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www.der-betrieb.de Das BAG ge ht dabei soga r so we it, da ss e twa s ander es nur dann gilt, wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in dem Arb eitsvertra g aus drü cklich Ve rtragsbedin g un ge n verein - baren, die unabhängi g von einer für den Betrieb normativen Rege lung Anwendung finden so li e nY Mi t anderen Wor te n: Hand elt es sich bei dem Arb e it sver tra g lIIll AGß, mu ss der Arbeitnehme r ausdrü cklich vere inbaren, das s der gesamte Vertrag oder e inzeln e Regelungen nic ht durch eine s pätere Be tri ebsvereinb ar un g a bgeändert werden könn e n. Nur eine ausdrück li ch betriebsvereinbarungsfeste Gesta ltung d er Arbeitsbedingungen hind e rt die Abänd e rung dur ch nach - fol ge nd e ß e lri ebsvere inb a run gen. Ist in dem Arbeits vertrag eine solche Regelung, die den Arbeitnehm er ausdrück li ch vo r später en ß etr iebsvere inbarun gen sc tzt. nicht vereinbart, können der gesa mte Arbei tsvertrag oder einzelne Regelungen hie rvon durch eine späte re Betri ebsvere inbarun g abgelöst 13 BAGvom 21 .08.2013 - SAIRS84/ l l, R S0738602. Arbeitsrecht Aufsatz werden. Dies gilt auch dann, wenn die nac hf olgenden Regelun- gen in der ßetriebsvere inbarun g sich zul aste n des Arbeitneh- mers auswirken. 14 IV. Ergebnis Im Ergebnis ergeben sich aus einer konse qu e nten Anwendung der zi ti ert en Rspr. des BAG groß e Chan cen für Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen fl exibel zu ges talten und für nachfolge nde - auch zu öffnen. Das GÜll st igkeitsprinz ip gilt d an n nicht Diese Flexibi li si er un g kann zwar nicht einseitig wer- den, sond er n bedarf immer einer einvernehml ichen Regelung mit dem Be triebsrat in Form von ß et riebsvere inb a run gen. Gl eichwohl so ll te n Arbeitgeber diese Änderungsmöglichke it b ere its in Arb e itsver tr äge n dur ch eine e nt s prec hende aus- drü ckliche Hege lung ve rankern. 14 BAG vom 05.03.2013, a.a.O. (Fn. 2). KündigungsrechtlSonstiges Recht ))081153786 RA/FAArbR Dr. Frank Matheis, Landstuhll Dr. Michael Hippeli, Ll.M., MBA (MDX), Wiesbaden Mediation und Kündigungsschutzprozess - Bedeutung, Au swirkung en und Me di ation sk la us el n - RA/FAArbR Dr. Frank Matheis ist Pa rtner der Kanzlei Dr. Malheis & Forsc h Partnersc haft von R echtsanwäl ten in Landstuhl und St.lngbe rt sowi e Wirt sc haftsmediator (FH); Dr. Michael Hippeli, Ll.M., MBA (MDX), ist Referent bei der Bundes anstalt für Finanzdienstleis tung s aufsicht in F rankfurt/M. sowie u.a. l ehr beaufuagter an der H ochsc hule Rhei nMain, Fachbereich Wies ba den Busi ness School (WBS) in Wi es baden. Die Autoren äußern auss chlilich ihre pernliche Auffass ung. Kontakt: autor@der-betrieb.de Die (außergerichtliche) Mediation als relativ neues Instrument der Prozessrecht so rdnungen ist gemessen am Grad ihrer An - wendung auf dem Vormarsch, dies gilt auch im Individual- arbeitsrecht. Geht es bei Mediation allgemein gesprochen um Konfliktbewältigung, so ve rwundert es nicht, dass auch Kündigungs sc hutzprozesse vom Ein sa tz des In st rument s außergerichtlicher Mediation betroffen se in können. Denn auch mancher Kündigung li egt ein Konflikt im Betrieb des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers zugrunde. Im Folg enden so ll da s abstrakte Spannungsfeld einer ultima- ti ven Trennung vom Arbeitnehmer und der parallelen Kon - fliktbewältigung näher untersucht sowie die konkreten Ein - satzmöglichkeiten von außergerichtlicher Mediation ab dem Zeitpunkt der Kündigung ausgelotet werden. I. Einleitung Den Schwer pun kt der arbe itsgerichtlichen Be fa ss ung bildet re ge lmäßi g der Kündigullgs sc hut z pro zess. In den letzt en Jahren waren in Deutsch l and dur chngig e twa 40% a ll er von Arbeitsgerichten e rl edi gte n Urteil sve rfahren Kündigungs- DER BETRIEB Nr .0 1 08. 01.2016 sc hu tzk la ge n .' Oftma ls ge hen der Kündigung Konflikte im Unlernehmen voraus,l Die Kündig un g wird dab ei z ur Ultima Ratio der Beendigung des jeweiligen Konflikts. Das de ut sche Kündigullgsschutzre c ht ist in diesem Zusa mm enhang zwar vom Willen d es Ge setzge bers ge tragen, einen Ausgleich der Int eressen zu bewerkstelligen.) Der vorz un e hm ende Interes- se nau sgleich im Kündig un gssc hutzpro zess ist jedoch na ch- gelagc rter Art und n ic hl gl eichbedeutend dal'nit, da ss die für die Kündigu ng ur säc hl ichen Konflikte gek lärt werden sollen} An dieser Ste ll e setzt el as am 26.07.2012 in Kraft getretene Medi- ation sgese tz (Mediations G) an. Nach § 1 Abs. 1 MediationsG handelt es sich bei einer Mediation um ein vertrauliches und st ru kt uriertes Verfahren, bei dem Parteien mithilf e eines oder me hrere r Mediator en di e einverne hmli che Bc il eg ung ein es Konfl ikts ers tr eben. Der Med i ator hat dabei ausweislich des § 1 Abs. 2 MediationsG keine rl ei Ents cheidungsmac ht. Dur ch die Mediation soll es zwis chen den Parteien zu einer Win-win- Situ ation komlllen. in der be id e Pa rt eien ihre Int eresse n a ls gewahrt anse hen können. s Mediation ist also in er ste r Linie Vgl. K leinmann, In: Pauly/Osnabrügge (Hrsg.), Hdb. Kündlg ungsre<ht , 4. Auß. 2014, § 37 Rn. 1, m.w.N; MolI/Alte nburg, In: Mo ll (Hrsg.), Münc hAnwal tshdb. AR, 3. Auß. 2012, § 1 Rn. 1 ff. sowie die letzte Veff en tlichung der Stati stik zur Arbei tsgerichtsbarkeit aus 2013 un te rwww. bmas.de. Oen dorfer /Pon S<hab, in: Moll, a. a.O . (Fn. I), § 82 Rn. 1 f.; grundlegend zum Kon fliktmanage- me nt auch UtschenlHippeli, OB 2015 S. 741. V gL etwa We idenkaff, in: Palandt (Hrsg.), 8GB, 74. Auf] . 2015, Elnf. vo 611 Rn. 5; v. Hoyni ngen- H uene, in: vHH/l (HrSlj.l, KSchG, 15. Auß. ID1 3, S. 17 ff . 4 Ob KonfliktJösung im Arbei tsleben vorrangig mit Mitteln des Arbeitsr ec htse rfol gen kann, vgL (onen, Wirtschaft s mediation, 2014, S. 214, er sc he int indes fraglich. Dendorfer /Po n sch ab, in: Moll, .1 . .1.0. (Fn. 1), § 82 Rn. 14; Ersehe it, in: Fritz/Pielstieker (Hr sg.), MediationsG, 2012, S. 61 1; E ckst ein, JuS ID14S . 698 (700) . S3

