Ist es immer gut für das Klima, wenn wir keine Fernreisen mit dem Flugzeug mehr machen?

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27.06.22 Seite 1 Ist es immer gut für das Klima, wenn wir keine Fernreisen mit dem Flugzeug mehr machen? Eine erste Annäherung an die Gesamt-Klimabilanz des Verzichts auf Reisen am Beispiel Bali Klaus Lengefeld GIZ Sektorvorhaben Tourismus und nachhaltige Entwicklung Im Auftrag des BMZ Deskstudy - Draft – nur für den internen Gebrauch

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Ist es immer gut für das Klima, wenn wir keine Fernreisen mit dem Flugzeug mehr machen?

Eine erste Annäherung an die Gesamt-Klimabilanz des Verzichts auf Reisen am Beispiel Bali

Klaus Lengefeld GIZ Sektorvorhaben Tourismus und nachhaltige EntwicklungIm Auftrag des BMZ

Deskstudy - Draft – nur für den internen Gebrauch

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Die ökonomische Bedeutung des Tourismus in Bali: Arbeitsplätze

insgesamt 1,9 Mio. Beschäftigte in Bali (2005)

ca. 600.000 Arbeitsplätze direkt und indirekt durchden Tourismus

ca. 41.000 Gästezimmer (2006)

direkte Arbeitsplätze (in der Tourismusindustrie):Hotels, Reiseagenturen, Restaurants (teilweise),Transportgewerbe (teilweise) etc.

indirekte Arbeitsplätze (in vor- und nachgelagertenBranchen):Handwerk, Textilindustrie, Baugewerbe, Groß-handel, Einzelhandel, finanzielle Dienstleistungen,andere Dienstleistungen etc.

(Quelle: BPS - Statistics of Bali Province 2008; SUSENAS 2002)

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Annahme:Da „Zero Tourism“, d.h. ein völliger Stopp des Reisens nach Bali

unrealistisch ist (u.a. weil es ja auch erheblichen Binnentourismus gibt), gehen wir für das Szenario von einer 50% Reduzierung der Flug-

reisenden aus, v.a. aufgrund des Ausbleibens klimabewusster Europäer

Konsequenz: Mind. 50% der vom Bali-Tourismus abhängigen Arbeitsplätze und Einkommen verschwinden, d.h. mind. 300,000 Personen (plus deren Familien) verlieren ihre Lebensgrundlage

entspricht ca. 50% der vom Tourismus abhängigen Arbeitsplätze und Einkünfte und ist eine eher konservative Schätzung, da die internationalen Flugreisenden weit mehr ausgeben als die Binnenreisenden) aufgrund der vielfältigen Zulieferketten für Hotellerie und Tourismus (v. a. Agrar- produkte, Möbel, Souvenirs etc.) wären auch Arbeitsplätze in anderen Teilen Indonesiens (v. a. im benachbarten Java) betroffen

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Was könnte die arbeitsintensive

Tourismusindustrie ersetzen?

Landwirtschaft, Ölpalmenplantagen, Textilindustrie, Erdölindustrie, Bergbau,

Informationstechnologie, andere Industrien

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Arbeitsplätzezuwachs in Indonesien 1995-2006

+ 7,1 Mio.

+ 1,5 Mio.

+ 5,5 Mio.

+ 20,2 %

+ 14,9 %+ 15,8 %

0

5

10

15

20

25

Landwirtschaft Industrie & Handwerk Sonstiges (v. a. Dienst-leistungen)

Quelle: Asian Development Bank 2007

Da von den 14 Mio neuer Arbeitsplätze 50% in der Landwirtschaft entstanden sind, 40% bei Dienstleistungen (u.a.Tourismus) und nur gut 10% in der Industrie, und die Tourismus-Arbeitslosen eher ein niedriges Bildungsniveau und meist keine technische Ausbildung haben, ist anzunehmen, dass für mindestens zwei Drittel (=200.000 Personen) die Landwirtschaft einzige Überlebensalternative ist.

