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Jahres- und Qualitätsbericht 2014 Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Vivantes Klinikum Neukölln

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

Vivantes Klinikum Neukölln

www.vivantes.de

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

Vivantes Klinikum Neukölln

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

Inhalt

Seite1 Vorwort 5

2 Struktur und Selbstverständnis der Klinik 9

3 Patientendaten 133.1 Fall- und Patientenzahlen 133.2 Zuweisung, Zugangswege und Begleitung 153.3 Aufenthaltsdauer 163.4 Diagnosen 173.5 Alter und Geschlecht 173.6 Sozialdaten 18

4 Psychiatrische Institutsambulanz 21

SCHWERPUNKTTHEMA: 23„Therapie mit allen Sinnen“ – Fachtherapeuten im Gespräch

5 Leistungen des psychiatrischen Not- und 29Bereitschaftsdienstes in der Rettungsstelle und auf den Stationen der Klinik

6 Leistungen des psychiatrischen Konsil- und 31Liaisondienstes für die somatischen Stationen

7 Besondere Vorkommnisse 337.1 Tätliche Angriffe und erhebliche Drohungen 337.2 Selbstverletzungen, Suizidversuche und Suizide 357.3 Brände 367.4 Fehler bei der Medikamentenvergabe 36

8 Zwangsmaßnahmen 378.1 Unterbringungen 378.2 Fixierungen 388.3 Medikamentöse Zwangsbehandlungen 388.4 Entweichungen 39

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9 Besondere Tätigkeiten 419.1 Mutter-Kind-Behandlungen 419.2 Angehörigenvisite und Angehörigengruppe 429.3 Praxis des „Open Dialogue“ 439.4 Neu: Gruppe für junge Erwachsene 459.5 Patientenbrief 469.6 Arbeitsgruppe Migration 479.7 Genesungsbegleiter – Experten aus Erfahrung 489.8 Tiergestützte Therapie: Jacco und Eddi 489.9 Selbsthilfegruppen 499.10 Trialog in Neukölln 509.11 Patientenclub und Disco 519.12 Feste 529.13 Gäste 539.14 Gremienarbeit 54

10 Qualitätssicherung 5710.1 Basisdokumentation 5710.2 Ereignisbezogene Dokumentationen 5710.3 Fort- und Weiterbildung 5710.4 Externe Supervision 5810.5 Zusammenarbeit mit niedergelassenen Psychiatern 58

und Psychotherapeuten10.6 Arzneimittelüberwachung in der Psychiatrie (AMSP) 5910.7 Arbeitsgruppe Deeskalation 5910.8 Komplikationskonferenz 60

11 Veranstaltungen 63

12 Vorträge und Publikationen 64

Die Abbildungen auf den Seiten 12, 14, 15, 20, 30, 40, 56, 62 zeigeneinige Arbeiten aus dem Fotoprojekt der Ergotherapie für die Ausstel-lung Art & Weise im Sommer 2014 im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt.

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

1 Vorwort

Das Vorwort zu einem Jahresbericht ist eher ein Epilog als ein Prolog:es geht um das vergangene Jahr, um Vergangenheit. Aber: es gibtEntwicklungslinien, Tendenzen, Kräfte, die uns aus dem letzten - oderbesser -: aus den letzten in die nächsten Jahre begleiten oder in dieZukunft weisen. Selbst wenn einige Themen, die die Klinik beschäftigthaben, dies auch im nächsten Jahr wieder tun werden: das Thema,das Problem, die Herausforderung verändert sich, bekommt eine neueGestalt, bedarf neuer Antworten.

Ich habe das anhand meiner Vorworte der letzten Jahre überprüft:selbst wenn Themen wiederkehren, sind sie doch je nach Jahr in neuerForm, mit neuen Fragen versehen. Und was ich dabei noch feststellte:sehr viele Themen kehren wieder. Auch wenn ich größere Zeitspannenin der Vergangenheit passieren lasse: es gibt spezifische klinische The-men, die immer auftauchen (Vernetzung im Bezirk, regionale Versor-gungsverpflichtung, sektorübergreifende Behandlung, therapeutischeBeziehung, Milieutherapie, Psychotherapie, Zwang und Gewalt, Men-schenrechte, Mitarbeiterqualifikation, Personalbesetzung, Finanzierung,Ökonomie, Verhältnis Körper – Psyche, Institution – Deinstitutionalisie-rung). Diese ‘großen’ Themen der Psychiatrie sind aber nicht abgeho-ben und abstrakt, sondern schlagen sich im alltäglichen Mikrokosmosder Arbeit mit Patienten auf Station nieder, sind also ausgesprochennahe an der Realität und Praxis.

Ein Thema, das uns quer durch alle Berufsgruppen im Jahr 2014umgetrieben hat, war die Zunahme von Übergriffen und gleichzeitigeZunahme von Fixierungen. Die Ursachen sind vielfältig, teilweise außer-halb der Klinik in einem Bezirk zu suchen, wo die Extreme aufeinan-dertreffen, wo die Drohung und Durchsetzung eigener Interessen mitGewalt zum Habitus mancher Gruppen gehören, wo aber auch dieje-nigen stranden, die alles verloren und somit nichts mehr zu verlierenhaben, und die in ihrer blinden Wut, Verzweiflung oder Angst um sichschlagen. Diese beiden Faktoren: einerseits Krankheitsschwere der Pa-tienten, insbesondere die Kombination von psychotischen Störungenmit Suchterkrankungen, andererseits dissoziale Verhaltensweisen,erschweren die Gestaltung eines förderlichen, entspannten Klimas aufStation. Unverzichtbar ist deshalb das regelmäßige Deeskalationstraining

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für alle Mitarbeiter. Frau Weidemüller als verantwortlicher Pflegekraftsei an dieser Stelle für ihre konsequente und nachhaltige Umsetzungdieser so wichtigen Fortbildungsmaßnahme ausdrücklich gedankt. DieTeams bauen verstärkt auf gezielte Maßnahmen, wie Präventions- undKonsequenzgespräche, Behandlungsvereinbarungen, speziell bei ge-walttätigen Patienten mit wiederholten Übergriffen, sowie Beratungdurch Deeskalationstrainer in zugespitzten Situationen. Angesichts derzunehmenden Bedeutung der Menschenrechte in der Psychiatrie hatdieses Thema oberste Priorität. Eine nicht zu unterschätzende Grund-lage hierfür bildet die kontinuierliche Dokumentation aller BesonderenVorkommnisse und Zwangsmaßnahmen. Die detaillierten Zahlen fin-den Sie in den Kapiteln 7 und 8. Herrn Dr. Schötschel danke ich fürseinen unermüdlichen Einsatz bei der Erfasssung und Aufbereitung derDaten und gratuliere zum erfolgreichen Erwerb der ZusatzbezeichungÄrztliches Qualitätsmanagement der Ärztekammer Berlin.

Der diesjährige Tag der Psychiatrie mit dem Titel ‘Beziehungs-Weise’fand am 14.06.2014 im Festsaal statt. Es ging um die Gestaltung dertherapeutischen Beziehung zum Patienten aus der Perspektive der ver-schiedenen Berufsgruppen und um die Zusammenarbeit im multipro-fessionellen Team. Alle Berufsgruppen waren mit eigenen Beiträgenvertreten – den Vortragenden sei an dieser Stelle gedankt. Das Schwer-punktthema in diesem Heft: „Therapie mit allen Sinnen“ wurde auchdurch diese Veranstaltung inspiriert.

Einen Dämpfer erhielt die multiprofessionelle Arbeit durch die Ent-scheidung von Aufsichtsrat und Geschäftsführung von Vivantes, dieTherapeuten künftig in einer Tochtergesellschaft anzustellen. Diese ausbetriebswirtschaftlichen Gründen von vielen Unternehmen mittlerweilepraktizierte Maßnahme konterkariert eine Behandlungsplanung und –durchführung ‘aus einem Guss’, wie dies bei schwer psychisch Krankenunerlässlich ist.

Wo Schatten ist, ist auch Licht: Das Institut für Fort- und Weiterbildungvon Vivantes wird in 2015/2016 den dritten Kurs zu ‘Bedürfnisange-passter Behandlung – Open Dialogue - Netzwerkarbeit’ ermöglichen.Im Jahr 2014 endete der zweite Kurs mit 45 Teilnehmern. Neu an diesem Kurs war, dass Mitarbeiter/Innen der Eingliederungshilfe, desSozialpsychiatrischen Dienstes und der Kinder- und Jugendpsychiatrieteilgenommen haben.

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In diesem Jahr fand die Vernetzung im Bezirk einen besonderen Aus-druck: Unterstützt durch die Psychiatriekoordinatorin und das Bezirks-amt Neukölln veranstalteten die Diakonie Eingliederungshilfe Simeonund die Klinik gemeinsam die Kunstausstellung ‘Art + Weise 2’. Ausdieser Ausstellung stammen auch die Bilder in diesem Jahresbericht.Sie entstanden im Frühjahr 2014 in einem Fotoprojekt der Ergothera-pie. Ausgestattet mit Kamera und kleinen Laufzetteln mit themati-schen Vorgaben wie: „Ich sehe was, was Du nicht siehst“, „Schneevon gestern“ oder „In meiner Hand“ begaben sich die Teilnehmer auffotografische Streifzüge durch das Klinikgelände. Mein Dank gilt be-sonders den Ergotherapeutinnen Frau Hochwarth, Frau Kallina undFrau Pohlig sowie Herrn Dr. Hardt, ohne deren Engagement diesesAusstellungsprojekt nicht möglich gewesen wäre.

Auch die internationale Vernetzung bekam in 2014 neue Impulse: dermit der Klinik assoziierte Verein zur Förderung der Belange psychischKranker in Neukölln e. V. wurde, gemeinsam mit Partnern aus skan-dinavischen Ländern, Polen und Österreich, für ein sog. Leonardo-Projekt der EU ausgewählt. Ziel ist es, das gegenseitige Kennenlernender Arbeit mit Elementen des Open Dialogue in verschiedenen euro-päischen Ländern zu fördern. Mehr dazu erfahren Sie im Kapitel 9.3.

Einen besonderen Höhepunkt stellte die bundesweite Tagung des‘Netzwerks Home-Treatment’ am 30./31. Oktober im Festsaal dar. DieVeranstaltung wurde gemeinsam mit PINEL e. V., einem sozialpsychia-trischen Träger aus Schöneberg, organisiert und zog zahlreiche Teil-nehmer aus Deutschland und anderen europäischen Ländern an. Indiesem Rahmen hatten die Klinikmitarbeiter/innen die Möglichkeit,einem in deutscher Sprache geführten Familiengespräch mit JaakkuSeikkula, Mitbegründer des skandinavischen Netzwerks für OpenDialogue, beizuwohnen. Die Teilnehmer waren beeindruckt von derkonzentrierten, immer wieder Potentiale zur Öffnung und zum Knüp-fen neuer Verbindungs- und Kommunikationsnetze erschließendenArbeitsweise von Herrn Seikkula. Frau Dr. Schütze sei an dieser Stellefür ihr vielfältiges Engagement in der internationalen Vernetzungbesonders gedankt.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Das Kriseninterventionszentrum auf Station 29 feierte 2014 sein 30-jähriges Bestehen. Das Team organisierte einen ‘Tag der offenen Tür’und lud dazu die verschiedenen Kooperationspartner aus dem Bezirkund überregional ein. Das Jubiläum klang aus mit einem Mitarbeiter-fest - Anlass zu einem Treffen auch ehemaliger Mitarbeiter/ innen, woüber Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gesprochen wurde. Ausdiesen Geschichten wird dann die je eigene Geschichte eines Teams.Ich möchte an dieser Stelle dem Team der Station 29 nicht nur für diewohl überlegte Organisation des Festtages, sondern auch für dieengagierte und therapeutisch hoch qualifizierte Arbeit mit den ihnenanvertrauten Patienten/innen in den letzten 30 Jahren danken undwünsche mir, dass sie ihre erfolgreiche Arbeit weiter in der bewährtenWeise fortsetzen.

Jegliche Arbeit in der Klinik lebt von und mit den in ihr Arbeitenden.Ich bin sehr froh, dass ich mich auf so viele gut qualifizierte Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter verlassen kann, denen ich an dieser Stelle fürihre hoch motivierte und engagierte Arbeit im Jahr 2014 herzlich dan-ken möchte.

Ich wünsche Ihnen beim Blättern und Lesen unseres Jahresberichtesviel Freude und freue mich über Rückmeldungen.

Dr. Ingrid Munk

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

2 Struktur und Selbstverständnis der Klinik

Die Klinik versteht sich als ein Knotenpunkt im Netzwerk der ge-meindepsychiatrischen Versorgung des Bezirks Neukölln. Sie bietetambulante, teilstationäre und vollstationäre Behandlungsmöglichkei-ten. Wir arbeiten eng vernetzt mit den bezirklichen Gremien, demSozialpsychiatrischen Dienst, der kommunalen Eingliederungshilfesowie den niedergelassenen Nervenärzten und Psychotherapeuten.

