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LESSONS LEARNED

Parmalat galt als Vorzeigebeispiel für die erfolg-reiche Umsetzung einer Unternehmensstrategiein den Zeiten liberaler Globalisierung. Die Firmastartete in den 1960er Jahren als kleiner Fami-lienbetrieb im Parma, der im Umland pasteuri-sierte Milch verkaufte. Dank großzügiger EU-Beihilfen und dem unternehmerischen Geschickseines Gründers Calisto Tanzi wurde aus derkleinen Molkerei recht schnell ein multinationa-ler Konzern. Bereits 1974 wurden erste Filialenin Brasilien, Venezuela und Ecuador gegrün-det. Sehr schnell gründete Tanzi auch dubioseSchachtelbeteiligungen und Zwischengesell-schaften in Steueroasen wie der Isle of Man, denCaiman Islands, den britischen Jungferninselnsowie den Niederländischen Antillen. Transpa-renz wurde dadurch sicherlich nicht geschaffen.Und trotzdem galt Parmalat als sichere undsolide Geldanlage an der Mailänder Börse. Diesänderte sich schlagartig am 11. November 2003.

Von der sicheren Geldanlage zum„SOS im Milchsee“

An jenem Tag meldeten sich zunächst die Wirt-schaftsprüfer zu Wort. Sie hatten erste Zweifelan der Bonität und der Werthaltigkeit einerInvestition über 500 Millionen Euro in den Epi-curum-Fonds auf den Caiman Islands. Und sehrschnell reagierte auch die führende Rating-Agentur Standard & Poor’s, die umgehend das

Rating der Parmalat-Titel herabstufte. Damitbegann die Domino-Rallye: Die Rating-Herab-stufung führte zu fallenden Aktienkursen sowieskeptischen Investoren und Kapitalmarkt-Teil-nehmern. Die Börsenaufsicht verlangte einehöhere Transparenz und wollte Auskunft darü-ber, wie der Milchkonzern seine bis Ende 2003fälligen Kredite abzuzahlen gedenke. Die Aktio-näre und Gläubiger wurden immer nervöser.Gründer und Konzernchef Calisto Tanzi musstereagieren. Er setzte alles auf eine Karte. Und ertat dies auch im wahrsten Sinne des Wortes.Bewaffnet mit Schere und Klebestift schnipselteer zunächst das Logo und anschließend dieUnterschrift der Bankangestellten Agnes Bel-grave aus einem Briefbogen der Bank of Americaheraus. Danach klebte er die einzelnen Schnip-sel auf einen Bogen Papier, der die Existenzeines Kontos der Parmalat-Tochter Bonlat auf denCayman Islands bestätigen sollte. Guthaben:3,95 Milliarden Euro. Der Brief wurde dannschließlich an das Mailänder Büro der Wirt-schaftsprüfers Grant Thornton geschickt.

Der Wirtschaftsprüfer wiederum legte das Schrift-stück als Beweis vor, dass Parmalat noch einen„Notgroschen“ in Höhe von 3,95 Milliarden Eurobei einer Filiale der Bank of America auf denCaiman Islands habe. Bis zu diesem Zeitpunktschien die Strategie von Calisto Tanzi aufzuge-hen. Wenn der Bank of America nicht dummer-

Milchsumpf

Der italienische Konzern Parmalat beschäftigt rund 36.000 Menschen in 30Ländern und erwirtschaftete im Jahr 2002 einen Umsatz von 7,6 MilliardenEuro. Die Parmalat-Aktie galt an der Mailänder Börse als grundsolide undsichere Geldanlage … allerdings nur bis zum 11. November 2003. An diesemTag meldeten die Wirtschaftsprüfer erste Zweifel an der Bonität des Unterneh-mens an. Über einen Zeitraum von 15 Jahren hatte der Konzern seine Bilanzund Gewinn- und Verlustrechnung manipuliert und gefälscht und mit Mond-zahlen operiert. Experten sprechen von einem der größten Finanzskandale inder europäischen Unternehmensgeschichte. Viele gehen davon aus, dass dieParmalat-Pleite ähnlich verheerende Schockwellen auslösen wird wie der be-trügerische Bankrott des US-amerikanischen Energieriesen Enron im Dezember2001. Die genaue Schadenshöhe ist bislang noch nicht abzusehen.

Mit einem Umsatz von 7,6Milliarden Euro ist (war)Parmalat das achtgrößteUnternehmen Italiens.

