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Untersuchungen visueller und kognitiver Leistungen älterer Arbeitnehmer ■ Innenraumbelastungen – Die Bedeutung von Gerüchen ■ Fersendämpfungselemente in Sicherheitsschuhen bewirken eine Ökonomisierung der Muskelaktivität ■ Expositionsermittlung im Rahmen von BK-Verfahren

Mit Beiträgen aus Umweltmedizin und Sozialmedizin

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324 Originalarbeit: Fersendämpfungselemente in Sicherheitsschuhen

1 Funktionsbereich Motorik, Pathophysiologie und Biomechanik – Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Jena

2 Funktionsbereich Wirbelsäulenchirurgie – Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG-Klinikum Bergmannstrost Halle/Saale

3 BG Nahrungsmittel und Gastgewerbe, GB Prävention, Abteilung Gesundheitsschutz, Außenstelle Erfurt

Fersendämpfungselemente in Sicherheitsschuhen bewirken eine Ökonomisierung der Muskelaktivität Agnes Hübner1, Philipp Schenk1, 2, Roland Grassme1, 3, Linda Mädge1, Christoph Anders1

A. Hübner, P. Schenk, R. Grassme, L. Mädge, C. Anders: Fersendämpfungselemente in Sicherheitsschuhen bewirken eine Ökonomisierung der Muskelaktivität. ZBl Arbeitsmed 63 (2013) 324–329

Schlüsselwörter: Sicherheitsschuh, Dämpfungselement, Muskel, Rücken, muskulärer Aufwand Zusammenfassung: Während des Tragens von Sicherheitsschuhen lässt sich mit zunehmender Tragedauer ein deutlicher Optimierungseffekt im

muskulären Aufwand bei Verwendung einer gewichtsangepassten Fersendämpfung nachweisen, der ohne Verwendung dieser Dämpfung nicht nur nicht, sondern sogar in umgekehrter Richtung sichtbar wird: ohne Dämpfung erhöht sich der muskuläre Aufwand mit längerer Tragedauer. Eine gewichtsangepasste Fersendämpfung kann den Arbeitnehmer somit vor unnötiger Mehrbelastung der Muskulatur und daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen bewahren.

Heel cushioning elements in safety shoes reduce muscle strain levels

A. Hübner, P. Schenk, R. Grassme, L. Mädge, C. Anders: Heel cushioning elements in safety shoes reduce muscle strain levels. ZBl Arbeitsmed 63 (2013) 324–329

Key words: safety shoe, cushioning elements, muscle, back, muscle strain level Conclusions: For subjects wearing safety shoes, an optimizing effect on the muscular effort can be achieved by applying weight-adjusted

cushioning elements if they are worn for longer periods of time. Without optimal damping this effect is reversed: the muscular effort increases throughout continuing activity. Thus weight-adjusted cushioning elements can help to prevent employees from unnecessary increased muscle activity and therefore from health consequences.

Die Autoren:

Agnes Hübner1 ■ Philipp Schenk1, 2 ■ Dr. Roland Grassme1, 3 ■ Linda Mädge1 ■ PD Dr. Christoph Anders1 1 Funktionsbereich Motorik, Pathophysiologie und Biomechanik – Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie ■ Universitäts -klinikum Jena ■ Bachstr. 18, 07740 Jena 2 Funktionsbereich Wirbelsäulenchirurgie – Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie ■ BG-Klinikum Bergmannstrost Halle/Saale ■ Merseburger Str. 165, 06112 Halle/Saale 3 BG Nahrungsmittel und Gastgewerbe ■ GB Prävention ■ Abteilung Gesundheitsschutz ■ Außenstelle Erfurt ■ Lucas Cranach-Platz 2, 99098 Erfurt

Einleitung Rückenschmerzen sind in Deutsch-

land ein gravierendes gesundheitspoliti-sches Problem (Becker et al. 2010). Die Auslöser dafür sind mannigfaltig. Sie können durch Bewegungsmangel, Über-lastung der Muskulatur, Fehlhaltungen, Übergewicht und oder Verschleiß an der Wirbelsäule oder den Bandscheiben entstehen, aber auch durch psychische Faktoren wie Stress und daraus resultie-renden Muskelverspannungen ausgelöst

werden (Deyo & Weinstein 2001; Linton 2000; Raspe 2012; van Tulder et al. 2006).