Die Klinik begreift sich als Offene Psychiatrie: nach innen setzt siedas Konzept der offenen Türen um, nach außen arbeitet sie in engemAustausch mit den Bürgern und Institutionen des Bezirks. Sie beziehtdie „Nutzer“, also die Patienten und die Angehörigen eng in ihreArbeit ein. Besondere Berücksichtigung findet die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit dem Ziel der Inklusion und derMenschen- und Bürgerrechte für alle psychisch Kranken.

Die Psychiatrische Klinik versteht sich als Teil der medizinischen Versorgung, die durch das Klinikum Neukölln gewährleistet wird. Siekooperiert eng mit den somatischen Kliniken, was die psychiatrisch/psychotherapeutische Versorgung somatisch Erkrankter, die somati-sche Versorgung psychisch Kranker sowie die interdisziplinäre Zusam-menarbeit in der Psychosomatik, vor allem in Psychoonkologie undPsychokardiologie, angeht.

Wir betreiben eine internationale und interkulturelle Psychiatrie: Ein Drittel der Patienten hat Migrationshintergrund. Wir legen großenWert auf die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter. In der Klinikarbeiten Beschäftigte mit 19 verschiedenen Muttersprachen.

In unserer generationenübergreifenden Psychiatrie werden Ado-leszente, Erwachsene, Ältere und Hochbetagte behandelt. Die Kinderpsychisch Kranker finden besondere Berücksichtigung.

Den Kern der Behandlung im ambulanten, teilstationären und voll-stationären Bereich bildet die multiprofessionelle Komplexbehandlung,die patientenzentriert und flexibel zum Einsatz kommt. Die Klinik

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arbeitet mit Fachärzten, Ärzten in Weiterbildung, Krankenschwestern/ -pflegern (incl. Fachkrankenschwestern/-pflegern Psychiatrie), Psycho-logen, Psychologen in Ausbildung, Sozialarbeitern, Ergo-, Kunst-,Gestaltungs-, Musik-, Tanz- und Physiotherapeuten. Die therapeutischeBeziehung bildet die Basis der Behandlung; die Wahrung der Behand-lungskontinuität ist ein wichtiges Prinzip. Die Psycho- und Soziotherapiebaut auf den Stärken, Fähigkeiten und Möglichkeiten (= Ressourcen)des Patienten auf und ist auf die Förderung von Hoffnung und Selbst-vertrauen orientiert (Recovery-Orientierung).

Die Klinik verfügt über 170 vollstationäre Betten (6 Stationen mit 26Betten und eine Krisenstation mit 12 Betten sowie eine PsychiatrischeInstitutsambulanz). Die 62 tagesklinischen Plätze verteilen sich in eineAkut-Tagesklinik mit 22 Plätzen auf dem Gelände des Haupthauses,sowie auf je 20 Plätze in den dezentralen Tageskliniken in der Riesestr.1 in Britz und in der Emser Str. 31 in Nord-Neukölln.

Wir arbeiten:• Mit intensiver Einbeziehung der Angehörigen (Angehörigenvisite, Angehörigengruppe, Informationsveranstaltungen für Angehörige)

• In enger Kooperation mit allen an der psychosozialen Versorgung im Bezirk beteiligten Einrichtungen (Gremienarbeit, Helferkonfe-renzen)

• mit der Umsetzung skandinavischer Therapieformen wie Open Dialogue und bedürfnisangepasster Behandlung mit Reflecting Team, Behandlungskonferenzen und Netzwerkgesprächen

• Unter besonderer Berücksichtigung der Milieutherapie mit Offenen Türen und nach Alter und Diagnosen gemischten Stationen

• In Beziehungskontinuität und mit dem Heimatstationsprinzip (jeder Patient bleibt für den gesamten Behandlungszeitraum auf „seiner“ Station und wird auch bei einem erneuten Aufenthalt wieder auf der gleichen Station behandelt)

• Mit integrierter ambulanter Behandlung (stationäre und ambulan-te Behandlung erfolgen durch dasselbe Team)

Mit jedem Patienten wird ein individueller, auf seine Person zugeschnit-tener Therapieplan erarbeitet. Einzel- und Gruppenpsychotherapie,Musiktherapie, Ergotherapie, Soziotherapie und psychiatrische Fach-pflege sowie medikamentöse Therapie werden auf die jeweils konkre-te Situation des Patienten abgestimmt. Hierzu stehen verschiedene

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Therapieangebote für Patienten mit schizophrenen Psychosen, Depressionen, Angsterkrankungen, Borderline-Störungen, Demenz-erkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen zur Verfügung. Auchtraumatisierte Menschen finden schnelle und umfangreiche Hilfe jenach individuellem Bedarf im vollstationären, teilstationären oderambulanten Rahmen. Von der Möglichkeit der sofortigen Aufnahmeauf unsere Kriseninterventionsstation bis zum ersten Therapiegesprächbei einem niedergelassenen Traumatherapeuten gewährleisten wireine lückenlose therapeutische Begleitung. Die Qualität der Koopera-tion im multiprofessionellen Team bestimmt das therapeutische Milieuder Station und wird durch regelmäßige externe Supervision unter-stützt.

Innerhalb der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH ist die Klinikam fachlichen Austausch und der Konzeptentwicklung im MedicalBoard Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik beteiligt; dieLeiterin der Klinik ist gleichzeitig die Sprecherin des Medical Board.

Die Weiterbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapiekann incl. der Möglichkeit der Neurologie-Rotation komplett im Hausabsolviert werden.

Anmerkung: aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf die durchgängige Erwähnung männlicher und weiblicher Sprachformen. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

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Fall- und Patientenzahlen im Verlauf der letzten Jahre

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

5.000

4.500

4.000

3.500

3.000

2.500

2.000

1.500

1.000

500

0

Fälle Patienten

2004 2006 2008 2010 2012 2014

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Aufnahmen 3.564 3.691 3.645 3.814 4.285 4.250 4.083 4.413 4.489 4.568Patienten 2.205 2.239 2.313 2.266 2.335 2.481 2.444 2.604 2.633 2.665

3 Patientendaten

3.1 Fall- und Patientenzahlen

Wir behandelten im Laufe des Jahres 2014 insgesamt 2.665 Patiententeil- oder vollstationär. Da diese Patienten, wie in den vorangegange-nen Jahren, durchschnittlich 1,7 mal aufgenommen werden mussten,kam es zu 4.568 Aufnahmen.

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FälleHäufigkeit %

Kriseninterventionsstation (Station 29) 479 10,5

Allgemeinpsychiatrie (Stationen 81 – 86) 3.501 76,6Station 81 427 9,3Station 82 610 13,4Station 83 519 11,4Station 84 442 9,7Station 85 (Schwerpunktst. Abhängigkeitserkr.) 954 20,9Station 86 549 12,0

tagesklinisch 588 12,9TK Emser Straße 156 3,4TK Riesestraße 151 3,3TK Rudower Straße 248 5,4Auf Station 33 0,7

Gesamt 4.568 100,0

Fallzahlen der verschiedenen Stationsbereiche

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3.2 Zuweisung, Zugangswege und Begleitung

Wie schon in den Vorjahren kam etwa die Hälfte der Patienten ohneEinweisung ins Krankenhaus und wurde als Notfall aufgenommen.Niedergelassene Ärzte veranlassten die Einweisung von weniger alseinem Viertel der Patienten.

Zuweisung (Einweisung, Verlegung bzw. Weiterleitung)

228 der Patienten (5 %) wurden zur Aufnahme von Polizeibeamtengebracht oder begleitet.

Häufigkeit %

Ohne Einweisung 2.365 51,8

Niedergelassener Arzt (nicht psychiatrisch/psychotherapeutisch) 560 12,3

Niedergelassener Nervenarzt / Psychotherapeut 329 7,2

Eigene Institutsambulanz 155 3,4

Andere psychiatrische Kliniken 154 3,4

Weiterbehandlung nach Station in Tagesklinik und umgekehrt 126 2,8

Nichtpsychiatrische Klinik, nicht Klinikum Neukölln 121 2,6

Andere Klinik des Klinikums Neukölln 91 2,0

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16

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8

6

4

2

0

Tage

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 20142013

3.3 Aufenthaltsdauer

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist in den vergangenen Jahrenrecht konstant und betrug im vollstationären Bereich 15,9 und im teilstationären Bereich 39,5 Tage. Deutlich unterhalb des Durchschnittsliegen die Kriseninterventionsstation mit 7,4 Tagen und die Schwer-punktstation Abhängigkeitserkrankungen mit 10,5 Tagen.

Aufenthaltsdauer 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Tage 17,1 17,8 17,8 17,2 15,8 16,1 14,6 17,1 15,9 15,9

Aufenthaltsdauer 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

> 59 Tage (%) 6,8 7,6 7,5 5,4 4,9 4,3 4,0 5,5 4,6 7,1

< 8 Tage (%) 40,4 40,3 26,7 37,0 27.2 24,7 19,7 42,7 44,2 26,1

1 Tag (%) 13,7 15,3 13,6 11,4 13,9 10,8 10,5 9,7 10,6 16,0

Anteil der „Lang-“ bzw. „Kurzlieger“ im Verlauf der letzten Jahre

Durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Verlauf der letzten Jahre

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

2013 2014Häufigkeit % Häufigkeit %

F0 196 4,4 198 4,3

F1 1.345 30,0 1.325 29,0

F2 1.150 25,6 1.210 26,5

F3 745 16,6 842 18,4

F4 812 18,1 700 15,3

F5 4 0,1 5 0,1

F6 205 4,6 243 5,3

F7 3 0,1 9 0,2

3.4 Diagnosen

Insgesamt blieb die Diagnosenverteilung im Verlauf der vorangegange-nen Jahre sehr konstant.

Erste Psychiatrische Diagnose

3.5 Alter und Geschlecht

Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 44,8 Jahre. 493 Patienten(10,8 %) waren 65 Jahre und älter, davon 39 über 90 Jahre alt.

Bei einem leichten „Männerüberhang“ bei den 2014 insgesamt be-handelten Patienten (54,4 %) zeigten sich für die Geschlechtsverteilung deutliche Unterschiede zwischen den Behandlungsbereichen. So über-wogen auf der Schwerpunktstation für Abhängigkeitserkrankungendie behandelten Männer mit 75,3 %. Im Kriseninterventionszentrumund in den Tageskliniken dagegen stellten die Frauen mit 70,1 % bzw.59,8 % die Mehrheit. Diese Zahlen reproduzieren sich jährlich bis aufeinzelne Prozente genau.

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3.6 Sozialdaten

Als sozialpsychiatrisch orientierte Klinik mit Versorgungsverpflichtungbehandelten wir im zurückliegenden Jahr zu 86,3 % Patienten, derenWohnsitz im Bezirk Neukölln lag.

Wohnort

Häufigkeit %

Versorgungsregion 3.940 86,3

Sonst. Berlin 506 11,1

Deutschland (außerhalb Berlins) 108 2,4

Ausland 14 0,3

12,4 % der Behandlungsfälle kamen aus einer Wohneinrichtung derEingliederungshilfe.395 (2013: 242) der Patienten (8,6 %; 2013: 5,4 %) hatten keinenfesten Wohnsitz oder lebten in einer Obdachloseneinrichtung.

Die soziale Zusammensetzung in Teilen des Bezirks und auch die sozia-len Bedingungen für Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen spie-gelten sich darin wieder, dass nur ca. 16 % der Patienten von einemeigenen Erwerbseinkommen lebten.

Einkünfte

Häufigkeit %

Arbeitslosengeld II 1.440 31,5

Unbekannt 957 21,0

Rente/Pension 816 17,9

eigenes Erwerbseinkommen 722 15,8

Sozialhilfe / GruS A 238 5,2

Arbeitslosengeld I 141 3,1

Anderes (z.B. Krankengeld) 130 2,8

Partner / Familie / Freunde 124 2,7

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

17 % der Patienten (Vorjahr: 14 %) waren nicht deutsche Staatsbürger. Der Anteil von Patienten mit Migrationshintergrund war deutlich höher.

Weitervermittlung

2014 wurden 31 Patienten in das Übergangswohnheim oder eineTherapeutische Wohngemeinschaft, 20 ins Betreute Einzelwohnen und 9 in eine Tagesstätte vermittelt. Bei 8 chronisch psychisch krankenPatienten war eine Heimunterbringung erforderlich. Alle Patienten miterhöhtem Betreuungs- und Förderungsbedarf konnten innerhalb Ber-lins einen für sie passenden Wohnplatz finden. Verlegungen in andereBundesländer fanden nicht statt.55 Patienten zogen nach dem Klinikaufenthalt in Pflege- oder Senioren-heime, 8 in Wohngemeinschaften für Demenzkranke. 115 Patienten(Vorjahr 89) waren aus den unterschiedlichsten Gründen wohnungslosgeworden und brauchten spezielle Unterstützung durch die Sozialar-beiterinnen.

