Mit Elvis endete die Heimatseligkeit am Badestrand - Ein DJ durchstöbert die 70er-Jahre

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STADT CLOPPENBURG DONNERSTAG, 5. JANUAR 2012 MÜNSTERLÄNDISCHE TAGESZEITUNG 10 Mit Elvis endete die Heimatseligkeit am Badestrand Ein DJ durchstöbert die 70er-Jahre Von Gisbert Wegener Cloppenburg/Lastrup – Mach mal Pause. An heißen Sommer- sonntagen in den 60er-Jahren fuh- ren meine Eltern mit ihren vier Kindern gerne zur Thülsfelder Tal- sperre zum Baden. Unterwegs, in Hemmelte, absolvierten wir den Kirchgang – eine „Strafe“ für Kin- der, die sich angesichts der sehn- süchtig erwarteten Badefreuden kein strenger Pädagoge schlimmer hätte ausdenken können. Doch das Leben ging weiter. Vor Hitze klebte uns Kindern der Auto- sitz aus Kunstle- der am Steiß. An- gekommen in Thülsfelde (Nord) ging es, ausgerüstet mit Luftmatratzen, gebratenen Koteletts, Badesachen und vor allem mit einem Kofferra- dio von Schaub Lorenz, vorbei am Schnellimbiss an einen weniger stark besuchten Uferabschnitt. Hoffnungsvoll suchten wir Kinder auf Kurzwelle nach Radio Luxem- burg, um zu unserem Badekurzur- laub das passende akustische Um- feld zu erzeugen. Radio Luxemburg sendete in den 60ern deutsche Schlager, eng- lische Beatmusik und amerikani- sche Rock-’n’-Roll-Klassiker. „Bit- te nicht zu laut, Kinder!“, mahnte die Mutter. Allen voran sang Elvis Presley in friedlicher Koexistenz, doch hinter den Kulissen kämpfte die britische und amerikanische Schallplattenindustrie um Markt- anteile in ihren ehemaligen Besat- zungszonen. „Let’s have a Party“: Die engli- sche Beatmusik und der amerika- nische Rock’n‘Roll kamen für uns Kinder wesentlich energiegelade- ner, lebendiger herrüber als die Schlager von Billy Mo, Gerhard Wendland und Co., die deutsche Gemütlichkeit auszustrahlen be- absichtigten. Wir waren mitten- drin in diesem musikalischen Kampf der Kulturen, ohne es zu wissen. Heute ist mir eines gewiss: Die deutsche Musikindustrie versuch- te, den eigenen Liedermarkt vor ausländischen Produktionen zu schützen. Sie konnte sich dabei der Zustimmung der älteren Generati- on sicher sein. Denn die war größ- tenteils in einer Zeit aufgewachsen, als Swing- und Jazzmusik verboten waren. Allerdings verstand sich die deutsche Schallplattenindustrie sehr wohl darauf, amerikanische und britische Hits von deutschen Interpreten mit deutschen Texten auf den Markt zu bringen. Zu- nächst sehr er- folgreich – am Ende verlor sie den Kampf um entscheidende Marktanteile, vor allem auch, was das Radio anbelangte. The Beat begins. Mit der An- schaffung eines Fernsehgerätes in unserer Familie kam der Beat Club von Radio Bremen ins Haus. Er sorgte bei uns Jugendlichen für pure Faszination, denn auf dem Land war sonst nur wenig los. Als Heranwachsende konnten wir aus alten Bravo-, Twen-, Pardon- oder Konkretzeitschriften, die meine äl- teren Geschwister aufbewahrt hat- ten, erfahren, was an kulturellen Gegenbewegungen in San Francis- co, New York, London und auch Berlin entstanden war oder sich bereits intensiv verbreitet hatte. Dann entdeckte ich für einige Jahre die Diskothek Scala in La- strup von Wolfgang Schönenberg (siehe „Hintergrund“). Einige Jah- re später ging es zum Studium nach Bremen in die neu gebaute Univer- sität. Wer auf ähnliche Erinnerungen wie ich zurückblicken kann, wer wissen möchte, weshalb die 60er- und 70er-Jahre so umwälzend an- ders waren als die Jahre