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KONGRESS Für die beste Bildung der Welt HALBZEITBILANZ Große Koalition, kleiner Anspruch liberal . nrw Das FDP-Magazin von Partei und Fraktion in Nordrhein-Westfalen 3/15 Mehr Freiheit für unsere Schulen Interview mit dem Bildungsexperten Drs. Bob van de Ven über Wege zu bester Bildung 8 Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise

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KONGRESSFür die beste Bildung der Welt

HALBZEITBILANZGroße Koalition, kleiner Anspruch

liberal.nrwDas FDP-Magazin von Partei und Fraktion in Nordrhein-Westfalen 3/15

Mehr Freiheit für unsere Schulen

Interview mit dem Bildungsexperten Drs. Bob van de Ven über Wege zu bester Bildung

8 Maßnahmen zur

Bewältigung der Flüchtlingskrise

2 EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

Deutschland und besonders NRW befinden sich in einer Ausnahme­situation. Hunderttausende Menschen aus Kriegs­ und Krisenregionen und ärmeren Ländern Europas suchen bei uns Schutz. Die Willkom­menskultur in NRW und das beispiellose Engagement unserer Bürge­rinnen und Bürger beweisen das Potenzial unseres Landes. Dennoch: Die Landesregierung hat die Situation lange unterschätzt, sich in die Sommerpause verabschiedet und die Kommunen alleingelassen.

Statt angesichts der Herausforderungen und Chancen, die sich aus dem Flüchtlingszuzug ergeben, nun einen Gang höher zu schalten, drosselt Rot­Grün den Motor weiter. Mit ihrer Leitentscheidung zur Braunkohle setzt die Landesregierung Sicherheit und Bezahlbarkeit der Energieversorgung in Deutschland aufs Spiel. Die SPD ist vor den Grünen eingeknickt. Den Preis für die grüne Ideologie zahlen die Bürgerinnen und Bürger: mit ihrer Stromrechnung, aber auch durch den absehbaren Verlust von Arbeitsplätzen in der Region.

Durch Versäumnisse rot­grüner Politik hat NRW in den vergangenen fünf Jahren an Stärke eingebüßt. Die Kommunen sind strukturell unterfinanziert und ächzen unter den Aufgaben. Die Schulen sind mit der überstürzten Einführung der Inklusion bereits über die Maßen gefordert, und durch den immensen Unterrichtsausfall – auch von Pflichtstunden – wird unseren Kindern Lernzeit vorenthalten. Und die Chancen am Arbeitsmarkt sind seit Jahren schlechter als in ande­ren Ländern, weil Rot­Grün Wachstumsbremsen angezogen hat.

Die Interessen Nordrhein­Westfalens sind bei Rot­Grün in schlechten Händen und werden in Berlin zu schwach vertreten. Das zeigt sich immer wieder. Bei der Verteilung der dringend benötigten Regionali­sierungsmittel für den Schienennahverkehr hat sich Verkehrsminister Groschek erneut über den Tisch ziehen lassen. Das Pendlerland NRW wird bis 2031 nicht den Anteil an Bundesfördermitteln bekommen, der ihm zusteht. Zwei Milliarden Euro verliert NRW wegen amateur­hafter Verhandlung. Geld, das nicht in den Nahverkehr investiert werden kann.

Statt Harmonie herrscht in der rot­grünen Koalition längst Ernüch­terung. Der rote Wirtschaftsminister liegt im Dauerclinch mit dem grünen Umweltminister. Während Duin in Briefen und Interviews an die wirtschaftliche Vernunft appelliert, schafft Remmel Fakten. Sei es Braunkohle, Landesentwicklungsplan oder das Industrieprojekt new­Park – der starke Mann im Kabinett ist der grüne Umweltminister.

Viele Grüße

Ihr Christof Rasche

CHRISTOF RASCHE, Parlamentarischer

Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion

christof-rasche.de

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3FDP-LANDTAGSFRAKTION | BILDUNG

„Es reicht nicht, ein schönes Klassenzimmer einzurichten.“

Die FDP hat sich beste Bildung zum Ziel gesetzt. Was muss dazu in Deutschland verändert werden?Das ist eine Frage, über die man Stunden sprechen kann. Bildung ist dann gelungen, wenn den Kindern beigebracht wurde, als selbständige Bürger leben zu können. Wenn sie die Fähigkeit haben, kritisch und reflektiert über Dinge nachdenken zu können, und auch bereit sind, morali­sche Fragen zu stellen. Daran fehlt es heutzutage in der Gesellschaft zu oft. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um bessere Bildungs-erfolge zu erreichen?Es bedarf qualitativ guter Schulen, die auf Probleme selbständig und adäquat reagieren. Dazu brauchen sie Freiheiten. Die Qualität in der Bildung kann nur über die Lehrerinnen und Lehrer erzielt werden. Es reicht nicht, ein schönes Klassenzimmer einzu­richten.

weiterführenden Schulen verstärkt fortgesetzt werden – auch in den Niederlanden.

Ist individuelle Förderung wichtig, um bessere Bildung zu erreichen?Individuelle Förderung ist sehr wich­tig. Es geht darum: Wie komme ich mit meinen Schülern individuell ins Ge­spräch? Wir nennen das Lerncoaching. Dabei werden die Schüler viel mehr auf ihre eigene Persönlichkeit und ihre Lernstile angesprochen und auch darauf: Wie ist die soziale Situation der Schüler? Das ist heutzutage oft so problematisch, dass es wichtig ist, die Schüler individuell zu begleiten. Darauf sollten die Lehrerinnen und Lehrer vorbereitet werden.

Was muss noch verändert werden?Die Lernmittel müssen stärker modernisiert und individuell genutzt werden. Wir hinken der Entwicklung gerade auch bei der Digitalisierung

Wie kann die Qualität der Bildung gestärkt werden?In den letzten Jahren ist zu sehr auf die Resultate von internationalen Studien und auf Daten geachtet worden: Wie hat man bei Pisa­Studien abgeschnitten, wie viele Schüler sind sitzen geblieben? Und so weiter. Das Rankingsystem steht dabei im Zentrum. Aber wenn nur darauf geschaut wird, ist Bildung zu stark am Output ausgerichtet. Es kommt auch darauf an, festzustellen, was die Schüler gelernt haben und zu was für Persönlichkeiten sie sich entwickelt haben – also auf das Outcome.

Wie lässt sich Outcome messen?Das ist nicht einfach. In den Nieder­landen bekommen die Schüler und Schülerinnen in der achtjährigen Grundschulzeit nicht nur Ziffer­Noten, sondern auch einen Bericht über ihre Fähigkeiten wie Sozialverhalten oder Arbeitsweise. Das müsste an

INTERVIEW Drs. Bob van de Ven ist Vorsitzender des niederländi-schen Forums für Schulmanagement und internationaler Bildungs-experte. Im Interview erklärt er, was NRW und Deutschland auf dem Weg zu bester Bildung von den Niederlanden lernen können. Und was eine gute Schule ausmacht.

Drs. Bob van de Ven ist selbst ändiger Bil dungs berater, Vorsitzender des niederländischen Forums für Schul-management, Vorstands mitglied der Stiftung Inter-nationale Bildung in Den Haag und Mit-glied des Auf sichts-rates einer Gruppe von Schulen im Westland/Den Haag.

4 FDP-LANDTAGSFRAKTION | BILDUNG

Gibt es Standards, die der Staat vorgibt? Ja. Es gibt eine Schulinspektion, die regelmäßig jede Schule besucht, in den Unterricht geht und mit Schülern, Eltern und Lehrern redet. Dazu wird ein Bericht erstellt. Wenn sich her­ausstellt, dass eine Schule schwache Leistungen zeigt, wird sie innerhalb kürzester Zeit erneut besucht. Wenn es dann keine Verbesserung gibt, greift der Staat ein und gibt Standards vor. Ansonsten hält er sich aus der Gestaltung des Unterrichts heraus und prüft nur, wie die Lernergebnisse sind.

Wie wichtig ist die Profilbildung der Schulen?In meinen Augen heißt liberal sein, die Freiheit zu haben, sein eigenes Leben und seine Umgebung so weit wie möglich selbst zu gestalten, und dass man bereit ist, im Wettbewerb mit anderen zu leben. Man versucht, bessere Qualität zu liefern als andere, dadurch bekommt man eine bessere Gesellschaft. Dieses Prinzip haben wir in der Bildung in Holland.

