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BASS PROFESSOR 44 TEST: M ESA B OOGIE M6 Carbine Preislich gesehen gehört der Carbine trotz seiner Positionierung oberhalb der 1.500-Euro-Marke erst zur Einsteigerklasse bei Mesa Boogie. Zwar besitzt er weniger Ausstattungsfeatures als der etwa gleichwertige Walkabout-Amp, doch mit seiner satten Endstufenleistung von sechshundert Watt entspricht er dafür wiederum eher den Mittelfeld-Boliden der Company. Da Boogie zurzeit seinen legendären „400+“-Vollröhrenverstärker aus dem Programm nimmt, könnte der M6 durchaus für Bassisten interessant werden, die den Sound der Mesa-Amps lieben, dabei aber ein einfach zu bedienendes Arbeitsgerät benötigen. Technische Merkmale 19"-Rack-Topteil mit Gehäuse (optional) schwarzer „Bronco“ Vinyl-Bezug massive Kunststoffschutzecken vier Gummifüße seitliche Klappgriffe Röhrenvorstufe (1 x 12 AX7) Endstufe mit acht MOSFETs Regler: Gain, Bass, Mid, Treble, DI-Level, Master Schalter: Active/Passive, Deep, Voice, DI-Pre, Mute, Power, 2 Ohm, Effects Bypass, Ground Lift Eingänge: Input, Mute, Voice Function, Effects Return Ausgänge: 2 x Speakon, Tuner, Effects send, XLR Direct Konstruktion Den Carbine gibt es sowohl als 19"-Einschub, wie auch als Topteil im Holzgehäuse. Dass man die ei- gentliche Bauform bei der Einbauversion nicht auf Anhieb erkennt, ist größtenteils der Überdimen- sionierung der stylischen Kiste zu verdanken. An- dererseits hat man die verräterischen Rack-Ohren durch den Einbau von hinten geschickt versteckt. In Position gehalten wird der Amp dabei mit einem aufwändigen Schienen- und Spannprat- zen-System. Die mechanische Verarbeitung macht einen für Mesa typisch robusten Eindruck. Der M6 dürfte auch nach Jahren „on the road“ noch immer einen soliden Eindruck machen. Die Ausstatttung wurde – wie eingangs er- wähnt – stark vereinfacht. Parametrische oder graphische Equalizer sucht man hier vergeblich. Nichtsdestotrotz wurden dem Benutzer einige ef- fektive Klangbearbeitungswerkzeuge in die Hand gegeben. Im Zentrum der mit einer Röhre ange- feuerten Vorstufe steht dabei der so genannte „Voice“-Drehschalter, der vier verschiedene Fre- quenzkurven als Preset bereitstellt. Gegen den Uhrzeigersinn gedreht, stehen einem zwei ver- schieden starke Kurven mit der bekannten und beliebten „Smile“-Charakteristik zur Verfügung. Dabei werden die Mitten abgesenkt – parallel dazu kommen Bässe und Höhen mehr zur Gel- tung. Die Presets vier und fünf, die durch eine Drehung im Uhrzeigersinn aufgerufen werden, bringen die Mitten wiederum deutlich in den Vordergrund. In Position 3 lassen sich die Presets durch einen externen Fußschalter abrufen. Un- serem Testverstärker lag zur Demonstration ein Footswitch des „Big Block 750”-Verstärkers mit einem Tuner- und einem Overdrive-Schalter bei. Letztere Funktion ließ sich aber ohne weiteres für die Voice-Sektion verwenden. Dazu muss nur ein Y-Stereokabel eingestöpselt werden, bei dem eine der beiden Monoklinken in die Mute-Buchse auf der Verstärkerrückseite gesteckt wird, und die an- dere in eine der vier „Voice Function Switching“- Buchsen. So lässt sich nun zwischen flat und dem einen aktivierten Preset hin- und herschalten. Die ebenfalls mit Schuh schaltbare Mute-Funk- tion ließe sich auch durch Ziehen des Master- Reglers betätigen. Weitere Zugschalter sind in dem DI-Level-Regler untergebracht (Pre), und in dem aktiven Bassregler (Deep). Das Poti für die Tiefen scheint als boost-only zu arbeiten. Sowohl die fehlende Mittenraste als auch der nicht aus- gedünnte Sound bei Linksanschlag sind ein Indiz dafür. Der Mittenregler wiederum besitzt zwar eine Raste in Mittelstellung, arbeitet aber rein passiv. Einzig der Höhenregler arbeitet wie ein aktiver Standardregler mit Cut- und Boost-Funktion. Die erwähnenswerten Features auf der Rück- seite sind neben den „Voice”-Buchsen die Schal- ter für Effect-Bypass und die Ohmzahl. Mit dem Miniswitch für eingeschliffene Effekte lassen sich alle Zusatzgeräte komplett überbrücken, so dass man im Bedarfsfall schnell den puren Original- sound zur Verfügung hat. Der Ohmzahl-Schalter ermöglicht es, die Endstufe wie bei einem alten Röhrenverstärker an die Box anzupassen. Der M6 kann seine sechshundert Watt auf diese Weise nicht nur an vier Ohm zur Verfügung stellen, son- dern die gleiche Leistung durch Umschalten auch an zwei Ohm weiterreichen.