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Page 1: Mediation und Kündigungsschutzprozess - matheis-forsch.de · Pil artz, a.a.O. (Fn. 6), S. 19. 54 die Fiktion der Hechtmüßigk it Kündigung nach §§ 4. 7 KSchG ei ntritt, Aufgrund

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Das BAG geht dabei sogar so weit, dass etwas a nderes nur da nn gilt, wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in dem Arbeitsvertrag ausdrücklich Vertragsbedingungen verein­baren, die unabhängig von einer für den Betrieb normativen Regelung Anwendung finden solienY Mi t anderen Wor ten: Handelt es sich bei dem Arbeitsver trag lIIll AGß, muss de r Arbeitnehme r ausdrü cklich ve reinbaren, dass der gesamte Vertrag oder einzelne Regelungen nicht durch e ine spätere Betriebsvereinbarung abgeändert werden können. Nur eine ausdrück lich betriebsvereinbarungsfeste Gesta ltung der Arbeitsbedingungen hindert die Abänderung durch nach­fol gende ß elriebsvereinbarungen. Is t in dem Arbeitsvertrag eine solche Regelung, die den Arbeitnehmer ausd rücklich vor späteren ßetr iebsvereinbarungen schützt. nicht vereinbart, können der gesamte Arbeitsvertrag oder ei nzelne Regelungen hiervon durch eine spätere Betriebsvere inbarung abgelöst

13 BAGvom 21.08.2013 - SAIRS84/l l, RS0738602.

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werden. Dies gilt auch dann, wenn die nachfolgenden Regelun­gen in der ß etriebsvereinbarung sich zulasten des Arbeitneh­mers auswirken.14

IV. Ergebnis Im Ergebnis ergeben sich aus einer konsequenten Anwendung der zi tierten Rspr. des BAG große Chancen für Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen fl exibel zu ges talten und Arbeitsvertr~ige

für nachfolgende - auch verschlechternde~ ':"I R~geI11l1gen zu öffnen. Das GÜllstigkeitsprin zip gilt dan n nicht (~neh r). Diese Flexibi lis ierung kann zwar nich t einseitig ~(jrc{lgesetzt wer­den, sondern bedarf immer einer einvernehml ichen Regelung mit dem Betriebsrat in Form von ß etriebsvere inba rungen. Gleichwohl so ll ten Arbeitgeber diese Änderungsmöglichkeit bereits in Arbeitsver trägen durch eine entsprechende aus­drückliche Hegelung verankern.

14 BAG vom 05.03.2013, a.a.O. (Fn. 2).

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Mediation und Kündigungsschutzprozess - Bedeutung, Auswirkungen und Mediationsklauseln -

RA/FAArbR Dr. Frank Matheis ist Partner der Kanzlei Dr. Malheis & Forsch Partnerschaft von Rechtsanwälten in Landstuhl und St.lngbert sowie

Wirtschaftsmediator (FH); Dr. Michael Hippeli, Ll.M., MBA (MDX), ist Referent bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Frankfurt/M. sowie u.a. l ehrbeaufuagter an der Hochschule RheinMain, Fachbereich Wiesbaden Business School (WBS) in Wiesbaden. Die Autoren äußern ausschließlich ihre persönliche Auffassung.

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Die (außergerichtliche) Mediation als relativ neues Instrument der Prozessrechtsordnungen ist gemessen am Grad ihrer An­wendung auf dem Vormarsch, dies gilt auch im Individual­arbeitsrecht. Geht es bei Mediation allgemein gesprochen um Konfliktbewältigung, so verwundert es nicht, dass auch Kündigungsschutzprozesse vom Einsatz des Instruments außergerichtlicher Mediation betroffen sein können. Denn auch mancher Kündigung liegt ein Konflikt im Betrieb des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers zugrunde. Im Folgenden soll das abstrakte Spannungsfeld einer ultima­tiven Trennung vom Arbeitnehmer und der parallelen Kon­fliktbewältigung näher untersucht sowie die konkreten Ein ­satzmöglichkeiten von außergerichtlicher Mediation ab dem Zeitpunkt der Kündigung ausgelotet werden.

I. Einleitung Den Schwerpun kt der a rbeitsgerichtlichen Befa ssung bildet regelmäßig de r Kündigullgssc hutzprozess. In den letz ten Jahren waren in Deutsch land durchgängig etwa 40% a ller von Arbeitsgerichten e rledigten Urteilsverfahren Kündigungs-

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schutzk lagen .' Oftmals gehen der Kündigung Konflikte im Unlernehmen voraus,l Die Kündigung wird dabei zur Ultima Ratio der Beendigung des jeweiligen Konflikts. Das deutsche Kündigullgsschutzrecht ist in diesem Zusammenh ang zwar vom Willen des Gesetzgebers getragen, einen Ausgleich der Interessen zu bewerkstelligen. ) Der vorzunehmende Inte res­senausgleich im Kündigungsschutzprozess ist jedoch nach­gelagcrter Art und nichl gleichbedeutend dal'nit, dass die für die Kündigu ng ursächl ichen Konflikte gek lärt werden sollen} An dieser Stelle setzt elas am 26.07.2012 in Kraft getretene Medi­ationsgesetz (MediationsG) an. Nach § 1 Abs. 1 MediationsG handelt es sich bei eine r Mediation um ein vertrauliches und stru kturier tes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren die einvernehmliche Bcilegung eines Konfl ikts erstreben. Der Med iator hat dabei ausweislich des § 1 Abs. 2 MediationsG keinerlei Entscheidungsmacht. Durch die Mediation soll es zwischen den Parteien zu einer Win-win­Situa tion komlllen. in der beide Pa rteien ihre Interessen a ls gewahrt ansehen können.s Mediation ist also in erster Linie

