Kapitel 3 Schaltwerke - EMV · 2008. 6. 17. · Beim Schaltwerk wird diese Abh¨angigkeit erg...

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Kapitel 3 Schaltwerke 3.1 Schaltwerke als Reihenschaltung von Flipflops Grunds¨ atzlich lassen sich Flipflops in Schaltwerken in beliebigen Konfigurationen verschal- ten. Viele technisch wichtige Anwendungen benutzen jedoch die einfache Struktur einer bloßen Hintereinanderschaltung. Einer Hintereinanderschaltung in dem Sinne, dass Ein- gangsgr¨ oßen des Folgeelementes aus den Ausgangsgr¨ oßen Q oder Q des vorhergehenden Flipflops hervorgehen. Hierbei lassen sich zwei Varianten finden: Q n und Q n werden auf die Eing¨ ange J, K bzw. S, R des Nachfolgers geschaltet Q wird als Taktsignal f¨ ur das nachfolgende Flipflop verwendet Abbildung 3.1: Kaskadierte Flipflops a) Eing¨ ange mit Ausg¨ angen verschaltet b)Takt auf beide Eing¨ ange Q n K n+1 J n+1 Q t n+1 0 1 0 0 1 0 1 1 Entnimmt man aus der Wahrheitstabelle des JK-Flipflops die Werte f¨ ur Q t n+1 , dann ergibt sich Tab. 3.1. Man erkennt, dass Q t n+1 immer dem Wert Q n entspricht. Der Zustand des Flipflops n wird also einen Taktimpuls sp¨ ater in das Flipflop n +1¨ ubernommen (Bild 3.2 a).

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Kapitel 3

Schaltwerke

3.1 Schaltwerke als Reihenschaltung von Flipflops

Grundsatzlich lassen sich Flipflops in Schaltwerken in beliebigen Konfigurationen verschal-ten. Viele technisch wichtige Anwendungen benutzen jedoch die einfache Struktur einerbloßen Hintereinanderschaltung. Einer Hintereinanderschaltung in dem Sinne, dass Ein-gangsgroßen des Folgeelementes aus den Ausgangsgroßen Q oder Q des vorhergehendenFlipflops hervorgehen. Hierbei lassen sich zwei Varianten finden:

• Qn und Qn werden auf die Eingange J, K bzw. S, R des Nachfolgers geschaltet

• Q wird als Taktsignal fur das nachfolgende Flipflop verwendet

Abbildung 3.1: Kaskadierte Flipflops a) Eingange mit Ausgangen verschaltet b)Takt aufbeide Eingange

Qn Kn+1 Jn+1 Qtn+1

0 1 0 01 0 1 1

Entnimmt man aus der Wahrheitstabelle des JK-Flipflops die Werte fur Qtn+1, dann ergibt

sich Tab. 3.1. Man erkennt, dass Qtn+1 immer dem Wert Qn entspricht. Der Zustand des

Flipflops n wird also einen Taktimpuls spater in das Flipflop n+1 ubernommen (Bild 3.2a).

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2 KAPITEL 3. SCHALTWERKE

Verwendung von Q als Taktsignal fuhrt zur Variante b). Jeder Ubergang Q → 0 des n-tenFlipflops fuhrt dabei zu einem Umschalten des n + 1-ten (Bild 3.2 b).

Abbildung 3.2: Impulsdiagramme der beiden Varianten des Bildes 3.1

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3.1. SCHALTWERKE ALS REIHENSCHALTUNG VON FLIPFLOPS 3

3.1.1 Register und Ringzahler

Schaltungen vom Typ des Bildes 3.1a werden verwendet zum Bau von Registern.

Abbildung 3.3: Schieberegister

Bild 3.3 zeigt ein taktflankengetriggertes 4-Bit Schieberegister. Wird nur der Ausgang D′

verwendet, dann ist es ein Register fur serielle Eingabe und serielle Ausgabe. Eine paralleleAusgabe wird durch die gestrichelt gezeichneten Ausgange moglich. Das Register dientdann als Zwischenspeicher und als Serien-Parallel-Umsetzer.

Abbildung 3.4: Ringzahler 1 aus N

Wird ein Schieberegister ringformig geschlossen, dann kann man in diesem Kreis z.B. einelogische Eins zirkulieren lassen. Je nach Lage dieser Eins weiß man dann, wie viele Taktim-pulse am Takteingang gelegen hatten – es ist eine Zahlerschaltung entstanden, der 1 ausN Zahler. Der Name ruhrt her von der Codierung des Ausgangssignals (1 aus N Code).Haufig anzutreffen sind 1 aus 10 Zahler, da mit ihnen dekadische Anzeigeeinrichtungenohne Dekodierung angesteuert werden konnen.