Der Einfluss des Schuhwerks auf die Rückengesundheit ist nicht zu unter-schätzen. Während die Muskulatur vor-wiegend im Sitzen tätiger Arbeitnehmer dekonitionierenden Prozessen unterwor-fen ist, sind Arbeitnehmer die Sicher-heitsschuhe tragen oft mit gegenteiligen Problemen konfrontiert. Durch langes

tätigkeitsbedingtes Stehen oder Laufen wird die Muskulatur stark beansprucht. Kommt hierzu unpassendes Schuhwerk, kann es zu einer Überlastung des Bewe-gungsapparates, zu Haltungsschäden und dadurch zu Schmerzen kommen. Arbeitnehmer vieler Berufszweige sind verpflichtet, während des Ausübens ihrer Tätigkeit Sicherheitsschuhe zu tra-gen (§ 5 ArbSchG). Sie verbringen somit den gesamten Arbeitstag und damit

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einen großen Teil des Tages in diesem Schuhwerk. Neben den sicherheitstech-nischen Anforderungen müssen Ergono-mie und Tragekomfort für Sicherheits-schuhe unbedingt berücksichtig werden, um einen Beitrag zur Gesunderhaltung der Arbeitnehmer zu leisten und Unfälle zu vermeiden. Durch die große Varia-bilität der Fußform bei den Trägern gibt es viele zu berücksichtigende Faktoren, wie unterschiedliche Verhältnisse von Fußlänge zu Fußbreite, Geschlecht (Luo et al. 2009), Körpergewicht und Alter (Scott et al. 2007). Dies wird auf unterschiedliche Weise bereits von ver-schiedenen Herstellern über Mehrwei-tensysteme, Dämpfungen und Frauen-modelle berücksichtigt. Für die Auswahl der richtigen Dämpfung spielt die Frage des Gewichtes des Trägers eine wichtige Rolle. Dies wird in gängigen Schuh-anpassungssystemen jedoch oft nicht berücksichtigt, kann aber mit auswech-selbaren Dämpfungselementen z.B. im Bereich der Ferse gezielt umgesetzt und bei Änderungen des Körpergewichtes vom Träger selbst problemlos angepasst werden.

Mit Hilfe der vorliegenden Untersu -chung soll der Effekt von gewichtsange-

passten Fersendämpfungselementen in Sicherheitsschuhen daraufhin untersucht werden, ob neben den bekannten ange-nehmeren Trageeigenschaften für die Nutzer auch Effekte auf die Muskulatur der Beine und des Rumpfes nachweisbar sind. Es werden die Situationen des Gehens ohne Dämpfung, mit optimaler Dämpfung und mit einer zu starken Dämpfung während verschiedener Geh-geschwindigkeiten betrachtet.

Methode Die Untersuchung wurde an 73 weitge-

hend rückengesunden männlichen Proban-den durchgeführt, die sich in zwei Alters-gruppen aufteilten: eine jüngere Gruppe (20 – 35 Jahre; 37 Probanden) und eine ältere Gruppe (50 – 65 Jahre; 36 Proban-den), deren muskuläre Aktivität von Rumpf- und Beinmuskeln mittels Ober-flächen-Elektromyographie (OEMG) auf-gezeichnet wurde. Alle Probanden wur-den vor Beginn der Untersuchung über die Durchführung aufgeklärt und er -klärten sich daraufhin schriftlich mit der Teilnahme einverstanden. Die Befür-wortung des Untersuchungsprotokolls erfolgte durch die Ethik-Kommission des Universitätsklinikums Jena (Bearbei-

tungsnummer: 3352–01/12) und erfüllt somit die ethischen Standards der De-klaration von Helsinki in ihrer derzeit gültigen Fassung.