zuvor und danach, wird von dem Katalog der Ausstellung im Museumsdorf be- geistert sein. Auf 248 Seiten ver- mittelt der reich bebilderte, gut ge- staltete und leicht zu lesende Band Wissen zur Verbreitung der Rock ‘n’Roll-, Beat- und Popmusik. Er veranschaulicht wie sich die „Pille“ in den 60er- Jahren auswirkte, vor welchem Hintergrund die Hoch- schulreform und die Universitäten Oldenburg und Bremen entstan- den, wie sich die junge Kunst, die Mode, touristische Trends sowie neue, moderne jugendorientierte Zeitschriften entwickelten (Stich- wort: Bravo, Twen, pardon, kon- kret und auch die St. Pauli Nach- richten). Unterhaltsam und originell ist das Kapitel über die ersten Open- Air-(Folk)-Festivals Deutschlands auf Burg Waldeck. Mir unbekannt war eine kleine „Revolution“ auf dem Land: die rote Knastwoche in Ebrach. In dem kleinen bayrischen Flecken verbüßte ein Jugendlicher wegen mehrfachen Schwarzfah- rens, unerlaubten Tragens einer Polizeiuniform und Demonstrati- onsdelikten eine mehrmonatige Jugendstrafe – derweil draußen Ju- gendliche aus ganz Deutschland gegen diese drakonische Strafe de- monstrierten. In den beiden Texten von Dr. Wolfgang Rumpf (Musikchef des Nordwestradios und Autor zahl- reicher Bücher über Beat- und Popmusik) vermisse ich Hinweise auf die alternativen Diskotheken Dorfkrug Varrelbusch und die re- gional in den 70ern sehr angesagte Diskothek Scala in Lastrup von Wolfgang Schönenberg. Ergänzend hätte ich gern auch einige wichtige Konzerte in der Münsterlandhalle (z. B. Manfred Mann, Curved Air) erwähnt gefun- den. Sicher: Bildmaterial von da- mals ist sehr schwer aufzutreiben. Man kann nur hoffen, dass sich noch Zeitzeugen finden, die der Cloppenburger Ausstellung diese Informationen hinzufügen. Nachdenklich macht mich Dr. Wolfgang Rumpf in seinem Bei- trag „Rock ‘n’ Roll-Kino – Star Club – Beat Club“. Dort erwähnt er „politischen Protest (gegen Atomversuche, gegen die Wieder- bewaffnung der Bundeswehr) mündend in die Ostermarschbe- wegung “ in einem Satz mit „ju- gendlichem Aufbegehren in Ver- bindung mit Rock ‘n’Roll-Musik“ (Seite 9 im Katalog). Hatten die Be- wegungen gegen Atomversuche und die Rock ‘n’Roll-Bewegung, die in den 50ern eher noch in den Kinderschuhen steckte, wirklich Schnittmengen? Ging es den Rock‘n‘Rollern nicht vielmehr darum, amerikanischen Lebensstil zu pflegen oder sich wie die ameri- kanischen Rock‘n’Roll-Stars bzw. Kinostars zu kleiden, um dem an- deren Geschlecht zu imponieren? Verbreitet hat sich diese Musik in den 50ern auf dem Lande mittels Musikboxen und Raupenbahnen. Über diese beiden „Medien“ als Verteilungskanal für zeitgenössi- sche Musik im Weser-Ems-Gebiet lohnt es sich meiner Meinung nach weiterzuforschen. Deutsche und amerikanische Marketing-Manager erfassten schon damals akribisch, welche Tasten auf den Musikboxen von den Deutschen und Amerikanern am meisten gedrückt wurden. Die Ergebnisse fasste man in so ge- nannten „Cash-Box-Charts“ zu- sammen. Diese Charts ausfindig zu machen, ist schwierig. Vielleicht hat ein Leser noch die ersten Jahr- gänge der Branchenzeitschrift „Der Automatenmarkt“ im Schrank? Aus den vielen verschiedenen Beiträgen in diesem Katalog kann man seinen eigenen spannenden roten Faden spinnen. Zudem kann man noch Neues über Su Kramer („Hair“), Renate Kern, Ulrike Meinhof und die Terrorismus- wahrnehmung an der bundesre- publikanischen Peripherie erfah- ren – und das zu einem unschlag- bar günstigen Preis. „Umbruchzeit – Die 1960er und 1970er Jahre auf dem Land“ – „Popmusik und Pillenknick“. 