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KLINIKFORUM Zeitung für Patienten des Universitätsklinikums Tübingen Seite 2 Seite 4 Seite 5 Kieferorthopädie unter neuer Leitung: Professor Bernd Koos. Uniklinik führt zwei Studien zu den häufigsten Leukämieformen durch. Leukämie Organspende Zahnklinik keine Operation am offenen Herzen erfordert? Letz- teres wird vor allem älteren Patienten empfohlen, für die aufgrund ihrer Vor- oder Begleiterkrankungen eine Operation zu riskant wäre. Rat und Hilfe zu diesen Fragen finden Patienten am Tübinger Uniklinikum in der „Herzklappen-Sprech- stunde“. Hier können sich Patienten mit Herzklap- penerkrankungen vorstellen. In dem erfahrenen Herzteam suchen Kardiologen gemeinsam mit Herz- chirurgen und Anästhesisten die bestmögliche The- rapie für den Patienten und geben eine Empfehlung für die Behandlung ab. „Die Operation ist für uns immer das Mittel der ersten Wahl“ betont Prof. Dr. med. Harald Langer, Kardiologe und Oberarzt an der Medizinischen Universitätsklinik. Bei älteren, multi- morbiden und nicht-operablen Patienten wie Frau A. raten die Ärzte jedoch dazu, die schadhaften Mitral- klappensegel mit einer kleinen Klammer (Clip) zu reparieren. Dieser Eingriff kann von außen durch eine Vene geschehen, ohne dass der Brustkorb geöffnet werden muss. Seit 2010 konnte mit dieser Methode am Uniklinikum über 500 Patienten besonders scho- nend geholfen werden: Die kleine Klammer lindert die Herzschwäche und die Atemnot. Schonender Eingriff Bei Frau A. konnte der Eingriff unter einer leichten Narkose ohne Beatmung durchgeführt werden. Patienten, die so – ohne Vollnarkose und Beatmung – behandelt werden können, benötigen weniger Herzunterstützungsmedikamente und sind danach schneller wieder auf den Beinen. Tübingen ist eines der wenigen Zentren in Deutschland und weltweit, Das Uniklinikum – ein Team aus Teams Kleiner Clip erfolgreich gegen Herzschwäche und Atemnot Bei nicht operablen Patienten verbessert der Eingriff Symptome und Herzfunktion Vier Herzklappen kontrollieren den Blutstrom durch unser Herz, damit das Blut in die richtige Richtung fließt. Eine davon ist die Mitralklappe, die wie ein kleines Ventil zwischen den beiden linken Herzkam- mern dafür sorgt, dass das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge den richtigen Weg in den Körper findet, um dort die Muskeln und alle wichtigen Organe zu versorgen. Wenn das Ventil nicht mehr richtig funk- tioniert, hat das Folgen: Herz und Lunge werden zusätzlich belastet. Manche Menschen entwickeln ein vergrößertes Herz, da es schwerer arbeiten muss, um das Blut durch den Körper zu pumpen. Das alles schwächt das wichtige Organ auf Dauer, eine Herz- schwäche kann entstehen. Auch bei Frau A. war das der Fall. Die bisher rüstige 79-Jährige fühlte sich zunehmend müde, das Trep- pensteigen strengte sie auf einmal richtig an, auf jedem Treppenabsatz musste sie pausieren, um Atem zu schöpfen. Die kleinsten Arbeiten im Gar- ten und Haus waren anstrengend, sie fühlte sich kurzatmig und litt unter Luftnot. Zuerst schob sie es auf ihr fortgeschrittenes Alter und die im Frühjahr durchgemachte Erkältung. Aber als sich keine Bes- serung einstellte, sprach sie ihren Hausarzt auf das dauernde Schwächegefühl an. Dieser hörte ihr Herz ab und schickte sie zur genaueren Abklärung zum Kardiologen, der eine „Mitralklappeninsuffizienz“ diagnostizierte. Für eine Behandlung mit Medikamenten war ihre Erkrankung schon zu weit fortgeschritten. Eine Ent- scheidung musste getroffen werden: Kann man die defekte Herzklappe mit einer Operation reparieren? Oder benötigt sie einen minimalinvasiven Eingriff, der welches das Verfahren in der Regel ohne Vollnar- kose durchführt. Beim Eingriff werden die beiden Segel der undichten Mitralklappe durch einen klei- nen Clip in der Mitte miteinander verbunden. Damit kann sich die Klappe wieder „vorschriftsmäßig“ schließen, sie ist wieder funktionsfähig. Der Clip ist in etwa so groß wie eine dicke Büroklammer und wird über die Leistenvene zum Herzen vorgebracht. Der exakte Sitz des Clips wird unter Röntgen- und Ultraschallkontrolle geprüft. Die Position kann dabei mehrfach korrigiert werden, bevor man ihn endgültig einsetzt. Dies alles passiert während das Herz weiterschlägt, ohne Beeinträchtigung des Blutflusses. „Es fühlt sich anders an“, erzählt Frau A. am Tag nach dem Eingriff bei der Visite. Drei Monate noch muss sie Medika- mente zur Blutverdünnung nehmen, danach wird die korrekte Lage des Clips Oktober 2017 Für ihr besonderes Engagement bekam die Uniklinik eine Auszeichnung. und die Funktion der Herzklappe bei einer kardiolo- gischen Untersuchung geprüft. Später wird ihr Arzt vor Ort die halbjährlichen Kontrollen übernehmen. Zu kurz für den Clip? Bei wenigen Patienten stellt sich im Vorfeld heraus, dass die Segel sehr kurz sind und mit dem Clip schwierig zu „fassen“ wären. Für diese Patienten kam die Methode daher bisher nicht in Frage. Hier hat man sich in Tübingen, das weltweit zu den vier größten MitraClip-Zentren zählt, eine besonders elegante Lösung erarbeitet: Forschungen haben gezeigt, dass eine kurzzeitige Erhöhung des Beat- mungsdrucks dazu führt, dass das Herz in diesen Sekunden etwas kleiner wird, es schrumpft. Das liegt unter anderem daran, dass weniger Blut aus den Venen zurückfließt. In diesem Zustand ragen die beiden Enden der Mitralklappensegel etwas weiter in die Herzkammer hinein und können leich- ter gegriffen werden. Diese Art des Eingriffs kann allerdings nur in Vollnarkose durchgeführt werden, und es ist besonders wichtig, dass ein erfahrener Anästhesist den Beatmungs- und Blutdruck über- wacht. Bei solch komplexen Eingriffen ist eine enge Zusammenarbeit in einem Team aus Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten, wie sie am UKT praktiziert wird, entscheidend. Höchste Konzentration beim Eingriff im Herzkatheterlabor: Oberarzt Langer positioniert gerade den MitraClip mit Hilfe von dreidimensionaler Echokardiographie. Das Team kann während des Eingriffs auf den Bildschirmen immer die genaue Position des flexiblen Katheters erkennen. Dazu setzt das Uniklinikum neuste und innovative Bildgebungsverfahren ein. Von links: Pflegekraft Angelika Bonifer, Dr. Carlos Francisko Jaramillo Munez, (Gastarzt aus Kolumbien, im Hintergrund), Prof. Dr. Harald Langer, PD Dr. Jürgen Schreieck, Dr. Michal Droppa und Dr. Johannes Patzelt. Unser Expertenteam aus Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten: (von links) Oberärztin PD Dr. med. Iris Müller (Kardiologie), Oberärztin Dr. med. Karin Müller (Kardiologie), die beiden Herzchirurgen der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Prof. Dr. med. Tobias Walker (Stv. Ärztlicher Direktor) und Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Schlensak (Ärztlicher Direktor), und die geschäftsführenden Oberärzte Prof. Dr. med. Harald Langer (Kardiologie) und PD Dr. med. Martina Nowak-Machen (Kardio-Anästhesie).

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KLINIKFORUMZ e i t u n g f ü r P a t i e n t e n d e s U n i v e r s i t ä t s k l i n i k u m s T ü b i n g e n

Seite 2 Seite 4 Seite 5

Kieferorthopädie unter neuer Leitung: Professor Bernd Koos.

