InstutfürMusikforschung - uni-wuerzburg.de · 2013. 7. 13. ·...
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Ins$tut für Musikforschung
Sommersemester 2013 Vorlesung Prof. Dr. Ulrich KONRAD
Musikgeschichte von der AuFlärung bis zur Gegenwart 2. Teil
S$chworte zur Reflexion von Begriff und Sache der Roman$k Vielsträhnige geis$ge Entwicklung von Ideen über das Verhältnis von Welt und Kunst im späten 18. und im 19. Jahrhundert, die sich einer klaren „Defini$on“ oder Festlegung ihrer Inhalte entzieht. Verwirklicht sich primär im Geis$gen, im Denken, in der Theorie, in der Weltanschauung – sie ist mehr eine Form utopischen Denkens über Poesie und Kunst als einer Kunstpraxis. Roman$k ist eine ideengeschichtliche Strömung, die von der Literatur ausgeht und die sich im geschriebenen Wort verwirklicht. In dieser Strömung wird der Musik eine herausragende Rolle zugeschrieben = Musik in der (literarischen und philosophischen) Roman$k. Von diesem Roman$kverständnis freilich nicht unabhängig oder losgelöst, aber doch auf eigenen Voraussetzungen basierend, lässt sich eine musikgeschichtliche Phase im 19. Jahrhundert beobachten, die als roman$sch bezeichnet worden ist = Musikalische Roman$k, roman$sche Musik. Musik in der Roman$k und Musikalische Roman$k unterscheiden sich im Werkrepertoire: Die Musikvorstellung der literarischen Roman$k hat nichts mit den Werken der musikalischen Roman$ker zu tun, wie umgekehrt die musikalischen Roman$ker ihre Musikanschauung nicht an den Werken ausgerichtet haben, die zuvor die Roman$k bewegt haben.
Idealtypische Folge von „Roman$ken“: 1) die literarische, 2) die philosophische, 3) die bildkünstlerische, 4) die musikalische.
Literarische Roman$k I. Frühroman$k 1790–1801 Ludwig Tieck, Wilhelm Heinrich Wackenroder, Wilhelm und Friedrich Schlegel Jena, Berlin
II. Hochroman$k 1801–1815 Heidelberg, Dresden, Wien
III. Spätroman$k 1820–1850 („katholische Roman$k“) Friedrich Schlegel (Wien) / Joseph Görres (München)
Die Literarische Roman$k ist ein Parallel-‐ und Konkurrenzphänomen zur Literarischen / Künstleri-‐schen Klassik. Klassik mit ihrem Bezug auf die Klassische An$ke unterscheidet sich im Ansatz von der Roman$k mit ihrem Bezug auf die christlich-‐mikelalterliche Kultur. Literarische Klassik (Goethe, Schiller), Musikalische Klassik (Haydn, Mozart, Beethoven) und Literari-‐sche Roman$k sind die im Kunstleben des späteren 18. und früheren 19. Jahrhunderts gleichzei$g nebeneinander stehenden Erscheinungen. Entdeckung und Idealisierung des Urtümlichen und des Früheren, Idealisierung naturhaler Zustän-‐de, zum Beispiel:
– die Rolle des Kindes und der Kindheit; – die Bedeutung des vermeintlich von der Kunst unberührten Erzählens und Singens im Volk:
Märchen (Sammlungen der Brüder Grimm), Volkslieder (Herder: S$mmen der Völker); – die Rolle engelhaler, reiner Frauengestalten (Genoveva, Oper: Agathe, Elsa) – die Entdeckung und psychologische Auffassung von S$mmung, Gefühl und Phantasie – Mikelalterbegeisterung; H. Heine, Die Roman$sche Schule (1835): „Sie war nichts anders als die Wiedererweckung der Poesie des Mikelalters, wie sie sich in dessen Liedern, Bild-‐ und Bauwerken, in Kunst und Leben manifes$ert hake.“ – mit der Mikelalterbegeisterung einhergehend: „Akrak$on des Katholischen“ – das ersehnte Goldene Zeitalter war ein christliches, vorreformatorisch-‐katholisches
Musik nimmt in den ästhe$schen Reflexionen der Roman$ker eine herausragende Stellung ein: 1. als emo$onale Wirkungsmacht – die Klänge der Musik und die Harmonie überwinden die zeit-‐lichen Grenzen des Buches und die räumlichen Grenzen des Bildes. Das Bild hält den Augenblick im Raum fest, das Buch beschreibt, aber es fehlt im die lebendige Handlung: Die Musik kennt weder Bindung an den Augenblick, sie ist nicht räumlich, und sie kann nicht beschreiben: sie ist, so die Roman$ker, die wahre Sprache der Seele. Gleichwohl kommt der Sprache in Beziehung auf Musik eine wich$ge Funk$on zu: Sie kann Musik beschreiben, und mit diesen Beschreibungen von Musik kann sich der Künstler in nie gehörte und unerhöhte Bereiche vortasten, ist unabhängig von kon-‐kreter Musik und ihrer Aufführung. Roman$sche Musikästhe$k ist daher auch keine Theorie der Wahrnehmung, sondern eine Metaphysik der Kunst. Der solcherart „roman$sche Musiker“ ist als Theore$ker dem Tonkünstler immer voraus, da er nicht an die Praxis und Tradi$on der Komposi$on gebunden ist.
2. Im Zentrum der roman$schen Musikästhe$k steht die Instrumentalmusik, vor allem die Sympho-‐nie. Entscheidend für die Musik als Sprache der Seele ist ihre Lösung von allem Nichtmusikalischen wie Sprache, Programm oder Sujet. Die von allem Außermusikalischem gelöste Musik heißt „absolu-‐te Musik“ (lat. „absolvere“). Dieser Gedanke wird in der literarischen Roman$k immer wieder for-‐muliert; eine konzentrierte Darstellung findet er in einer Rezension der Fünlen Symphonie Beetho-‐vens durch E.T.A. Hoffmann, erschienen 1810.
Sinfonie […] composée […] par Louis van Beethoven, […] œuvre 67, No. 5 des Sinfonies Rezension von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, in: AmZ 12 (1810/11), No. 40, 4. Juli, Sp. 630–642, No. 41, 11. Juli, Sp. 652–659 […] „Wenn von der Musik als einer selbständigen Kunst die Rede ist, sollte immer nur die Instrumentalmusik gemeint sein, welche, jede Hülfe, jede Beimischung einer andern Kunst verschmähend, das eigentümliche, nur in ihr zu erkennende Wesen der Kunst rein ausspricht. Sie ist die roman$schste aller Künste – fast möchte man sagen: allein rein roman$sch.“ […] „Die Musik schließt dem Menschen ein unbekanntes Reich auf; eine Welt, die nichts gemein hat mit der äußern Sinnenwelt, die ihn umgibt, und in der er alle durch Begriffe bes$mmbaren Gefühle zurückläßt, um sich dem Unaussprechlichen hinzugeben.“ […] „in dem $efern, innigeren Erkennen des eigentümlichen Wesens der Musik liegt es, daß geniale Komponisten die Instrumentalmusik zu der jetzigen Höhe erhoben. Haydn und Mozart, die Schöpfer der neuern Instrumentalmusik, zeigten uns zuerst die Kunst in ihrer vollen Glorie; wer sie da mit voller Liebe anschaute und eindrang in ihr innerstes Wesen ist – Beethoven. Die Instrumentalkomposi$onen aller drei Meister atmen einen gleichen roman$schen Geist, welches eben in dem gleichen innigen Ergreifen des eigentümlichen Wesens der Kunst liegt.“
Robert Schumann, Humoreske op. 20 (1838) Friedrich Schlegel: „Durch alle Töne tönet Im bunten Erdentraum Ein leiser Ton gezogen Für den der heimlich lauschet.“ Joseph von Eichendorff: „Schläl ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort
Dombauvereins-‐Gedenkblak 1851 Nach E. Fr. Zwirner
Robert Schumann, Messe op. 147 Titelblak des Erstdrucks
V. 1800 bis 1814 Zeit des Umbruchs und der Neubes$mmung im Europa der Eroberungs-‐ und Befreiungskriege: Beethoven und Rossini (Symphonik, Kammermusik, Oper).
VI. 1814 bis 1830 Konsolidierung des Musiklebens. Spätwerk Beethovens und Ende der Opernepoche Rossinis. Komponieren „neben“ Beethoven (Fr. Schubert). Deutsche Oper (C. M. von Weber).
VII. 1830 bis 1850 Roman>k und Phantas>k (R. Schumann, H. Berlioz). Virtuosität und dichterische Sympho-‐ nik (N. Paganini, Fr. Liszt). Klassizismus (F. Mendelssohn). Palestrina-‐Renaissance.
VIII. 1850 bis 1875 Das Musikdrama und die Oper (R. Wagner, G. Verdi). Absolute Musik (Joh. Brahms; Kammermusik). Neudeutsche versus Akademiker.
IX. 1875 bis 1890 Das „zweite Zeitalter der Symphonie“ (Brahms, A. Bruckner, A. Dvořák, P. Tschaikowski). Bürgerliche Repräsentanz (oratorische Musik). Oper neben und nach Wagner.
X. 1890 bis 1920 Fin de siècle: Ausdrucks-‐ und Bekenntnismusik, Impressionismus (R. Strauss, G. Mahler, Cl. Debussy). Moderne: An$-‐Roman$k und Atonalität (A. Schönberg, I. Stravinsky, P. Hindemith). Beginn des „Kunstwerks im Zeitalters seiner technischen Reproduzierbarkeit“: Schallaufzeichnung, Rundfunk.
SQchworte zur Geschichte der Sinfonie/Symphonie im 19. Jahrhundert 1. Überragende Gakung in der (deutschen) Musik
a) Rolle der Instrumentalmusik: „reinste“ und freieste“ der Künste b) das „Unaussprechliche“ (Musik als „Sprache des Unaussprechlichen“) c) das „rein Poe$sche“ (keine konkreten, sich in der Wirklichkeit vollziehenden Geschichten)
Ablehnung des „Prosaischen“ und „Pikoresken“ (= Programm-‐Sinfonien); Forderung nach „Charakter“ („Werkidee“, „poe$sche Idee“), darin Grenzgang zwischen „Unaussprechlichkeit“ und „Bes$mmtheit“ (Beethoven Pastorale: „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“): kompositorischer Charakter ≠ sprachliche Unbes$mmtheit Roman$sches Probleme mit der Einbeziehung des Wortes (Beethovens Neunte) und dem Literarisch-‐Programma$schen
d) „reine Instrumentalmusik“ = die „roman$schste“ aller Künste e) Sinfonie als Produkt der „Heroen der Tonkunst“ Haydn, Mozart, Beethoven u.a. (≠ italienische und
französische Oper) f) Ästhe$scher Anspruch der Gakung wird abgeleitet aus der Individualität der neun Sinfonien
Beethovens
2. „Größe“ der Gakung a) Herrschal des Ensembles: Orchester „große Versammlung, wo jeder redet“ ≠ rein Subjek$ve (Sonate, Quartek) b) Ausgedehnte Form vergleichbar mit großen literarischen Formen (Roman, Drama), auch „Tonnovelle“ Satzstruktur: vielfäl$g; dicht in den mo$visch-‐thema$schen Beziehungen; Mannigfal$gkeit der Mikel und Einheit des Werkganzen Viersätzigkeit: Eröffnung – Gesang – Tanz – Schluss = Ineinander von Funk$on und Kategorien des Musikalischen Finale Anlage c) Soziales Phänomen: Öffentliche Gakung – Massenhale Zuhörerschal Konzert, Konzertsaal Entwicklung der örtlichen und überörtlichen Presse (Korrespondentennetz; Förderung der roman$schen Idee, Patrio$smus)
Phasen der Sinfoniegeschichte im 19. Jahrhundert 1800–1824 Sinfonisches Schaffen Ludwig van Beethovens
op. 21 (1799/1800), op. 36 (1801/02), op. 55 „Eroica“ (1803/04), op. 60 (1806), op. 67 (1804–08), op. 68 „Pastorale“ (1807/08), op. 92 (1811/12), op. 93 (1811/12), op. 125 (1822–1824)
1820–1850 Sinfonie „nach“ Beethoven Franz Schubert: Sinfonie 1–6 (1813–1818); 7. „Unvollendete“ (1822), 8. „Große C-‐Dur“ (1825) Felix Mendelssohn Bartholdy 1. (1824), 5. „Reforma$on“ (1832), 4. „Italienische“ (1833), 2. Lobgesang“ (1840), 3. „Scho}sche“ (1841/42) Robert Schumann 1. „Frühling“ (1841), 4. (1841/1851), 2. (1845/46), 3. „Rheinische“ (1850)
1830 ff. Drama$sche „Programmsinfonie“ Hector Berlioz „Symphonie fantas$que“ op. 14 (1830), Harold en Italie (1834)
1850–1870 „Krise der Sinfonie“ 1850 ff. „Sinfonische Dichtung“
Franz Liszt, 1850ff. u.a. Ce qu'on entend sur la montagne (nach V. Hugo), Les Préludes (nach LamarGne), Mazeppa (nach V. Hugo), Hunnenschlacht (nach einem Gemälde von W. Kaulbach), Orpheus, Tasso, Lamento e Trionfo, Prometheus, Festklänge, Hungaria Richard Strauss, 1888ff. Macbeth, Don Juan, Tod und Verklärung, Till Eulenspiegels lusGge Streiche, Also sprach Zarathustra, Don Quixote, Ein Heldenleben, Symphonia domesGca, Eine Alpensinfonie
1870ff. Das „zweite Zeitalter“ der Sinfonie Johannes Brahms, 4 Sinfonien: op. 68 (1862–1876), op. 73 (1877), op. 90 (1883), 98 (1885) Anton Bruckner, 9 Sinfonien: 1. (1866, 1877, 1890/91), „Nullte“ [= Annullierte] (1869) 2. (1872, 1877), 3. (1873, 1877, 1889), 4. („Roman$sche“, 1874, 1878, 1880, 1889), 5. (1878), 6. (1881), 7. (1883), 8. (1887, 1890), 9. (1887–1896, unvollendet) Antonìn Dvořák, 9 Sinfonien: 1. „Die Glocken von Zlonice“ (1865), 2. (1865), 3 (1873), 4(1874), 5 (1875), 6 (1880), 7 (1885), 8. (1889), 9. „Aus der neuen Welt“ (1893) Peter Tschaikowski, 6 Sinfonien: 1. „Winterträume“ (1866), 2. „Kleinrussische“ (1872), 3. „Polnische“ (1875), 4. „Fatum“ (1877), 5. (1888), 6. „Pathé$que“ (1893)
1886ff. Französische Symphonie César Franck (1886-‐1888), Camille Saint-‐Saëns „Orgelsinfonie“ (1886), Eduard Lalo (1886)
Phasen der Sinfoniegeschichte im 19. Jahrhundert 1800–1824 Sinfonisches Schaffen Ludwig van Beethovens
op. 21 (1799/1800), op. 36 (1801/02), op. 55 „Eroica“ (1803/04), op. 60 (1806), op. 67 (1804–08), op. 68 „Pastorale“ (1807/08), op. 92 (1811/12), op. 93 (1811/12), op. 125 (1822–1824)
1820–1850 Sinfonie „nach“ Beethoven Franz Schubert: Sinfonie 1–6 (1813–1818); 7. „Unvollendete“ (1822), 8. „Große C-‐Dur“ (1825) Felix Mendelssohn Bartholdy 1. (1824), 5. „Reforma$on“ (1832), 4. „Italienische“ (1833), 2. Lobgesang“ (1840), 3. „Scho}sche“ (1841/42) Robert Schumann 1. „Frühling“ (1841), 4. (1841/1851), 2. (1845/46), 3. „Rheinische“ (1850)
1830 ff. Drama$sche „Programmsinfonie“ Hector Berlioz „Symphonie fantas$que“ op. 14 (1830), Harold en Italie (1834)
1850–1870 „Krise der Sinfonie“ 1850 ff. „Sinfonische Dichtung“
Franz Liszt, 1850ff. u.a. Ce qu'on entend sur la montagne (nach V. Hugo), Les Préludes (nach LamarGne), Mazeppa (nach V. Hugo), Hunnenschlacht (nach einem Gemälde von W. Kaulbach), Orpheus, Tasso, Lamento e Trionfo, Prometheus, Festklänge, Hungaria Richard Strauss, 1888ff. Macbeth, Don Juan, Tod und Verklärung, Till Eulenspiegels lusGge Streiche, Also sprach Zarathustra, Don Quixote, Ein Heldenleben, Symphonia domesGca, Eine Alpensinfonie
1870ff. Das „zweite Zeitalter“ der Sinfonie Johannes Brahms, 4 Sinfonien: op. 68 (1862–1876), op. 73 (1877), op. 90 (1883), 98 (1885) Anton Bruckner, 9 Sinfonien: 1. (1866, 1877, 1890/91), „Nullte“ [= Annullierte] (1869) 2. (1872, 1877), 3. (1873, 1877, 1889), 4. („Roman$sche“, 1874, 1878, 1880, 1889), 5. (1878), 6. (1881), 7. (1883), 8. (1887, 1890), 9. (1887–1896, unvollendet) Antonìn Dvořák, 9 Sinfonien: 1. „Die Glocken von Zlonice“ (1865), 2. (1865), 3 (1873), 4(1874), 5 (1875), 6 (1880), 7 (1885), 8. (1889), 9. „Aus der neuen Welt“ (1893) Peter Tschaikowski, 6 Sinfonien: 1. „Winterträume“ (1866), 2. „Kleinrussische“ (1872), 3. „Polnische“ (1875), 4. „Fatum“ (1877), 5. (1888), 6. „Pathé$que“ (1893)
1886ff. Französische Symphonie César Franck (1886-‐1888), Camille Saint-‐Saëns „Orgelsinfonie“ (1886), Eduard Lalo (1886)
Franz Schubert, Sinfonie Nr. 7 h-‐Moll „Unvollendete“ D 759 (1822), 1. Satz
Eröffnung
1. Satzgruppe
ExposiQon
h
h
Titelblak der autographen Par$tur Wien, Gesellschal der Musikfreunde
Übergang
2. Satzgruppe
h
G
Überleitung
Durchführung 1. Variante der Eröffnung
1. Phase
2. Variante
h
e e
der Eröffnung 2. Phase der Durchführung
Reprise
1 Satzgruppe
e
h
Übergang
2. Satzgruppe
fis
D
Überleitung
3. Variante der Eröffnung
Epilog
H
h
SituaQon der europäischen Oper im 19. Jahrhundert I. Italien
1. 1813–1830 „Ära“ Gioacchino Rossini 2. 1830–1850 Oper nach Rossini: „RomanQsche Gesangsoper“ (Vincenzo Bellini, Gaetano Donized) 3. 1842-‐1893 „ Ära“ Giuseppe Verdi 4. 1890–1915 Verismo (Pietro Mascagni, Ruggero Leoncavallo)
II. Frankreich 1. 1790–1814 Oper der RevoluQonszeit und der Ära Napoleon: tragédie lyrique, Schreckens-‐ und Reiungsoper, Heroische Oper (Gaspare SponQni, Luigi Cherubini, ÉQenne-‐Nicolas Méhul) 2. 1814–1850 Opéra comique (François-‐Adrien Boieldieu, Daniel-‐François-‐Esprit Auber, Adolphe Adam) 3. 1830–1865 Grand opéra (Giacomo Meyerbeer, Jacques-‐Fromental Halévy, Hector Berlioz) 4. 1850–1885 Opéra bouffe (Jacques Ofenbach), Drame lyrique (Ambroise Thomas, Charles Gounod, Jules Massenet) , Georges Bizet
III. Deutschland 1. 1810er Jahre RezepQon italienischer und französischer Formen, Singspiel (L. van Beethoven, Franz Schubert) 2. 1816–1850 Deutsche romanQsche Oper (E.T.A. Hoffmann, Carl Maria von Weber, Heinrich Marschner, Richard Wagner) 3. 1830–1850 Deutsche (komische) Spieloper (Albert Lortzing, Oio Nicolai, Friedrich von Flotow) 4. 1850–1883 „Musikalisches Drama“ Richard Wagners 5. 1890er Jahre ff. Oper „nach Wagner“: Monumentaloper, Märchenoper (Engelbert Humperdinck), Heitere Oper (Hugo Wolf, Ermanno Wolf-‐Ferrari), Verismo (Eugen d‘Albert), Volksoper (Wilhelm Kienzl)
Richard Wagner (1813–1883) „Opern“: Die Feen (1833/34), Das Liebesverbot (1836), Rienzi (1840) – Der Fliegende Holländer (1843),
Tannhäuser (1845), Lohengrin (1848) „Dramen“: Der Ring des Nibelungen, Vorabend Das Rheingold, 1. Tag Die Walküre, 2. Tag Siegfried,
3. Tag Gö[erdämmerung (1853–1874) Tristan und Isolde (1859) � Die Meistersinger von Nürnberg (1868) � Parsifal (1882)
MusiktheoreQsche Hauptwerke: Die Kunst und die RevoluGon (1849) � Das Kunstwerk der Zukun] (1850) � Oper und Drama (1851)
� Ausgangspunkt für die Bes$mmung des „(Musik-‐)Dramas“ ist die Feststellung, dass „der Irrtum in dem Kunstgenre der Oper darin bestand, daß ein Mikel des Ausdruckes (die Musik) zum Zwecke, der Zweck des Ausdruckes (das Drama) aber zum Mikel gemacht war“ (Oper und Drama, 1. Teil)
� Ziel des (musikalischen) Dramas als „Gesamtkunstwerk“: „Das große Gesammtkunstwerk, das alle Gakungen der Kunst zu umfassen hat, um jede einzelne dieser Gakungen als Mikel gewissermaßen zu verbrauchen, zu vernichten zu Gunsten der Erreichung des Gesammtzweckes aller, nämlich der unbedingten, unmikelbaren Darstellung der vollendeten menschlichen Natur, – dieses große Gesammtkunstwerk erkennt er nicht als die willkürlich mögliche That des Einzelnen, sondern als das nothwendig denkbare gemeinsame Werk der Menschen der Zukunl.“ (Das Kunstwerk der Zukun], Kapitel 5)
� Bedeutung des Künstlers und seines Werks für die Gesellschal: „Wo nun der Staatsmann verzweifelt, der Poli$ker die Hände sinken lässt, der Sozialist mit fruchtlosen Systemen sich plagt, ja selbst der Philosoph nur noch deuten, aber nicht vorausverkünden kann [...], da ist es der Künstler, der mit klarem Auge Gestalten ersehen kann, wie sie der Sehnsucht sich zeigen, die nach dem einzig Wahren – dem Men-‐schen – verlangt. Der Künstler vermag es, eine noch ungestaltete Welt im Voraus gestaltet zu sehen [...]. Aber sein Genuss ist Mikeilung [...], so findet er auch die Herzen, ja die Sinne, denen er sich mikeilen kann. [...] Der Erzeuger des Kunstwerkes der Zukunl ist niemand anderes als der Künstler der Gegenwart, der das Leben der Zukunl ahnt, und in ihm enthalten zu sein sich sehnt. Wer diese Sehnsucht aus seinem eigensten Vermögen in sich nährt, der lebt schon jetzt in einem besseren Leben – nur einer aber kann dies: – der Künstler.“ (Oper und Drama, 3. Teil))
Richard Wagner, Siegfried, 1. Akt, 2. Szene
„dichterisch-‐musikalische Periode“ „unendliche Melodie“ „Leitmo$v“
Giuseppe Verdi (1813–1901)
Werkübersicht nach Schaffensphasen (insgesamt 26 Opern)
1.) 1839–1843
Oberto (1839), Un giorno do regno (1840), Nabucco (1842), I Lombardi (1843) 2.) 1844–1853
u.a. Ernani (1844), I due Foscari (1844), Giovanna d‘Arco (1845), Macbeth (1847), I masnadieri (1847), Luisa Miller (1849), RigoleSo (1851), Il trovatore (1853), La traviata (1853)
3.) 1854–1884
u.a. Les vêpres siciliennes (1855), Simone Boccanegra (1857), Un ballo in maschera (1859), La forza del des>no (1862), Don Carlo[s] (1867/1884), Aida (1871)
4.) 1885–1893
Otello (1887), Falstaff (1893)
Giuseppe Verdi, Il trovatore (1853): I, 2 (No. 4)
Giuseppe Verdi, Il trovatore (1853): I, 2 (No. 4)
Einleitung
a) Orchestervorspiel
b) Rezita$v
c) Recita$vo accompagnato
d) Arioso
Erstes „Aria-‐Tempo“: CavaQna
1. Strophe:
2. Strophe:
(Cadenza)
Zwischenteil (duederend)
Zweites „Aria-‐Tempo“: Cabaleia
1. Strophe:
(Cadenza / Colratura)
Coda (Streia)
Künstlerische und poliQsche SituaQon um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert
Symphonie Oper „nach Beethoven“ „um/nach Wagner“
NaQonalismus
gründerzeitliche Auuruchphase ≠ Historismus
Steigerung des Ausdrucks-‐ und Bekenntniswillens: Musik ow im Dienste außermusikalischer, vor allem religiöser, philosophischer und weltanschaulicher Ideen.
Steigerung der Kunstmiiel auf allen Ebenen: immer größere Aufführungsapparate, immer weitere Zeitdimensionen, immer komplexere Formbildung (Rhythmik, Metrik, Harmonik)
Immer stärkere Ausdifferenzierung von Musikanschauungen und sQlisQschen Strömungen Zäsur 1909: „Atonalität“ (Arnold Schönberg, Drei Klavierstücke op. 11)