Italien in der deutschen Romantik 6. Der alte Goethe und der junge Manzoni.

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Italien in der deutschen Romantik 6. Der alte Goethe und der junge Manzoni

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Italien in der deutschen Romantik

6. Der alte Goethe und der junge Manzoni

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Goethes Schaffen in Italien Aufarbeitung

liegengebliebener Fragmente

das gesamte Spektrum der Gattungen

drei dramatische Werke Lieder und Liebespoesie Tagebücher und Briefe kunsttheoretische Arbeiten Drucklegung seiner

Schriften in acht Bänden bei Göschen in Leipzig

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Iphigenie auf Tauris Anfang Jänner 1787 Prosafassung – Geburtstag einer Tochter des

Weimarer Herzogspaares im Frühjahr 1781 an Herder: Nach deinem Abschied las ich

noch in der Elektra des Sophokles. Die langen Jamben ohne Abschnitt und das sonderbare Walzen und Rollen des Periods haben sich mir so eingeprägt, daß mir nun die kurzen Zeilen der Iphigenie ganz höckerig, übelklingend und unlesbar werden.

Karl-Philipp Moritz: Versuch einer deutschen Prosodie (Berlin 1786)

1786 ebenfalls in Rom

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Iphigenie auf Tauris in Jamben Und immer bin ich, wie im ersten, fremd...

Denn mein Verlangen stehtHinüber nach dem schönen LandeDer Griechen!Und immer mögt’ ich über’s Meer hinüberDas Schicksal meiner Vielgeliebten theilen.

Doch immer bin ich, wie im ersten, fremd.Denn ach! mich trennt das Meer von den Geliebten,Und an dem Ufer steh’ ich lange Tage,Das Land der Griechen mit der Seele suchend.

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Iphigenie auf Tauris Idealvorstellung Repräsentantin einer neuen Humanität Möglichkeit gewaltfreier Konfliktlösung Wahrhaftigkeit persönliche Verantwortung Euripides: Iphigenie bei den Tauriern Eingreifen der Götter Taurerkönig Thoas emanzipierte Menschen mit eigenem Willen

und der Fähigkeit zu unblutiger Konfliktlösung

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Iphigenie auf Tauris

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Die Erkennung des Orest durch Iphigenie, 1787

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Iphigenie auf Tauris Tischbein: Goethe in der Campagna, 1787

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Iphigenie auf Tauris Anselm Feuerbach:

Iphigenie(1862 und 1871)

Das Land der Griechen mit der Seele suchend.

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Egmont

Margarete von Parma und Klärchen – Idealbegriff von Humanität

ekstatische Schlussszene – Klärchen als Figur der Freiheit

Schiller in seiner Rezension 1788 – etwas opernhafter Schluss

Vertonung durch Philipp Christoph Kayser ? Claudine von Villa Bella (1775) und Erwin

und Elmire (1775) Johann Caspar Huber 1776 Edwin und Angelina im achten Kapitel von

Oliver Goldsmiths The Vicar of Wakefield (1766)

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Torquato Tasso (1790) Prinzessin Leonore –

Trägerin des Humanitätsideals

Heinses Biographie 1774 in der Zeitschrift Iris

Pierantonio Serassi: La vita di Torquato Tasso, Rom 1785

Verhältnis des Dichters zu seiner Umgebung

Carlo Goldoni: Torquato Tasso, Venedig 1755

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Andere Werke Prosa-Lustspiel Der Groß-Cophta (Weimar

1791) in Palermo Mutter von Giuseppe Balsamo Halsbandaffäre – Graf Cagliostro ? Die Mystifizierten Maler Christoph Heinrich Kniep Nausikaa-Fragment Liebestragödie nach dem 6. Gesang von

Homers Odyssee Odysseus und die Tochter des

Phäakenkönigs

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Wilhelm Meister 1782-83 Ur-Meister

Wilhelm Meisters theatralische Sendung

schon „Kennst Du das Land, wo die Citronen blühn“

Selbstreflexionen und Einsichten über künstlerisches und menschliches Dasein

Reiseerlebnisse Begegnung mit einem

Harfner und dessen Tochter

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Einschätzung von Dante Inferno hassenswert Purgatorio zweideutig Paradiso langweilig Er [Dante] faßte die Gegenstände so deutlich

ins Auge seiner Einbildungskraft, daß er sie scharf umrissen wiedergeben konnte; deshalb wir denn das Abstruseste und Seltsamste gleichsam nach der Natur gezeichnet vor uns sehen.

