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Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH

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Martin Mahner . Mario Bunge

Philosophische Grundlagen der Biologie

Mit einem Geleitwort von Gerhard Vollmer

Mit 11 Abbildungen

" Springer

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Dr. MARTIN MAHNER Zentrum fUr Wissenschaft und kritisches Denken Arheilger Weg Il D-64380 RoBdorf e-mail: [email protected]

Prof. Dr. MARlO BUNGE Department of Philosophy McGill University 855 Sherbrooke St West Montreal, QC Canada H3A 2T7

ISBN 978-3-642-63196-2

Oie Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Mahner. Martin: Philosophische Grundlagen der Biologie 1 Martin Mahner; Mario Bunge. - Berlin; Hei­delberg; New York; Barcelona; Hongkong; London; Mailand; Paris; Singapur; Tokio: Springer. 2000

ISBN 978-3-642-63196-2 ISBN 978-3-642-57231-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-57231-9

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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2000

Urspriinglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heide1berg New York 2000

Softcover reprint of the hardcover lSt edition 2000

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Geleitwort

Biophilosophie mit System

Biophilosophie widmet sich philosophischen Fragen, die in den und durch die Bio­wissenschaften auftreten. Dazu gehören insbesondere Fragen der Wissenschafts­theorie, der Naturphilosophie und der Ethik. Dabei haben die wissenschaftstheore­tischen Fragen vor allem mit der Methode, die naturphilosophischen Fragen vor­wiegend mit unserem Weltbild zu tun und die bioethischen Fragen mit dem, was Biowissenschaftlerinnen sollen und dürfen. Das vorliegende Buch ist wissen­schaftstheoretischen und naturphilosophischen Fragen gewidmet; Ethik oder Moral kommen darin nicht vor.

Martin Mahner ist Biologe mit Hang und Begabung zur Wissenschaftstheorie. Mario Bunge, ursprünglich Physiker, ist Wissenschaftsphilosoph in Montreal. Zusammen haben sie ein Buch zustande gebracht, das keiner allein hätte schreiben können. Ihr fachwissenschaftlicher Hintergrund bestimmt ihre Interessen, ihre na­turalistische Orientierung und ihren Stil.

Grundlagen kann ein Buch in zweierlei Weise behandeln: Es kann einführend sein und sich mit Grundzügen begnügen. Es kann aber auch die Fundamente unter­suchen und gerade dort bohren, wo man normalerweise nicht weiter fragt. Das vor­liegende Buch geht den zweiten Weg. Leichte Kost bietet es daher nicht. So wen­den sich die Autoren an fortgeschrittene Leser, an Biologen und Philosophen mit Interesse und Grundkenntnissen in der jeweils anderen Disziplin.

Teil I (rund ein Drittel des Buches) entwirft ein philosophisches Grundgerüst, das nicht auf die Biologie beschränkt ist. Hier werden wichtige Grundbegriffe geklärt, die man zur Erforschung, Beschreibung und Erklärung der Welt braucht: Was sind Dinge, Systeme, Prozesse, Eigenschaften, Gesetze, Ursachen, Zufall, Wahrschein­lichkeit; Erkenntnis, Wissen, Wahrnehmung, Hypothese, Theorie, Erklärung, Ex­periment? Es handelt sich hier um eine Kurzfassung von Bunges Philosophie, wie man sie wohl an keiner anderen Stelle so geschlossen findet. Diese Philosophie läßt sich charakterisieren als realistisch, materialistisch, systematisch, konzeptuali­stisch, wissenschaftsorientiert, als emergentistisch, aber nicht holistisch. Kritik und Argumente spielen darin eine große Rolle.

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v i Geleitwort

Teil 11, der Hauptteil des Buches, behandelt dann Grundprobleme der eigentlichen Biophilosophie. Warum sollten Wissenschaftler, warum sollten vor allem Biolo­gen dieses Buch lesen? Reden Philosophen nicht nur herum? Verstehen sie über­haupt genug von Biologie, um darüber vernünftig reden zu können?