Uniklinik führt zwei Studien zu den häufigsten Leukämieformen durch.

Leukämie Organspende Zahnklinik

keine Operation am offenen Herzen erfordert? Letz-teres wird vor allem älteren Patienten empfohlen, für die aufgrund ihrer Vor- oder Begleiterkrankungen eine Operation zu riskant wäre. Rat und Hilfe zu diesen Fragen finden Patienten am Tübinger Uniklinikum in der „Herzklappen-Sprech-stunde“. Hier können sich Patienten mit Herzklap-penerkrankungen vorstellen. In dem erfahrenen Herzteam suchen Kardiologen gemeinsam mit Herz-chirurgen und Anästhesisten die bestmögliche The-rapie für den Patienten und geben eine Empfehlung für die Behandlung ab. „Die Operation ist für uns immer das Mittel der ersten Wahl“ betont Prof. Dr. med. Harald Langer, Kardiologe und Oberarzt an der Medizinischen Universitätsklinik. Bei älteren, multi-morbiden und nicht-operablen Patienten wie Frau A. raten die Ärzte jedoch dazu, die schadhaften Mitral-klappensegel mit einer kleinen Klammer (Clip) zu reparieren. Dieser Eingriff kann von außen durch eine Vene geschehen, ohne dass der Brustkorb geöffnet werden muss. Seit 2010 konnte mit dieser Methode am Uniklinikum über 500 Patienten besonders scho-nend geholfen werden: Die kleine Klammer lindert die Herzschwäche und die Atemnot.

Schonender EingriffBei Frau A. konnte der Eingriff unter einer leichten Narkose ohne Beatmung durchgeführt werden. Patienten, die so – ohne Vollnarkose und Beatmung – behandelt werden können, benötigen weniger Herzunterstützungsmedikamente und sind danach schneller wieder auf den Beinen. Tübingen ist eines der wenigen Zentren in Deutschland und weltweit,

Das Uniklinikum – ein Team aus Teams

Kleiner Clip erfolgreich gegen Herzschwäche und AtemnotBei nicht operablen Patienten verbessert der Eingriff Symptome und Herzfunktion

Vier Herzklappen kontrollieren den Blutstrom durch unser Herz, damit das Blut in die richtige Richtung fließt. Eine davon ist die Mitralklappe, die wie ein kleines Ventil zwischen den beiden linken Herzkam-mern dafür sorgt, dass das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge den richtigen Weg in den Körper findet, um dort die Muskeln und alle wichtigen Organe zu versorgen. Wenn das Ventil nicht mehr richtig funk-tioniert, hat das Folgen: Herz und Lunge werden zusätzlich belastet. Manche Menschen entwickeln ein vergrößertes Herz, da es schwerer arbeiten muss, um das Blut durch den Körper zu pumpen. Das alles schwächt das wichtige Organ auf Dauer, eine Herz-schwäche kann entstehen. Auch bei Frau A. war das der Fall. Die bisher rüstige 79-Jährige fühlte sich zunehmend müde, das Trep-pensteigen strengte sie auf einmal richtig an, auf jedem Treppenabsatz musste sie pausieren, um Atem zu schöpfen. Die kleinsten Arbeiten im Gar-ten und Haus waren anstrengend, sie fühlte sich kurzatmig und litt unter Luftnot. Zuerst schob sie es auf ihr fortgeschrittenes Alter und die im Frühjahr durchgemachte Erkältung. Aber als sich keine Bes-serung einstellte, sprach sie ihren Hausarzt auf das dauernde Schwächegefühl an. Dieser hörte ihr Herz ab und schickte sie zur genaueren Abklärung zum Kardiologen, der eine „Mitralklappeninsuffizienz“ diagnostizierte. Für eine Behandlung mit Medikamenten war ihre Erkrankung schon zu weit fortgeschritten. Eine Ent-scheidung musste getroffen werden: Kann man die defekte Herzklappe mit einer Operation reparieren? Oder benötigt sie einen minimalinvasiven Eingriff, der

welches das Verfahren in der Regel ohne Vollnar-kose durchführt. Beim Eingriff werden die beiden Segel der undichten Mitralklappe durch einen klei-nen Clip in der Mitte miteinander verbunden. Damit kann sich die Klappe wieder „vorschriftsmäßig“ schließen, sie ist wieder funktionsfähig. Der Clip ist in etwa so groß wie eine dicke Büroklammer und

wird über die Leistenvene zum Herzen vorgebracht. Der exakte Sitz des Clips wird unter Röntgen- und Ultraschallkontrolle geprüft. Die Position kann dabei mehrfach korrigiert werden, bevor man ihn endgültig einsetzt. Dies alles passiert während das Herz weiterschlägt, ohne Beeinträchtigung des Blutflusses. „Es fühlt sich anders an“, erzählt Frau A. am Tag nach dem Eingriff bei der Visite. Drei Monate noch muss sie Medika-mente zur Blutverdünnung nehmen, danach wird die korrekte Lage des Clips

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Für ihr besonderes Engagement bekam die Uniklinik eine Auszeichnung.

und die Funktion der Herzklappe bei einer kardiolo-gischen Untersuchung geprüft. Später wird ihr Arzt vor Ort die halbjährlichen Kontrollen übernehmen.

Zu kurz für den Clip?Bei wenigen Patienten stellt sich im Vorfeld heraus, dass die Segel sehr kurz sind und mit dem Clip schwierig zu „fassen“ wären. Für diese Patienten kam die Methode daher bisher nicht in Frage. Hier hat man sich in Tübingen, das weltweit zu den vier größten MitraClip-Zentren zählt, eine besonders elegante Lösung erarbeitet: Forschungen haben gezeigt, dass eine kurzzeitige Erhöhung des Beat-mungsdrucks dazu führt, dass das Herz in diesen Sekunden etwas kleiner wird, es schrumpft. Das liegt unter anderem daran, dass weniger Blut aus den Venen zurückfließt. In diesem Zustand ragen die beiden Enden der Mitralklappensegel etwas weiter in die Herzkammer hinein und können leich-ter gegriffen werden. Diese Art des Eingriffs kann allerdings nur in Vollnarkose durchgeführt werden, und es ist besonders wichtig, dass ein erfahrener Anästhesist den Beatmungs- und Blutdruck über-wacht. Bei solch komplexen Eingriffen ist eine enge Zusammenarbeit in einem Team aus Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten, wie sie am UKT praktiziert wird, entscheidend.

Höchste Konzentration beim Eingriff im Herzkatheterlabor: Oberarzt Langer positioniert gerade den MitraClip mit Hilfe von dreidimensionaler Echokardiographie. Das Team kann während des Eingriffs auf den Bildschirmen immer die genaue Position des flexiblen Katheters erkennen. Dazu setzt das Uniklinikum neuste und innovative Bildgebungsverfahren ein. Von links: Pflegekraft Angelika Bonifer, Dr. Carlos Francisko Jaramillo Munez, (Gastarzt aus Kolumbien, im Hintergrund), Prof. Dr. Harald Langer, PD Dr. Jürgen Schreieck, Dr. Michal Droppa und Dr. Johannes Patzelt.

Unser Expertenteam aus Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten: (von links) Oberärztin PD Dr. med. Iris Müller (Kardiologie), Oberärztin Dr. med. Karin Müller (Kardiologie), die beiden Herzchirurgen der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Prof. Dr. med. Tobias Walker (Stv. Ärztlicher Direktor) und Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Schlensak (Ärztlicher Direktor), und die geschäftsführenden Oberärzte Prof. Dr. med. Harald Langer (Kardiologie) und PD Dr. med. Martina Nowak-Machen (Kardio-Anästhesie).