Vgl. Kleinmann, In: Pauly/Osnabrügge (Hrsg.), Hdb. Kündlgungsre<ht, 4. Auß. 2014, § 37 Rn. 1, m.w.N; MolI/Altenburg, In: Moll (Hrsg.), MünchAnwaltshdb. AR, 3. Auß. 2012, § 1 Rn. 1 ff. sowie die letzte Veröffentlichung der Statistik zur Arbei tsgerichtsbarkeit aus 2013 unterwww.bmas.de. Oendorfer/PonS<hab, in: Moll, a.a.O. (Fn. I), § 82 Rn. 1 f.; grundlegend zum Konfliktmanage­ment auch UtschenlHippeli, OB 2015 S. 741. VgL etwa Weidenkaff, in: Palandt (Hrsg.), 8GB, 74. Auf]. 2015, Elnf. vor§ 611 Rn. 5; v. Hoyningen­Huene, in: vHH/l (HrSlj.l, KSchG, 15. Auß. ID13, S. 17 ff.

4 Ob KonfliktJösung im Arbeitsleben vorrangig mit Mitteln des Arbeitsrechts erfolgen kann, vgL (onen, Wirtschaftsmediation, 2014, S. 214, erscheint indes fraglich. Dendorfer/Ponschab, in: Moll, .1 . .1.0. (Fn. 1), § 82 Rn. 14; Erseheit, in: Fritz/Pielstieker (Hrsg.), MediationsG, 2012, S. 61 1; Eckstein, JuS ID14 S. 698 (700).

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ein Instrument zur Lösung von Konflikten6 und damit ein Mittel zur präventiven Vermeidung von Kündigungen. Der vorliegende Beit rag soll in erster Linie Anregungen dah inge­hend liefern, welche Impli kalionen Mediation il11l1lll11ittelbar bevorstehenden bzw. bereits laufenden Kündigungsschutzpro­zess für den Arbei tnehmer haben kann.

11. Bedeutung der außergerichtlichen Mediation im Individualarbeitsrecht

Die Bedeutung der außergerichtlichen Mediation - auch im Individualarbeitsrecht - ist jedenfa lls in den letzten Jahren zumindest leicht gestiegen. die Grundstil11l1lung der Mediation gegenüber ist insgesamt als positiv zu bezeichnen. 7 Allerdings ist d ie Mögl ichkeit de r Ina nspruchnahme von außerger icht­licher Mediation bisla ng im mer noch wen ig bekannt. Dies gil t auch in Bezug auf d ie beratenden Rechtsanwälte, denen oft­mals die Informationen über die außergerichtliche Mediation selbst, ihre Rolle darin sowie die entsprechenden Kosten- und Gebührenmomente feh len. ' Zugle ich is t der Anwendungs­bereich von au ßerger ichtlicher Mediation im Umfeld von Kün­digungen darüber hinaus nicht schl echterd ings eingängig. Oftma ls geht es bei der Kündigung ultimativ um e ine Tren­nung VO ll dem Mitarbeiter, sodass es den Par teien regelmäßig wohl ga r nicht mehr sinnvoll erscheint, die zugrunde liegenden Probleme aufzuarbeiten. Gleichwohl ist auch das streitige Ver­fah ren vor dem ArbG mit der Güteverhandlung primär auf die gülliche Einigungder Parteien ausgerichtet, sodass grds. auch Raum für eine außergerichtl iche Mediation besteht.

111. Außergerichtliche Mediation und formeller Kündigungsschutzprozess

Au ßergerichtliche Mediation kann ab Erhalt der Künd igung a ls Grundlage prozesstaktischer Erwägungen eine Rolle spie­len. Denn es kann entweder erwogen we rden, sich ggf. nur auf eine außergerichtliche Mediation zu verlassen und ga r nicht erst in ein arbeitsgerichtliches Verfahren im vVege einer Kü ndigungsschutzk lage einzusteigen (s . unter 1.). Oder aber es wird zunächst eine Kündigungsschutzkl age erhoben und im Zuge des laufenden Verfa hrens in eine außergericht liche Med iation übergega ngen (s. unter 2.),

1. Außergerichtliches Mediationsverfahren als Alternative zum Kündigungsschutzprozess

Zunächst ist zu erwägen, ob eine außerger ichtliche Mediation nicht sogar a ls Alternative zur Erhebung einer Kündigungs­schutzklage in Betracht kommt.9 Dabei würde es sich um eine rein außerger ichtliche Mediation handeln 10

- von einem arbeitsgerichtlichen Verfahren wü rde gä nzlich abgesehen. Bloßer Anknüpfungspunkt ist ein e gleichwoh l mögliche Erhebung einer Kündigungsschutzklage, Allerdings bedeutet der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage innerhalb der maßgeblichen Frist von drei \,yachen ab Zuga ng der schriftlichen Kündigung und dem gleichzeitigcnungewis­sen Ende eines außergerichtl ichen Med iationsverfahrens. dass

6 Insoweit ist der Mediator als Organ des Konfliktmanagements zu betrachten, vgl. im Ansatz auch Pilartz, Mediation im Arbeitsrecht, 20B, S. 61. Vgl. Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, 2012, S. 5; Bürger, Möglichkeiten für den Ein­satz der Mediation im Arbeitsre(ht unter Einbeziehung des MediationsG, 2014, 5.22 f., m.w.N.

8 Matt1oli, a.a.O. (Fn. 7), S. 6; Bürger, a.a.O. (Fn. 7), S. 90 f. 9 Sog. e<hte außergerichtliche Mediation, vgl. Maltioli, a.a.O. (Fn. 7), S. 10. 10 Vg l. Pilartz, a.a.O. (Fn. 6), S. 19.