Wie funktioniert die Profilbildung in den Niederlanden?Die Schulen sind frei, wie sie ihren Unterricht gestalten. Sie entwickeln ihr eigenes Profil. Im Wettbewerb mit den anderen Schulen versuchen sie, Eltern und Schüler für sich zu inter­essieren. Man möchte gute Bildung liefern und kann sich durch Qualität

unterscheiden. Wettbewerb zwischen den Schulen ist nicht schlecht. Er muss aber im Rahmen bleiben, darf keine Auswüchse haben, denn Bildung ist eine gesellschaftliche Aufgabe.

Welchen Einfluss hat die Schulleitung auf den Erfolg einer Schule? Einen großen. Die Schulleiter haben selbständig die Möglichkeit, Lehrer einzustellen oder zu entlassen, um die Qualität der Schule zu verbessern. Sie entwickeln zusammen mit ihrem Lehrer­Team das Profil der Schule und wie der Unterricht gestaltet wird. Ob man Tage mit 7 x 50 Minuten hat oder ob 3 x 100 Minuten unterrichtet wird. Das ist in den Niederlanden so mög­lich. Da sind wir nicht an bestimmte Stundenpläne festgenagelt, die das Ministerium vorgibt. Es gibt viel mehr Flexibilität und unzählige Möglich­keiten.

Welche Aufgaben sollte ein Schulleiter erfüllen?Er soll Einfluss auf Unterricht und Qualität haben und Lehrer motivieren, guten Unterricht zu geben. Sich hinter administrativen Aufgaben zu verste­cken, wäre eine Flucht aus den eigent­lichen Aufgaben. Schulleiter sollten gut organisieren können, Visionen entwickeln und weiter denken, als nur den Status quo zu halten. Kommuni­kative Fertigkeiten sind wichtig und Kreativität sowie ein allgemeines Inte­resse, was in der Gesellschaft passiert.

Welche Herausforderungen, aber auch Gestaltungsmöglichkeiten kom-men auf Lehrerinnen und Lehrer zu bei mehr Schulfreiheit? Je selbständiger und autonomer eine Schule ist, je mehr müssen die Lehrer zusammenrücken und sich vernetzen. Der Unterricht besteht nicht länger aus Einzelbausteinen. Der Lehrer hat stattdessen mehr Verantwortung für die gesamte Schule und die gesamte Schülerschaft und nicht nur für seine Einheit, die er nach 45 Minuten wieder abgibt. Das Profil der Schule, dessen Schärfung und die Qualität des Angebots sind das gemeinsame Ziel.

erheblich hinterher, nicht nur in Deutschland. Hier muss allerdings auch die Einrichtung von Klassenzim­mern flexibler werden. Man sieht in Deutschland noch viele traditionell eingerichtete Schulen, sehr standar­disiert. Die Schulträger sollten aber mehr Freiraum bekommen, um die Schulen so zu bauen und einzurichten, dass es im Einklang mit dem Unter­richtskonzept ist. Das heißt, dass man über größere und kleinere Räume verfügt, die flexibel eingerichtet sind.

Was können wir von den Niederlanden lernen?Mir scheint das Wichtigste zu sein, dass der Schulleiter eine möglichst große Ei­genverantwortung hat, sowohl in finan­ziellen Angelegenheiten als auch auf dem Gebiet des Personals. Das gibt die Möglichkeit, ein eigenes Schulprofil zu entwickeln, auch mit finanziellen und personellen Schwerpunkten. Und so übernimmt man die volle Verantwor­tung für die Qualität, die geliefert wird. Und das alles ist ein Zusammenspiel zwischen Schule, Eltern und Schülern. Sonst funktioniert es nicht.

Drs. Bob van de Ven arbeitete viele Jahre als Schulleiter in Gymnasien und in der Erwachsenen-bildung. Danach war er Vorstandsvorsit-zender einer Stif-tung für katholische Schu len in Utrecht.

Seine Arbeits-schwer punkte sind Schul or ga ni sa ti on, Schul ent wicklung, Schul leiter bil-dung, Schule und Politik, Schulauto-nomie und „New Governance“ in der Bildung.

„MIR SCHEINT DAS WICHTIGSTE ZU SEIN, DASS

DER SCHULLEITER EINE MÖGLICHST GROSSE EIGEN­

VERANTWORTUNG HAT.“

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Beim Schulkongress schaute die Fraktion über den Tellerrand. In den Niederlanden werden be­

reits gute Erfahrungen mit selbstän­digeren Schulen gemacht. Können wir von den Nachbarn lernen? Drs. Bob van de Ven (Vorsitzender des Nieder­ländischen Forums für Bildungsma­nagement) erläuterte, wie Schulfrei­heit im Nachbarland funktioniert und wie sich die Zufriedenheit von Schü­lern und Lehrern dadurch verbessert hat. Dabei warf er auch die Frage auf, welche Rolle die Schulleitung über­nehmen sollte.

Auch in Hessen, wo die Schulfreiheit unter liberalen Kultusministerinnen ge­stärkt wurde, haben sich Erfolge gezeigt. Nicola Beer, Kultusministerin a. D., be­tonte, dass der Weg zu mehr Schulfrei­heit nicht ohne intensive Diskussionen vollzogen wurde. Als erfolgreich hätten sich zwei wichtige Bedingungen erwie­sen: Freiwilligkeit und unterschiedliche Stufen der Selbständigkeit. Beer plädiert für Standards, die auch kontrolliert werden, bei der Umsetzung weiß die einzelne Schule jedoch am besten, mit welchen Maßnahmen diese Lernziele und Standards erreicht werden können.

Bildungsforscher Prof. Wilfried Bos von der TU Dortmund hat sich nach dem Pisa­Schock mit den Ursachen unter­schiedlicher Lernerfolge befasst. Inter­nationale Vergleiche lassen demnach den Schluss zu, dass mehr Autonomie und weniger Bürokratie eine gute Idee für Bildungsqualität sind. „Mit dieser er­folgreichen Auftaktveranstaltung begin­nen wir den Dialog mit allen Beteiligten hin zu mehr Schulfreiheit“, bekräftigte Yvonne Gebauer, bildungspolitische Sprecherin der FDP­Landtagsfraktion.

Beste Bildung durch mehr Freiheit für unsere SchulenSCHULPOLITISCHER KONGRESS Wie kann man die Bil-dungsqualität an Schulen weiter stärken? Darüber debat-tierte die FDP-Fraktion beim Kongress „Für die beste Bildung der Welt – mehr Freiheit für unsere Schulen“. Dr. Gerhard Papke, Vizepräsident des Landtags NRW, betonte: „Es ist unser Ziel, beste Chancen in der Bildung zu ermöglichen.“ Dazu müssten alle Kinder entsprechend ihren Talenten geför-dert werden.

Das Video zum Kongress auf Youtube:bit.ly/1GuWaSv

Alle Tweets auf Storify:bit.ly/1LaAwu3

Mehr auf unserem Blog: bit.ly/1MXuMkY

(v. l.) Prof. Wilfried Bos und Drs. Bob van de Ven mit Yvonne Gebauer, Helmut E. Klein, Petra Witt, Mode-rator Wulf Pabst, Peter Silbernagel, Claus Hamacher

FDP-LANDTAGSFRAKTION | BILDUNG

Nicola Beer undDr. Gerhard Papke

Pore con nus api-diciant, autem hil-latenim adit volu-testium, diciant, autem hil officium iundaes trumenim labo testium, offici-um iund

6 FDP-LANDTAGSFRAKTION | BILDUNG

Schultour der FDP-Fraktion

Wir haben viel gelernt. Weltklasse­Bildung gibt es auch in Nordrhein­Westfalen. Aber zu wenig. Wir wollen, das gute Beispiele im ganzen Land

Schule machen“, sagt der FDP­Fraktionsvorsitzende Chris­tian Lindner. Drei Schulen hat Lindner mit einer Delegation der Fraktion besucht: die Städtische Gesamtschule Nettetal, das Geschwister­Scholl­Gymnasium Lüdenscheid und das Städtische Anne­Frank­Gymnasium Werne. In Nettetal setzen Lehrer und Sozialarbeiter darauf, die Schüler individuell zu fördern und Defizite nicht in den Vordergrund zu stellen. Das gibt Selbstvertrauen, um die gesteckten Ziele zu erreichen, ist das 90­köpfige Kollegium überzeugt. Gute Lernergebnisse der 1000 Schüler der Ganztagsschule sprechen für das Konzept. Vom Niederrhein ging es nach Westfalen – der Bus wurde zum rollenden Klassenzimmer. In einem zweistündigen Bil­dungssymposium diskutierten Christian Lindner und Yvonne Gebauer mit Dr. Peter Janßen, Geschäftsführer des Bildungs­werks NRW, und dem Wissenschaftler Helmut E. Klein vom IW Köln über die Frage: Was macht eine gute, effektive Schule aus?