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KLINIKFORUM02

Akute Myeloische Leukämie

Antikörper gegen LeukämieStudie mit neu entwickeltem Antikörper gegen Blutkrebs

Eine Akute Myeloische Leukämie (AML) kann mit gegenwärtig verfügbaren Therapien häufig erfolgreich zurückgedrängt werden. Dabei werden jedoch meist nicht alle Krebszellen eliminiert. Des-halb kehrt die Erkrankung oft wieder und hat dann eine sehr schlechte Prognose. Erstmals untersuchen nun Ärzte und Wissenschaftler aus Tübingen die Möglichkeit, diese häufigste akute Leukämie bei Erwachsenen mit einem neuartigen Antikörper zu heilen.Die AML ist eine Krebserkrankung des Blutes, die ihren Ursprung von unreifen Vorläufern der Blutzellen nimmt. Wissenschaftler am Tübinger Uniklinikum haben eine klinische Phase I Studie begonnen, in der geprüft wird, ob ein am Klini-kum entwickelter Antikörper diese Form von Blut-krebs heilen kann. Der Antikörper wird nach einer Standardbehandlung verabreicht, die auch in einer anderen Klinik oder Praxis erfolgen kann. Er mar-

Leukämie ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Krebserkrankungen des blut-bildenden Systems („Blutkrebs“). Allen gemeinsam ist, dass sich entartete weiße Blutkörperchen unkontrolliert vermehren. Sowohl Kinder als auch Erwachsene kön-nen an Blutkrebs erkranken, die Erkran-kung kann akut oder chronisch verlaufen. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen, das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 60 und 65 Jahren. Bei den mei-sten Patienten mit einer Leukämie lässt sich nicht feststellen, was ihre Erkrankung ausgelöst hat. Daher gibt es auch keine Möglichkeit der Vorbeugung.

Akute Myeloische Leukämie (AML)AML ist die häufigste akute Leukämie bei Erwachsenen. Bei akuten Leukämien tre-ten die Symptome plötzlich, aus völliger Gesundheit heraus auf. Der Gesundheits-zustand der Erkrankten kann sich inner-halb weniger Tage dramatisch verschlech-tern. Akute Leukämien verlaufen meist schnell und ohne Behandlung tödlich. Die Bildung gesunder Blutzellen ist stark beeinträchtigt, was zu Störungen bei der Immunabwehr, Blutgerinnung und Sau-erstoffversorgung führt. Die Behandlung muss rasch erfolgen und besteht norma-lerweise aus einer intensiven Chemothe-rapie, gefolgt von Erhaltungstherapie und eventuell einer Stammzelltransplantation. In einem weltweit einzigartigen Ansatz untersuchen Experten am Uniklinikum derzeit, ob ein am Universitätsklinikum Tübingen entwickelter Antikörper die Leu-kämie heilen kann.

Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL)Die chronisch lymphatische Leukämie ist die häufigste Leukämie bei Erwachse-nen. Es handelt sich um eine üblicher-weise langsam verlaufende Erkrankung; sie entwickelt sich meist über viele Jahre und kann auch lange Zeit bestehen, ohne spürbare Symptome zu verursachen. Daher wird die Erkrankung oft zufällig entdeckt, zum Beispiel bei einer Blutuntersuchung. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit steigt mit zunehmendem Alter; im Durchschnitt tritt CLL mit 70 bis 72 Jahren auf. Infektan-fälligkeit, Blutarmut und Gerinnungsstö-rungen können auftreten, die Behandlung orientiert sich am Gesundheitszustand des Patienten. Chemotherapie, Antikörper und bei jüngeren Patienten die Stamm-zelltransplantation sind Behandlungsopti-onen. Am Uniklinikum wird derzeit unter-sucht, ob sich die Erkrankung durch eine Impfung mit individuell auf den Patienten abgestimmten Peptiden heilen lässt.

Leukämie

kiert Leukämiezellen, die nach zunächst scheinbar erfolgreicher Chemotherapie im Körper verblieben sind. Die markierten Blutkrebszellen werden dann von den körpereigenen Abwehrzellen erkannt und gezielt abgetötet. Der neue Antikörper ist so ver-ändert, dass er Immunzellen besonders effektiv in Kontakt mit den Krebszellen bringt. In Einzelver-suchen konnte seine Wirksamkeit bereits belegt werden.Die Studie wird in der Medizinischen Klinik, Abtei-lung Innere Medizin II (Onkologie, Hämatologie und klinische Immunologie) durchgeführt. „Mit diesem innovativen Immuntherapieansatz wollen wir das Abwehrsystem des Patienten gezielt akti-vieren. Wir hoffen, die Erkrankung damit heilen zu können und schwere Nebenwirkungen, wie sie nach einer Transplantation von Spender-Stammzel-len auftreten können, zu vermeiden“, so Professor Dr. Helmut Salih, Leiter der klinischen Prüfung.

Wer kann an der Studie teilnehmen?In der Phase I Studie wird die Sicherheit und Effektivität eines Fc-optimierten FLT3-Antikörpers geprüft. Eingeschlossen werden Patienten mit NPM1-mutierter AML, die sich nach frei wählbarer Therapie in einer hämatologischen Komplettre-mission befinden, bei denen jedoch eine minimale Resterkrankung nachweisbar ist. Für bereits trans-plantierte Patienten kommt diese Studie nicht in Frage. Für eine Teilnahme an der Studie können sich Pati-enten zunächst ambulant vorstellen. Bei Erfüllung der Einschlusskriterien erfolgt dann die Antikör-pergabe einmalig während eines dreitägigen sta-tionären Aufenthaltes.

Weitere Informationen finden Sie auch unterwww.uniklinikum-tuebingen-studien.de/aml-studie

Chronisch Lymphatische Leukämie

Chronische Leukämie durch Impfung heilenImpfstoff individuell an Krebszellen angepasst

Die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL) ist eine Krebserkrankung des Blutes, die zwar meist langsam verläuft, jedoch bisher ebenfalls nicht heilbar ist. Am Tübinger Uniklinikum hat eine kli-nische Phase II Studie begonnen, bei der Ärzte und Wissenschaftler erstmals testen, ob diese häufigste Leukämie bei Erwachsenen mit einer Impfung geheilt werden kann.Dazu wird für jeden Patienten ein individualisierter, auf die speziellen Merkmale seiner Erkrankung zugeschnittener Impf-stoff zusammengestellt. Der Impfstoff besteht aus Tumor-Peptiden, die in der Arbeitsgruppe von Dr. Juliane Walz identifiziert und charakterisiert wurden. Er wird nach der Standardbehand-lung, die auch an einer anderen Kli-nik oder Praxis erfolgen kann, verab-reicht. Durch die Impfung sollen die körpereigenen Abwehrzellen akti-viert, eine Immunantwort gegen die Tumorpeptide ausgelöst und dadurch die verbliebenen Leukämiezellen zerstört werden. Relevante Nebenwirkungen erwarten die Wissen-schaftler keine, da der Impfstoff spezifisch für die Leukämiezellen „maßgeschneidert“ wird. „In der klinischen Studie wollen wir prüfen, ob es gelingen kann, das Immunsystem des Patienten so gezielt gegen die Leukämie zu aktivieren, dass die Erkrankung nicht zurückkehrt“, so Dr. med. Juliane Walz, wissenschaftliche Leiterin der Studie.

Wer kann an der Studie teilnehmen?Die multizentrische Phase II Studie zur Patienten-individualisierten Peptidvakzinierung von CLL-Pati-

enten wird an der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen, Abteilung Innere Medizin II sowie am Standort Stuttgart im Katharinenhospital, im Dia-konie-Klinikum, im Marienhospital und im Robert-Bosch-Krankenhaus durchgeführt.Teilnehmen können erwachsene Patienten, bei denen eine CLL diagnostiziert wurde und die eine Indikation für eine Behandlung haben. Die kon-ventionelle Chemotherapie kann in einer Praxis

oder einer Klinik am Wohnort des Patienten ausgewählt und durch-geführt werden. Jedoch müssen die Patienten vor der Chemotherapie zu einer Untersuchung ihrer CLL-Zellen in eines der Studienzentren kommen. Dort wird ihnen Blut abgenommen und ihre Leukämiezellen werden auf ihre individuellen Antigene im Labor analysiert, um den individu-ellen Impfstoff zusammenzustellen. Danach erfolgt die gängige Erstlinien-therapie nach Wahl des behandeln-den Arztes, bei der die CLL-Zellen

zurückgedrängt werden.Acht bis 14 Wochen nach Abschluss der Chemo-therapie, wenn eine weitgehende Zurückdrän-gung der Leukämiezellen erreicht ist, erhalten die Studienteilnehmer eine Reihe von Impfungen mit dem auf ihre Krebszellen individuell angepassten Peptidcocktail. Dieser soll spezielle Abwehrzellen, die so genannten T-Zellen des Patienten, aktivie-ren, damit diese die verbliebenen Leukämiezellen zerstören, und so das sonst regelhafte Wieder-auftreten der Erkrankung verhindern. Die Peptid-vakzinierung wird ein Jahr lang einmal monatlich ambulant durchgeführt.

