Leibniz-Journal 4/2015

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Leibniz-Journal 4/2015 Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft G 49121 Vorbild Natur Aus dem Baukasten der Evolution Werkstatt Museum Objekte in ihrer Vergänglichkeit Mysterium Gummi Reifen heilen sich selbst Altlast Vergangenheit NS-Beamte im Innenministerium Leichter Stoff Innovationen aus der Materialforschung

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Leichter Stoff. Innovationen aus der Materialforschung

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Leibniz-Journal

4/2015

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

G 4

9121

Vorbild NaturAus dem Baukastender Evolution

Werkstatt MuseumObjekte in ihrerVergänglichkeit

Mysterium GummiReifen heilen sich selbst

Altlast VergangenheitNS-Beamteim Innenministerium

Leichter StoffInnovationen aus der Materialforschung

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Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Vertretungsprofessur kann ein Sprungbrett sein für die Karriere – oder eine

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man sich davor schützt. Besser sollen die Bedingungen für internationale Promoti-

onen werden. Dazu hat der Europäische Universitätsdachverband (EUA) drei Jahre lang

Vorschläge und Erfahrungen von Hochschulen aus verschiedenen Ländern gesammelt.

Sie reichen von der Mehrsprachigkeit im Alltag bis zum Abbau bürokratischer Hürden.

Eine interaktive Software gibt es dafür ebenfalls. Ein Blick auf die Erfahrungen anderer

Länder bereichert auch, wenn es um den Übergang vom Beruf ins Studium geht: Wie

handhaben andere Länder die Anrechnung von Kompetenzen, die in der Berufspraxis

erworben wurden? Ein Bericht aus einem Forschungsprojekt der EU.

LETTER 10 2015 04 I 12 I 2015

Nur Mut!Ein duz-Gespräch über Unwägbarkeiten in der Wissenschaft

mit Wilhelm Krull und Helga Nowotny 26

DEUTSCHE UNIVERSITÄTS ZEITUNG01 18.12.2015 | EUR 7,90

Der BessermacherIm Januar wird Dieter Imboden die Evaluation der Exzellenzinitiative präsentieren. Ein Porträt 18

Profs gesuchtFachhochschulen haben zunehmend Schwierigkeiten, gute Professoren zu finden. Eine Analyse 20

Gesund an der UniFür Gesundheitsförderung an Hochschulen gibt es neue Zuschusstöpfe. Ein Expertentipp 42

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Nur Mut!Ein duz-Gespräch über Unwägbarkeiten in der Wissenschaft

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Der BessermacherIm Januar wird Dieter Imboden die Evaluation der Exzellenzinitiative präsentieren. Ein Porträt 18

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4 KURZ & FORSCH

9 NUR SO EIN VORSCHLAG…

...von Leibniz-Präsident Matthias Kleiner

10 TITEL: MATERIALFORSCHUNG

10 Natur: Materialien inspiriert von der Evolution

16 Museen: Spurensicherung in Forschungssammlungen

24 Gesundheit: Innovationen für das Wohlbefinden

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30 Mikroelektronik: Vernetzte und sparsame Speicher

34 Werkstoffe: Selbstheilende Autoreifen

36 SPEKTRUM

36 Geschichte: NS-Belastung im Innenministerium

38 Interview: Johannes Vogel will das Museum neu denken

42 AUSSTELLUNGEN

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SPEKTRUM Museum neu denken

AUSSTELLUNGEN Senckenbergs verborgene Schätze

THEMENSCHWERPUNKT: MATERIALFORSCHUNGInnovationen, die aus der Natur abgeschaut werden, selbstheilende Autoreifen, chirurgi-sches Nahtmaterial, das sich automatisch auflöst, und Mikroelektronik für energiesparende Speichermedien: Materialforschung sorgt in allen Bereichen unseres Lebens für Fortschritt.

4/2015

44 LEIBNIZ LIFE

44 Leibniz-Jahrestagung47 Leibniz-Liste48 Verlosung

49 LEIBNIZ 2016

50 LEIBNIZ LEKTÜRE

55 LEIBNIZ LEUTE

15 IMPRESSUM

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Harter Stoff“ heißt die aktuelle Sonderaus-stellung im Deutschen Museum in Bonn. Sie zeigt, wie vielfältig sich Carbon, das „Material der Zukunft“, verwenden lässt. Unter anderem wird ein Leichtbauhocker (unser Titelmotiv!) präsentiert, entwickelt von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Polymerforschung in Dresden. Höchste Zeit also, dem harten wie häufig eben auch „leichten Stoff“ ein Leibniz-Journal zu widmen. ab Seite 10

Ob es um Schutzfolien für Handys, be-sonders haftstarke Pflaster oder sich selbst heilende Autoreifen geht. Wie sehr unser All-tag schon heute von materialwissenschaft-lichen Errungenschaften durchdrungen ist, beschreibt Leibniz-Präsident Matthias Kleiner in seiner Kolumne „Nur so ein Vorschlag...“

Seite 9 Auf der Suche nach der Authentizität der

Exponate wird die Materialwissenschaft auch

an den acht Leibniz-Forschungsmuseen im-mer wichtiger, denn sie führt unmittelbar zum Objekt. Teils leiten die Häuser daraus ein völ-lig neues Selbstverständnis ab. So fordert der Generaldirektor des Museums für Naturkunde in Berlin, Johannes Vogel, auf, „das Museum neu zu denken“. Wir wollen in diese und viele Welten der Erkenntnis mehr eintauchen.

Seite 38 Nicht zuletzt finden sich zu unserem

Leibniz-Jahr 2016 auf der neuen Internetseite www.bestewelten.de alle Aktivitäten. Auch unser Magazin wird in neuer Gestalt erschei-nen. Dann unter dem schlichten Titel „leibniz“.

Seite 49

Eine inspirierende Lektüre,

Christine BurtscheidtChefredakteurin

4 4/2015

DOI = Digital Object Identifier, ein eindeutiger und dauerhafter Identifikator für digitale Objekte, vor allem

für Online-Artikel von wissenschaftlichen Fachzeitschriften verwendet

West-Antarktis könnte komplett schmelzenDer Eispanzer der westlichen Antark-tis könnte komplett schmelzen. Das haben Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgen-forschung für den Fall berechnet, dass die vergleichsweise kleine Region des Amundsen-Beckens instabil geworden sein sollte. Studien der vergangenen Monate deuteten darauf hin. Mit Computersimu-lationen zeigen die Potsdamer Forscher nun die möglichen Fol-gen: Schmilzt das Eis weitere 60 Jahre in der

Farben – 48 Millionen Jahre alt

derzeitigen Geschwin-digkeit, führe dies zu einem nicht mehr zu stoppenden Eisver-lust, der Jahrtausende anhalten könne. Insgesamt könnte der Meeresspiegel um drei Meter steigen. Die Eis-massen der Antarktis reagierten nicht-linear auf die Erwärmung der Ozeane. Nach einer langen Zeit ohne große Veränderungen breche das Gleich-gewicht schließlich rasch zusammen, da das Schmelzen der Ränder immer dickere Eisflächen in Kontakt mit dem wärmeren Meerwasser bringe.PNAS. DOI: 10.1073/pnas.1512482112

„Mit dem Strom schwimmen“ hat Claudia Pogoreutz, Doktorandin am Leibniz-Zentrum für Marine Tropen-ökologie in Bremen, ihr Foto eines jagenden Schwarzspitzen-Riffhais auf den Malediven betitelt. Das Bild gewann beim Foto wettbewerb der britischen Royal Society den ersten Preis in der Kategorie „Verhalten“ und setzte sich dabei gegen mehr als 1.000 Teilnehmer durch.

Erstmals haben Wissenschaftler des Senckenberg Forschungs-institutes in Frankfurt am Main gemeinsam mit Kollegen die Farbe eines fossilen Säugetiers bestimmt. Anhand von konser-vierten Melaninen – rötliche, braune oder schwarze Pigmen-te, die die Färbung von Haut, Haaren, Federn und Augen be-wirken – wiesen die Forscher nach, dass zwei 48 Millionen Jahre alte Fledermäuse aus dem UNESCO Welterbe Grube Messel ein rötlich-braunes Fell hatten. In der Forschung ist die Bestim-mung des Merkmals Farbe eine neue Errungenschaft. Mit ihr könnten viele Fragen zu mit Far-ben assoziiertem Verhalten wie Partnerwahl, Überlebens- und Schutzstrategien von Tieren be-antworten werden. PNAS. DOI: 10.1073/pnas.1509831112

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Neuigkeiten aus der Antibiotika-Forschung: Über eine überra-schende Überlebensstrategie ver- fügt das Bakterium Clostridium puniceum, der Erregers der Kar-toffelfäulnis. Das eigentlich sau-erstoff-empfindliche Bakteri um kann in einer sauerstoffreichen Umgebung überleben, indem es eine Gruppe schützender Wirk-stoffe produziert, die Clostrubine. Sie schützen Clostridium sogar doppelt und wehren antibiotisch andere, konkurrierende Krank-heitserreger der Pflanze ab. Diese

Materiallager Deutschland

Neuer Wirkstoff gegen Pflanzenkrankheiten

Ungeahnte Selbstheilungs-kräfteDas herausragende Regenerationsver-mögen heutiger Salamander ist vermutlich eine ur-sprüngliche Fähigkeit aller vierfüßigen Landwirbeltiere, die diese erst im Laufe der Evolutionsge-schichte verloren haben. Das zeigt eine neue Studie zu fossilen Amphibien von vor 300 Mil-lionen Jahren des Berliner Museums für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiver sitätsforschung. Bisher wurde vermu-tet, dass die Fähigkeit, lebenslang die durch Amputationen oder Verletzungen verlore-nen Beine, Schwänze und Teile der inneren Organe vollständig regenerieren zu können, spezifisch für Salamander sei. Als Grund dafür wurde dessen andersartige embryonale Beinent-wicklung angenom-men. Die Studie widerlegt diesen Zusammenhang nun und zeigt, dass in den Erdzeitaltern des Oberen Karbon und Unteren Perm ver-schiedene Gruppen vierfüßiger Wir-beltiere in der Lage waren, ihre Beine und Schwänze auf diese Art zu regenerieren.Nature. DOI: 10.1038/nature15397

Auch Freund-schaft hat ihre GrenzenDeutsche Freunde helfen Jugendlichen aus Zuwandererfa-milien nicht zwangs-läufig, sich besser zu integrieren. Das haben Forscher vom Wissen-schaftszentrum Berlin für Sozialforschung und vom Mannheimer Zentrum für Europäi-sche Sozialforschung herausgefunden; so wurden jetzt erstmals Daten von 2.500 15-Jährigen aus dem Nationalen Bildungs-panel von 2010 untersucht. Die Studie zeigt, dass Jugendliche aus dem ehemaligen Jugoslawien, südeu-ropäischen Ländern und Russlanddeutsche sich umso stärker mit Deutschland identifizieren, je mehr deutsche Freunde sie haben. Bei polni-schen und türkischen Jugendlichen ist dies nicht der Fall. Die Forscher vermuten, dass die Unterschiede damit zusammen-hängen, wie stark die jeweilige Zuwande-rergruppe Diskrimi-nierung wahrnehme. Der positive Effekt einheimischer Freun-de könnte auch dann geringer sein, wenn sich die Identitäten des Aufnahme- und des Herkunftslandes nur schwer vereinba-ren ließen.International Migration Review. DOI: 10.1111/imre.12163Doppelfunktion der Clostrubine

haben Forscher des Leibniz-In-stituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut in Jena entdeckt. Ob Clostrubine die Grundlage für Antibiotika in der Medizin und als Wirkstoffe gegen Pflanzenkrank-heiten in der Landwirtschaft ein-gesetzt werden könnten, wollen die Forscher jetzt weiter unter-suchen.

Science. DOI: 10.1126/science.aac9990

Deutschland sitzt auf einer un-bekannten Schatztruhe: Bau-werke, Straßen, Abwasser- und Stromleitungen sowie Autos oder große Haushaltsgeräte enthalten wertvolle Rohstoffe. Insgesamt sind es 42 Milliarden Tonnen, wie Forscher des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung in Dresden gemeinsam mit Part-nern ermittelt haben. Sie entwi-ckelten außerdem ein Konzept, um ein langfristiges Monitoring dieses anthropogenen Lagers aufzubauen. Eine wichtige Vor-

aussetzung, um die Wiederver-wendung von bereits genutzten Rohstoffen künftig systematisch betreiben zu können. Durch eine intelligente Kreislaufführung könnten natürliche Rohstoffe ge-schont und ihr oft umweltschäd-licher Abbau verringert werden. Außerdem würde Deutschland unabhängiger von Rohstoffim-porten.

www.umweltbundesamt.de/publikationen/kartierung-des-anthropogenen-lagers-in-deutschland

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Bewegung stärkt die Knochen

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MfNBewegung fördert bereits im

Kindesalter die Knochenentwick-lung, während Sitzen diese nega-tiv beeinflusst. Nur zehn Minuten zusätzliche moderate bis inten-sive körperliche Aktivität am Tag erhöht die Knochenfestigkeit bei Vorschul- und Grundschulkin-dern. Dies zeigen Untersuchungen von rund 4.500 Kindern zwischen zwei und zehn Jahren im Rahmen der europäischen IDEFICS-Studie, die das Leibniz-Institut für Prä-ventionsforschung und Epide-miologie – BIPS und die Univer-sität Bremen koordinierten. Ziel der Studie war es, zu erforschen, wie körperliche Aktivität, Sitzen

und Muskelkraft kombiniert auf die Knochengesundheit und -ent-wicklung bei Kindern wirken. Die Knochenfestigkeit der Kinder wurde mit einem Ultraschallge-rät am Fersenknochen gemessen. Weiterhin wurden die Kinder mit einem Bewegungsmesser (Acce-lerometer) ausgestattet, der ihre Bewegungsaktivität aufzeichnete. So war zu erkennen, wie viel Zeit die Kinder in sitzender, leichter, moderater oder intensiver kör-perlicher Aktivität verbracht hat-ten.International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity. DOI: 10.1186/s12966-015-0273-6

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Milliarden Euro pro Jahr könnte der Zustrom an Flücht-lingen die öffentlichen Haushalte in den nächsten Jahren kosten. Im günstigsten Fall betragen die jährlichen Kosten rund 25 Milli-arden Euro. Das hat das Institut für Weltwirtschaft in Kiel berech-net. Selbst im ungünstigsten Fall blieben sie aber unter zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, schätzen die Forscher und meinen, dass die Kosten im Verhältnis zur Wirtschaftskraft Deutschlands beherrschbar blieben.http://bit.ly/IfW-Fluechtingskosten

Millionen Unterrichtsstunden in rund 695.000 Veranstaltungen haben die deutschen Volkshochschulen im Jahr 2014 angeboten. Der Unterrichtsum-fang wuchs damit um 1,7 Prozent. Das geht aus der aktuellen Volkshochschul-Statistik des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zent-rum für Lebenslanges Lernen in Bonn hervor. 45 Prozent aller Stunden ent-fallen dabei auf Sprachkurse.www.die-bonn.de/id/31690

Auf ihre 50. Expedi­tion bricht das Forschungsschiff „Maria S. Merian“ Anfang Januar 2016 auf. Unter der Leitung des Leibniz­Instituts für Ostseeforschung Warnemünde wollen die Wissenschaftler bestimmte Prozesse am Meeresboden von Nord­ und Ostsee erstmals auch im Winter erforschen.www.io-warnemuende.de/ fs-maria-s-merian.html

Zahlenin

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15,6

„Neue“ Väter dank ElternzeitEine längere Elternzeit von Müttern geht mit traditionellerer Ar-beitsteilung einher. Allerdings kann bereits eine kurze Elternzeit von Vätern dies ändern. Das hat eine Studie des Deutschen Insti-tuts für Wirtschaftsforschung und der Bamberg Graduate School of Social Sciences mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ergeben. Wenn Väter auch nur eine kurze Elternzeit nehmen, schei-nen sich die traditionellen Strukturen zu verändern, sodass die Fa-milienarbeit auch noch Jahre später gleichmäßiger zwischen den Partnern aufgeteilt wird. Dies trifft zumindest dann zu, wenn die Väter nicht gleichzeitig mit ihrer Partnerin Elternzeit nehmen, son-dern eine Zeit lang alleinverantwortlich sind. Wenn Mütter hinge-gen eine längere Elternzeit nehmen, so ist auch nach der Rückkehr beider Eltern in den Beruf die Arbeitsteilung in der Familie traditio-neller als bei einer kürzeren Elternzeit der Mutter. DIW Wochenbericht 50/2015

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Kongress ohne KompromissIhr perfekter Gastgeber: Berlin

Ein perfekter Kongress ist mehr als perfekte Organisation. Mehr als perfekte Räumlichkeit. Mehr als perfekter Service. Zu einem perfekten Kongress gehört auch ein Gastgeber, der sich um den Rahmen kümmert. Berlin, die aufregendste Metropole in Europa, tut das. Ob Kultur, Sport oder Party, Berlin gibt sein Bestes. Als Gastgeber für einen Kongress ohne Kompromiss!

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Das einzige Originalskelett eines Tyrannosaurus rex in Europa ist seit Mitte Dezember im Berliner Museum für Natur kunde – Leib-niz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung zu se-hen. „Tristan Otto“ ist etwa 66 Millionen Jahre alt und wurde 2010 in Montana, USA, gefun-den. Das zwölf Meter lange und vier Meter hohe, außergewöhn-lich gut erhaltene Skelett aus der Oberkreidezeit ist eine Leihga-be des dänischen Mäzens Niels Nielsen, der diese dem Museum „Tristan Otto“ für mindestens drei Jahre zur Verfügung stellt; freilich unter der Maßgabe, dass „Tristan“ erforscht und öffent-lich ausgestellt wird.www.naturkundemuseum.berlin

Berlin zeigt Zähne

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Mehr Investitionen in die PflegeDen meisten deut-schen Pflegeheimen geht es wirtschaftlich gut, und der Pflege-markt wächst. Trotz-dem prognostizieren die Herausgeber des „Pflegeheim Rating Report 2015“, dass bis 2030 Investiti-onen von bis zu 80 Milliarden Euro nötig seien, um ausreichend Pflegeplätze und -per-sonal für die alternde Gesellschaft zur Verfü-gung zu stellen. 2013 gab es 2,6 Millionen pflegebedürftige Men-schen, die zunehmend ambulant und von privaten Einrichtun-gen versorgt wurden, so der Report. Ihre Zahl werde jedoch bis 2030 voraussichtlich um ein Drittel auf 3,5 Millionen Menschen steigen. Um drohen-den Engpässen zu begegnen, schlagen die Verfasser vor, private Geldgeber durch schlankere Heimgesetze zu Inves-titionen ermutigen und den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Der alle zwei Jahre erscheinende Report wird vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsfor-schung, der Institute for Health Care Business GmbH und Philips erarbeitet.

Gewinner und Verlierer im KlimawandelDer Klimawandel wirkt sich unter-schiedlich auf die eu-ropäische Vogelwelt aus. Es gibt Gewinner und Verlierer. Das ha-ben Untersuchungen von Wissenschaftlern des Senckenberg Bio-diversität und Klima Forschungszentrums mit internationalen Kollegen ergeben. Sie basieren auf Beob-achtungen von mehr als 50.000 Bürger-wissenschaftlern in einem Zeitraum von 18 Jahren. Wärmere Winter wirken sich beispielsweise positiv auf so genannte „Standvögel“ wie Gar-tenbaumläufer oder Türkentauben aus; von längeren Frühjah-ren und damit auch Brutzeiten profitieren Kurzstrecken-Zieher, wie der Stieglitz oder die Heidelerche. Be-droht sind vor allem Vögel in kälteren Regionen wie der Haussperling, die Ra-ben- und Nebelkrähe, der Wiesenpieper und verschiedene Zeisi-garten. So werde sich der Klimawandel ver-mutlich überwiegend negativ auswirken, so die Forscher.