Naturtreue in erfundenen Gegenständen […] ich genug zu tun hatte, die

gespensterhaften Ungeheuer nach und nach aus der Einbildungskraft zu vertilgen.

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Einschätzung von Dante Die ganze Anlage des Danteschen Höllenlokals

hat etwas Mikromegisches und deshalb Sinnverwirrendes. Von oben herein bis in den tiefsten Abgrund soll man sich Kreis in Kreisen imaginieren; dieses giebt aber gleich den Begriff eines Amphitheaters, das, ungeheuer wie es sein möchte, uns immer als etwas künstlerisch Beschränktes vor die Einbildungskraft sich hinstellt. .. Die Erfindung ist mehr rhetorisch als poetisch, die Einbildungskraft ist aufgeregt, aber nicht befriedigt.

Einwände → Benedetto Croce Indem wir das Ganze nicht rühmen wollen, so

werden wir durch den seltsamen Reichtum der einzelnen Lokalitäten überrascht, in Staunen gesetzt, verwirrt und zur Verehrung genötigt.

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Einschätzung von Boccaccio menschliche Komödie des Decameron seine Schwester Cornelia gewarnt heitere Erzählungen einer schweren Zeit Heiterkeit, Anmut und Fröhlichkeit

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Einschätzung von Torquato Tasso La Gerusalemme liberata Tasso zeichnet aufrichtiges Mitleiden,

einfache Größe, hehre Weisheit, Mut in Gefahr, blinde Wut, glühende Jugend, die das Vergnügen fürchtet und liebt, wie die Tugend, die davon abbringt.

künstliche Romantik – Byron Das große Epos des Italieners hat seinen

Ruhm durch Jahrhunderte behauptet; aber mit einer einzigen Zeile des Don Juan könnte man das ganze Befreite Jerusalem vergiften.

Ablehnung der Gerusalemme conquistata

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Novellentradition und Zeitgenossen Luigi da Porta: Storia di due nobili amanti

(1524) Romeo und Julia-Stoff Matteo Bandello Giambattista Casti: Novelle Galanti (1790) L’Arcivescovo di Praga Domenico Batacchi: Novelle galanti del Padre

Atanasio da Verocchio (1791) La vita e la morte di prete Ulivo in Mailand Vincenzo Monti und Cesare

Beccaria nicht Giuseppe Parini 1787 in Neapel Gaetano Filangieri

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Commedia dell’arte Schauspielerin Madame de Retti Genialität und Einfallsreichtum heftige Kritik von Johann Christoph

Gottsched Friedrich Leopold zu Stolberg 1792 aus

Venedig: Auch den Truffaldin in der Komödie müßt

Ihr besuchen und Euch nicht über ihn skandalisieren. Er hat uns herzlich lachen gemacht; es ist, glaube ich, das unschuldigste aller Schauspiele. Hätten wir unsere Harlekine noch, so wären unsere Sitten weniger verderbt.

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Theater Triumph der Empfindsamkeit (1777) Carlo Gozzi: L’amore delle tre Melarance

(1761) Übersetzung von Friedrich August Clemens

Werthes 1777 in Bern im Hoftheater von Weimar 1802 Schillers

Turandot Prinzessin von China Bearbeitung des „tragicomischen

Mährchens nach Gozzi“ 1790 in Venedig – Aufführung Le Baruffe

Chiozzotte von Carlo Goldoni Truppe von Antonio Sacchi

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Alessandro Manzoni Ugo Foscolo: Le ultime lettere

di Iacopo Ortis (1802) Hermann Helmut Polt:

Goethe und Manzoni.Diss. Wien 1924

Hugo Blank: Goethe undManzoni. Heidelberg 1988

Sammelband von Werner Ross: Goethe und Manzoni. Tübingen 1989

Briefsammlung (Heidelberg 1992)

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Erster Kontakt Jugendwerke Manzonis Mailänder Konservator und Numismatiker

Gaetano Cattaneo Beziehungen zum Weimarer Hof am 25. November 1818 1815 entstandene vier Inni sacri liturgische Würde der Texte 1819 in der Zeitschrift Über Kunst und