Wenn alle sich einig sind, dann bedarf es der Philosophie nicht. Aber natürlich gibt es auch in der Biologie unterschiedliche Meinungen: über die Bedeutung von Begriffen, die Wahrheit von Sätzen, die Zweckmäßigkeit von Methoden, die Zuver­lässigkeit von Regeln, die Geltung von Normen, die Angemessenheit von Werten. Was ist Leben? Was ist eine Art? Sind Arten reale oder abstrakte Objekte? Sind sie veränderlich? Was sind die Einheiten der Selektion? Ist die Evolutionstheorie empi­risch prüfbar? Was unterscheidet Physik und Biologie? Läßt sich Biologie auf Physik und Chemie zurückführen? Brauchen wir teleologische Erklärungen? Und überhaupt: Wie klärt man Meinungsverschiedenheiten in solchen Fragen?

Hier kann Philosophie helfen. Philosophieren heißt Denken auf Vorrat. Aus der Sicht der Fachwissenschaft, hier der Biologie, bietet die Philosophie eine Art Werkstatt, in der man bei Bedarf geeignete Werkzeuge findet. So bietet dieses Buch einen Vorrat an Präzisionsinstrumenten zur Behandlung \'on Problemen. Der Wert dieser Instrumente bestimmt auch den Wert dieses Buches.

Die Diskussion ist sachlich, knapp, klar und kompetent. Um der Klarheit willen wird \iel Wert auf Explikationen gelegt. Solche Begriffs\erschärfungen haben die Aufgabe, die Bedeutung von Begriffen zugleich festzustellen und festzulegen. Die Konkurrenz zwischen diesen beiden Zielen führt denn auch im fachwissenschaft­lichen Alltag zu ausgedehnten Diskussionen; dabei ist nicht immer klar, ob es um den Spmchgebrauch oder um Sachfragen geht. Hier Klarheit und Ordnung zu schaf­fen, ist Anliegen und Verdienst dieses Werkes.

Wer keine Probleme hat oder sicht, der bmucht dieses Buch nicht. Wer aber in den J:um Teil endlosen Debatten um Bedeutungen und Wahrheiten nach Hilfe sucht, dem bietet es reichlich Gewinn.

Ger/uml Vol/mer, Brallllschweig

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Vorwort

Der wahre Philosoph muß also als Selbsldenker einen freien und selbsleigenen, keinen sklavisch nachahmenden Gebrauch von seiner Vernunft machen. (Kant 1800, S. 449)

Dieses Buch ist die leicht gekürzte und überarbeitete deutsche Fassung unserer Foulldalions 01 Biophilosophy, die 1997 ebenfalls im Springer-Verlag erschienen sind. Mit dem Titel FOUlldatiolls 01 Biophilosophy bzw. Philosophische Grundla­gen der Biologie verbinden sich zwei ehrgeizige Ziele: Zum einen möchten wir mit unserem Buch eine neue Grundlegung der Biophilosophie vorstellen, etwa im Sin­ne von Kants Prolegomena zu eil/er jeden künftigen Metaphysik, die als Wissen­schaft wird auftreten können. In dieser Überschrift bräuchten wir nur 'Metaphysik' durch 'Biophilosophie' zu ersetzen-und natürlich hoffen wir, daß wir dabei erfolg­reicher sind als seinerzeit Kant, der sich im Transzendentalen verirrte. Zum anderen möchten wir auf dieser Grundlage eine zusammenhängende, wenn auch nicht voll­ständige Biophilosophie vorstellen. Das Hauptcharakteristikum unseres Buches ist also, daß es biophilosophische Probleme aus einer einheitlichen philosophischen Sicht heraus angeht und versucht, die vorgeschlagenen Lösungen zu einer systema­tischen Biophilosophie zu verbinden. Wir folgen damit bei aller Analyse einem konsequent synthetischen und systematischen Ansatz.

Als Grundlage für diesen systematischen Ansatz dient uns das philosophische Werk des Seniorautors. Dieses Fundament stellen wir im ersten Teil dieses Buches dar, in dem wir zentrale ontologische, semantische und erkenntnistheoretische Be­griffe erläutern. Da wir in Teil 11 beständig auf diese Grundbegriffe zurückgreifen, ist es ratsam, sich wirklich durch Teil I hindurchzuarbeiten, auch wenn nicht sofort deutlich werden sollte, welchen biophilosophischen Gewinn das später abwirft. Wir schreiben absichtlich 'hindurcharbeiten', denn Teil I ist schwierig und unge­wohnt streng, auch wenn wir uns um Einfachheit bemüht haben. Ein solches Vor­gehen hat aber Grenzen: Begriffe, Ansätze und Theorien dürfen nicht so vereinfacht werden, daß sie unklar, irreführend oder gar zu leeren Metaphern werden, die Inhalt vortäuschen, wo keiner ist. Auch bedarf es gelegentlich formaler logischer oder mathematischer Mittel zur Analyse. Diese sind elementarer Natur und sollten nie­manden erschrecken. Dennoch bitten wir um Verständnis: So wie man in der Bio-