248 Seiten; 1,2 Kilo schwer, ISBN 978- 3-89946-168-8, 13 Euro. Die Aus- stellung in Cloppenburg ist Teil der Ausstellung „Umbruchzeit“ – ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Fränkischen Freilandmuseen Bad Winsheim und Fladungen und des Museumsdorfs Cloppenburg. „Popmusik und Pillenknick“: Diese Ausstellung der 70er-Jahre im Museumsdorf hat Gisbert Wegener zur eigenen Zeitreise durch die frühe Rockkultur auf dem Lande geführt – zurück zum Kofferradio an der Talsperre, zur „Scala“ und zum Dorfkrug Varrelbusch. ZUR PERSON Gisbert Wegener Was er im Kofferadio an der Thülsfelder Talsperre hörte, ließ Gisbert Wegener später nicht mehr los: Die Musik seiner Ju- gend legt der Inhaber einer Wer- beagentur in Osnabrück heute noch auf. Der Fan des progrssiven Rocks der 60er und 70er-Jahre hat die meistgespielten100 Titel der legendären Disko „Scala“ über die Jahre im Original be- sorgt, die meisten auf Schallplat- te. Als DJ stand er einst im „Fiz Oblon“ in Bippen am Pult. Zwi- schendurch managte Wegener die Indie-Rock-Band „Cliff Bar- nes and the Fear of Winning“. Zur DJ-Night des Schlossmu- seums in Jever hat der Osnabrü- cker im Innenhof aufgelegt. Heu- te organisiert Wegener, Jahrgang 1957, die Electric-Musicland- Partys in Restrup bei Bippen im Artland mit. Dort wird in einem alten Gulfhaus der Musik und ih- ren Begleitumständen gehuldigt. Der Flensburger Sammler Peter Petersen lieferte am 28. Mai 2011 eine passende Light-Show zu „Pink Floyd“, zusammengestellt aus alten Projektoren und Öl- scheiben-Filtern. Die nächste Party steigt am 19. Mai dieses Jah- res. Restrup liegt im Dreickeck der Dörfer Kettenkamp, Berge und Bippen. Weitere Infos im In- ternet: www.kulturverein-lift.de www.schlossmuseum.de www.dj-night-jever.de Manfred Mann in der Münsterlandhalle: Die Cloppenburger Brüder Werner und Alfred Tabeling organisierten das Konzert. Wegweisende Disko: Ein Plakat der legendären Scala. Wolf- gang Schönenberg legte die erste progressive Rockmusik auf. Licht als Kunst und Trance: Der Flensburger Peter Petersen gestaltet mit alten Geräten Light-Shows der 70er. Einer der Pio- niere in der Scala war Günter Alberding, der eine Steuerung der Projektoren passend zu den Titeln ersann. Foto: Petersen „Rock ‘n’ Roll kam für uns lebendiger rüber als Billy Mo“ HINTERGRUND Die meistgespielten Titel der „Scala“ 1. Fever Tree, LP „For Sale”: „Hey Joe” 2. Fläsket Brinner, (First): „Gan- glaten” 3. Wishbone Ash, LP „Argus”: „The King will come” 4. Rory Gallagher, „Live in Europe”: „Going to my home- town” 5. Alex Harvey, „Next”: „Faith Heeler” 6. Eloy, LP „Inside”: „Future City” 7. Caravan, LP „Waterloo Lily” 8. Manfred Manns Earth Band, LP „Solar Fire”: „Father of day, father of night”. 9. Cressida, LP „Asylum”: „Sum- mer Weekend for a Lifetime” 10. Blonde on Blonde, LP „Re- birth”: „Castle in the Sky” 11. Birth Control::„Gamma Ray” 12. Lynyrd Skynyrd, LP „Pro- nounced …”: „Free Bird” 13. Audience, LP „House on the Hill”: „House on the Hill” 14. Black Widow 15. Beggars Opera, LP „Act one” 16. Greatest Show on Earth „LP Horizons” 17. Steamhammer, LP Same, „Ju- nior Wailing” 18. Canned Heat, LP „Livin’ the blues”: „Going up the Country” 19. Renaissance, LP „First”: „Kings & Queens” 20. Epitaph, LP „Look and Li- sten” A16-12-01-05-mt-anz-#10-4c-hp 05.01.12 14:44 Seite 1