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4 Psychiatrische Institutsambulanz

In der psychiatrischen Institutsambulanz werden Patienten behandelt,die auf Grund der Art, Schwere und Dauer ihrer psychischen Erkran-kung auf eine verschiedene Elemente umfassende komplexe ambulanteBehandlung angewiesen sind. Die Behandlung erfolgt nach vorherigemstationären oder teilstationären Aufenthalt durch die schon bekanntenBehandler auf den Stationen, um die vertrauten therapeutischen Be-ziehungen nutzen zu können; andernfalls durch die KollegInnen derAmbulanz. Ein zweiter Standort in räumlicher Verbindung mit derTagesklinik Emser Str., das Behandlungszentrum Nord mitten im Nord-Neuköllner Kiez, erfährt regen Zuspruch, insbesondere durch dasAngebot einer türkischsprachigen Sprechstunde. Inzwischen werdenpro Quartal ca. 775 Patienten in der PIA behandelt.

Das therapeutische Angebot richtet sich nicht nur an Menschen mitprimär seelischen Erkrankungen, sondern auch an diejenigen, die inZusammenhang mit einer schweren körperlichen Erkrankung anhal-tend ihr seelisches Gleichgewicht verloren haben (Psychokardiologie,Psychoonkologie). Für diese Patienten ist die enge Zusammenarbeitmit den kardiologischen und onkologischen KollegInnen im KlinikumNeukölln ein großer Vorteil. Ähnliches gilt auch für den Bereich derpsychosomatischen Erkrankungen im engeren Sinn. In Zusammenar-beit mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- undJugendaltes am Standort Neukölln wie auch mit dem Verein Kinderge-sundheitshaus e.V. gibt es ein Angebot für diejenigen Eltern, die ange-sichts der seelischen Erkrankung ihres Kindes selbst in eine seelischeKrise geraten sind.

Für die Patienten steht ein vielfältiges Behandlungsangebot zur Verfü-gung, das Einzelgespräche, ggf. auch fremdsprachig (türkisch, englisch,spanisch) mit Ärzten, Pflegekräften und Psychologen, psychotherapeu-tische Gesprächsgruppen (Angstbewältigungsgruppe, Depressions-und Psychosegruppe, Metakognitives Training ), Ergotherapie, Musik-therapie, Bewegungstherapie, Qi-Gong, Entspannungstraining undTanztherapie umfasst. Besonders hervorzuheben sind die von einerPsychologin und einer Pflegekraft geleitete DBT-Gruppe für Patientin-nen mit Borderline-Störung und die gemeinsam mit einer Kardiologinangebotene Gruppentherapie für herzkranke Patienten, die mit Angst-zuständen und Depressionen zu kämpfen haben.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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SCHWERPUNKTTHEMA: „Therapie mit allen Sinnen“ –Fachtherapeuten im Gespräch

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„Therapie mit allen Sinnen“ – Fachtherapeuten im Gespräch

Teilnehmer: Frau St. Hochwarth, Frau I. Pohlig (Ergotherapeutinnen),Frau K. Cords (Tanz- und Bewegungstherapeutin), Frau A. Osburg(Physiotherapeutin), Herr J. Kämper (Musiktherapeut)

Moderation: Frau Dr. G. Mörchen, Ltd. Oberärztin und Herr Dr. O. Hardt, Oberarzt

Die Ergotherapie ist ein besonders wichtiges Element unseres kreativ-therapeutischen Angebots. Wie kreativ muss man eigentlich sein, uman der Ergotherapie teilnehmen zu können?Fr. Hochwarth: Wir erleben es immer wieder, dass Patienten anfäng-lich unsicher sind. Wer sich erstmals in eine stationäre Behandlung be-gibt, hat oft kaum eine Vorstellung davon, was sich hinter Ergotherapieverbirgt. Manche denken an den Kunstunterricht aus Schulzeiten, indem ihnen mangelnde Begabung zurückgemeldet wurde. Dann ver-suchen wir erst einmal, den Druck rauszunehmen. Patienten, die zu-nächst mal nur zum Zuschauen in die Therapie kommen, werden durchden hohen Aufforderungscharakter der bereitgestellten Materialiendann häufig doch ziemlich schnell aktiv. Über handwerkliche Techni-ken erreichen wir auch die Gruppe von Menschen, die von dem ver-meintlich kreativen Anspruch abgeschreckt werden. Was auch immerals Produkt entsteht – durch das Tun an sich gerät der Patient in einsogenanntes „flow“-Erleben, d. h. für eine Weile geht er völlig auf indem, was er gerade tut. Dass es möglich ist, sich trotz akuter Erkran-kung nicht nur als geschwächt und bedürftig, sondern als produktivund selbstwirksam zu erleben ist häufig unser Hauptanliegen.

Wozu braucht man denn Physiotherapie in der Psychiatrie?Fr. Osburg: Die uns anvertrauten Patienten kommen zwar in ersterLinie zu uns, um ihre seelischen Leiden behandeln zu lassen, gebenaber ihre körperlichen Erkrankungen nicht an der Türschwelle ab. Dasphysiotherapeutische Behandlungsspektrum in der Psychiatrie ist breitgefächert, da wir es mit Problematiken aus sämtlichen somatischenFachgebieten zu tun haben. Neben der funktionellen Behandlung, diehäufig durch die mit der jeweiligen seelischen Erkrankung einherge-henden Begleiterscheinungen wie Antriebslosigkeit, Auffassungs- undKonzentrationsstörungen und Einschränkungen der Körperwahrneh-mung erschwert wird, obliegt uns auch der sporttherapeutische

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

Bereich. Mit Frühsport, Lauf- und Rückengruppe, Hockergymnastik,dem Bewegungsangebot im Suchtbereich, sowie den Qi Gong Grup-pen bieten wir unseren Patienten umfassende Angebote, um mitMotivation von außen für sich selbst aktiv zu werden.Physiotherapeutische Behandlungen sind dem Wortsinn entsprechend,oft tatsächlich Behandlungen und berühren die Menschen in ganzdirekter Weise als spürbarer, mitmenschlicher Kontakt.

Anders als die Physiotherapie ist die Tanz- und Bewegungstherapieden wenigsten Menschen vertraut. Kommen die Patienten gerne zuIhnen oder schämen sich viele, in der Gruppe zu tanzen?Fr. Cords: Anfangs erlebe ich oft Unsicherheit und auch Scham bei denPatienten. Sich selbst mit und im eigenen Körper zu zeigen scheint sehroft mit der Erfahrung von Bewertung und Beurteilungen verbunden zu sein. Meist legt sich diese Unsicherheit aber im Verlauf der erstenStunde und Patienten erleben eine große Erleichterung und Freiheit.Rückmeldungen wie „Hier kann ich sein wie ich bin“ oder „Es ist völ-lig egal wie es aussieht, es macht einfach Spaß“ drücken diese neueErfahrung aus.

Wird bei Ihnen auch geredet?Fr. Cords: Ja. Das Sprechen darüber, was Patienten in Bewegung undim Tanz erleben, ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Sprachehilft der Bewusstwerdung dessen, was die Patienten in Bewegunggetan und erlebt haben. Wie hat sich diese Bewegung angefühlt?Welche Qualität hatte sie? War es eher angenehm oder unangenehm?Vertraut oder ungewohnt? Solche Fragen laden die Patienten ein, sichselbst genauer wahrzunehmen, die Bewegung mit emotionalemErleben zu verknüpfen und sich darin auch mitteilen zu können.Hr. Kämper: So ähnlich ist das auch in der Musiktherapie. Das thera-peutische Gespräch und die Musik gehören zusammen.

Was muss man sich – kurz gesagt – unter Musiktherapie eigentlichvorstellen?Hr. Kämper: Vom Wesen her ist die hier praktizierte Musiktherapieein psychotherapeutisch-künstlerisches Behandlungsverfahren, beidem Musikhören, Musikmachen und das therapeutische Gesprächkombiniert werden. Getragen wird dabei alles von der therapeutischenBeziehung, die das Agens der musiktherapeutischen Behandlung dar-stellt.

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Kann man auch ambulant zu Ihnen kommen?Hr. Kämper: Ja, neben den stationären Patienten kommen jeden Tagauch ambulante Patienten zu uns zur musiktherapeutischen Behand-lung; entweder zur Gruppen- oder Einzeltherapie.Fr. Pohlig: Das ist in der Ergotherapie und bei den anderen Therapeu-ten übrigens ganz genauso.Hr. Kämper: Wichtig ist das besonders für die Patienten, die zwischenambulanter und stationärer Behandlung wechseln. Wir nennen dassektorübergreifende Behandlung. Sektorübergreifendes Arbeiten sichertfür den Patienten eine Beziehungs- und Behandlungskontinuität.

Welche Auswirkungen haben in diesem Zusammenhang die geplantenAusgliederungsmaßnahmen für therapeutische Mitarbeiter für IhreArbeit?Hr. Kämper: Da sehen wir eine große Gefahr. Dass diese enge Formder Zusammenarbeit unabhängig davon ob der Patient gerade ambu-lant oder stationär behandelt wird, gar nicht mehr so möglich ist.

Wir haben einige Angebote noch gar nicht angesprochen. Werkommt ins kreative Schreiben? Was hat es mit der Schreibwerkstattauf sich?Fr. Pohlig: Das Schreiben ist in unserem Haus ein noch recht neuesVerfahren unter den Kreativtherapien. Im Grunde kann jeder teilneh-men, der sich von dem Angebot angesprochen fühlt, sowohl währendder stationären Behandlung als auch ambulant. Wobei manch einerauch schon Erfahrungen mitbringt, das Schreiben in Tagebuchformoder Briefen pflegt. In geschützter Atmosphäre entstehen - ausgehendvon einer thematischen oder formalen Anregung - sehr, sehr individu-elle Texte und Gedichte.Die Schreibwerkstatt bietet somit einen Raum, um die persönlicheGeschichte und Gedankenwelt in Worte zu fassen. Das Vortragen derErgebnisse in der Gruppe wird als bereichernd erlebt, weil gerade dieResonanz eine bestärkende Wirkung entfaltet.Dem eigenen Erleben kann schreibend nachgespürt werden, auchDistanzierung, Reflektion und Perspektivenwechsel fließen ein. Derpersönliche Sinn erhält Geltung, ohne Beurteilung.Das Ganze geschieht auf spielerische Weise, es gibt Momente desStaunens, es wird gelacht und erzählt. Das eigene biografische Buch,das manchem vorschwebt, wird hier nicht geschrieben, wohl aberEntwürfe für eine Draufsicht anhand der großen Lebensthemen

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gewagt. Und andererseits werden Details behutsam unter die Lupegenommen, erstehen lebendig in Worten und trauen sich Gehör zufinden.

Und was verbirgt sich hinter „Qi Gong“?Fr. Osburg: Der Begriff QG wurde das erste Mal ca. 300 v. Chr. imältesten medizinischen Werk Chinas erwähnt als „ Notwendigkeit vonBewegungsübungen für die Gesundheit“.QG besteht aus verschiedenen Übungen, die Ruhe und Entspannungmit körperlicher Aktivität kombinieren. Bewegung, Atmung und Auf-merksamkeit sind die 3 Säulen des QG. Spannungsausgleich ist fürmich neben der Förderung der Körperwahrnehmung, der Konzentra-tions- und Koordinationsfähigkeit, das zentrale Thema in meinen QG-Gruppen. Durch seine harmonischen Bewegungen, bei denen esimmer ein Steigen und Sinken, ein Oben und Unten, ein Rechts undLinks, ein Vorne und Hinten gibt, durch den Bezug zur Körpermitteund den durch die Bewegung befreiten Fluss des Qi durch dieMeridiane, wirkt es regulierend – vitalisierend und entspannend.

Wie sehen Sie als Kreativtherapeuten Ihre Rolle im Behandlungsteam?Fr. Cords: Ich erlebe es oft, dass Patienten in der Tanztherapie Seiten(und auch Ressourcen!) von sich zeigen, die sonst im Stations- oderTagesklinikalltag nicht sichtbar werden. Insofern sehe ich die Tanzthe-rapie als eine wichtige Erweiterung des therapeutischen Settings. Be-eindruckend fand ich die Rückmeldung einer unserer Ärztinnen, die,nachdem sie persönlich einen Patienten in der Tanztherapie erlebthatte, dessen Diagnose in Frage stellte und diese nochmals überden-ken wollte. In der Zusammenarbeit im Team schätze ich es sehr, dassdie Tanztherapie als Therapieform ernst genommen und auch ge-schätzt wird. Sehr schön finde ich auch, wenn die Therapien ineinan-der greifen, wenn z. B. in der TBT Erlebtes in der Einzeltherapie weiterbesprochen wird, oder in der Ergotherapie weiter gestaltet wird.Hr. Kämper: Teambesprechungen, Supervisionen, Netzwerkgesprächeund Behandlungskonferenzen sind Veranstaltungen, an denen auchwir Musiktherapeutinnen und –therapeuten teilnehmen. Dort findetim multiprofessionellen Team der fachliche Austausch zwischen denBerufsgruppen statt. In den Netzwerkgesprächen und Behandlungs-konferenzen wird auch der jeweilige Patient aktiv in diesen Austausch-prozess miteinbezogen.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Für Patienten, in deren Behandlungsverlauf die Musiktherapie einensehr ausgeprägten Aspekt darstellt, organisieren wir Musiktherapeu-tinnen und -therapeuten auch gelegentlich Helferkonferenzen, Netz-werk- oder Verlaufsgespräche, an denen sowohl der jeweilige Patientals auch Vertreter der verschiedenen Berufsgruppen teilnehmen.