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die Fiktion der Hechtmüßigkeit der Kündigung nach §§ 4. 7 KSchG ei ntritt, Aufgrund des entsp rechend en Haftungs­risikos11 würde aber wohl kein i.iblicherweise eingescha lteter Hechtsa nwa lt den gekü ndi gten Manda nten dahingehend beraten, Eine Aus nahme hie rvon käme woh l nur dann in Belracht, wenn der Arbeilgeber sich zunächst (im gleichwohl gestarteten Ki.ind igungsschutzprozess)U auf die Rück nahme der Kündigung ei n ließe, um das Ergebnis der parallel angelau­fenen rein außergerichtlichen Mediatioh abzu\vArten,

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2. Außergerichtliches Mediationsverfahren als Ausstieg aus dem laufenden Kündigungsschutzprozess

Is t die Entscheidung zur Erhebung der Ki.indigungsschutz­klage aber erst einmal getroffen und das Verfahren in Ga ng. stellt s ich di e Frage, ob das auf Konsens bedachte außerge­richtliche Med iationsverfahren noch e ingeleitet werden kann, obwohl bereits das streit ige Verfahren läuft. Mit der Einführung des j\lled iationsG wurde das ArbGG um den neuen § 5'la ArbGG" ergänzt. Nach § 54a Abs. 1 ArbG G ka nn das Gerichtden Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfa hren der außerger ichtlichen Streitbeilegung vorschlagen, Dem Vorsitzenden kommt dabei ein eigenes Ermessen zu. die­sen \rYeg anstalt des Güterichterverfahrens zu beschre iten. 14

Ei ne außergerichlliche Mediation kann insb. da nn angezeigt sein, wenn dem Hechtsstreit Konflikte zugrunde liegen, die im gerichtl ichen Verfa hren nicht oder nur unzureichend beigelegt werden können.'s Dabei geht es vor allem llm das Ansprechen als relevant empfundener Dinge, emotion a les Konfliktpotenzial , Aussöhnung lind die Vermeidung seelischer Folgeschäden.16

Nach § 54a Abs, 2 Satz 1 ArbGG führ t ein solches Verfahren dann zun ächst zum Huhen des arbe itsger ichtlichen Ver­fahrens LS.d . § 251 ZpO. Als Ausprägung des in § 9 ArbGG niedergelegten l3eschleunigungsgrundsatzes \vird von einetl1 ze itna hen all ßerger ichtl ichen Kon fl iktlösu ngsverfa h ren ausgegangen; daher nimml das ArbG das streitige Verfahren nach drei Monaten i.S.d . § 54a Abs. 2 Satz 3 ArbGG wieder auf, wenn die Parteien nicht da rlegen, dass das au ßergerichtliche Verfahren noch betrieben wird,lI Damit unterwerfen sich die Parteien wieder de r Entscheidllngsm<lcht eines Dritten und sehen von einer eigenvera ntwortl ichen Streitbeilegung ab, 1.0 , zeigt der Wortlaut von § 54a Abs. 2 Satz J ArbGG ( .. entscheiden sich die Pa rteien zur DurchfLih ru ng einer Med iation ..... ), dass die Parteien nicht auf den Vorschlag des Gerichts im I-I inblick auf die Durchführung vor allem eine r außerger ichtlichen Media tion beschrä nkt si nd, sondern dies auch aus e igenem Antri eb veranl assen könn en,la \rVar die außerge richt liche Mediation schließlich erfolgreich, kann entweder die Klage

11 Vgl. zu Haflungsfragen des beratenden RA im Umfeld von außergericht licher Mediation im Oetail Mattioli , a.a.O. (Fn. 7), S. 33 f.

12 Anderweitig ist ein Widerruf oder eine Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitgeber auf­grund der Gestaltungswirkung der zugegangeneIl Kündigungserklärung nicht möglich, vgl. linck, in: vHH/l (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 3)' S. 527; Bräh!. in: Oombuscher/fkchermeier/löwiS<h (Hr~.), 6. Aufl. 2014, fachanwalt~komm. AR, § 4 KSchG Rn. 22.

B Entspricht weitestgehend § 278a ZPO im Allgemeinen Zivilprozess. Vgl.zur prakt ischen Bedeu-tung und Erfahrung hierzu Wolff, NJW 201S S. 1656 (1659).

14 Oliwen, SB 2012 S. 1923 (1924); Henssler/Oeckenbrock, OB 2012 S. lS9 (162). 15 Rolfs, in: Tschöpe (Hrsg.), AR-Hdb., 9. Aufl. 2015, S. 2368 f. 16 Vgl. Wunsch, Das Spannungsverhältnis zwischen außergerichtlicher und gerichtlicher Media­

tion, 2014, S. 48; lenk, Mediation im Rahmen des Rechts, 2008, S. 36. 17 Ziemann, in: Henssler/WiliemsenlKalb (Hrsg.), AR-Komm., 6. Aufl. 2014, § 54a Arb GG Rn. 3;

SchmiU, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath (Hrsg.), Handkomm. AR, 3. Aufl. 2013, § S4a ArbGG Rn. 5; Francken, NZA 2012 S. 836 (840).

18 Vgl. Mattioli, a.a.O. (fn. 7), S. 10; Wolmerath, ArbRAktue ll 2015 S. 343 (345).

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z urü ckgenommen oder das Ger icht UIll einen geric ht lichen Verg leichs vorschlag gebeten werden,19 Da mi t hat der Gesetzgeber die einerseits durch das Gütever­fa hren nach § 54 ArbGG li nd andererse its du rch die Anord­nung nach § 57 f\ bs. 2 Arb GG a n den Hichter, e ine g ütliche Ei nigll ng wä hrend des gesa mten Verfa hrens a nzust reben, auch bereits bisla ng sehr a usgeprägte konsensua le Ko nfli ktlös llng im Arbeitsger ichtsprozess erweiter t. Dem ArbG w urde das Instru ment a n d ie I-la nd gegeben, das ger icht liche Verfa hren ggf. in ei n Verfahre n der a u ßergeri chtlichen Stre itbe il egung zu übcrfü hren.10 Gleich,voh I dürfte hierdu rch das Ergebn is des Verfa h rens, gleich bei welcher Art de r Verfa hrensbeendigung, hin a usgezögert werden. l l Die a u ße rgerichtl iche Med iation führ t a llerd ings zur Hemmung de r Verjä hrung nach § 203 13GB, da der dortige Begriff der sch\\'ebenden Verhand lungen a uch die a ußerger ichtliche Med iation erfa sst. ll