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„Zero-Tourism“ in Bali

vielen Bauern, die Subsistenz-wirtschaft be-

treiben, fehlen Zusatzein-

nahmen aus dem Tourismus

(als Handwerker, Musiker, Ver-käufer etc.)

ca. 300.000 Arbeitslose

Abwanderung von mind. 20% der Arbeitskräfte

(zurück nach Java bzw. in Regionen mit auf-strebender Landwirt-

schaft: Borneo, Sumatra)

ein Drittel kämen in dem Bereich Industrie

& Handwerk unter(sehr optimistisch!)

mind. zwei Drittel der Arbeitslosen würden in den Landwirtschafts-

sektor streben

2/3 in den Landwirt-schafts-sektor

1/3 Sonstiges

Rückkehr zu den Familien(v. a. Wanderung vom Tourismuszentrum im Süden Balis in den Norden der Insel)

Überbevölkerung und Lebensmittelknappheitdrohen (wie vor dem Massentourismus)

Landwirtschaft gewinnt an Bedeutung / Anstieg des Flächenbedarfs (v. a. Subsistenzwirtschaft und Lohnarbeit in der Agroindustrie)

(illegale) (Brand-)Rodung

Reisanbau: mit Abstand wichtigstes landwirtschaftliches Erzeugnis

Indonesiens und zur Ernährungs-sicherung der Balinesen notwendig

Palmölproduktion: aufgrund der steigenden Nachfrage nach

erneuerbaren Kraftstoffen aus den Industrieländern stark im Aufschwung

Methanemissionen steigen CO2-Emissionen steigen

zusätzlich gehen in Java zahlreiche Arbeitsplätze

verloren (Direkt-investitionen und

Souvenirherstellung)

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Quelle: Asian Development Bank 2007

Indonesien will die Produktion von Palmöl weiterhin steigern, da sich die weltweite Nachfrage bis 2020 nahezu verdoppeln wird.

Quelle: WWF 2007

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CO2-Emissionen durch Landwirtschaft und Flugverkehr

CO2-Emissionen Indonesiens durch Landnutzung und Forstwirtschaft pro Jahr: ca. 560 Mio. t (Indonesian CCC Report)

hinzu kommen ca. 1,8 Mrd. t CO2 proJahr durch Brandrodung und Trocken-legung der Regenwälder (FES 2007)

CO2 in Biomasse pro ha (Indonesien):268 t, die im Falle der Brandrodungfreigesetzt werden (FAO 2007)

CO2-Emissionen durch 1,5 Mio Touristenankünfte in Bali pro Jahr: ca. 4 Mio. t (myclimate 2007)

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Reisanbau und Methanemissionen in Indonesien

Hauptquelle der Methanemissionen (CH4) ist die Landwirtschaft (davon allein 71% durch Nassreisanbau)

11,8 Mio. ha Reisanbaufläche im gesamten Land (2006)

CH4-Emissionen pro Jahr durch Nassreis: ca. 3,3 Mio. t (entspricht ca. 70 Mio. t CO2)

mittlere Emission eines Reisfeldes pro Hektar und Jahr:0,28 t CH4 (= 5,88 t CO2)

(Quelle: BPS - Statistics Inodnesia 2008;First National Communication on ClimateChange Convention 1999 für UNFCCC)

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Palmölgewinnung und CO2-Emissionen in Indonesien

in Indonesien wurden 2006 auf 3,7 Mio. ha 10,9 Mio. t Palmöl gewonnen

Ertrag: ca. 3 t pro Hektar

Emissionen bei der Produktion einer Tonne Palmöl (v. a. durch die Trockenlegung bzw. Oxidation des Torfbodens):10-30 t CO2

(Quelle: BPS - Statistics Indonesia 2008; PEAT-CO2 2006)

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Annahme:

Jeder Balinese, der durch den Wegfall des int. Tourismus arbeitslos geworden ist und in den Landwirtschaftssektor wechselt (200.000 Personen), vergrößert die landwirt-schaftliche Nutzfläche um einen Hektar.

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Kurzfristige Klimawirkungen der Brandrodung

Wenn nur ca. 15.000 ehemalige Touris-musangestellte (ca. 7,5% von 200.000) einen Hektar Regenwald abbrennen würden, erzeugen sie dabei genauso viel CO2 wie durch 50% weniger Flug-

verkehr pro Jahr eingespart wird.