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viii Vorwort

logie die verschiedensten Mikroskope braucht, um in die Tiefen biotischer Struktur vorzudringen, benötigen wir in der Wissenschaftsphilosophie formale Analysemit­tel, wie mathematische Logik und elementare Mengenlehre, wenn wir nicht an der Oberfläche bleiben wollen. Biologen täten im Interesse ihrer eigenen theoretischen Arbeit gut daran, sich solche begrifflichen Instrumente nutzbar zu machen.

In Teil II analysieren wir dann verschiedene biophilosophische Probleme im Lichte der in Teil I vorgestellten Philosophie. Dabei gelangen wir-im Sinne des Eingangszitats von Kant-zu teilweise ungewohnten Schlußfolgerungen, die sich aber zwingend aus dem Gesamtsystem ergeben. So zeigen wir, daß man nur dann sinnvoll von Evolution sprechen kann, wenn Arten nicht evolvieren; mit anderen Worten, daß ein sinnvoller Evolutionsbegriff die Art als Klasse auffassen muß. Und wir fordern, den Organismus wieder ins Zentrum der Evolutionsbiologie zu stellen, von wo er von Genen und Populationen verdrängt wurde. Nur auf diese Weise wird es gelingen, die Entwicklungsbiologie mit der Evolutionsbiologie in Einklang zu bringen-eine Synthese, die immer mehr Biologen zu Recht einfor­dern. Demgegenüber sehen wir keine Hoffnung für Ansätze, die meinen, die Evolu­tionstheorie könne substantiell von der Thermodynamik, der Informationstheorie oder anderen viel zu allgemeinen Theorien profitieren. Wer diese Thesen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern wirklich nachvollziehen will, sollte auch die Kapi­tel von Teil II in der vorgegebenen Reihenfolge lesen, denn auch diese bauen auf­grund unseres systematischen Ansatzes begrifflich aufeinander auf. D.h. wir greifen bei der Entwicklung unserer Konzepte beständig auf Definitionen und Postulate aus früheren Kapiteln zurück, und auch unsere Kritik bestehender Auffassungen wird nur dann verständlich, wenn man die Vorausannahmen kennt.

Was wir in diesem Buch behandeln, kann man dem Inhaltsverzeichnis leicht ent­nehmen. Doch wollen wir etwas dazu sagen, warum bestimmte Themen in diesem Buch nicht aufgegriffen werden. So sagen wir nichts zur Evolutionären Erkenntnis­theorie, denn diese wurde von Gerhard Vollmer und anderen ausführlich behandelt. Des weiteren sagen wir so gut wie nichts zum Thema 'Menschenbild', obwohl 00er gerade weil sich dieses Thema bei uns großer Beliebtheit erfreut. Es gibt zu viele wichtige biophilosophische Grundprobleme, über die man sich klar werden sollte, bevor man deren mögliche Konsequenzen für das Menschenbild erörtert. Auch müssen wir uns das interessante und brisante Thema 'Biologie und Ethik' für eine spätere Gelegenheit aufsparen.

In dieser vom luniorautor erstellten deutschen Fassung haben wir uns bemüht, den formalen Apparat zu reduzieren und viele Dinge einfacher darzustellen. Da die Foundations oj Biophilosophy in Nordamerika entstanden, bezieht sich die Diskus­sion darin hauptsächlich auf die Philosophie der Biowissenschaften, wie sie in der anglo-amerikanischen analytischen Tradition gepflegt wird. Deshalb haben wir in der deutschen Fassung einige speziellere Themen weggelassen, die bei uns weniger diskutiert werden und zudem sehr formal sind, wie das sogenannte semantische und strukturalistische Theoriekonzept. Einige Abschnitte, wie die über Künstliches Le­ben und Genotyp-Phänotyp-Definitionen, mußten aus Platzgründen entfallen. An­dere Abschnitte wurden aufgrund neuer Überlegungen überarbeitet, wie etwa der

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Vorwort ix

zum Funktionsbegriff. Daher werden auch diejenigen, die das amerikanische Origi­nal bereits kennen, in der deutschen Fassung Neues finden.