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B A S S P R O F E S S O R44

T E S T:

M E S A B O O G I EM 6 C a r b i n e

Preislich gesehen gehört der Carbine trotz seiner Positionierung oberhalb der

1.500-Euro-Marke erst zur Einsteigerklasse bei Mesa Boogie. Zwar besitzt er

weniger Ausstattungsfeatures als der etwa gleichwertige Walkabout-Amp, doch

mit seiner satten Endstufenleistung von sechshundert Watt entspricht er dafür

wiederum eher den Mittelfeld-Boliden der Company. Da Boogie zurzeit seinen

legendären „400+“-Vollröhrenverstärker aus dem Programm nimmt, könnte der M6

durchaus für Bassisten interessant werden, die den Sound der Mesa-Amps lieben,

dabei aber ein einfach zu bedienendes Arbeitsgerät benötigen.

T e c h n i s c h e M e r k m a l e■ 19"-Rack-Topteil mit Gehäuse (optional)

■ schwarzer „Bronco“ Vinyl-Bezug

■ massive Kunststoffschutzecken

■ vier Gummifüße

■ seitliche Klappgriffe

■ Röhrenvorstufe (1 x 12 AX7)

■ Endstufe mit acht MOSFETs

■ Regler: Gain, Bass, Mid, Treble, DI-Level,

Master

■ Schalter: Active/Passive, Deep, Voice,

DI-Pre, Mute, Power, 2 Ohm, Effects Bypass,

Ground Lift

■ Eingänge: Input, Mute, Voice Function, Effects

Return

■ Ausgänge: 2 x Speakon, Tuner, Effects send,

XLR Direct

K o n s t r u k t i o nDen Carbine gibt es sowohl als 19"-Einschub, wie

auch als Topteil im Holzgehäuse. Dass man die ei-

gentliche Bauform bei der Einbauversion nicht auf

Anhieb erkennt, ist größtenteils der Überdimen-

sionierung der stylischen Kiste zu verdanken. An-

dererseits hat man die verräterischen Rack-Ohren

durch den Einbau von hinten geschickt versteckt.

In Position gehalten wird der Amp dabei mit

einem aufwändigen Schienen- und Spannprat-

zen-System.

Die mechanische Verarbeitung macht einen für

Mesa typisch robusten Eindruck. Der M6 dürfte

auch nach Jahren „on the road“ noch immer

einen soliden Eindruck machen.

Die Ausstatttung wurde – wie eingangs er-

wähnt – stark vereinfacht. Parametrische oder

graphische Equalizer sucht man hier vergeblich.