Das Geschwister­Scholl­Gymnasium Lüdenscheid hat den Deutschen Schulpreis gewonnen. Das Erfolgsgeheimnis? Dem individuellen Coaching von schwächeren und gehan­dicapten Schülern widmet man sich hier mit ebensolcher Intensität wie der Förderung von hochbegabten Schülern, erklärt die kommissarische Schulleiterin Michaela Knaupe. Im Klassenzimmer der Zukunft kamen die Abgeordneten im Anne­Frank­Gymnasium in Werne an. Dort läuft in den Klassen 5 und 6 das Modellprojekt Schule 4.0. Doch trotz „digitalem Klassenzimmer“ und iPads als Lehrmittel befas­sen sich die Schüler mit ganz analogen Themen – etwa der Milchwirtschaft in NRW.

Unsere Abgeordneten sind weiterhin auf Tour durch die Klassenzimmer im Land und stehen im engen Austausch mit den Schulen.

VOR ORT Einmal wieder die Schulbank drücken, um zu sehen, wie guter Unterricht heute funktioniert: Die Abgeordneten der FDP-Fraktion haben sich in preisgekrönten NRW-Schulen umgeschaut und dabei auch von Schülern einiges über gute Schule erfah-ren. Individuelle Förderung, E-Books für den Unterricht, Milchviehwirtschaft, Inklusion – die Themenpalette war überaus vielfältig.

Gesamtschule Net-tetal: (v. l.) Christi-an Lindner, Ingola Schmitz, Dietmar Brockes und Yvonne Gebauer

(v. l.) Ingo Wolf, Angela Freimuth und Thomas Nückel informierten sich über Schulkonzepte vor Ort

(v. l.) Ralf Witzel, Ingola Schmitz, Susanne Schneider, Christof Rasche ste-hen im engen Aus-tausch mit Schulen

7FDP-LANDTAGSFRAKTION | BILDUNG

Digitale Technologie erlernenAuf dem Schulhof ist Digitalisierung längst Normalität, während im Klassenzimmer oftmals noch Kreidezeit herrscht. So sieht die Realität in vielen Schulen in NRW leider aus. „Der selbstverständliche Umgang mit moderner Technologie muss ebenso erlernt werden wie Medienkompetenz und Alltagswissen“, sagt Marcel Hafke, Sprecher für Digitales der FDP­Fraktion. So können Schülerinnen und Schüler zwischen verlässlichen Informationen und Propaganda oder zwischen seriösen Angeboten und betrügeri­scher Abzocke differenzieren. „Digitales Lehren und digitales Lernen müssen daher zu Kernbestandteilen des NRW­Bildungssystems werden“, fordert Hafke. Digitalisierung muss aus Sicht der Freien Demokraten Leitgedanke einer modernen Bildungspolitik sein – von den Vorgaben im Lehramtsstudium über die Lehrpläne im Schulwesen bis zur technischen Ausstattung der Schulen.

Eltern bemängeln Umsetzung der InklusionEs hakt bei der Inklusion an Schulen. Die Elternvertreter in Nordrhein­Westfalen sehen massive Probleme bei der Umsetzung. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens der Humboldt­Universität Berlin, das unter der Leitung des renommierten Wissen­schaftlers Prof. Dr. Bernd Ahrbeck erstellt wurde. Im Auftrag der FDP­Landtagsfrak­tion wurden die Elternvertreterinnen und Elternvertreter in Nordrhein­Westfalen befragt, wie sie die Umsetzung der Inklusion an den Schulen bewerten. Absolut positiv: Rund 80 Prozent befürworten vom Grundsatz den Inklusionsprozess. Ab­solut negativ: Fast 90 Prozent bemängeln die Umsetzung und beklagen erhebliche Defizite. Das eingeschlagene Tempo wird für unangemessen gehalten (73,9 %), und die bereitgestellten Ressourcen – sowohl personelle als auch sächliche Mittel und bauliche Maßnahmen – werden als unzureichend empfunden. Joachim Stamp und Yvonne Gebauer fordern: „Das Tempo der Inklusion muss der Qualität angepasst werden.“ Rot­Grün hat den Inklusionsprozess jedoch völlig überstürzt begonnen. Gutachten der Humboldt-Universität: bit.ly/1IqH84A

Landesrechnungshof rügt UnterrichtsausfallDer Unterrichtsausfall in Nordrhein­Westfalen ist eine Großbaustelle der Landes­regierung. Während das Schulministerium sich hartnäckig weigert, eine digitale, schulscharfe Erfassung vorzunehmen, um die Lücken passgenau zu schließen, hat der Landesrechnungshof jetzt herausgefunden, dass an Gymnasien in NRW sogar regelmäßig verbindlicher Pflichtunterricht nicht erteilt werden kann. Das Schulministerium hat die Ausfälle eingeräumt. Insgesamt fehlen nach Angaben der Landesregierung mehr als 3500 Lehrerstellen. Rot­Grün hat diese Situation z.B. an Gymnasien und Berufskollegs sogar noch verschärft, weil sie dringend benötigte Ressourcen an diesen Schulformen abgebaut haben. „Das ist unverantwortlich“, kritisiert Yvonne Gebauer. Die FDP sieht durch rot­grüne Versäumnisse die Qualität des Unterrichts gefährdet. „Rot­Grün muss Pflichtunterricht an allen Schulformen sicherstellen und den Unterrichtsausfall bekämpfen.“

Anne-Frank-Gymnasium Werne: (v. l.) Helmut E. Klein mit den Abgeord-neten Yvonne Gebauer, Susanne Schneider und Christian Lindner

8 FDP-LANDESVERBAND | FLÜCHTLINGE

HERAUSFORDERUNG Ursprünglich schätzte die Bundes-regierung, dass im Jahr 2015 rund 300.000 Flüchtlinge Asyl in Deutschland suchen. Diese Zahl wurde bereits offiziell auf 800.000 nach oben korrigiert. Und mittler weile ist es offen-sichtlich, dass in diesem Jahr gar die Millionengrenze über-stiegen wird. Die aktuelle Flüchtlingskrise ist die größte Heraus-forderung Deutschlands seit der Wieder vereinigung.

Handlungsfähigkeit der EU herstellen

Die Europäische Union hat sich zwar auf einen Verteilungsschlüssel für Flücht­linge geeinigt. Dieser sieht aber zum einen die Verteilung von nur 120.000 Flüchtlingen vor. Zum anderen wurden Tschechien, die Slowakei, Rumänien und Ungarn beim Beschluss über­stimmt. Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Landesvorsitzender der FDP NRW, kritisiert: „Von Seiten der EU Zwang auszuüben bedeutet gerade für die ost­ und mitteleuropäischen Staaten einen dramatischen Eingriff in ihre Souveränität, wie sich an der Em­pörung in Prag, Bratislava, Bukarest und Budapest ablesen lässt.“ Er hätte einen freiwilligen Verteilungsschlüssel bevorzugt. Deutschland und andere EU­Partner hätten vorangehen sollen, damit sich die osteuropäischen Staaten diesem System anschließen können, so­bald es ihnen politisch möglich ist. Die Umsetzung des Verteilungsschlüssels bleibt nun abzuwarten. Abseits des aku­ten Krisenmanagements setzt sich der Freie Demokrat für ein europäisches Asylrecht ein. >

Höchstmaß an Professionalität ange­gangen werden. Die Große Koalition leistet diese Professionalität nicht. Uneiniges Europa, Hunderttausende unbearbeiteter Asyl­Anträge, überlas­tete Kommunen, Unsichtbarkeit bei der Bekämpfung der Flucht­Ursachen vor allem in Syrien, kein Plan zur Inte­gration der neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger – Christian Lindner beschei­nigt der Bundesregierung, „die Lage nicht unter Kontrolle zu haben“. Die Freien Demokraten werben für mehr Pragmatismus. Sie fordern verschie­dene Maßnahmen, um die Herausfor­derung zu meistern.

Die Hilfsbereitschaft Deutschlands steht in der Flüchtlingskrise außer Frage. „Humanität hat

kein Preisschild“, unterstrich FDP­Bun­desvorstandsmitglied Joachim Stamp jüngst in seiner Rede im Düsseldorfer Landtag. NRW­Generalsekretär Johan­nes Vogel sieht vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des de­mographischen Wandels in dem Zu­strom an Menschen auch „eine Chance für Deutschland“, wenn man denn endlich die richtigen Weichen stelle. Denn die Mammutaufgabe Flüchtlings­krise muss neben einem Höchstmaß an Menschlichkeit auch mit einem

Zum FDP-Beschluss für eine bessere Flüchtlings- und Einwanderungs-politik: bit.ly/1iyRrtH

Mammutaufgabe Flüchtlingskrise

9FDP-LANDESVERBAND | FLÜCHTLINGE

1. Flüchtlinge fair in Europa verteilen FürdieFlüchtlingskrisegibteskeinenationaleLösung–

Europa ist gefordert. Zwar wurden bei der Entscheidung zum

EU-VerteilungsschlüsseleinigeStaatenüberstimmt,aber

jetztmüssennunallemitmachenundzeigen,dassdieEU

handlungsfähig ist.