Altertum

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Manzoni: Inni sacriDiese vier Hymnen – Weihnachten, Die Passion, Die Auferstehung und Mariä Namen – sind verschiedenen Ausdrucks und Tons, in verschiedenen Silbenmaßen abgefaßt, poetisch erfreulich und vergnüglich. Der naive Sinn beherrscht sie alle, aber eine gewisse Kühnheit des Geistes, der Gleichnisse, der Übergänge zeichnen sich vor anderen aus und locken uns immer näher, mit ihnen bekannt zu werden. [...] Der Verfasser erscheint als Christ ohne Schwärmerei, als römisch-katholisch ohne Bigotterie als Eiferer ohne Härte. [...] Diese Gedichte geben Zeugnis, daß ein katholisch geborener und erzogener Dichter ganz anderen Gebrauch von den Überzeugungen seiner Kirche zu machen versteht als Poeten anderer Konfessionen, die eigentlich nur durch die Einbildungskraft sich in eine Sphäre hinüber zu versetzen bemüht sind, in der sie niemals einheimisch werden können.

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Il Conte di Carmagnola Tragödie 1820 gegen die klassischen Einheiten nach

französischem Modell Goethe in Über Kunst und Altertum beide Chöre aparte Gesellschaft für sich, eine Art von

lautwerdendem Publikum zwei Passagen aus der Ansprache der

Hauptfigur Serenissimo Doge, Senatori;

Io sono al punto in cui non posso a voiEsser grato e fedel, s’io non divengoNemico all’uom che mio signor fu un tempo

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Il Conte di Carmagnola S’io credessi che ad esso il più sottile

Vincolo di dover mi leghi ancora,L’ombra onorata delle vostre insegneFuggir vorrei, viver nell’ozio oscuroVorrei, prima che romperlo, e me stessoFar vile agli occhi miei. Dubbio verunoSul partito che presi in cor non sento,Perch’egli è giusto ed onorato; il soloTimor mi pesa del giudizio altrui.Oh! Beato colui cui la fortunaCosì distinte in suo cammin presentaLe vie del biasmo e dell’onor...

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Il Conte di Carmagnola Erlauchter Fürst und Doge! Senatoren!

Im Punkte steh ich, wo ich euch nicht könnteDankbar und treu sein, wenn ich nicht dagegenFeind würde dem, der eine Zeit mein Herr war.Glaubt ich, daß mich mit ihm der allerfeinsteVerbindungsfaden leis verpflichtete:Den Ehrenschatten eurer hohen FahnenFlöh ich sogleich; im dunkelsten viel lieberLebt ich, als daß ich, ihn zerreißend, mirVerächtlich vor den Augen würde. Keinen ZweifelOb des ergriffnen Schlusses fühl ich im Herzen,Er ist gerecht und ehrvoll; nur alleinDie Furcht bedrängt mich wegen fremden Urteils.O selig, wem das übergünstge GlückEntschieden auf dem Lebensgang bezeichnetDen Weg der Schmach und Ehre!

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Il Conte di Carmagnola Chè la mia vita io voglio dar, ma in campo

Per nobil causa, e con onor, non presoNella rete de’ vili. Io lo lasciai,E a voi chiesi un asilo; e in questo ancoraEi mi tese un agguato. Ora a costuiPiù nulla io deggio; di nemico apertoNemico aperto io sono. All’util vostroIo servirò, ma franco e in mio propostoDeliberato, come quei ch’è certoChe giusta cosa imprende.

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Il Conte di Carmagnola Mein Leben geb ich her, ich geb’s im

Felde,Zu edlem Zweck, mit Ehre, nicht umschlungenDem Netz der Schlechten. So sind wir getrennt.Ihr gabt mir das Asyl, und auch in diesemStellt er mir nach, und also bin ich ihmNichts weiter schuldig. Offenbarem FeindeBin offenbarer Feind. Und was euch nutzt,Das fördre ich frei in meinen freien, eignen,Entschiednen Sinne, wie der brave MannGerechter Sache sich verpfändet.

August Arnold 1824 in Gotha – Der Graf von Carmagnola

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Il Conte di Carmagnola Für den Dichter ist keine Person historisch; es

beliebt ihm, seine sittliche Welt darzustellen und er erweist zu diesem Zweck gewissen Personen aus der Geschichte die Ehre, ihren Namen seinen Geschöpfen zu leihen.

Per quanto screditati siano i complimenti e i ringraziamenti letterari, io spero ch’Ella non vorrà disgradire quella candida espressione d’un animo riconoscente. [...] Deggio confessarle che la distinzione dei personaggi in istorici e in ideali è un fallo tutto mio, e che ne fu cagione un attaccamento troppo scrupoloso all’esatezza storica [...] In un altro lavoro recentemente incominciato io aveva già omessa questa distinzione, e mi compiaccio di aver così antecipatamente obbedito al suo avviso.