Autor

Frank Romeike

ist Herausgeber der RISKNEWS und Gründer und Initiator von RiskNET, dem führenden deutschsprachigen Internetportal rund um das Thema Risikomanagement.

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weise – oder glücklicherweise – recht schnellaufgefallen wäre, dass es sich bei dem „Doku-ment“ um eine Fälschung handelt. Sehr schnellwurde daraufhin die Öffentlichkeit informiert,was sich als finaler Todesstoß für das einstigeVorzeigeunternehmen erweisen sollte. Die Dominosteine fielen nun immer schneller: DerAktienkurs stürzte ins Nichts. Die 115.000 Par-malat-Investoren fühlten sich betrogen und füreinige bedeutete das „Absaufen von Parmalatim Milchsumpf“ auch den persönlichen finan-ziellen Ruin. Zunächst ging man von einemSchuldenberg von elf Milliarden Euro aus. Kom-plexe Unternehmensstrukturen, Schachtelbetei-ligungen, dubiose Zwischenholdings und Off-shore-Gesellschaften machten es jedoch zu-nächst unmöglich, die wirklichen Kontenständezu verifizieren.

Basierend auf aktuellen Untersuchungen ist dasLoch in der Bilanz des bankrotten Nahrungsmit-telkonzerns weitaus höher als bislang geschätzt.Der Pegel des Milchsees hatte Anfang Januarbereits einen Stand von 14,3 Milliarden Euroerreicht. Zum 30. September 2003 hatte derKonzern lediglich 1,8 Milliarden Euro an Schul-den ausgewiesen. Die tatsächlichen Schuldensind demnach etwa achtmal höher als offiziellgemeldet worden war.

Laut Aussagen der Wirtschaftsprüfungsgesell-schaft PriceWaterhouseCoopers, die vom Insol-venzverwalter Enrico Bondi Anfang des Jahresmit der Untersuchung des Falles beauftragtworden war, fälschten Konzernchef Calisto Tanziund seine Männer nicht nur die Bilanz, sondernauch die Gewinn- und Verlustrechnung. NachBerechnungen der Wirtschaftsprüfer betrug derUmsatz in den ersten neun Monaten des ver-gangenen Jahres lediglich 4 Milliarden Euro. Inder offiziellen GuV waren jedoch 5,4 Milliardenausgewiesen. Der tatsächliche Gewinn vorSteuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda)betrug nach den Berechnungen der Wirt-schaftsprüfer etwa 121 Millionen Euro. Parmalathatte ein etwa fünfmal höheres Ergebnis ausge-wiesen. Und bereits im Jahr 2002 war dasEbitda vom damaligen Finanzchef von Parma-lat, Fausto Tonna, von 286 Millionen Euro auf931 Millionen Euro hochfrisiert worden. „DerBestand an Liquidität am 31. Dezember 2002und 30. September 2003 ist so gut wie nicht vor-handen“, heißt es im Bericht der Wirtschafts-prüfer. Staatsanwalt Greco erklärte schließlich,der Betrug um Parmalat sei „so kolossal, dassman es kaum glauben kann“.

Lessons Learned

Wie bei praktisch allen spektakulären Unterneh-menszusammenbrüchen der letzten Jahre zubeobachten war, fiel auch der Parmalat-Skandalnicht „plötzlich und unerwartet“ vom Himmel.Vielmehr sind auch in diesem Fall charakteristi-sche Ursachen und Handlungsmuster zu erken-nen, die das Desaster letztlich ausgelöst haben.

Die Selbstbereicherung der Eliten: CalistoTanzi fing ganz klein an. Sein Vater pökelte Par-maschinken im kleinen Städtchen Collecchionahe Parma. Im Jahre 1961 übernahm Tanzi denmittelständischen Salami- und Schinkenbetriebund setze auf pasteurisierte Milch im TetraPak.Tanzi schaffte es – quasi aus dem Nichts – inwenigen Jahrzehnten ganz nach oben. „NichtFreiheit, nicht Macht, nicht Geld. Am wichtigs-ten ist mir meine eigene Konsequenz“, war derLieblingsspruch des Milchkönigs. Er war derStar der italienischen Wirtschaft und fiel vonganz oben nach ganz unten.