Global Change Biology. DOI: 10.1111/gcb.13097

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Neue Fachkräfte für die Landwirtschaft

Die Beschäftigung von Migran-ten und Flüchtlingen könnte dem Fachkräftemangel in der ost-deutschen Landwirtschaft ent-gegenwirken. Davon sind Wis-senschaftler des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Trans-formationsökonomien überzeugt. Durch Renteneintritte vor allem qualifizierter Mitarbeiter entsteht in den kommenden Jahren eine erhebliche Fachkräftelücke. Bis-lang setzen Agrarbetriebe auslän-dische Arbeitskräfte vor allem als Erntehelfer ein. Absolventen von osteuropäischen Agraruniversitä-ten, aber auch viele aus landwirt-schaftlich geprägten Herkunfts-ländern stammende Flüchtlinge stellen somit ein Potenzial für die Gewinnung von Fachkräften dar,

so die Forscher. Da sich viele Ag-rarbetriebe seit Jahren vergeblich um deutsche Nachwuchskräfte bemühen und so zum Beispiel in Sachsen-Anhalt 2014 nur je-des zehnte Unternehmen Nach-wuchskräfte in landwirtschaft-lichen Berufsgängen ausbildete, stellten Migranten eine bislang weitgehend unausgeschöpfte Al-ternative dar. Die Eingliederung von ausländischen Beschäftigten in die Agrarunternehmen dürfte aber einen erheblichen Aufwand an Zeit und Geld kosten, ver-muten die Wissenschaftler. Die Betriebe müssten in gezielte An-werbekampagnen, Sprach- und Fachkurse sowie Integrationspa-ten investieren.www.iamo.de/policybrief-25

Alterns-Genom entschlüsseltDer Türkise Prachtgrundkärpfling (Nothobranchius furzeri) ist das kurzlebigste Wirbeltier, das unter Laborbedingungen ge-halten werden kann. Er wächst sehr schnell und altert wie im Zeitraffer. Forschern des Leibniz-Instituts für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut in Jena ist es nun gelungen, das Genom des Fisches zu entziffern – ein Meilenstein für die Etablierung von N. furzeri als neues Modellsystem in der Alternsforschung. Die Ergebnisse sind nun in der renommierten Fachzeitschrift Cell erschienen.Cell. DOI: 10.1016/j.cell.2015.10.071

Wird es unter dem Klimawandel schwer haben: der Birkenzeisig.

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Liebe Leserinnen und Leser,

„willst du gelten, mach‘ dich selten“, heißt es. Aber nein! Wissenschaft und Forschung sind vielfach präsent – um nicht zu sagen: omnipräsent – und gerade deswegen wichtig. Eine Selbstdarstellung durch Abwesenheit hier als Zeichen einer hohen Beschäftigung und Unabkömm-lichkeit dort haben sie nicht nötig.

Meine Kolleginnen und Kollegen in Wissenschaft und Forschung sind vielbeschäftigt – keine Frage. Sie sind häufig unabkömmlich; gerade weil sie frei und selbstbestimmt arbeiten können und dabei die Belange der Menschen und der Gesell-schaft aufgreifen. Auch Forschungsergeb-nisse und Erkenntnisse sind buchstäblich überall. Halten Sie doch einen Moment inne und schauen Sie sich um: Schon un-ser Leibniz-Journal in Ihren Händen ist in haptischer Gestalt und Bild auch das Ergebnis von Analysen zu Material, Schrift, Satz und Sprachverwendung. Neben, unter, über und vor Ihnen: Gegenstände aus vielfältigen Werkstoffen und Materialien, in Materialkombinatio-nen und Formen, eingerichtet für ihre unterschiedli-chen Zwecke – die Wände des Gebäudes, in dem Sie sich befinden, die Heizungen, die Ihre Räume wärmen, die Straßen, auf denen Sie fahren, die Autos, die Sie steuern, die Brücken, die Sie überqueren und so vieles mehr ist und wird weiter erforscht.

Die Materialisierung wissenschaftlicher Arbeit – Erkenntnisse der Forschung realisiert in Anwendun-gen – ist selbstverständlich in unserem Alltag. Das ist Grund genug für ein Leibniz-Journal, das diesmal die Scheinwerfer auf die Materialwissenschaften richtet. Dazu zählen die vielfältigen Forschungsarbeiten etwa an metallischen Werkstoffen, die mindestens mittel-bar – gewissermaßen anwendungsinspiriert nach Leibniz’scher Façon – dazu dienen, Korrosion, Reibung und Verschleiß zu verringern oder zu vermeiden. Damit wird allein im öffentlichen Raum und an öffentlicher Infrastruktur gegen Wertvernichtung von bis zu vier Prozent des Bruttosozialproduktes angegangen. Die-ser Forschung mag es hierzulande an Aufmerksamkeit

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mangeln – vielleicht gerade weil sie mit Deutschlands industrieller Entwicklung und Produktionsbasis eng zusammenhängt und schlicht vorausgesetzt wird. An alltäglicher Relevanz mangelt es ihr keinesfalls.

Neue Kombinationen technologischer Verarbei-tungs- und Nutzungsprozesse gehören ebenso zu den „versteckten Innovationen“ wie die vielzitierten sozia-len und kreativen Innovationen, die mittels klassischer

Indikatoren wie Publikationen und Patenten meist nur unzureichend abgebildet werden. Die ver-

deckten, aber wirkungsmächtigen Bereiche deutscher Weltmarktführer liegen oben-drein zu großen Teilen im produzieren-den Gewerbe, in industriellen Bereichen und im Anlagen- und Maschinenbau und sind uns Bürgerinnen und Bürgern auch daher nicht immer direkt einsichtig und

zugänglich. Nichtsdestotrotz beruhen auch sie auf tiefgehenden wissenschaftlichen Un-

tersuchungen von beispielsweise polymeren Funktionsmaterialien, die sich in medizinischen, kom-munikationstechnischen und energieeffizienten Tech-nologien und Lösungen niederschlagen. Oder Kristall-züchtung in Photovoltaik und Elektronik. Oder Plasmen in Umwelt, Gesundheit und Energie – um nur einige, viel zu wenige, Beispiele zu nennen.

Die Gestalt und Gestaltwerdung von Wissenschaft und Forschung ist auch geprägt von ihrer Verbindlich-keit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind Ansprechpartner für Fragen und Probleme, die sie eru-ieren und lösen. Sie beraten und erklären uns die Welt. Daher schauen Sie erstens genau hin, wo in der Welt Sie wissenschaftliche Erkenntnisse finden. Und fragen Sie zweitens nach – zum Beispiel, wenn Sie uns bei einer unserer vielfältigen, gar nicht seltenen Veranstaltungen zum Leibniz-Jubiläumsjahr 2016 besuchen. Nur so zwei Vorschläge...

matthias kleiner, präsident der leibniz-gemeinschaft

„Die Material-

wissenschaft ist selbstverständlich

in unserem Alltag“

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Inspiriert von der

EvolutionNach dem Vorbild der Natur entwickeln

Wissenschaftler neue Materialien

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Einrollbare Bildschirme, Roboter mit hochsensiblen Greifarmen oder eine Therapie gegen Rü-ckenmarkverletzungen: Häufig fehlt es an Materialien, um solche Ideen zu verwirklichen. Daher schauen sich Materialwissen-schaftler zunehmend in der Na-tur nach Lösungen um. Sie bietet einen unendlichen Fundus, im Testlabor der Evolution geprüft, verfeinert und für gut befunden. Die Forscher versuchen, diese natürlichen Prinzipien in neue technische Lösungen zu übertra-gen.

„Es ist wie beim Kochen: Wir kennen die Grundrezeptur, ver-ändern aber die Zutaten, um das Gericht passend für unsere Be-dürfnisse zuzubereiten“, erklärt Andreas Walther vom Leibniz-Institut für Interaktive Materi-alien (DWI) in Aachen. Er und sein Forscherteam haben nach diesem Prinzip eine von der Na-tur inspirierte Folie entwickelt,

sen. „Damit eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten an Formen, zum Beispiel ausrollbare Dis-plays oder Tablets“, so Walther.

Bruchsicher wie Muschelschalen

Bei der Folie haben sich die Wissenschaftler von der Mu-schel inspirieren lassen, genau-er gesagt, dem Perlmutt, das dem Tier Schutz gegen Fress-feinde wie den Hummer bietet. „Die mechanischen Eigenschaf-ten des Perlmutts sind heraus-ragend, das Material ist extrem bruchresistent“, erklärt Walther. Das Geheimnis dafür liegt in der Perlmutt-Struktur. „Perlmutt ist ein Polymer-Keramik-Verbund, der aufgebaut ist wie eine Back-steinmauer“, so Walther. „Die Backsteine bestehen aus Calci-umcarbonat, der Mörtel ist ein Kleber aus Proteinen.“ Fo

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Perlmuttschicht auf der Innenseite einer Meeresschnecke

(Abalone).

die eine neue Generation von Fernsehern und Displays ermög-lichen könnte. Sie ist besonders reißfest und bietet durch ihre Struktur eine Gasbarriere, die Luftmoleküle kaum durchdrin-gen können. Ideal, um die emp-findliche Elektronik von Handys und Tablets vor schädlichen Luft-einflüssen zu schützen und das starre Glas, das bisher für diesen Schutz verwendet wird, abzulö-

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Die Leibniz-Forscher haben dieses Prinzip übernommen, aber durch andere Komponen-ten ersetzt, um eine leichtere, stabilere und flexiblere Kera-mik herstellen zu können. Dazu bringen die Wissenschaftler die „Backsteine“, die aus einfachen Tonmineralien – so genannten Schichtsilikaten – bestehen, in Wasser mit einem Kunststoff auf Cellulose-Basis als ,Mör-tel‘ zusammen. „So entstehen Bausteine, bei denen der Mör-tel direkt auf dem Backstein ist“, erläutert Andreas Walther. „Dieser Prozess ist mit der Pa-pierherstellung verwandt und großtechnisch gut umsetzbar, um in Zukunft künstliches Perl-muttpapier herzustellen.“

Interessant für die Automobilbranche

Die Eigenschaften dieser neu-artigen Kunststoffe machen sie

als Werkstoff nicht nur für die Automobilbranche interessant, sondern spielen auch beim Feu-erschutz eine wichtige Rolle. So lassen sich daraus Feuerbarri-ereschichten in Gebäuden her-stellen. Diese sind noch dazu besonders umweltfreundlich, weil sie keine giftigen Stoffe enthalten, die im Brandfall frei-gesetzt werden. Auch Textilien lassen sich durch Eintauchen in eine Lösung mit diesem Materi-al beschichten. Die verschiede-nen Anwendungsmöglichkeiten entwickeln die Forscher häufig gemeinsam mit der Industrie.

Technische Innovation kann vielfältig nützlich sein: So ist gerade erst ein anderes DWI-Projekt zur Entwicklung ei-ner neuartigen Therapie von Rückenmarksverletzungen ge- startet. Dafür orientieren sich die Wissenschaftler am Wachstums prinzip von Körper-gewebe. „Man weiß, dass alle Gewebearten ein gerichtetes

Wachstum haben, also in eine bestimmte Richtung wachsen, auch Nerven“, sagt Walther.

Auf dieses natürliche Prin-zip greift auch Laura De Laporte mit ihrem Team am DWI zurück. Damit sich bei einer Rücken-marksverletzung das Gewebe regenerieren kann, muss das Nervenwachstum angeregt wer-den; und zwar so, dass es nur in eine Richtung erfolgt und die Nerven nicht wild aufeinan-der zuwachsen. Diese Aufgabe könnten künftig neuartige Hy-drogele übernehmen – in Was-ser gequollene Polymernetz-werke, die in ihrer Konsistenz dem weichen Körpergewebe ähneln. Dazu müsste das Mate-rial per Spritze ins Rückenmark injiziert werden und dort dann eine geordnete Struktur ausbil-den, die das Wachstum der Ner-venbahnen in die richtige Rich-tung lenkt. Sofern das Gel vom Organismus gut vertragen wird, könnte es vielen Menschen den

Vom Perlmutt inspirierte Folie ist

eine effiziente Feuer­ und

Hitzebarriere.

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Rollstuhl ersparen. Das Projekt ist zunächst auf fünf Jahre aus-gelegt, die ersten klinischen Versuche wird es wahrschein-lich in etwa zehn Jahren geben.

Wie ein Gecko-Fuß

Im Vergleich dazu befindet sich am Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) in Saarbrü-cken sich die Gecomer-Techno-logie – eine Wortschöpfung aus Gecko und Polymer – in einer fortgeschritteneren Entwick-lungsphase. Sie orientiert sich am Haftprinzip des Geckofu-ßes, dank dem das 40 Zentime-ter große Tier an Decken und Wänden laufen kann. Der Gecko nutzt dafür Wechselwirkungen zwischen Molekülen, so ge-nannte Van-der-Waals-Kräfte: Jede Materie hat die Tendenz, einen Festkörper in ihrer Nähe

anzuziehen. „Gott sei Dank spü-ren wir das im Alltag nicht. Die Kraft und ihre Reichweite sind sehr gering, sonst würden wir überall festkleben“, sagt Edu-ard Arzt, wissenschaftlicher Geschäftsführer am INM. Der Gecko hingegen will genau das und erhöht diesen Effekt mit feinen Härchen, die an der Fu-ßunterseite bündelweise ange-ordnet und nur unter dem Elek-tronenmikroskop sichtbar sind. Diese nur wenige hundert Na-nometer winzigen Hafthärchen schmiegen sich an allerkleinste Unebenheiten auf glatten Ober-flächen an.

„Dadurch, dass die Van-der-Waalschen Kräfte an vielen Ein-zelhärchen gleichzeitig wirken, ist die Summe aller Wechselwir-kungen so stark, dass der Gecko ein Vielfaches seines Eigenge-wichts, immerhin bis zu 300 Gramm, halten kann, wenn er

all seine Hafthärchen gleichzei-tig nutzt“, erklärt Eduard Arzt. Das Aufspalten einer Kontakt-fläche in viele Einzelkontakte erhöht also die Haftkraft. Um sich fortzubewegen, muss das Tier die Haftkraft innerhalb von Millisekunden jedoch wieder aufheben können. Das gelingt durch eine leichte Veränderung des Winkels zwischen Härchen und Oberfläche. So kann das Tier den Fuß lösen und sich fortbewegen.

Forschen im Nanometer-Maßstab

Inspiriert vom Gecko haben die Forscher ein Verfahren entwi-ckelt, mit dem sie Kunststof-fen diese außergewöhnlichen Hafteigenschaften verleihen können. Dazu gießen sie zum Beispiel Silikone oder Gummi-

Transparent wie Glas: Andreas Walther (rechts) und Doktorand Thomas Heuser mit Perlmutt­inspirierter Folie.

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materialien in eine Gussform, die es in sich hat. Sie enthält die filigranen Haarstrukturen, wie sie am Geckofuß zu finden sind. Ihre Größe entspricht etwa einem Hundertstel eines menschlichen Haares. Wissen-schaftler erschaffen die Här-chen über das Verfahren der Fo-tolithografie: Die Form besteht aus einem Kunststoff, der auf Licht anspricht. Per Belichtung wird nur an belichteten Stel-len das Material weggeätzt. Je nach Anwendung und Anforde-rungen variieren die Forscher Formgröße, Gussmaterial und die Struktur der Härchen be-ziehungsweise ihrer Enden. Be-schaffenheit und Ausrichtung sind dabei ausschlaggebend für die Stärke der Haftung. Pilz-kopfartige Verbreiterungen der Haarenden erhöhen beispiels-weise die Haftkraft.

Anwendungsmöglichkeiten gibt es viele. So haben die Wissenschaftler einen Robo-tergreifarm mit einer Gecko-Kunststoffstruktur versehen. Er kann dadurch hochsensible Ob- jekte, etwa Mikroelektronik zur industriellen Fertigung von Tablets oder Mobiltelefonen, bewegen sowie auf- und abset-zen, ohne sie zu beschädigen. Im Gegensatz zur Saugtechnik arbeitet dieses System völlig geräuschlos, deutlich energie-ärmer und funktioniert auch im Vakuum. „So lässt sich die Greif-armtechnologie beispielsweise auch zur Beseitigung des Welt-raumschrotts einsetzen“, sagt INM-Chef Eduard Arzt.

Superhaftkraft für die Medizin

Nicht zuletzt ist die Superhaft-kraft auch in der Medizin ge-fragt. „Wir entwickeln derzeit gemeinsam mit einer Hals-Na-sen-Ohren-Klinik ein Implantat, das Trommelfellverletzungen rückgängig machen soll“, erläu-tert der Materialforscher. „Über den Gecko-Effekt haftet das Implantat am Trommelfell und unterstützt dort die Wundhei-

Gecomer®­Technologie in Kombination mit Robotik für

das Handling von Objekten. So können hochsensible Objekte

in Fertigungslinien unter sehr geringem Energieaufwand

bewegt werden.

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lung.“ Zum einen muss es Druck, der etwa durch Niesen entsteht, standhalten. Zum anderen soll-te es sich auch wieder leicht per Pinzette entfernen lassen. Und das alles bei nachgewiesener Verträglichkeit im menschli-chen Körper.

In Zukunft könnte die Ge-comer-Technologie auch her-kömmliche Heftpflaster erset-zen. „Pflaster funktionieren ja hauptsächlich mit Klebstoff, auf

und Schweiß oder anderen Kör-perflüssigkeiten trotzen. Trotz-dem meint Eduard Arzt: „An der Gecomer-Technologie sieht man, wie sich ein Prinzip aus der Natur in viele verschiedene Lebens- und Arbeitsbereiche übertragen lässt.“ Und ständig erreichen ihn und seine Kolle-gen neue Ideen, was man noch alles damit machen kann. S A B I N E W Y G A S

IMPRESSUM

Herausgeber:Der Präsident der Leibniz-GemeinschaftMatthias KleinerChausseestraße 111, 10115 BerlinTelefon: 030 / 20 60 49-0Telefax: 030 / 20 60 49-55www.leibniz­gemeinschaft.de

Redaktion:Christine Burtscheidt (Chefredakteurin), Christoph Herbort-von Loeper (C.v.D.), Lena Leisten, Nora Tyufekchieva (Grafik), Steffi Kopp (Assistenz).journal@leibniz­gemeinschaft.de

Anzeigen:Axel Rückemann, [email protected]

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Druck:PRINTEC OFFSET – medienhaus, KasselNachdruck mit Quellenangabe gestattet,Beleg erbeten.

Auflage: 29.500Ausgabe 4/2015: Dezemberwww.leibniz­gemeinschaft.de/journal

Das Leibniz-Journal erscheint viermal jährlich.Es wird gratis über die Institute und Museen der Leibniz-Gemeinschaft verbreitet. Außerdem kann es über die Redaktion kostenlos unter [email protected] abonniert werden. ISSN: 2192-7847

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Die Leibniz-Gemeinschaft — 88 Mal Forschung zum Nutzen und Wohl der Menschen:

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 88 selbständige Forschungsein-richtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwis-senschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute wid-men sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fra-gen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungs-basierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwer-punkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungs-

museen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterlie-gen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Län-der die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,6 Milliarden Euro.

den viele Patienten allergisch reagieren, was die Wundhei-lung negativ beeinflussen kann“, berichtet Eduard Arzt. „Unser Pflaster würde ohne Kleber auskommen und nur durch sei-ne besondere Struktur haften.“ Doch warten hier noch einige Herausforderungen auf die For-scher: Denn das Pflaster muss auf einer weichen Oberfläche haften, der Haut. Und: Es muss dermatologisch verträglich sein

Vorbild und Adaption: Im Elektronenmikroskop lassen sich links die feinen Härchen an den Geckofüßen erkennen. Die mikrostrukturierte Haftoberfläche aus synthetischemPolymer rechts ahmt denGeckoeffekt nach.

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SpurensicherungIn den Leibniz-Forschungsmuseen arbeiten Materialforscher und

Restauratoren Hand in Hand. Anders als früher besteht ihr Ziel

nicht darin, makellose Exponate zu schaffen. Vielmehr sollen

heute Spuren der Geschichte und der Vergänglichkeit freigelegt

werden.

