

Hypothyreose

Klinik (“Spiegelbild” zur Hyperthyreose): Kälteintoleranz, trockene Haut, Gewicht ↑, Obstipation

Fast immer Hashimoto (oder iatrogen)

Standardtherapie mit L-Thyroxin

Schilddrüsenknoten und bösartige

Schilddrüsenerkrankungen

Schilddrüsenultraschall

zurück Fall weiter

Schilddrüsenultraschall

zurück Fall weiter

Schilddrüsenszintigraphie

zurück Fall weiter

Schilddrüsenkarzinom?

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Inzidenz Schilddrüse (C73)

Mortalität Schilddrüse (C73)

Epidemiologie nach Histologie

Schilddrüsenkarzinom

Adenokarzinom(Differenziertes Karzinom)

papillär

follikulär

Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom

MedulläresSchilddrüsenkarzinom

sporadisch

hereditär

7 5 - 8 0%

1 0 - 1 5%

~ 1%~ 5% -

1 5%

7 5 - 8 0%

2 0 - 2 5%

Untersuchung an 96.278 Angestellten

Alter 18 – 30 J. 31 – 45 J. 45 – 65 J.

Reiners et al. Thyroid 14: 926, 2004

Struma-Prävalenz in Deutschland –

Anstieg mit dem Alter

Angaben zu den Frauen (Männer sehr ähnlich)

Differentialdiagnose bei Schilddrüsenknoten

Malignom Kein Malignom

Diagnostisches Arsenal

Labor:

TSH (fT3, fT4): autonomes Adenom?

Calcitonin: Tumormarker für medulläres SD-Ca

Ultraschall:

sonographische Malignitätszeichen? Durchblutung?

Schilddrüsen-Szintigraphie:

hypofunktionell?

Feinnadelpunktion

zytologischer Hinweis auf Schilddrüsen-Ca?

Calcitonin als Screeningmarker

Nach deutscher Leitlinie bei Nachweis von Knoten

>1 cm

Einer der wenigen Screening-Tumormarker

Niedrige Prä-Testwahrscheinlichkeit, daher Gefahr

falsch positiver Ergebnisse

Umstritten, Einsatz mit Bedacht ist sinnvoll

Schilddrüsenultraschall

Haugen et al ATA Guideline 2015

Ivanac et al. Ultraschall Med. 2007 & Frates et al. J Ultrasound Med. 2003

Typisierung der Perfusion (FKDS) in Schilddrüsenknoten

Sonographische Malignitätskriterien

Führer et al. Dt. Ärzteblatt 2012

Feinnadelpunktion

Was sieht der Zytologe und Pathologe?

Papilläres Karzinom Follikuläre Neoplasie

Papilläres Karzinom Follikuläres Karzinom

Medikamentöse Strumatherapie

-25

-20

-15

-10

-5

0

Placebo Jodid L-Thyroxin Jodid-T4

Vo

lum

en

-Än

deru

ng

in

%

Knoten

SD-Volumen

LISA-Studie: 1063 Struma-Patienten in Deutschland

Grussendorf et al. J Clin Endocrin Metab 2011

* p < 0.05

* p < 0.001**

*

**

Spezialfall medulläres Schilddrüsenkarzinom

► von C-Zellen ausgehend

► Tumormarker Calcitonin

► keine (Radio-) Jodaufnahme

► 20-25% hereditär

Multiple Endokrine

Neoplasie Typ 2► MEN2A

► Medulläres Schilddrüsenkarzinom (Leittumor)

► Phäochromozytom

► prim. Hyperparathyreoidismus

► MEN2B

► Medulläres Schilddrüsenkarzinom (Leittumor)

► Phäochromozytom

► Marfanoider Habitus, Ganglioneurome der Zunge

nach Raue F & Frank-Raue K, Clinics 2012

Elisei R et al, Eur Thyroid J 2012

MERKE:

das differenzierte (und auch medulläre)

Schilddrüsenkarzinom hat in der Regel eine

exzellente Prognose

► in der Regel entsteht dem Patienten durch

Zuwarten kein Schaden

Zusammenfassung Schilddrüse II

Schilddrüsenknoten

Sono, Szinti und ggf. Feinnadelzytologie zur Dignitätsbeurteilung

Knoten insgesamt sehr häufig, maligne Knoten darunter relativ selten

Screeningtumormarker Calcitonin

in aller Regel indolenter Verlauf der Schilddrüsenkarzinome, daher Beobachtung oft gerechtfertigt

Therapie der euthyreoten Struma: Jodid + L-Thyroxin; Op “nur” bei Verdrängungsproblemen und belastbarem Malignitätsverdacht