Nichtsdestotrotz wurden dem Benutzer einige ef-

fektive Klangbearbeitungswerkzeuge in die Hand

gegeben. Im Zentrum der mit einer Röhre ange-

feuerten Vorstufe steht dabei der so genannte

„Voice“-Drehschalter, der vier verschiedene Fre-

quenzkurven als Preset bereitstellt. Gegen den

Uhrzeigersinn gedreht, stehen einem zwei ver-

schieden starke Kurven mit der bekannten und

beliebten „Smile“-Charakteristik zur Verfügung.

Dabei werden die Mitten abgesenkt – parallel

dazu kommen Bässe und Höhen mehr zur Gel-

tung. Die Presets vier und fünf, die durch eine

Drehung im Uhrzeigersinn aufgerufen werden,

bringen die Mitten wiederum deutlich in den

Vordergrund. In Position 3 lassen sich die Presets

durch einen externen Fußschalter abrufen. Un-

serem Testverstärker lag zur Demonstration ein

Footswitch des „Big Block 750”-Verstärkers mit

einem Tuner- und einem Overdrive-Schalter bei.

Letztere Funktion ließ sich aber ohne weiteres für

die Voice-Sektion verwenden. Dazu muss nur ein

Y-Stereokabel eingestöpselt werden, bei dem eine

der beiden Monoklinken in die Mute-Buchse auf

der Verstärkerrückseite gesteckt wird, und die an-

dere in eine der vier „Voice Function Switching“-

Buchsen. So lässt sich nun zwischen fl at und dem

einen aktivierten Preset hin- und herschalten.

Die ebenfalls mit Schuh schaltbare Mute-Funk-

tion ließe sich auch durch Ziehen des Master-

Reglers betätigen. Weitere Zugschalter sind in

dem DI-Level-Regler untergebracht (Pre), und in

dem aktiven Bassregler (Deep). Das Poti für die

Tiefen scheint als boost-only zu arbeiten. Sowohl

die fehlende Mittenraste als auch der nicht aus-

gedünnte Sound bei Linksanschlag sind ein Indiz

dafür.

Der Mittenregler wiederum besitzt zwar eine

Raste in Mittelstellung, arbeitet aber rein passiv.

Einzig der Höhenregler arbeitet wie ein aktiver

Standardregler mit Cut- und Boost-Funktion.

Die erwähnenswerten Features auf der Rück-

seite sind neben den „Voice”-Buchsen die Schal-

ter für Effect-Bypass und die Ohmzahl. Mit dem

Miniswitch für eingeschliffene Effekte lassen sich

alle Zusatzgeräte komplett überbrücken, so dass

man im Bedarfsfall schnell den puren Original-

sound zur Verfügung hat. Der Ohmzahl-Schalter

ermöglicht es, die Endstufe wie bei einem alten

Röhrenverstärker an die Box anzupassen. Der M6

kann seine sechshundert Watt auf diese Weise

nicht nur an vier Ohm zur Verfügung stellen, son-

dern die gleiche Leistung durch Umschalten auch

an zwei Ohm weiterreichen.

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B A S S P R O F E S S O R 45

M a ß e / D a t e nHersteller/Made in Mesa Boogie/USA

Modell M6 Carbine

Leistung 600 Watt an 2/4 Ohm (320 Watt an 8 Ohm)

Maße (H x B x T) 205 x 595 x 380 mm

Gewicht 22 kg

Preis ca. EUR 1.795,– (ca. EUR 1.615,– ohne Gehäuse)

Lieferumfang Lautsprecherkabel, Netz-kabel (Fußschalter separat erhältlich!)

Da der Carbine in erster Linie als kraftvoller

Amp für den Bühneneinsatz geplant wurde, fällt

der säuselnd vor sich hin pustende Lüfter nicht

negativ ins Gewicht.

F a z i tDer M6 Carbine ist grundsolide gebaut und be-

sitzt eine Ausstattung, die einfachen Zugriff auf

alle wichtigen Klangparameter erlaubt.