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Ein Artikel in der Münsterlänischen Tageszeitung vom 5. Januar 2012. Geschrieben von Gisbert Wegener. Ein Bild im Artikel ist vom Lichtkünstler Peter Petersen.Quelle: Hubert Kreke

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  • STADT CLOPPENBURGDONNERSTAG, 5. JANUAR 2012 MNSTERLNDISCHE TAGESZEITUNG10

    Mit Elvis endete die Heimatseligkeit am Badestrand Ein DJ durchstbert die 70er-Jahre

    Von Gisbert Wegener

    Cloppenburg/Lastrup Machmal Pause. An heien Sommer-sonntagen in den 60er-Jahren fuh-ren meine Eltern mit ihren vierKindern gerne zur Thlsfelder Tal-sperre zum Baden. Unterwegs, inHemmelte, absolvierten wir denKirchgang eine Strafe fr Kin-der, die sich angesichts der sehn-schtig erwarteten Badefreudenkein strenger Pdagoge schlimmerhtte ausdenken knnen.Doch das Leben ging weiter. Vor

    Hitze klebte uns Kindern der Auto-sitz aus Kunstle-der am Stei. An-gekommen inThlsfelde(Nord) ging es,ausgerstet mitLuftmatratzen,gebratenen Koteletts, Badesachenund vor allem mit einem Kofferra-dio von Schaub Lorenz, vorbei amSchnellimbiss an einen wenigerstark besuchten Uferabschnitt.Hoffnungsvoll suchten wir Kinderauf Kurzwelle nach Radio Luxem-burg, um zu unserem Badekurzur-laub das passende akustische Um-feld zu erzeugen.Radio Luxemburg sendete in

    den 60ern deutsche Schlager, eng-lische Beatmusik und amerikani-sche Rock-n-Roll-Klassiker. Bit-te nicht zu laut, Kinder!, mahntedie Mutter. Allen voran sang ElvisPresley in friedlicher Koexistenz,doch hinter den Kulissen kmpfte

    die britische und amerikanischeSchallplattenindustrie um Markt-anteile in ihren ehemaligen Besat-zungszonen.Lets have a Party: Die engli-

    sche Beatmusik und der amerika-nische RocknRoll kamen fr unsKinder wesentlich energiegelade-ner, lebendiger herrber als dieSchlager von Billy Mo, GerhardWendland und Co., die deutscheGemtlichkeit auszustrahlen be-absichtigten. Wir waren mitten-drin in diesem musikalischenKampf der Kulturen, ohne es zuwissen.Heute ist mir eines gewiss: Die

    deutsche Musikindustrie versuch-te, den eigenen Liedermarkt vorauslndischen Produktionen zuschtzen. Sie konnte sich dabei derZustimmung der lteren Generati-on sicher sein. Denn die war gr-tenteils in einer Zeit aufgewachsen,als Swing- und Jazzmusik verbotenwaren. Allerdings verstand sich die

    deutsche Schallplattenindustriesehr wohl darauf, amerikanischeund britische Hits von deutschenInterpreten mit deutschen Texten

    auf den Markt zubringen. Zu-nchst sehr er-folgreich amEnde verlor sieden Kampf umentscheidende

    Marktanteile, vor allem auch, wasdas Radio anbelangte.The Beat begins. Mit der An-

    schaffung eines Fernsehgertes inunserer Familie kam der Beat Clubvon Radio Bremen ins Haus. Ersorgte bei uns Jugendlichen frpure Faszination, denn auf demLand war sonst nur wenig los. AlsHeranwachsende konnten wir ausalten Bravo-, Twen-, Pardon- oderKonkretzeitschriften, die meine l-teren Geschwister aufbewahrt hat-ten, erfahren, was an kulturellenGegenbewegungen in San Francis-co, New York, London und auchBerlin entstanden war oder sichbereits intensiv verbreitet hatte.