2. Europäisches Asylrecht herstellen Asylrecht und -standards unterscheiden sich in der EU teils

drastisch.DieFlüchtlingskriseistabereineHerausforderung

desganzenKontinents.DeshalbmüssendieRegelnund

Unterbringungsstandards in den europäischen Staaten

ähnlich sein.

3. Bund muss alle Kosten für Flüchtlings aufnahme übernehmen

Während der monatelangen Asyl-Verfahren versorgen die

ohnehin klammen Kommunen die Flüchtlinge. Über die

Asyl-Anträge entscheidet aber ausschließlich der Bund.

DeswegenmusserauchdiekomplettenKostenüberneh-

men,dieinderZeitanfallen.

4. Asyl-AnträgeausSyrien,demIrakund Eritrea pauschal anerkennen

Rund300.000Asyl-AnträgesteckenimStau.Weilaber

GesuchevonMenschenausSyrien,demIrakundEritrea

sowiesoquasizu100Prozentanerkanntwerden,

sollten bislang gestellte Anträge pauschal nach einer

Sicherheitsüberprüfunganerkanntwerden.Dasbeschleu-

nigt die Verfahren und entlastet die Beamten.

5. Fluchtursachen bereits in den Herkunftsländernbekämpfen

NiemandwillseinZuhauseverlassenundflüchten.Des-

wegenmüssenauchFluchtursachenbekämpftwerden.

DeutschlandmusssichfürdieStabilisierungvonBürger-

kriegsstaaten engagieren.

6. Ungesteuerte Einwanderung vom Balkan ordnen

Ein großer Teil der Asylantragssteller kommt vom Balkan.

DieBewilligungsquoteliegtabernurbei0,5Prozent.Die

StaatendesBalkanssolltennichtnuralssichereHerkunfts-

ländereingestuftwerden,sondernauchwiedervisum-

pflichtigwerden.WeilaberHandwerkundIndustriedrin-

gendNachwuchssuchen,solltenimGegenzugdiedeutschen

Einwanderungsregeln endlich durch ein Einwanderungs-

gesetz weiter liberalisiert werden.

7.Sprach-undIntegrationskursevom ersten Tag an durchführen

AufunsereliberaleGesellschaftsordnunggibteskeinenRabatt–wederfürDeutschenochfürEinwanderer.

NichtDeutschlandwirdsichändernmüssen,sondern

mancherFlüchtling.DeswegensolltenSprach-undIntegra-

tionskurseschoninderErstaufnahmeeinrichtungfür

alleverpflichtendsein.

8. BündnisfürArbeitundIntegration schließen

TeilhabeamArbeitsmarktistIntegrationsmotorundschafft

Selbstvertrauen.DeswegensolltenfrühzeitigQualifikations-

erhebungenstattfinden.Und:PolitikundWirtschaftmüssen

einBündnisfürIntegrationundArbeitschließen.Dasbein-

haltetauchdieSenkungderHürdenfürBerufseinsteiger.

8 Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise

10 FDP-LANDESVERBAND | FLÜCHTLINGE

„NICHT DAS LIBERALE DEUTSCHLAND

MUSS SICH VERÄNDERN, SONDERN

MANCHE ZUWANDERER WERDEN SICH

ÄNDERN MÜSSEN.“

Integrationskrise werden dürfe. Integ­ration bedeute mehr als nur das Erler­nen der deutschen Sprache. Sie fordere auch „Respekt und Achtung vor unse­ren Verfassungswerten“. Das Grundge­setz ist die Grundlage des Zusammen­lebens in Deutschland und schützt die Würde des Einzelnen, sichert die freie Meinungsäußerung sowie die Gleich­berechtigung zwischen Mann und Frau. Homosexuelle Paare können öffentlich Händchen halten, und auch Satire über Religionsstifter wie Mohammed ist erlaubt. Vor diesem Hintergrund kon­statiert Lindner: „In unserer liberalen Gesellschaftsordnung darf es für nie­manden Rabatt geben. Nicht das libe­rale Deutschland muss sich verändern, sondern manche Zuwanderer werden sich ändern müssen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, sind für ihn Sprach­ und Integrationskurse schon in der Auf­nahmeeinrichtung unabdingbar. „Diese müssen für die Antragsteller von Asyl in Deutschland kostenfrei, aber auch verpflichtend sein“, so der Freie Demo­krat. Erfolgreiche Integration gelingt erwiesenermaßen auch immer durch die Teilhabe am Arbeitsmarkt. Zahl­reiche Flüchtlinge sind aber nicht den deutschen Standards entsprechend ausgebildet. Damit keine Zeit verloren gehe, solle schon in den Erstaufnahme­stellen eine Erhebung des mitgebrach­ten Bildungsstands erfolgen. Mit Blick auf die Arbeitsaufnahme sagt Lindner: „Die Bundesregierung muss mit einem ‚Bündnis für Arbeit und Integration‘ gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften handeln. Viele Entscheidungen der Großen Koalition haben die Hürden für Einsteiger erhöht. Jetzt ist der Anlass für einen Richtungs­wechsel.“

Versorgung von Flüchtlingen auch auf die Ursachen der Flucht. Wenn die deut­sche Luftwaffe aufgefordert würde, sich im Kampf gegen die Terrormiliz Islami­scher Staat in Syrien zu beteiligen, „muss der Bundestag ein Mandat erteilen“, so der Liberale. Hinsichtlich der Flucht­ursachen in Afrika solle außerdem die Stabilisierung von Bürgerkriegsstaaten wie Somalia in der Außenpolitik der EU eine neue Bedeutung bekommen. Ein gänzlich anderer Sachverhalt liegt bei den Asylantragsstellern vom Balkan vor. Zwar machen deren Asyl­Gesuche aktuell die Hälfte des gesamten Aufkom­mens aus. Gleichzeitig werden aber nur 0,5 Prozent der Anträge bewilligt. „Es ist grotesk, dass derzeit Tausende junge Albaner mit völlig falschen Erwartungen als Asylbewerber einreisen, Unterkünfte blockieren, in aussichtslosen Verfahren landen und nach mehreren Wochen oder Monaten wieder ausreisen müssen, während gleichzeitig in Deutschland von Handwerk bis Industrie händeringend nach Nachwuchs – auch für einfache Jobs – gesucht wird“, so Joachim Stamp, stellvertretender Vorsitzender und in­tegrationspolitischer Sprecher der FDP­Landtagsfraktion in NRW. Hier müsse sich ein Wechsel von ungesteuerter Einreise zu einer gesteuerten Migration vollziehen. Stamp will dafür mit „spezi­ellen Anwerbeabkommen, Beratung und Qualifizierung durch deutsche Arbeits­agenturen und Wirtschaftsverbände in den Herkunftsländern eine geordnete Einwanderung vorbereiten“.

Flüchtlinge integrieren

Der Bundesvorsitzende der Freien De­mokraten, Christian Lindner, mahnt, dass aus der Flüchtlingskrise keine

Kommunen unterstützen

Bei der Versorgung der Flüchtlinge spie­len die Kommunen ab dem ersten Tag die zentrale Rolle. Dennoch leistete es sich die Bundesregierung, die überlasteten Gemeinden lange Zeit finanziell völlig im Stich zu lassen. Die jüngsten Beschlüsse versprechen den Kommunen nun pro Flüchtling im Monat 670 Euro. Das ist der stellvertretenden Bundesvorsit­zenden der FDP, Marie­Agnes Strack­Zimmermann, aber nicht genug: „Die Entscheidung über die Asyl­Anträge ist Angelegenheit des Bundes. Deswegen muss der Bund auch die vollständigen Kosten, die in der Zeit des Verfahrens anfallen, übernehmen.“ Hinzu kommt, dass sich ein massiver Stau von rund 300.000 unbearbeiteten Anträgen angesammelt hat. Die Asylsuchenden warten in aller Regel monatelang auf Entscheidungen. Strack­Zimmermann: „Anträge von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak oder Eritrea werden fast zu 100 Prozent positiv beschieden. Des­wegen ist bei Menschen aus diesen Ländern der Verwaltungsaufwand für individuelle Vollprüfungen zu groß. Um die Behörden zu entlasten, wäre in diesen Fällen eine pauschale Aner­kennung bei Bestandsanträgen besser. Die Sicherheitsprüfung bleibt aber un­umgänglich. Fällt sie negativ aus, muss es schnellstmöglich zur Abschiebung kommen.“