IV. Mediation und materielles Kündigungsschutzrecht Fraglich ist schließlich, ob d ie Durchführung bzw. d ie Nicht­du rch füh rung eines a ußergerich l.1 ichen Med iationsverfa h rens zumindes t ll Einfluss a u f die Beurteilung der Hecht miißigkeit einer Kü nd igung hat . Bei den nachfolgenden Betracht ungen s ind dabei diverse Arten von Kü ndigungen zli un terscheiden: Bei ei ner ßeendigungs­kündigung so ll die Ver t ragsbeziehung zwischen Arbeitgeber un d A rbeit ne hm e r bcen cl et we rd en. Be i eine r Andcrungs­künd igung winl d as bishe rige Arbeitsverhä ltni s gekündigt, gleichwohl verb indet der Arbeitgeber die Kündigung 111 it dem Angebot a n den Arbeitnehmer, das Arbeitsverhä ltnis zu geä n­derten Bedingungen fo rL zu führe n.14 fe rner si nd Ki,indigungen da hingehe nd zu unterscheiden, ob die geltenden Künd igungs­fri s ten eingeha lte n werden (ordent liche Kündigu ng) oder ob das Arbeitsve rh ä lt ni s ohne Ei nha lt u ng von Kü ndigungsfr isten beendet werden so ll (außero rdent liche Kündigung). Voraussetzung jeder recht mäßigen Künd igung ist die ta tbe­s ta nd smäßige Erfü llu ng des jeweiligen Künd igu ngsgrullds (be t riebsbedillgt. ve rha ltensbed ing t, personenbed ingt). Die "Veige rung eines Arbei tne hm e rs, a n e iner von de r Arbe it~

gebe rseite ini tiierten Mediation m itzuwirken, füll t für s ich ge nomme n jed enfa ll s ke in e n de r Kü ndigu ngsgrü nde aus . Allerdings ka nn ein solcher Umsta nd eine n im Ha hmen der Verhä lt nismäßigkeitsprüfung i.S.d. § l Abs. 2 Satz I KSchG und da mi tgenerell innerha lb der Hechtl11äßigkeit.sprü fu ng zu berücksicht igenden Umsta nd darstellen. Nach Maßgabe des Verhä ll nisl11äßigkeitsgru ndsatzes spielen dort Umstä nde des Über l11aßverbots, der Ultima Hat io der Künd igung und der gebotenen Interessenabwägu ng die entscheidende Holle,25 Im Ra hmen dessen ist schließlich etwa auch zu berücksichtigen, dass die A rbeitgeberi nte ressen a n de r Beendig ll ng des A rbeits­ve rhä lt ni sses 1II11 S0 schwere r w iegen, je mehr künd igu ngs-

19 GÖrg. in: Nalter/Gro$$ (Hr$g.), Handkomm. ArbGG, 2. Auß. 2013, § 54a Rn. 18. 20 Vgl. BT-Oruck$. 17/5335 S. 20; hilZ, in: Frilz/Piel$ticker, <1.a.O. (Fn. 5), § 54a ArbGG Rn. 2. 21 (onen, a.a.O. (Fn. 4), S. 216. 22 Künzl, in: Ostrowia/Künzl/Scholz (Hrsg.), Hdb. des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, S. Aun.

2014, S. 140; Ahren$, NJW 2012 S. 2465 (2468). 23 Einfluss auf die Zulässigkeit der Kündigungmhulzklage hat ein außergerichtliches Mediations­

verfahren schließlich nicht. 24 Osnabrügge, in: PaulylOsnabrügge, a.a.O. (Fn. 1), § 1 Rn. 5 f.; Däubler, in: Kiltner/DäublerlZwan­

ziger (Hrsg.), KSchR, 9. Aun. 2014, Ein!. Rn. 123. 25 Vgl. 8erkowsky, in: Moll. a.a.O. (Fn. 1), § 110 Rn. 4B ff.; Preis, in: Stahlhacke/PreisNO$sen (Hrsg.),

Kündigung und Kündigungsschuu im A,beil$verhällnis, 11. Auß. 201S, S. 115.

DER BETRIEB Nr.O l 08.01.2016

Arbeitsrecht Aufsatz -----.

verhü tende !Vlaßna hme n e r get roffen hat. 26 Entsp reche nd wird ma n hierzu gegenlä ufig die mangelnde J\!li tw irkll ng des Arbei t:nel1mers w ürd igen können.

V. Mediation und Rechtmäßigkeitsprüfung entsprechend der jeweiligen Kündigungsarten

Ka nn das Mediationsverfa hren a lso nur ein Aspekt der Recht­mäßigkeilsprü fun g sein, verbietet s ich zunächst eine genera­lisiere nde Beur te ilung des ggf. zur Anwend u l ~g Lz u brillgellden a u ßergerichtlichen Mediat ion sverfa hrens. V i e lr~ehr kom mt es a uf die je \\'. Ar t der Künd ig ung und die<,ilm Gesetzgebe r vorgegebene Kü nd igungsschwelle a n. Der Arbeitgeber wü rde unbillig benachtei ligt, wü rde man i h 111 in jedem Fa ll d ie Ein lei­Lu ng ci !les au ßergerichtl ichen rvled ia tionsverfa hrells zumuten u nd den Tren llllngsprozcss da mi t in ze itlicher Hi nsicht s tets hi nausschieben. \'Va s Bee nd ig un gs- u nd And e ru ngskü ndig lln g an bela ng t. so s te ll en s ich beide Kündigungs fo rme n a ls erhe blic he E in ~

schni tte in das bestehende Arbcitsvertragsverhült ni s dar lind beein flu ssen den Arbeit nehmer wir tschaftl ich li nd psycho­logisch deutlichY Ei ne unterschied liche Beha nd lu ng dieser be iden Kü nd igungsa rten erschein t da he r nicht sachgerecht.