Die Positionierung der OEMG-Elek-troden (Ag-AgCl Elektroden: H93SG, Arbo®, Dtl.) richtete sich nach den gän-gigen internationalen Standards (SENI-AM, www.seniam.org). Die Markierung der Ableitorte erfolgte immer durch den-selben erfahrenen Untersucher, um un-tersucherbedingte Variationen zu elimi-nieren. Um optimale Ableitbedingungen für die OEMG-Signale sicherzustellen, wurden die markierten Bereiche darauf-hin ggf. rasiert, sowie mittels Abrasions-paste vorbereitet. Die Signale wurden mit der gebräuchlichen bipolaren Ver-schaltungstechnik abgeleitet (Verstär-ker: Biovision, Dtl., verwendetes Mess-system: ToM, DeMeTec, Dtl., Software: GJB, Dtl.)

Die Auswahl der untersuchten Mus-keln erfolgte, entsprechend der Frage -stellung, hinsichtlich ihrer lokomotori-schen Funktion, sowie ihrer Funktion für die Rumpfstabilität. Die Ableitung erfolgte symmetrisch auf beiden Kör-perseiten. Es wurden folgende Rumpf- und Beinmuskeln untersucht (Abb. 1):

Abb. 1: Links und Mitte: Vorder- und Rückansicht eines Probanden mit den standardisierten Posi-tionen der OEMG-Elektroden; Rechts: Versuchsdurchfüh-rung auf dem Lauf-band mit applizierter Messapparatur (Drucksensoren, Elektroden, Verstär-ker und Befestigun-gen, um eine freie Bewegung ohne Be-einträchtigung der Signalqualität zu gewährleisten).

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326 Original article: Heel cushioning elements in safety shoes

M. rectus abdominis (ra), M. obliquus internus abdominis (oi), M. obliquus ex-ternus abdominis (oe), M. multifidus lumbalis (mf), M. erector spinae (ilio-costalis) (ico), M. erector spinae (longis-simus) (lo), M. glutaeus medius (gm), M. biceps femoris (bf), M. semitendino-sus / semimembranosus (st), M. vas-tus lateralis (vl), M. vastus medialis (vm), M. tibialis anterior (ta) und M. gastrocnemius (gc). Im Folgenden werden nur noch die hier angegebenen Abkürzungen (ggf. mit Seitenangabe li oder re) verwendet.

Des Weiteren wurden Elektroden ent-lang der Herzachse positioniert, um über die Registrierung der Herzaktivität die Elimination der QRS-Komplexe zu er-möglichen, die bei der Datenauswertung eine Störung in den OEMG-Signalen darstellen (Anders & Raabe 2010). Zur Detektion der einzelnen Schritte wurden Drucksensoren im Fersenbereich der Schuhe befestigt. Für die Untersuchun-gen wurden Sicherheitsschuhe des Mo-dells VD 2200 ESD (Steitz Secura, Dtl.) mit jeweils drei verschiedenen Dämp-fungsgraden verwendet (Abb. 2): die entsprechend der Herstellerangaben vor-gegebene gewichtsangepasste Dämpfung (im Folgenden optimale Dämpfung ge-nannt), eine für das Gewicht des Proban-den um einen Dämpfungsgrad zu starke Dämpfung und ein Dummy-Dämpfungs-element für die Situation ohne Dämp-fung. Zu Beginn der Untersu chung wur-de über die Messung des Körperge -wichts der für den Probanden optimale Dämpfungsgrad ermittelt. Die Gang-untersuchung selbst fand auf einem Laufband statt (Quasar.med., HP Cos-mos, Dtl.). Vor der Untersuchung wurde es dem Probanden ermöglicht sich an das Laufen auf dem Laufband zu gewöh-nen, um während der Messungen ein möglichst natürliches Gangbild zu er-zeugen. Diese Gewöhnungsphase wurde