In diesem Buch werden zwei Konventionen auffallen, auf die wir vorab hinwei­sen. Zum einen benutzen wir sowohl einfache wie doppelte Anführungszeichen. (Dazu mehr in Abschnitt 2.1.) Einfache Anführungszeichen verwenden wir, wenn wir über Wörter, Zeichen, Symbole oder auch Sätze als materielle Gegenstände oder Lautäußerungen schreiben. Doppelte Anführungszeichen hingegen kennzeich­nen Begriffe oder Aussagen als abstrakte Gegenstände oder Denkinhalte. So kann der Begriff "Buch" durch verschiedene Wörter oder Zeichen dargestellt werden, wie 'Buch, 'book', 'livre', 'liber' oder 'ßLßAO~'. (Damit gilt im Gegensatz zur Alltags­sprache: "Wort" 7:- "Begriff".) Solche Unterscheidungen sind wichtig, weil wir streng zwischen konkreten und abstrakten Objekten, zwischen Realität und Fik­tion, unterscheiden werden. Doppelte Anführungszeichen verwenden wir jedoch auch da, wo sie üblicherweise im Deutschen gesetzt werden, wie bei Zitaten. Die Funktion der Anführungszeichen wird aus dem Kontext hervorgehen. Zum anderen werden wir in Definitionen oft die Abkürzung 'gdw' verwenden, die für 'genau dann, wenn' oder 'dann und nur dann, wenn' steht. Dies bedeutet, daß eine Wenn­Dann-Beziehung umkehrbar ist. Beispiel: "Wenn ein Wirbeltier drei Gehörknöchel­chen besitzt, dann besitzt es ein sekundäres Kiefergelenk". Diese Aussage ist um­kehrbar, weil alle rezenten Säugetiere beide Merkmale besitzen. Nicht umkehrbar hingegen ist die Aussage "Wenn ein Wirbeltier drei Gehörknöchelchen besitzt, dann ist es warmblütig", weil auch die Vögel warmblütig sind, aber nur ein Gehör­knöchelchen besitzen.

Wir hoffen, daß alle Interessierten dieses Buch mit Gewinn lesen werden. Hilf­reich sind dabei Grundkenntnisse der in der Biophilosophie diskutierten Themen, wie die Frage nach den Einheiten der Selektion, das Artproblem oder das Für und Wider der Teleologie. Wer mit diesem Buch als Einstieg in die Biophilosophie be­ginnen möchte, mag nicht jedem Detail folgen können, wird aber genügend Anre­gungen finden, sich weiter in der einschlägigen Literatur umzusehen-von wo aus er oder sie zu unserem Buch zurückkehren mag. Natürlich ist es auch keineswegs nötig, unseren Auffassungen zuzustimmen. Wenn es dazu beiträgt, daß Leser und Leserinnen ihre liebgewonnenen Auffassungen überdenken und daß die Nichtphilo­sophen unter ihnen angeregt werden, ihre Aussagen und Definitionen klarer und strenger zu formulieren, dann hat es seinen Zweck erfüllt.

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Danksagung

An erster Stelle gebührt unser Dank unserem Freund Michael Kary (Montreal) für die vielen anregenden und hilfreichen Diskussionen, derer wir uns seit Jahren cr­freuen. Zudem hat er die Abbildungen für uns erstellt. Aber auch viele anderc ha­ben mit uns diskutiert oder uns mit ihrem Rat odcr ihrcr Auskunft, ihrer Meinung oder ihrer Kritik geholfen-auch wenn wir Ihr nicht immer gefolgt sind: Pctcr Ax (Georg-August-Universität Göttingen), Graham Bell (McGill University, Mont­rcal), Lina Bettucci (Universidad de la Republica, Montevideo), Pctcr Beurton (Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin), Karl-Hcinl. Dehncr (Darmstadt), Christian Fischer (Freie Universität Berlin), Jens Hauschild (Bcrlin), Karin Kiontke (Freic Universität Berlin), Armin Kyrielcis (Rottweil), Richard Lc­wontin (Harvard University), Rolf Löther (Berlin), Marina Mahner (Montrcal), Luis Marone (Universidad de Cuyn), Staffan Müllcr-Wille (01. Hygienemuscum, Dresden), John Maynard Smith (University of Sussex), Ernst Mayr (Harvard Uni­versity), Norman Platnick (American Museum of Natural History , Ne\\' York), tOsvaldo Reig (Universidad de Buenos Aires), Rolf Sattler (McGill University, Montreal), Otto Solbrig (Harvard University), Walter Sudhaus (Freie Universität Berlin), Gerhard Vollmer (Technische Universität Braunschweig), Johann- Wolf­gang Wägele (Ruhr-Universität Bochum) und Matthias Wolf (Freie Universität Berlin).