Wie auch andere Stars der italienischen Wirt-schaft (Berlusconi, Cragnotti, Agnelli etc.) kaufteTanzi einen Fußballklub, wie andere MenschenSpielzeug für ihre Kinder kaufen. Sein SohnStefano führte (zumindest nominell) den KlubAC Parma. Wenn der AC Parma gegen den Tra-ditionsklub Lazio Rom spielte, hieß das Matchin Italien „Milchderby“. Der Grund hierfür lagdarin, dass Tanzi und und Lazio-Präsident Crag-notti neben Fußballspielern auch Molkereienhin und her schoben. Private und geschäftlicheInteressen verschwommen im Laufe der Zeit.Und dies galt nicht nur für den Fußball: So hatCalisto Tanzi nach Angaben der Staatsanwalt-schaft auch bis zu 800 Millionen Dollar aus demFirmenvermögen in das Tourismus-Geschäftseiner Familie abgezweigt und geriet aufgrundseines eigenen Größenwahns immer tiefer inden Milchsumpf.

Parallelen zu dem Ex-Tyco-Chef Dennis Koz-lowski sind auffällig. Auch er schaffte den Auf-stieg vom Zeitungsjungen und Autowäscherüber eine Ausbildung als Buchprüfer bis zumVorstandschef. Auch er kaufte eine Unzahl vonUnternehmen (jährlich etwa 200) für sein gigan-tisches Monopolyspiel. Auch er bediente sichschamlos aus der Firmenkasse und soll insge-samt etwa 600 Millionen US-Dollar veruntreutoder gestohlen haben. Beispielsweise organi-sierte Kozlowski eine Geburtstagsparty auf Sar-dinien – für 2,1 Millionen Euro. Selbstverständ-lich bezahlt aus der Unternehmenskasse. DerGag auf der Party war ein aus Eis gemeißelter

„Könnt Ihr mir einenEspresso ausgeben, ich

habe kein Geld mehr“,so Milchkönig und

Ex-Parmalat-Chef Tanzi imGefängnis San Vittore.

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„Michelangelo“-David, der Wodka pinkelte. Beidesind Symbolfiguren für die Gier, die Dekadenzund den Größenwahn der „Stars“ in den Vor-standsetagen. Calisto Tanzi drohen nun wegender Führung einer verbrecherischen Vereini-gung mit dem Ziel des betrügerischen Bank-rotts 15 Jahre Haft.

Die guten Beziehungen zu Politik: Tanzi wirdvorgeworfen, dass er pro Jahr etwa 1,5 bis zweiMillionen Euro bar aus der Unternehmenskasseentnommen und an Politiker weiterverteilt ha-ben soll. Abgezogen wurden die Gelder auseinem Fonds, der ursprünglich für den Kauf vonBüromaterial eingerichtet worden war. Der in-zwischen inhaftierte ehemalige Finanzchef Fausto Tonna hatte während seiner Vernehmun-gen zugegeben, dass immer wieder Schmier-geldzahlungen an Politiker und Banken geflos-sen seien. Und die Politik selbst liefert die Vor-bilder. Eine der ersten Amtshandlungen des ita-lienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconiwar es, den Straftatbestand der Bilanzfälschungzu einem Kavaliersdelikt zurechtzustutzen. DieVerjährungszeit wurde radikal reduziert. Durchmaßgeschneiderte Gesetze konnte er sich sehrgeschickt der Strafverfolgung durch die Mailän-der Staatsanwälte im Zusammenhang mit seinerFirmenholding Fininvest entziehen.

Die Verquickung der Banken: Die MailänderStaatsanwaltschaft hatte im Februar bereitserste Ermittlungen gegen zahlreiche Parmalat-Banken und ihre Mitarbeiter eingeleitet. Es wirdberichtet, dass es sich hierbei unter anderem umdie Citigroup, die Bank of America, MorgenStanley, die Schweizer UBS, Capitalia, SanpaoloImi sowie die Deutsche Bank handelt. Danebensollen auch Ermittlungen gegen Mitarbeiter derBanca Popolare di Lodi, der Banca Intesa sowieder Fondgesellschaft Nextra eingeleitet wordensein. Die Staatsanwaltschaft wirft den Bankeninsbesondere vor, bereits seit langer Zeit vondem Schuldenberg des Nahrungsmittelkonzernsgewusst zu haben. Die Richter ermitteln unteranderem auch wegen Kursmanipulation und auf-grund der Beihilfe zu betrügerischem Bankrott.