Vor Steffen Seidel auf dem Tisch liegt Hightech aus dem Jahre 1900. Jeder Bergmann konnte froh sein, wenn die Grubenwehr seiner Zeche mit Taucheranzü-gen wie diesem ausgestattet war. Die Arbeit unter Tage war ris-kant, immer drohte die Gefahr, dass Wasser in die Stollen ein-drang und sie überschwemmte. Dann zwängten sich die Männer der Grubenwehr im dicken Woll-zeug durch die Halsöffnung in ihre Taucheranzüge und eilten in die „abgesoffenen“ Stollen, um ihre Kumpel zu retten, wertvolle Maschinen zu bergen oder Repa-raturen durchzuführen.

Steffen Seidel ist Restaurator am Deutschen Bergbau-Museum in Bochum (DBM), und was heu-te vor ihm liegt, ist eigentlich „Schrott“. Der hellgelbe Anzug-stoff scheint sich sanft zu wellen, aber als Seidel vorsichtig eines der Beine bewegt, ist es steif wie ein Brett. Leise knirscht der Na-turkautschuk.

Auch „Schrott“ wird restauriert

Erste Untersuchungen haben ge-zeigt, dass der Anzug ein Lehr-stück war und wahrscheinlich

nie benutzt wurde. „Viele Schä-den sind durch unsachgemäße Lagerung und Präsentation ent-standen“, sagt Seidel. Der Anzug habe lange zusammengefaltet auf einem Stahlregal gelegen, „man sieht Rostflecken“. Einmal wur-de er ausgestellt. „Dafür hat man ein Holzgestell reingeschoben, es später aber nicht mehr rausge-kriegt“, sagt Seidel. „Da hieß es dann wohl: ‚Komm, schneid das mal auf‘. Man ist zu dieser Zeit eben anders mit Objekten umge-gangen.“

Die Probleme, vor denen Sei-del jetzt steht: Wie bringt man dieses brettharte Gummiobjekt Fo

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Restaurator Steffen Seidel und

Material wissen­ schaftlerin Elena

Gomez Sánchez entnehmen Proben

aus dem Gummikragen eines Tauchanzugs.

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wieder in eine Form, die Muse-umsbesuchern begreiflich macht, wie der Taucheranzug funkti-onierte? Und wie verlangsamt man den Verfall des Materials?

Warum zerbröckelt die Sohle?

Mit solchen Fragen können sich die Restauratoren der Leibniz-Forschungsmuseen an die Ma-terialforscher im eigenen Haus wenden. Bislang war das DBM vor allem bei der Untersuchung anorganischer Materialien stark aufgestellt, zum Beispiel von Metallen, Gestein, Keramik oder Glas. Seit Februar nimmt die Che-mikerin Elena Gómez Sánchez verstärkt organische Materiali-en wie Kunststoffe in den Blick. Zurzeit untersuchen Gómez und ihre Kollegen Dutzende von Bergmannschuhen, deren Soh-len aus Polyurethan sich in den unterschiedlichsten Stadien des Verfalls befinden. „Wir verstehen noch nicht, warum die eine Soh-le zerbröckelt, die andere weich und klebrig wird und wieder an-dere völlig in Ordnung sind“, sagt Gómez. Mithilfe der Infrarotspek-troskopie bestimmt sie die che-mische Zusammensetzung der

Sohlen und welche Weichmacher, Pigmente oder Kleber verwendet wurden. Sie kann auch feststel-len, unter welchen Bedingungen sich die Stoffe chemisch verän-dern, zum Beispiel durch Licht, Wärme oder Sauerstoff.

Im besten Fall führen die Erkenntnisse der Materialfor-schung Restaurator Steffen Seidel zu einer Methode, wie er Kunst-stoffobjekte vor dem weiteren Verfall schützen kann. Im Fall des Taucheranzugs plant das DBM, das spröde Gummi vorsichtig ein letztes Mal zu erweichen und so auf eine Stützkonstruktion aufzu-bringen, dass der Anzug in seiner ursprünglichen Form erhärten kann. Er könnte dann ausgestellt, aber auch ohne weitere Schäden transportiert und gelagert wer-den.

„Damit greifen wir zwar ein, aber wir verändern das Objekt materialtechnisch nur geringfü-gig“, sagt Stefan Brüggerhoff, Di-rektor des DBM. Er ist Sprecher des Netzwerks Restaurierung und Konservierung im Leibniz-Forschungsverbund „Historische Authentizität“. Dort werde zur-zeit intensiv über Standards für solche Eingriffe diskutiert. „In der bildenden Kunst ist das In-terpretieren des Objekts durch

die Restaurierung schon fast ein Sakrileg. Bei archäologischen Funden hingegen ist das Freile-gen bestimmter Oberflächen ein entscheidender Punkt, um ein Objekt überhaupt interpretierbar zu machen.“ Erst die Materialfor-scher können den Historikern oft entscheidende Hinweise geben.

Accessoire der Merowinger-Mode

Das ist auch bei Susanne Greiff so. Sie ist Spezialistin für Granate am Römisch-Germanischen Zentral-museum – Leibniz-Forschungsin-stitut für Archäologie (RGZM) in Mainz. Die roten Edelsteine wa-ren im frühen Mittelalter extrem populär. „In der Merowingerzeit waren Schmuckstücke regelrecht zugepflastert mit hauchdünnen Granatplättchen“, sagt die Leite-rin des Kompetenzbereichs „Na-turwissenschaftliche Archäolo-gie“ und des Archäometrielabors am RGZM. Bis heute sei nicht völlig geklärt, wie die Handwer-ker aus größeren Granatstücken diese nur 0,3 Millimeter dünnen Scheibchen fabrizieren konnten, ohne den Stein zu zerstören. „Nur wenn der Granat eine sehr gute Qualität hat, kann man ihn mit ei-

Eine Fibel in der Anlage zur Röntgen­fluoreszenzanalyse.

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nem härteren Material, zum Bei-spiel Korund, auf diese Dicke her-unterschleifen und auch noch auf brillanten Hochglanz polieren.“ Mithilfe der Mikro-Röntgenflu-oreszenz-Analyse untersucht Greiff die chemische Zusammen-setzung der verwendeten Gra-nate. Dank der großen Referenz-datenbank am RGZM kann sie Steine, deren Herkunft bis jetzt noch unbekannt war, durch Ma-terialvergleiche genauer zuord-nen. Greiffs Analysen haben erge-ben, dass Granate der benötigten Qualität aus Sri Lanka und Indien importiert wurden, womöglich als bereits hauchdünn geschliffe-ne und polierte Vorstufen für die Goldschmiede in Mitteleuropa.

Anfang des 7. Jahrhun-derts wandelte sich der Stil der Schmuckstücke abrupt. Nun wurden vor allem Granate aus Böhmen verwendet. Sie waren von minderer Qualität und ließen sich nicht so filigran verarbeiten. „Wir nennen es ‚das verflixte 7. Jahrhundert‘“, sagt Greiff, „und versuchen zu verstehen, war-um es zu einer Veränderung des Edelsteinhandels kam.“ Bisher nahm man an, dass das Aufkom-men des Islams die Handelswe-ge im Nahen Osten unterbrach. Greiff und ihr Team untersuchten jedoch Schmuck aus den Nach-barländern der Merowinger. „In Großbritannien, Skandinavien und Ungarn blüht der Stil mit den filigranen Plättchen in dieser Zeit sogar auf, und die Granate stam-men weiterhin aus den alten La-gerstätten in Indien und Sri Lan-ka.“ Es muss also andere Gründe gegeben haben, warum ausge-rechnet die Merowinger plötzlich auf dem Trockenen saßen.

Richtige Fragen stellen

Fragestellungen wie die nach den Gründen für den Stilwan-del des Merowinger-Schmucks entwickeln Kuratoren, Restau-ratoren und Materialforscher in den Forschungsmuseen gemein-sam. Dabei ist die Formulierung der richtigen Frage oft schon die erste Hürde. Ein Restaurator muss verstehen, was Material-

wissenschaftler ihm zu seinem Objekt sagen können. Und er muss das technische Ergebnis wieder zurück auf seine eigene Fragestellung übersetzen. Elena Gómez Sánchez vom DBM nennt ein Beispiel: „Die Frage ‚Ist das Objekt echt?‘ kann ein Chemiker nicht beantworten. Aber wenn es ein Material gibt, das zur Entste-hungszeit des Objekts noch nicht bekannt war, dann können wir daraufhin testen.“ Diese Über-setzungsleistung, sagt DBM-Di-rektor Stefan Brüggerhoff, stelle an alle Seiten höhere Anforde-rungen als früher. Für Techniker sei es manchmal unverständlich, dass Restauratoren neue Verfah-ren nicht sofort anwenden. Doch Museen hätten immer wieder die Erfahrung gemacht, dass ver-meintliche Verbesserungen nach fünfzig Jahren schlimme Effekte haben. „Jede Generation ver-sucht, ein Optimum für die Erhal-tung der Objekte zu finden“, sagt Brüggerhoff. „Was unsere Nach-folger über unsere Arbeit sagen werden, wissen wir nicht.“

Während vergleichsweise neue Materialien wie Kunststof-fe für die Forschung auch neue Probleme aufwerfen, weil Erfah-rungswerte fehlen, wie und wa-rum sie altern, stellen manche Stoffe Restauratoren seit Jahr-hunderten vor dieselben Prob-leme.

Haarlack als Konservierungsmittel

Eisen zum Beispiel rostet. Von dieser Banalität bleibt auch ein ehemaliger Himmelskörper nicht verschont. „Bei der Konservie-rung von Eisenmeteoriten ist über die Jahrhunderte viel rum-experimentiert worden. Viele hat man einfach mit Haarlack ein-gesprüht. Der wird irgendwann spröde, und dann sieht es noch hässlicher aus, als wenn der Me-teorit normal verrostet wäre“, fasst Ansgar Greshake vom Ber-liner Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN) die Versuche seiner Vor-gänger zusammen, Korrosion zu verhindern.

Aktuell hat Greshake, der am MfN die mineralogische Prä-paration leitet und Kustos der Meteoritensammlung ist, einen Kompromiss gefunden. Ein Prä-parator hat für das MfN alle Ei-senmeteoriten im Vakuum mit organischen Lösungsmitteln ent - rostet. Anschließend tränkte er die Gesteine in Wachs. „Wir lagern die Meteoriten mit Sili-kagel trocken. Bislang hält es“, sagt Greshake. Allerdings müsse dem Präparator bewusst sein, dass er zusammen mit dem Rost womöglich auch das Besondere von alten Meteoriten entfernt. „Die Wittmannstätten-Struktur, ein typisches Streifenmuster, das bei der Ätzung mit Salpetersäure entsteht und wichtig ist für die Klassifizierung des Eisens als au-ßerirdisch, verschwindet dabei meistens auch.“ Bei Meteoriten, die bereits sehr lange korrodiert seien, habe die Entrostung aller-dings genau das Gegenteil be-wirkt und das Muster geradezu dreidimensional herauspräpa-riert. Hier fällt die Konservierung der Objekte glücklich zusammen mit dem Wunsch der Ausstel-lungsmacher, die Spuren frühe-rer Wissenschaftler sichtbar zu machen, die vor rund 200 Jahren mit der Salpetersäure-Ätzung erstmals das Material von Mete-oriten analysierten.

Materialwissenschaftler und Restauratoren im Museum for-schen auch immer an der Ge-schichte der eigenen Fachdiszi-plin. Ihre Arbeit legt die Versuche ihrer Vorgänger frei, das Material zu formen, zu verschönern oder haltbar zu machen. Die Entschei-dung, wie die Objektgeschichte später dem Museumsbesucher erzählt werden soll, ist eine wesentliche, sagt Stefan Brüg-gerhoff vom Deutschen Berg-bau-Museum: „Wir betreiben teilweise hochkomplexe Material-forschung, um Dinge zu erklären, die vor 5.000 Jahren mit einem Objekt geschehen sind.“ Ob ein Exponat dem Besucher schön er-scheint oder fleckig: All das habe Ursachen, Gründe und eine Viel-zahl von Argumentationsketten. „Am Ende ist es das, was die Freu-de an den Objekten ausmacht.“ S T E FA N I E H A R D I C K

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Außerirdische in der Schublade ... beherbergt die Meteoritensammlung des Sencken-berg Forschungsinstituts in Frankfurt am Main. Hier entnimmt Jutta Zipfel, Leiterin der Sektion Meteo-ritenforschung, einen Eisenmeteorit. Die etwa 1.900 Meteorite umfassende Sammlung hilft, eine Vielzahl von Forschungsfragen zu beantworten: Wie und wann entstand feste Materie in unserem Sonnensystem? Wie und aus welchem Material haben sich die Aste-roiden gebildet? Wie entstanden daraus die Erde und die anderen terrestrischen Planeten? Dabei bedienen sich die Forscher unterschiedlicher Methoden der Mi-kroskopie, mi neralchemischen Untersuchungen mit der Elektronmikrosonde oder Analysenmethoden zur chemischen und isotopenchemischen Zusammenset-zung. Ihren persönlichen Asteroiden hat Jutta Zipfel, obwohl der nicht Bestandteil der Sammlung ist: 2006 benannte die Internationale Astronomische Union den Asteroiden (7565) Zipfel aus dem Hauptgürtel zwischen den Planetenbahnen von Mars und Jupiter in Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Leistungen nach ihr.

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Säure frisst Felle... und ist damit ein großer „Schädling“ an Sammlungsobjekten in Museen. Im Mu-seum für Naturkunde Berlin - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsfor-schung sind vor allem Felle und Häute der Säugetiersammlung betroffen. Die ei-gentlich reißfesten Häute werden durch die Säuren im Laufe der Zeit brüchig und zerreißen leicht wie Papier. Etwa 80 Prozent der Felle, also etwa 24.000 Sammlungs-objekte, sind vom Zerfall betroffen. Um eine weitere säurebedingte Zerstörung zu verhindern, forschen Wissenschaftler und Sammlungsmitarbeiter des Museums an den genauen Zerfallsprozessen. Die ersten Schritte sind vor allem die Bestands-aufnahme und die Zustandsüberprüfung der Felle. Zusätzlich findet ein Wissens-austausch zwischen Sammlungen anderer naturhistorischer Museen, Präparatoren, Gerbereien oder dem Zentrum für Bucherhaltung in Leipzig statt. Neben modernen Entsäuerungsverfahren forscht das Museum auch an verbesserten Lagerungsbedin-gungen in den Sammlungen. Die Zerfallsproblematik ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, England oder der Schweiz ein Forschungsthema, das aber bisher noch in den Kinderschuhen steckt.

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22 4/2015

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Erhellendes im Dunkeln ... fördern Forscher am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg mit der UV-Fluoreszenzanalyse zu Tage. Mit ihrer Hilfe werden unterschiedliche Materialien auf der Malschicht und den Überzügen von Gemälden sichtbar und entlarven Retuschen und nachträgliche Übermalungen. In einem Forschungsprojekt zur Tafelmalerei, das über den Leibniz-Wettbewerb gefördert wird, untersuchen Kunsthistoriker und Kunsttechnologen die bedeutende Sammlung des Leibniz-Forschungsmuseums deut-scher Tafelmalerei des 13. bis 15. Jahrhunderts. Dabei handelt es sich überwiegend um Gemälde auf Holz, die in religiösem Kontext entstanden sind, wie etwa Altarta-feln. Neben der UV-Fluoreszenzanalyse nutzen die Forscher weitere Methoden zur Materialanalyse. Die Dendrochronologie gibt Aufschluss über Holzarten und -alter der Tafeln und erleichtert so die Datierung und Zuschreibung der Kunstwerke. Mit der digitalen Infrarotreflektografie lassen sich Vor- und Unterzeichnungen sichtbar machen. So erkennen die Wissenschaftler, ob ein Künstler lange an einem Entwurf feilte, oder ob alles schnell und aus einem Guss entstand. Dieses Verfahren ist auch bei der Identifizierung potenzieller Fälschungen wichtig. Denn wenn jemand ein bereits existierendes Motiv kopiert, braucht er nicht an einem Entwurf zu feilen.

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24 4/2015

Die Magenoperation hat Stun-den gedauert, am Ende musste der Chirurg die Wunde nähen. Die Heilung wird sich noch über Wochen hinziehen, doch über das Ziehen der Fäden muss sich der Patient keine Sorgen ma-

Experimentierfeld Gesundheit

chen: Sie werden sich nach und nach vollständig auflösen. „Die Bruchstücke, die beim Abbau un-seres chirurgischen Nahtmateri-als entstehen, kommen auch im menschlichen Körper vor, so dass Abwehrreaktionen oder Entzün-

dungen im Bereich der Wundhei-lung ausbleiben“, erklärt Martin Roth vom Leibniz-Institut für Na-turstoff-Forschung und Infekti-onsbiologie – Hans Knöll-Institut (HKI) in Jena. In Kooperation mit einem US-amerikanischen Unter-

Ingenieur Klaus­Dieter Menzel

begutachtet eine Probe der

Bakterienkultur, die Biokunststoff

bildet.

Der selbstzerstörerische Faden

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Materialforschung spielt auch in der Medizin eine wichtige Rolle.

Dabei geht es nicht nur darum, neue Werkstoffe für medizinische

Anwendungen zu entwickeln, wie etwa chirur gisches Nahtmate-

rial, das sich nach einer Weile von selbst im Körper auflöst; oder

Minisen soren, die Erkrankungen im Gehirn schonender, genauer

und günstiger diagnostizieren. Gesundheitsbezogene Material-

forschung hilft auch, negative Einflüsse aufzuspüren und abzubau-

en, die etwa durch Ausdünstungen von Baumaterialien oder durch

Medikamentenrückstände im Wasser ent stehen. Vier Beispiele aus

vier Leibniz-Instituten.

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nehmen hat Roths Team ein bio-technologisches Verfahren entwi-ckelt, mit dem der Biokunststoff Polyhydroxybutyrat gewonnen wird. Dafür haben die Forscher das Darmbakterium Escherichia coli so umprogrammiert, dass es die Substanz synthetisiert und in den Zellen speichert. Die Wissen-schaftler zapfen diesen Speicher gewissermaßen an und stellen anschließend aus dem Rohstoff über viele verschiedene Schritte den Biokunststoff her.

Neben dem vollständigen Abbau sind es vor allem die her-vorragenden physikalischen Ei-genschaften des Biopolymers, die immer mehr Chirurgen über-zeugen: Es ist reißfest, lässt sich gut verarbeiten und ist dabei elastisch. „Wenn beispielsweise ein Patient, der am Bauch ope-

riert worden ist, hustet, besteht bei einem weniger elastischen Nahtmaterial die Gefahr, dass die Wundränder einreißen und Kom-plikationen auftreten“, erläutert Martin Roth.

Längst wird der Biokunststoff auch für andere medizinische Zwecke eingesetzt. So lassen sich einzelne Fäden in unter-schiedlicher Stärke oder ganze chirurgische Netze für Bruchope-rationen herstellen. Auch Folien für Wundab deckungen oder die plastische Chirurgie sind inzwi-schen im Einsatz. Für jede neue Anwendung ist das Know-how der HKI-Wissenschaftler gefragt, denn sie müssen das Bioverfah-ren mit den Darmbakterien je-weils anpassen: „Mal muss das Molekulargewicht des Rohstoffes niedriger ausfallen, mal höher“,

Auch als Wundverband für Nervenfasern lassen sich die Mikroröhrchen aus Dresden einsetzen.

Der besondere Dreh

erklärt Roth. Auch die Ausbeute wird weiter optimiert. Künftig wollen der amerikanische Ko-operationspartner und Roths Team den Fokus auf andere Polyhydroxyalkanoate auswei-ten: „Es ist eine große Familie interessanter Biopolymere mit unterschiedlichen Eigenschaf-ten, die vielfältige Anwendun-gen ermöglichen. Denkbar sind resorbierbare Stents oder im-plantierbare Freisetzungssys-teme von Arzneistoffen“, sagt Roth. Das Verfahren der Jenaer Forscher spiegelt eindrucks-voll die oberste Maxime der Leibniz-Gemeinschaft wider: „Theoria cum praxi“ – Wissen-schaft zum Wohl und Nutzen des Menschen.