MM dankt der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ein Forschungsslipen­dium, das ihm die Zusammenarbeit mit MB an der McGill University in Montreal von April 1993 bis März 1996 ermöglicht hat, als deren Ergebnis die FOlllldal;olls 0/ Biophilosophy entstanden sind.

Schließlich danken wir dem Springer-Verlag, vertreten durch Dr. Dieter Cl.esch­lik, daß er die Möglichkeit gesehen hat, eine deutsche Version der Foundatiolls zu veröffentlichen. Und Ursula Gramm hat mit Humor und großer Geduld die ver­schiedenen Probleme, die unsere veraltete Computertechnik hervorrief, hingenom­men.

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Inhaltsverzeichnis

Teil I Philosophische Grundlagen

1 Ontologie 3 1.1 Ontologie und Wissenschaft 3 1.2 Ding und Konstrukt. 5 1.3 Eigenschaften. 8 1.3.1 Substantielle Eigenschaften 8 1.3.2 Eigenschaften und Prädikate 9 1.3.3 Allgemeine und individuelle Eigenschaften 11 1.3.4 Gesetze 13 1.4 Zustand 15 1.4.1 Zustandsfunktion 15 1.4.2 Zustandsraum 16 1.4.3 Nomologischer Zustandsraum 16 1.5 Veränderung: Ereignis, Prozeß und Geschichte 18 1.6 Mehr über Dinge und Konstrukte 23 1.6.1 Materialität und Veränderbarkeit 23 1.6.2 Immaterialität und Unveränderbarkeit 24 1.6.3 Raumzeitlichkeit und Individualität 25 1.7 Ganzheiten 26 1.7.1 Aggregat und System 26 1.7.2 Die ZUS-Analyse von Systemen 27 1.7.3 Emergenz. 31 1.7.4 Selbstorganisation 34 1.8 Faktum 35 1.8.1 Objektives Faktum 35 1.8.2 Phänomen 36 1.9 Verursachung 37 1.9.1 Der weite oder inflationäre Ursachenbegriff 37 1.9.2 Verursachung als Energieübertrag 37 1.9.3 Ursache und Grund 39 1.9.4 Kausalität in der Biologie 39

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xiv Inhaltsverzeichnis

1.10 Zufall und Wahrscheinlichkeit . 41 1.10.1 Zufall und Zufälligkeit 41 1.10.2 Die mathematische Wahrscheinlichkeitstheorie und ihre

Interpretationen 42 1.10.2.1 Die Propensitätsinterpretation 42 1.10.2.2 Die logische Interpretation . 43 1.10.2.3 Die subjektivistische Interpretation 44 1.10.2.4 Die Häufigkeitsinterpretation 45 1.10.2.5 Resümee . 46 1.11 Zusammenschau . 46

2 Semantik und Logik 49 2.1 Begriff und Aussage . 49 2.2 Extension und Referenz (Bezug) 51 2.3 Bedeutung 53 2.4 Logik. 55

3 Erkenntnistheorie 59 3.1 Erkennen und Wissen 59 3.1.1 Erkennen. 59 3.1.2 Wissen 61 3.1.3 "Wissen an sich" . 62 3.1.4 Arten von Wissen 64 3.1.5 Wissen und Glauben 65 3.2 Wahrnehmung und Beobachtung 66 3.2.1 Wahrnehmung 66 3.2.2 Phänomenalismus versus Realismus 68 3.2.3 Beobachtung . 69 3.2.4 Datum. 71 3.3 Forschung 72 3.3.1 Intuition 73 3.3.2 Methode 74 3.4 Hypothese 76 3.4.1 Vermutung und Hypothese . 76 3.4.2 Wege der Hypothesenbildung 76 3.4.3 Umfang und Tiefe von Hypothesen 77 3.4.4 Der methodologische Status von Hypothesen. 80 3.5 Theorie und Modell 81 3.5.1 Die Struktur oder Syntax von Theorien 82 3.5.2 Die Semantik von Theorien 85 3.5.3 Allgemeinheitsgrad und Tiefe von Theorien 88 3.5.3.1 Allgemeinheitsgrad 88 3.5.3.2 Tiefe 90 3.5.4 Formale und faktische Theorien und Modelle . 91

