Landtag Rheinland-Pfalz 16. Wahlperiode · Dr. Alexander Ebertz (ifo Institut) Dr. Bj orn Kauder...

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Landtag Rheinland-Pfalz 16. Wahlperiode An die Mitglieder und ständigen Ersatzmitglieder der Enquete-Kommission 16/1 "Kommunale Finanzen" Vorlage EK 16/1-33 19.10.2012 Ansatz und Empfehlungen des ifo-Gutachtens zum kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz ln der Anlage erhalten Sie die Unterlagen zu der in der 8. Sitzung der Enquete-Kommission am 17. Oktober 2012 erfolgten Präsentation des ifo-Gutachtens zum kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz. Anlage Wissenschaftlicher Dienst

Transcript of Landtag Rheinland-Pfalz 16. Wahlperiode · Dr. Alexander Ebertz (ifo Institut) Dr. Bj orn Kauder...

  • Landtag Rheinland-Pfalz 16. Wahlperiode

    An die Mitglieder und ständigen Ersatzmitglieder der Enquete-Kommission 16/1 "Kommunale Finanzen"

    Vorlage EK 16/1-33 19.10.2012

    Ansatz und Empfehlungen des ifo-Gutachtens zum kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz

    ln der Anlage erhalten Sie die Unterlagen zu der in der 8. Sitzung der Enquete-Kommission

    am 17. Oktober 2012 erfolgten Präsentation des ifo-Gutachtens zum kommunalen

    Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz.

    Anlage

    Wissenschaftlicher Dienst

  • Ansatz und Empfehlungen des ifo-Gutachtenszum kommunalen Finanzausgleich in

    Rheinland-Pfalz

    Prof. Dr. Thiess Büttner (FAU Erlangen-Nürnberg)Dr. Alexander Ebertz (ifo Institut)

    Dr. Björn Kauder (ifo Institut)Markus Reischmann (ifo Institut)

    Mainz, 17.10.2012

  • Themenspektrum

    1 Vertikale Aspekte des kommunalen Finanzausgleichs

    2 Horizontale Aspekte des kommunalen Finanzausgleichs

    3 Zweckgebundene und weitere allgemeine Zuweisungen

  • Vertikaler Finanzausgleich

    Zentrale Themen:

    1 Verteilung von Aufgaben, Einnahmen und Ausgaben

    2 Bestimmung der Finanzausgleichsmasse

  • Finanzwissenschaftliche Prinzipien

    • Gleichrangigkeit von kommunalen Aufgaben undLandesaufgaben

    • Balance der Ausgaben: gleicher zusätzlicher Nutzen beiMehrausgaben

    • Balance der Einnahmen: gleiche zusätzliche Kosten beiEinnahmensteigerung

    • Berücksichtigung der Einnahmepotentiale beider Ebenen:• Gesellschaftliche Zusatzkosten der Einnahmegenerierung?• Begrenzte Einnahmeautonomie

    • Berücksichtigung von Vorgaben durch den Bund

  • Aufgabenverteilung und Finanzausstattung

    • Kommunalisierungsgrade für Rheinland-Pfalz:Kommunales Aufgabenspektrum im Ländervergleich eherunterdurchschnittlich

    • Index der kommunalen Finanzausstattung des StatistischenLandesamtes Rheinland-Pfalz:Finanzmittelausstattung der Kommunen großzügiger als imDurchschnitt der alten Bundesländer (unter Berücksichtigungvon Aufgabenspektrum und Finanzkraft beider Ebenen)

    • Sozialausgaben/-aufgaben werden im Ländervergleichüberdurchschnittlich stark durch das Land getragen

  • Analyse der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung

    • Schwierige Lage auf beiden Ebenen• Weitgehend gleichmäßige Entwicklung auf beiden Ebenen• Zuletzt starker Anstieg der Sozialausgaben bei den Kommunen• Potential zur Einnahmensteigerung bei den Kommunen bei

    Realsteuerhebesätzen und u.U. Gebühren

    • Ausgliederungen und Erfassungsprobleme beeinträchtigenAussagekraft

  • Sozialausgaben

    Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz fordert”spürbaren Beitrag“

    des LandesGrund: Strukturelle Veränderung bei Soziallasten

    Verbesserung der Situation erscheint vorgezeichnet:

    • Ab 2014 100%-Befreiung von Lasten aus der Grundsicherungim Alter (lt. Rechnungshof 130 Mio. Euro jährlich)

    • Bundesbeteiligung an Eingliederung Schwerbehinderter am 29.Juni 2012 vereinbart. Hierzu keine belastbaren Ansätzevorhanden

    Reformvorschlag Rechnungshof: Aufteilung der Leistungen nachSGB XII zwischen Land und Kommunen prüfen undFinanzierungstrennung nach Leistungen innerhalb und außerhalbvon Einrichtungen aufheben