Ursachen bekämpfen

„Die meisten Flüchtlinge würden am liebsten zu Hause bleiben und mit ihrer Familie in Frieden und Wohlstand leben“, weiß Alexander Graf Lambsdorff. Er richtet deshalb den Blick neben der

Christian Lindner, Joachim Stamp und Marie-Agnes Strack-Zimmer-mann beim Besuch einer Flüchtlings-unterkunft in Düs-seldorf

Christian Lindner zur Flüchtlings krise vor der Bundes-pressekonferenz im Video:bit.ly/1MhaZON

Zum Gastbeitrag „Das Grundgesetz ist die beste Will-kommenskultur“:bit.ly/1WPif7O

Zum Gastbeitrag „Alte Fehler bei Inte-gration vermeiden“:bit.ly/1LBiUaU

11FDP-LANDESVERBAND | GRIECHENLAND

Alexis Tsipras hat mit seiner letzten Re­gierung das Hilfspaket ausgehandelt, es trägt seine Unterschrift. Es darf und

kann jetzt keine neuen Verhandlungen geben“, macht der Bundesvorsitzende der FDP, Chris­tian Lindner, klar. „Wir erwarten die komplette Umsetzung des Spar­ und Reformprogramms.“ Lindner warnt die deutsche Bundesregierung davor, der neuen griechischen Regierung einen „Reform­Rabatt“ zu gewähren. Denn das würde das europäische Regelwerk erneut untergraben. Vor Journalisten in Berlin ver­deutlichte Lindner: „Wenn Griechenland sich jetzt wieder aus Zusagen winden will, muss Europa endlich die notwendige Konsequenz ziehen und alle Zahlungen einstellen.“

Die Freien Demokraten erinnern außerdem an die massiven Zweifel des Weltwährungs­fonds. Die Experten hatten wegen der hohen Schuldenlast Griechenlands davor gewarnt, dass das Land seine Schulden nicht mehr be­dienen könne. Diese Einschätzung teilt auch Lindner: „In dieser Lage kann man nicht mehr von Hilfskrediten sprechen, denn es handelt sich auf Dauer um Transferzahlungen.“

Die FDP sieht das dritte Hilfspaket für Grie­chenland generell kritisch. „Die Krisenstrate­gie seit 2010 – ‚Solidarität gegen Reformen‘ – war richtig, aber wird jetzt verlassen“, mahnt Alexander Graf Lambsdorff. „Die Freien De­mokraten hätten dem dritten Hilfspaket aus politischen, rechtlichen und ökonomischen Gründen nicht zugestimmt.“ Die rechtlichen Voraussetzungen für ein Hilfspaket seien beispielsweise auch überhaupt nicht er­füllt. „Weder ist die Stabilität der Eurozone als Ganzes in Gefahr, noch ist die Schulden­tragfähigkeit Griechenlands gegeben“, so Graf Lambsdorff. Das Hilfspaket, so seine Befürchtung, werde auch den europäischen Gedanken in Deutschland und weiteren Ge­berländern untergraben. „Die Entwicklung seit den entsprechenden Gipfelbeschlüssen hat unsere Sorgen leider bestätigt“, stimmt auch Christian Lindner zu. Die Freien Demo­kraten hielten es deshalb „unverändert für besser, einen Schuldenschnitt für Griechen­land mit einem Ausscheiden aus der Euro­zone zu verbinden, um danach mit zweck­gebundenen EU­Hilfen seine Entwicklung zu unterstützen“.

Alexander Graf Lambsdorff, stell-vertretender Vorsitzender der FDP NRW (li.), und der Bundesvor-sitzende der FDP, Christian Lindner (re.)

EUROPA Aus den überraschenden Neuwahlen in Griechenland ging der bisherige Ministerpräsident Alexis Tsipras erneut als Sieger hervor. Das ändert für die Freien Demokra-ten aber nichts an den Bedingun-gen des Hilfspakets: Was in Brüssel vereinbart worden ist, gilt.

Umsetzung der Reformen fraglicher denn je

„WIR ERWARTEN DIE KOMPLETTE

UMSETZUNG DES SPAR­ UND REFORM­

PROGRAMMS.“

12 FDP-LANDESVERBAND | GROSSE KOALITION – BILANZ

CHRISTIAN LINDNER,

Vorsitzender der FDP und der FDP NRW

MARIE­AGNES STRACK­ZIMMERMANN,

stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende

ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF,

stellvertretender Vorsitzender der FDP NRW

Energiewende außer Rand und Band„Das Jahrhundertprojekt Energiewende droht zu scheitern. Die Koalition bleibt in ihrem Irrglau­ben gefangen, sie könne das Weltklima zwischen Kiel und Konstanz retten. Die Mega­Subventi­onen lassen die Energiepreise weiter steigen – zu Lasten von Unternehmen und Stromkunden. Das EEG als Subventionsmaschine gehört umgehend abgeschafft. Wir brauchen stattdessen einen europäischen Strommarkt, der durch Wettbewerb Innovationen zur ressourcenscho­nenden Energie fördert und den Strompreis senkt. In Sachen Digitalisierung ist Deutschland so langsam wie sein Internet. Die Digitale Agenda muss mit mehr Tempo umgesetzt werden. Breit­bandausbau, Tablets für alle Schüler und bessere Rahmenbedingungen für technologiebasierte Startups sind dringend nötig. Sonst verlieren wir gänzlich den Anschluss an die Weltspitze.“

Stillstand im Gesundheits system zu Lasten der Patienten„Durch die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft ist das Gesundheits­system eine drohende Großbaustelle. Die Groko traut sich aber nicht einmal mit der Schaufel aus dem Sandkasten heran. Null Ehrgeiz, null Vorankommen. Die Tatenlosigkeit der Regierung wird zum Problem der Beitragszahler und Patien­ten. Denn die Beiträge für die Kassen steigen bereits deutlich an – Leistungsein­schnitte in Zukunft für die Patienten sind nicht ausgeschlossen. Echter Wettbewerb zwischen den Krankenkassen und ein konsequenter Abbau der überbordenden Bürokratie, beispielsweise bei den Dokumentationspflichten, wären Maßnahmen, um systematisch mehr Effizienz herzustellen.“

Europa auf der schiefen Ebene„Die falsche Nachsicht mit den Haushaltsdefiziten anderer Staaten droht Europa auf die schiefe Ebene zu bringen – das gilt für Frankreich wie für Griechenland. So wird das europäische Regelwerk aufgeweicht und ausgehöhlt. Das dritte Hilfspaket für Griechenland verändert den Charakter unserer Währungsunion. Die Überschuldung des Landes und der mangelnde Reformwille der Regierung Tsipras bestärken unsere Zweifel an der Wirksamkeit. Die Euro­Staaten müssen zurück zur Achtung des Rechts, zu einer soliden Haushaltspolitik und zur Marktwirtschaft. Außerdem brauchen wir einen offenen Dialog mit Großbritannien über die Strukturen Europas. Sonst droht ein ‚Goodbye‘ der Briten und nichts würde die EU so schwächen wie ein ‚Brexit‘.“

Teure Wahlgeschenke statt enkelfitter Rente„Mit dem Rentenpaket hat die Große Koalition das teuerste Wahlgeschenk aller Zeiten verteilt – aber auch eines der ungerechtesten! Denn nur eine Generation profitiert, alle anderen zahlen drauf. Es verschärft auch den Mangel an Fachkräften, weil es Frühverrentungen belohnt. Besser wäre ein flexibles Rentensystem, in dem jeder bei entsprechenden Zu­ und Abschlägen selbst entscheidet, wann er in Rente geht. Zudem braucht Deutschland ein modernes Einwanderungsgesetz, das die Einwanderung über ein Punktesystem an den Interessen unseres Arbeitsmarkts steuert und weltweit um Talente wirbt. Auch beim gesetzlichen Einheitslohn bewahrheiten sich unsere Befürchtungen. Allein die Bürokratiekosten belaufen sich auf 10 Milliarden Euro.“

JOHANNES VOGEL,Generalsekretär der FDP NRW

13FDP-LANDESVERBAND | GROSSE KOALITION – BILANZ

kleiner AnspruchHALBZEITBILANZ Vor zwei Jahren wurde gewählt – in zwei Jahren wird wieder gewählt. Was hat die Große Koalition für Deutschland erreicht? Christian Lindner zog pünktlich zur Halbzeit in Berlin vor Journalisten in der Bundespressekonferenz Bilanz: „Die Große Koalition hat keinen Plan und kein Konzept. Deutsch-land braucht endlich eine gestalterische Politik, die auch die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft aktiv anfasst.“ Sechs Beispiele, bei denen die Regierung Deutschlands Chancen ungenutzt lässt:

