Mittelstand und Start-ups - Deloitte US | Audit, consulting, … ·  · 2018-04-211 Kooperationen...

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Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

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Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

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Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

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VorwortMittelständische Unternehmen sind die wahren Erfolgsträger der deutschen Wirtschaft. Sie unterscheiden sich von Großunternehmen nicht nur durch ihre Betriebsgröße, sondern auch durch qualitative Besonderheiten wie spezifische Führungskultur, große Flexibilität und hohe Innovationskraft.

Der deutsche Mittelstand hat eine eigen-ständige Problemlandkarte und eigen-ständige Erfolgsfaktoren, die empirisch zu überprüfen und in ihrer Entwicklung zu beobachten sind. Dieser Fragestellung nimmt sich Deloitte mit der Studienreihe „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“ an. Der aktuell dreizehnte Band (frühere Publika tionen der Reihe finden Sie unter www.deloitte.com/de/mittelstand) beschäf-tigt sich mit dem Thema „Kooperationen zwischen Start-ups und Mittelstand“.

Der Mittelstand versteht es seit jeher, vorhandene Stärken zu nutzen, um seine Technologieführerschaft auszubauen. Vor allem die häufig zitierten Hidden Cham-pions schaffen es seit Jahren und Jahrzehn-ten, die Führerschaft im Wettbewerb so zu behaupten. Studien zeigen jedoch auch, dass einerseits der Mittelstand weniger in neue Produkte und Geschäftsmodelle investiert als Großunternehmen und dass andererseits mittelständische Unterneh-men in anderen Ländern – auch im außer-europäischen Ausland – mehr innovieren als in Deutschland. Dies könnte für die Zukunft Wachstumschancen aushebeln und nicht zuletzt zu einer Gefahr für mittel-ständische Geschäftsmodelle werden. Als eine mögliche und zunehmend attraktive Alternative zur komplett eigenständigen

Innovation nutzen Mittelständler vermehrt Kooperationen mit Start-ups, die von losen Projektkooperationen bis zum Investment in oder zu einer Übernahme von diesen Start-ups führen können. Letztlich sollen beide Parteien von diesen Kooperationen profitieren, damit eine Win-Win-Situation ermöglicht wird.

Wir gehen in der aktuell vorliegenden Stu-die auf der Grundlage von 102 befragten mittelständischen Unternehmen sowie zwölf Fallstudien zu Kooperationsbezie-hungen den Fragen nach, ob mittelständi-sche Gesellschafter und Manager sich der Thematik der Kooperation mit Start-ups bewusst sind und wie gut der Mittelstand auf diese zukünftige Herausforderung vor-bereitet ist. Auch zeigen wir verschiedene mögliche Konstellationen derartiger Koope-rationen anhand konkreter Beispiele auf.

Ich wünsche Ihnen eine interessante und anregende Lektüre unserer Studie.

Lutz MeyerPartner DeloitteLeiter Mittelstandsprogramm

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Anwendungsorientierte Mittelstands-definition und ForschungsmethodenFür das Forschungsobjekt Mittelstand gibt es vielfältige Abgrenzungsmerkmale. Häufig wird, beispielsweise von Medien und Politik, nicht zwischen Kleingewerbetreibenden und mittelständischen Unternehmen unterschieden. So hat die Europäische Union im Jahre 2003 Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten und bis zu 50 Mio. Euro Jahresumsatz als „Mittlere Unter-nehmen“ definiert. Eine große Anzahl typisch mittelständischer Unternehmen in Deutschland mit deutlich mehr Beschäf-tigten und höherem Jahresumsatz wird damit nicht erfasst. Aus Forschungsge-sichtspunkten und aufgrund ihrer Relevanz für die anwendungsorientierte Mittel-standsforschung definiert das Europäische Kompetenzzentrum für Mittelstandsfor-schung (EKAM) an der Universität Bamberg eigentümergeführte Unternehmen und managementgeführte Unternehmen mit Eigentümereinfluss ab einer Umsatzgröße von etwa 50 Mio. Euro und einer Mitarbei-terzahl von bis zu 3.000 Mitarbeitern als mittelständische Unternehmen.

ForschungsmethodenFragebögenUm der Aktualität und Relevanz von Start-ups und Mittelstand Rechnung zu tragen, wurde vom EKAM an der Universität Bam-berg gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Unternehmensführung und -kontrolle an der Hochschule Aalen eine umfangreiche empirische Erhebung zu den genannten Themenbereichen sowohl bei Mittelständ-lern als auch Start-ups durchgeführt. Das Interesse der Unternehmenspraxis an die-sen Fragestellungen lässt sich am Rücklauf von 102 verwertbaren Online-Fragebögen erkennen. Der Median der Mitarbeiterzahl der befragten mittelständischen Unterneh-men lag bei 1.300, derjenige der Start-ups bei 26. 95 Prozent der Befragten waren Mitglieder der ersten oder zweiten Füh-rungsebene ihres Unternehmens.