Die neuen Therapieformen wurden in enger Zusammenarbeit von den Teams der Abteilung Innere Medizin II am Uni-versitätsklinikum, der Abteilung Immu-nologie (Professoren Jung, Rammensee, Stevanovic) am Interfakultären Institut für Zellbiologie sowie der Klinischen Ko-operationseinheit Translationale Immu-nologie im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) am Partnerstandort Tübingen entwickelt, der Impfstoff und der Antikörper zusam-men mit der Firma Synimune im GMP-Labor (Good Manufacturing Practice) des Uniklinikums hergestellt.

Info

Prof. Dr. med. Helmut Salih ist Ansprechpartner für behandelnde Ärzte und Patienten zu den beiden Studien.

Behandelnde Ärzte und Patientenkönnen sich gerne per E-Mail an

[email protected]

oder Telefon 07071 29-83275 über einemögliche Studienteilnahme informieren.

Sie möchten selbstan der Studie teilnehmen?

Dr. med. Juliane Walz, wissenschaftliche Leiterin der Studie

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KLINIKFORUM03

Schon lange wünschte sich das Universitätsklinikum einen neuen Standort für die Universitätsapotheke. Das alte Gebäude aus den 1950er-Jahren im Talkli-nikum hinter der Frauenklinik war in die Jahre ge-kommen und sanierungsbedürftig. Auch entsprach es baulich und technisch nicht mehr den heutigen Anforderungen an eine moderne Klinikapotheke. Für die zentrale Zubereitung von Zytostatika, das sind Medikamente, die das Wachstum von Krebs-zellen hemmen, werden heutzutage mehr und grö-ßere Speziallabore und Reinräume benötigt. Zudem fehlte es an Lager- und Funktionsflächen. Jetzt hat das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg die Baufreigabe für die Neuunter-bringung der Apotheke auf dem Schnarrenberg erteilt. Die Apotheke wird künftig in dem 1983 fer-tiggestellten Versorgungszentrum untergebracht, das mitten auf dem Klinikareal liegt und früher als Zentrallager genutzt wurde. Der Standort mitten im Klinikgelände ist ideal: Aufgrund der zentralen Lage sind die Wege zu den Patientinnen und Patienten kurz. Zudem kann die Apotheke dort direkt an die bereits bestehende automatische Warentransport-anlage angebunden werden.Die Universitätsapotheke Tübingen versorgt alle ambulanten und stationären Einrichtungen des Uniklinikums mit Arzneimitteln und Infusionslö-sungen. Pro Jahr werden Arzneimittel und Medi-kamente für über 30 Millionen Euro aufbereitet, gelagert und verteilt. Für einen effizienten Ablauf im Universitätsklinikum ist eine gute Infrastruktur unverzichtbar. „Die zentrale Lage im Klinik-Areal bringt künftig logistisch große Vorteile“, betont

Land investiert in neue Universitätsapotheke

Die Uniapotheke zieht auf den Schnarrenberg

Finanzministerin Edith Sitzmann. Die Apotheke wird von rund 1.500 Quadratmetern Nutzfläche auf über 2.600 Quadratmeter vergrößert. Ergänzt wird das Versorgungszentrum durch einen Anbau mit vier Stockwerken. Hier sind Büros, Besprechungsräume

und Aufenthaltsbereiche geplant. Die Gesamtbau-kosten von rund 16,85 Millionen Euro investiert das Land Baden-Württemberg. Bis voraussichtlich Ende 2019 soll die Apotheke im Versorgungszentrum fertig umgebaut und erweitert sein.

30 Jahre psycho-onkologische Beratung

Hilfe in der Krise Krebs

Als vor 30 Jahren ein Psychosozialer Dienst am Tü-binger Tumorzentrum etabliert wurde, gab es dafür in Deutschland kaum Vorbilder. Das hat sich zum Glück grundlegend geändert. Die Psychoonkologie ist inzwischen fester Bestandteil im interdiszipli-nären Behandlungskonzept von Tumorpatienten.Heute ist Tübingen Modell für eine umfassende psychoonkologische Begleitung von Krebsbetrof-fenen in allen Phasen der Erkrankung: Während der stationären Therapie am Universitätsklinikum Tübingen kümmert sich der Psychoonkologische Dienst um Menschen, die Unterstützung bei der Verarbeitung der Krebsdiagnose wünschen. Häufig zeigen sich soziale Belastungen aber auch erst nach der Entlassung. Dann hilft die ambulante Psychosoziale Krebsberatungsstelle Tübingen mit ihren Außensprechstunden in Balingen und Horb.

Niemand ist alleine krank. Daher können auch Angehörige die Beratung in Anspruch nehmen. Ins-besondere Kinder krebskranker Eltern benötigen besondere Aufmerksamkeit. Und die bekommen sie bei KikE, dem Hilfsangebot für Kinder krebs-kranker Eltern.

InfoMehr Informationen finden Sie unter www.ccc-tuebingen.de / Psychoonkologische Angebote Terminvereinbarung über Andrea Stroppel, Tel. 07071 29-87033

Für bestimmte Zubereitungen wird eine Pulvermasse in einem Mörser mittels Pistill angerieben.

Vorgefertigte Hartkapselhüllen werden befüllt.

In der Apotheke können auch Zäpfchen gegossen werden.

Heutzutage stellt die Uniapotheke zunehmend krebshemmende Medikamente für die Chemotherapie unter Reinraumbedingungen her. Aber auch altes Handwerk ist noch aktuell:

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Autohaus Wetzel GmbH & Co. KG, Schaffhausenstr. 111, 72072 Tübingen, Tel.: 0 70 71 / 9 42 57-0, [email protected], www.amwauto.de

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Abgebildete Sonderausstattungen sind im Angebot nicht unbedingt berück-sichtigt. Alle Angaben basieren auf den Merkmalen des deutschen Marktes.

Die modellabhängige Audi Umweltprämie ist im Angebot bereits berücksichtigt. Sie gilt in der Zeit vom 08.08.2017 bis einschließlich 31.12.2017 für private und gewerbliche Einzelkunden beim Erwerb (Kauf/Leasing/Finanzierung) eines Audi Neufahrzeuges oder eines jungen Gebrauchtwagens (außer RS- und R-Modelle) und bei gleichzeitiger Verwertung eines auf Sie zugelassenen Diesel-Altfahrzeuges mit Abgas-Norm EURO 1 bis EURO 4 durch einen anerkannten Verwerter (Betriebe gemäß www.altfahrzeugstelle.de). Das Diesel-Altfahrzeug muss bei Abschluss des Kaufvertrages in den letzten 6 Monaten auf Ihren Namen zugelassen gewesen sein. Der Nachweis der Verwertung durch Sie oder den Audi Partner erfolgt über denVerwertungsnachweis gem. §15 FZV. Die Verwertung des Diesel-Altfahrzeuges muss spätestens 1 Monat nach Zulassung des Neufahrzeuges oder des jungen Gebrauchtwagens erfolgen und nachgewiesen werden. Fristende für die Zulassung auf Ihren Namen ist bei jungen Gebrauchten der 31.01.2018, bei Neuwagen der 31.12.2018.