individuell gestaltet u. richtete sich in ihrer Länge danach, wie viel Zeit der Proband benötigte, um ein visuell dem Gangbild auf ebenem Boden entspre-chendes Gehverhalten auch auf dem Laufband zu erreichen. Nach erfolgter Gewöhnung wurde mit der Messung be-gonnen, bei welcher der Proband jeweils mindestens 30 Schritte in den 5 unter-suchten Gehgeschwindigkeiten (2, 3, 4, 5, und 6 km/h) absolvieren musste. Die-ses wurde mit allen drei Dämpfungsgra-den durchgeführt. Die Abfolge der Geh-geschwindigkeiten erfolgte für jeden Probanden in randomisierter Reihenfol-ge, um Stufeneffekten durch sich mono-ton ändernde Geschwindigkeiten und Ermüdung vorzubeugen. Die einmal er-mittelte Abfolge der Gehgeschwindig-keiten wurde für alle drei Dämpfungs -

niveaus beibehalten. Die Reihenfolge der Dämpfungsgrade wurde ebenfalls randomisiert. Vor Beginn jeder Gehserie wurden jeweils Ruhemessungen von ca. 20 s Dauer durchgeführt.

Für die Auswertung der Daten wurden die mittleren OEMG-Amplituden aus den zeitnormierten Schritten berechnet, die wiederum unter Einbeziehung der individuellen Schrittdauer als Integral berechnet wurden. Für jeden Probanden wurden die Integrale aller Muskeln zu-sammengefasst. Die Höhe dieses ku -mulativen Integrals korreliert dabei mit dem muskulären Aufwand pro Zeit. So-mit kann dieser Parameter als allgemei-nes kumulatives Maß der Muskelakti -vität – im Folgenden als muskulärer Aufwand bezeichnet – interpretiert wer-den.

Abb. 2: Links: Schematische Darstellung eines Sicherheitsschuhs mit integriertem Dämpfungselement im Bereich der Ferse; Rechts: In vier Gewichtsklassen eingeteilte, auswechselbare Dämpfungselemente.

Abb. 3: Integral der Summe aller Muskeln für jeden Dämpfungsgrad an jeder zeitlichen Mess-position.

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Zentralblatt 06/2013, S. 27, 11.11.2013, 16:35, BWILF

Der Betrachtung der Ergebnisse liegt die Fragestellung zugrunde, inwiefern sich Unterschiede im muskulären Auf-wand (anhand der Integrale) für die ein-zelnen Dämpfungsgrade in der Abfolge der einzelnen zeitlichen Messpositionen nachweisen lassen. Als zeitliche Mess-position wird hierbei der Zeitpunkt der Messung bezeichnet, an der der jeweili-ge Dämpfungsgrad in der Abfolge der Untersuchung getragen wurde. Da jeder Proband mit allen drei Dämpfungsgra-den untersucht wurde, sind somit drei zeitliche Messpositionen möglich. Die Probandengruppen ergeben sich auf-grund der Randomisierung aus der Rei-henfolge in der die unterschiedlichen Dämpfungsgrade untersucht wurden.

Ergebnisse Bei einer geschwindigkeitsunabhän-

gigen Betrachtung der Daten lässt sich die generelle Tendenz der Entwicklung der Werte über die zeitlichen Messposi-tionen hinweg deutlich sichtbar machen. In Abb. 3 ist dies anhand der Integrale der Summen aller Muskeln dargestellt: während die Werte und damit der mus-kuläre Aufwand ohne Dämpfung mit jeder späteren zeitlichen Messposition ansteigen, ist bei Verwendung einer opti-malen Dämpfung ein deutlicher Abfall der Integrale zu sehen. Somit ist das Gehen mit optimaler Dämpfung deut-lich ökonomischer als ohne Dämpfung. Bei zu starker Dämpfung weist der mus-kuläre Aufwand zunächst ein praktisch identisches Verhalten zur optimalen Dämpfung auf. Allerdings weicht er zur dritten zeitlichen Messposition von die-ser ab und steigt dann wieder leicht an.