Die stationäre Verweildauer verkürzt sich immer weiter – welcheAuswirkungen hat das für eine ergotherapeutische Behandlung?Fr. Hochwarth: Hier stehen wir vor einer großen Herausforderung. Inder Alltagspraxis reduziert sich unsere Angebotspalette dadurch. Wirmüssen absichern, dass begonnene Projekte fertiggestellt werden kön-nen, denn wir wollen natürlich nicht nur beschäftigen, sondern ermög-lichen, dass jedes Projekt bewusst abgeschlossen werden kann. Nur sowird eine Handlung einem therapeutischen Anspruch gerecht undvom Patienten als sinnhaft und bedeutungsvoll erlebt. Wird der Prozessvorzeitig unterbrochen, wird er nicht viel bringen.Wir sind froh, dass es die Möglichkeit einer ambulanten Weiterbehand-lung gibt! Unsere direkt angeschlossene Ambulanz ist hier gar nichtwegzudenken.

Vielen Dank für dieses Gespräch!

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

Anzahl

psychiatrische Patientenkontakte in der Rettungsstelle insgesamt 6.729davon Konsile für Patienten anderer Fachrichtungen 955

Telefonkontakte 1.507

Einsätze auf den psychiatrischen Stationen 3.514

5 Leistungen des psychiatrischen Not- und Bereitschaftsdienstes in der Rettungs-stelle und auf den Stationen der Klinik

Die Rettungsstelle des Klinikum Neukölln ist mit ca. 60.000 Patienten-kontakten jährlich ein zentraler Anlaufpunkt für die Notfallversorgungim Berliner Südosten. Sie ermöglicht auch allen Patienten in psychi-schen Krisen eine niedrigschwellige Kontaktaufnahme rund um dieUhr. Die Anzahl der Patienten, die primär zur psychiatrischen Notfall-behandlung kamen, bewegt sich weiterhin auf sehr hohem Niveauund zeigte sogar noch eine leichte Steigerung. Häufig wird in derRettungsstelle der Psychiater beratend für andere Fachrichtungen hin-zugezogen. Die Einführung einer Hierarchisierung der Notfälle durchein interdisziplinäres Triage-System wird in seinen Auswirkungen aufdie konsiliarische Arbeit in der Rettungsstelle mittelfristig noch zubewerten sein. Auch die telefonischen Kontakte mit Ratsuchenden spielen eine un-veränderte Rolle in den Notdiensten am Wochenende sowie im alltäg-lichen Geschäft der Rettungsstelle. Hinzu kommt noch die Notfallversorgung auf den psychiatrischen Sta-tionen in den nächtlichen Bereitschaftsdiensten und am Wochenende.

Die nachfolgend tabellarisch zusammengefassten Zahlen zeigen ein-drucksvoll die hohe Arbeitsbelastung im ärztlichen Not- und Bereit-schaftsdienst.

Leistungen des psychiatrischen Not- und Bereitschaftsdienstes 2014

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6 Leistungen des psychiatrischen Konsil- und Liaisondienstes für die somatischen Stationen

Die Zahl der Konsile für andere Fachabteilungen des Klinikums lag indiesem Jahr mit 1749 von uns erfassten Leistungen um 4,3 % überder des Vorjahres. Der psychiatrische Liaisondienst auf den internistischen Intensivstatio-nen konnte auch in 2014 durch einen erfahrenen Arzt der Abteilungaufrechterhalten werden. Neben einer hohen Zahl von Patienten mitSuizidversuchen, Intoxikationen und schweren deliranten Syndromenging es hier immer wieder um die Behandlung von Unruhe- undErregungszuständen und um die Klärung der Einwilligungsfähigkeitbzw. die Vorbereitung der Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung.

Durch die zunehmende interdisziplinäre Belegung der Stationen ist dieZuordnung der Konsil-Anforderungen zu den Fachabteilungen schwie-riger geworden.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Abteilung Anzahl konsiliarischer Untersuchungen

IST Innere / CPU / INKA 457Kardiologie peripher 198Hämatologie / Onkologie 87Pneumologie / Infekt. / Weaning 162Gastroenterologie 198IST Chirurgie / Anästhesie 80Allg. Chir., Thoraxchir., Unfallchir. 222Dermatologie 53Neurologie / Stroke Unit 157Neurochirurgie 49HNO 25Augenheilkunde 9Gynäkologie / Geburtshilfe 12Strahlenheilkunde 0Pädiatrie / päd. Chir. / Neonatologie 3Interdisziplinäre Stationen 37Summe 1749

Leistungen des psychiatrischen Konsil- und Liaisondienstes 2014

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

7 Besondere Vorkommnisse

Im Rahmen der Qualitätssicherung gilt unser besonderes Augenmerkder Dokumentation und Analyse besonderer Vorkommnisse.

Im Folgenden wird hier speziell auf tätliche Angriffe auf Mitarbeiterund Mitpatienten sowie auf erhebliche Drohungen eingegangen (7.1).Zusätzlich werden Selbstverletzungen und Selbstmordversuche, Suizide(7.2.), Sachbeschädigungen und Brände (7.3) sowie Medikamenten-verwechslungen (7.4) dargestellt.

7.1 Tätliche Angriffe und erhebliche Drohungen

Da es uns sehr wichtig ist, Tätlichkeiten gegenüber Mitarbeitern undMitpatienten aufmerksam zu verfolgen, dokumentieren wir seit vielenJahren sehr genau alle Übergriffe.

Im Jahre 2014 kam es zu 568 Angriffen auf Mitarbeiter. Zusätzlichwurden in 330 Fällen Patienten von Mitpatienten körperlich attackiert.Insgesamt kam es zu 850 protokollierten tätlichen Angriffen. (In 48Fällen wurden zeitgleich Mitarbeiter und Mitpatienten angegriffen).

Zusätzlich zu den tätlichen Übergriffen zeigten in 495 Fällen Patientenerhebliches bedrohliches verbales oder nonverbales Verhalten. Die2007 von uns neu eingeführte gesonderte Dokumentation von Be-drohungen schärfte erheblich unsere Aufmerksamkeit gegenüber einersolchen Form von Gewalt. Opfer und Täter wurden mehr als solchewahrgenommen und diese Gewalt offenes Thema für Mitarbeiter undPatienten.

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Insgesamt mussten wir eine weitere Steigerung von dokumentiertentätlichen Angriffen verbuchen. Eine genauere Betrachtung der Einzel-fälle zeigte dabei wieder, dass diese hohe Anzahl von Taten durch„nur“ 210 Patienten erfolgte. Dabei verübten 21 der Patienten (10 %)mehr als 10 und damit 42 % der Übergriffe. Gewalt in psychiatrischen Kliniken bleibt eine ständige Herausforde-rung. Wir versuchen weiter, durch konsequente Analyse einzelnerSituationen und allgemeiner Faktoren wirksame Strategien zur Dees-kalation und Verhinderung gewalttätiger Übergriffe zu entwickeln.

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600

500

400

300

200

100

0

Angriffe aufMitpatienten

Angriffe aufMitarbeiter

2009 2010 2011 2013 20142012

Erhebl.Bedrohung

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Tätliche Angriffe 355 446 326 400 490 653 850Angriffe auf Mitpatienten 128 147 167 141 172 281 330Angriffe auf Mitarbeiter 238 313 247 276 335 401 568Erhebliche Bedrohung 250 383 326 346 370 451 495

Tätliche Angriffe im Verlauf der vergangenen Jahre

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7.2 Selbstverletzungen, Suizidversuche und Suizide

7.2.1 Selbstverletzungen

Selbstverletzungen während der stationären Behandlung stellen unsereBehandlungsteams immer wieder vor große Herausforderungen. ImLaufe des Jahres 2014 wurden 89 Fälle von selbstverletzendem Verhal-ten dokumentiert. Diese Selbstverletzungen gingen von 32 weiblichenund 19 männlichen Patienten aus. Eine Patientin verursachte dabei mit14 Verletzungen knapp ein Sechstel dieser Vorfälle.

Selbstverletzungen im Verlauf der vergangenen Jahre

7.2.2 Suizidversuche und Suizide

Die Anzahl der dokumentierten Suizidversuche von stationär behan-delten Patienten variierte in den letzten Jahren erheblich. 2014 kam es zu 19 solchen Versuchen, sich das Leben zu nehmen.

Die Zahl der Suizide schwankte in den letzten Jahren zwischen 0 und4 pro Jahr. 2014 suizidierten sich 3 Patienten während der stationärenBehandlung. Dies sind weniger Suizide als bei einer Klinik dieser Größeund Patientenzusammensetzung zu erwarten wären. Jeder Einzelfallwird auf der Leitungsebene, in Teamsitzungen und gegebenenfallsauch in einer Komplikationskonferenz speziell im Hinblick auf dieEinschätzung der Suizidalität und die getroffenen suizidpräventivenMaßnahmen detailliert besprochen.

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Selbstverletzungen 97 122 119 67 76 103 89

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7.3 Brände

26 Mal wurde 2014 die Entstehung eines Brandes gemeldet. Dabeihandelte es sich glücklicherweise meist nur um kleine, selbstlimitieren-de Herde, wie z. B. Mülleimerbrände (9 malig). Wo in der Zwischenzeitselbstlöschende Mülleimer fehlten, die eigentlich flächendeckend ein-gesetzt sind, wurden diese ausgewechselt. Ein Brand in einem Fahrstuhl führte zu erheblichem Sachschaden.

7.4 Fehler bei der Medikamentenvergabe

Ein wichtiger Teil unserer Qualitätssicherung besteht in der Dokumen-tation von Fehlern in der Medikamentenvergabe. Im Jahr 2014 gab es39 dokumentierte Ereignisse. Eine offene Fehlerkultur und die fortlaufende Analyse der betroffenenArbeitsabläufe soll diese hinsichtlich ihrer Sicherheit optimieren, um sokontinuierlich die Anzahl solcher Zwischenfälle minimieren zu können.

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8 Zwangsmaßnahmen

8.1 Unterbringungen

In 243 Fällen wurden Patienten gegen ihren Willen in der Klinik unter-gebracht. Bei 87 davon erfolgte dies nach dem Betreuungsrecht (BGB),bei 156 nach dem Gesetz für Psychisch Kranke (PsychKG). Da es sichbei 38 Patienten dabei um kurzzeitige vorläufige Unterbringungen biszum Ablauf des folgenden Tages durch den SozialpsychiatrischenDienst (§ 26.1 PsychKG) oder den vertretenden diensthabenden Psy-chiater (§ 26.2 PsychKG) handelte, wurde nur in 118 Fällen eine wei-tere Unterbringung nach PsychKG durch den Richter ausgesprochen.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

Unterbringungen 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014n % n % n % n % n % n % n %*

BGB 124 3,2 117 2,7 121 2,8 161 3,9 122 2,9 63 1,4 87 2

§ 26 Psych-KG 142 3,6 141 3,2 176 4,1 144 3,5 142 3,4 138 3,1 156 3,6

Richter Psych-KG 59 1,5 63 1,5 58 1,4 60 1,5 89 2,1 111 2,5 118 2,8

Summe 325 8,3 321 7,5 355 8,3 365 8,9 264 6,4 201 4,5 243 5,6

* Anteil an Behandlungsfällen

9

8

7

6

5

4

3

2

1

0

BGB

§ 26 Psych-KG

20092008 2010 2011 2013 20142012

Richterl. Psych-KG

Summe

Anteil der Unterbringungen an den behandelten Fällen im Verlauf der vergangenen Jahre

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2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Fixierungen 565 691 475 542 543 706 744Betroffene Pat. 138 122 140 147 193 201 198

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Betroffene Pat. 112 120 118 117 92 82 87

8.3 Medikamentöse Zwangsbehandlungen

Bei insgesamt 87 Patienten wurde 2014 eine medikamentöse Zwangs-behandlung durchgeführt. Medikamentengaben ohne vorherige Ein-willigung des Patienten entstehen zum überwiegenden Teil aus akutenNotfallsituationen mit unmittelbar drohender Fremdgefährdung. Nur inwenigen Einzelfällen kam es zu einer richterlich genehmigten Verabrei-chung von Medikamenten, nachdem alle anderen Behandlungsver-suche erfolglos geblieben waren.