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KLINIKFORUM04

30 Jahre nach seiner Lebertransplantation am Tübinger Universitätsklinikum führt Torsten Klein ein ganz normales Leben ohne Einschränkungen. Zum „runden Jubiläum“ seiner Transplantation stattete der jetzt 48-Jährige der Station, auf der er einst vor und nach der Transplantation gepflegt worden war, einen Besuch ab. Ganz bewusst sucht er auch die Öffentlichkeit: Nie-mand sollte gedrängt werden, einer Organspende zuzustimmen, aber jeder sollte sich mit dem The-ma beschäftigen, heißt seine Botschaft.Es ist eine ganz besondere Verbindung zwischen Torsten Klein, der aus der Nähe von Kirchheim/Teck stammt, und dem Universitätsklinikum Tübingen: Die Ärzte und Pflegemitarbeiter, die ihn vor 30 Jahren begleiteten, sind zwar inzwi-schen allesamt im Ruhestand. Trotzdem stat-tet Torsten Klein „seiner“ ehemaligen Station immer gerne einen kurzen Besuch ab, wenn er in der Gegend ist oder einen Nachsorgetermin wahrnimmt. Gleich zweimal ist er außerdem ans Tübinger Universitätsklinikum zurückgekehrt, um „die andere Seite kennenzulernen“, wie er sagt. Vor Jahren hat er ein zweiwöchiges Pfle-gepraktikum auf der Station 47, wie sie heute heißt, absolviert. Später assistierte er im Rahmen seiner Ausbildung zum Rettungssanitäter noch einmal vier Wochen in einem Operationssaal des Uniklinikums.Als Torsten Klein in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 1987 in einer zwölfstündigen Ope-ration eine neue Leber erhielt, war er erst der siebte Patient überhaupt, bei dem in Tübingen ein solcher Eingriff durchgeführt wurde. Die sel-tene Erbkrankheit Morbus Wilson war kurz zuvor bei dem damals 17-Jährigen, der gerade eine Ausbildung zum Modellbauer begonnen hatte, diagnostiziert worden. Sie führt dazu, dass sich mit der Nahrung aufgenommenes Kupfer in der Leber ansammelt und nicht ausgeschieden wird, was eine Leberzirrhose zur Folge hat. Nürtinger Ärzte, an die er sich zunächst gewandt hatte, überwiesen ihren jungen Patienten zu den Spe-zialisten in das Tübinger Universitätsklinikum.

Dort wurde zunächst versucht, die Krankheit medikamentös zu behandeln. Er habe damals selbst nicht realisiert, wie kritisch seine gesund-heitliche Situation wirklich gewesen sei, erinnert sich Klein: „Körperlich ging es mir eigentlich gut. Die Blutwerte waren zwar schlecht, aber ich hat-te keine Schmerzen.“Als man ihm im Tübinger Universitätsklinikum im Januar 1987 sagte, dass nur eine Organspende sein Leben retten könne, „musste ich das erstmal begreifen“, erzählt Torsten Klein. Ohne ein Spen-derorgan hätte seine Lebensdauer nur noch weni-ge Wochen oder Monate betragen. Als er am 6. Mai 1987 nach erfolgreicher Transplantation das Universitätsklinikum wieder verließ, hätte wohl niemand die Prognose gewagt, dass er 30 Jahre später in bester gesundheitlicher Verfassung zu einer fröhlichen Stippvisite vorbeischauen würde.

In der Zwischenzeit wurden in Tübingen beina-he 1000 Lebern transplantiert. Allein seit Prof. Alfred Königsrainer im Jahr 2004 die Leitung der Tübinger Universitätsklinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie über-nahm, wurden am Transplantationszentrum Tübingen knapp 1400 Organverpflanzungen durchgeführt. Neben Leber- und Nierentrans-plantationen werden in Tübingen auch Bauch-speicheldrüsen und Darm transplantiert. Im ver-gangenen Jahr wurde hier zudem erstmals in Deutschland eine Gebärmuttertransplantation vorgenommen. Trotzdem war der Besuch von Torsten Klein auch für Prof. Königsrainer etwas ganz Besonderes: „Es ist eine tolle Bestätigung und Motivation für uns zu sehen, dass wir mit unserer Arbeit Menschen ermöglichen, über eine so lange Zeit hinweg ein normales Leben zu führen“, sagt er.

Genau das ist bei Torsten Klein der Fall. Als Maschinenbaumechaniker arbeitet er bei einer großen Firma im Schichtdienst, ehrenamtlich ist er als Rettungssanitäter im Einsatz und hat zur Wendezeit außerdem Hilfstransporte nach

Rumänien begleitet. Für den Jahreswechsel plant er mit seiner Ehefrau eine Wohnmobilreise durch Australien.Dass er immer wieder bereitwillig bei Patien-tentagen oder auf öffentlichen Veranstaltungen von seinen Erfahrungen als Transplantierter berichtet, ist insbesondere für Patienten, die noch auf eine Transplantation warten hilfreich, so die Leiterin der Geschäftsstelle des Tübinger Transplantationszentrums, Yvonne Hary. Torsten Klein selbst ist es wichtig, dass sich möglichst jeder Mensch mit dem Thema Organspende befasst. Ganz ohne missionarischen Eifer: Wenn sich jemand bewusst gegen einen Organspen-derausweis entscheidet, ist das für ihn völlig in Ordnung. „Mir geht es darum, dass sich die Leute mit dem Thema überhaupt auseinander-setzen“, lautet sein Credo. Sein eigenes Beispiel ist dafür das beste Argument.

Transplantation

Das eigene Leben als bestes ArgumentTorsten Klein kam 30 Jahre nach seiner Lebertransplantation auf einen Besuch vorbei

Auszeichnung

Vorbildlicher Einsatz für Organspende

Die Transplantationsbeauftragten sowie alle ver-antwortlichen Ärzte und Pflegenden des Tübin-ger Uniklinikums wurden für ihr Engagement vom baden-württembergischen Minister für Soziales und Integration, Manne Lucha, zusammen mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), der Landesärztekammer und der Kranken-hausgesellschaft Baden-Württemberg (BWKG) ausgezeichnet.„Die Organspende ist eine gemeinsame Aufgabe unserer Gesellschaft“, sagte Minister Manne Lucha in seinem Grußwort und dankte den Trans-plantationsbeauftragten und allen Mitarbeitern des Universitätsklinikums für ihren vorbildlichen Einsatz für die Organspende.Im Klinikum Tübingen gibt es für den Fall einer Organspende klare Handlungsabläufe und Zuständigkeiten. So können die Möglichkeiten zu einer Organspende zuverlässig erkannt und nach dem Willen der Verstorbenen umgesetzt werden. Dabei sind die Transplantationsbeauftragten in der Klinik die wichtigsten Ansprechpartner für die

Organspende. Sie informieren regelmäßig Ärzte und Pflegepersonal über die Organspende und kümmern sich darum, dass die Zuständigkeiten und Abläufe intern festgelegt werden. Außer-dem gehört es zu ihren Aufgaben, Angehörige von Organspendern in angemessener Weise zu begleiten. Prof. Michael Bamberg, Vorstandsvorsitzender des Uniklinikums, freut sich sehr über diese Aus-zeichnung: „Unsere Ärzte und Pflegende setzen sich tagtäglich mit großer medizinischer Kom-petenz und tiefem Einfühlungsvermögen für die Patienten ein. Tübingen hat als erste Einrichtung in Baden-Württemberg zusätzlich pflegerische Transplantationsbeauftragte ernannt, da Inten-sivpflegekräfte durch ihre unmittelbare Tätigkeit am Patientenbett sehr häufig einen engen Kon-takt zu Angehörigen aufbauen. Dieser ist wich-tig, um im Falle einer möglichen Organspende schnell den Willen des Verstorbenen ermitteln zu können.“Prof. Alfred Königsrainer, Ärztlicher Direktor der

Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantati-onschirurgie, schließt sich an: „Die Hoffnung der über 10.000 Menschen, die in Deutschland auf eine dringend notwendige Transplantation war-ten, beruht darauf, dass alle Mitarbeiter in den Krankenhäusern an die Organspende denken. In ihrem Namen danke ich allen Organspendern und ihren Familien für ihre Entscheidung.“

Prof. Alfred Königsrainer und „Besucher“ Torsten Klein.