K AT J A L Ü E R S

Hirnströme zu messen und grafisch aufzuzeichnen, ist not-wendig, um neurologische Er-krankungen wie Epilepsie zu diagnostizieren. Hierfür werden heute zum Beispiel Magneto-enzephalographie (MEG) oder

Elektroenzephalografie (EEG) genutzt. Der Nachteil dieser Ver-fahren: Sie sind entweder teuer, aufwändig oder nicht besonders genau. Eine Entwicklung von Forschern des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoff-

forschung (IFW) könnte die Hirnstrommessung nun revolu-tionieren: ultradünne, biegsa-me Schichten, die sich selbst zu Röhrchen aufrollen.

„Wir beschäftigen uns schon lange mit diesen neuartigen ▶

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Röhrchen“, sagt Oliver G. Schmidt, Direktor des Instituts für Integrative Nanowissen-schaften am IFW Dresden. „Als wir merkten, dass sich mit ih-nen kleine Magnetfelder mes-sen lassen, lag eine mögliche Anwendung in der neurologi-schen Diagnose nahe.“

Für die neuartigen Mini-Magnetsensoren werden flexi-ble Polymer- mit verschiedenen metallischen beziehungsweise magnetischen Dünnschichten intelligent miteinander verbun-den. Es entstehen Röhrchen von etwa einem Millimeter Länge entstehen. In ihnen bildet sich eine radiale Magnetisierung aus, die eine besondere Eigen-schaft aufweist, den so genann-ten GMI-Effekt („Giant Magneto Impedance“). Er bewirkt, dass sich der Wechselstromwider-stand eines ferromagnetischen

Leiters oder Schichtsystems wie dem Sensor unter dem Einfluss eines externen Magnetfelds vergleichsweise stark ändert. Gehirnströme erzeugen winzi-ge Magnetfeldänderungen, die mithilfe dieses Effekts gemes-sen werden können.

„Unsere Entwicklung hat gegenüber heutigen Messme-thoden mehrere Vorteile: Aus den Mini-Röhren lassen sich kostengünstigere Messgeräte entwickeln, denn sie müssen nicht mit Helium gekühlt wer-den, wie herkömmliche MEG-Geräte, und sie sind voll inte-grierbar: Alle Röhrchen sind fertige Sensoren, die parallel und in hoher Stückzahl in neu-artige Messgeräte eingebaut werden können, zum Beispiel in ein mobil einsetzbares Gerät oder in einen Großflächensen-sor, der über den gesamten Kopf

gestülpt werden kann“, sagt Oliver G. Schmidt.

Der größte Vorteil der neu-en Sensoren liege jedoch darin, dass sie die Möglichkeit einer deutlich verbesserten Diagno-se bieten, indem sie Ergebnisse mit besonders hoher Ortsauf-lösung liefern: Sie sind klein, lassen sich viel näher am Kopf platzieren und empfangen des-wegen deutlich stärkere und ge-nauer zu lokalisierende Signale.

Und die am IFW entwickel-ten flexiblen Mikroröhren kön-nen noch mehr, wie zwei wei-tere aktuelle Arbeiten Schmidts und seines Teams zeigen. Als Wundverbände unterstützen die Röhrchen den Heilungspro-zess defekter Nervenzellen, als Mini-Antennen geben sie Aus-kunft über den Fortschritt der Wundheilung, zum Beispiel in einem Zahn. W I E B K E P E T E R S

Der latente Gestank

Einladend sieht das Passiv-Holzhaus aus: In allen Räumen liegt Holzfußboden, urige Bal-ken sorgen für rustikale Gemüt-lichkeit, und auch die Innen-einrichtung ist aus Massivholz. Was nach gesundem Wohnen klingt, nehmen Dortmunder

Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung nun in einem Verbundprojekt genauer unter die Lupe, oder besser gesagt: unter die Nase. Denn energetisch optimierte Gebäude können Probleme ver-ursachen, die bislang noch nicht

wissenschaftlich berücksichtigt wurden. Holz, so beliebt es auch als nachwachsender Roh- und Baustoff ist, dünstet über einen langen Zeitraum Terpene und Aldehyde aus. „Das sind flüch-tige Chemikalien, die toxische Effekte auslösen können, zum

Ausdünstungen vieler Materialien

sind potentiell gesundheitsschädlich.

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gie-Holzhäusern mit geringer Lüftung kann es zu einer An-häufung von Emissionen kom-men. „In unserem Projekt, das voraussichtlich 2016 startet, in-teressieren uns vor allem diese erhöhten Holzemissionen“, so van Thriel. Schließlich verbrin-gen die Bewohner viel Zeit in

den Räumen, kochen, essen und schlafen dort. Studien zu einer Gesamtbelastung existieren ak-tuell noch nicht.

Anders sieht es bei Gerüchen am Arbeitsplatz aus. Sie sind Gegenstand vieler Studien, an denen auch van Thriels For-schungsgruppe beteiligt ist. Gerüche werden von flüchtigen Chemikalien verursacht, die wir mit der Luft einatmen. Am-moniak in der Landwirtschaft kann reizend wirken, oder Lö-sungsmittel wie Ethylacetat, das sehr häufig in Klebstoffen enthalten ist. Der Gesetzgeber bemüht sich daher, Grenzwerte für chemische Arbeitsstoffe zu finden, die Belästigungen durch intensive oder ekelerregende Gerüche berücksichtigen. Doch wo genau lässt sich die Grenze ziehen? In den Riechkammern des Instituts wird die senso-rische und toxische Wirkung von Arbeitsstoffen realitätsnah an Versuchspersonen getestet. Gruppenleiter Christoph van Thriel: „Unsere Studien doku-mentieren, dass bei bestimmten festgelegten Konzentrationen, die wir im Labor experimentell erzeugen, solche Effekte nicht auftreten. Dass die Menschen den Stoff zwar riechen, aber sich nicht unangemessen belästigt fühlen.“

K AT J A L Ü E R S

Beispiel häufiges Niesen oder Augenjucken“, erklärt Christoph van Thriel, der die Forschungs-gruppe „Neurotoxikologie und Chemosensorik“ leitet. Wer regelmäßig lüftet, muss sich kaum Sorgen machen, denn die flüchtigen Substanzen dünsten sofort aus. Doch in Niedrigener-

Natur mit Nebenwirkungen. Auch Holz kann gesundheitsschädliche Ausdünstungen abgeben.

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Die tägliche Dosis

Unsichtbarer Medikamenten­Cocktail: Ausgeschiedene Wirkstoffe landen zunehmend in der Natur, da Kläranlagen sie bislang kaum aus dem Abwasser filtern können.bub

Am Neujahrsmorgen nehmen wir ein Mittel gegen den Silves-ter-Kopfschmerz, der Hausarzt verschreibt auf Verdacht ein Antibiotikum, die abgelaufenen Tabletten aus der Hausapotheke landen in der Toilettenschüssel, und um die Familienplanung zu kontrollieren, schlucken Frauen Hormone. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 8.100 Tonnen Arzneimittel verwendet, die po-tenzielle Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dabei handelt es sich um circa 1.500 unterschied-liche Wirkstoffe. Hinzu kommen Präparate, die in der Tierhal-tung eingesetzt werden. Allein an antibiotischen Wirkstoffen sind das pro Jahr mehr als 1.700 Tonnen.

Medikamente helfen uns ge-gen Krankheiten, aber sie wer-den zunehmend selbst zum Pro-blem, weil sie unkontrolliert in die Umwelt gelangen. So finden Wissenschaftler eine wachsen-de Menge von Arzneimittelrück-

ständen in unserem Wasser. Alles, was wir Menschen zu uns nehmen und Tieren verabrei-chen, wandert durch den Kör-per, landet früher oder später im Urin und damit im Wasserkreis-lauf. Denn der Körper kann viele Medikamente nicht vollständig verwerten. Bei Antibiotika wer-den 70 Prozent der Wirkstoffe wieder ausgeschieden.

Die Pille wirkt — leider auch bei Fröschen

Bei einigen Medikamenten sind es sogar noch mehr und das aus einem sehr plausiblen Grund: „Tabletten müssen auf der Reise durch den Magen-Darm-Trakt Säure und Enzyme überstehen, bis sie an dem Ort ankommen, an dem sie ihre Wirkung ent-falten können“, erklärt Agnes Schulze vom Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung in Leipzig (IOM). „Darum werden

sie so stabil hergestellt, dass sie leider auch nahezu unverän-dert wieder ausgeschieden und durch übliche Abbaumechanis-men in Kläranlagen nicht zer-stört werden.“

Die gängigen Kläranlagen sind bei diesen Spurenstoffen machtlos. Diese sind zu robust und zu klein. Wissenschaftli-che Belege für dieses Problem gibt es bereits zahlreich. Frauke Hoffmann vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Bin-nenfischerei hat zum Beispiel zeigen können, dass der Haupt-wirkstoff der Anti-Babypille das Sexualverhalten von Fröschen beeinflusst. Die Männchen ver-ändern ihre Balzlaute so stark, dass die Weibchen die Paarung verweigern. Das liefert eine Erklärung für das weltweite Schrumpfen von Amphibienpo-pulationen.

Und beim Menschen? Das weiß keiner so genau. Bisher geht die Forschung davon aus,

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dass die Konzentration an Wirk-stoffen im Wasser zu gering ist. Um unserem Körper zu scha-den, müssten wir in kurzer Zeit mehrere Tausend Liter Wasser trinken. Dennoch kann niemand vorhersagen, welche Wechsel-wirkungen einzelner Stoffe im Wasser entstehen können oder was die Langzeitwirkung der Belastung ist.

Es gibt Ansätze, das Problem von unterschiedlichen Seiten zu bekämpfen. Der Bundesver-band der Energie- und Wasser-wirtschaft will verhindern, dass unnötig viele Arzneimittel über das Abwassersystem in den Wasserkreislauf gelangen. Mit dem Motto „No Klo“ machen sie darauf aufmerksam, dass Medi-kamente auf keinen Fall in der Toilette oder dem Ausguss ent-sorgt werden sollen. Sie gehören in den Restmüll, in die Schad-stoffsammelstelle oder zu- rück in die Apotheke. Der Bun-desverband setzt sich daher für die Wiedereinführung ei-nes verpflichtenden Rücknah-mesystems in Apotheken ein – wie es bis 2009 in Deutschland existiert hat.

Doch die meisten Spuren-stoffe im Wasser haben den Weg durch den Körper genommen. Was passiert also, wenn die Arz-neistoffe erst im Abwasser sind? Die Arbeitsgruppe um Agnes

Schulze hat zwei Materialien kombiniert, um das Problem in den Kläranlagen zu lösen: na-nostrukturiertes Titandioxid (TiO2) auf einer Membran. Wäh-rend das Wasser durch die Membran fließt, filtern deren feine Poren Verschmutzungen, aber auch Viren und Bakterien heraus. Das eigentliche Problem sind die Spurenelemente der Arzneimittel, weil sie zu klein sind, um physikalisch mit Mik-ro- oder Ultrafiltrationsmemb-ranen gefiltert zu werden.

Hier kommt das Titandioxid ins Spiel. Bestrahlt man kristal-lines Titandioxid mit UV-Licht, wird es photokatalytisch aktiv. Das heißt, es bildet Radikale und baut alles ab, was organisch ist. „Das bedeutet auch, man muss gar nicht wissen, welche Stoffe das Wasser belasten“, erklärt Schulze. So werden sowohl Hor-monpräparate als auch Krebs-medikamente oder Schmerz-mittel zersetzt, ohne dass man zunächst analysieren müsste, mit welchen Stoffen oder mit welchen Konzentrationen man es zu tun hat.“ Und das ohne weiteres Gift: TiO2-Nanopartikel sollten zwar nicht einfach in die Umwelt gelangen, da sie dort negative Effekte haben können. Aber das am IOM hergestellte System ist so konzipiert, dass die Nanostrukturen fest an der

Membran gebunden sind und somit ihrerseits in die Umwelt freigesetzt werden. Als Weiß-pigment wird Titandioxid auch in Kosmetika wie Sonnenmilch oder in Kaugummi eingesetzt.

Die Leipziger Wissenschaft-ler arbeiten bereits mit Unter-nehmen zusammen, die Inter-esse an der Technologie haben. Denn sauberes Trinkwasser ist nicht nur ein Menschenrecht. Mit dem Wachsen von Ballungs-räumen und veränderten EU-Vorschriften wird die Investi-tion in sauberes Trinkwasser nun auch wirtschaftlich in-teressant.

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Hormon­Opfer Krallenfrosch. Die Männchen singen anders, den Weibchen vergeht die Lust.

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Sparsamer speichern Maschinen sollen künftig miteinander kommunizieren und

Daten aus der Umwelt erfassen. Dazu wird kleine und vor allem

energiesparende Mikroelektronik benötigt. Solche Komponenten

entwickeln Forscher am Leibniz-Institut für innovative Mikro-

elektronik in Frankfurt (Oder).

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Unsere Welt vernetzt sich im-mer mehr. Unter dem Schlag-wort „Industrie 4.0“ sollen Ma-schinen schon in naher Zukunft miteinander, mit dem Internet oder mit einer Leitzentrale ak-tuelle Produktionsdaten aus-tauschen. Wälder können dann selbstständig einen Notruf aus-senden, sobald ein Waldbrand ausbricht. Und Ackerböden würden dem Landwirt über Funk mitteilen, wenn es an Dün-ger oder Wasser mangelt.

Voraussetzung für eine sol-che umfassende Vernetzung sind kleine autonom arbeitende Sensoren, sogenannte drahtlose Sensorknoten, die ihre Umwelt vermessen und Daten über eine Funkverbindung an eine Zentra-

le schicken. Viele Einsatzgebie-te sind denkbar, doch wird diese Zukunftsvision erst dann Reali-tät, wenn es gelingt, die heuti-gen Sensorknoten kleiner und vor allem energiesparender zu betreiben. Wissenschaftler vom IHP – Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) entwickeln zu diesem Zweck besonders effizi-ente mikro- und nanoelektro-nische Bauteile. „Nur auf Basis solcher Technologien können wir künftig ausreichend effizi-ente Sensorknoten herstellen“, sagt Thomas Schröder, Leiter der Abteilung Materialfor-schung. „Welcher Landwirt hät-te schon die Zeit, bei Dutzenden von Sensoren, die im Acker ver-

streut sind, die Batterien auszu-wechseln.“

Stromfresser Datenspeicherung

Zum hohen Energieverbrauch mikroelektronischer Komponen-ten trägt vor allem die Daten-speicherung bei. So wird relativ viel Strom benötigt, um Infor-mationen in das Speicherme-dium zu schreiben, abzurufen oder wieder zu löschen. Jeder, der heute eine Digitalkamera benutzt, kennt solche Speicher; SD-Karten etwa, in denen ein sogenannter Flash-Speicher zum Einsatz kommt. Darauf lassen sich nahezu unbegrenzt große Fo

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Mit einer Molekularstrahl­Epitaxie­Anlage dampft Gang Niu Werkstoffe sehr präzise in feinen Schichten auf

eine Oberfläche auf.

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wissenschaftler Gang Niu. Wie viele andere Forscher weltweit setzt er seit fünf Jahren als RRAM-Speichermaterial vor allem Haf-niumoxid ein, eine Verbindung aus dem Metall Hafnium und Sauerstoff. Diese ändert leicht ihren elektrischen Widerstand. „Doch hängt es sehr von der Zu-sammensetzung des Materials ab, wie gut der Speicher funktio-niert.“

Niu verfolgt zusammen mit seinen Kollegen mehrere Ziele. Erstens soll der Speicher energie-sparend arbeiten. Zweitens soll das Material viele Schaltzyklen ertragen können, also möglichst oft zwischen leitend und nicht-leitend wechseln können, ohne dass das Hafniumoxid ermüdet und der Speicher versagt. „Zehn Jahre muss ein solcher Speicher mindestens halten“, sagt Niu. Und drittens soll die Information in dem nur wenige Mikrometer kleinen Bauteil sehr dicht gespei-chert werden können, damit dar-auf viele Daten Platz finden.

Niu greift bei seiner For-schung auf imposante Technik zurück. Um etwa die optimale Hafniumoxid-Mischung zu fin-den, hat er in Kooperation mit Forschern der Technischen Uni-versität Darmstadt eine soge-nannte Molekularstrahl-Epita-xie-Anlage (kurz MBE-Anlage) genutzt. Ein Werkstoff wird in einer Vakuumkammer der MBE-Anlage sehr präzise in feinen Schichten auf eine Oberfläche aufgedampft. „Für gewöhnlich dampft man gleich ganze Haf-niumoxid-Moleküle auf“, sagt Niu. „Wir hingegen haben Haf-nium und Sauerstoff separat in die Kammer gegeben. Damit konnten wir das Wachstum der Hafniumoxid-Schicht sehr viel besser steuern.“ So weiß Gang

Niu, dass Hafniumoxid-Schichten dann besonders leistungsfähig sind, wenn in ihnen ein gewis-ser Mangel an Sauerstoffatomen herrscht. Mit der Darmstädter Anlage ließen sich die Hafnium- und Sauerstoffatome entspre-chend dosieren.

Atomgenau durchleuchtet

Lange hatten Wissenschaftler die chemisch-physikalischen Vor-gänge in Hafniumoxid-Schichten nicht wirklich verstanden. „Uns war klar, dass wir nur dann eine perfekte Schicht erschaffen können, wenn wir ins Material hineinschauen“, sagt Niu. „Wir wollten herausfinden, wie die Struktur aussieht, wenn das Ma-terial leitet und wenn es nicht leitet.“

Um das Rätsel zu lösen, hat Gang Niu seine Materialproben in den modernsten Synchrotron-strahlungsanlagen Europas, bei PETRA III am Deutschen Elek-tronen Synchrotron (DESY) in Hamburg sowie in der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble untersucht. In Synchrotronanlagen werden Teilchen so stark beschleunigt, dass sie stark fokussierte Rönt-genstrahlung, die Synchrotron-strahlung, abgeben. Diese eignet sich, um Materialien atomgenau zu durchleuchten – zum Beispiel Hafniumoxid. Die Informationen, die Niu in der ESRF gewinnen konnte, waren Gold wert: „Denn erst dadurch konnten wir den Zu-stand der Hafniumatome genau untersuchen und die Produktion der Schichten anpassen.“

Damit in der RRAM-Spei-cherschicht nebeneinander viele Einsen und Nullen gespeichert

Mengen von Bild- oder Tonda-teien aufbewahren. Für Smart-phones oder Digitalkameras, die man regelmäßig aufladen kann, sind sie ideal. Doch für die künf-tigen autonomen Mikrosensoren wäre der Energieverbrauch der Flash-Speicher zu hoch. Am IHP wird eine neue Technologie ent-wickelt, die seit etwa fünf Jahren weltweit als vielversprechende Speicheralternative diskutiert wird – die RRAM-Technologie (Resistive Random Access Me-mory), an der heute auch viele Elektronikkonzerne arbeiten.

Der Begriff RAM ist bereits seit vielen Jahren aus der Com-putersprache bekannt. So wird der Speicher eines PCs als RAM bezeichnet, in dem Informatio-nen in Form von Nullen und Ein-sen gespeichert sind. Die RRAM-Technologie speichert die Nullen und Einsen jedoch auf eine be-sondere Weise: Durch einen kur-zen elektrischen Spannungspuls wird das Speichermaterial auf kleinem Raum so verändert, dass sich an dieser Stelle der elektri-sche Widerstand des Materials verändert. Eine Eins liegt vor, wenn das Material an diesem Punkt nicht mehr leitet, eine Null, wenn das Material leitet.

Mindesthaltbarkeit zehn Jahre

„Wie gut ein solcher RRAM arbei-tet, hängt ganz besonders von den chemischen und physikalischen Eigenschaften des Speicherma-terials ab“, sagt der IHP-Material-

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Forscher im Reinraum des IHP.