8.2 Fixierungen

Eine leider auch im Jahre 2014 immer noch unvermeidbare Maßnah-me zur Abwehr von akuten Gefährdungen war die Durchführung vonFixierungen. Diese wurde in unserer Klinik 744 Mal durchgeführt, be-troffen davon waren 198 Patienten, von denen 78 Patienten wieder-holt fixiert werden mussten.

Fixierungen im Verlauf der vergangenen Jahre

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

8.4 Entweichungen

Dokumentiert sind für 2014 125 Entweichungen, d. h. Patienten, dienach Psych-KG oder Betreuungsgesetz untergebracht waren, entfern-ten sich aus der Klinik.

Entweichungen im Verlauf der letzten Jahre

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Entweichungen 70 77 90 90 110 113 125

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9 Besondere Tätigkeiten

9.1 Mutter-Kind-Behandlungen

Seit 1995 bieten wir in unserer Klinik diese spezielle Form der „Ange-hörigenarbeit“ an (vgl. Psych. Prax. 2001, 28, 123 - 127), nämlich das„rooming in“ von Säuglingen und ihren erkrankten Müttern in denFällen, in denen bei stationärer Behandlungsbedürftigkeit der Mütterdie Aufrechterhaltung und Gestaltung der Mutter-Kind-Beziehungwichtiger Teil der Behandlung ist. 59 Anfragen an unsere Klinik - nicht nur aus Neukölln und anderenBerliner Bezirken, sondern auch bundesweit - dokumentieren erneutdas anhaltend sehr große Interesse an einem derartigen Behandlungs-angebot, das angesichts personeller Engpässe und sehr hoher Bele-gung der allgemeinpsychiatrischen Stationen leider nur in einem geringen Teil der Fälle realisiert werden konnte. Auf der Kriseninterventionsstation (Station 29) wurden im Berichtsjahrimmerhin 7 Mutter-Kind-Behandlungen durchgeführt. Eine weitere Mutter-Kind-Behandlung fand auf der allgemeinpsychi-atrischen Station 82 statt, das teilstationäre Therapieangebot unsererIntensiv-Tagesklinik konnte zwei weiteren Wöchnerinnen und ihrenSäuglingen weiterhelfen.

Eine Mutter-Kind-Behandlung konnte imRahmen der Psychiatrischen Institutsam-bulanz verwirklicht werden, indem dieteilstationär begonnene Arbeit mit derjungen Mutter im ambulanten Settingfortgesetzt wurde. Über die Kooperationmit der Kinder-Intensivstation bzw. derSchreiambulanz wurden zwei weitereambulante Mutter-Kind-(bzw. Eltern-Kind-) Behandlungen durchgeführt.Auch im Behandlungszentrum EmserStraße fanden zwei ambulante Mutter-Kind-Behandlungen statt.

Begleitet wird die therapeutische und beratende Arbeit von einem2007 gegründeten multiprofessionell zusammengesetzten Kompetenz-team, das im Berichtsjahr 4x getagt hat.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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9.2 Angehörigenvisite und Angehörigengruppe

Seit 1999 haben die Angehörigenvisiten als verbindliches, niedrig-schwelliges Angebot einen festen Platz im Wochenplan der 5 allge-meinpsychiatrischen Stationen. Üblicherweise nehmen neben denPatienten, ihren Familien oder professionellen Helfern die behandelndeÄrztin, die zuständige Oberärztin, die Bezugspflegekraft, die Sozialar-beiterin, die Ergotherapeutin / die Musiktherapeutin und die Psycholo-gin an dem Gespräch teil. Häufiges Anliegen der PatientInnen ist derWunsch, Unterstützung und Verständnis zu finden. Häufige Themender Angehörigen sind Aufklärung über Art und Prognose der Erkran-kung, Behandlungsmöglichkeiten insb. Informationen über Medika-mente, mögliche Hilfen durch die Familie oder auch die Sorgen, etwasfalsch gemacht zu haben.Im Berichtsjahr nahmen 549 Patienten und 775 Angehörige das An-gebot der Angehörigenvisite wahr.

Zusätzlich erfolgte bei 261 PatientInnen eine intensive individuelleBeratung von Angehörigen durch die jeweilige Sozialarbeiterin.Diese umfasste in den meisten Fällen mehrere Gesprächstermine.

Zu den Angehörigen zählen auch die Kinder, die besondere Aufmerk-

2014

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21

8

33

39

31

55

Väter

Mütter

Partner

Kinder

Wohnbetreuerinnen

Gesetzliche Betreuerinnen

Andere

Teilnehmende Angehörige (n = 238) am Beispiel einer allgemein-psychiatrischen Station

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samkeit und Unterstützung brauchen, wenn ein Elternteil wegen einerpsychischen Erkrankung in stationärer Behandlung ist. Die Sozialar-beiterinnen beraten die Eltern und vermitteln wenn erforderlich denKontakt zu weiteren Hilfsangeboten. Bei 43 PatientInnen wurden spezielle familienunterstützende Maßnahmen eingeleitet.

Alle Angehörigen werden regelmäßig zur Angehörigengruppe ein-geladen, die von 4 Mitarbeitern aus verschiedenen Berufsgruppengeleitet wird. Der Informations- und Gedankenaustausch mit anderenBetroffenen erweist sich oft als große Hilfe, um mit den Schwierigkei-ten, denen sich Familien mit einem psychisch kranken Familienmitgliedgegenübersehen, besser zurechtzukommen.2014 fanden 20 Gruppensitzungen statt, an denen insgesamt 90BesucherInnen, zum Großteil Mütter schizophrener Patienten teil-nahmen. Darüber hinaus wurden 2 themenspezifische Sonderveran-staltungen angeboten, die bei den Teilnehmern auf reges Interessestießen.

Zu weiteren familienorientierten Angeboten, s. das folgende Kapitel.

9.3 Praxis des „Open Dialogue“

Die mittlerweile im dritten Curriculum fortgesetzte „Open Dialogue“-Fortbildung hat uns zu einer Vielzahl neuer Gesprächsformen inspi-riert, die unsere Haltung als Professionelle und die Art, wie wir mitPatienten, Angehörigen und auch untereinander sprechen, erheblichflexibilisiert hat.

Zentrales Element der Behandlungskonferenzen und Netzwerkgesprä-che ist die Kommunikationsstruktur des „Reflektierenden Teams“.Dabei hören typischerweise zwei bis drei MitarbeiterInnen einem Ge-spräch zwischen der Patientin und einem Mitglied des Behandlungs-teams (Behandlungskonferenz) bzw. zwischen dem Patienten, ver-schiedenen Angehörigen und einem Teammitglied (Netzwerkgespräch)aufmerksam zu und geben in einer geplanten Gesprächspause eineoffene Rückmeldung zu den Gedanken und Eindrücken, die das bis-herige Gespräch bei ihnen hervorgerufen hat. Wesentlich sind die„Vielstimmigkeit“ dieser Rückmeldungen und ihr von Wohlwollengekennzeichneter „Angebots-Charakter“.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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„Alle Stimmen werden gehört“ lautet ein zentrales Merkmal derNetzwerkgespräche, das sich nicht nur auf eine hierarchiefreieBegegnung der Teilnehmer bezieht, sondern auch „innere Stimmen“bzw. die unter Umständen vielfältigen sozialen Rollen einer jedenPerson würdigt. Netzwerkgespräche zeichnen sich in typischer Weiseauch dadurch aus, dass die Behandelnden (und oft auch die übrigenTeilnehmer) ein erhebliches Maß an Unsicherheit zu ertragen haben,da das NG – im Vertrauen auf den sich entwickelnden konstruktivenProzess des Gesprächs – ergebnisoffen geführt wird.

Trotz des hohen organisatorischen Aufwands (immerhin muss ein90minütiger Termin gefunden werden, der nicht nur der Patientin undden Mitgliedern ihres sozialen Netzwerks möglich ist, sondern auchzwei Moderatoren und mehreren Mitgliedern des therapeutischenTeams passt) gelang es im Berichtsjahr 54mal, ein solches Netzwerk-treffen zu realisieren.

Behandlungskonferenzen werden inzwischen in den Tagesklinikenund auf einigen Stationen regelhaft zur Strukturierung des Behand-lungsablaufs eingesetzt.

Zur Aufrechterhaltung einer sowohl kritischen als auch ermutigendenReflektion der neuen Kommunikationselemente wurde im Berichtsjahreine Arbeitsgruppe „Forum Offener Dialog“ gegründet, die sich ein-mal pro Quartal – offen für alle Interessierten – trifft.

Als besonders bereichernd erwies sich die Teilnahme mehrerer Mitar-beiterInnen an internationalen Konferenzen und Tagungen, die inHelsinki, Wien und Roskilde von Projektpartnern des EU-Projekts fürlebenslanges Lernen Leonardo da Vinci (Titel: European partnership tospread the power of open dialogue in the healing process of thepatients with psychosis) veranstaltet wurden. Ermöglicht wurde diesdurch den Verein zur Förderung der Belange psychisch Kranker inNeukölln e. V., der sich in 2013 erfolgreich um eine Teilnahme an die-sem EU-Projekt beworben hatte. Neben der Hospitation zahlreicherinternationaler Projektpartner in der Klinik (s. Kap. 9.12) konnten sodrei Krankenpflegende, drei ÄrztInnen und ein Diplom-Psychologeprojektbezogene Exkursionen unternehmen.

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9.4 Neu: Gruppe für junge Erwachsene

Seit Oktober 2014 bieten wir eine tiefenpsychologisch fundierte Grup-pentherapie für junge Erwachsene an. Die Gruppe ist „halboffen“ undsetzt sich aus bis zu 12 Teilnehmern/innen im Alter von ca. 18 bis 25Jahren zusammen. Das Angebot steht sowohl stationären als auchambulanten Patienten zur Verfügung. Angeleitet wird die Gruppedurch 2 Assistenzärzte in fortgeschrittener psychotherapeutischerWeiterbildung unter Supervision von Frau Dr. Munk.

Die Adoleszenz bezeichnet die Übergangszeit zwischen Kindheit unddem Erwachsenenalter. Zu den wesentlichen Entwicklungsaufgabendieses Lebensabschnittes zählen die Entwicklung einer stabilen Iden-tität und beruflichen Orientierung, die schrittweise Ablösung von denEltern, das Orientieren an neuen Vorstellungen und Idealen. DieserEntwicklungsabschnitt findet für gewöhnlich in der Spätadoleszenzseinen Abschluss. Die Nicht-Bewältigung von entsprechenden Entwick-lungsaufgaben der Selbstentwicklung und Beziehungsregulation kannzu adoleszenten Krisen führen. Diese stellen akute Störungen derAnpassung im jungen Erwachsenenalter dar und können auch inpsychiatrische Krankheitsbilder münden.

Der Gruppe der gleichaltrigen Patienten, der sogenannten „Peer-Group“, messen wir in unserem Behandlungskonzept eine besondereBedeutung bei. Eigene Schwierigkeiten und Konflikte werden oft bes-ser verständlich, wenn der Betreffende sie bei einem anderen Men-schen beobachten kann.

Im Gegensatz zu vielen anderen psychiatrischen Angeboten für jungeErwachsene steht in dieser gesprächstherapeutischen Gruppe nicht dieDiagnose, sondern die Person selbst im Vordergrund. Die Teilnahmeerfolgt daher unabhängig von der Diagnose. Über ein Vorgespräch miteinem der Leiter wird im Vorfeld gemeinsam überlegt, ob der oder dieTeilnehmerin von der Gruppe profitieren könnte. In einem gesprächs-therapeutischen Setting und unter Nutzung der von Yalom entwickel-ten gruppentherapeutischen Wirkfaktoren bieten wir die Möglichkeiteigene Bewältigungsstrategien zu erarbeiten und zu festigen.

Die Gruppe findet 1x / Woche in den Räumen der Tagesklinik „RudowerStraße“ statt und stößt auf viel Interesse bei den jungen PatientInnen.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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9.5 Patientenbrief

Der Patientenbrief ist in den Tageskliniken Emser Straße und Riese-straße inzwischen fest etabliert. Er ersetzt den üblichen Arztbrief. Derniedergelassene Arzt oder Psychotherapeut erhält – das Einverständnisdes Patienten vorausgesetzt – eine Kopie des Patientenbriefs.

Der Patientenbrief ist das Ergebnis einer ganzen Reihe wechselseitigerVerständigungsschritte. Dazu gehören der schriftliche Aufnahmebe-fund, der vom Patienten kritisch gegengelesen und gemeinsam über-arbeitet wird, die Vorstellung des Patienten im Behandlerteam, an derer selbstverständlich teilnimmt und seine eigene Sichtweise einbringt, und die regelmäßigen Behandlungskonferenzen, in der die therapeuti-schen Ziele gemeinsam überprüft, diskutiert und präzisiert werden. Bereits vor der Entlassung wird die Rohfassung des Patientenbriefs, deralle üblichen Bestandteile einer psychiatrischen Epikrise enthält, mitdem Patienten besprochen. Das gilt insbesondere für die diagnostischeEinschätzung, den psychischen Befund, die Zusammenfassung desBehandlungsverlaufs, die Bewertung von Erfolgen und Schwierigkeitensowie die weiteren Therapieempfehlungen.