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Il Conte di Carmagnola freie Erfindung und Wiedergabe von

historischer Wahrheit Manzoni – Grundsatzfrage ethisch-religiöser

Natur Einfluss von Goethes Egmont überschätzt Friedrich Schiller: Wallenstein Bearbeitung der Trilogie durch Benjamin

Constant 1809 Idee der Chöre – Schiller: Die Braut von

Messina oder Die feindlichen Bürder (Weimar 1803)

Singspiele und Monodramen –Volkszugehörigkeit

Schiller 1792 Fragment Die Malteser Reinheit und Würde in der Läuterung der

Affekthandlung Überhöhung des Gewöhnlichen ins

Allgemein-Menschliche

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Il Conte di Carmagnola

Goethe: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand (1773)

Geschichte und ethisch-idealistische Lebenshaltung

Manzoni – Schiller gläubiger Katholik – Kantianer gegen Tyrannei Ideal ewiger, göttlicher Gerechtigkeit

und Harmonie

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1821 Jahr der Aufstände in Italien Ode auf den Tod Napoleons – Il cinque maggio 5. religiöse Hymne – Pentecoste Tragödie Adelchi Dall’Alpi alle Piramidi,Zu Pyramiden von Alpen

her,Dal Manzanarre al Reno, Vom Manzanar zum Rheine,Di quel securo il fulmine Des sichern Blitzes WetterschlagTenea dietro al baleno: Aus leuchtenden Donnerwolken,Scoppiò da Scilla al Tanai, Er traf von Scylla zum Tanai,Dall’uno all’altro mar. Von einem zum andern Meere.

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Adelchi Du bist mir nicht fremd. Dein Name war’s, der mir in

meiner ersten Jugend gleich einem Stern des Himmels entgegenleuchtete. Wie oft hab’ ich nach dir gehorcht, gefragt!

Nebenfigur Swarto Un messaggier di Carlo! Un qualche evento

Qual ch’ei pur sia, sovrasta. – In fondo all’urnaDa mille nomi ricoperto, giaceIl mio; se l’urna non si scote, in fondoSi rimarrà per sempre; e in questa miaOscurità morrò, senza che alcunoSappia nemmeno ch’io d’uscirne ardea.– Nulla son io. Se in questo tetto i grandiS’adunano talor, quelli a cui liceEssere avversi ai re; se i lor segretiSaper m’è dato, è perchè nulla io sono.

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Adelchi Chi pensa a Swarto? chi spiar s’affannaQual piede a questo limitar si volga?Chi m’odia? chi mi teme? – Oh! se l’ardireDesse gli onor! e non avesse in priaComandato la sorte! e se l’imperoSi contendesse a spade, allor vedreste,Duchi superbi, chi di noi l’avria.Se tocasse all’accorto! A tutti voiIo leggo in cor: ma il mio v’è chiuso. Oh! quantoStupor vi prenderia, quanto di sdegno,Se ci scorgeste mai che un sol desioA voi tutti mi lega, una speranza...D’esservi pari un dì! – D’oro appagarmiCredete voi. L’oro! gittarlo al piedeDel suo minor, quello è destin; ma inerme,Umil tender la mano ad afferralo,Come il mendico...

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Adelchi Vom Franken ein Gesandter! Groß Ereignis.Was es auch sei, tritt ein. – Im Grund der Urne,Von tausend Namen überdeckt, liegt tiefDer meine; bleibt sie ungeschüttelt, immerLiegt er im Grunde. So in meinerVerdüstrung sterb ich, ohne daß nur jemandErführe, welch Bestreben mich durchglüht.Nichts bin ich. Sammelt auch dies niedre DachDie Großen bald, die sich’s erlauben dürfenDem König feind zu sein, ward ihr GeheimnisNur eben, weil ich nichts bin, mir vertraut.Wer denkt an Swarto? Wen bekümmert’s wohl,Was für ein Fuß zu dieser Schwelle tritt?Wer haßt, wer fürchtet mich? – O! wenn ErkühnenDen hohen Stand verlieh’, den die GeburtVoreilig zuteilt, wenn um Herrschaft manMit Schwertern würbe, sehen solltet ihr,Hochmütige Fürsten, wem’s von uns gelänge –