Die Mitschuld der Wirtschaftsprüfer: Nebenden Banken wurden in den vergangenen Mona-ten auch diverse Wirtschaftsprüfer, etwa GrantThornton und Deloitte & Touche, der Mitwisser-schaft beschuldigt. „Das Parmalat-Managementhat nicht allein gehandelt“, sagt ein Anwalt derKläger. „Ohne die Beteiligung von Parmalat-Finanzberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechts-anwälten gäbe es keinen Betrug.“ So fiel etwadem Mailänder Büro des Wirtschaftsprüfers

Thornton überhaupt nicht auf, dass das zusam-men-geschnipselte „Notgroschen“-Dokumenteine Fälschung sein musste, da die Sachbear-beiterin Belgrave überhaupt nicht berechtigtwar, ein derartiges Dokument zu unterzeichnen.Die Wirtschaftsprüfer stellten auch keine Fra-gen, wo denn so plötzlich das Geld herkam. EinAnruf bei der Bank hätte genügt, um sehrschnell herauszufinden, dass das Dokumentnoch nicht einmal das Papier wert war, auf demes geschrieben bzw. geklebt war. Über einenZeitraum von 15 Jahren wurden regelmäßigBelege gefälscht, ohne dass die WirtschaftsprüferVerdacht schöpften.

Leider ist auch nach Enron, Worldcom und denanderen gigantischen Bilanzskandalen die Sen-sibilität der Wirtschaftsprüfer nicht gestiegen.Daher fordert etwa Professor Klaus Henselmannvon der Technischen Universität Chemnitzeinen Paradigmenwechsel. „Bei börsennotiertenUnternehmen erwartet die Öffentlichkeit zuRecht eine verstärkte Prüfung in RichtungBilanzdelikte.“ Leider fehlt den Wirtschaftsprü-fern nicht selten das erforderliche Know-how,um Manipulationen und Fälschungen auch tat-

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Parmalat war nicht nur ein vom italienischen

Staatspräsidenten geadelter„Ritter der Arbeit“,

sondern ein Milchkoloss mit Füßen aus TetraPaks,

der nun in seinem eigenen Milchsumpf

untergegangen ist.

Der Sarbanes Oxley Act(SOA oder SOX) regelt die

Verantwortlichkeiten derUnternehmensführung

und der Wirtschaftsprüfergrundlegend neu und

definiert Regeln für die Zusammenarbeit von

Unternehmen und Wirtschaftsprüfern.

sächlich zu erkennen. Insbesondere durch denschärferen Wettbewerb und die in der Folge sin-kenden Honorare werden häufig nur junge undbillige Mitarbeiter eingesetzt, welche die Unter-nehmensverantwortlichen quasi wie Marionet-ten dirigieren können.

Um Bilanzfälschern das Handwerk zu legen, willEU-Kommissar Frits Bolkestein zukünftig diefederführenden Leiter einer Bilanzprüfung per-sönlich „für alle Aspekte der Rechnungslegung“haftbar machen. Der EU-Kommissar denkt darü-ber nach, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaf-ten zu zwingen, alle sieben Jahre ihre Kundenan einen Konkurrenten abzugeben und/oderintern alle fünf Jahre die leitenden Angestelltenauszutauschen. Innerhalb der Branche stößt derVorstoß Bolkesteins verständlicherweise aufkeine große Gegenliebe. Man erwarte große„technische Schwierigkeiten“, so Hubert Grafvon Treuberg, Vorstandsmitglied bei Ernst &Young. Die deutsche BundesjustizministerinBrigitte Zypries empfahl darüber hinaus, dieWirtschaftsprüfer bei grober Fahrlässigkeitnicht nur gegenüber ihren Mandanten, sondernauch gegenüber Aktionären und Insolvenzgläu-bigern haftbar zu machen. Vorbild für Zypriesist der amerikanische Sarbanes-Oxley-Act. Deramerikanische Kongress hatte im Juli 2002 eineReform der Unternehmens- und Wertpapierge-setzgebung verabschiedet. Die US-Börsenauf-sicht SEC (Securities and Exchange Commis-sion) erhält mit dem „Sarbanes-Oxley-Act“(benannt nach dem Vorsitzenden des Banken-ausschusses des Senats Paul Sarbanes und dem Vorsitzenden des Ausschusses für Finanz-dienstleistungen im RepräsentantenhausMichael G. Oxley), neue Rechte. Im Mittelpunktder neuen Vorschriften steht die Einrichtungeiner neuen Aufsichtsbehörde für Wirtschafts-prüfer. Die Mitglieder – eingesetzt von der Auf-sichtsbehörde SEC – sollen verhindern, dassgegen die Regeln der Rechnungslegung versto-ßen wird. Die unabhängige Behörde soll zukünf-tig ethische Standards für die Wirtschaftsprüferformulieren und die Beziehungen der Unterneh-men zu ihren Wirtschaftsprüfern entflechten.Gleichzeitig wird auch die Consulting-Tätigkeitder Wirtschaftsprüfer bei Unternehmen, derenAbschluss sie prüfen, stark eingeschränkt. Dieoftmals geübte Praxis, die Prüfungstätigkeit alsTüröffner für weitergehende Beratungsleistun-gen zu nutzen (und damit das margenschwachePrüfungsgeschäft zu subventionieren) soll damitverhindert werden. Zukünftig darf ein Wirt-schaftsprüfer ein Unternehmen nicht für einenZeitraum von mehr als fünf Jahren prüfen.Zudem muss jedes börsennotierte Unternehmen