1. Außerordentliche Kündigung Anders is t d ies im Hinblick a uf ordentliche und a ußerordcnt­I iche Kii nd igungen. Hier erschei nt ci ne Differenzierunggeboten. Der Hechtllläßigkeit der a u ßerordentl ichen Kü nd igung hat der Gesetzgeber schließlich enge Grenzen gesetzt. Er verlangt insb. einen \vichtigel1 Grund und zu s~i tz l i cll, dass dem Arbeitgeber bei Berücksichtigung a ller Umstünde des Einzelfa lls und u nter Abwägu ng der Interessen beider Vert ragsteile d ie Fortsetzung des Dienstverhä ltn isses n icht weite r zugemu tet werden kan n (§ 626 Abs. I EGB). Di e a u ßerordentliche Kü ndigung ist d ie Ulti ll1a Hatio, wenn a lle sonstigen milderen Maßnah men - a uch eine ordentliche Kündigung oder eine Anderungskii nd igu ng ­ausscheidel1.2& Als w ichtiger Grund kam illen vor a llem Arbeits­pfl ich t verletzungen, sch\verw iegende Nebenpfl ichtverletzlln­gen, sonstige Pflichtverletzullgenulld st rarbare Ha ndlu ngen in ßetracht.2t Kommt der Arbeitgeber danach zu der Allffassllng, dass er das Arbeitsverh ültn is sofort beenden muss, e rscheint kein Ha ull1 für eine Mediat ion. Denn sind die tatbesta nd lichen Vo rau ssetz ungen de r außerordentlichen Künd ig un g erfü llt, wä re es u nte r Berücksichtigu ng de r jew. Interessen ll1ehr a ls unbillig, dem Arbeitgeber ein a u ßergerichtlic hes Media ~

t ionsverfa hren abzuve rlangen, um einen de r Kü nd igung ggf. zugrunde liegenden Konflik l mühsam a ufzulösen.

2. Ordentliche Kündigung Strebt der Arbeitgeber eine o rdentliche Kündigung a n, so sind in sb. vor dem Hintergrund der Anwe nd ba rkeit des KSchG ebenfal ls Differenzieru ngen geboten . Istdas KSchG al1,vend bar u nd zu tn indest ein Künd igungsgru nd erfüll t, eröffnet s ich d ie f rage, inw ieweit ein nicht du rchgeführ tes a u ßerger ichtliches

26 Deinert, in: Kittner/DäublerlZwanziger, a.a.O. (Fn. 24), § 1 Rn. 63; Be(ker, Die unzulässige Ein­ßumlahme des Arbeitgebers auf die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers, 20 11, S. 235.

27 Vg l. Deinert, in: Kittner/Zwanziger/Deinert (Hrsg.), 8. Aun. 2015, § 11 Rn. 143 ff.; Bayreulher, NZA 2006 S. 417 (419); Oeter, AuR 2005 S. 435.

18 Vgl. etwa 8AG vom 19.04.1007 - 1 AIR 180/06. DB0141040 = N1A·RR 1007 5. 571 (575); Schneppendahl, in: Wedde (Hrsg.), AR, 3. Aun. 2013, § 626 BGB Rn. 2B.

29 Weiden ka ff, a.a.O. (Fn. 3), § 626 Rn. 42 ff.; DörnerNossen, in: Ascheid/Preis/Schmidt (Hrsg.), Kündigungsrecht, 4. Aun. 2012, § 626 BGB Rn. 22.

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Arbeitsrecht Aufsatz _-0.-----

Mecliationsverfahren Auswirkungen auf die Beurtei lung der Hechtmäßigkeit der Künd igung hat. Das Gesetz separiert drei Künd igungsartcn: die betriebsbedingtc, cl ie personcnbedingte lind die vcrha ltensbcdingte Kü ndigung.Jede ausgesprochene Kündigung muss zunächst einer dieser Kategorien zugeord­net werden. Dabei würe es sinnwidrig. dem Arbeitgeber ein ullte rlassenes Mediationsverfa hrcn vorzuwerfen, wenn auch ein erfolgreiches Medialionsverfah ren den Klindigungsgrund nicht entfallen ließe oder a ll S a nderen Grü nden unerheblich ist. Zu untersuchen ist vor diesem Hinte rgrund anhand der Künd igu ngsart. ob der jew. Kündigung überhaupt ein "mcclia­lionsgeeigneter Konflikt" unte rlegt ist.

a) Betriebsbedingte Kündigung

Die betriebsbedingte Kündigung weist im Gegensatz zur per­sonen- u nd verha ltensbedingten Kündigu ng eine ausschließ­liche Ausrichtu ng auf den Arbeitgeber au f, indessen a lleiniger Sphäre der Grund fü r die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verorten ist. JQ Ka nn der Arbeitgeber im Prozess die vor­gegebenen Tatbestandsvoraussetzungen a ls - jedenfalls a n d ieser Stelle - hohe Hürden der Kündigung darlegen, erscheint eine weitere Verzögerung durch ein außergericht liches Medi­ationsverfa hren als ullve rhültnismäßig. Denn es sind kaum Konstellat ionen vorste llbar, bei denen im Zusa mm enh ang mit eine r betriebsbedin gten Kündigun g Konflikte existie­ren, die in der Folge mit einer außergerichtl ichen Mediation bewältigt werden könnten. Ein Einsatzfeld für ei ne außerge­richtliche Mediation kann es a llenfa lls im sachna hen Umfeld von be triebsbedingten Kündigungen geben, wenn nämlich Massenentlassungen geplant sind lind die Situation zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern emotiona l eskaliert (Streiks, Missachtung von Betriebsvereinbaru ngen, sch ikanö­ses Verhalten des Arbeitgebers USW.). l l

b) Personenbedingte Kündigung

Bei e ine r personenbedingten Kündigung liegen die Kündi­g ungsgründe dagegen in de r Sphäre des Arbeitnehmers J1

,

obgleich diese von ihm nicht schuld ha ft verursacht sein mü ssen. Die Störung des Arbeitsverhä ltnisses, wie vor a llem durch Krankheit, liegt regelm äßig nicht im vom Arbeitneh­mer s teucrbaren Bereich. Eine außergerichtliche Mediation wäre al so au ch hi e r regelmüßig s innl os. Denn wenn das e rka nnte Probl em de r e ingetretenen fehlenden Äquivalen z von Leistung und Gegenleistung nicht von einem wi llent­lichen Verhalten des J\rbe itnehmers getragen is t, gibt es im Rahmen eines au ßergerichtl ichen Mediationsverfah rens kein Verä nderungspoten zia l a ls Beit rag zur Entschärfun g der Pro­blemsituation.

cl Verhaltensbedingte Kündigung

Charakteristisch für eine verhaltensbed ingte Kündigllng is t schließlich e i n dem A rbeitneh mer vorwerfbares arbeitsver­tragswidriges Verha lten, obwohl ihm ein a nderes Verhalten möglich gewesen wäre.)) Ein bewu sst ve rtragswidriges Verhal­ten ist dabei geradezu typisch für eine Konfl iktlage, auf die a ls

30 Däubler/Oeinert, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, a.a.O. (Fn. 24), § 1 K5chG Rn. 352; Waltermann, AR, 17. Auf!. 2014, 5.145.