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Inhaltsverzeichnis x v

3.5.5 Die Operationalisierung von Theorien. 91 3.5.6 Konventionelle Elemente in Theorien . 94 3.5.6.1 Definitionen . 94 3.5.6.2 Notationskonventionen, Einheiten und vereinfachende Annahmen 97 3.5.7 Theorien und Gesetze (Gesetzesaussagen) 97 3.6 Wissenschaftliches Verständnis. 99 3.6.1 Erklärung. 99 3.6.1.1 Beschreibung. .100 3.6.1.2 Subsumption . .100 3.6.1.3 Erklärung. · 101 3.6.1.4 Formen der Erklärung · 103 3.6.2 Vorhersage · 106 3.6.3. Vereinhei tlichung · 108 3.6.3.1 Reduktion. · 108 3.6.3.2 Reduktionismus · 111 3.6.3.3 Integration .112 3.7 Test und Beleg · 113 3.7.1 Einige methodologische Prinzipien · 113 3.7.2 Beleg und Überprüfbarkeit · 114 3.7.3 Verifikation versus Falsifikation .119 3.7.4 Empirische Operationen. · 121 3.7.4.1 Messung. · 121 3.7.4.2 Experiment · 122 3.8 W ahrhei t und Wahrheitsindikatoren 125 3.8.1 Wahrheit. · 125 3.8.2 Wahrheitsindikatoren · 129 3.9 Zusammenschau. · 131

Teil 11 Grundprobleme der Biophilosophie

4 Leben .135 4.1 Was ist Leben? - Eine wissenschaftliche wie ontologische Frage .135 4.2 Biosystem .137 4.3 Elementares Biosystem, Zusammengesetztes Biosystem,

Organismus .142 4.4 Biospezies und Biopopulation .146 4.5 Funktion und Anpassung .148 4.5.1 Interne und externe Aktivität · 148 4.5.2 Biotischer Wert .152 4.5.3 Passung und Anpassung · 153 4.5.3.1 Acht Bedeutungen von 'Adaptation' · 153 4.5.3.2 Passung · 155 4.5.3.3 Anpassung .156

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x v i Inhaltsverzeichnis

4.5.4 Fünf Funktionsbegriffe in der Biologie .158 4.5.5 Funktionale Erklärung · 161 4.5.6 Gepaßtheit und Angepaßtheit · 162

5 Ökologie .165 5.1 Supraorganismische Entitäten · 165 5.2 Der ontologische Status von Lebensgemeinschaften und

Ökosystemen. · 167 5.3 Biologische Systemebenen . · 171 5.4 Ökologische Nische. .175 5.5 Der wissenschaftliche Status der Ökologie .180 5.5.1 Grundlagenwissenschaft . .180 5.5.2 Ökologie als Grundlagenwissenschaft . · 183 5.5.3 Exkurs: Chaos in ökischen Systemen . .184 5.5.4 Angewandte Wissenschaft und Technologie .188 5.5.5 Ökologie: Grundlagenwissenschaft, angewandte Wissenschaft

oder Technologie? .190 5.5.6 Ökologie: Eine autonome Wissenschaft? · 192

6 Psychobiologie .195 6.1 Das Leib-Seele-Problem .195 6.2 Mentale Zustände und Prozesse. · 198 6.3 Geist .200 6.3.1 Was ist Geist? .200 6.3.2 Geist -Materie-Interaktion .202 6.3.3 Wo befindet sich der Geist? . .202 6.4 Bewußtsein .203 6.5 Wille . .206

7 Systematik .209 7.1 Taxonomische Philosophien .209 7.2 Konzeptua1ismus .211 7.2.1 Begriffsbildung .211 7.2.1.1 Unterscheidung .211 7.2.1.2 Gemeinsamkeiten: Äquivalenz und Ähnlichkeit .211 7.2.1.3 Gruppieren. .212 7.2.1.4 Menge. .213 7.2.1.5 Klasse. .214 7.2.1.6 Sorte .214 7.2.1.7 Natürliche Sorte sensu lalo . .215 7.2.1.8 Arten oder natürliche Sorten sensu slr;clo . .218 7.2.2 Klassifikation .220 7.2.2.1 Klassifikation als Unterteilung. .220 7.2.2.2 Allgemeine Prinzipien des Klassifizierens . .221