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werden können, dürfen die be-nachbarten leitenden und nicht leitenden Bereiche nur wenige Nanometer (Milliardstel Me-ter) groß sein. Das Material muss entsprechend präzise mit Spannungspulsen versorgt wer-den, damit sich der Widerstand punktgenau ändert. Auch das ist Gang Niu und seinen Kollegen gelungen. So haben die Forscher eine nur drei Nanometer breite Siliziumspitze mit Metallkappe gefertigt, die die Spannungspulse exakt aufträgt.

Alles unter einem Dach

Die Materialwissenschaftler um Thomas Schröder und Gang Niu arbeiten im IHP Tür an Tür mit den Kollegen der Abtei-lung „Technologie“. „Uns steht ein 1.000 Quadratmeter großer

Reinraum zur Verfügung, in dem wir die neu entwickelten Materi-alien unter professionellen Rein-raumbedingungen testen und validieren können“, sagt Thomas Schröder. „Damit haben wir ganz andere Möglichkeiten einer sta-tistischen Bewertung von Spei-chermodulen als zum Beispiel viele Materialwissenschaftler an den Universitäten.“ Schließlich entwickeln die Kollegen in der Abteilung „Technologie“ neben der Fertigung im Reinraum auch die Module, und die Abteilung „System Design“ arbeitet an spe-zifischen Fehleralgorithmen, um RRAM-Speichermodule resistent gegen Fehler in der Hardware beziehungsweise gegen externe Störung zu machen. Schröder: „Damit vereinen wir unter einem Dach die ganze Innovationskette von der grundlegenden Materi-alwissenschaft über Technolo-gie und Schaltkreise bis hin zu

Modulen, um das Gesamtsystem besser zu verstehen und den Bau von Prototypen zu ermöglichen.“

Inwieweit die RRAM-Techno-logie den Flash-Speicher ablösen wird, kann derzeit niemand sa-gen. „Wo immer aber langlebige und sparsame Mikrospeicher gefragt sind, könnten sich RRAMs künftig als Alternative durchset-zen“, sagt Schröder. „Ich könnte mir vorstellen, dass sie sogar als robuster Speicher für Weltraum-anwendungen in Frage kommen.“

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Selbstheilung auf der FelgeDresdner Forscher haben einen besonderen Gummi entwickelt. In

einigen Jahren könnten sich Autoreifen damit selbst reparieren.

Der Anblick ist faszinierend: Amit Das schnappt sich eine Schere und schneidet – schnipp-schnapp – einen Gummistreifen durch. Wie ein Zauberer auf der Bühne zeigt der aus Indien stammende Chemiker in seinem

Labor demonstrativ die zer-teilten Enden und legt sie dann wieder zueinander. Wie Magie wirkt dann auch sein zweites Experiment Stunden später: Der Streifen ist wieder zusammen-gewachsen, ohne Leim oder an-

dere Hilfsmittel, ganz von selbst. Und so sehr er auch die Schraub-stöcke von beiden Seiten ziehen lässt: Das verheilte Stückchen Gummi dehnt und dehnt sich – als ob es niemals zerschnitten worden sei.

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Forschen, damit es rund läuft: Amit Das (li.) und Gert Heinrich.

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Hersteller mischen beispiels-weise kleine Kanülen oder Kü-gelchen aus klebendem Harz bei, die sich bei einem Schaden öffnen und den Werkstoff kitten. Das Dresdner Verfahren dage-gen ist autonom, was heißt: Das Material selbst repariert sich automatisch.

Überzeugungsarbeit bei der Industrie

Getestet haben die Forscher ihren Selbstheileffekt zwar vorerst nur für die speziellen Gummisorten, aus denen die sogenannte „Innenseele“ ei-nes Fahrzeugsreifens besteht. Diese innere Schicht sorgt in der Praxis dafür, dass aus den schlauchlosen Reifen keine Luft entweichen kann. Amit Das und Gert Heinrich sind aber zuver-sichtlich, dass die autonome Reparatur auch an den anderen Reifenschichten funktionieren wird – diesem Ansatz werden sich ihre nächsten Experimente widmen. Und: „Wir werden jetzt natürlich auch die Industrie von unserem Verfahren überzeugen müssen“, sagt Heinrich. Bereits jetzt habe einer der internatio-nal führenden Reifenhersteller Interesse an der Selbstheilme-thode aus Sachsen signalisiert.

Fände sich rasch ein po-tenter Industriepartner, könn-te man in fünf bis zehn Jahren mit den ersten selbstheilenden Reifen aus einer Serienproduk-tion rechnen, schätzen Das und Heinrich. Vor allem in der Lkw-Sparte erwarten sie sich große Resonanz. Denn Spediteure und andere Transport-Unternehmer

rechnen mit spitzer Feder, er-warten von jedem Reifen, den sie auf einen ihrer Laster auf-ziehen lassen, dass er möglichst auf eine Million Kilometer Lauf-leistung kommt. Wenn sich sol-che Reifen von den vielen Mik-rorissen des Alltagsbetriebes automatisch über Nacht selbst heilen können und nicht mehr so oft runderneuert werden müssen, dann amortisiert sich für den Spediteur der Aufpreis eines Selbstheil-Reifens recht rasch.

WenigerAltreifen-Halden

„Das alles hat auch eine ökolo-gische Dimension“, betont Gert Heinrich. „Wenn ein Reifen län-ger hält und fährt, dann wach-sen auch die Altreifenhalden nicht mehr so schnell.“ Auch an ganz andere Einsatzfelder ne-ben der Reifenindustrie denken die Dresdner Polymerforscher bereits: An selbstheilende För-derbänder in Industrie und Tagebau zum Beispiel, an Gum-midichtungen, die sich über Jahrzehnte hinweg immer wie-der selbstständig reparieren – bis hin zum Erdbebenschutz auf Gummi gelagerter Wolken-kratzer in Asien. Das einzige, was den Wissenschaftler bei all diesen sprühenden Ideen fehlt, ist noch mehr Platz, um sie aus-zuprobieren: „Mit unseren Pro-jekten ist hier schon fast jeder Quadratmeter ausgelastet“, sin-niert Professor Heinrich. „Wir brauchen definitiv mehr Techni-kumsflächen.“ H E I K O W E C K B R O D T

Diese Selbstheilungseffekte hat der 44-jährige Forscher zusam-men mit Chemikern aus dem Institut für Makromolekula-re Chemie am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden (IPF) ausgetüftelt und dem Gummi durch besondere Zu-sätze eingeimpft. Sie bilden an den Polymerketten im Gummi besondere Vernetzungsstellen, die man sich wie Minikugeln vorstellen kann.

Amit Das und sein Chef, Gert Heinrich, Leiter des Instituts für Polymerwerkstoffe am IPF, nen-nen diese Verbindungsstellen „Ionische Assoziate“. Ihre Bin-dungskraft beruht auf elektro-magnetischer Wechselwirkung, also auf physikalischen und nicht auf klassischen chemischen Bin-dungen. Wird der Gummi an irgendeiner Stelle beschädigt, zum Beispiel durch einen Nagel oder durch eine Klinge, sorgt die natürliche Eigenbewegung der losen Molekülenden dafür, dass sie zueinander finden und sich erneut durch solche „ionischen Assoziate“ verknüpfen. Je wär-mer es dabei ist, umso schneller funktioniert die Selbstheilung. Und das Beste daran: „Wir ha-ben das mit industrienahem Equipment ausprobiert, und wir denken, dass die Methode auf eine industrielle Massenpro-duktion übertragbar sein wird“, sagt Gert Heinrich.

Nach 24 Stunden so gut wie neu

Auch die Laborerprobungen stimmen die Dresdner Wis-senschaftler zuversichtlich: „In unseren Tests haben wir nach-weisen können, dass die beschä-digten Stellen nach 24 Stunden wieder verheilt sind und das Material wieder so stabil wie vorher ist“, berichtet Gert Hein-rich, der an der Technischen Universität Dresden eine Pro-fessur für Polymerwerkstoffe und Elastomertechnik inne hat. Zwar gebe es bereits heute Po-lymerwerkstoffe, die sich selbst heilen, räumt er ein. Doch die basieren meistens auf nicht-autonomen Heilmethoden. Die

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Historiker erforschen die NS-Vergangenheit der Mitarbeiter in

den Innenministerien in Ost und West nach dem Krieg — und die

Folgen für die Politik.

Braune Demokraten?

Im Oktober 2010 entfachte die Studie „Das Amt“ hitzige Debat-ten. Das Buch einer unabhängi-gen Historikerkommission über die Geschichte des Auswärtigen Amtes in der NS-Zeit und der Bundesrepublik wurde kontro-vers diskutiert hinsichtlich der Qualität der Forschung und ihrer Deutung. Manche sahen es nun als erwiesen an, dass das Außen-ministerium seine selbstgestrick-te Legende vom Hort des Wider-stands aufgeben müsse. Kritiker sprachen von einem skandalösen und tendenziösen Buch, das das Ministerium pauschal diffamie-re. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Kontroverse ließen nun auch andere Bundesminis-

terien und -behörden ihre Ge-schichte vor und nach 1945 un-tersuchen – und öffneten dafür auch bislang nicht zugängliche Archivquellen. Die beiden zeit-geschichtlichen Leibniz-Institute, das Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam und das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) München-Berlin, widmeten sich dabei dem besonders wich-tigen Innenministerium.

Historisches Neuland

Mit dem Projekt betraten die Forscher Neuland. Denn zum ersten Mal betrachteten sie um-

fassend die doppelte deutsche Nachkriegsgeschichte, indem sie nicht nur die Kontinuitäten im Bonner Bundesinnenminis-terium (BMI), sondern auch im Ministerium des Inneren der DDR (MdI) untersuchten. Zudem möchten die Historiker mehr als nur die Zahl der Ministeriums-mitarbeiter ermitteln, die Mit-glieder von NS-Organisationen waren. „Viel interessanter und letztlich zentral ist die Frage danach, welche Konsequenzen solche formalen NS-Belastungen auf die Sachpolitik der Ministeri-en hatten“, erläutert ZZF-Direk-tor Frank Bösch, neben Andreas Wirsching vom IfZ einer der bei-den Projektleiter.

Sachbearbeiter­zimmer im

Ministerium des Innern der DDR

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Da sich solche weitergehenden Fragestellungen nicht ohne harte Fakten beantworten lassen, star-teten ZZF und IfZ ihre Untersu-chung mit einer entsprechenden Analyse. Dazu schauten sie sich die Biografien von mehr als 1.100 leitenden Mitarbeitern der bei-den Innenministerien vom Refe-ratsleiter aufwärts an. Hierbei zeigte sich, dass der Anteil der ehemaligen NSDAP-Mitglieder erstaunlich hoch war: 1950 lag er im Bundesinnenministerium bei 50 Prozent, stieg dann sogar Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre auf 66 Prozent an, bevor er bis 1970 wieder auf das Ausgangsniveau sank. Auch bei den ehemaligen SA-Mitgliedern zeigt sich ein ähnliches Bild: 17 Prozent im Jahr 1950, dann 45 Prozent 1961 und immer noch 25 Prozent im Jahr 1970. Das BMI nimmt damit einen Spitzen-platz unter den bisher untersuch-ten Bundesministerien ein. Aber auch im Ost-Berliner Innenmi-nisterium waren die personellen Kontinuitäten größer als bisher vermutet: 14 Prozent der leiten-den MdI-Mitarbeiter hatten eine NSDAP-Vergangenheit. „Dennoch war der Bruch mit der NS-Ver-gangenheit in Ost-Berlin deutlich größer als im BMI“, resümiert die Projektmitarbeiterin Franziska Kuschel. „Das MdI rekrutierte zwar Mitläufer und Belastete, in der Regel jedoch nicht aus der Elite des ,Dritten Reiches‘, son-dern aus der Arbeiter- und un-teren Mittelschicht oder jüngere Menschen. Eine Sachkontinuität von Staatsapparat zu Staatsap-parat konnte es deshalb kaum geben.“

Viele NS-Mitglieder in Ost und West

Neben dieser statistischen Aus-wertung untersucht das Projekt vertieft ausgewählte Lebens-läufe. Sie zeigen mitunter ein frühes Engagement für den Na-tionalsozialismus. So trat Erwin Gehrhardt bereits 1924 im Al-ter von 16 Jahren in die NSDAP und die SA ein. Er gründete die NSDAP-Ortsgruppe Münden mit und brachte es in ihrer paramili-tärischen Kampforganisation bis zum Scharführer (Unteroffizier). Sein Engagement im Bund Nati-

onalsozialistischer Deutscher Ju-risten, die Mitarbeit beim Göttin-ger „Kampfblatt“ der NSDAP und Auftritte als Redner bei Partei-veranstaltungen, lassen auf einen überzeugten Nationalsozialisten schließen. 1955 trat dieser Erwin Gerhardt in das Bundesinnenmi-nisterium ein, wo er 1959 zum Leiter der Pressestelle befördert wurde und damit das Ministe-rium repräsentierte, das für die innere Sicherheit der Bundesre-publik zuständig war.

Bruch oder Kontinuität?

Ob es aber Kontinuitäten auf der Ebene der Mentalität bis hin zur Verwaltungspraxis im weiteren Sinne gab, ist eine der Fragen, die das Projekt jetzt nach dem Abschluss der Vorstudie in der Hauptuntersuchung ergründen will. Es scheint tatsächlich lang-fristige Denktraditionen gegeben zu haben, die sogar den National-sozialsozialismus gewisserma-ßen überbrückten und teilweise bis ins Deutsche Kaiserreich zu-rückreichten. „Erste Ergebnisse legen dies nahe, aber aufgrund der Fokussierung auf den Natio-nalsozialismus sind solche Kon-tinuitäten bislang kaum in den Blick geraten“, sagt Frank Bösch. So deutet sich etwa an, dass viele Beamte des BMI ein in der Kai-serzeit wurzelndes traditionelles Selbstverständnis des unpoli-tischen und obrigkeitsstaatlich orientierten Verwaltungsexper-ten tradierten. Dieses Selbst-verständnis führte aber Bösch zufolge schon in der Weimarer Republik zu einer zunehmenden Distanz zur parlamentarischen Demokratie und in der Folge zu einer Affinität vieler Beamter zum NS-Regime.

Warum aber, fragt man sich, konnte sich die Bundesrepublik trotz der hohen personellen Kon-tinuität zu einer stabilen Demo-kratie entwickeln? Auch hierauf erhoffen sich die Historiker eine Antwort. Frank Bösch vermutet, dass sich viele der ursprünglich NS-treuen Beamten mit der Zeit mit der freiheitlichen Verfas-sungsordnung arrangierten, weil der Wirtschaftsaufschwung die Akzeptanz förderte und sich die neue Ordnung unter der Aufsicht

der Westmächte rasch als stabil erwies.

Die ehemaligen NS-Beamten akzeptieren wohl aber auch des-halb Demokratie und Rechts-staat, weil sie die Republik in der Ministerialbürokratie in ihrem Sinne mitgestalten konnten – und ihr dabei einen konservati-ven Anstrich gaben. Oder anders ausgedrückt: Die Demokratie wurde stabil, weil diese Beam-ten integriert wurden. Aber die Stabilität, die dadurch gewähr-leistet wurde, basierte zunächst auf einer Grundhaltung, die in der Demokratie nur eine formale Staatsform und nicht eine „Le-bensform“ sah.

Bock zum Gärtner gemacht

Die vergleichsweise hohe Zahl von ehemaligen NS-Beamten in beiden Innenministerien ist vor allem deshalb bemerkenswert, da es die Ministerien waren, die den Staatsaufbau organisieren, ihn gegen innere Feinde schüt-zen und nach außen vertreten sollten. Besonders im Fall der Bundesrepublik, wo noch heikle Fragen wie die der Wiedergut-machung oder des Umgangs mit Migranten hinzukamen, wirkt es bisweilen schon so, als sei hier der Bock zum Gärtner gemacht worden, räumt Frank Bösch ein. Einzelne besonders sensible Re-ferate wurden daher gezielt mit verfolgten Beamten besetzt.

Die Auswirkungen der perso-nellen NS-Kontinuitäten auf die Sachpolitik werden die Historiker aus München, Berlin und Pots-dam in den nächsten zweieinhalb Jahren untersuchen. „Eine einfa-che Frage, die methodisch alles andere als leicht zu beantworten ist“, sagt Frank Bösch nicht ohne Vorfreunde. Denn in einigen hundert Metern an Sachakten von BMI und MdI steckt sicher noch so manche Überraschung. Und auch dann gibt es noch For-schungsbedarf: „Selbst, wenn es nicht unbedingt darum geht, alle Behörden für sich einzeln aufzu-arbeiten, sind doch wichtige Ein-richtungen noch nicht untersucht worden: der Bundesgerichtshof, der Bundestag oder das Bundes-kanzleramt.“ CHRISTOPH HERBORT-VON LOEPERFo

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Warum Ausstellungen Orte des Experimentes sind und Exponate

Besucher emotional berühren sollten. Ein Interview mit

Johannes Vogel, dem Generaldirektor des Berliner Museums für

Naturkunde, dem Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiver-

sitätsforschung.

Museum neu denken

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Leibniz: Wann waren Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben in einem Forschungsmuseum?Johannes Vogel: Mit zwölf Jahren. Das war im Naturwissenschaftli-chen Ver ein Bielefeld.

Was hat Sie fasziniert?Die Menschen, die dort gearbei-tet haben. Ich habe mich gefragt, was treibt die an? Warum be-schäftigen die sich mit all diesen komischen Dingen, also getrock-neten Pflanzen und toten Tieren. Ich bin aus dem Staunen gar nicht mehr herausgekommen.

Welche Museen besuchen Sie heute noch regelmäßig?Hauptsächlich Naturkundemu-seen, wobei die mit Abstand allerbesten Ausstellungen in Berlin stehen. Das liegt an Uwe Moldrzyk, unserem Ausstel-lungsmacher. Ich halte ihn für ein Genie. Mir gefallen auch richtig klassische Ausstellungen wie in Wien oder sehr moderne Entwicklungen wie etwa in San Francisco. Dort wurde das Ge-bäude abgerissen und wieder neu errichtet. Dabei hat man sich genau überlegt: Wie baue ich so, dass ich nicht mit jeder neuen Ausstellung das Gebäu-de komplett umstrukturieren muss. Ausstellungen muss man vom Kopf her denken können. Deshalb brauchen wir Räume, in denen wir jederzeit Inhalte ver-ändern können.

Die Leibniz-Gemeinschaft zählt acht Forschungsmuseen. Über-all finden zurzeit Umbauten statt. Auch bei Ihnen.Ja, wir haben ganz großes Glück, dass die Stadt Berlin wie auch der Bund und die EU bereits 80 Millionen Euro in die Sanierung investiert haben. Damit sind 25 Prozent der Gesamtkosten ge-deckt.

Wann sollen die Umbauten abgeschlossen sein? Zunächst wird bis 2018 gebaut; bis dahin haben wir Planungs-sicherheit. Als international sichtbare und global bedeutende kulturelle und wissenschaftliche Einrichtung sind wir hoffentlich 2025-2030 fertig – 40 Jahre nach

Mir ging es von Beginn an darum, dass sie das, was sie bisher getan haben, auch mal anders denken. Oder wie Gershwin sagt: „It ain‘t necessarily so“. Veränderung ist die Norm und nicht die Aus-nahme. Man darf nicht zu große Herausforderungen setzen, aber man darf auch nicht nachlassen, Herausforderungen zu setzen. Darauf müssen sich gerade For-schungsmuseen einstellen. Das ist schwierig, da der Begriff Mu-seum vom Gegenteil ausgeht. Museen gelten als Häuser der Vergangenheit, für mich sind sie jedoch Häuser der Zukunft.

Sind Museen als Orte der Vergangenheit nicht erfolg-reich?Wir haben steigende Besucher-zahlen, im Jahr 2015 waren es ganze zehn Prozent, weil wir ein Haus der Zukunft sind; also genau gesagt, seitdem die Aus-stellungen von Uwe Moldrzyk, seinem Team und unseren Wis-senschaftlern gebaut werden. Die Ausstellungen basieren auf unserer exzellenten Forschung und fordern die Besucher her-aus, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Was war bisher üblich?In Naturkundemuseen der alten Prägung wurden Ausstellungen gemacht, die vor allem wissen-schaftlich wertvoll sein sollten, gleichgültig wie viele Besucher kamen. Ich denke, beides ist wichtig. In unserem Haus be-flügeln wir die Wissenschaft, gleichzeitig kommunizieren wir die Ideen so, dass sie für die Be-sucher interessant sind.