Steigende Trans-plantationszahlen

Am Tübinger Uniklinikum werden Organe aus dem Bauchraum transplantiert: Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse, Darm und Gebärmutter. Die Zahl der Leber-Transplan-tationen ist 2016 am Klinikum zum Vorjahr um 14 Prozent gestiegen. Dabei hat die Split-Lebertransplantation – eine Technik, bei der zwei Transplantate aus einer Spen-derleber gewonnen werden – in Tübingen zu einer Entschärfung des Organmangels beigetragen. Bundesweit liegt der Anteil dieser Transplantationsoption bei neun Pro-zent, in Tübingen bei 19 Prozent.

Aktuelle Zahlen

Minister Manne Lucha (rechts) ehrt das Universitätsklinikum Tübingen und die Transplantationsbeauftragten. Von links: Prof. Michael Bamberg, Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Tübinger Universitätsklinikums, Privatdozentin Dr. med. Christina Schleicher, Geschäftsführende Ärztin DSO-Region Baden-Württemberg, Dr. med. Manfred Beck, Ltd. Transplantationsbeauftragter, und Michael Schlotterer, Transplantationsbeauftragter Pflege.

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KLINIKFORUM05

Drei ganz unterschiedliche Ausrichtungen seines Faches hat Prof. Dr. med. dent. Bernd Koos in seiner universitären Laufbahn kennengelernt. In Tübingen hat er Zahnheilkunde studiert und wurde hier auch promoviert und im Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde als Zahnarzt angestellt. Dann wechselte er als Oberarzt ans Uniklinikum Schleswig-Holstein. Nach seiner Habilitation in Kiel wurde der gebürtige Trierer stellvertretender Direktor der Poliklinik für Kie-ferorthopädie an der Universität Rostock, die er zeitweise kommissarisch leitete.Im April ist er nun an seinen wissenschaftlichen Ausgangspunkt zurückgekehrt. Ihm wurde der Lehrstuhl für Kieferorthopädie an der Tübinger Eberhard-Karls-Universität übertragen, zugleich wurde er als neuer Ärztlicher Direktor der Poli-klinik für Kieferorthopädie an der Universitäts-klinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde eingesetzt. „Wir haben mit ihm einen hervor-ragenden Fachmann gewinnen können, ganz besonders aus Sicht der Patientenversorgung“, freut sich Prof. Michael Bamberg, Leitender Ärztlicher Direktor des Tübinger Universitäts-klinikums.Dass er seine Arbeit an den Anforderungen einer optimalen Patientenversorgung ausrich-ten werde, machte Prof. Koos schon bei seiner Vorstellung deutlich. „Die Patienten brauchen eine zentrale Anlaufstelle. Die Ärzte müssen

zum Patienten kommen, nicht der Patient muss für die einzel-nen Fachgebiete die jeweiligen Ärzte aufsuchen“, beschreibt er seine Zielvorstellung. Eine Voraussetzung dafür will er schaffen, indem die vier zentralen Kompetenzgebiete Zahnerhaltung, Prothetik, Kie-ferorthopädie sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie noch besser verzahnt werden sollen.Der „strukturelle Wandel der ZMK-Klinik“, den Prof. Bam-berg ankündigte, hängt auch damit zusammen, dass neben dem Lehrstuhl für Kieferorthopädie zwei weitere Lehrstühle in diesem Fachbereich neu besetzt werden. Damit werde auch die Lehre ein neues Gesicht erhalten, sagt Dekan Prof. Ingo Authen-rieth. Neue Akzente werde es insbesondere in der Verbindung praxisorientierter Lehre mit innovativen Forschungselementen geben. „Die neue Approbationsordnung für Zahnmediziner erfordert auch im Studium ein Konzept, das den Patienten in den Mittelpunkt stellt“, ist Prof. Koos überzeugt.Interessant, aber zugleich auch sehr heraus-fordernd seien die speziellen Anforderungen

Kieferorthopädie

Ganz auf den Patienten ausgerichtetProf. Bernd Koos ist neuer Ärztlicher Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie

an einer Universitätsklinik. Mit der interdisziplinären Vernetzung von Zahnmedizin, den Spezialisten der ande-ren Universitätskliniken und dem Zentrum für kindliche Fehlbildungen im Kiefer- und Gesichtsbereich habe Tübin-gen ein Alleinstellungsmerk-mal. Lippen-Kiefer-Gaumen-spalten, andere angeborene k indl iche Fehlb i ldungen, Unfallfolgen oder die Schlafap-noe, die sich bereits im Kin-desalter herausbilden kann:

Dies werde in Tübingen Seite an Seite im Team behandelt, so

Prof. Koos. Hierzu zählen für den 39-Jährigen verheirateten Vater eines Sohnes insbesonde-re die Behandlung von Neugeborenen mit der Pierre-Robin-Sequenz und Spalterkrankungen.Weiter voranbringen möchte der neue Ärztliche Direktor auch den Aufbau einer „digitalen Ket-te“, in der von der Diagnose unter Einbeziehung der in Tübingen bereits sehr gut etablierten bildgebenden Verfahren bis zur Fertigung von Apparaturen zum Beispiel mittels 3-D-Druckern modernste Technik zum Einsatz kommt: „Wir möchten auch auf diesem Gebiet ins nationale Spitzenfeld vorstoßen.“

Prof. Bernd Koos

Veranstaltungen für Patienten

Gesundheits- Infos aus erster Hand

Am Uniklinikum finden regelmäßig Tage der offenen Tür, Patiententage, Medizin-Vorträge und Informationsveranstaltungen zu bestimmten Erkrankungen statt. Die aktuellen Termine und Infos finden Sie unter www.uniklinikum-tuebin-gen.de/patiententag/. Kommen Sie vorbei – wir freuen uns auf Sie!Zweimal im Jahr lädt das Tübinger Uniklinikum in Kooperation mit der Lokalzeitung SCHWÄ-BISCHES TAGBLATT zu einem Gesundheitsabend ein. Im Mittelpunkt stehen dabei große Volks-krankheiten wie Bluthochdruck, Arthrose oder Diabetes. Professoren des Universitätsklinikums informieren dort allgemeinverständlich über den neusten Stand bei der Diagnose und Behandlung. Der größte Teil des Abends gehört aber den rund 300 Besuchern, wenn die Experten Fragen aus dem Publikum beantworten. Die nächste Veranstaltung zum Thema Asthma und COPD findet am 28. November (Beginn 19 Uhr, Sparkassen Carré Tübingen, Mühlbachäcker-straße 2) statt. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Haben Sie ein Wunschthema für den Gesund-heitsabend? Zu welcher Erkrankung wollten Sie schon immer etwas wissen? Wir freuen uns über Vorschläge unter [email protected]

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KLINIKFORUM06

„Wir haben etwas unglaublich Großes geschafft“ lautet der Titel eines Kinderbuches, das am Uni-Klinikum in Kooperation mit Psychologen, Psycho-somatikern und Kinderpsychiatern entstanden ist. Das Buch richtet sich an Kinder mit Fluchthintergrund und ist in vier zweisprachigen Varianten erhältlich: Deutsch-Arabisch, Deutsch-Dari/Persisch, Deutsch-Englisch und Deutsch-Kurdisch.Karim muss aufgrund von Krieg und Gewalt mit sei-nen Eltern und seiner Schwester Yara aus seinem Heimatland fliehen. Er erzählt von seiner Flucht, der ersten Zeit im neuen Land und was ihm hilft, mit den schweren Erinnerungen umzugehen und Momente der Angst zu überwinden. Johanna Ringwald, Dipl. Psychologin an der Medizi-nischen Universitätsklinik in der Abteilung für Psycho-somatische Medizin und Psychotherapie ist Autorin und Koordinatorin des Buchprojektes: „Die Handlung des Buches greift die Gefühle und Erlebnisse auf der Flucht auf und zeigt Eltern und Kindern, dass sie mit

ihren teilweise sicher schweren Fluchterfahrungen und den damit verbundenen Gefühlen nicht alleine sind.“ In einem separaten Teil des Buches bekom-men betroffene Eltern Hinweise, wie sie ihrem Kind helfen können, die schweren Erlebnisse und Gefühle zu verarbeiten. Zusätzlich gibt es Mitmachseiten für die Kinder, die darauf abzielen, das Selbstwertgefühl der geflüchteten Kinder zu stärken und ihre Selbst-effizienz im Umgang mit belastenden Emotionen zu erhöhen. Johanna Ringwald: „Wir hoffen, dass das Kinderbuch Familien helfen kann, den Blick hin auf eine gute Zukunft ihrer Kinder zu richten.“

Info„Wir haben etwas unglaublich Großes geschafft“, Autorin: Johanna Ringwald, Mitautorinnen Elisabeth Kreider und Theresa Teufel Neff, Illustrationen: Marie Braner. Das Buch kann gegen eine Schutzgebühr von 5 Euro plus Versandkosten per Mail bestellt werden bei [email protected]

Buchprojekt des Klinikums

Karim macht MutMehrsprachiges Buch für Kinder mit Fluchterfahrung

Legasthenie? Erst zum Augenarzt!