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Inhaltsverzeichnis xvii

7.2.2.3 Grundlagen einer natürlichen biologischen Klassifikation .227 7.2.2.4 Systematik und Evolutionstheorie. .231 7.2.2.5 Der logische und methodologische Status von Klassifikationen .241 7.2.2.6 Taxonomie, Klassifikation, Systematik .244 7.2.2.7 Zwei Taxonomien: Die konsequent-phylogenetische und die

evolutionäre Taxonomie .245 7.3 Bionominalismus .248 7.3.1 Der schwache Bionominalismus .248 7.3.1.1 Arten als Fortpflanzungsgemeinschaften .249 7.3.1.2 Arten als Linien von Vorfahren-Nachkommen-Populationen .251 7.3.1.3 Arten-als-Individuen und Klassifikation .254 7.3.1.4 Arten-ais-Individuen und Gesetze .254 7.3.2 Der starke Bionominalismus: Taxa-ais-Individuen und

Klassifikation .256 7.3.3 Fazit .263

8 Entwicklungsbiologie .265 8.1 Was ist Entwicklung? .265 8.1.1 Entwickiungsprozeß und Entwicklung. .265 8.1.2 Typen von Entwicklungsprozessen .267 8.1.2.1 Morphogenese .268 8.1.2.2 Differenzierung .269 8.1.2.3 Wachstum .270 8.2 Präformismus versus Epigenetik .271 8.2.1 Die traditionelle Präformationstheorie . .271 8.2.2 Die traditionelle Theorie der Epigenese .273 8.2.3 Der Neopräformismus .274 8.2.3.1 Der genetische Informationismus .275 8.2.3.2 Die DNA: Das prim um movens der Entwicklung? .281 8.2.4 Die Neoepigenetik .284 8.2.4.1 Der Entwicklungsstrukturalismus . .284 8.2.4.2 Der Entwicklungskonstruktionismus .289 8.2.4.3 Versuch einer epigenetischen Synthese .295

9 Evolutionsheorie .301 9.1 Evolution und Speziation .301 9.1.1 Der ontologische Evolutionsbegriff .301 9.1.2 Speziation in der Biologie .303 9.1.3 Speziation im ontologischen Sinn und die Konsequenzen .311 9.2 Die Selektionstheorie .313 9.2.1 (An)Gepaßtheit und Fitneß . .313 9.2.2 Sei ektionsbe griffe .318 9.2.2.1 Ein ontologischer Selektionsbegriff .318 9.2.2.2 Natürliche Selektion. .320

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xviii Inhaltsverzeichnis

9.2.2.3 Selektion als Mechanismus der Populationsevolution .323 9.2.3 Die Einheiten der Selektion .324 9.2.3.1 Was ist eine Selektionseinheit? .324 9.2.3.2 Gene, Gameten, Zellen und Organismen .326 9.2.3.3 Gruppen oder Populationen . .326 9.2.3.4 Arten und Abstammungsgemeinschaften .328 9.2.3.5 Einheiten der Beschreibung . .330 9.2.4 Zusammenschau . .333 9.3 Die Struktur der Evolutionstheorie. .334 9.3.1 Was genau ist die Evolutionstheorie? .334 9.3.2 Die Struktur der Evolutionstheorie. .335 9.3.3 Vereinheitlichung der Er durch Thermodynamik und

Informationstheorie? .338 9.3.4 Ist die Evolution ein Algorithmus? .339 9.3.5 Der methodologische Status der Evolutionstheorie .341

10 Teleologie .347 10.1 Interne und externe Teleologie . .348 10.2 Teleonomie .350 10.2.1 Hemiteleonomie . .350 10.2.2 Panteleonomie .351 10.2.2.1 Kybernetische Systeme und Teleonomie .352 10.2.2.2 Programme als ziel gebende Entitäten? . .353 10.2.2.3 Resümee . .356

Literaturverzeichnis .359

Namenverzeichnis .383

Sachverzeichnis . .389

Logische und mathematische Symbole .401