Die Rückmeldungen der Patienten zu den an sie persönlich adressier-ten Abschlussberichten waren in den letzten Jahren durchweg positiv.Auch von ambulanten Behandlern gab es Unterstützung für dasProjekt „Patientenbrief“.

Insgesamt erleben wir den Patientenbrief als wichtige Innovation:Patienten werden aktiver in ihre Behandlung einbezogen. Die Behand-lung wird transparenter. Das therapeutische Bündnis wird gefestigt.Den Behandlern wird immer wieder abverlangt, sich verständlich aus-zudrücken und dabei insbesondere kritische und schwierige Themeneinfühlsam und angemessen zur Sprache zu bringen.

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9.6 Arbeitsgruppe Migration

Der Berliner Bezirk Neukölln ist für seine kulturelle Vielfalt bekannt. 40 % der Einwohner haben einen Migrationshintergrund. Dabei sind156 Nationen vertreten. Auf diese Tatsachen muss sich die klinischeArbeit einstellen.Die Arbeitsgruppe Migration besteht seit 2008 und setzt sich ausMitarbeiterInnen verschiedener Nationalitäten zusammen. Ziel ist u. a.die Erweiterung der interkulturellen Kompetenzen aller Mitarbeiterin-nen und die Vernetzung der psychiatrischen Abteilung des VivantesKlinikum Neukölln mit MigrantInnen-Verbänden des Bezirkes Neukölln.

In unserer Klinik arbeiten zunehmend mehr Therapeuten und Pflege-personal aus anderen Kulturkreisen und mit verschiedenen mutter-sprachlichen Kenntnissen. Bei fehlenden internen Sprachmittlern wirdder Gemeindedolmetscherdienst in die Behandlung involviert.Eine klinikinterne Fortbildung zur kultursensiblen Pflege wurde durch-geführt.In der Psychiatrischen Institutsambulanz arbeitet ein türkisch sprechen-der Psychiater in enger Kooperation mit den Migrantenvereinen inNeukölln.

Ein weiterer Schwerpunkt war eine Informationsveranstaltung desVereines: „Aufbruch Neukölln e. V.“, der Männer- bzw. Vätergruppenin türkischer Sprache anbietet und die speziellen Probleme von türki-schen männlichen Migranten aufgreift. Eine engere Vernetzung zwi-schen Klinik und Verein wurde vereinbart.

Durch die Eröffnung eines Flüchtlingsheimes in Neukölln wurde dasThema Flüchtlinge sehr aktuell. Eine Mitarbeiterfortbildung zu allen für die Flüchtlinge relevanten rechtlichen Fragen wurde angeregt. DieZusammenarbeit mit Hilfsorganisationen und Anwälten wurde intensi-viert, die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Folteropfer und demVerein „Xenion“, der ebenfalls traumatisierte Migranten psychothera-peutisch unterstützt, aktiviert. Ein betreutes Wohnen für neueMigranten mit multiplen Problemlagen „MeG“ stellte sich in derArbeitsgruppe vor.

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9.7 Genesungsbegleiter - Experten aus Erfahrung

Das Erfahrungswissen von Menschen, die selbst schon seelische Krisendurchlebt haben, ist eine wertvolle Kompetenz, die es gilt ebenbürtigdem Fachwissen professionell ausgebildeter Mitarbeiter zur Seite zustellen.In Zusammenarbeit mit dem Job-Center Neukölln und einem freienTräger arbeiten seit April bzw. November 2012 zwei Genesungsbe-gleiterinnen in der Klinik. Während des Jahres 2013 waren beide mit30-Stunden-Teilzeitstellen in jeweils ein stationäres und ein teilstatio-näres Behandlungsteams integriert. Sie sind Ansprechpartnerinnen fürPatienten, die sich in ganz besonderer Weise in deren Erleben einfüh-len und dadurch einen Kontakt aus geteilter Erfahrung herstellen kön-nen. Im Behandlungsteam sind sie ein Korrektiv gegenüber einer oft-mals zu schnell verobjektivierenden, urteilenden und wertendenPerspektive.Eine Genesungsbegleiterin nutzte die Möglichkeit zu einer begleiten-den Ausbildung in „Experienced involvement“ und wird demnächstihre Ausbildung mit einer Prüfung abschließen.

9.8 Tiergestützte Therapie: Jacco und Eddi

Zu den Mitarbeitern unserer Abteilung dürfen wir inzwischen auch 2 Therapiehunde zählen.Seit Januar 2010 gehört der Groß-Elo Jacco zum Team der allgemein-psychiatrischen Station 82. Der Rüde kam als elf Wochen junges Tierins Team und begleitet seither täglich die Sozialarbeiterin zur Arbeit. Er ist inzwischen eine feste und vertraute „Größe“ auf der Station.Seit Mai 2014 ist der Mischling Eddi ein geschätztes Teammitglied derallgemeinpsychiatrischen Stationen 83 und 84, wo er im Rahmen dertiergestützten Therapie von der Stationspsychologin Frau Semrau inEinzelkontakten mit den Patienten und in Therapiegruppen eingesetztwird.

Ein Hund kann Kontakt zu Patienten knüpfen und dies mit einer kaumzu übertreffenden Einfachheit, Klarheit, Bedingungslosigkeit und Wert-freiheit, völlig unabhängig von Alter, Sozialstatus, Krankheiten undBehinderungen des Gegenübers.

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Eine weitere Chance bietetdie Kommunikation ohneWorte. Die nonverbaleKommunikation mit demHund ist für manche eineerste Möglichkeit, etwasKontakt aufzubauen. Jaccound Eddi sorgen durch ihreAnwesenheit für Ruhe undEntspannung, sind aberauch immer Gesprächsstoffund Anlass für Aktivitäten.

Die Hunde begrüßen jeden Tag die Patienten ihrer Stationen freudig,so wie sie immer freudig begrüßt werden, wenn sie auf die Stationkommen. Sie vermitteln jedem Einzelnen Aufmerksamkeit und Wert-schätzung.Neulich sagte ein Patient zu Jacco: „Wenn ich Dich sehe, kann ichwenigstens einmal am Tag lächeln.“Eddi und Jacco begleiten die Patienten regelmäßig bei Spaziergängen.Hier können Patienten Verantwortung übernehmen und den Hund ander Leine führen. Es ist schön zu sehen, wie das Selbstbewusstsein mitjedem Schritt wächst.

9.9 Selbsthilfegruppen

Die Schwerpunktstation für Abhängigkeitserkrankungen pflegt eineregelmäßige Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen für alkohol-,medikamenten- und drogenabhängige Patienten. An beinahe jedemTag der Woche stellt sich abends eine Gruppe vor. Dabei sind insge-samt 10 verschiedene Organisationen vertreten (Lichtblick, Guttempler,Klärwerk, Alternative Freizeit, AA, AKB, WHU, CSO, Drogenstop,Narcotics Anonymous). Sobald der körperliche Zustand es erlaubt,besuchen die Patienten Gruppen außerhalb des Krankenhauses. Siehaben dadurch die Möglichkeit, ein breites Spektrum unterschiedlicherGruppen kennen zu lernen und die Chancen der Selbsthilfebewegungbei der Bewältigung ihrer Abhängigkeit für sich zu entdecken.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Die Selbsthilfebewegung geht inzwischen weit über den Bereich derSuchtmittelabhängigkeit hinaus. Das Selbsthilfezentrum Neukölln bie-tet an zwei Standorten Anlaufstellen für Menschen mit ganz verschie-denen Krankheiten oder Lebensproblemen. Anlässlich eines Treffensder Sozialarbeiterinnen der Klinik mit Mitarbeitern des Selbsthilfe-zentrums am Standort Hertzbergstraße wurde die Erweiterung derKooperation mit der Klinik verabredet und ein regelmäßiges Info-Cafevorerst 1x im Monat eingerichtet, das bevorzugt von den Patientender Tageskliniken gerne genutzt wird.

Schon seit mehreren Jahren findet einmal im Jahr eine gemeinsameInformationsveranstaltung in den Räumen der Klinik statt. In diesemJahr sprach Frau Dipl. Psych. Kathrin Karberg über posttraumatischeBelastungsstörungen.

9.10 Trialog in Neukölln

Der Trialog in Neukölln ist eine fortgesetzte Initiative und regelmäßigeVeranstaltungsreihe im organisatorischen Rahmen der Otto-Suhr-Volkshochschule, die im Rathaus Neukölln stattfindet und als Fortbil-dungsveranstaltung der Psychotherapeutenkammer zertifiziert ist. DieTeilnehmenden – ehemalige Patientinnen und Patienten mit Kliniker-fahrung, Mitarbeitende psychiatrischer Einrichtungen und Angehöri-ge – erleben zwischen den drei psychiatrischen Erfahrungsrichtungeneinen konstruktiven Gesprächsaustausch, der ausdrücklich als Öffnungder Psychiatrie-Erfahrung nach draußen und zu den Anderen hin wahr-genommen wird. Diese Zusammenfassung ist zugleich das Ergebniseiner kombinierten Fragebogen- und Fokusgruppenuntersuchung derNeuköllner Trialog-Erfahrungen, die unter dem Titel „Diese Offenheitmuss weitergehen“ publiziert wurde (von Peter, Schwedler, Amering &Munk 2014).

Der offene Dialog hilft allen Beteiligten, sich über das Erlebte und dieausdrücklichen Gesichtspunkte klarer zu werden und in der eingehen-den Erörterung von Themen die gemeinsame Sache zu verstehen.Damit die Verständigung rücksichtsvoll gelingt, wird im Trialog in Neu-kölln die Methode der Reflektion eingesetzt, das sogenannte Reflect-ing Team mit einem Blick von außen durch zwei bis drei Personen, die dem Sprechen zuhören und zu vereinbarten Zeitpunkten sagen,

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welche Aspekte sie aufmerken ließen, im Gespräch beeindruckten,und was zu denken gibt (s. Infotext unter der Netzadresse www.trialog-psychoseseminar.de).

Der Spiegel der Anderen im Erfahrungsfeld Trialog ist Ansporn, denoffenbaren Wechsel von Perspektiven, Auffassungen und Einstellun-gen zu verstehen. Die dialogisierte Redevielfalt verständigt das Gefühlder Dazugehörigkeit und entfaltet das Wissen über Sinnbildung inunserem je individuierten Leben.

9.11 Patientenclub und Disco

Der Patientenclub ist ein Freizeitangebot für Patienten mit häufigenoder langen Krankenhausbehandlungen, sowie Patienten der psychia-trischen Institutsambulanz. Hier geht es nicht um Therapie im engerenSinn, sondern um Abwechslung, gemeinsamen Spaß, positive Erleb-nisse.

2014 gab es 5 Veranstaltungen, es fanden ein Filmabend, ein Mini-golfnachmittag, ein Raclette-Abend, ein Tischtennisturnier und einKegelnachmittag statt. Die Teilnehmerzahl variierte zwischen 6 und 12 Personen. Wie immer hatten die Patienten viel Spaß an Bewegungund einem Nachmittag außerhalb des Stationsgeschehens. DerRaclette-Abend mit gemütlichem Beisammensein war einer der High-lights des Patienten Clubs, viele der Patienten kannten Raclette-Essenaus der Kindheit und Erinnerungen an früher wurden dabei erzählt.

Zusätzlich gibt es jeden Monat auf der Station 81 einen Disco-Abend.Zwei musikbegeisterte Krankenschwestern haben sich dieser Sacheangenommen. Der Aufenthaltsraum wird mit Discolichtern geschmückt,eine alkoholfreie Bowle wird gemacht und Knabberzeug eingekauft.Das Musikrepertoire ist breit gefächert, reicht von den 60er Jahren biszur aktuellen Hitparade. Die Patienten kommen aus der ganzen Ab-teilung. Wir Krankenschwestern tanzen mit und animieren die Patien-ten mitzutanzen oder zu klatschen, wenn sie sitzen bleiben wollen.Mit Rollstuhlfahrern wird drehend und rollend getanzt. Wir beendenunsere Disco immer mit dem Lied „time to say goodbye“. An solcheinem Abend entsteht immer eine fröhliche Stimmung und alle genie-ßen die Gemeinschaft.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Damit alle interessierten Patienten teilnehmen können, erhaltenPatientenclub und Disco eine finanzielle Förderung durch den Vereinzur Förderung der Belange psychisch Kranker in Neukölln e. V.

9.12 Feste

In diesem Jahr fand bereits Anfang Juni wieder ein großes Sommerfestfür alle ambulanten und stationären Patienten und ihre Angehörigen,für alle Ehemaligen und nicht zuletzt auch für die Mitarbeiterinnen desHauses statt.