K l a n gHoppla – gerade mal den Masterregler berührt,

und schon bläst mir der M6 die Bügelfalte aus

der Hose! Im Ernst, der Amp geht schon auf den

ersten Millimetern Regelweg richtig zur Sache.

Da der freien Dynamikentfaltung offenbar auch

sehr viel Headroom zur Verfügung steht, beginne

ich mir schon bei gehobener Zimmerlautstärke

Sorgen um meine Speaker zu machen. Hier sollte

man auf keinen Fall mit der Belastbarkeit der Box

geizig sein.

Die Bässe des Carbines entfalten sich sehr weit

und raumeinnehmend. Man hat nicht das Ge-

fühl, dass ein bestimmter Bereich gepusht wird.

Vielmehr klingt selbst bei einem Sechssaiter von

der C-Saite bis zur B-Saite alles gleich voluminös.

Richtig zur Sache geht es, wenn die Deep-Funk-

tion ins Spiel kommt. Die damit nach unten ver-

schobene Bassfrequenz sorgt für ein beeindru-

ckendes Fundament, das dabei dennoch nicht

den Anschluss an die tiefen Mitten verliert. Diese

wiederum werden unspektakulär mit dem passi-

ven Mid-Regler bearbeitet. Da hier nur leichte

und zudem breitbandige Veränderungen statt-

fi nden, lässt sich damit auch kein gekünstelter

Klangmüll produzieren. Der eigentliche Eingriff

in den klangprägenden Mittenbereich passiert

mit den vier Presets, die allesamt zwar nicht ge-

rade zaghaft wirken, dafür aber effektiv und

musikalisch sinnvoll abgestimmt sind. Die bei-

den schwächer ausgeprägten Presets reichen bei

Verwendung von einigermaßen neutral klingen-

den Boxen bereits aus, um die jeweilige Abteilung

zu bedienen. Der leichte Midcut (Stellung 2) gibt

einem den typischen „scooped” Effekt für mo-

derne Slapsounds und tighte Fingerstyle-Grooves.

Der Boost in Stellung 4 hebt hingegen genau die

Frequenzen an, die dem Bass im Bandgefüge eine

kräftigere Stimme verschaffen.

Den Treble-Regler kann man im Prinzip in seiner

Mittelstellung belassen. Nicht nur, dass durch

Anhebungen auch jegliches Zisseln und Rau-

schen verstärkt wird; der Grundsound an sich ist

bereits so ausreichend mit Höhen gesegnet, dass

der Sound schnell zu scharf werden könnte. Die

Höhen des Carbines sind vom Charakter her eher

auf Effektivität und greifbare Konturen ausgelegt,

statt mit Hifi -mäßiger Luftigkeit zu scheinen.

Alles in allem ist der Sound des M6 irgendwie

ein Phänomen. Sein Klang ist alles gleichzeitig: Er

ist extrem fett in den Bässen, dabei aber auch be-

sonders stark in den Mitten, und eigentlich auch

schon recht höhenlastig. Trotz der gleichwertigen

Co-Existenz aller Frequenzbereiche tut man dem

Amp unrecht, wenn man ihm eine nüchterne Aus-

gewogenheit bescheinigen würde. Er ist einfach

in allen Registern extrem wirkungsvoll.

F a z i tLaut. Tief. Mittig. Tight. Präsent. Effektiv.

K o m m e n t a rDer neue Mesa Carbine klingt so gar nicht nach

einem netten Transistorverstärker. Auch wenn nur

in der Vorstufe eine einzige kleine Röhre arbeitet,

beeindruckt der Amp mit Klangeigenschaften,

die man eigentlich einem Vollröhrenverstärker

zuspricht.

Die Bedienung des M6 ist denkbar einfach und

dabei enorm effektiv. Wem die komplex ausge-

statteten Vorstufen der Boogie-Amps bisher zu

umfangreich waren, fi ndet in dem Carbine einen

straighten Verstärker mit dem klanglichen Stallge-

ruch des amerikanischen Herstellers.

K a r s t e n F e r n a u