Um die geschwindigkeitsabhängigen Ergebnisse für die einzelnen Muskeln graphisch zu veranschaulichen, wurden so genannte Maps erzeugt. In Abb. 4 ist beispielhaft das Integral in Abhängig-keit von der zeitlichen Messposition und

der Geschwindigkeit dargestellt. Die Geschwindigkeiten sind auf der x-Ach-se und die zeitlichen Messpositionen auf der y-Achse aufgetragen. Die Höhe des Integrals wird durch die Farbe kodiert (hell: hoher Wert; dunkel: niedriger Wert). Das tatsächliche Minimum und Maximum steht in der folgenden Abb. 5 dann als Zahlenwert über bzw. unter der Legende. Die Übergänge zwischen den Geschwindigkeiten und den Dämp-fungsgraden sind interpoliert dar-gestellt. Somit wird in vertikaler Rich-tung der Einfluss der zeitlichen Mess-position deutlich, während die ge-schwindigkeitsabhängigen Einflüsse in der Horizontalen sichtbar sind.

Ohne Dämpfung nimmt das Integral für die Muskeln mf, ico, gm, bf, ta und gc mit steigender zeitlicher Messpositi-on zu (Abb. 5), was einen ansteigenden muskulären Aufwand mit späterer zeit -licher Messposition bedeutet. Dieser Effekt ist bei optimaler und zu starker Dämpfung gegenläufig. Somit ist das Gehen in unserem Messaufbau mit ge-dämpften Schuhen über die Zeit öko-nomischer als ohne Dämpfung. Auch für den Muskel st lassen sich über den Ver-lauf der Messung deutlich geringere In-tegrale bei Dämpfung im Gegensatz zu keiner Dämpfung finden.

Darüber hinaus ergeben sich für die Summe aller Beinmuskeln bei optimaler Dämpfung signifikante Unterschiede in den Integralen zwischen erster und drit-ter zeitlicher Messposition (hier gra-phisch nicht dargestellt).

Diese deutlich sichtbaren Änderun-gen der Integrale über die Dauer der Un-tersuchung lassen sich zum Teil auch statistisch nachweisen. Dies gilt bei der Betrachtung der ersten zur dritten zeitli-chen Messposition bei keiner und bei optimaler Dämpfung für ta und ico re, bei optimaler Dämpfung für bf li und oe re und bei zu starker Dämpfung haupt-

sächlich für vm li, bei langsamen Ge-schwindigkeiten aber auch für ico li. Bei der zu starken Dämpfung lassen sich zu-sätzlich noch signifikante Unterschiede zwischen der ersten und zweiten zeitli-chen Messposition im ra, oe li, vl, vm li und bei langsamen Geschwindigkeiten im ico li zeigen.

Diskussion Die Geschwindigkeitsabhängigkeit

der Muskelsignale wurde in der Litera-tur bereits mehrfach beschrieben (An-ders et al. 2007; Callaghan et al. 1999; Carrier et al. 2011; Chiu & Wang 2007; Hof et al. 2002). Ausgehend von der als Referenz zu betrachtenden Situation oh-ne Dämpfung lässt sich für die in dieser Studie untersuchten Muskeln generell sagen, dass für die Muskeln des Rump-fes und der Beinrückseite, mit Ausnah-me des bf, der muskuläre Aufwand bei den geringen Geschwindigkeiten am größten ist. Nach einem Optimum bei 4 – 5 km/h steigt der muskuläre Aufwand wieder. In der Stärke dieses beobachte-ten Effektes unterscheiden sich die ein-zelnen Muskeln. Für den bf und die Muskeln der Beinvorderseite steigt der muskuläre Aufwand mit zunehmender Geschwindigkeit.