31 VgL Ehler" NJW 1003 S.llJ7 (1341). 32 Waltermann, a.a.O. (fn. 30), 5. 141; Wedde, in: Wedde, a.a.O. (fn. 28), § 1 KS<hG Rn. 34. 33 Oäubler, in: Kittner/Oäublerflwanziger, a.a.O. (fn. 24), § 1 KS<hG Rn. 228 ff.; OörnerNossen,

a.a.O. (fn . 29), § 1 K5,hG Rn. 275.

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milderes Mittel zu einer Kündigu ng die Durchführung eines außergeri chtlich en Medialionsverfa hrens pa ssen könnte. Zu bedenken ist allerdings, dass die Rspr. vor Ausspruch der Kündig ung im Regelfa ll die Notwendigke it e in er e in schlä­gigen Abmahnung sieht. J4 Dabei handelt es sich letztlich um n ichts anderes als um die Mitteilung einer Konflikt/age, die der Arbeitgeber bei einem erneuten, gleich gelagerten Rechts­verstoß seitens des Arbeitnehmers durch den Ausspruch der Kündigungaufzulösen gedenkt. ' I \ ~ .; 1

Es ist dahe r fraglich , ob zusätzlich q1er ~ar alterna tiv die Durchmhrung eines außerger ichtlichein Mediationsverfah­rens ge ford ert werde n kann. Dabei sollte im Hinbl ic k auf die a lte rnative Durchführung e in es außergerichtlichen Mediationsverfahrens beri.i cksichtigt werden, dass Sinn und Zweck von Abma hnung und Mediation völlig unte rsch iedlich sind , mithin also eine alternat ive Anwendung ausscheiden dürfte . So s tellt in sb. die vVa rnfunktiol1 der Abma hnung)S ein wesentliches Element im Ra hmen der vom Arbeitgeber zu treffenden Prognosee Iltscheidung dar, die n icht ohne \<\fe ite­res erse tzt werden ka nn. Auch eine zusätzliche Obliegenheit d es Arbeitgebers zur Durchfüh ru ng eines außerge richtli ­chen Mediationsverfahrens wird zu verneinen sein, denn sie würde d en Arbeitgeber übe r Gebühr benachteiligen. Dies dürfte :1ber d ann anders zu beurteilen sein, wenn etwa im Ha hm en einer Stellungna hm e zur er teilten Abmahnung eine mediationsgeeignete Ko nflik t lage zutage tritt. Die Durch ­führun g e in e r a uße rge richtlichen Mediation ist da nn e in milderes Mittel zu r verha ltensbed i ngten Kü ndigu ng. Heiden Te ilen dürfte es in diesem Fall zuzumuten sein , sich nach Abm ahnung und Stellungnahme zunächst gemein sa m mit der Möglichkeit einer außergerichtlichen Mediat ion ausein­anderzusetzen .

VI, Mediationsklausel im Arbeitsvertrag vVeiterhin is t über die Verwendung von Mediationsk lauseln 16

im Arbeitsvertrag nachzudenken. Besteht e ine rechtswirk­same Mediationsk lau sel und sind in dieser die Fä lle, wann die Pa rte ien sich zur Durchführung eines außergerichtlichen Mediat ionsverfahrens verpfl ichten, erschöpfend aufgeführt , so erschei nt die Eillh a ltung de r Klausel a ls Wirksa mkeits­e rford ernis einer Kündigung. Zu beachten ist d abei, da ss di e Mediationsklausel nach AGB-Recht Zll beurte ilen is t. Hegelmäßig ist der Arbeitgeber Verwende!', von daher gehen Unklarheiten der Regelung bzw. deren Unwirksa mkeit wegen una ngemessene r Benachte ilig ung i.S.d . § 307 Abs. 2 Satz 2 BGB voll zu seinen Lasten. Der Arbeitnehmer wird sich sodann au f die Du rchführung ei nes Med iationsverfahrens vor Kü ndi­g ungsausspruch berufen können. Umgekehr t ist es scll\ver vorstellbar, dass eine Mediation sklausel im Arbe itsvert rag wie in einem a llgemeinen zivilrechtlichen Vertrag wirkt lind ei nen dilator ischen Klageverzichtl7 des Arbeitneh mers bedeu­te t. Zwa r ergibt sich im Ergebn is nicht, dass Mediationsklau­seln 1'0111 Anwendungsbereich der §§ 4, IOJ ff. ArbGG erfasst

34 8AG vom 10.1 1.1988 - 2 AZR 21 5/88, OB 19895. 1427 (1428) = AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969; vom 16.09.1004 -1 AIR 406/03, OB l00S S. 341 = EIA-SO 1004 Nr.16, 6 ff.

3S BAG vom 16.01.199S - 1 AIR 649/94, BAGE 79 S. 176 = OB 1995 S. 10/8 (1019); Schneppen­dahl, a.a.O. (Fn. 28), § 1 K5chG Rn. 92.

36 Dies liegt innerhalb des allgemeinen Vertragsrechts im Trend, vgl. Mall ioli, a.a.O. (fn. 7), 5. 44. Im IndividualarbeitSfecht dürfte eine MediatiOß~klausel im Arbeilsvertrag derzeit OO<h eine 5el­lenheit darslellen.

37 Manioli, a.a.O. (Fn. 7), S. 44; (onen, a.a.O. (Fn. 4), S. 223.

DER BETRI EB Nr.01 08.01.2016

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sineV' wodurch sie schon schlechterdings un zuläss ig wären. Denn die Regelungswirkung der Aussschluss- und Klagefris t der §§ 4, 7 KSchG steht nicht zur Disposition de r Parteien . Jedoch sind Mediationsk lallseIn zum indest dan 11 unwirksam, wenn sie sich unabgestimmlallr die §§ 4, 7 KSchG auswirkcn.l9

VII. Schluss betrachtung Der Gesetzgeber ist mit der Verabsch iedu ng des Mediations­gese tzes und der Einführung des § 54a ArbGG dem immer stä rker werdend en Trend der Implementierung von Formen außergerichtlicher Streitbe il egung in di e Hechtso rdnun g gefolgt. Bemerkenswert ist die Besonderheit (auch) im Arbeits­recht, dass selbst in rechtsröl'mlichen Ver rahren u I1ter richter­licher Leitung noch eine außergerichtliche Mediation möglich ist. Diese Möglichkeit erschei nt dadurch gerechtfertigt , dass