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4 KAPITEL 3. SCHALTWERKE

3.1.2 Binaruntersetzer und asynchrone Zahler

Abbildung 3.5: Binaruntersetzer bzw. Asynchronzahler

Wie dem Impulsdiagramm des Bildes 3.2 b zu entnehmen, schaltet das Flipflop mit derNummer n + 1 nur halb so oft wie das mit dem Index n. Man kann diesen Effekt be-nutzen, um Binaruntersetzer mit dem Teilverhaltnis 1 : 2n zu bauen. Versieht man dieSchaltung noch mit den gestrichelt dargestellten Ausgangen A0, ..., AN , dann kann mansie als asynchronen Zahler im Dualcode auffassen.

Abbildung 3.6: Impulsdiagramme des Taktes und der Ausgange

In Bild 3.6 ist dies am Beispiel der Zahlen 7 und 10 im Impulsdiagramm gezeigt.

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3.1. SCHALTWERKE ALS REIHENSCHALTUNG VON FLIPFLOPS 5

3.1.3 Synchrone und asynchrone Schaltwerke

Die bisher betrachteten Schaltwerke sind geeignet, den Unterschied zwischen synchronenund asynchronen Schaltwerken klar herauszuarbeiten. Synchrone Schaltwerke werden voneinem zentralen Taktsignal gesteuert, d. h. alle Zustandsanderungen geschehen mit diesemSystemtakt.Durch die Synchronisierung der Zustandsanderungen aller Flipflops in einem komple-xen digitalen System (z.B. Computer) konnen Storungen durch Laufzeiteffekte vermiedenwerden. Der Takt kann verglichen werden mit dem Dirigenten eines Orchesters, ohne denunvermeidbare Zeitunterschiede schnell zu einem Chaos fuhren wurden.Der Unterschied soll anhand der bekannten Beispiele des synchronen und des asynchronenZahlers erlautert werden. In der Praxis ist der Asynchronzahler (seiner Einfachheit wegen)das einzige asynchrone Schaltwerk von Bedeutung.Beim synchronen Zahler (Bild 3.7) werden alle Flipflops gleichzeitig getaktet. Nach demEintreffen des Taktes muss eine gewisse Verzogerungszeit gewartet werden, danach ist derneue Zahlerstand gultig. (Das Auslesen des Zahlers z.B. in einen Zwischenspeicher konntewiederum mit dem Systemtakt synchronisiert werden).

Abbildung 3.7: Synchronzahler 1 aus N

Beim Asynchronzahler in Bild 3.8 erhalt jedes Flipflop seinen Takt vom Ausgang desVorgangers. Die Zeitspanne, die nach einem Taktimpuls am Eingang des ersten Flipflopsbis zum Ablesen des neuen Zahlerstandes abgewartet werden muss, ist offenbar von derLange der Zahlerkette abhangig, denn es muss bis zum Umschalten des letzten Flipflopsabgewartet werden. Wenn der nachste Takt am Eingang bereits erscheint, bevor der vor-hergehende die gesamte Kette durchlaufen hat, ergibt sich die groteske Situation, dass nieein gultiger Zahlerstand vorliegt. Die Schaltung ist dann lediglich als Frequenzteiler, beidem es nur auf den letzten Ausgang ankommt, brauchbar.

Abbildung 3.8: Asynchronzahler

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6 KAPITEL 3. SCHALTWERKE

3.1.4 Komplexere Schaltwerke

Vergleicht man einfache Gatterschaltungen mit den unter ES (Elementare Schaltwerke)behandelten, dann findet sich ein wichtiger Unterschied, die Ruckkopplung. In Bild ES 1aund b sind dies die gestrichelt gezeichneten Leitungen.

Abbildung 3.9: Gegenuberstellung von Schaltnetz und Schaltwerk

Verallgemeinert auf komplexere Schaltungen ergibt sich der Unterschied nach Bild 3.9.Das Schaltnetz ordnet den Eingangsgroßen x1...xn die Ausgangsgroßen y1...ym eindeutigzu. Beim Schaltwerk wird diese Abhangigkeit erganzt durch eine zusatzlich Abhangigkeitvon dem jeweiligen Zustand des Schaltwerks. Dies erfordert die Einfuhrung zusatzlicherVariabler zk, die die Zustande des Schaltwerkes darstellen. Der gedankliche Inhalt desBildes 3.9 sieht in Formeln dann so aus:

yi = f(xj) beim Schaltnetzyi = f(xj, zk) beziehungsweise yt

i = f(xj, y′i) beim Schaltwerk

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3.1. SCHALTWERKE ALS REIHENSCHALTUNG VON FLIPFLOPS 7

3.1.5 Frequenzteiler 1 : 3

Mit den bisher behandelten Binaruntersetzern lassen sich je nach Stufenzahl Unterset-zungsverhaltnisse 1 : 2, 1 : 4 usw. realisieren. Die Realisierung von 1 : 3 kann durchEinfuhrung einer zusatzlichen Ruckkopplung erfolgen:

Abbildung 3.10: 1:3 Untersetzer a)Schaltung b)Impulsdiagramme

z Q2 Q1 J1 K1 J2 K2 Q2 Q1 zt

z0 0 0 1 1 0 1 0 1 z1

z1 0 1 1 1 1 1 1 0 z2

z2 1 0 0 1 0 1 0 0 z0

z3 1 1 0 1 1 1 0 0 z0

Umgesetzt in das Zustandsdiagramm wird aus der Wahrheitstabelle 3.1.5

Abbildung 3.11: 1:3 Untersetzer Zustandsdiagramm

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8 KAPITEL 3. SCHALTWERKE

3.1.6 Dualzahler(Modulo 4)

Eine Hintereinanderschaltung zweier Flipflops nach Bild 3.12 ist in ihrer Funktionsweisedem Binaruntersetzer sehr ahnlich. Sie ist deshalb ebenfalls als Zahlerschaltung brauchbar,allerdings als asychrone.