  • Entwicklung der Sozialausgaben in Rheinland-Pfalz

    050

    010

    0015

    0020

    00S

    ozia

    laus

    gabe

    n in

    Mio

    . Eur

    o

    1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010Jahr

    Land Kommunen

  • Bestimmung der Finanzausgleichsmasse

    Finanzausgleichsmasse =21% der Verbundmasse+ Finanzausgleichsumlage+ Umlage Fonds

    ”Deutsche Einheit“

    + Zu-/Abflüsse Stabilisierungsfonds

    • Verbundsatz und -grundlagen im gängigen Rahmen• Änderungen von Verbundmasse und -satz haben wegen

    Stabilisierungsfonds keine unmittelbaren Auswirkungen aufFinanzausgleichsmasse

    • Stabilisierungsfonds verstetigt die Finanzausgleichsmasseeffektiv, dies wäre auch ohne Mindestaufwuchs der Fall

    • Gleichmäßigkeitsgrundsatz in Rheinland-Pfalz nichterforderlich

  • Verstetigungssumme mit und ohne Mindestaufwuchs

    1300

    1500

    1700

    1900

    Mio

    . Eur

    o

    2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011Jahr

    Verstetigungssumme Landesleist. n.Abr.Verstetigungssumme o. Mindestaufwuchs

  • Gleichmäßigkeitsgrundsatz

    2000

    3000

    4000

    5000

    6000

    7000

    Ein

    nahm

    en in

    Mio

    . Eur

    o

    1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010Jahr

    Kommunen Status quo Kommunen alternativLand Status quo Land alternativ

  • Horizontaler Finanzausgleich

    Funktionen der Schlüsselzuweisungen

    • Finanzierungsfunktion• Verteilungs- und Versicherungsfunktion• Koordinierungs- und Lenkungsfunktion

  • Verteilungs- und Versicherungsfunktion

    500

    1000

    1500

    2000

    Ein

    nahm

    en

    500 1000 1500 2000Rangfolge

    Steuerkraft EinnahmekraftSteuerkraftgefälle

  • Schlüsselzuweisungssystem in Rheinland-Pfalz

    • Schlüsselzuweisung A• Schlüsselzuweisungen B1 und B2• Investitionsschlüsselzuweisung• weitere allgemeine Finanzzuweisungen• 13 zweckgebundene Zuweisungen• nur rund ein Drittel der Finanzausgleichsmasse wird über

    Schlüsselzuweisung B2 verteilt

    ⇒ System ist vergleichsweise komplex und intransparent

  • Schlüsselzuweisung A

    Logik: Gemeinden mit Steuerkraft unter 75% desLandesdurchschnitts werden auf 75% gehoben

    • Vorwegausgleich für finanzschwache Kommunen• Potentielle Empfänger: alle kommunalen

    Gebietskörperschaften

    • De facto nur Ortsgemeinden und wenige verbandsfreieGemeinden Empfänger

    • Probleme:• Schlüsselzuweisung A schwankt konstruktionsbedingt relativ

    stark• Schlüsselzuweisung A verursacht hohe

    Gewerbesteuerabschöpfung bei den Ortsgemeinden

  • Schlüsselzuweisung A

    Reformvorschlag:

    • Beschränkung auf Ortsgemeinden auch in der Berechnung• Ausgleich der Differenz zw. landesdurchschnittlicher

    Steuerkraftmesszahl der Ortsgemeinden und eigenerSteuerkraftmesszahl zu einem bestimmten Prozentsatz

    • Bei Aufkommensneutralität zum Durchschnitt der letztenzehn Jahre beträgt Ausgleichssatz 62%

    Neue Berechnungslogik:

    SZAi = max{

    0, 62 · (SKMPKOG − SKMPKi ) · ni ; 0}

  • Schlüsselzuweisung B2: Bestimmung des Finanzbedarfs

    Hauptansatz

    Leistungsansätze

    • Stationierungsansatz• Zentrale-Orte-Ansatz• Schulansatz• Soziallastenansatz• Flächenansatz

    Theoretische und empirische Prüfung aller Ansätze

  • Regressionsanalyse des Finanzbedarfs

    Statistisches Analyseverfahren: Vorhersage der Pro-Kopf-Ausgabenauf der Basis von Indikatoren (auf Ebene der Verbandsgemeinden)

    Ausgangspunkt ist eine Reihe von tatsächlichen Beobachtungenund Indikatorwerten, die zur Vorhersage herangezogen werden.

    Tatsächliche Ausgaben werden unterschieden von– zu erwartenden Ausgaben– unsystematischen (zufälligen) Ausgaben

    Regressionsanalyse ermittelt eine Vorhersage der zu erwartendenAusgaben durch Kombination der Indikatorwerte, um dieAbweichungen zu den tatsächlichen Ausgaben zu minimieren.