Lässt sich das Museum der Zukunft in drei Sätzen zusammenfassen?Es ist das integrierte Forschungs-museum; also der Ort, an dem Forschung, Sammlung und Kom-munikation untrennbar ver-woben sind. Die Forschung ist sammlungsbasiert, die Samm-lungsentwicklung wissenschafts-gestützt und die Kommunikation wissenschaftsbasiert. Das ist in wenigen Sätzen leicht gesagt, in der Umsetzung aber schwer. Denn dazu muss man sich an

der deutschen Wiedervereini-gung wären dann die Kriegsschä-den beseitigt.

An allen acht Forschungsmuse-en geht es nicht nur um räum-liche Umbauten. Die Frage ist, wie plane ich Ausstellungen so, dass sie für Besucher attraktiv bleiben? Wo vollziehen sich hier die Veränderungen?In den Köpfen! Vielleicht sollte ich vorausschicken, dass es bei den Baumaßnahmen nicht nur um den Ausstellungsbereich geht. Die Forschungsmuseen der Leib-niz-Gemeinschaft sind ja Zwitter: Ausstellungshäuser, aber vor al-lem national und international bedeutende Forschungs- und Sammlungseinrichtungen. Was mich nach Berlin zog, war ganz klar das unheimliche Potential der Mitarbeiter für Veränderung.

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Transparentes Archiv des Lebens:

die Fischsammlung im Museum für

Naturkunde.

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Pfründe wagen und Schubladen-denken aufgeben. Das tun wir hier.

Kommen auch junge Menschen in Ihr Haus?Ja, sehr viele. Gestern habe ich zufällig beim Durchqueren un-serer Ausstellungen eine Gruppe von 25-jährigen jungen Männern gesehen, die gekommen war, um sich unsere Dinosaurier an-zusehen. Mindestens 50 davon im Sauriersaal. Das ist typisch. Sie kommen, weil wir sie nicht bevormunden, sondern ihnen die Möglichkeit geben, ihr ei-genes Urteil zu bilden. Aktuelle Umfragen hierzu zeigen: Zwei Drittel der Bevölkerung wissen nicht genug über das Thema Natur, aber genauso viele sagen auch: Wir möchten gerne mehr wissen. Nur, wo können wir uns bilden? Die Rolle von Museen für das lebenslange Lernen ist sehr wichtig; und ich glaube, dass hier bisher das Potential noch nicht ausreichend genutzt wird.

Wie kann ein Forschungsmuse-um für Besucher attraktiv sein? Alles eine Frage der Wissen-schaftskommunikation: weniger Objekte, ikonische Objekte, the-

atralisch inszeniert mit relativ wenig Beschriftung. Die Beschrif-tung tritt in den Hintergrund, wo-durch der Blick unmittelbar auf das Objekt fällt. Und, ganz wich-tig, hier wird nicht aus zweiter Hand berichtet, sondern sind die Ausstellungen unmittelbar mit der eigenen Forschung verbun-den; authentischer geht es nicht – eben FORSCHUNGSmuseum.

Mit welchen Objekten locken Sie in Ihre Ausstellungen?(lacht) Naja, seit Weihnachten 2015 mit einem Riesendino-saurier, einem Tyrannosaurus rex, der Zähne lang wie ein Un-terarm hat. Die Aufgabe von Wissenschaftskommunikation ist, für Wissenschaft zu begeis-tern. Und das geht nur über die emotionale Ebene. Dazu müssen Museen Orte des Expe-riments werden. Keiner weiß doch gegenwärtig ganz genau, was der richtige Weg für einen wissenschaftsgeleiteten Dialog mit der Öffentlichkeit ist. Das ist die Herausforderung, gerade für die Leibniz-Gemeinschaft mit ihren acht Forschungsmuse-en, die den Auftrag haben, hier Konzepte zu entwickeln und zu erproben – als Vorreiter für den ganzen Bereich.

Gehen Menschen im Zeitalter der Digitalisierung überhaupt noch ins Museum?Auf jeden Fall, die digitalen An-gebote bringen sogar mehr Mu-seumsbesucher. Ich kann Ihnen jetzt schon versprechen, dass die Leute nicht nach Berlin kommen werden, um auf einem Bildschirm ein 3D-Modell von T. rex zu sehen. Die wollen die echte Killerma-schine sehen und anfassen. Das erste ist erwünscht, das zweite leider nicht erlaubt (lacht).

Auf unmittelbare Erfahrung mit der Forschung zielt auch der Kommunikationsansatz „Citizen Science“. Ist das die Zukunft? Die Citizen-Science-Norm in Deutschland heißt, Bürger in wis-senschaftliche Projekte einbin-den, die die Forscher vorgeben. Letztlich aber geht es um mehr, nämlich wie man mit der Be-völkerung auf deren Interessen stärker eingehen und Projekte gemeinsam entwickeln kann. Was hier gut läuft, ist zum Bei-spiel das Messen von Luftqualität in Städten über Smartphones. Ein anderes Citizen-Science-Projekt, das bislang nur in Großbritan-nien oder den USA verwirklicht wird, sind internetbasierte Stadt-Naturführer. Welche Arten gibt es? Wo stehen sie?

Welches Citizen Science Projekt würden Sie gerne in Berlin realisieren?Wir machen gerade mehr zum Thema Stadt-Natur mit Hilfe des Bundesumweltministeriums. Wir haben in Berlin 360.000 Schul-kinder. Zurzeit erreichen wir mit dem Thema 60.000; das sind die, die zu uns ins Museum kom-men. Es sollten noch mehr sein, die wissen, dass Natur auch in den Städten vorkommt und was sie für uns alle bedeutet. Gerade auch die neu nach Deutschland Zugewanderten sollten ein Ver-ständnis dafür bekommen. Viel-leicht gelingt auch so Integration.

Wo sind die Grenzen der Bür-gerbeteiligung?Dort, wo die Freiheit der For-schung anfängt. Sie ist ein hohes Gut. Forschung darf nicht ver- Fo

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Vielfalt inszeniert: Die Biodiversi­

tätswand im Museum für Naturkunde.

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boten werden – wird sie aber in Deutschland schon. Denken wir nur an die Debatten über Tier-versuche oder Gentechnologie. Dass man Angst vor derlei Ent-wicklungen haben kann, verstehe ich. Trotzdem darf Wissenschaft nicht verboten werden. Ande-rerseits: Die Kommunikations-Bringschuld für Ideen und Ent-wicklungen – schon am Anfang, upstream public engagement als Schlagwort – liegt bei der Wissen-schaft!

Neu ist die Idee auch, For-schungsmuseum stärker für andere Partner zu öffnen. So schwebt Ihnen in Berlin eine Natur- und Gesellschaftsmeile vor. Was verstehen Sie darun-ter?In Deutschland gibt es meiner Meinung nach eine gute Koopera-tion zwischen Wissenschaft und Politik. Ähnlich gute Beziehungen könnten aber auch zur Gesell-schaft aufgebaut werden. Letzt-lich stehen doch alle Bildungs- und Forschungseinrichtungen vor ähnlichen Herausforderun-gen in der Kommunikation, ob das nun das Uni-Klinikum Charité oder die Humboldt-Universität ist. Immer sind es dieselben Fra-gen: Warum brauchen wir Wis-senschaft? Warum Technologie? Auch teilen wir Leibniz-Themen wie Mobilität, Altern, Natur, Digi-tal, Kunst, Physik, Lebenswissen-schaften, Biologie mit zahlreichen Partnern hier entlang der Inva-lidenstraße als zukünftiger Wis-senschaftsmeile. Ganz zu schwei-gen von der Internationalität, die auf dieser Wissenschaftsmeile möglich wird, wenn wir die Bun-desministerien an oder nahe der

Invalidenstraße als Partner ein-schließen würden.

Wie wollen Sie solche Partner-schaften realisieren? Der erste Schritt ist ein Konzept. Das entwerfen wir soeben mit Partnern.

Sie wollen auch Kunstschaffen-de mit einbinden.Wissenschaft braucht andere Per-spektiven. Gerade die Kunst greift viel früher als andere Bereiche neue gesellschaftliche Strömun-gen auf. Sie macht oftmals in einer sehr klugen Art Interventionen und hilft uns auf die Sprünge.

Einerseits fordern Sie das projektbezogene, inter- und transdisziplinäre Arbeiten über das Museum hinaus, auf der anderen Seite gibt es die tradi-tionelle Rolle des Kurators, der die Objekte pflegt. Wie passt das zusammen?Das geht über die Sammlung zusammen, die unsere wissen-schaftliche Infrastruktur ist. Wir Museumsleute sollten nicht die Einzigen sein, die das Privileg haben, an dieser globalen un-heimlich spannenden Sammlung arbeiten zu dürfen. Es muss eine Öffnung geben für Künstler, Na-tur-, Kultur- und Geschichtswis-senschaftler, Designer, Ingenieu-re, Bürgerwissenschaftler. Wer weiß, welche technischen Inno-vationen man auf diese Weise noch aus unseren Sammlungen herausholen kann?

Welche Rolle spielt das For-schungsmuseum in Zukunft, gerade auch in Abgrenzung zu anderen Museen?

Es muss grundsätzlich wieder mehr von der Forschung, der Ob-jektforschung her gedacht wer-den. Wenn wir Veränderungen möglich machen wollen, wenn wir einen Raum schaffen können, in dem wissenschaftliche und gesellschaftliche Lösungen für die großen globalen Herausfor-derungen gemeinsam entwickelt werden können, bleiben wir re-levant. Dieses gemeinsame Po-tential der Forschungsmuseen zu heben, muss Aufgabe der Leibniz-Gemeinschaft sein.

DAS INTERVIEW FÜHRTEN CHRISTINE BURTSCHEIDT

UND LENA LEISTEN.

Johannes Vogel ist seit 2012 Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin und Professor für Biodiversität und Wissenschaftsdialog an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach dem Studium in Bielefeld und Cambridge promovierte er in Genetik und arbeitete ab 1995 am Natural History Museum in London. Dort war er als Spezialist für Moose, Pilze und Farne zuletzt Chefkurator der bota nischen Abteilung.

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Vogelbeobachtung ist ein klassisches Einsatzgebiet für Bürgerwissen­schaftler.

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Licht ist mehrseit 28.7.2015Deutsches Museum, MünchenEin Leuchtmittel stellt alle ande-ren in den Schatten: Leuchtdio-den, kurz LEDs, sparen ebenso viel Energie wie eine Energie-sparlampe, kommen dabei aber mit viel weniger Platz aus, pro-duzieren kaum Wärme und kön-nen in jeder Farbe erstrahlen. In Zusammenarbeit mit dem Licht-hersteller OSRAM widmet das Deutsche Museum dem Multita-lent nun eine eigene Ausstellung. Hier können sich die Besucher nicht nur über LEDs informie-ren, sondern auch erleben, wie sich mit 16 Millionen Farben eine Wohnung beleuchten lässt, wie sich Licht auf den Biorhythmus auswirkt, oder wie ein Beamer im Hosentaschenformat aussieht.

In Mode. Kleider & Bilder aus Renaissance und Frühbarock bis 06.03.2016Germanisches National­museum, NürnbergAn die prächtige und kostbare Kleidung der Renaissance und des Frühbarocks wurden hohe Ansprüche gestellt: In Gemälden diente sie oftmals zur Inszenie-rung von Status und Persönlich-keit der Auftraggeber, in illust-rierten Flugblättern wurde sie zur Verbreitung modekritischer Inhalte genutzt, und in Trach-tenbüchern vermittelte sie neue Weltsichten und beschwor sozia-le Hierarchien. Das Germanische Nationalmuseum macht diese Ansprüche für die heutigen Be-trachter wieder lesbar. In einer Sonderausstellung zeigt das kul-turgeschichtliche Museum rund 50 Originalkostüme aus der Zeit von 1560 bis 1650.A

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und der Obersalzbergbis 3.4.2016DokumentationObersalzberg, Berchtesgaden Pullach und Obersalzberg – zwei historische Orte in Ober-bayern, die vor allem ihre Geschichte während der Zeit des Nationalsozialismus mit-einander verbindet. Auf dem Berg das Führersperrgebiet, in Pullach die Wohnanlage für den Stab von Rudolf Heß. Hinter der behaglichen Architektur der Nationalsozialisten wurden Verbrechen vorbereitet und entschieden. Die Winteraus-stellung der Dokumentation Obersalzberg visualisiert die Spuren dieser Zeit an beiden Orten, die sich nach dem Krieg ganz unterschiedlich entwickel-ten – zum Touristenziel und zur Geheimdienstzentrale.

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Die farblose Seegurke im Glas stammt nicht aus dem Spree-wald, sondern aus dem Meer und ist eine Verwandte des Seeigels. In Alkohol eingelegt, überdauert das Tier die Zeit. Vor mehr als einhundert Jahren formte sie die weltberühmte Glasbläserfamilie Blaschka in höchster Kunstfer-tigkeit lebensecht nach. Präparat und Kunstobjekt sind für Besu-cher selten zu erleben. Ebenso wie verschiedene Hundeschädel aus Frankfurt, die die Domestika-tion des Wolfes veranschaulichen. Kurios dabei: Der Hundezüchter Karl Hopf entpuppte sich als Seri-enmörder. Schädel und Seegurke sind einige von „Senckenbergs verborgenen Schätzen“, die aus den verschiedenen Forschungs-einrichtungen der Senckenberg Gesellschaft für die gleichnamige Ausstellung aus den Magazinen

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ins Licht gerückt und zum Teil erstmalig öffentlich ausgestellt werden.

Alle Objekte erzählen eine ei-gene kleine Geschichte. So auch das Haselhuhn, das früher in den Mittelgebirgen in der Nähe des sächsischen Görlitz vorkam.

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Dieser im Jahr 1899 präparierte Vogel war einer der letzten sei-ner Art in der Region. Mittlerwei-le sind die Bestände in Sachsen wohl gänzlich erloschen. Noch dramatischer ist das Schicksal des bunten Papageis ein paar Vit-rinen weiter: Der Dreifarben-Ara,

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Mehr Sonder-ausstellungen unserer Forschungsmuseen finden Sie online:www.leibniz-gemeinschaft.de/institute-museen/forschungsmuseen/leibniz-museen-aktuell/

Tristan. Berlin zeigt Zähneseit 17.12.2015Museum für Naturkunde, BerlinKennen Sie Tristan Otto? So heißt eines der besten noch erhaltenen Exemplare des Tyrannosaurus Rex, der seit Neuestem im Mu-seum für Naturkunde – Leib-niz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung wohnt. Besucher können Tristan hier in seiner natürlichen Größe von zwölf Metern im Original bewun-dern, Skelett und Schädel sind nahezu vollständig. Die Ausstel-lung zeigt darüber hinaus noch weitere Originalobjekte, Medien-installationen und Geschichten, die auch einen Einblick in die For-schung rund um Tristan geben. Tristan ist das einzige originale T.Rex-Skelett, das in einem euro-päischen Museum ausgestellt ist.

Codes der Macht. Mit 16 auf den Thronseit 06.11.2015Römisch­Germanisches Zentralmuseum, MainzUnzählige Informationen in Form von Texten, Bildern und Zeichen erreichen uns täglich. Dabei verfolgen ihre Absender oft gezielte Interessen – In halte werden inszeniert, um unser Handeln zu beeinflussen. Das Römisch-Germanische Zentral- museum – Leibniz-Forschungs- institut für Archäologie in Mainz zeigt in seiner aktu-ellen Sonderausstellung, dass dieses Prinzip eine lange Tradition hat: Bereits im Jahr 482 wusste der 16-jäh- rige Sohn des König Childe-rich die Begräbnisfeierlich- keiten des Va ters für die Siche-rung seiner Nachfolge auf den Thron zu inszenieren.

Tibet.100 Jahre Naturfor-schung auf dem Dach der Weltbis 28.03.2016Senckenberg Naturhistorische Sammlungen, DresdenDie Gebirgswälder des Himala-yas, die Tierwelt des Tibetischen Hochlandes. Wie sieht Naturfor-schung in einer weit entfernten, fremden Kultur aus? Der Völker-kundler Walther Stötzner legte mit seiner Tibet-Expedition von 1913 bis 1915 den Grundstein für hundert Jahre Biodiver-sitätsforschung der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden in Asien. Die Jubiläums-schau legt einen Schwerpunkt auf die Artenvielfalt der Vögel im Himalaya und auf dem tibe-tischen Hochplateau. Kostbar-keiten tibetischer Kulturgegen-stände steuert das Museum für Völkerkunde Dresden zur Aus-stellung bei.

wie die Welt einmal ausgesehen hat und wie sie sich verändert - besonders wichtig in Zeiten eines rasanten Wandels unserer Um-welt.

Senckenberg kann nur einen Bruchteil der rund 39 Millionen Objekte aus den Sammlungen in seinen Museen in Frankfurt, Gör-litz und Dresden präsentieren. Weitere Senckenberg-Sammlun-gen bestehen in Weimar, Münch-eberg und Wilhelmshaven. Für die Schau haben die Kuratoren aus allen sechs Standorten Ob-jekte ausgewählt, die sonst nicht zu sehen sind und über die es Ei-

gentümliches zu berichten gibt. Ihren besonderen Reiz erhalten „Senckenbergs verborgene Schät-ze“ durch die großformatigen Ar-beiten von Sebastian Köpcke und Volker Weinhold, die mit Foto-grafen- und Künstlerblick in den Magazinen unterwegs waren und Sammlungsstücke miteinander arrangierten und in humorvolle, kuriose und nachdenklich stim-mende Beziehungen zueinander setzten. Der aufmerksame Besu-cher wird einige der „Fotomodel-le“ im Original in der Ausstellung wiederentdecken und manche Anekdote zum Schmunzeln erfah-ren.

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Senckenbergs verborgene Schätze 23. Januar bis 15. Mai 2016Senckenberg Museum für Naturkunde GörlitzAm Museum 1, 02826 GörlitzÖffnungszeiten: Di bis Fr 10 – 17 Uhr, Sa/So 10 – 18 Uhrsenckenbergsverborgeneschaetze.com/

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einst auf der Insel Kuba häufig ge-sehen, ist seit 1885 ausgestorben. Das Präparat ist eines von neun-zehn Exemplaren, die weltweit noch existieren.

Anhand solcher Beispiele ver-deutlicht die Ausstellung Aspekte des Sammelns in Museen, deren Forscher durch Neugierde getrie-ben, ein Abbild der Natur für die Nachwelt bewahren. Wurde zu Beginn der Sammelleidenschaft vor allem nach Seltenem, Schö-nem und Kuriosem Ausschau ge-halten, wandten sich die Sammler im 19. Jahrhundert verstärkt wis-senschaftlichen Fragestellungen zu und begannen - regional oder taxonomisch - systematische Kol-lektionen von Pflanzen, Tieren, Fossilien oder Gesteinen anzule-gen. Diese Sammlungen stellen das unverzichtbare Handwerks-zeug der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Sencken-bergs dar. Mithilfe der Objekte ge-hen die Biologen, Paläontologen und Geologen ihren Fragestel-lungen nach und dokumentieren,

Wir verlosen fünf Familienkarten (2 Erwachsene und bis zu fünf Kinder) für das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz. (siehe S. 48).

Das Buch zur AusstellungSabine Mahr, Thorolf Müller, Birgit Walker (Hrsg.): Senckenbergs verborgene Schätze – Über das Sammeln und Forschen; 136 Seiten, Schweizerbart, Stuttgart 2015; 14,90 Euro. ISBN 978-3-510-61405-9

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Von alten Papyri bis zu neuen Papieren spannte sich der in - halt liche Bogen der 21. Leibniz- Jahrestagung Ende November in Berlin. Kurz vor dem Jubilä-umsjahr 2016 mit dem 370. Ge-burtstag und dem 300. Todestag ihres lange Jahre in Hannover wirkenden Namenspatrons war es folgerichtig, dass die Leibniz-Gemeinschaft ihre Jahrestagung in der Landesvertretung Nieder-sachsen eröffnete.