    Dann entdeckte ich fr einigeJahre die Diskothek Scala in La-strup von Wolfgang Schnenberg(siehe Hintergrund). Einige Jah-re spter ging es zum Studium nachBremen in die neu gebaute Univer-sitt.Wer auf hnliche Erinnerungen

    wie ich zurckblicken kann, werwissen mchte, weshalb die 60er-und 70er-Jahre so umwlzend an-ders waren als die Jahre zuvor unddanach, wird von dem Katalog derAusstellung im Museumsdorf be-geistert sein. Auf 248 Seiten ver-mittelt der reich bebilderte, gut ge-staltete und leicht zu lesende BandWissen zur Verbreitung der RocknRoll-, Beat- und Popmusik. Erveranschaulicht wie sich die Pillein den 60er- Jahren auswirkte, vorwelchem Hintergrund die Hoch-schulreform und die UniversittenOldenburg und Bremen entstan-den, wie sich die junge Kunst, dieMode, touristische Trends sowieneue, moderne jugendorientierteZeitschriften entwickelten (Stich-wort: Bravo, Twen, pardon, kon-kret und auch die St. Pauli Nach-richten).Unterhaltsam und originell ist

    das Kapitel ber die ersten Open-Air-(Folk)-Festivals Deutschlandsauf Burg Waldeck. Mir unbekanntwar eine kleine Revolution aufdem Land: die rote Knastwoche inEbrach. In dem kleinen bayrischenFlecken verbte ein Jugendlicherwegen mehrfachen Schwarzfah-rens, unerlaubten Tragens einerPolizeiuniform und Demonstrati-onsdelikten eine mehrmonatigeJugendstrafe derweil drauen Ju-gendliche aus ganz Deutschlandgegen diese drakonische Strafe de-monstrierten.

    In den beiden Texten von Dr.Wolfgang Rumpf (Musikchef desNordwestradios und Autor zahl-reicher Bcher ber Beat- undPopmusik) vermisse ich Hinweiseauf die alternativen DiskothekenDorfkrug Varrelbusch und die re-gional in den 70ern sehr angesagteDiskothek Scala in Lastrup vonWolfgang Schnenberg.

    Ergnzend htte ich gern aucheinige wichtige Konzerte in derMnsterlandhalle (z. B. ManfredMann, Curved Air) erwhnt gefun-den. Sicher: Bildmaterial von da-mals ist sehr schwer aufzutreiben.Man kann nur hoffen, dass sichnoch Zeitzeugen finden, die derCloppenburger Ausstellung dieseInformationen hinzufgen.

    Nachdenklich macht mich Dr.Wolfgang Rumpf in seinem Bei-trag Rock n Roll-Kino StarClub Beat Club. Dort erwhnter politischen Protest (gegenAtomversuche, gegen die Wieder-bewaffnung der Bundeswehr)mndend in die Ostermarschbe-wegung in einem Satz mit ju-gendlichem Aufbegehren in Ver-bindung mit Rock nRoll-Musik(Seite 9 im Katalog). Hatten die Be-wegungen gegen Atomversucheund die Rock nRoll-Bewegung,die in den 50ern eher noch in denKinderschuhen steckte, wirklichSchnittmengen? Ging es denRocknRollern nicht vielmehrdarum, amerikanischen Lebensstilzu pflegen oder sich wie die ameri-kanischen RocknRoll-Stars bzw.

    Kinostars zu kleiden, um dem an-deren Geschlecht zu imponieren? Verbreitet hat sich diese Musik in

    den 50ern auf dem Lande mittelsMusikboxen und Raupenbahnen.ber diese beiden Medien alsVerteilungskanal fr zeitgenssi-sche Musik im Weser-Ems-Gebietlohnt es sich meiner Meinung nachweiterzuforschen. Deutsche und amerikanische

    Marketing-Manager erfasstenschon damals akribisch, welcheTasten auf den Musikboxen vonden Deutschen und Amerikanernam meisten gedrckt wurden. DieErgebnisse fasste man in so ge-nannten Cash-Box-Charts zu-sammen. Diese Charts ausfindigzu machen, ist schwierig. Vielleichthat ein Leser noch die ersten Jahr-gnge der BranchenzeitschriftDer Automatenmarkt imSchrank? Aus den vielen verschiedenen

    Beitrgen in diesem Katalog kannman seinen eigenen spannendenroten Faden spinnen. Zudem kannman noch Neues ber Su Kramer(Hair), Renate Kern, UlrikeMeinhof und die Terrorismus-wahrnehmung an der bundesre-publikanischen Peripherie erfah-ren und das zu einem unschlag-bar gnstigen Preis.