einen unabhängigen Prüfungsausschuss (AuditComittee) einrichten, der die Arbeit der Wirt-schaftsprüfer überwacht. Ergänzend hierzu müs-sen die Vorstände der Unternehmen die Rich-tigkeit von Finanzberichten und Bilanzen mitihrer Unterschrift bestätigen. Falls die Abschlüs-se nicht akkurat sind und nicht den gesetz-lichen Vorschriften entsprechen sowie eine Kor-rektur nach unten erforderlich ist, können dieVorstände ihre Gewinne aus Aktienoptionenund Bonuszahlungen verlieren. Eine Gefängnis-strafe von bis zu 25 Jahren ist möglich, falls denVerantwortlichen Wertpapierbetrug nachgewie-sen werden kann. Bei Bilanzfehlern können zu-dem Geldstrafen bis zu 5 Millionen Dollar ver-hängt werden.

Fazit

„Es lebe die Ethik im Wirtschaftsleben!“ ertöntees auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum.Während die Wirtschaftselite im idyllischenDavos fromme Wünsche diskutierte, wurdeeinige Kilometer weiter südöstlich das gesamteAusmaß des Parmalat-Skandals offenkundig.Nach der Enron-Pleite haben die Experten voneiner Selbstkorrektur des Systems gesprochen.In fast allen Ländern wurden „Corporate Gover-nance“-Kodizes diskutiert und umgesetzt. Par-malat zeigt jedoch, dass alle diese Bemühungennur sehr wenig geholfen haben. In immer kürze-ren Abständen erschüttern gigantische Finanz-skandale die Wirtschaftswelt: Enron, Worldcom,Balsam, Flowtex, Ahold, Parmalat et cetera. Woliegt der Grund? Häufig können die Wirtschafts-bosse die Erwartungen der Kapitalmärkte nichterfüllen und erfinden Aufträge, manipulierenGewinne und kaschieren Schieflagen. Undnicht selten ist die eigene Dekadenz und Gierder Unternehmensbosse und „Superstars“,deren Anhimmelung durch Mitarbeiter undMedien bisweilen fast an Heiligenverehrunggrenzt, die Ursache der jüngsten Bilanzskan-dale. Intransparente Unternehmensstrukturenmit Offshore-Gesellschaften, Schachtelbeteili-gungen und dubiose Unternehmensstrukturenerhöhen nicht die etwa durch „Corporate Gover-nance“ geforderte Transparenz, sondern erleich-tern vielmehr das Frisieren und Aufblasen derUnternehmensergebnisse.

Quellenverzeichnis und weiterführende Literaturhin-weise: o. V.: Ermittlungen gegen sieben Parmalat-Banken jetztoffiziell eingeleitet, in: DIE WELT vom 11.02.2004. / o. V.: Parmalat-Schulden höher als vermutet, in: Handelsblatt vom 27.01.2004. /Ramonet, Ignacio: Der Ruin von Parmalat, in: LE MONDE diplomatique vom 13.02. 2004. / Engeser, M. et al.: Mis-strauen Mangelware, in: Wirtschaftswoche vom 15.01.2004. /Buchter, H.: Die Rückkehr der Räuberbarone, in: DIE ZEIT vom29. Januar 2004.