Insgesamt trafen sich die Vertreter der 89 Leibniz-Einrich-tungen und ihrer Gremien neben einer großen Festveranstaltung

und der Mitgliederversammlung zu mehr als 30 Sitzungen. Die Ge-meinschaft zeichnete dabei unter anderem ihre besten Doktoran-den und Auszubildenden aus (▶ S. 52), verabschiedete eine neue Satzung und Leitlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis (▶ S. 46) und brachte im Leibniz-Wettbewerb 26 neue Projekte auf den Weg (▶ S. 48). In der Festver-anstaltung erhielten die Zuhörer spannende Einblicke in For-schungsarbeiten aus den eigenen Reihen und von außerhalb in den Beiträgen aus dem Leibniz-Insti-tut für umweltmedizinische For-

In Leibniz­Blau erstrahlte das Museum für Kommunikation anlässlich der Festveranstaltung der Jahrestagung.

schung sowie dem Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin.

Leibniz-Präsident Matthias Kleiner stellte seine Rede an die Festversammlung angesichts der noch frischen Eindrücken der Pariser Terroranschläge unter das Motto des „Wir“. H V L

Der vollständige Text der Rede von Leibniz-Präsident Matthias Kleiner: www.leibniz-gemeinschaft.de/ ueber-uns/organisation/praesident/matthias-kleiner/reden-und- beitraege/beitraege

Im Zeichen des „Wir“

21. Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft in Berlin

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HIN und WEG von Beethoven: Im Museum für Kommunikation umrahmte das STEGREIF.chamber die Festversammlung.

In ihrem „Geistesblitz“ berichtete Jojo Haendeler vom Leibniz­Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf über umweltbedingte Alterungsprozesse.

Aufmerksames Auditorium mit Leibniz Vizepräs­identin Hildegard Westpahl, Staatsministerin Maria Böhmer, Leopoldina­Präsident Jörg Hacker und Leibniz­ Generalsekretärin Christiane Neumann (v. links).

Unterstrich die Bedeutung der Leibniz­Institute für Forschung und Forschungspolitik in den Ländern: Brandenburgs Wissenschafts­ministerin Sabine Kunst.

Voll des Lobes für Leibniz: Cornelia Quennet­Thielen, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Rundgang mit Ministerpräsident: Mitarbeiter der Technischen Informa­tionsbibliothek – Leibniz­Informationszentrum Technik und Naturwis­senschaften in Hannover erläuterten Stefan Weil (re.) und Leibniz­Präsi­dent Matthias Kleiner (2. v.re.) ihre Online­Angebote.

Neue Erkenntnisse zu alten Schriften präsentierte Verena Lepper vom Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin in ihrer Festrede.

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Die „Wissenschaftsinitiative In-tegration“ ist eine gemeinsame Aktion der Fraunhofer-Gesell-schaft, der Leibniz-Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesell-schaft. Ziel ist es, geflüchteten Menschen durch Beschäftigung und Qualifizierung eine Pers-pektive in Deutschland zu ge-ben. Konkret unterstützen die drei Forschungsorganisationen anerkannte Flüchtlinge und asylberechtigte Menschen mit Angeboten an ihren Einrichtun-gen, um die Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Denn die Teilhabe an der Ar-beitswelt ist ein wichtiger Bau-stein, um in einer neuen Heimat dauerhaft Fuß fassen zu können. Dazu haben die drei Organisa-tionen seit diesem September in enger Kooperation Konzepte entwickelt; insbesondere geht es darum, Praktikumsplätze für die Orientierung und den Einstieg in unterschiedlichen Stadien der Ausbildung, des Studiums und des Berufs bereitzustellen.

Die erarbeiteten Maßnahmen sollen vom Frühjahr 2016 an ge-meinsam mit den Ländern umge-setzt werden. Dabei werden die Forschungsorganisationen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter vom gegenseitigen Erfah-rungsaustausch profitieren – zum Beispiel als Paten oder mit einem Leitfaden zur Beschäftigung, wenn

Wissenschaftsinitiative Integration

es um administrative Fragen geht. Ein weiteres Augenmerk gilt der wissenschaftlichen Auseinander-setzung mit den Themen Flucht, Migration und Integration, um Politik und Gesellschaft mit kundi-gem Rat zur Seite zu stehen. Hier-zu hat die Leibniz-Gemeinschaft bereits im Herbst einen Experten-service eingerichtet (www.leibniz- gemeinschaft.de/medien/ presse/leibniz-expertenservice).

Die „Wissenschaftsinitiative Integration“ macht in einem Mo-saik vielfältigen zivilgesellschaft-lichen Engagements die Verant-wortung von Wissenschaft und Forschung für ein weltoffenes Klima in Deutschland deutlich. Schließlich sind Forschungs-einrichtungen genuin Orte der Internationalität und kulturellen Vielfalt. Die vier außeruniver-sitären Forschungseinrichtun-gen werden künftig auch mit der Bundesagentur für Arbeit zusammenarbeiten, die in einer gemeinsamen Informationsver-anstaltung im Haus der Leibniz-Gemeinschaft über Maßnahmen und Programme informieren wird. C A L

Kontakt: Caroline A. Lodemann, Leiterin des Präsidialstabs der Leibniz-GemeinschaftE-Mail:[email protected]

Gütesiegel für vier InstituteVier Einrichtungen der Leibniz-Gemein-schaft sollen weiter-hin gefördert werden. Das hat der Senat der Leibniz-Gemein-schaft im November nach Abschluss der regelmäßigen wissenschaftlichen Evaluierung Bund und Ländern empfohlen: Die Akademie für Raumforschung und Landesplanung – Leibniz-Forum für Raumwissenschaften in Hannover, das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam und das Leibniz-Insti-tut für Troposphären-forschung in Leipzig sollen wie üblich nach sieben Jahren erneut evaluiert werden. Beim Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummerstorf ist vorgesehen, die Leis-tungen bereits nach vier Jahren erneut zu überprüfen.www.leibniz-gemein-schaft.de/ueber-uns/evaluierung/

Gute wissen-schaftliche PraxisEine Leitlinie zur guten wissenschaft-lichen Praxis hat die Mitgliederversamm-lung der Leibniz-Gemeinschaft Ende November 2015 beschlossen. Sie ersetzt die Regeln aus den Jahren 1998 und 1999. In der neuen verbindlichen Leitlinie werden vor allem die Rolle und Befugnisse der zentra-len Ombudsperson der Gemeinschaft sowie die Verfahrens-regeln und Sankti-onsmöglichkeiten für das zentrale Prüfver-fahren festgelegt. Den Entwurf hierfür hatte eine Arbeitsgruppe unter Federführung

des Ombudsmanns der Leibniz-Gemein-schaft, Hans-Georg Joost, vorgelegt. Das Verfahren soll subsi-diär in gravierenden oder auf andere Weise nicht zu lösenden Fällen die dezentralen Verfahren der Institu-te ergänzen. Generell sind die Leibniz-Ein-richtungen weiterhin aufgefordert, eigene Leitlinien zu erstel-len, die ihre eigenen dezentralen Verfahren regeln. J Bwww.leibniz-gemein-schaft.de/forschung/gute-wissenschaftliche-praxis

Informations-bibliothek wird StiftungDie Technische Infor-mationsbibliothek Hannover (TIB) ist ab dem 1. Januar 2016 Stiftung des öffent-lichen Rechts des Landes Niedersachsen, in der die Technische Informationsbiblio-thek (TIB) und die Universitätsbibliothek (UB) der Leibniz Uni-versität zusammenge-führt werden. Sie trägt die Zusatzbezeichnung „Leibniz-Informations-zentrum Technik und Naturwissenschaften und Universitätsbib-liothek“. Die Forderung nach einer selbststän-digen Stiftung mit Autonomie und Gestal-tungsfreiheit gab es für die TIB bereits seit 2011 als Ergebnis der Evaluierung durch die Leibniz-Gemeinschaft. Mit der Berufung von Prof. Dr. Ralph Ewerth hat die TIB zudem die erste Professur im Bereich Forschung und Entwicklung besetzt. Als Leiter der Forschungsgruppe „Visual Analytics“ wird er zu Multimedia Retrieval und Usability forschen.

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2013 Kristina Tschulik ging nach ihrer Promotion am Leibniz-Institut für Fest-körper- und Werkstoffforschung Dresden als Post-Doc an die Universität Oxford. Seit September 2015 ist sie Juniorprofessorin für Mikro-/

Nanoelektro chemie an der Ruhr-Universität Bochum.

2012Anja Hanisch erforschte am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin das Spannungs- und Wechselverhältnis zwischen der DDR-Innen- und Außenpolitik im Zusammenhang mit dem KSZE-Prozess in den 1970er und 1980er Jahren. Zurzeit ist sie für die KfW

Entwicklungsbank in Afghanistan/Kabul tätig.

2011Martin Binder erhielt den Preis für seine Arbeit zur Selekti-vität humanitärer Interventionen nach dem Ende des Kalten Krieges am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Seit Oktober 2015 ist er Associate Professor an der “School of Politics, Economics & International Relations” der Universi-tät Reading (Großbritannien).

2011Henriette Kirchner untersuchte in ihrer Doktorarbeit am

Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke die Rolle des Hormons Ghrelin bei der Entstehung krankhaften Übergewichts. Ende 2015 erhielt sie an der Universität zu Lübeck den Zuschlag für eine Emmy-Noether-

Nachwuchsgruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für ihre Forschung zur Entstehung von Adipositas und

Diabetes.

2008Christian Merkl analysierte in seiner prämierten Doktorarbeit am Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) Lösungsansätze zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Heute ist er Professor für Makroökonomik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem IfW wissenschaftlich weiter eng verbunden.

2007Markus Huff erhielt die Auszeichnung für seine Dissertation zu Verbalisierungsprozessen bei dynamischen Szenen am Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen. Seit 2010 lehrt er als Junior-Professor für Allgemeine Psychologie am Psychologischen Institut der Universität Tübingen, wo er 2014 im Fach Psychologie

habilitierte.

2000Holger Boche wurde für seine Dissertation „Untersuchungen zur Approximation im Komplexen“ am damaligen Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik in Berlin (heute: Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut) ausgezeichnet. 2008 erhielt er den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der DFG. Seit 2010 ist Boche Professor für Theoretische Informationstechnik an der TU München

www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/auszeichnungen/nachwuchspreis

ListeWo sind sie geblieben?

Seit 1997 zeichnet die Leibniz­ Gemeinschaft ihre besten

Dokto randen mit dem Leibniz­Nachwuchs preis aus. Und was wird

„man“ mit so einem Preis? Häufig Professorin oder Professor,

wie unsere Beispiele einiger bisheriger Preisträger zeigen.

Karl Weierstraß und die Goldene Zeit der MathematikEin Studienabbrecher, der es doch zu einem der ganz Großen in der Mathematik gebracht hat, war Karl Weierstraß. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts prägte nicht zuletzt er die Goldene Zeit der Mathematik in Berlin. Am 31. Okto ber feierte das nach ihm benannte Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik den 200. Geburtstag des berühmten Mathematikers mit einer Festveranstaltung in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Zu Gast war auch die Mathematikerin und Bundesfor-schungsministerin Johanna Wanka.www.wias-berlin.de/workshops/weier-strass200

Mathematiker­Geburtstag mit Ministerin: Johanna Wanka (2.v.re) gratulierte Karl Weierstraß

Über Tierversuche sprechenTransparent und umfassend über Tierversuche zu informieren, ist das Anliegen eines neuen Internet-portals der Leibniz-Gemeinschaft. Mehrere Leibniz-Wissenschaftle-rinnen und Wissenschaftler haben dazu ihre Labore geöffnet und vor der Kamera darüber gesprochen, warum sie für ihre Forschung auf Tierversuche angewiesen sind und wie sie mit der Verantwortung für das Wohlergehen der ihnen anver-trauten Tiere umgehen.www.leibniz-gemeinschaft.de/tierversuche

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Verlosung

Wir verlosen: Drei Exemplare des Buches „Ausgelacht – DDR-Witze aus den Geheimakten des BND“ von Hans-Hermann Hertle. (3 Bu-chvorstellung auf S. 50).

Fünf Familienkarten (gilt für 2 Er-wachsene und fünf Kinder) für das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz. (3 Ausstellungsbericht auf S. 42/43).

Teilnahme unter Nennung von Stichwort, Name und Pos-tanschrift per E-Mail an:[email protected]:. 13. März 2016

Die Gewinner erklären sich im Falle des Gewinns mit der Nennung ihres Namens und Herkunftsortes im nächsten Leibniz-Journal einverstanden.

Die Gewinner der Verlosungen aus dem Heft 3/2015:

Jeweils ein Exemplar des Buches „Franz Josef Strauß: Herrscher und Rebell“ von Horst Möller geht an: Elisabeth Holand aus Neu-Ulm, Maria Petschelt aus Berlin und Hansjoerg Ebert aus Berlin.

Ein Exemplar des Buches „Die Herrscher der Welt: Wie Mikroben unser Leben bestimmen“ von Bernhard Kegel erhalten: Dr. Sabine Glienke aus Worms, Kai Althoetmar aus Bad Münstereifel und Werner Götz aus Bonn.

Leibniz- Wettbewerb: Grünes Licht für 26 ProjekteBeim „Leibniz-Wettbe-werb“ haben 26 neue Forschungsvorhaben den Zuschlag erhalten. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft bewillig-te auf seiner Herbstsit-zung Projekte in Höhe von 23,2 Millionen Euro. Die Themen der erfolgreichen Projekte reichen von der „Ab-iturprüfungspraxis 1882 bis 1972“, dem digitalen Wörterbuch „Lexik des gesproche-nen Deutsch“ über den Einfluss des Klima-wandels auf das öko-nomische Wachstum bis zu neuen Verfahren zur Gewinnung von Silizium. Sie decken damit die disziplinäre Vielfalt der Leibniz-Ge-meinschaft ab. Ebenso werden Antworten auf strukturelle Her-ausforderungen des Wissenschaftssystems gegeben, etwa mit der Etablierung eines neuen Tenure Track-Verfahrens: „Berlin Economics Research Associates“. Die Vorha-ben haben in der Regel eine Laufzeit von drei Jahren und finden häu-fig unter Beteiligung in- wie ausländischer Partnereinrichtungen statt. Beim diesjäh-

rigen Wettbewerbs-verfahren hatten sich 82 von insgesamt 89 Leibniz-Einrichtungen mit einem Gesamt-antragsvolumen von 84 Millionen Euro beworben. www.leibniz-gemein-schaft.de/ueber-uns/leibniz-wettbewerb/

Vizes wiedergewähltProf. Dr. Hildegard Westphal, Direktorin des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenöko-logie, und Heinrich Baßler, Administra-tiver Geschäftsführer des Wissenschaftszen-trums Berlin für Sozialforschung, sind von der Mitglieder-versammlung der Leibniz-Gemeinschaft erneut für zwei Jahre zu Vizepräsidenten der Wissenschafts-organisation gewählt worden. Die Amtszeit der beiden anderen Vizepräsidenten läuft noch ein weiteres Jahr.

Arbeiten bei LeibnizDie 89 Institute der Leibniz-Gemeinschaft beschäftigen 18.100 Mitarbeiter, darunter 3.000 Doktorandinnen und Doktoranden und zahlreiche Auszubildende.

Suchen Sie Ihre Zukunft unterwww.leibniz-gemeinschaft.de/stellenportal

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Leibniz-Jahr 2016 Vor 370 Jahren kam der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz in Leipzig zur Welt, vor 300 Jahren starb er in Hannover. Die Leibniz-Gemeinschaft nimmt das zum Anlass für ein großes Themenjahr. Unter dem Titel „die beste der möglichen Welten“ – einem Leibniz-Zitat – rückt sie die Vielfalt und die Aktualität der The-men in den Blick, denen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der bundesweit 88 Leibniz-Ein-richtungen widmen. Und stellt die Menschen hinter der Forschung vor. Was treibt sie bei ihrer Suche nach neuer Erkenntnis an? Und welchen Beitrag leisten sie zur Lö-sung gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch drän-gender Fragen?

Gottfried Wilhelm LeibnizEnde des 17. Jahrhunderts vertieft sich der Philosoph, Mathematiker, Jurist, Diplomat, Historiker und Politikbe-rater Leibniz in elementare Fragen des Lebens. Er entwi-ckelt ein binäres Zahlensystem, das später die Grundlage der Computersprache bilden wird und tüftelt über Jahr-zehnte an einer neuartigen Rechenmaschine. Er studiert Sprachen, baut eine Bibliothek auf und wird auch in der Windkraft zum Pionier — auch wenn seine Versuche mit Windrädern scheitern. Zugleich zählt Leibniz zu den gro-ßen Philosophen der Aufklärung. Er macht sich Gedanken über Religion und prägt den viel diskutierten Satz von »der besten der möglichen Welten«.

Mit zahlreichen Veranstaltungen, einer neuen Internetseite und dem

neuen Magazin „leibniz“ begeht die Leibniz-Gemeinschaft das Leibniz-

Jahr 2016

„die beste der möglichen Welten“Unsere Wirklichkeit stellt sich nach Leibniz in ihrer Ge-samtheit als „die beste der möglichen Welten“ dar. Das ist – wie aktuelle, auch dramatische Ereignisse zeigen – keine perfekte Welt, sondern eine in der Fortschritte wie Rück-schläge möglich sind. Die Menschen besitzen die Freiheit, die Welt zu beobachten, zu verstehen – und Verbesserun-gen anzustoßen. Diese Freiheit ist auch Bedingung von Wissenschaft.

Das ProjektWie Leibniz-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Freiheit 300 Jahre nach dem Tod des Universalge-lehrten nutzen, möchten wir Ihnen auf ganz verschiedene Weise zeigen:

• In einem umfangreiche Veranstaltungsprogramm mit der neuen Gesprächsreihe „Leibniz debattiert“, einem großen Berliner Salon und einer gemeinsamen Aus-stellung der acht Leibniz-Forschungsmuseen.

• Auf der neuen Internetseite www.bestewelten.de, die das ganze Jahr über Artikel aus Gesellschaft und Wissenschaft präsentiert. Außerdem gibt es hier alle Termine auf einen Blick.

• Das Leibniz-Journal wird 2016 in einem neuen Ge-wand erscheinen. Unter dem Namen „leibniz“ liefert es weiterhin vier Mal im Jahr spannende Geschichten aus Wissenschaft und Gesellschaft – und über die Men-schen hinter der Leibniz-Forschung.

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Hans-Hermann Hertle

& Hans-Wilhelm Saure:

Ausgelacht- DDR-Witze aus

den Geheimakten des BND;

144 Seiten, Ch. Links Verlag,

Berlin 2015; 10,00 Euro.

ISBN: 978-3-86153-844-8

Anita Hermannstädter,

Ina Heumann & Kerstin

Pannhorst (Hg.):

Wissensdinge – Geschichten

aus dem Naturkundemuseum;

288 Seiten, Nicolai Verlag,

Berlin 2015; 24,90 Euro

ISBN 978-3-89479-950-2

Geheimdienste und Witze als gemeinsamer Gegenstand wissenschaftlich fundierter Literatur – in einem Buch wohlgemerkt – liegen nicht unbedingt auf der Hand. Aber wie so oft schreibt die Realität die besten Geschichten, denn der Bundesnachrich-tendienst (BND) sammelte tatsächlich po-litische Witze in der DDR. Zuletzt zwei Mal jährlich legte er sie zum Rosenmontag und zum 11.11. als Stimmungsbarometer aus dem Osten dem Bundeskanzleramt vor.