Würden 200.000 ehemalige Tourismus-angestellte einen Hektar Regenwald abbrennen, würde soviel CO2 freige-

setzt, wie durch den Flugverkehr der Touristen nach Bali in ca. 13 Jahren emittiert wird.

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Langfristige Klimawirkungen des Reisanbaus als alternative Überlebensstrategie

200.000 ha zusätzlicher Reisanbau aller 200.000 arbeitslosen Touris-musangestellten (d.h. knapp 2% der aktuellen Anbaufläche) würden ca. 1,2 Mio. t zusätzliche CO2-Emissionen pro Jahr verursachen und damit fast 1/3 der durch 50% reduzierten Flugverkehr vermiedenen Emissionen

Etwa 680.000 ha Reisanbau (ca. 6% der indonesischen Reisanbaufläche) verursachenauf Dauer dieselbe Menge CO2 wie der gesamte Flugverkehr nach Bali(plus die einmaligen Emissionen durch Brandrodung).

Berücksichtigt man zusätzlich die Emissionen durch Brandrodung auf diesen Flächen, würde man erst 19 Jahre nach Halbierung des Flugverkehrs nach Bali beginnen, CO2 einzusparen!

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Langfristige Klimawirkungen des Ölpalmenanbaus als alternative Überlebensstrategie

200.000 ha neue Ölpalmenplantagen durch alle 200.000 Tourismus-Arbeitslosen (= gut 5% der derzeit 3,7 Mio ha) würden ca. 12 Mio. t zusätzliche CO2-Emissionen pro Jahr verursachen

Nur ca. 66.000 ha dürfte die neu erschlossene Anbaufläche für Ölpalmen betragen (ca. 1,8% der aktuellen Fläche), damit auf Dauer nicht mehr CO2 als durch den Flugverkehr nach Bali emittiert wird.

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Ein Wechsel der Tourismus-Arbeitslosen in die Palmöl-industrie würde jährlich gut 8 Mio. t mehr CO2 emittieren als der Tourismus (plus die einmaligen Emissionen durch Brandrodung) !

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Jährliche CO2-Emissionen im Vergleich

(in Mio. t, ohne Brandrodung)

4

12

1,2

0

2

4

6

8

10

12

14

1,5 Mio. Touristenankünfte 200.000 ha Reisanbau 200.000 ha zurPalmölgewinnung

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Wahrscheinliche Flächennutzung

Verhältnis der Flächennutzungen Reisanbau und Palmölgewinnung in Indonesien (2006): 3 zu 1

Würden durch Tourismus-Arbeitslose in Bali oder auf anderen indonesischen Inseln zusätzlich 150.000 hafür den Reisanbau und 50.000 ha zur Palmölgewinnung genutzt, entsprächen die jährlichen CO2-Emissionen in etwa denen des gesamten Flugverkehrs;

allerdings ohne Berücksichtigung der Brandrodung, der Trockenlegung und der Inanspruchnahme neuer Flächen, wovon (einmalig) ein Vielfaches an Treibhausgasen wie durch den Flugverkehr emittiert werden würde !

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Jährliche CO2-Emissionen im Vergleich (in Mio. t)Ohne Brandrodung und Inanspruchnahme neuer Flächen!

0,88

3

4 3,88

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

1,5 Mio. Touristenankünfte 50.000 ha zurPalmölgewinnung

150.000 ha Reisanbau

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Vorläufiges Ergebnis dieser Deskstudie: (unter Verwendung der realen Wirtschafts- und Klimadaten Indonesiens):

Da die Ausweitung der Agrarfront mit (Brand-)Rodung und Trocken-legung von Regenwald im dicht bevölkerten Indonesien mit großer Wahrscheinlichkeit die meisten der erforderlichen Jobalternativen zum Tourismus generieren müsste,

ist die Gesamt-Klimabilanz der Langstreckenflüge nach Bali vermutlich nicht schlechter als die möglicher alternativer Überlebens-Strategien Derjenigen, die durch einen drastischen Rückgang des Flugverkehrs Job und Einkommen verlören.

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(ist noch genauer vor Ort zu untersuchen):

Dieses Ergebnis sollte durch eine Studie vor Ort überprüft werden