Die Dekorationen wurden dafür vorher von den Patienten in der Ergo-therapie hergestellt. Die Ergotherapeutinnen zeichneten auch für dieOrganisation des Festes verantwortlich. Mehrere Mitarbeiter boten ver-schiedene Aktivitäten an; besonders beliebt waren wieder die Torwandund die Schokokusswurfmaschine. Der Auftritt des Mitarbeiterchors,zahlreiche musikalische Beiträge aus dem Kreis der Patienten und derAuftritt einer Tanzgruppe sorgten für gute Unterhaltung.

Das Gegenstück zum Sommerfest bilden die Weihnachtsfeiern, die wiein jedem Jahr in den Häusern P1, P2 und P3 und in den beiden Tages-kliniken stattfanden. Von den Patienten vorher selbst gebackenePlätzchen und verschiedene Darbietungen gehörten zum bewährtenProgramm. Der Mitarbeiterchor brachte alte und neue Weihnachts-lieder zu Gehör und lud alle zum gemeinsamen Singen ein.

Ein besonderer Dank geht an den Verein zur Förderung der Belangepsychisch Kranker in Neukölln e. V., ohne dessen finanzielle Unterstüt-zung diese Feste nicht durchzuführen gewesen wären. Außerdembedankten sich die Teilnehmer des Sommerfestes bei den Veranstal-tern mit einer Spende von 88 €.

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9.13 Gäste

Auch in diesem Jahr hatten wir wieder zahlreiche Gäste, die bei einemBesuch, einem Praktikum oder einer Hospitation unsere Klinik und dasArbeitsfeld Psychiatrie und Psychotherapie kennenlernen wollten.

• Im April 2014 traf sich der Gesundheitsausschuss der BVV Neukölln zu einer regulären Sitzung in den Räumen der Klinik.

• Im September kam die überregionale AG „Gewalt und Zwang in der Psychiatrie“ zu ihrem Halbjahrestreffen nach Neukölln.

• 7 MitarbeiterInnen einer psychiatrischen Klinik aus Wroclaw, 8 MitarbeiterInnen verschiedener Berufsgruppen aus Warschau, 10 KollegInnen aus Wien und 2 KollegInnen aus Dänemark hospi-tierten im Rahmen der Leonardo-Partnerschaft auf der Station 81 und in den Tageskliniken.

• Ein Gruppe von MitarbeiterInnen der St. Hedwigs-Kliniken in Berlin-Mitte informierten sich über die Arbeitsweise und das Behandlungs-angebot der Akut-Tagesklinik.

• Die Vorstandsvorsitzende des Vereins der Angehörigen Psychisch Kranker und eine medizinische Fachangestellte aus einer Nerven-arztpraxis gewannen im Rahmen einer Hospitation einen anschau-lichen Eindruck unserer alltäglichen Arbeit.

• Zwei MedizinstudentInnen kamen für ein Tertial des praktischen Jahres und weitere 9 zu verschiedenen Famulaturen und klinischen Praktika.

• 5 Dipl.-PsychologInnen machten hier das klinisch-psychiatrische Praktikum im Rahmen ihrer Weiterbildung zur psychologischen Psychotherapeutin und 7 StudentInnen der Psychologie absolvierten ein mehrwöchiges studienbegleitendes Praktikum.

• 3 PraktikantInnen interessierten sich für das Arbeitsgebiet der Ergotherapie. Ein Schüler aus einer Ergotherapieschule interviewte Mitarbeiter im Rahmen eines Neueinsteiger-Projekts

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• 3 PraktikantInnen und 11 Hospitanten kamen in die Musiktherapie.

• 4 PraktikantInnen und 7 Hospitationen gab es bei den Sozialarbei-terinnen.

Wir freuen uns sehr über die zahlreichen Gäste, die neue Impulse undeinen unbelasteten Blick auf die Institution mitbringen.

9.14 Gremienarbeit

Unser Leitbild von der „gemeindenahen Psychiatrie“ bedeutet, dasssich die Klinik nach außen hin öffnen und die Zusammenarbeit mitallen anderen an der psychosozialen Versorgung des Bezirks beteilig-ten Einrichtungen suchen muss. Das Berliner Gesetz für psychischKranke (PsychKG) sieht diese Mitarbeit in den Gremien der psychoso-zialen Versorgung (z. B. PSAG Neukölln) sogar ausdrücklich vor (§ 7PsychKG).

Nachfolgend eine Liste der verschiedenen Tätigkeiten:

Frau Adamietz Steuerungsgremium Allgemeinpsychiatrie des Sozialarbeiterin Bezirks Neukölln

Frau Kiko Geriatrisch-Gerontopsychiatrischer VerbundSozialarbeiterin Neukölln AG Willkommen

Frau Knapp Vertreterin der Klinik in der PsAG NeuköllnSozialarbeiterin Steuerungsgremium Allgemeinpsychiatrie des

Bezirks NeuköllnFG Psychiatrie der PSAGAG Fallmanagement

Frau Kohmann Netzwerk Frauen in NeuköllnSozialarbeiterin AG Zusammenarbeit Jugendamt, SPsD und

Klinik Neukölln

Frau Dr. Mörchen AK Drogen und Sucht der Ärztekammer BerlinOberärztin Vorstand Suchtakademie Berlin-Brandenburg

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Frau Dr. Munk Sprecherin des Medical Board Psychiatrie, Chefärztin Psychotherapie und Psychosomatik,

Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbHPsychiatriebeirat Neukölln

Leiterin des bundesweiten „Kommende - Arbeitskreises“ pflichtversorgender psychiatri-scher Abteilungen im Rahmen des Arbeitskreises psychiatrischer Chefärzte an Allgemein-Kranken-häusern in Deutschland (ACKPA)

Mitglied des Netzwerks „Steuerungs- und Anreizsysteme für eine moderne psychiatrischeVersorgung“

Frau Schalow FG Arbeit und Reha der PSAGSozialarbeiterin

Frau Schaub Steuerungsgremium Sucht des Bezirks NeuköllnSozialarbeiterin AG Schnittstelle

Frau Dr. Schütze Weiterbildungsausschuss VI der ÄK BerlinOberärztin

Frau Stober-Wilcke FG Sucht der PSAGSozialarbeiterin Steuerungsgremium Sucht des Bezirks Neukölln

Frau Strothteicher Vertreterin der Klinik in der PSAG NeuköllnSozialarbeiterin FG Psychiatrie der PSAG

Projektbegleitender Beirat Zuverdienst Neukölln

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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10 Qualitätssicherung

10.1 Basisdokumentation

Zu jedem Behandlungsfall wird vom verantwortlichen Stationsarzt ein anonymisierter Dokumentationsbogen ausgefüllt. Dies geschiehtinzwischen einheitlich in allen psychiatrischen Kliniken der VivantesGmbH. Die Daten geben wertvolle Hinweise zu den psychiatrischenwie somatischen Diagnosen, wichtigen Behandlungsmodalitäten, (z. B.gesetzliche Unterbringungen), zur sozialen Lage sowie der vor- undnachgeschalteten Behandlung. Die Auswertung der Datensätze bildeteine der wichtigsten Grundlagen für den Jahresbericht der Klinik (s. vorherige Kapitel).

10.2 Ereignisbezogene Dokumentationen

Auf gesonderten Dokumentationsbögen werden besondere Vorkomm-nisse (z. B. Suizidversuche, Bedrohungen, Gewaltanwendungen, Ent-weichungen), Zwangsbehandlungen, Fixierungen und Türschließungenerfasst. Alle Mitarbeiter der Klinik sind hieran beteiligt und achten aufeine möglichst vollständige Erfassung und Beschreibung des Sachver-haltes. Einer der Oberärzte wertet die Bögen aus und stellt die Ergeb-nisse in der Leitungsrunde und in der monatlichen Abteilungskonferenz,an der alle Mitarbeiter teilnehmen, vor. Die detaillierten Ergebnisse aus2014 finden sich in den entsprechenden Kapiteln des Jahresberichts.

10.3 Fort- und Weiterbildung

Die ärztlichen und psychologischen Mitarbeiter gestalten 3x / Monateine eigene Weiterbildungsveranstaltung. Als Grundlage dient derWeiterbildungskatalog der Ärztekammer Berlin für die Weiterbildungzum Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, aber auch andere wichti-ge und aktuelle Themen kommen auf die Tagesordnung. Die Veran-staltung ist für alle Mitarbeiter offen und wird von der ÄrztekammerBerlin zertifiziert.

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2014 wurde ein zweiter Ausbildungskurs zum Thema „Open dialogueund netzwerkorientierte Behandlungen“ unter der Leitung von Dr.Volkmar Aderhold in unserer Klinik abgeschlossen. Für 2015 ist eindritter Kurs geplant.

Zusätzlich erhielten zahlreiche Mitarbeiter aus allen BerufsgruppenDienstbefreiungen für die Teilnahme an inner- wie außerbetrieblichenFort- und Weiterbildungsveranstaltungen oder besuchten Fortbildungs-veranstaltungen außerhalb ihrer Arbeitszeit.

10.4 Externe Supervision

Die gemeinsame Reflexion und der Austausch über die häufig emotional sehr belastenden Interaktionserfahrungen mit Patienten istinzwischen ein anerkannter Qualitätsstandard in der Psychiatrie undPsychotherapie. Alle Stationsteams haben eine fortlaufende externeSupervision, an der alle Teammitglieder teilnehmen. Die Teilnahme istfür die Mitarbeiter kostenfrei.

10.5 Zusammenarbeit mit niedergelassenen Psychiatern und Psychotherapeuten

Die bewährte Neuköllner Tradition eines regelmäßigen Austauschesmit niedergelassenen KollegInnen und ÄrztInnen des sozialpsychiatri-schen Dienstes konnte auch nach dem Wechsel des ursprünglichenInitiators in den Ruhestand aufrechterhalten werden. KollegInnen einergroßen Gemeinschaftspraxis haben den Staffelstab übernommen. Die Termine trafen wieder auf regen Zuspruch, und die Diskussiongemeinsam interessierender Themen trug erheblich zu einer gutenZusammenarbeit bei.

Zusätzlich wurden drei psychiatrisch-psychotherapeutische Fallkon-ferenzen veranstaltet. Eingeladen waren im Bezirk Neukölln tätigePsychiater und Nervenärzte, sowie ärztliche und psychologische Psy-chotherapeuten, um mit uns als stationär arbeitenden Psychiatern undPsychotherapeuten konkrete Behandlungsfälle zu besprechen. DieseTreffen sind immer wieder eine wertvolle Möglichkeit, die verschiedenenPerspektiven ambulanter und stationärer Behandler wahrzunehmen,

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die Arbeit anderer, an der Behandlung des gleichen Patienten beteilig-ter Professioneller, wertzuschätzen und die eigene Arbeit in einenlangfristigen Zeithorizont einzuordnen.

10.6 Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie (AMSP)

Ziel des bundesweiten AMSP-Projekts ist die Verbesserung der Arznei-mittelsicherheit bei der Behandlung psychiatrischer Patienten. In denteilnehmenden Kliniken werden fortlaufend schwere unerwünschteArzneimittelwirkungen (UAW) unter Psychopharmaka erfasst. Zweimaljährlich werden an bestimmten Stichtagen alle verordneten Psycho-pharmaka für jeden Patienten aufgelistet. Die gemeldeten UAW könnenso auf durchschnittliche Verordnungshäufigkeiten bezogen werden.

Durch Dokumentation und Diskussion der erfassten UAW-Fälle inregionalen und bundesweiten Fallkonferenzen unter besonderer Berück-sichtigung möglicher Risikofaktoren wird das Wissen um unerwünsch-te Arzneimittelwirkungen bei den behandelnden Ärzten verbessert.2014 konnten aus unserer Klinik 30 Fälle von schwerwiegenden UAWan die Zentrale in München gemeldet und zur Diskussion gestellt werden. Seit Oktober 2013 hat die psychiatrische Klinik am Vivantes KlinikumNeukölln auch die Regionalkoordination für den Bereich Berlin-Bran-denburg übernommen. 2014 fand jeweils im Frühjahr und im Herbsteine Regionalkonferenz mit Teilnehmern aus 11 verschiedenen Klinikenstatt.

10.7 Arbeitsgruppe Deeskalation

Die klinikinterne berufsgruppenübergreifende AG Deeskalation hatsich im Jahr 2014 siebenmal getroffen. Basisnah werden Themen undProbleme im Zusammenhang mit Gewalt, Zwang, Patienten- und Mit-arbeitersicherheit besprochen und nach Verbesserungen und Lösungengesucht. Bauchgurte, die ohne Schrittschutz nicht mehr zugelassensind, haben uns weiterhin beschäftigt. Ein Austausch über eine Ver-besserung der technischen Sicherheitsausstattung mit dem örtlichenServicemanager hat stattgefunden. Als Gewaltprävention wurden zwei Fortbildungen zum Thema verbale Deeskalation durchgeführt.