Nach Freigabe der Akten haben der Histo riker Hans-Hermann Hertle vom Zen-trum für Zeithistorische Forschung in Pots-dam und der Bild-Journalist Hans-Wilhelm Saure die Witze aus dem Geheimdienst-unterlagen des BND zusammengetragen und in ihrem Buch „Ausgelacht“ auf knapp

Ein Wissensding? Das ist das, was in ei-nem Museum aus den Sammlungsobjekten wird. Durch das Präparieren, Ausstellen, Interpretieren, Erforschen und durch die Geschichten, die sich mit den Objekten ver-binden. Wissensdinge stehen so zwischen natürlichen und künstlichen Dingen. So wie der Großaugenbarsch auf dem Buch-umschlag von „Wissensdinge – Geschichten aus dem Naturkundemuseum“.

Ein deutsch-russischer Naturforscher sammelte ihn 1805 in Japan, als Typus-Ex-emplar begründete er wissenschaftlich eine eigene Fischart, zwischendurch musste er seinen Namen und seine Gattung wechseln. Nun erlangt er nach fast 200 Jahren im Mu-seum, aber vermutlich ohne je in der Aus-

100 Seiten veröffentlicht. Vorangestellt ha-ben sie einen 30-seitigen Essay über den zeitgeschichtlich bislang weitgehend un-erforschten politischen Witz in der DDR und die Sammelaktion des BND. An dieser Stelle ist aber vorübergehend Schluss mit lustig: Denn die Autoren berichten auch über aktenkundige Fälle aus der Frühphase der DDR, in denen das Erzählen eines poli-tischen Witzes als „staatsfeindliche Hetze“ mit Zuchthaus bestraft wurde. Trotzdem können die Leser anschließend wieder ohne schlechtes Gewissen über die thematisch sortierten Witze lachen. Denn die waren ein kleiner, humoriger Akt der Distanzierung und Rebellion gegen das totalitäre System.

christoph herbort-von loeper

stellung gezeigt worden zu sein, eine pro-minente Stellung. Das Buch zeigt aus den mehr als 30 Millionen Sammlungsobjekten des Museums 94 Beispiele ganz unter-schiedlicher Wissensdinge vom Meteoriten-Bruchstück über das längst ausgestorbene Quagga bis hin zu gefälschten Bernstein-Fossilien. Ausgewählt und ganz persönlich beschrieben haben die Wissensdinge 94 Menschen – Grundschüler, Studenten und Wissenschaftler, aber auch eine ehemalige Bundesministerin. Damit machen sie sie noch ein bisschen mehr zu ganz besonderen Dingen, zu Wissensdingen.www.mfn-wissensdinge.de

christoph herbort-von loeper

Wir ver-losen drei Exemplare von „Aus-gelacht – DDR-Witze aus den Geheimak-ten des BND“ 3 S. 48

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Dass Ingeborg Seltmann nicht nur als Muse-umspädagogin abwechslungsreich durch das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg führen kann, sondern auch unterhaltsame Ro-mane schreibt, beweist sie mit ihrem neuen Buch „Horst allein zu Haus“. Die Protagonistin Gabi ist gerade erst 60 geworden und fühlt sich noch zu jung, um in Rente zu gehen. Sie liebt ihren Job in der Buchhandlung, doch das Problem ist ihr Mann Horst. Seit kurzem in Rente, möchte der mehr Zeit mit Gabi verbrin-gen, endlich leben, am besten auf einer lan-gen Kreuzfahrt. Nun ja, für den Anfang muss erst einmal ein Tangokurs reichen. Die älteste Tochter hingegen benötigt dringend Unter-

Die geteilte Geschichte Deutschlands er-schließt sich erst im Spannungsfeld von Ab-grenzung und Verflechtung der beiden deut-schen Staaten vollständig. Damit eröffnet Frank Bösch den Band „Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970-2000“. Unter dieser Prämisse reflektieren zwölf Aufsätze historische Knotenpunkte beider deutscher Staaten, die auch für die Entwicklung der ge-genwärtigen deutschen Gesellschaft zentrale Herausforderungen und Themen darstellen. Die Beiträge spannen den Bogen vom politi-schen und ökonomischen Wandel über Um-welt- und Bildungspolitik bis zur kulturellen Bedeutung von Digitalisierung, Sport und

Von der Friedensidee zum Zankapfel – so be-schreibt Hans-Werner Sinn die Geschichte des Euros. Er spricht grundlegende Konstrukti-onsfehler des Euro-Systems an, dessen Span-nungen sich vor allem in der jüngsten Krise in Griechenland entladen. Zu groß sei das Gefälle zwischen wirtschaftsschwachem Süden und den reicheren Ländern im Norden, die die Lasten des Südens mitverantworten müssen, so der Präsident des ifo-Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Bereits im 19. Jahrhundert sei in den USA erkennbar ge-worden, dass eine Vergemeinschaftung von Schulden nicht funktioniere: Ausführlich be-

Das Jahr 2015 war das vorerst wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Damit hatte wohl der Klimawandel selbst ein Möglich-keitsfenster geöffnet, um im Dezember in Pa-ris zu einem neuen Weltklimavertrag zu kom-men, der die klimapolitische Zielmarke von zwei Grad maximaler Erderwärmung deut-lich unterbietet. Pünktlich vor Beginn dieser 21. UN-Klimakonferenz hat der Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, sein eigenes „Ver-mächtnis“ vorgelegt. Auf rund 700 Seiten ist das unmissverständlich mit „Selbstverbren-nung“ betitelte Buch ein Plädoyer für den

stützung mit dem ersten Kind. Da Horst an der Volkshochschule über „etruskischen Bergbau“ referiert, bricht Gabi allein zur Tochter nach Berlin auf. Nur um von dort dann direkt zur Frankfurter Buchmesse zu reisen. Und in der ganzen Zeit ist Horst allein zu Haus…

Ingeborg Seltmann schreibt mit Humor und Augenzwickern über die alltäglichen He-rausforderungen einer Frau, die sich noch lan-ge nicht alt genug fühlt, um mit Senioren über den Atlantik zu schippern. In kurzen Kapiteln begleitet der Leser Gabi durch ihren turbu-lenten Alltag, der dieses Buch dank des ganz alltäglichen Wahnsinns zu einer kurzweiligen Lektüre macht. anna rämisch

Massenmedien. Sowohl die transnationale als auch zeitliche Perspektive, die das „Um-bruchsjahr“ 1990 in das Narrativ integriert und damit Kontinuitäten und Brüche stärker in den Fokus bringt, eröffnen neue Einblicke in die historische Entwicklung beider Staaten und nicht zuletzt auf deutsche Befindlichkei-ten nach der Wiedervereinigung. Damit ge-lingt dem Herausgeber und Autor Frank Bösch vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam, eine komplexe Darstellung der Ge-schichte des geteilten Deutschlands für Zeit-historiker und für alle interessierten Leserin-nen und Leser. sabine müller

schreibt Sinn die damaligen Schuldenexzesse und Pleiten einzelner Mitgliedsstaaten. Heute könnte die Verschuldung Griechenlands ein ähnliches Finanzchaos wie damals erzeugen. Der Ökonom kritisiert aber nicht nur, er prä-sentiert auch Lösungsvorschläge: Er fordert einen Schuldenschnitt für Griechenland und verlangt nach dem Vorbild der heutigen USA ein striktes Verbot der Haftung des Bundes und der Notenbank für verschuldete Glied-staaten. In einer „atmenden Eurozone“ könn-ten schwächelnde Mitgliedsstaaten zeitwei-lig austreten, ohne dass eine anschließende Rückkehr ausgeschlossen sei. lena leisten

Schutz des Klimas. Schellnhuber vermittelt dabei für Laien verständliche wissenschaft-liche Grundlagen der Klimaforschung und zeichnet die Entstehungsgeschichte seiner eigenen Fachdisziplin nach. Zugleich ist es die Autobiographie einer beeindruckenden Forscher- und Beraterpersönlichkeit, die auch eindrucksvolle und mitunter erschreckende Innenansichten der internationaler Klimadip-lomatie erlaubt. Denn Schellnhuber war lange der klimapolitische Chefberater der Bundes-regierung und in dieser Funktion auch an et-lichen internationalen Klimaverhandlungen indirekt beteiligt. christian kobsda

Ingeborg Seltmann:

Horst allein zu Haus; 384

Seiten, rororo, Reinbek

2015; 9,99 Euro

ISBN: 978-3-499-26953-0

Frank Bösch (Hg.):

Geteilte Geschichte

Ost- und Westdeutschland

1970-2000; 491 Seiten,

Vandenhoeck & Ruprecht,

Göttingen 2015; 34,99 Euro;

ISBN 978-3-525-30083-1

Hans-Werner Sinn:

Der Euro — Von der Frie-

densidee zum Zankapfel;

560 Seiten, Hanser Verlag,

München 2015; 24,90 Euro.

ISBN 978-3-446-44468-3

Hans Joachim Schellnhuber:

Selbstverbrennung;

784 Seiten, C. Bertelsmann

Verlag, München 2015;

29,99 Euro

ISBN: 978-3-570-10262-6 Abb:

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Die besten Absolventen unter den Doktoranden und Aus-zubildenden hat die Leibniz-Gemeinschaft während ihrer Jahrestagung Ende November in Berlin ausgezeichnet. Für ihre herausragenden Dissertationen erhielten Dr. Tobias Stöhr vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel und Dr. Judith Mylius vom Leib-niz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg den Nachwuchspreis der Leibniz-Gemeinschaft. Als beste Auszubildende wurde die Biologielaborantin Lisa­Marie Johannssen vom Forschungs-zentrum Borstel – Leibniz-Zent-rum für Medizin und Biowissen-schaften geehrt.

Tobias Stöhr analysierte in sei-ner Dissertation verschiedene soziale und ökonomische Effekte internationaler Arbeitsmigration aus Sicht von Migranten und ih-rer Familien. Dabei zeigte er, dass es unter Geschwistern häufig einen starken Spezialisierungs-effekt gibt; wenn ein Geschwis-terteil ins Ausland geht, kom-pensieren die zurückbleibenden Familienmitglieder deren Ausfall bei der Pflege der Eltern. Tobias Stöhr fand auch heraus, dass ein Weggang von Familienmitglie-dern nicht wie oft befürchtet negative Konsequenzen haben muss. Ein erhöhtes Einkommen

durch Geldüberweisungen der im Ausland arbeitenden Kinder kann das Leben der Eltern im Herkunftsland verbessern. We-niger Aufwand für die Selbst-versorgungslandwirtschaft ver-schafft ihnen außerdem mehr Zeit für Erholung und soziale Kontakte.

Judith Mylius hat in ihrer Doktorarbeit den Zusammen-hang verschiedener kognitiver Prozesse wie Hörverständnis, Motivation und Aufmerksam-keit im Gehirn untersucht. Durch Verhaltensexperimen-te mit Langschwanz-Makaken zeigte sie, dass der Botenstoff Dopamin das Hörzentrum in der Großhirnrinde beeinflusst und ein motiviertes Individuum besser hört, da die Nervenzel-len durch das Dopamin Signale besser verarbeiten können. Mit der Beantwortung dieser alten neurobiologischen Frage eröff-nen sich neue Behandlungswege für Menschen mit Lernstörungen aufgrund einer Degeneration des Dopamin-Systems mit Tie-fer Hirnstimulation. Durch die Verwendung nicht-menschlicher Primaten statt Nagern als Tier-modell ist die Wahrscheinlich-keit deutlich höher, dass Mylius‘ Erkenntnisse besser und schnel-ler auf den Menschen übertragen werden können.

Für ihre sehr guten Leistungen in der Berufsschule und ihre Arbeit an den Instituten, ihr Engage-ment bei der Unterstützung von Mitschülern und ihren Einsatz in der Berufsinformation von potenziellen Auszubildenden wurde Lisa-Marie Johannssen mit dem Leibniz-Auszubilden-denpreis prämiert. Der zweite Preis ging an Carolin Stolpe, die eine Ausbildung zur Fachange-stellten für Markt- und Sozialfor-schung am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in der for-schungsbasierten Infrastruktur-einrichtung Sozio-ökonomisches Panel (SOEP) absolvierte. Sie überzeugte unter anderem durch die weitgehend selbstständige Umsetzung der jährlichen Nutz-erbefragung 2014 des SOEP bei rund 2000 Forscherinnen und Forschern. Platz drei belegte der Physiklaborant Marc Möbis vom Max-Born-Institut für Nichtline-are Optik und Kurzzeitspektros-kopie in Berlin. Er war nicht nur Jugendauszubildenden-Vertreter im Betriebsrat, sondern hielt bereits während der Ausbildung Fachvorträge für Technikerschu-lungen des MBI und war in der Außendarstellung des Instituts engagiert.

www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/auszeichnungen/

Ausgezeichnet

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Dr. Andreas Walther vom DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien in Aachen erhält ei-nen „Starting Grant“ des Europäi-schen Forschungsrats (ERC). Der Chemiker forscht an intelligen-ten Nanostrukturen. In seinem ERC-Projekt will er die zeitliche Kontrolle über Materialstruktu-ren betrachten und künstliche Materialien entwickeln. Bei die-sen sollen nach dem Vorbild des menschlichen Körpers einzelne Komponenten im Laufe der Zeit neu entstehen, sich verändern oder auflösen. Derartige Materia-lien könnten vielseitigen Einsatz finden – zum Beispiel als tem-poräre Datenspeicher, als Trä-germaterialien für medizinische Wirkstoffe oder Biosensoren. Nach seiner Promotion an der Universität Bayreuth und Post-doc-Stationen in Finnland leitet Andreas Walther seit 2011 eine Nachwuchsgruppe am DWI.

Seit dem 1. November 2015 ist Prof. Dr. Stefan Eisebitt Direktor am Max-Born-Institut für Nichtli-neare Optik und Kurzzeitspektro-skopie (MBI) in Berlin. Der Phy-siker ist seit 2008 Inhaber einer Strukturprofessur an der Techni-schen Universität Berlin für das Fachgebiet „Nanometer-Optik und Röntgenstreuung“. Beson-ders bekannt ist Stefan Eisebitt für seine Entwicklungen zur re-sonanten Röntgenholografie, die zum Beispiel zeitaufgelöste Auf-nahmen ultraschneller Magne-tisierungsvorgänge ermöglicht. Neben seiner fortdauernden Tä-tigkeit an der TU Berlin vertritt er am MBI das Fachgebiet „Ex-perimentelle Physik mit Schwer-punkt Laserphysik“.

Einen „Consolidator Grant“ hat der Europäische Forschungs-rats (ERC) PD Dr. Thorsten Schnurbusch vom Leibniz- Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben zugespro-chen. Mit seinem Forschungs-projekt möchte der Leiter der Arbeitsgruppe Pflanzliche Bau- pläne am IPK die Entwicklung von Getreideährchen bei Gerste auf molekularer Ebene unter-suchen. Dieser bisher kaum

erforschte Prozess soll neue Ansätze zur Ertragssteigerung eröffnen. Ährchen bezeichnen den Blütenstand entlang einer Getreideähre, in denen sich später die einzelnen Körner entwickeln. Bekannt ist, dass dieser Wachstumsprozess der Pflanze und damit die Anzahl der späteren Körner genetisch begrenzt wird. Unklar ist je-doch, wie genau diese Prozesse auf mole kularer Ebene gesteu-ert werden.

Mit dem Postdoc-Preis des Lan-des Brandenburg in der Kate-gorie Sozial- und Geisteswis-senschaften ist Dr. Franziska Rehlinghaus vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam ausgezeichnet wor-den. In ihrer prämierten Arbeit beschäftigt sich die Historikerin mit der Frage, wie es den pro-testantischen Kirchen gelingen

konnte, im Deutschland des 19. Jahrhunderts die Deutungsho-heit über Bestattung und Tod wiederzuerlangen und ihre ri-tuelle Gestaltung weitestgehend konkurrenzlos an sich zu ziehen. Der Brandenburger Postdoc-Preis wird jährlich in zwei Kate-gorien verliehen, die mit jeweils 20.000 Euro Preisgeld dotiert sind.

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Prof. Dr.­Ing. Matthias Wessling hat die Position des stellvertretenden wissenschaftlichen Direktors am DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Mate-rialien in Aachen übernommen. Seit 2010 forscht er als Alexander-von-Humboldt-Professor in Aachen, wo er den Lehrstuhl für Che-mische Verfahrens-technik an der RWTH inne hat.

Dr. Kristin Mühlen bruch ist für ihre Dissertation am Deutschen Institut für Ernährungsfor-schung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) mit dem Nach-wuchswissenschaft-lerinnen-Preis des Forschungsverbunds Berlin ausgezeich-net worden. Ihre Arbeit hat wesentlich dazu beigetragen, den von DIfE-Wissenschaftlern erstellten Risiko-Test für Typ-2-Diabetes weiterzuentwickeln. Dieser leistet einen wichtigen Beitrag zur Diabetesprävention.

Am 1. Oktober 2015 hat Prof. Dr. Markus Meier die Leitung der Sektion Physika-lische Ozeanographie

und Messtechnik des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) übernommen. Zuvor arbeitete der Experte für theoretische Ozeanographie und Klimamodellierung am Schwedischen Meteorologischen und Hydrologischen

Institut. Mit dem Wechsel ans IOW übernimmt Meier auch eine Professur für Ozeanographie an der Universität Rostock.

Prof. Dr. med. Mircea Ariel Schoenfeld von der Universitätsklinik für Neurologie Magde-burg und stellver-tretender Direktor der Abteilung für Verhaltensneurologie am Leibniz-Institut für Neurobiologie hat für seine wissen-schaftlichen Arbeiten zur bislang unheil-baren degenerativen Nervenerkrankung Amyotrophe Lateral-sklerose (ALS) den „Christa Lorenz-ALS-Forschungspreis 2015“ erhalten. Der mit 15.000 Euro dotierte Forschungs-preis wird von der Stiftung für medizi-nische Wissenschaft vergeben.

Der Stammzellforscher Prof. Dr. Heinrich Jasper vom Buck Insti-tute for Research on Aging (USA) erhält eine Alexander von Hum-boldt-Professur, für die ihn das Leibniz-Institut für Alternsfor-schung – Fritz-Lipmann-Institut und die Friedrich-Schiller-Univer-sität Jena vorgeschlagen haben. Jasper gilt als einer der führenden Experten in der Stammzell- und Alternsforschung. Seine Kennt-nisse über die Signalwege, die im Alter und bei Entzündungen zur Hemmung der Stammzell-funktion und des Organerhalts führen, sollen den Hauptschwer-punkt der Alternsforschung in Jena stärken. Die Alexander von Humboldt-Professur ist der höchstdotierte Forschungspreis Deutschlands und soll internatio-nale Spitzenforscher an deutsche Universitäten holen.

Dr. Tine Hanrieder, wissen-schaftliche Mitarbeiterin der Ab-teilung Global Governance am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), hat den mit 10.000 Euro dotierten Berli-ner Nachwuchspreis erhalten. Die Politikwissenschaftlerin wird für ihre Arbeiten zu globaler Gesund-heitspolitik ausgezeichnet, in denen sie unter anderem die Ge-schichte der Weltgesundheitsor-ganisation (WHO) nachzeichnet und Gründe für das Scheitern von Reformen aufzeigt. Der Berliner Nachwuchspreis wird zusammen mit dem Berliner Wissenschafts-preis des Regierenden Bürger-meisters vergeben und zeichnet innovative Forschungsansätze in einem Zukunftsfeld mit beson-derem Nutzen für den Wissen-schafts- und Wirtschaftsstandort Berlin aus.

Der langjährige Direktor des Max-Born-Instituts für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) in Berlin, Prof. Dr. Wolf-gang Sandner, ist am 5. Dezember völlig unerwartet im Alter von 66 Jahren gestorben. Der Laserphysiker war von 1993 bis 2013 MBI-Direktor. Anschließend engagierte er sich als Gene-raldirektor beim Aufbau der Extreme Light Infrastructure (ELI), einer gemeinsamen europäischen Anstrengung, in der die welt-weit intensivsten Laser eingesetzt werden sollen. Noch im No-vember konnte er die Einweihung der Gebäude des Forschungs-zentrum ELI-Beamlines in Dolní Břežany (Tschechien) feiern. Von 2003 bis 2013 war Sandner Koordinator des Netzwerks „Laserlab Europe“ der 30 größten Laserforschungseinrichtun-gen Europas, von 2010 bis 2012 fungierte er als Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.

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