Abbildung 3.12: Zahlerschaltung und Impulsdiagramme beim b) Vorwarts- und c)Ruckwartszahlen

Bei der im Bild3.10 a dargestellten Stellung des Schalters S ergibt sich Vorwartszahlen.Schaltet man um auf Q1, dann zahlt die Schaltung ruckwarts. Dies ist in den Impulsdia-grammen des Bildes 3.12 b und c dargestellt.Der Zahlvorgang ist im Bild 3.13 durch durchgezogene (Vorwartszahlen) und gestricheltePfeile symbolisiert.

Abbildung 3.13: Zustandsdiagramm des Schaltwerks

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3.1. SCHALTWERKE ALS REIHENSCHALTUNG VON FLIPFLOPS 9

Der Schalter S des Bildes 3.12 kann nun durch Gatter realisiert werden, wodurch sich dieSchaltung in Richtung des Bildes 3.14 verandert.

Abbildung 3.14: Einsatz von Gattern anstelle des Schalters

Berucksichtigt man noch den Umstand, dass FF1 nicht schalten darf, wenn weder vorwartsnoch ruckwarts gezahlt wird, dann wird ein weiteres OR-Gatter zur Verknupfung v ∨ rbenotigt.

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10 KAPITEL 3. SCHALTWERKE

3.1.7 Analyse umfangreicherer Schaltwerke

Die beiden Beispiele 2.1 und 2.2 haben die Nutzlichkeit der Darstellung durch Impuls-diagramm (auch Zeitliniendiagramm genannt) gezeigt. Im Falle mehrerer Ruckkopplungs-pfade oder bei Auftreten von umfangreicheren Gatterpassagen erweisen sie sich als nichtausreichend. Man ist dann gezwungen, sie durch andere Verfahren zu ersetzen. Schaltung3.14 ist bereits umfangreich genug, um als Beispiel geeignet zu sein.In einem ersten Schritt wird die Ansteuerung der jeweiligen Flipflops abhangig von denjeweiligen Q-Werten aus der Schaltung entnommen. Man erhalt die Ansteuergleichungen

K1 = J1 = r ∨ v K2 = J2 = r ∧Q1 ∨ v ∧Q1 = P (3.1)

r ∧ v = 1 ist sinnlos und kann ausgeschlossen werden. Bei Kenntnis der Ansteuerung derFlipflops kann nur ihr Folgezustand Qt bestimmt werden. Dies geschieht mit Hilfe derUbergangsgleichungen als Formel

Qt1 = (r ∨ v) ∧Q1 ∨ (r ∨ v) ∧Q1 (3.2)

Qt2 = P ∧Q2 ∨ P ∧Q2 (3.3)

Umgestezt in KV-Diagramme:

Qt1: Q1

0 1 1 0

v1 0 0 1- - - -

r1 0 0 1

Q2

Qt2: Q1

0 0 1 1

v0 1 0 1- - - -

r1 0 1 0

Q2

KV-Diagramme der Ubergangsglechungen beiden Zusande Q1 und Q2

Werden nun uber eine Code-Tabelle den Kombinationen Q2Q1 z.B. die Zahlwerte desDualcodes zugeordnet, dann ergibt sich die Ubergangsmatrix und daraus das Zustandsdiagramm.

Zt : Q1

z0 z1 z3 z2

vz1 z2 z0 z3

- - - -r

z3 z0 z2 z1

Q2

KV-Diagramm der Ubergangsmatrix und vollstandiges Zustandsdiagramm

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3.1. SCHALTWERKE ALS REIHENSCHALTUNG VON FLIPFLOPS 11

Der prinzipielle Ablauf der Analyse, wie sie anhand des Beispieles Modulo 4 Zahler imBinarcode veranschaulicht wurde, ist im folgenden Schema symbolisch dargestellt:

Schaltung⇓

Anregungsgleichungen⇓

Ubergangsgleichungen⇓

KV-Diagramm der Ubergangsgln.⇓

Ubergangsmatrix mit Code-Tabelle⇓

Zustandsdiagramm

Das dargestellte Schema bleibt auch fur die Synthese von Schaltwerken gultig, lediglichdie Richtung, in der es abgearbeitet wird, ist umgekehrt (Statt von oben nach unten dannvon unten nach oben).