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Adelchi Dem Klügsten könnt es werden. Euch zusammenLes ich im Herzen; meins verschloß ich. WelchesEntsetzen würd euch fassen, welch Ergrimmen,Gewahrtet ihr, daß einzig ein BegehrenEuch allen mich verbündet, eine Hoffnung –Mich einst euch gleich zu stellen! – Jetzt mit GoldeGlaubt ihr mich zu beschwichtigen. Gold! zu FüßenGeringern hinzuwerfen, es geschieht,Doch schwach demütig Hände hinzureichen,Wie Bettler es zu haschen…

Gespräch mit Eckermann 1827: Manzoni ist ein geborener Poet, so wie Schiller einer war. Doch unsere Zeit ist so schlecht, daß dem Dichter im umgebenden menschlichen Leben keine brauchbare Natur mehr begegnet. Um sich nun aufzuerbauen, griff Schiller zu zwei großen Dingen: zur Philosophie und zur Geschichte; Manzoni zur Geschichte allein.

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Adelchi Kritik an Adelchi: Manzoni fehlt weiter

nichts, als daß er selbst nicht weiß, welch ein guter Poet er ist und welche Rechte ihm als solchem zustehen. Er hat gar zuviel Respekt vor der Geschichte... Nun mögen seine Fakta historisch sein, aber seine Charaktere sind es doch nicht.

Wo wären denn die Poeten, wenn sie die Geschichte eines Historikers wiederholen wollten? Der Dichter muß weiter gehen und womöglich etwas Höheres und Besseres geben.

Karl Streckfuß – Adelgis (Berlin 1827) Johann Friedrich Heinrich Schlosser

(Heidelberg 1830,FA 1856)

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I promessi sposi 15. Juli 1827 am 18. Juli an Johann Peter Eckermann: Ich habe Ihnen zu verkündigen, daß Manzonis

Roman alles überflügelt, was wir in dieser Art kennen. Ich brauche Ihnen nichts weiter zu sagen, als daß das Innere, alles, was aus der Seele des Dichters kommt, durchaus vollkommen ist, und daß das Äußere, alle Zeichnung von Lokalitäten und dergleichen, gegen die großen inneren Eigenschaften um kein Haar zurücksteht. Das will etwas heißen. Der Eindruck beim Lesen ist derart, daß man immer von der Rührung in die Bewunderung fällt und von der Bewunderung wieder in die Rührung, so daß man von einer von diesen beiden großen Wirkungen gar nicht herauskommt.

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I promessi sposi Ich dächte, höher könnte man es nicht treiben. In

diesem Roman sieht man erst recht, was Manzoni ist. Hier kommt sein vollendetes Innere zum Vorschein, welches er bei seinen dramatischen Sachen zu entwickeln keine Gelegenheit hatte. Manzonis innere Bildung erscheint hier auf einer solchen Höhe, daß ihm schwerlich etwas gleichkommen kann; sie beglückt uns als eine durchaus reife Frucht. Und eine Klarheit in der Behandlung und Darstellung des einzelnen wie der italienische Himmel selber.Er hat Sentiment, aber ist ohne alle Sentimentalität; die Zustände sind männlich und rein empfunden.

Kenntnis der regionalen Geschichte katholische Religion

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I promessi sposi selbst in revolutionären Zeiten viel gelitten Unruhen 1629-30 in Mailand reizende Gegend am Comer See 3. Buch – historischer Einschub über Mailand Geschichte und Literatur Manzoni: Discorso sul romanzo storico oder

Su il genere dei componimenti misti di storia e di invenzione, 1845

Hermann und Dorothea (1797) Epos in neun Gesängen – Flucht der

deutschen Elsässer italienische Übersetzung 1804 in Halle Manzoni – Fermo e Lucia

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I promessi sposi Banditenführer Innominato – Osterglocken Goethe: Faust 1835 Prosaübersetzung – Giovita Scalvini Chefs-d’œuvre du théâtre allemand, Paris

1822-23 Carlo Cattaneo – Manzonis Roman in Italien

und auch im Ausland größte Erfolge in 4 Monaten in Europa 12 Auflagen und

Übersetzungen Daniel Leßmann (Berlin 1827, bzw. in einer

überarbeiteten Version 1832) Eduard von Bülow (1803-53, Vater von Hans

von Bülow) Die Verlobten (Leipzig 1828 bzw. 1837)

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Teilnahme Goethes Goethe –

Ausgabe von Manzonis Opere poetiche, Jena 1827

Theilnahme Goethe’san Manzoni