Darüber hinaus kann der Verlauf von der ersten bis zur dritten zeitlichen Messposition betrachtet werden. Ohne Dämpfung ergibt sich über den Verlauf der drei Messungen ein Anstieg des muskulären Aufwandes im unteren Rü-cken (mf und ico), in der Hüfte (gm) und im Unterschenkel (ta und gc). Bei opti-maler Dämpfung kehrt sich dieser Ef-fekt jedoch um: Der muskuläre Auf-wand sinkt von der ersten zur dritten zeitlichen Messposition in praktisch al-len untersuchten Muskeln. Bei zu star-ker Dämpfung sind die Ergebnisse nicht so eindeutig, der im Vergleich zu keiner Dämpfung deutlich geringere muskulä-re Aufwand im unteren Rücken (mf und ico), in der Hüfte (gm) und im Unter-schenkel (ta und gc) ist dennoch auch hier sichtbar.

Der zum Zeitpunkt der dritten zeitli-chen Messposition noch starke weitere Abfall der Integrale bei optimaler Dämpfung weist auf eine mögliche wei-tere zu erwartende Verringerung der

Abb. 4: Exemplarische Darstellung der zeitlichen Mess -positionen gegen-über den Geh-geschwindigkeiten.

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Werte und damit einer noch stärkeren Aufwandsverminderung hin. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass trotz der beobachteten Ökonomisierung bei optimaler Dämpfung nach längerem Gehen ein Sättigungseffekt eintritt. An-hand der vorliegenden Daten kann je-doch keine Aussage über den tatsäch-lichen Zeitpunkt der Sättigung bzw. des Eintretens einer möglichen Aufwands-erhöhung bei optimaler Dämpfung ge-troffen werden. Für die zu starke Dämp-fung ergibt sich ein anderes Bild. Hier ist nach einem initialen starken Abfall der Werte bereits bei der dritten zeitlichen Messposition eine leichte Aufwands-erhöhung zu erkennen. Die Interpretati-

on dieses Kurvenanstiegs könnte in Richtung einer Sättigung oder aber auch in Richtung eines erhöhten Regelauf-wandes aufgrund der zu starken Dämp-fung gehen. Um die beschriebenen Ein-flüsse der Dämpfung näher zu beleuch-ten, sind weiterführende Untersuchun-gen geplant.

Die gefunden Unterschiede zwischen den Integralen bewegen sich auf einem relativ niedrigen, aber bereits physiolo-gisch relevanten Niveau (ca. 8–19 %), sowohl zwischen den einzelnen Dämp-fungsgraden als auch zwischen den zeit-lichen Messpositionen. Da das Gehen eine sehr ökonomische Fortbewegungs-weise ist, sollten ermüdungsbedingte

Einschränkungen der Muskelfunktion zwar zunächst nicht zu befürchten sein, über längere Tragezeiten, wie bei Trä-gern von Sicherheitsschuhen, kommt je-doch auch geringen Unterschieden eine große Bedeutung zu. In dieser Studie wurden für jede Dämpfungssituation le-diglich 30 Schritte absolviert. Es kann jedoch bereits bei mittlerer körperlicher Aktivität eine durchschnittliche Schritt-zahl von 10.000 pro Tag angenommen werden (Tudor-Locke et al. 2011). Somit haben über den Tag hinweg bereits ge-ringste Effekte einen erheblichen Ein-fluss auf die muskelphysiologische Leistungsfähigkeit. Durch die Öko-nomisierung der Muskelarbeit kann ei-

Abb. 5: Darstellung der Integrale aller Muskeln. Für jeden Dämpfungsgrad ist jeweils die linke und rechte Körperseite abgebildet.

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ner Ermüdung vorgebeugt und somit die aktiv dämpfende und gelenkschonende Funktion dieser Muskeln verbessert bzw. verlängert werden.