  • Ergebnisse Bedarfsermittlung I

    • Hauptansatz ohne Einwohnerwertung• Höherer Finanzbedarf in Ballungsräumen resultiert aus ihrer

    raumwirtschaftlichen Stellung

    • In Rheinland-Pfalz durch Zentrale-Orte-Ansatz undSchlüsselzuweisung B1 berücksichtigt

  • Ergebnisse Bedarfsermittlung II

    Problematik Soziallastenansatz:

    • Spitzenausgleich• Orientierung an tatsächlichen Ausgaben• Begrenzung auf Lasten aus SGB II und XII

    Änderungsbedarf auch durch Verfassungsgerichtshof angemahnt

  • Ergebnisse Bedarfsermittlung III

    Reformvorschlag Soziallastenansatz:

    • Allgemeiner Ausgleich statt Spitzenausgleich• Indikatorgestütztes System nach

    SGB-II-Bedarfsgemeinschaften

    • Implizite Berücksichtigung weiterer Soziallasten aufgrundhoher Korrelation

    • Volumen des Ansatzes bestimmt durch Gewichtung derBedarfsgemeinschaftenBsp.: Gewichtung 1,60 bzw. 2,33 Einwohner proBedarfsgemeinschaft⇒ Ansatzvolumen steigt um 40 bzw. 80 Mio. Euro

  • Schlüsselzuweisung B2: Bestimmung der Finanzkraft

    Berücksichtigung von Steuereinnahmen

    • Gegenwärtiges System sinnvoll• Keine Berücksichtigung weiterer Steuereinnahmen• Gebühren, Abgaben und Entgelte nicht berücksichtigen

    (Äquivalenzprinzip)

    • Keine Einbeziehung von Einnahmen aus Windkraft• Nivellierungssätze beibehalten

  • Steuerkraft und Gewerbesteuer

    Niveau der Nivellierungssätze:

    • Nivellierungssätze beeinflussen dieGewerbesteuerabschöpfungsquote

    • Abschöpfungsquote der Kommunen in Rheinland-Pfalz (außerOrtsgemeinden) moderat

    • Kommunale Hebesätze folgen Nivellierungssätzen• Hebesätze in Rheinland-Pfalz vergleichsweise niedrig• Ausschöpfung der Einnahmequellen dringend angezeigt

    (vgl. auch Urteil VGH)

    ⇒ Anhebung der Nivellierungssätze um zwei Drittel der Differenzzum Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer auf 373%

  • Weitere Ergebnisse zu den Schlüsselzuweisungen

    Investitionsschlüsselzuweisung:

    • Abschaffung und Stärkung der Schlüsselzuweisungen B• oder Stärkung mit Verwendungsprüfung und Mittelzuführung

    aus zweckgebundenen Zuweisungen

    Schlüsselzuweisung B1:

    • Im aktuellen Rahmen wichtig für Bedarf der Ballungsräume• Keine Berücksichtigung von Finanzkraft trotz knapper Mittel

  • Umlagen

    Finanzausgleichsumlage

    • Verteilungswirkung:”von oben nach unten“

    • Starke Progression des Tarifs der Finanzausgleichsumlage• Gegebenenfalls Verzicht auf höchste Stufe

    Umlage zur Finanzierung des Fonds”Deutsche Einheit“

    • Verteilungswirkung:”von unten nach oben“

    • Komplizierte Berechnung, geringes Aufkommen• Aufgabe dieser Umlage empfohlen

  • Weitere Ergebnisse zum horizontalen Finanzausgleich

    • Demografische Entwicklung verläuft relativ sanft• Besonders ländlicher Raum betroffen• Demografiefaktor nicht erforderlich, insb. wegen Flächenansatz

    • Mischfinanzierung der kommunalen Verbände beibehalten

  • Zweckgebundene Zuweisungen

    • Zweckbindung von Finanzzuweisungen im Konflikt mitkommunaler Selbstverwaltung

    • 13 zweckgebundene Zuweisungen starker Eingriff in dieSelbstverwaltung

    • Intransparentes System• Hoher Verwaltungsaufwand• Aktueller Anteil von 36% erscheint aus

    finanzwissenschaftlicher Sicht hoch

  • Zweckgebundene Zuweisungen: Empfehlungen

    • Zusammenfassung vieler Zweckzuweisungen• Reduktion des Volumens der Zweckzuweisungen zugunsten

    der Schlüsselzuweisungen

    • Reduktion der Zweckbindung wo immer möglich und sinnvollauf investive Verwendung

    • Möglichkeiten:Investitionspauschale oder wiederbelebteInvestitionsschlüsselzuweisung

  • Weitere allgemeine Zuweisungen

    Beförderungskostenausgleich sinnvoll, Berechnung schwernachvollziehbar

    • Umstellung auf indikatorgestützten Ansatz• Indikatoren: gesamte Schülerzahl ohne Förderschüler,

    Förderschüler, gesamte Straßenkilometer

    Kommunaler Entschuldungsfonds

    • Finanzpolitisch nachvollziehbar• Erhebliche Risiken durch Fehlanreize