Vier bis fünf Pro-zent der deutschen Schulkinder leiden an einer Lese- und Rechtschreibstö-rung (LRS oder Le-gasthenie) und ge-raten im Vergleich zu ihren Klassenka-meraden beim Le-sen und Schreiben in Rückstand. Die Ursachen dafür sind nicht endgültig geklärt. Studien weisen aber auf eine fehlerhafte Verarbeitung von sprach-lichen Informationen im Gehirn hin. Den Kindern fällt es zum Beispiel schwer, die Buchstaben beim Lesen in Laute umzu-wandeln. Manchmal ist bei Schulkindern aber auch ein Sehfehler die Ursache von Problemen beim Lesen und Rechtschrei-ben. Wir fragen dazu Susanne Trauzettel-Klosinski, Professorin an der Universitäts-Augenklinik:

Muss eine Leseschwäche bei Schulkindern zwangsläufig eine Legasthenie sein?Beim Verdacht auf eine Lese- und Recht-schreibstörung sollte immer ein Augenarzt untersuchen, ob die Augen die Ursache dafür sind. Oft liegt es auch an den Augen und eine Brille kann die Fehlsichtigkeit des Kindes ausgleichen.

Wie kann man das feststellen?Schon einfache Tests beim Augenarzt zei-gen, ob eine Sehschwäche der Grund für die vielen Rechtschreibfehler im Diktat ist. Hinweise sind unter anderem verschwom-menes Sehen, rasche Ermüdung, Augen-brennen und Kopfschmerzen bei längerem Lesen. Typisch ist eine Zunahme der Be-schwerden im Laufe des Schultags. Scharfes Sehen ist eine wichtige Voraus-setzung, um Lesen und Schreiben zu ler-nen. Weitsichtigkeit, schielende Augen oder eine verminderte Naheinstellung der Augenlinse können dazu führen, dass Buchstaben und Wörter nicht scharf auf der Netzhaut abgebildet werden. Oft reicht dann schon eine Brille, um die Le-sefähigkeit deutlich zu verbessern. Liegt der Fehler beim Sehen, verbessert sich die Lesefähigkeit mit Hilfe geeigneter Sehhil-fen sofort deutlich.

Kann schlechtes Sehen eine bestehen-de Legasthenie noch verstärken?Ja, deshalb sollten auch Kinder mit einer bestehenden LRS regelmäßig ihre Augen untersuchen lassen. Denn schlechtes Sehen kann diese verstärken.

Wann soll man das Kind beim Augenarzt untersuchen lassen?Erste Hinweise gibt es oft schon bei den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt oder beim Sehtest im Kindergarten. Das Wichtigste ist, die Legasthenie und mög-liche Sehstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, damit die Betroffenen gezielt gefördert werden können.

Die Professorin rät...

Prof. Susanne Trauzettel-Klosinski

Jubiläum

100 Jahre Tropenmedizin in TübingenMalaria in Deutschland? Was sich wie ein Vorbote des Klimawandels anhört, ist tatsächlich eine histo-rische Begebenheit. Im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland vor allem entlang der Flussläufe und Gewässer, sehr wahrscheinlich auch in Tübingen und Umgebung, Malariafälle mit charakteristischen wiederkehrenden Fieberschüben. Zwar handelt es sich dabei nicht um die tropische Malaria, und das sogenannte Marschenfieber ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts gut behandelbar. Aber „sogenann-te Tropenkrankheiten standen auch bei uns schon einmal vor der Haustür, vor allem im Oberrheintal“, weiß Prof. Dr. med. Steffen Borrmann vom Tübin-ger Institut für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie an der Medizinischen Univer-sitätsklinik zu berichten.Die Tübinger Tropenmedizin beschäftigt sich seit mittlerweile 100 Jahren mit der Malaria, aber auch mit einer Vielzahl anderer tropischer Krankheiten wie Flussblindheit oder Bilharziose. Im Sommerse-mester 1917 wurde die erste Professur für Tropen-medizin an der Medizinischen Fakultät eingerichtet. Ein eigenes universitäres Institut existiert in Tübin-gen seit Mitte der 1950er-Jahre. In den vergangenen 100 Jahren hat sich Tübingen zu einem internatio-nal bedeutenden tropenmedizinischen Forschungsstandort entwickelt und lie-fert heute entscheidende Beiträge im Kampf gegen gefährliche Krankheiten. In jüngerer Zeit sind neu aufgetretene Erkrankungen wie Ebola zusätzlich in den Fokus gerückt. Mit einem Festprogramm wurde im Sommer die Geschichte der Tropenme-dizin in Tübingen beleuchtet. Kulturel-ler und wissenschaftlicher Austausch prägten das Jubiläum gleichermaßen. Afrikanische Kunst, Lesungen, Konzerte von Klassik bis Jazz verbanden sich mit Vorträgen und Sym-posien. Aber auch die bisher wenig untersuchten Verbindungen zwischen Tropenmedizin und der Ide-ologie des Nationalsozialismus waren Gegenstand der Ringvorlesung zum Jubiläum.

Die Gegenwart der Tübinger Tropenmedizin wurde unter anderem in einem Symposium mit Wissen-schaftlern vom Centre de Recherches Médicales de Lambaréné (CERMEL) und Gastprofessorinnen und -professoren erörtert. Mit diesem Zentrum in

Gabun, an dem 2016 eine Professur der Universität Tübingen eingerichtet wurde, und mit anderen afrikanischen Wissenschaftlern pflegt das Institut für Tropenmedizin unter der Leitung von Institutsdirektor Prof. Dr. med. Peter Kremsner eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit. International ge-fördert sind auch die Forschungspro-jekte des Comprehensive Infectious Disease Center Tübingen (CIDiC), das als bundesweit bedeutsames Zentrum

interdisziplinär an der Entwicklung von Strategien zur Prävention, Diagnose und Behandlung von Infektionen arbeitet. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist die erfolgreiche Umsetzung von Erkenntnissen der Grundlagenforschung in weltweit erfolgreiche Impfstoffe. „Wir sind sehr flexibel und können auch

kurzfristig klinische Studien zur Eindämmung von neu auftretenden Epidemien durchführen“, sagt Dr. Borrmann. In der Lehre sind die Disziplinen der Tropenmedizin bei Studierenden der Medizin und der Biologie sehr beliebt.Seit zehn Jahren ist das Institut für Tropenmedizin in Tübingen vom Land Baden-Württemberg ernanntes Kompetenzzentrum für Tropenmedizin. Die Leitung liegt bei Dr. Carsten Köhler, der auch Gründungsmit-glied und Vorstand im Deutschen Netzwerk gegen vernachlässigte Erkrankungen (DNTDS) ist.Für die Beratung der UKT-Kliniken bei der Behand-lung äußerst komplexer und seltener Erkrankungen aus den Bereichen Tropenmedizin und Parasitologie steht Oberarzt Dr. med. Alfred Bissinger konsula-risch zur Verfügung. Im Mittelpunkt der Patien-tenversorgung steht die reisemedizinische Beratung und die Impfsprechstunde. Ohne vorherige Anmel-dung erhält man in der Wilhelmstraße 27 (Mo. bis Fr. von 13 bis 14 Uhr, Mo. bis Do. von 17 bis 18.30 Uhr) vor Reiseantritt eine entsprechende Beratung hinsichtlich spezifischer Impfungen und Vorsichts-maßnahmen für das jeweilige Reiseziel.