Aufgrund der Zusammenstellung der Gruppen können die Integrale der Dämpfungsgrade nicht direkt im Sinne eines abhängigen Effektes miteinander verglichen werden. Da die untersuchten Gruppen für jede einzelne Situation im-mer unabhängig voneinander sind, dür-fen interindividuelle Streuungen nicht vernachlässigt werden. Bei einer ge-schwindigkeits- und dämpfungsunab-hängigen Betrachtung der Mittelwerte kann über die Bestimmung der Diffe-renz zwischen erster und dritter zeitli-cher Messposition der Nachweis er-bracht werden, dass über alle drei Mess-positionen eine Verringerung des Ge-samtaufwandes von – 235 µV*s stattfin-det (Tab. 1). Diese ermittelte Differenz entspricht einer generellen Aufwands-minimierung von ca. 8 %. Dieser Effekt spricht trotz vorheriger Einlaufphase auf dem Laufband für einen Habituationsef-fekt. Für die optimale Dämpfung ergibt sich allerdings eine Aufwandsminimie-rung von ca. 19 %. Ohne Dämpfung hin-gegen steigt der muskuläre Aufwand in Bezug zum Ausgangswert um ca. 10 % und das trotz des zugrunde liegenden Habituationseffektes. Für die zu starke Dämpfung ergibt sich eine Aufwands-minimierung von ca. 13 %, welche sich damit nicht deutlich von der ermittelten Differenz für die dämpfungsunabhängi-ge Betrachtung abhebt.

In Tab. 2 werden die Relationen zwi-schen den einzelnen Dämpfungsgraden im Vergleich zum dämpfungsunabhän-gigen Mittelwert dargestellt. Ohne Dämpfung wird trotz des geringeren Aufwands bei der ersten zeitlichen

Messposition hier der höhere absolute Gesamtaufwand bei der dritten zeitli-chen Messposition deutlich. Der opti-male und der zu starke Dämpfungsgrad stellen sich bei der ersten zeitlichen Messposition zunächst nicht öko-nomisch dar. Möglicherweise spielt hierbei eine Rolle, dass Schuhe ohne Dämpfung die von den Probanden ge-wohnte Situation darstellen, die keiner-lei zusätzliche Gewöhnung erfordert. Bei der dritten zeitlichen Messposition unterscheidet sich der absolute Gesamt-aufwand der zu starken Dämpfung nicht vom dämpfungsunabhängigen Mittel-wert. Die optimale Dämpfung hingegen zeigt eine Ökonomisierung. Unterstellt man allen Dämpfungsgraden den glei-chen Habituationseffekt, so erweist sich die Situation ohne Dämpfung hierbei als zunehmend unökonomisch, während für die optimale Dämpfung über den Ver-lauf der drei Messpositionen eine kon-tinuierliche Ökonomisierung zu ver-zeichnen ist.

Autorenerklärung Die Studie wurde durch Fördermittel

der Firma Louis Steitz Secura GmbH + Co. KG unterstützt.

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Tab. 1: Differenzen der Integrale zwischen erster und letzter zeitlicher Messposition, geschwindig-keitsunabhängig.

Differenz zwischen erster und dritter zeitlicher Messposition

Differenz in µV*s relative Veränderung

dämpfungsunabhängig – 235 – 8 %

ohne Dämpfung 251 10 %

optimale Dämpfung – 566 – 19 %

zu starke Dämpfung – 388 – 13 %

Tab. 2: Differenz der Integrale der verwendeten Dämpfungsgrade zur dämpfungsunabhängigen Situation an der ersten und letzten Messposition. Negative Werte bedeuten niedrigere Integrale als die der dämpfungsunabhängigen Situation.

Differenz der Integrale zur dämpfungsunabhängigen Situation

erste zeitliche Messposition letzte zeitliche Messposition

ohne Dämpfung – 10 % 7 %

optimale Dämpfung 5 % – 7 %

zu starke Dämpfung 5 % 0 %

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