38 Heussen, in: Haft/v. S<hlieffen (Hrsg.), Hdb. Mediation, 2. Auf!. 2009, § 9 Rn. 50; löwisc:h, 882001 S. 1790 117921.

39 Oendoffer/Pons<llab, in: Moll, a.a.O. (Fn. 1)' § 82 Rn. 147; (onen, a.a.O. (Fn. 4), S. 224.

Arbeitsrecht Kurz kommentiert ---~

gerade in Kündigul1gsprozessen für vorgerichtliche Verhand­lungen zumeist wenig Zei t bleibt.·o

Obgleich d ie Du rch fü h ru ng ei ner au ßergerichll ichen Med ial.ion weder Zulässigkeitsvorallssetzung einer Künd igungsschulz­klage noch materiell-rechtliche Kündigu ngsvoraussetzling ist, kann einem solchen Mediationsverfahren im Zusammenhang mit einer Kündigung im Einzelfa ll eine gew isse Bedeutung zukolllmen. Denn zum einen kann der Kündigungsschutz-

',!' ,I prozess hierdurch schon rrühzeitig prozessta ktisch gesteuert werden. Zum anderen erschei nt es zumincl~sti i nl Bereich des Möglichen, dass der außergerichtlichen Med iation zukünftig im Zusammen spiel mit ve rhaltensbedingten Kündigungen ein e größere Rolle zugebilligt wird . Schließlich wäre es vor dem Hinte rgrund des Verhä ltnismä ß igkeitsprinzips wün­schens\vert, dass die je\\'. Mediationsbemühu ngen der Parteien angemessen gewürdigt werden.

40 Francken, NlA 2011 5. 1001 (1002).

Kurz kommentiert

Betriebliche Altersversorgung »OBl168820

Die Auskunft über eine unverfallbare Anwartschaft nach § 4a BetrAVG - Kein Schuldanerkenntnis, aber eine Wissenserklärung des Arbeitgebers

Eine der zentralen Schwierigkeiten des Betriebsrenten­rechts ist die zeitlich lange Dauer des durch eine Versor­gungszllsage begründeten und e rst mit dem f\bleben des Betriebsrenlners beendelen Dauerschl.lldvcrhältnisses. Nicht immer haben der betroffene Arbeitnehmer oder de r betroffen e Arbeitgeber bei Eintritt des Versorgungsfalls di e grundl egenden Vert.ragsunlerlagen zu r Uand. Es ist deshalb von Inte resse, inwieweit die VOI11 Arbeitgeber nach § 4a BetrAVG zu erteilenden Auskünfte helfen können. Das L/\G Baden-\Vlirttemberg hat in einem - nach Zurückwei­sung der Nichtzulassllngsbeschwerde rkr. gcwordenen -flir die Praxis interessanten Urteil entschieden, dass ein Arbeitgeber die von e inem Hechtsvorgä ngel" e rteilte Ver­sorgungsauskunft nicht mit Nichtwissen best re iten kann. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.02.2015 - 12 5a 68/14

RiArbG Or. Volker Matthießen ist tätig am ArbG Offenbach1M. als Ständiger Vertreter eines Direktors a.D, Kontakt: [email protected]

I. Sachverhalt Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Klägereine monatliche Hellte von 52,92 € zu zahlen hat. Der Kläger wal' von 1964 bis 1985 bei e in em de r Rechts· vo rgä nger eier Beklagten beschäftigt. Aufg runel eines Auf­hebungsvertrags erteilte am 30.04.1985 der Personalchef des damaligen Arbeitgebers dem Kläger eine Mitteilung gem. § 2 Abs. 6 Bet rAVG, dass ihm ei ne unverrallbare Anwartschart aur eine monatliche l3etriebsrente i.H.v. 103,50 DM bei Vo llendung d es 65. Leben sjahrs zustehe. Die damalige Arbeitgeberin

DER BETRIEB Nr.01 08.01.2016

wurde in der Folgezeit meh rrach umgewandelt; der ehemalige Beschärtigungsbetrieb wurde 1988 in eine neu gegründete GmbH übertragen. Der Rentner verklagte mit Eintritt des Versorgllngsfall s den Hcchtsnachrolger seines damaligen Arbeitgebers - da er a ls ausgeschiedener Arbeitnehmer nich t von den nachrolgenden Betriebsübergängen erfasst worden war - auf Zahlung der doku­mentierten ßetriebsrentenanwartschaft LI-I.v. umgerechnet 52,92 €. Die jetzige Beklagte hatte im Prozess vorgetragen, sie wisse nichts mehr von einer ßetriebsverei nbarung über ei ne betriebliche Altersversorgung der damaligen Gesellschart; der Allspruch sei nicht schlüssig begrü ndet.

11. Entscheidung Das LAG Badcn-Württemberg hat den Betriebsrentenanspruch des Klägers bejaht. Zwar stellt die Auskunft nach § 2 I\bs. 6 BetrAVG a.F. (heute: § 4a ßet rAVG) nur eine vVissenserklürullg des Arbeitgebers dar. Der Arbeitgeber gibt mit ih r kein Schuld­anerkenntnis ab; an eine erteilte Auskunrt ist er rechtlich nicht gebunden. Dies entspricht st. Hspl'. des ßAG (vg l. nur ßAG, Urteil vom 09.12.1997 - 3 AZR 695/96, OB 1998 S. 2331). Bedeutungs los ist die Au skunft jedoch nicht. Der Arbe it­gebe r dokum entie rt damit sein aktuell es \Vissen über di e betriebliche Altersversorgung, deren Rechtsgrundlagellund de r daraus rolgenden Anwartschaft des Arbeitnehmers. Die einmal e rteilte Auskunrt is t Erkenlltnisql.lellc, die er im Hah­men e iner Auseinandersetz ung mit dem Arbeitnehmer um die betriebliche Altersversorgung nich t ignorieren kann, son­dern zu beachten hat. Das hindert den Arbeitgeber nicht, die Inhalte der Auskunft aurgrund besseren \'Vissens, das er sich bspw. aLlrgrund anderer Unterlagen erworben hat, in Zweirel zu z iehen. Er kann den Inh a lt eier Auskunrt jedoch nicht in Zweifel z iehen, weil er über keine wei te ren Unterlagen zur Altersversorgung mehr verfligt. Insofern is t der Vortrag des Klägers unter Vorlage der Ausku nft nach § 4a lletrAVG (frü he r: § 2 Abs. 6 Bet rAVG) für die Begründung eines Betriebsrenten­anspruchs vö ll ig ausreichend.

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