FallstudienDie Erkenntnisse der Fragebogenaktion wurden in vertiefenden Fallstudien analy-siert. Dazu konnten insgesamt 24 Unter-nehmen gewonnen werden, die in zwölf Paar-Konstellationen von Mittelstand und Start-up in verschiedenartige Kooperati-onen eingebunden sind. Die Analyse der Fallstudien ermöglicht ein vertiefendes Ver-ständnis der Erwartungen, Potenziale und Risiken im Rahmen der Kooperation zwi-schen Mittelstand und Start-ups. Die Fälle werden z.T. mit namentlicher Nennung, z.T. auch anonym dargestellt – hinter allen Beispielen und Zitaten stehen jedoch reale Tatbestände.

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

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Vorwort 03

Forschungsmethoden 04

Executive Summary 06

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups: Spannungsfelder 07

I. Auf Tuchfühlung – wie viel Erfahrung haben Mittelstand und Start-ups? 08

II. Bezug zur Strategie – tragen Kooperationen zum Erfolg bei? 15

III. Motivlage – aktive Beschäftigung oder passive Notwendigkeit? 19

IV. Konkrete Kooperationen – welche Modelle sind denkbar? 23

V. Bewertung und Fortführung –

einmaliger Anlass oder langfristige Perspektive? 28

Empfehlungen für die Praxis 33

Informationen zur Datenerhebung 34

Inhaltsverzeichnis

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Executive SummaryDer deutsche Mittelstand ist im internationalen Bereich überdurchschnittlich erfolgreich. Wie aktuelle Studien und auch unsere Praxiserfahrung zeigen, verlassen sich etablierte Unternehmen jedoch häufig auf ihre tradierten Erfolgsfaktoren.

Gutes Personal, starke Technologiebasis, hervorragende Produkte sowie gute und langjährige Beziehungen zu ihren Kunden. In der aktuellen Wirtschaftslage, die durch zunehmende Dynamik und technologische Veränderungen wie Digitalisierung und Industrie 4.0 geprägt ist, stößt eine derar-tige Vorgehensweise jedoch mitunter an ihre Grenzen. Wir wollen damit nicht sagen, dass das mittelständische Erfolgsmodell der „Hidden Champions“ ausgedient hat – ganz im Gegenteil. Mit dieser Studie wollen wir jedoch zum strategischen Denken anregen und mit dem Themenbereich der möglichen Kooperationen zwischen Mittel-stand und Start-ups eine neue Perspektive eröffnen, die dem Mittelstand neue Wachs-tumspotenziale erschließen könnte.

Kooperationen an sich sind für den Mit-telstand kein neues Thema. So bestehen bereits langjährige Beziehungen einerseits zu kleinen und großen Kunden und Liefe-ranten und andererseits zu ähnlich großen Wettbewerbern derselben Branche. Im Kontext von Kooperationen achten mittel-ständische Unternehmen jedoch v.a. auf eine kulturelle Passgenauigkeit – häufig werden Partner gesucht, die bspw. eben-falls von Unternehmerfamilien geführt wer-den. Die Kooperation mit Start-ups scheint an dieser Stelle erst einmal weniger zu passen. Gerade aus kultureller Sicht sehen viele Experten Probleme in der Abstim-mung zwischen der traditionsreichen mittelständischen Kultur und den jungen, dynamischen, häufig aber auch kreativ- chaotisch geprägten Start-ups. Der vor-liegende Bericht verbindet unsere Praxis-

erfahrungen als Berater des Mittelstands mit den Ergebnissen einer im Zeitraum bis Ende Oktober 2016 sowohl persönlich als auch schriftlich durchgeführten Befragung von Führungskräften im Themenbereich Kooperationen mit Start-ups.

Die Studie bekräftigt zunächst die Vermu-tung, dass die Notwendigkeit zu Koope-rationen in den Bereichen Strategie, Geschäftsmodell und Innovationen sowohl vom Mittelstand als auch von den Start-ups gesehen wird. Beide Gruppen schätzen das Thema als aktuell und relevant ein. Unterschiede zeigen sich jedoch bzgl. der konkreten Herangehensweise an eine der-artige Kooperation und der Erwartungen, die damit verknüpft werden. Während 50 Prozent der befragten Start-ups bereits Kooperationserfahrung mit dem Mittel-stand haben, sind es umgekehrt nur ca. 20 Prozent. Unterschiede zeigen sich auch in der strategischen Bedeutung und dem Erfolg der Kooperation. