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Interaktionen zwischen Bürgern, Journalisten und Politikern in digitalen Öffentlichkeiten Dr. Christian Nuernbergk Sommerkolloquium der Hanns-Seidel-Stiftung Digitalisierung der Gesellschaft Chance für Beteiligung und Demokratie München, 25. Juli 2017

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Interaktionen zwischen Bürgern,

Journalisten und Politikern in digitalen

Öffentlichkeiten

Dr. Christian Nuernbergk

Sommerkolloquium der Hanns-Seidel-Stiftung

Digitalisierung der Gesellschaft – Chance für Beteiligung und Demokratie

München, 25. Juli 2017

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# 2Dr. Christian Nuernbergk

Gliederung

Einführung Digitalisierte Öffentlichkeiten

Mediennutzung im Wandel

Partizipation im Internet (Kommentieren, Petitionen)

Social Media als Interaktionsplattform

zwischen Bürgern, Politikern und Journalisten

Abschlussbemerkungen

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# 3

EINFÜHRUNG

Politische Kommunikation in digitalisierten Öffentlichkeiten

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# 4Dr. Christian Nuernbergk

Bürger /

Laienkomm.

Journalismus

Politisches

System

Dialog

Partizipation

Transparenz

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# 5Dr. Christian Nuernbergk

Digitalisierte Öffentlichkeiten

Was wir gegenwärtig erleben:

Mehr Variation der Kommunikationskanäle, -formate und -zyklen

Alte und neue Medien lassen sich immer weniger trennen,

sondern beeinflussen sich zunehmend gegenseitig

Die Spezifika digitalisierter Öffentlichkeiten beeinflussen die

Politikvermittlung und Partizipationsbedingungen

Plattformlogik und -steuerung

Personalisierung

Vernetzung

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# 6Dr. Christian Nuernbergk

Arenen der Online-Kommunikation: Persönliche Öffentlichkeiten

In persönlichen Öffentlichkeiten werden Informationen

1. … nach Kriterien der persönlichen Relevanz ausgewählt, nicht

notwendigerweise nach Kriterien der gesellschaftlichen Relevanz (die der

Journalismus anlegt),

2. … an ein (intendiertes) Publikum aus sozialen Kontakten gerichtet

(anstelle der Ansprache eines verstreuten, unverbundenen

Massenpublikums),

3. … im dominierenden Modus der Konversation, also im

wechselseitigen Austausch und Dialog, verbreitet (eher als im

Kommunikationsmodus des “Publizierens”).

(Schmidt 2014)

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# 7Dr. Christian Nuernbergk

Digitalisierte Öffentlichkeit

Dynamik

Spontane, ad hoc-Nutzung

Offene, flüchtige Nutzung

Live-Nutzung (z.B. twittern, Snapchat, Facebook Live)

Vergangenes in der Gegenwart nutzen (… nichts versendet sich)

Nutzung im Netzwerk

(Beschleunigung & Verlangsamung durch Dritte möglich—Interaktion)

Permanente Nutzung

Mobile Nutzungs- und Rezeptionssituation

Konsequenzen

Eigenes Monitoring & Beobachtung

durch andere im Netz und außerhalb!

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# 8Dr. Christian Nuernbergk

Digitalisierte Öffentlichkeiten

Grenzen und Probleme der Netzwerkkommunikation

Dramatisierung

Zuspitzung, Vereinfachung

Emotionalisierung & Visualisierung

Konflikte (z.B. auch Beschimpfung)

Manipulation und Verfremdung (z.B. Fake News)

Partizipationsbereitschaft

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# 9

MEDIENNUTZUNG IM WANDEL

Politische Kommunikation in digitalisierten Öffentlichkeiten

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# 10Dr. Christian Nuernbergk

Mediennutzung im Wandel (Zeitbudget-Studie)

Fernsehen und Radio nutzungsstärkste Medien in Deutschland

Tagesreichweite ab 14 Jahren: Fernsehen (80 %, 208 Min.); Radio (74 %,

173 Min.) Internet (46 %, 107 Min.); Tageszeitung (33 %, 23 Min.).

Ca. ein Viertel (24%) der Internet-Nutzungsdauer entfällt auf Medienangebote

Langzeitstudie

Massenkommunikation 2015

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# 11Dr. Christian Nuernbergk

Mediennutzung im Wandel: Digital News Report 2017

Hauptnachrichtenquellen nach Alter (Daten aus 36 Ländern)

Jüngere Ältere

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# 12Dr. Christian Nuernbergk

Wichtige Nachrichten-Kanäle

In Deutschland geben 6%, in der EU 10%, den USA 14%, und in

Australien 18% der Befragten an, dass Social Media ihre wichtigste

Nachrichtenquelle ist (Reuters Digital News Report 2016).

Nutzungsanteile 2016: In Deutschland sind Fernsehnachrichten immer

noch die Nachrichtenquelle mit der höchsten Reichweite (78%);

insbesondere Printmedien (38%) befinden sich jedoch im Niedergang

Nachtrag:

Der relative Anteil von

Social Media ist seit

2016 (31%) erstmals

leicht gesunken

(2017: 29%)

100%

50%

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# 13Dr. Christian Nuernbergk

Tägliche Internetnutzung + Nachrichtennutzung 2016

2013 2015 2016 Differenz seit

„btw13“

Gesamt 57 63 65 +8

Männer 66 68 71 +5

Frauen 48 58 60 +12

14-19 J. 87 94 92 +5

20-29 J. 90 94 88 -2

30-39 J. 77 84 83 +5

40-49 J. 62 75 76 +14

50-59 J. 52 56 62 +10

ab 60 J. 24 30 36 +12

Nachrichten im Netz lesen 2016 48% der Nutzer (Vorjahr: 53%)

2016 Smartphone wichtigstes Internetgerät

Besonders junge Zielgruppen nutzen diverse mobile Geräte, und in der

Kombination ergibt sich eine gesteigerte Nutzung aktueller Informationen.

Die Internetverbreitung steigt

2016 auf 84% an.

(AWA 2017: 90%)

Es wächst die

Nutzungshäufigkeit,

vor allem bei Frauen

in %, Tägliche Nutzung nach ARD/ZDF-Onlinestudie 2016

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# 14Dr. Christian Nuernbergk

Abrufen von Nachrichten über Politik

Allensbacher Werbeträger-Analyse 2017 (AWA)

17% informieren sich häufiger über Politik im Internet(Repräsentativ: Deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahre - ca. 11,8 Mio. Menschen)

Reuters Digital News Report 2017

11% der Deutschen folgen einem Politiker/einer Partei in Social Media (Repräsentativ: Deutsche Bevölkerung ab 18 Jahre mit Internetnutzung)

Internetstrukturdaten

Forschungsgruppe Wahlen 2015 (Repräsentativ: Deutsche ab 18 Jahren)

45% aller Deutschen rufen Nachrichten über Politik im Internet ab

58% aller Internetnutzer ab 18 Jahre

Männer interessieren sich eher für Politiknachrichten

(max. 76% - bis 34 Jahre) als Frauen (max. 62% - bis 34 Jahre)

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# 15

Nutzung von Social Media für Informationen 2015

Basis: 20,397 Mio. (n=1.268) Personen ab 14 Jahre in Deutschland, die gestern das Internet genutzt und sich dabei

informiert haben.

Quelle:

MedienVielfaltsMonitor I/2015 (TNS Infratest)

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# 16

Süddeutsche.de

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# 17Dr. Christian Nuernbergk

Impulse für die digitale Demokratie?

Hoffnungen auf mehr Bürgerbeteiligung („strong democracy“)

Interaktives Potenzial neuer Medien:

Formen deliberativer und partizipativer Demokratie

Hinweise auf eine limitierte positive Entwicklung

bei gesellschaftlich-politischen Handlungsweisen

Begrenzte Rezeption politischer Informationen

Politische und gesellschaftliche Partizipation

Konkurrierende Thesen: Generelle Mobilisierung, selektive

Mobilisierung oder Abkehr

Veränderung der politischen Kommunikation als laufender

Prozess (Repertoire, Institutionalisierung neuer Medien, Verhältnis

zu etablierten Medien, Effekte)

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# 18Dr. Christian Nuernbergk

Beteiligung im Internet: Kommentieren von Nachrichten

Quelle: Köcher (2016)

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# 19Dr. Christian Nuernbergk

Aktive Social Media-Nutzung:

Kommentieren und Teilen von Nachrichteninhalten

Reuters Institute Digital News Report 2017

8% kommentieren Nachrichteninhalte während einer typischen Woche

10% teilen und verbreiten Nachrichteninhalte in den Social Media

Geringe Anteile im internationalen Vergleich

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# 20Dr. Christian Nuernbergk

Gründe für das Nicht-Teilen und Nicht-Kommentieren

Reuters Institute Digital News Report 2017:

37% sind nicht interessiert am Teilen oder Kommentieren

37% präferieren persönlichen Austausch zur Diskussion von

Nachrichten

18% nehmen an, dass Teilen oder Kommentieren nichts verändert

15% haben Sorgen wegen ihrer Privatsphäre im Internet

12% geben an, selbst Nichts mitteilen zu können

7% haben Vorbehalte, weil sie selbst kritisiert oder angegangen werden

könnten

4% haben Sorgen, was andere über sie denken können

(Anteile für alle Nachrichtenmärkte)

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# 21Dr. Christian Nuernbergk

Beteiligung an E-Petitionen (Deutscher Bundestag)

Grunddaten Deutscher Bundestag

Von 2008 bis 2013 haben 1,32 Mio. Menschen Petitionen gezeichnet

68% zeichneten nur eine Petition, 14% zwei Petitionen – 1% 25

Petitionen oder mehr.

55% Männer – 45% Frauen

Bayern und Berlin unter den Zeichnenden überrepräsentiert

Befragung der Nutzer der E-Petition-Plattform des Deutschen Bundestags

(Schmidt & Johnsen 2014)

Deutlicher stärker ausgeprägte Partizipationsbereitschaft (verglichen

mit ALLBUS-Bevölkerungsumfrage)

Social Media, E-Mails und journalistische Berichterstattung neben

der Petitionsplattform die wichtigsten Quellen, um von Petitionen zu

erfahren

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# 22Dr. Christian Nuernbergk

Politische Partizipation im Vergleich (Schmidt & Johnsen 2014)

Wenn Sie politisch in einer Sache, die Ihnen wichtig ist,

Einfluss nehmen wollten:

Was davon haben Sie selbst schon gemacht, woran waren

Sie schon einmal (in den letzten zwei Jahren) beteiligt?

HBI/HIIG 2013

Petitionsnutzer

(n=36-231)

in %

Diff.

in %

ALLBUS 2008

Bevölkerung

(n=3032)

in %

Sich an Wahlen beteiligen 75 +8 68

Seine Meinung sagen, im Bekanntenkreis und am Arbeitsplatz 92 +15 77

Beteiligung an einer Unterschriftensammlung 78 +46 32

Sich an einer Online-Protestaktion beteiligen 77 +71 6

Aus politischen, ethischen oder Umweltgründen

Waren boykottieren oder kaufen 19 +16 4

Teilnahme an einer genehmigten Demonstration 45 +38 7

Sich in Versammlungen an öffentlichen Diskussionen beteiligen 56 +40 16

Mitarbeit in einer Bürgerinitiative 20 +15 5

Aus Protest einmal eine andere Partei wählen als die, der man

nahesteht 33 +27 6

In einer Partei aktiv mitarbeiten 30 +28 2

Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration 12 +11 1

Sich aus Protest nicht an Wahlen beteiligen 19 +16 4

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# 23

SOCIAL MEDIA ALS

INTERAKTIONSPLATTFORM?

Politische Kommunikation in digitalisierten Öffentlichkeiten

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# 24Dr. Christian Nuernbergk

Der Journalismus arbeitet mit Twitter

72%der Journalistinnen und Journalisten, die über Bundespolitik berichten,

nutzen Twitter mit einem eigenen Account (Befragung von BPK-Journalisten, Juli 2016,

n=158, Nuernbergk & Schmidt 2017)

davon nutzen 57% Twitter mehrmals täglich.

Nutzen Sie selbst die folgenden Social Media? Gesamt (n=158)

Twitter 72%

Facebook 61%

Instagram 20%

YouTube 59%

Snapchat 10%

ein eigenes Blog 11%

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# 25Dr. Christian Nuernbergk

85 von

180 MdL

47%

Die Politik (hier: Bay. Landtag…)

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# 26Dr. Christian Nuernbergk

» Doch von solchen Kuriositäten darf man sich nicht täuschen lassen.

Etwas Unterhaltung muss sein, um die Leser bei Laune zu halten. Und

ein paar persönliche Farbtupfer sind zur Profilbildung unerlässlich.

Tatsächlich aber nutzen viele deutsche Politiker Twitter inzwischen

als ernsthafte Nachrichten-, Debatten- und Marketingplattform. Mit

keiner Pressemitteilung lässt sich so schnell ein schlagzeilenfähiger

Kommentar zu einem aktuellen Ereignis verbreiten (was freilich auch

Risiken birgt). Bei keiner Bürgersprechstunde kann man mit so vielen

Menschen in Austausch treten. Bei keiner Talkshow lässt sich der

politische Gegner so gezielt provozieren. Und nirgendwo sonst lassen

sich Botschaften so schnell und ohne medialen Filter verbreiten. «

(Karl Doemens, FR, Twitter statt Pressemitteilung, 06.02.2016)

Twitter als Kommunikationskanal von Politikern

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# 27Dr. Christian Nuernbergk

Wirksamkeit politischer Kommunikationsaktivitäten

14%

45%

86%

43%

7%

14%

69%

89%

51%

37%

14%

62%

88%

49%

28%

ist eine Rede im Parlament?

sind Auftritte von Politikern in Talkshows?

ist es, wenn Politiker ausgewähltenJournalisten gezielt Informationen

zuspielen?

ist es, wenn Politiker politische Themenbesonders dramatisch darstellen?

ist es, wenn Politiker Botschaften überTwitter verbreiten?

Journalisten ohne Twitter-Account (n=42) Journalisten mit Twitter-Account (n=100) Gesamt (n=142)

Politiker versuchen auf unterschiedlichsten Wegen, öffentliche Aufmerksamkeit für ihre

Anliegen zu wecken. Im Folgenden sehen Sie einige Möglichkeiten. Wie wirkungsvoll….

in %, Angaben für „sehr wirkungsvoll“/“eher wirkungsvoll“

Befragung von BPK-Journalisten (Nuernbergk & Schmidt 2017)

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# 28Dr. Christian Nuernbergk

Social Media-Optionen

Journalist

User

A

User

B

User

C

Politiker

A

Politiker

B

Politiker

CBeziehungs-

pflege

Publizieren (Live-Reporting)

Quellen

Monitoring

Diskussion

Prozess-

transparenzMeta-Kommunikation

z.B. Broersma & Graham 2016; Neuberger et al. 2014

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# 29Dr. Christian Nuernbergk

Twitter: Interaktionen Journalisten-Politiker

Nuernbergk (2016)

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# 30Dr. Christian Nuernbergk

Twitter: Teilhabe durch Netzwerk-Interaktionen?

Methode: Netzwerkanalyse/Inhaltsanalyse journalistischer Tweets (2014)

Politische Journalisten: verwenden @Nennungen und „Retweets“

im Wesentlichen für den Austausch mit Kollegen

„tweeting in a bubble“-Muster

Die Operatoren spiegeln die Relevanz von Quellen unterschiedlich:

Bezug auf „einfache Bürger“ und politische Akteure variiert

Akteurstyp

@Nennung

(in %, n=1.058)

BPK-Accounts mit

@Nennung von

(in %, n=96)

Retweets von...

(in %, n=517)

BPK-Accounts mit

Retweets von...

(in %, n=94)

andere Journalisten/Medien 54,8 85,4 73,7 94,7

Politiker/Parteien 22,8 38,5 9,1 20,2

Einfache Bürger 14,3 45,8 11,4 30,9

Unternehmer/Wirtschaft 2,4 - 1,4 -

Anteile der gewählten Interaktionspartner von Journalisten (Nuernbergk 2016)

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# 31Dr. Christian Nuernbergk

Bitte um Infos

Danken

Anfrage für ein Treffen

Bitte um Klarstellung

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# 32Dr. Christian Nuernbergk

Twitter: Rolle von Dritten bei

Interaktionen zwischen Journalisten und Politikern

Methode: Netzwerkanalyse/Inhaltsanalyse von Interaktionen

Tracking im Jahr 2016 - Auswertung: 238 Interaktionsketten ausgehend von

Journalisten > Politiker (Nuernbergk, unveröffentlichte Studie)

Teilhabe: Dritte kommentieren die öffentlichen Interaktionen von

Journalisten und Bundespolitikern

Offenheit: Ca. ein Drittel der Ketten enthält Kommentare Dritter (35%)

Im Fokus Vieler: wenige Interaktionsketten (5% mit mehr als 10 Dritten)

Dampf ablassen: An Politiker gerichtete Tweets von Journalisten werden

teilweise von Dritten genutzt, um Politiker zu attackieren

Emotionale Tonalität: 17% vs. Sachliche Tonalität: 60%

Unhöfliche Reaktionen: 20% - 16 Fälle überwiegend destruktiv

Attacken, wenn Spitzenpolitiker involviert sind (Oezdemir, Gabriel, Altmeier, Goering-Eckardt)

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# 33Dr. Christian Nuernbergk

Abschluss und Fazit

Wandel der Mediennutzung:

Digitale Information und TV als wichtige Informationshubs

Altersabhängigkeit der Nachrichtenquellen

Politikinteresse + aktive Partizipation weniger verbreitet

– Spiegel der Gesellschaft – „Reder und Schweiger“

Ambivalenzen der Beteiligung:

Dialogbereitschaft zeigen und Engagement fördern

Filterblasen: Nicht überschätzen, aber Randgruppen beachten!

Medienkompetenz: Schlüssel für qualifizierte Nutzung, Aufklärung und

Medienvertrauen

Kampagnen: Kommunikationsstrategien sollten Kanäle kombinieren und

kanalgerecht kommunizieren – Social Media-Kanäle mit

unterschiedlichen Zielgruppen und Funktionen

Beobachtung der Bevölkerungsmeinung:

verschiedene Kanäle und Zugangswege notwendig, auch Social Media

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# 34Dr. Christian Nuernbergk

Literatur

Broersma, M. & Graham, T. (2016). Tipping the Balance of Power. In A. Bruns, G. Enli, E. Skogerbø, A. O. Larsson, & C. Christensen (Hrsg.), The

Routledge Companion to Social Media and Politics (S. 89-103). London: Routledge.

Die Medienanstalten. (2015). MedienVielfaltsmonitor: Ergebnisse 1. Halbjahr 2015. Anteile der Medienangebote und Medienkonzerne am Meinungsmarkt

der Medien in Deutschland. https://www.blm.de/files/pdf1/DLM_Vielfaltsmonitor_I__Halbjahr_2015.pdf. Zugegriffen: 24.07.2017.

Forschungsgruppe Wahlen. (2015). Internet-Strukturdaten 2014: Repräsentative Umfrage – Jahreskumulation.

http://www.forschungsgruppe.de/Umfragen/Internet-Strukturdaten/web_2014.pdf. Zugegriffen: 24.07.2017.

Koch, W. & Frees, B. (2016). Dynamische Entwicklung bei mobiler Internetnutzung sowie Audio und Videos. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2016.

In: Media Perspektiven, (9): 418-437.

Köcher, R. (2016). AWA 2016. Flüchtlingszustrom: Auswirkungen eines gesellschaftlichen Aufregungszyklus auf politisches Interesse und Mediennutzung.

Abgerufen http://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/AWA/AWA_Praesentationen/2016/AWA_2016_Koecher_Fluechtlingskrise_Medien.pdf.

Zugegriffen: 24.07.2017.

Media Perspektiven. (2016). ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation 2015. Zusammenfassung der Ergebnisse. http://www.ard-werbung.de/media-

perspektiven/studien/ardzdf-studie-massenkommunikation/ Zugegriffen: 24.07.2017.

Neuberger, C., Langenohl, S., & Nuernbergk, C. (2014). Social Media und Journalismus. Düsseldorf: LfM NRW.

Newman, N. et al. (2016). Digital News Report 2016. https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/sites/default/files/Digital-News-Report-2016.pdf. Zugegriffen:

24.07.2017

Newman, N. et al. (2017). Digital News Report 2017.

https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/sites/default/files/Digital%20News%20Report%202017%20web_0.pdf. Zugegriffen: 24.07.2017

Nuernbergk, C. & Schmidt, J.-H. (2017). Politikjournalismus und Social Media: Ergebnisse einer Befragung von Journalistinnen und Journalisten in der

Bundespressekonferenz 2016. Working Paper. München: LMU.

Nuernbergk, C. (2016). Political Journalists’ Interaction Networks: The German Federal Press Conference on Twitter. In: Journalism Practice 10(7): 868-

879, DOI:10.1080/17512786.2016.1162669

Schmidt, J.-H. & Johnsen, K. (2014). On the Use of the E-Petition Platform of the German Bundestag. In: HIIG Discussion Paper Series No. 2014-03.

http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2444672. Zugegriffen: 24.07.2017.

Schmidt, J.-H. (2014). Twitter and the Rise of Personal Publics. In K. Weller, A. Bruns, J. Burgess, M. Mahrt, & C. Puschmann (Hrsg.), Twitter and Society

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Schneller, J. (2017). AWA 2017. Anhaltender Transformationsprozess der Mediennutzung. http://www.ifd-

allensbach.de/fileadmin/AWA/AWA_Praesentationen/2017/AWA_2017_Schneller_Medien.pdf. Zugegriffen: 24.07.2017.

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# 35Dr. Christian Nuernbergk

Vielen Dank.

Kontakt:

Dr. Christian Nuernbergk [email protected]

LMU München @nuernbergk