Im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten wurde die Plakette „100 Jahre Tropenmedizin“ am Haupteingang des Instituts für Tropenmedizin enthüllt.

Prof. Peter G. Kremsner

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KLINIKFORUM07

Die Tübinger Augenheilkunde kann auf eine lan-ge Tradition zurückblicken. Mit der 1805 in der Burse gegründeten klinischen Lehranstalt der Universität Tübingen wurde Augenheilkunde als Teilgebiet der Chirurgie erstmals klinisch betrie-ben. 1867, also vor 150 Jahren, erwirkte Prof. Albrecht Nagel in Tübingen die Emanzipation der Augenheilkunde von der Chirurgie und machte sie damit zu einem eigenständigen Fachgebiet innerhalb der Tübinger Medizin. Dazu legte sich Nagel in mehrfacher Hinsicht – Extraordinari-at, Unterstützung seiner privaten Augenklinik – mit der Medizinischen Fakultät an und konnte schließlich ein eigenes Ordinariat für Augenheil-kunde erkämpfen. Nagels private Augenklinik in der Wilhelmstraße wurde im Zuge dessen verstaatlicht und so zur ersten Universitäts-Augenklinik in Tübingen. 2016 wurden die neue Universitäts-Augenklinik und das dazugehörige Forschungsinstitut für Augenheilkunde auf dem Klinikgelände Berg in Betrieb genommen. Als universitäres Wissen-schaftszentrum erforschen Klinik und Institut gemeinsam Augenerkrankungen und erarbeiten neue Therapieverfahren. Dabei sind sie eng in die Ausbildung von Studierenden der Medizin sowie Medizintechnik eingebunden und sichern die Fort- und Weiterbildung von Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten. Mit der Einweihung

des Augenklinik-Neubaus 2017 wurde ihm zu Ehren die Allgemeinambulanz zur „Prof. Albrecht Nagel Ambulanz“ ernannt. Die Universitäts-Augenklinik Tübingen verfügt neben der Prof. Albrecht Nagel Allgemein-Ambu-lanz über 14 Spezial-Ambulanzen und Sprech-stunden zu unterschiedlichen augenheilkund-lichen Erkrankungen.

Prof. Albrecht Nagel

150 Jahre Tübinger Augenheilkunde Prof. Albrecht Nagel wird Namensgeber der Ambulanz

Die U.D.O. GmbH, ein Tochterunternehmen des Universitätsklinikums Tübingen, betreut das komplette Klinikum als Full-Service-Dienstleister, unter anderem auch im Bereich Logistik. Bei der Überlegung, neue Autos für Transportfahrten anzuschaffen, fällte man die Entscheidung zugunsten zweier Elektroautos. „Unsere Fahr-zeuge sind zwar zeitlich viel im Einsatz, fahren aber nur wenige Kilometer,“ berichtet Jens Ull-mer, Bereichsleiter Logistik bei UDO. Die Wahl fiel auf das Modell VW e-Up, ein Kleinwagen für vier Personen.Seit März sind die beiden „Stromer“ im Einsatz: Sie sind im Stadtgebiet zwischen Weilheim, dem Standort von U.D.O., und den Kliniken unter-wegs, um die interne Post des Klinikums aus-zuliefern, Patiententransporte zu übernehmen sowie Proben-Transporte zwischen den Kliniken zu erledigen. Die Reichweite der Elektrofahrzeuge beträgt rund 130 Kilometer. Mehr als ausreichend: „Unsere Fahrzeuge müssen pro Tag rund 100 bis 110 Kilo-meter zurücklegen“, so Ullmer. In Weilheim hat U.D.O. zwei Schnellladestationen aufgebaut, die von den Tübinger Stadtwerken mit 100 Prozent ökologisch erzeugtem Strom gespeist werden. Bei Bedarf können die E-Autos auch an der Elek-trotankstelle im Parkhaus am Klinikum geladen werden.

Das Fazit laut Jens Ullmer ist nach über einem halben Jahr rundum positiv. „Aus unserer Sicht war das eine gute Entscheidung. Das Handling der Fahrzeuge ist super und alle Mitarbeiter sind rundum zufrieden.“ An der Ampel beispielsweise ziehe der Wagen gleich los, „es gibt nur fahren und bremsen.“ Das einzig Gewöhnungsbedürf-tige: „Die Autos machen keine Geräusche, die Fahrer müssen also vorausschauend fahren, vor allem im Klinikbereich.“ Wird es bei den beiden E-Autos bleiben? U.D.O. sieht sich als Vorreiter im Klinikumsbetrieb. „Die Elektromobilität wird in Zukunft eine immer grö-ßere Rolle spielen“, ist U.D.O.-Geschäftsführer Rolf Adis überzeugt.

Klimaschutz

Emissionsfrei im EinsatzDienstleister U.D.O. setzt auf Elektroautos

Einer der beiden „Stromer“ vor dem U.D.O.-Standort in Tübingen-Derendingen.

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KLINIKFORUM08

Über 30 Tübinger Mediziner von Universitäts-klinikum und Universität gehören laut der aktu-ellen Erhebung des Magazins Focus-Gesundheit zu Deutschlands Top-Ärzten. Das Magazin nennt in der Ärzteliste Spitzen-Mediziner aus 14 Fachbe-reichen, die sich bei der Behandlung bestimmter Erkrankungen unter ihren Fachkollegen einen be-sonders guten Ruf erarbeitet haben.Die Focus-Gesundheit-Ärzteliste 2017 nennt in Kooperation mit dem Rechercheinstitut Munich Inquire Media 2988 führende Ärzte in Deutschland.Wichtigste Bewertungsgrundlage für die Auswahl in verschiedene Spezialisierungen bildete das Ur-teil der Fachkollegen und der Patienten.Bei der bundesweiten Recherche stellen Datenjournalisten Ärzten die Frage: „Bei welchem Arzt würden Sie sich selbst behan-deln lassen?“ Nur wenn ein Mediziner häufig von seinen Kollegen empfohlen wird, kommt er in die nähere Auswahl für die Exper-

Ärzteliste 2017 in Focus-Gesundheit

Top-Ärzte am Uniklinikumtenliste. Auch die Anzahl wissenschaftlicher Pu-blikationen und durchgeführter Studien fließt in die Bewertung ein.Patientenbewertungen sind ein weiterer wich-tiger Baustein. Dazu werden die Erfahrungen von Selbsthilfegruppen und Patientenverbänden und in seriösen Arztbewertungsportalen im Internet ermittelt.

Impressum

Herausgeber Vorstand des Universitätsklinikums Tübingen Kommunikation und Medien, Bianca Hermle (verantw.)

Konzeption:Dr. Ellen Katz, Kommunikation und Medien

Redaktion und Gestaltung: UHLAND2 – Agentur für PR, Werbung und Neue Medien GmbH, Tübingen

Fotos: FotoReproGrafik (frg), Karl Rijkhoek/Uni Tübingen, Fotolia.com: StudioLaMagica, Robert Kneschke, Photographee.eu

Text: UHLAND2, Dr. Ellen Katz

Anzeigen: Wolfgang Dieter, Telefon 0 70 71 93 41 90, [email protected]

Druck: Deile Druck GmbH, Tübingen

Redaktionskontakt: [email protected]

Alle Ausgaben des KLINIK FORUM online unter www.medizin.uni-tuebingen.de/patienten.html

Quelle: Focus-Gesundheit, Deutschlands Top-

Ärzte, Die große Focus-Ärzteliste,

Ausgabe Juli/August 2017

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