    Umbruchzeit Die 1960er und1970er Jahre auf dem Land Popmusik und Pillenknick. 248Seiten; 1,2 Kilo schwer, ISBN 978-3-89946-168-8, 13 Euro. Die Aus-stellung in Cloppenburg ist Teil derAusstellung Umbruchzeit einGemeinschaftsprojekt der beidenFrnkischen Freilandmuseen BadWinsheim und Fladungen und desMuseumsdorfs Cloppenburg.

    Popmusik undPillenknick: Diese

    Ausstellung der 70er-Jahreim Museumsdorf hatGisbert Wegener zureigenen Zeitreise durch diefrhe Rockkultur auf demLande gefhrt zurck zumKofferradio an derTalsperre, zur Scala undzum Dorfkrug Varrelbusch.

    ZUR PERSON

    Gisbert WegenerWas er im Kofferadio an derThlsfelder Talsperre hrte, lieGisbert Wegener spter nichtmehr los: Die Musik seiner Ju-gend legt der Inhaber einer Wer-beagentur in Osnabrck heutenoch auf. Der Fan des progrssivenRocks der 60er und 70er-Jahrehat die meistgespielten100 Titelder legendren Disko Scalaber die Jahre im Original be-sorgt, die meisten auf Schallplat-te. Als DJ stand er einst im FizOblon in Bippen am Pult. Zwi-schendurch managte Wegenerdie Indie-Rock-Band Cliff Bar-nes and the Fear of Winning.Zur DJ-Night des Schlossmu-

    seums in Jever hat der Osnabr-cker im Innenhof aufgelegt. Heu-te organisiert Wegener, Jahrgang1957, die Electric-Musicland-Partys in Restrup bei Bippen imArtland mit. Dort wird in einemalten Gulfhaus der Musik und ih-ren Begleitumstnden gehuldigt.Der Flensburger Sammler PeterPetersen lieferte am 28. Mai 2011eine passende Light-Show zuPink Floyd, zusammengestellt

    aus alten Projektoren und l-scheiben-Filtern. Die nchsteParty steigt am 19. Mai dieses Jah-res. Restrup liegt im Dreickeckder Drfer Kettenkamp, Bergeund Bippen. Weitere Infos im In-ternet:www.kulturverein-lift.dewww.schlossmuseum.dewww.dj-night-jever.de

    Manfred Mann in der Mnsterlandhalle: Die CloppenburgerBrder Werner und Alfred Tabeling organisierten das Konzert.

    Wegweisende Disko: Ein Plakat der legendren Scala. Wolf-gang Schnenberg legte die erste progressive Rockmusik auf.

    Licht als Kunst und Trance: Der Flensburger Peter Petersen gestaltet mit alten Gerten Light-Shows der 70er. Einer der Pio-niere in der Scala war Gnter Alberding, der eine Steuerung der Projektoren passend zu den Titeln ersann. Foto: Petersen

    Rock n Roll kamfr uns lebendigerrber als Billy Mo

    HINTERGRUND

    Die meistgespieltenTitel der Scala1. Fever Tree, LP For Sale: HeyJoe2. Flsket Brinner, (First): Gan-glaten3. Wishbone Ash, LP Argus:The King will come4. Rory Gallagher, Live inEurope: Going to my home-town5. Alex Harvey, Next: FaithHeeler6. Eloy, LP Inside: Future City7. Caravan, LP Waterloo Lily8. Manfred Manns Earth Band,LP Solar Fire: Father of day,father of night.9. Cressida, LP Asylum: Sum-

    mer Weekend for a Lifetime10. Blonde on Blonde, LP Re-birth: Castle in the Sky11. Birth Control::Gamma Ray12. Lynyrd Skynyrd, LP Pro-nounced : Free Bird13. Audience, LP House on theHill: House on the Hill14. Black Widow15. Beggars Opera, LP Act one16. Greatest Show on Earth LPHorizons17. Steamhammer, LP Same, Ju-nior Wailing18. Canned Heat, LP Livin theblues: Going up the Country19. Renaissance, LP First:Kings & Queens20. Epitaph, LP Look and Li-sten

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