Große Koalition,

ANGELA FREIMUTH,

stellvertretende Vorsitzende der FDP NRW

OTTO FRICKE,

Schatzmeister der FDP NRW

Kein Aufbruch zur besten Bildung der Welt„Die beste Bildung der Welt für jeden ist mit dieser Regierung leider nicht zu erreichen. Die Übernahme der BAföG­Kosten war der einzige Impuls in dieser Wahlperiode. Dabei muss uns klar sein: Wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, braucht Deutschland den Ehrgeiz, über das beste Bildungs­system der Welt zu verfügen. NRW vergleicht sich längst nicht mehr mit Brandenburg und Thüringen, sondern Deutschland steht im Wettbewerb mit den USA und aufstrebenden Staaten. Bildung sollte deshalb auch mehr als Aufgabe des gesamten Staats gesehen werden und der Bund sich endlich stärker engagieren.“

Steuer- und Haushaltspolitik ohne Ehrgeiz„Nie hatte es der Finanzminister leichter: Höchste Steuereinnahmen und politisch gewollt niedrige Anleihezinsen gleichen den Haushalt von allein aus. Wann, wenn nicht jetzt, sollten Schulden abgetragen werden? Stattdessen erfindet die Groko ständig neue Staatsaufgaben und damit Staatsausgaben. Diese steigen ohne jeden Willen zur Beschei­denheit sowohl beim Haushalt als auch bei den Sozialkassen. Bei der kalten Progression ist die Groko nahezu erfolglos. Das macht unser Steuersystem stetig ungerechter und bestraft die Leistungsträger in der Mitte unserer Gesellschaft. Die Politik steht zudem im Wort, dass der Soli 2019 ausläuft. Hier wird gezielt der nächste Wortbruch vorbereitet! Wer sich in goldenen Zeiten mit einer schwarzen Null zufriedengibt, steht im Dunkeln.“

14 FDP-LANDTAGSFRAKTION | BILANZ NRW

Christian Lindner, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion

BILANZ NRW Seit fünf Jahren wird Nordrhein-Westfalen von SPD und Grünen regiert. Fünf Jahre, deren Folgen immer deutlicher werden, weil Weichen grund-legend falsch gestellt wurden: beim Wirtschaftswachstum, bei Investitionen, Leistungs gerechtigkeit, Finanzen, Sicherheit und Bildungschancen. Einzig beim Zurück drehen der Reformimpulse der früheren schwarz-gelben Regierung hat Rot-Grün Ehrgeiz entwickelt.

Mittlerweile tritt die Antriebs­ und Ideenlosigkeit von Mi­nisterpräsidentin Hannelore

Kraft und ihrer grünen Stellvertreterin Sylvia Löhrmann immer offener zutage. Weder die halbherzige Digitalisierungs­offensive noch der Umbau des Kabinetts haben einen Wendepunkt markiert. „SPD und Grüne haben den Stillstand in NRW zum Prinzip erhoben“, kritisiert FDP­Fraktionschef Christian Lindner und fordert einen grundlegenden Poli­tikwechsel.

Seit 2010 ist NRW im Vergleich zu an­deren Bundesländern in zentralen Po­litikfeldern deutlich zurückgefallen. Bundesweit hat Nordrhein­Westfalen im ersten Halbjahr 2015 nach Sachsen­Anhalt das schwächste Wirtschafts­

wachstum. Während der Wohlstand in Deutschland insgesamt wächst, kommt er bei den Bürgerinnen und Bürgern in NRW nicht an. Die Wachstumslücke und die hohe Arbeitslosigkeit verfesti­gen sich im Vergleich zu anderen Bun­desländern.

„Der Landesregierung fehlt es an Ge­staltungswillen und einer Perspektive für die Zukunft Nordrhein­Westfalens“, resümiert Christian Lindner. Der Aus­gleich des Landeshaushalts, die Stär­kung des Bildungssystems, die Bekämp­fung der Einbruchskriminalität – für keine dieser Herausforderungen hat die Landesregierung ein Konzept. Statt­dessen ist sie zu Getriebenen geworden. Das gilt auch in der Flüchtlingspolitik, wo SPD und Grüne viel zu lange untätig

geblieben sind, weil sie die Dimension des Themas unterschätzt haben.

Auch in der Haushaltspolitik fordern die Freien Demokraten eine Wende. Denn trotz steigender Steuereinnahmen und niedriger Zinsen verweigert sich die rot­grüne Landesregierung konsequent der strukturellen Haushaltskonsolidie­rung. „Rot­Grün gibt das Geld schneller aus, als die Menschen es erwirtschaf­ten“, kritisiert Lindner. Derzeit befinde sich NRW wegen der Flüchtlingskrise in einer Sondersituation. „An Humani­tät kann man kein Preisschild hängen. Dennoch gilt: Solidarität ist nur mit So­lidität möglich“, betont Lindner. Da die rot­grüne Finanzplanung seit Jahren auf Kante genäht ist, gibt es jedoch auch für Sondersituationen keine Reserven.

Rot-Grün hat Stillstand zum Prinzip erhoben

SEIT 2010 IST NRW IM VERGLEICH ZU ANDEREN

BUNDESLÄNDERN IN ZENTRALEN POLITIK­FELDERN DEUTLICH ZU­

RÜCKGEFALLEN.

Die Rede als Video: bit.ly/1WXFtIU

„ROT­GRÜN GIBT DAS GELD SCHNELLER AUS, ALS DIE MENSCHEN ES

ERWIRTSCHAFTEN.“

15

Im gut gefüllten Plenarsaal gab der Fraktionsvorsitzende Christian Lind­ner einen Überblick über die zentralen Themen der Landespolitik und gab bei der Vorstellung der 22 Abgeordneten die eine oder andere Anekdote aus der Parlamentsarbeit zum Besten. Der Cha­rakter der Debatten im Landtag habe sich sehr verändert, bemängelte Lind­ner. „Nahezu alle Fraktionen sind sich

schnell einig, wenn es um mehr Staat, mehr Gleichheit und vor allem darum geht, das Geld anderer Leute auszu­geben.“ Die Freien Demokraten sind auch für Gleichheit – vor dem Gesetz. „Aber eine Gesellschaft, die sich haupt­sächlich auf Gleichheit konzentriert, nimmt Menschen die Möglichkeit, freie und eigene Entscheidungen zu treffen“, unterstrich der Fraktionsvorsitzende.

Wunderbare Begegnungen, spannende Erlebnisse und viel dazugelernt, so lautet ihr Fazit. Auch für die Fraktion war die 20­Jährige eine Bereiche­rung. „Ich bin froh, dass ich mich getraut habe, dieses Jahr anzutreten.“ Mit Jana Schneider (Foto links) hat nun die zweite „Freiwilige“ diese Chance ergriffen und unterstützt seit August die Arbeit der Fraktion.

Hinter den Kulissen

Einblicke ins politische Leben sammeln

BÜRGERDIALOG Ein Landtag voller Liberaler: kein Wunsch-denken, sondern Wirklichkeit beim diesjährigen Bürgerdia-log. Rund 250 Bürgerinnen und Bürger kamen mit den Abge-ordneten über die landespolitischen Themen ins Gespräch und schauten hinter die Kulissen des Parlaments.

MITARBEIT Es hat Mut erfordert, das Jahr anzutreten, erinnert sich Chantal Schalla bei ihrem Abschied von der FDP-Landtagsfraktion. Zwölf Monate lang hat die Recklinghäuserin als erste Teilnehmerin am Freiwilligen Sozialen Jahr im Politischen Leben die Fraktion begleitet und Einblicke in politische Abläufe gewinnen und daran teilhaben können.

FDP-LANDTAGSFRAKTION | VERANSTALTUNG

„ICH BIN FROH, DASS ICH MICH GETRAUT HABE,

DIESES JAHR ANZUTRETEN.“

16 FDP-LANDESVERBAND | VERANSTALTUNG UND BÜRGERMEISTERWAHLEN

ERFOLG bei den NRW-Bürgermeisterwahlen im September: In gleich drei Kommunen entschieden Freie Demokraten das Rennen um das höchste Amt ihrer Stadt für sich.

KONGRESS Jedes Jahr im frühen Herbst lädt die FDP NRW ihre Neumitglieder zum Kongress nach Düsseldorf ein. Mit der 10. Auflage der Veranstal-tung feierte der Landesverband diesmal ein rundes Jubiläum.