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Zwei zusätzliche Deeskalationstrainer konnten ausgebildet werden. Ein Workshop zum Thema Haltetechnik hat stattgefunden. Es finden weiterhin zweimal im Monat praktische Schulungen fürMitarbeiterInnen statt. Die Deeskalationstrainer üben mit den Mitar-beiterInnen Zugriffs- Halte und Abwehrtechniken. Eine Fixierung wirdim Rollenspiel alltagsnah durchgeführt. Sicherheitsaspekte wie dieBeachtung von Grundsicherheitsregeln und die Blickschulung fürGefahrenquellen spielen dabei eine große Rolle. Eine dreitägige Basis-Schulung für neue MitarbeiterInnen der Klinik wurde durchgeführt.

Zwei MitarbeiterInnen vertreten die Klinik im überregionalen Arbeits-kreis Gewalt und Zwang in der Psychiatrie. Im September war unsereKlinik Gastgeberin der 2x jährlich stattfinden Treffen. Unter dem Ober-thema „Wie viele Regeln sind hilfreich und nötig“ diskutierten 15Teilnehmer über die Gestaltung des therapeutischen Milieus untererschwerten Bedingungen.

10.8 Komplikationskonferenz

2014 fanden drei Komplikationskonferenzen statt. Zweimal ging esum Fixierungen, insbesondere unter dem Aspekt der Zusammenarbeitzwischen diensthabendem Arzt und Pflegenden. Es wurde festgehal-ten, dass es unerlässlich ist, dass der herbeigerufene Arzt und die Pfle-genden sich vor dem Arztgespräch verständigen; dass zeitlich befriste-te Absprachen mit der Mitteilung an den Patienten, die Einhaltung derAbsprache zum vereinbarten Zeitpunkt zu überprüfen, sehr sinnvollsind. Die juristischen Rahmenbedingungen wurden dargestellt, auf dieentsprechende Dokumentation verwiesen und festgehalten, alle Mög-lichkeiten vor einer Fixierung auszuschöpfen, da es sich um eine frei-heitsentziehende Maßnahme handelt, die nur ausgeführt werden darfbei unmittelbar drohender Gefahr. Bei beidenKomplikationskonferenzen zeigte sich, wie wichtig die gegenseitigeUnterstützung der Stationen ist und dass alle sich in Notsituationenbereitwillig gerne helfen. Es wurde die Aufforderung wiederholt, sichin der Nacht auf jeden Fall von anderen Stationen Hilfe zu holen undauch einzufordern.

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Bei den beiden anderen vorgestellten Komplikationen ging es um wiederholte Übergriffe von zwei Patienten. In beiden Fällen zeigtesich, dass die Betreuung durch stationsfremde Leasingkräfte alsNotmaßnahme zwar manchmal erforderlich ist, aber die Reintegrationdes Patienten in die Station und die Patientengruppe eher erschwert.Es zeigte sich auch die Bedeutung der langjährigen Beziehung vonStationsmitarbeitern/Innen zu Patienten, die bei Beendigung der Tätig-keit des Mitarbeiters durchaus zu seelischen Krisen und protrahiertenKrankheitsverläufen von Patienten auf Station führen kann.

Die Komplikationskonferenzen haben sich als berufsgruppenüber-greifendes Forum zur Aufarbeitung schwerwiegender Behandlungs-komplikationen bewährt. Das Setting mit einem Innenkreis ausVorstellenden, Fragenden und Diskutierenden und einem Außenkreis,dessen Teilnehmer nach dem Gespräch im Innenkreis ergänzende undfehlende Aspekte und Vorschläge einbringen können, hat sich etabliert.Wichtig für die Qualitätssicherung in der Klinik ist insbesondere derteamübergreifende Aspekt: So werden in der Regel der Komplika-tionen vorgestellt, die auf jeder Station geschehen können; die Teil-nehmer des Innen- und Außenkreises kommen aus verschiedenenKlinikbereichen. Dadurch wird der Zusammenhalt der Klinik team-übergreifend gefördert.

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

11 Veranstaltungen

31.01.2014 Gerd Böhner, ZfP Klinikum Schloß WinnendenHalten als neue Fixierungstechnik

09.05. bis Ausstellung „Art + Weise 2“28.06.2014 Galerie im Gemeinschaftshaus am Bat-Yam-Platz

in Kooperation mit dem Bezirksamt Neukölln und dem Diakoniewerk Simeon

15.05.2014 Dr. Monika Trendelenburg, OberärztinUmgang mit SuizidalitätInformationsveranstaltung für Angehörige

26.05.2014 Kathrin Karberg, Dipl. Psych.Die posttraumatische Belastungsstörunggemeinsame Informationsveranstaltung mit dem Selbsthilfezentrum Neukölln

14.06.2014 Tag der Psychiatrie „Beziehungs-weise“

17.07.2014 Katarzyna Strek, Berliner Krisendienst Region Süd-OstVorstellung des Berliner Krisendienstes

16.10.2014 Dr. Sabine Schütze, OberärztinNetzwerkgespräche, Behandlungskonferenzen und andere Elemente des „offenen Dialogs“Informationsveranstaltung für Angehörige

29.10.2014 Prof. Dr. Jaakko Seikkula, Universität Jyväskylä/ FinnlandWorkshop „Open Dialogue in der Klinik: Möglichkeiten-Grenzen-Risiken“

30.10.2014 Prof. Dr. Jaakko Seikkula, Universität Jyväskylä/ FinnlandWorkshop „Netzwerkgespräch live“

30./31.10.2014 Deutsches Netzwerktreffen „Home Treatment“in Kooperation mit NiG Pinel

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12 Vorträge und Publikationen

Brockhaus, S. Vortrag und Diskussion im Rahmen der Dozenten-tätigkeit im Vivantes IFW

Grundlagen der psychiatrischen Krankenpflege• Wahrnehmung und Selbstreflektion• Nähe und Distanz• Kommunikationsregeln• Beziehungsgestaltung nach H. Peplau/ Verschieden Rollen im beruflichen Alltag

• Umgang mit Macht/ Machtmissbrauch/ Machtlosigkeit/ Gewalt

Entwicklung einer Fehlerkultur• Fehler und Fehlermanagement• Qualitätsmanagement/Patientensicherheit• Umsetzung in der Psychiatrischen Abteilung im KNK

El Nagashi, A. Verkehrsmedizinische Begutachtung, Qualifizierung gemäß Fahrerlaubnisverordnung22.03.2014, Ärztekammer Berlin

El Nagashi, A. Psychiatrische Notfälle05.05.2014, Vivantes IFW

El Nagashi, A. Psychiatrie kompakt (Strafrechtliche Folgen vonFehlern und Versäumnissen PsychKG, BGB, SGB)14.05.2014 und 01.10.2014, Vivantes IFW

Hardt, O. Verhaltenstherapie affektiver StörungenInstitut für Verhaltenstherapie BerlinBerlin, 07.01.2014

Hardt, O. Psychiatrische Versorgung Demenzkranker in Neukölln, Podiumsdiskussion AufbruchFachtag GGVN Aufbruch zu einer lokalen Allianz für Menschen mit Demenz in NeuköllnBerlin, 14.05.2014

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Hardt, O. Fixierung und freiheitsbeschränkende Maßnahmen im KrankenhausKlinisches Ethik-Komitee des Klinikums NeuköllnBerlin, 09.09.2014

Mörchen, G. Curriculum Suchtmedizinische GrundversorgungTeil A: Allgemeine GrundlagenVorträge und SeminarleitungArbeitskreis Drogen und Sucht der Ärztekammer Berlin in Zusammenarbeit mit der Suchtakademie Berlin-BrandenburgBerlin 20./21.6.2014

Mörchen, G. Curriculum Suchtmedizinische GrundversorgungTeil D: Motivierende GesprächsführungVorträge und SeminarleitungArbeitskreis Drogen und Sucht der Ärztekammer Berlin in Zusammenarbeit mit der Suchtakademie Berlin-BrandenburgBerlin,23./24.5.2014

Mörchen, G. Praxis der Qualifizierten Entzugsbehandlung bei AlkoholabhängigkeitFortbildungsveranstaltung der Klinik für Innere Medizin – Gastroenterologie und Diabetologie, Vivantes Klinikum Neukölln27.08.2014

Mörchen, G. Entzugsbehandlung bei CannabisabhängigkeitNeuköllner SuchtperspektivenRathaus Neukölln, 16.09.2014

Munk, I., Antidepressiva verringern nicht die Rate an Suizid-Bschor, T. versuchen oder Suiziden

Psychiatrische Praxis, 2014; 41: S. 55 – 56

Munk, I. Statt sektorübergreifender Versorgung ein insuffi-zientes AbrechnungssystemPublic Health Forum 22 (2014), S. 42 – 44

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Munk, I., Modellprojekte nach § 64b SGB V – Chance für Heinze, M. Veränderung der Versorgungssteuerung

Symposium, Tagung „Spielregeln psychiatrischer Versorgung zwischen Markt und Regulierung“, Forum für Gesundheitswirtschaft, 21.02.2014, Berlin

Munk, I., Trialogisches SeminarHümbs, N. Überregionales Berliner Symposium für Psychosen-

psychotherapie17./18.05.2014, Charité, Berlin

von Peter, S., „Diese Offenheit muss weitergehen“ – Wie erleben Schwedler, H.-J., Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige und Professionelle Amering, M., den Trialog?Munk, I. Psychiatrische Praxis, e-first,

DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1370212

Munk, I. Freiheit, Bindung, ZwangVortrag, Club 23, Treff für Psychiatrieerfahrene, Angehörige und Professionelle,08.10.2014, Bernau

Kölch, M., Das Neuköllner Modell – Gemeinsame Versorgung Munk, I. von jungen Kindern in Familien mit psychischen

Störungen im Bezirk Neukölln durch eine psychia-trische und eine kinder- und jugendpsychiatrische Klinik in: Kölch, M., Ziegenhain, U., Fegert, JM., Kinder psychisch kranker Eltern – Herausforderun-gen für eine interdisziplinäre Kooperation in Betreu-ung und Versorgung -, Beltz Juventa, Weinheim und Basel, 2014

Munk, I. Psychosomatik und Psychiatrie: Getrennt oder vereint?Vortrag, 20. Jahrestagung der Viktor von Weizsäcker Gesellschaft in Verbindung mit der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik der Universität Heidelberg: Der kranke Mensch24.10.2014, Universität Heidelberg

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Munk, I. Skandinavisches Modell in einer Versorgungsklinik?Vortrag, Kommende-Tagung des Arbeitskreises psychiatrischer Chefärzt/innen an Allgemeinkran-kenhäusern in Deutschland (ACKPA)08.11.2014, Heidenheim a. d. Brenz

Munk, I. Das neue Entgeltgesetz für Psychiatrie, Psycho-therapie und PsychosomatikVortrag, 22. Sitzung des Krankenhausausschusses der Ärztekammer Berlin17.12.2014, Berlin

Schütze, S. Workshop: Etablierung der Methode des Offenen Dialogs in die Behandlung von Patienten mit psy-chotischen StörungenInstitut für Paar- und Familientherapie, Wien, 24.02.2014Windhorse Gesellschaft Wien, 25.02.2014

Schütze, S. Workshop: How to integrate elements of Open Dialogue in the existing treatment structure of a psychiatric institutionLeonardo Projekt, Neukölln10. –11.04.2014, 08. –09.05.2014, 11. –12.07.2014

Schütze, S. Workshop: Behandlungskonferenzen in der Alltags-praxis einer psychiatrischen Station gegenüber einer TagesklinikLeonardo Projekt, Neukölln, 13.6.2014

Schütze, S. „Offener Dialog“- was ist das Besondere?Vortrag mit Diskussion, Health Week Berlin, 16.10.2014

Schwedler, J. Trialog in NeuköllnFortbildungsveranstaltung der Psychotherapeuten-kammer in Zusammenarbeit mit der Volkshoch-schule NeuköllnModeration und wissenschaftliche Leitung10 Termine

Jahres- und Qualitätsbericht 2014

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Trendelenburg, M. Konsum illegaler Suchtmittel sowie Sedativa und Hypnotika-Auswirkungen auf die Leistungsfähig-keit“Klinische Fortbildung für Ärzte aus den Agenturen für Arbeit, Kaiserin Friedrich AkademieBerlin, 20.03.2014

Trendelenburg, M. Umgang mit SuizidalitätInformationsveranstaltung für AngehörigeVivantes Klinikum Neukölln15.05.2014

Trendelenburg, M. Curriculum Suchtmedizinische GrundversorgungTeil A: Allgemeine GrundlagenVortrag zum Thema: „Abstinenz, Rückfall, (un)kontrollierter Konsum – Krankheitsverlauf undBehandlungsplanung“Arbeitskreis Drogen und Sucht der Ärztekammer Berlin in Zusammenarbeit mit der SuchtakademieBerlin-BrandenburgBerlin, den 21.6.2014

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Jahres- und Qualitätsbericht 2014

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

Vivantes Klinikum Neukölln

www.vivantes.de