KAI ABRUSZAT, neuer Bürger-meister in Stemwede

CLAUDIA BÖGEL­HOYER, neue Bürgermeisterin in Steinfurt

DR. RÜDIGER STORCH, weiterhin Bürgermeister in Eitorf

Freie Demokraten erringen drei Bürgermeistermandate

FDP NRW heißt Neumitglieder willkommen

In Ostwestfalen konnte sich der bisherige Landtagsabgeordnete Kai Abruszat in der Gemeinde Stemwede den Posten des Bür­germeisters im Rathaus sichern. Abruszat erlangte bereits im ersten Wahldurchgang mehr als 56 Prozent der Stimmen der rund 13.500 Einwohner. Für Abruszat, der sein Landtagsmandat Anfang November aufgibt, rückt Andreas Terhaag in die FDP­Fraktion im Düsseldorfer Landtag nach. Der Mönchengladbacher kandidierte 2012 auf Platz 24 der Landesliste.

Auch im Münsterland gab es am Wahlabend Grund zum Jubel. In Steinfurt setzte sich die frü­here Bundestagsabgeordnete Claudia Bögel­Hoyer gegen den bisherigen Amtsinhaber durch, der zwar von Union und SPD un­terstützt wurde, gegen die Freie Demokratin in der 33.000 Ein­wohner starken Gemeinde aber das Nachsehen hatte.

Erneut in seinem Amt bestätigt wurde Dr. Rüdiger Storch. Er ist bereits seit 2004 Bürgermeister von Eitorf. In der Gemeinde im südöstlichen Teil des Rhein­Sieg­Kreises vertritt Storch weiterhin die Interessen von rund 19.000 Bürgerinnen und Bürgern.

Zunächst konnten sich die Gäste am Markt der Möglichkeiten unter anderem über die liberalen Vorfeldorganisationen informieren, Fotos in der Selfie­Box schießen oder mit anderen Freien Demokraten ins Gespräch kommen. Generalsekretär Johannes Vogel lud in seiner Eröff­nungsrede des Kongresses alle Neumitglieder ein, keine Zurückhaltung zu zeigen und in der Partei der Chancen von Anfang an auf allen Ebe­nen mitzugestalten. Nach einem Talk mit dem stellvertretenden Lan­desvorsitzenden Alexander Graf Lambsdorff und Landesvorstandsmit­glied Joachim Stamp standen alle drei Freien Demokraten den neuen Parteifreundinnen und ­freunden in einer ausgiebigen Fragerunde zur Verfügung. „Schön war’s!“, so das prägnante Fazit von Johannes Vogel.

KOMMUNALES FUNDAMENT

GESTÄRKT

17FDP-LANDTAGSFRAKTION | STUDIE

NRW ist einer der größten Ein­käufer der Bundesrepublik. Jedes Jahr gibt es mehrere

Milliarden Euro für die Beschaffung vom Kugelschreiber bis zu Dienst­fahrzeugen aus. Aber, so das Ergebnis der Analyse, der Einkauf des Landes läuft nicht optimal. Es gibt erhebliches Verbesserungspotenzial, das gehoben werden kann. „Durch eine effizientere Beschaffung könnte unter gleichem Mitteleinsatz entweder deutlich mehr beschafft oder bei konstanten Beschaf­fungsmengen der finanzielle Aufwand erkennbar reduziert werden“, meint Ralf Witzel, stellvertretender Vorsitzen­der und haushaltspolitischer Sprecher der FDP­Landtagfraktion.

Neben den Einspareffekten kann ein zentraler Einkauf auch zu besserer Qua­lität oder zu einer sinnvolleren Bedarfs­ermittlung führen. Derzeit entsprechen Produkte häufiger nicht dem Bedarf.

Aus Sicht der Experten von Kerkhoff verdeutlicht die Studie die Notwen­digkeit, den Zentralisierungsgrad des öffentlichen Beschaffungswesens zu erhöhen. „Kurz gesagt: Die öffentliche Hand hat kein Einnahmeproblem, son­dern ein Problem mit den Ausgaben“, stellt Gerd Kerkhoff, Inhaber der Kerk­hoff Group, fest. „Die Beschaffungs­struktur im öffentlichen Bereich ist vollständig auf verfahrenstechnische Ausschreibungen ausgerichtet und

kaum auf ökonomisch sinnvolle Auf­tragsvergabe. So werden Gelder verfah­renstechnisch schlicht verschwendet.“

„Finanzminister Norbert Walter­Borjans kann über den Vorstoß der FDP­Fraktion nicht überrascht sein“, meinte Ralf Witzel. Der Minister hatte die Opposition mehr­fach aufgefordert, Einsparvorschläge zu machen, und die FDP hat schon häufiger Initiativen für ein optimiertes Beschaf­fungswesen eingebracht.

STUDIE Trotz sprudelnder Steuereinnahmen und Niedrigzinsen wachsen die Schulden in Nordrhein-Westfalen weiter an. Dabei könnte das Land jährlich allein 230 Millionen Euro sparen, wenn der öffentliche Einkauf professionalisiert und zentralisiert würde. Das ist das Ergebnis einer von der FDP-Fraktion in Auftrag gegebenen Studie der Kerkhoff Consulting. Bei Zuschüssen und Zuwendungen an die Kommunen könnten zudem weitere 717 Millionen Euro jährlich bei der Beschaffung gespart und für andere Aufgaben genutzt werden.

Forderungen der FDP-Fraktion:1. Das Land muss umgehend ein zent-

rales Einkaufsmanagement gründen. Die Organisation und Beschaffung des Landes sind dafür zu überar-beiten und auf fundierte Füße zu stellen.

2. Das Land muss mit einer Service-stelle „kommunaler Einkauf" den Kommunen bei Bedarf professio-nelle Unterstützung anbieten.

3. Das Land sollte auch eine Bündelung von Beschaffungsvorgängen von Land und Kommunen anbieten.

Markus Schulten, Berater Kerk-hoff Consulting, Vorsitzender der FDP-Landtags-fraktion Christian Lindner, Gerd Kerkhoff, Inhaber der Kerkhoff Group, und Ralf Witzel, stellvertretender Vorsitzender und haushaltspoliti-scher Sprecher der FDP-Landtagsfrak-tion

Studie: Einkaufs-potenziale in der Beschaffung des Landes Nordrhein-Westfalenbit.ly/1Rxqfrb

NRW kann mit zentralem Einkauf 230 Millionen Euro sparen

18 FDP-LANDESVERBAND | VORFELD UND MELDUNGEN

VORFELD In jeder Ausgabe des liberal.nrw präsentieren wir Ihnen ein Mitglied der hiesigen liberalen Familie. Dieses Mal sind es die Liberalen Hochschulgruppen Nordrhein-Westfalen.

Hochschulgruppen stellen die politischen Verbände an Universitäten und Fachhoch­schulen dar, engagieren sich in der studentischen Selbstverwaltung und treten bei der Wahl zum Studierendenparlament an. Die LHG NRW ist der Zusammenschluss von 14 Liberalen Hochschulgruppen aus dem ganzen Bundesland. Zweck sind die Vernet­zung der Mitglieder untereinander und die Vertretung ihrer Interessen gegenüber politischen Entscheidungsträgern und der Gesellschaft.

Erst im September wurde der Vorstand der LHG NRW neu gewählt. Vorsitzender ist nun Simon Kell. Er kritisiert die Politik der rot­grünen Landesregierung: „In unseren Universitäten herrscht zu oft der Geist des Stillstandes und der Fortschrittsskepsis. Haben wir doch den Mut, die Besten zu werden. Wir wollen Neues wagen und die Welt verändern.“

Studenten und Wissenschaftler können bei der LHG mitmachen. Die Mitgliedschaft ist unabhängig von der FDP, und die Gruppe vor Ort ist für die Aufnahme zuständig.

Homepage: lhg-nrw.deFacebook: on.fb.me/1iNMiOgTwitter: twitter.com/lhg_nrw

Die Liberalen Hochschulgruppen Nordrhein-Westfalen

SIMON KELL, Vorsitzender der LHG NRW

JOHANNES VOGEL, Generalsekretär der FDP NRW

Der Deutsche Startup Monitor vom Bundes­verband Deutsche Startups zeigt auf, dass die Freien Demokraten mit fast 30 Prozent unter den Gründerinnen und Gründern am meis-ten politische Zustimmung erhalten. Dazu erklärt Johannes Vogel, NRW­Generalsekretär der Liberalen: „Die Ergebnisse des Deutschen Startup Monitors sind eine tolle Bestätigung für den Einsatz der FDP, sich mit seriösen Konzepten Vertrauen zu erarbeiten.“ Vogel be­zeichnet die Resultate des „DSM“ als Ansporn und kündigt an, das Engagement der Freien Demokraten für eine starke Gründerszene zu intensivieren.

Der ehemalige FDP-Bundesaußenminister Guido Westerwelle wurde für seinen besonde-ren politischen Einsatz mit dem Verdienstorden Nordrhein-Westfalens geehrt. Westerwelle, so Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, habe sich stets leidenschaftlich für die europäische Idee engagiert und mit außerordentlichem Engage­ment in die Nahost­Friedensverhandlungen ein­gebracht. Der FDP­Landesvorsitzende Christian

Lindner erklärte: „Respekt und Gratulation! Insbesondere hat Hannelore Kraft zu Recht gewürdigt, dass Guido in schweren Zeiten einen Beitrag zum Zusammenhalt Europas geleistet hat. Die Aufgabe bleibt aktuell.“

Die Ideenlabore im Rahmen des kommenden Landeshauptausschusses markieren den Start­schuss in den Programmprozess der FDP NRW zur Landtagswahl 2017. Alle Parteimitglieder des Landesverbandes sind eingeladen, ihre politischen Lösungsideen für die Herausforde-rungen Nordrhein-Westfalens in den Ideen-laboren einzubringen. Am Ende des Prozesses steht das Wahlprogramm, mit dem die hiesigen

Freien Demokraten in rund anderthalb Jahren antreten. Ideenlabore sowie Landeshaupt­ausschuss finden am Samstag, dem 21. November 2015, in Mülheim an der Ruhr statt. Nähere Informationen folgen rechtzeitig.

19FDP-LANDTAGSFRAKTION | MELDUNGEN

Aktuelle Themen der Europäischen Union

Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf den Themen Flüchtlingspolitik und Digitali­sierung. Zu den Gesprächspartnern gehör­ten Botschafter, Kabinettsmitglieder der EU­Kommissare, der Leiter des ARD­Studios Brüssel, Rolf­Dieter Krause, und Günther Oettinger, Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Oettinger unterstrich die bedeutsame Rolle, die NRW als Standort gro­ßer Telekommunikationsunternehmen und innovativer Mittelständler bei der Digitalisie­rung zukommen wird.

VOR ORT Europa ist auch in der Lan-despolitik allgegenwärtig. Die FDP-Landtagsfraktion hat sich deshalb bei einer zweitägigen Informationsfahrt in Brüssel über aktuelle Themen der Europäischen Union informiert.

Weiterführende Links:bit.ly/1LXqZBa

Blog:bit.ly/1Ou5Apm

THOMAS NÜCKEL, Vertreter der FDP in der Ehrenamtskommission

Die Rahmenbedingungen für Rats- und Kreistagsmitglieder in NRW sollen verbessert werden. Damit hat die fraktionsübergrei­fende Ehrenamtskommission des Landtags die Landesregierung beauftragt. „Bürger, die ein kommunalpolitisches Ehrenamt wahrnehmen, leisten einen wichtigen Bei­trag für die Demokratie. Sie opfern unzäh­lige Stunden ihrer Freizeit für die örtliche Gemeinschaft – vielfach bis spät in die Nacht hinein. Dieses Engagement muss durch bestmögliche Rahmenbedingungen flankiert werden.“ Unter anderem soll ein Erlass zur Mittelausstattung von Fraktionen und Grup­pen überarbeitet und die Verdienstausfall­grenzen sowie Aufwandsentschädigungen angepasst werden.

DIETMAR BROCKES, energiepolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion

Der Braunkohletagebau Garzweiler II soll nach den Plänen der Landesregierung ver­kleinert werden. Geschätzte 400 Millionen Tonnen Braunkohle – etwa ein Drittel der Lagerstätte – dürfen nicht mehr gefördert werden. Die Leitentscheidung der Landesre­gierung trägt eine deutliche grüne Hand­schrift, und sie gefährdet eine sichere und bezahlbare Energieversorgung. Braunkohle ist der einzige wettbewerbsfähige heimische Energieträger. „Die Leitentscheidung wird negative Auswirkungen für den Industries-tandort haben.“ Zudem etabliert Rot­Grün mit der Ankündigung, für Holzweiler einen Sicherheitsabstand von 400 Metern zum Tagebaurand festzuschreiben, eine Zweiklas­senpolitik, die die Region entzweien wird.

HENNING HÖNE, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion

Bürgerinnen und Bürgern drohen in NRW steigende Abfallgebühren. Umweltminister Remmel hat neue Regeln für die Abfallent­sorgung vorgelegt. Der Abfallwirtschaftsplan sieht unter anderem vor, dass Kommunen Müllverbrennungsanlagen nur noch inner­halb fester Entsorgungsregionen ansteuern dürfen. Damit greift Remmel sowohl in den Wettbewerb als auch in die kommunale Selbstverwaltung ein. Der Plan beruht zudem auf veralteten Daten hinsichtlich der Abfallmengen und Kapazitäten. „Remmels Umweltpolitik ist teuer für die Bürger und nützt der Umwelt nichts. Die ohnehin hohen Umweltstandards bei der Entsorgung von Siedlungsabfällen werden durch Remmels Pläne nicht verbessert.“

(v. l.) Christian Lindner, Christof Rasche und Günther Oettinger

20 FDP-LANDESVERBAND | FRAGEBOGEN

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Otto Fricke wurde 1965 in Krefeld geboren und machte dort 1985 sein Abitur am Gym-nasium Fabritianum. Er leistete dann seinen Wehrdienst bei der Luftwaffe in den Niederlanden und in Deutschland ab, bevor er in Freiburg ein Jura-Stu-dium aufnahm und es 1995 mit dem zweiten Staatsexamen in Düsseldorf abschloss. Fricke ist verheiratet und hat drei Kinder.

Ende der 80er-Jahre begann Frickes En-gagement für die Freien Demokraten. Seit fast 20 Jahren ist er nahezu durch-gängig Mitglied des Vorstandes im Kre-felder FDP-Kreisverband. Beim letzten Bundesparteitag wurde Fricke als Mit-glied des Bundesvorstandes der Freien Demokraten bestätigt, und als Schatz-meister ist er im NRW-Landesverband seit diesem Jahr für die Finanzen zu-ständig. Von 2002 bis 2013 war der Krefelder Mitglied des Deutschen Bun-destages und dort zuletzt einer der par-lamentarischen Geschäftsführer sowie haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. 2005 wurde er zum jüngsten Vorsitzenden des Haushaltsausschusses aller Zeiten gewählt.

twitter.com/otto_fricke

Wann sind Sie der FDP beigetreten, und was hat Sie dazu bewogen? 1989 in Freiburg während des Studiums. Wir fanden es mit mehreren

Freunden schlicht „blöd“, über Politik und Politiker zu meckern, ohne selbst Verantwortung zu übernehmen. Nachdem ich mir auch die (damals) drei anderen Parteien angesehen hatte, empfand ich das Menschenbild der FDP als das überzeugendste.

Was sind Ihre prägendsten Momente in über 25 Jahren FDP? Da der Mensch sich lieber an das Schöne erinnert: meine Vorstellung 1996

bei der Bundestagsfraktion als Referent bei Otto Graf Lambsdorff („der Vorname stimmt schon mal“), Hans­Dietrich Genscher, Detlef Klei­nert („Sie sind noch so jung“) und Hermann Otto Solms sowie der Wieder­einzug in den NRW­Landtag 2000 und alle Bundestagswahlabende.

Welches politische Ziel ist Ihnen persönlich am wichtigsten? Der nächsten und übernächsten Generation die grundsätzlich gleiche

Freiheit zur Verantwortung zu eröffnen, wie meine Generation sie hatte und hat.

Was war als Kind Ihr Traumberuf? Und warum? Astronaut und Journalist. Beide können, wenn sie gut sind, ihren Wissens­

durst befriedigen.

Womit kann man Sie auf die Palme bringen? Mit arrogantem Statusdenken und ganz generell mit Unhöflichkeit.

Haben Sie ein Lebensmotto? Suche nicht nach dem Schuldigen, sondern löse das Problem!

Einen freien Tag verbringen Sie am liebsten wie? Mit der Familie nach einem Frühstück unter freiem Himmel, einem

Tages besuch in den Niederlanden (z. B. ´s­Hertogenbosch) und einem guten badischen Weißwein am Abend mit drei bis vier guten Freunden.

Ihre Heimatstadt Krefeld liegt nur gut 30 Kilometer von den Niederlanden entfernt, und Sie sprechen fließend Niederländisch. Was gefällt Ihnen an den Nachbarn besonders gut? Dass sie an Probleme früher und pragmatischer herangehen und Hierar­

chien eher ablehnen, beide liberale Parteien gute Wahlergebnisse errei­chen und dass sie auch ganz gut Hockey spielen können.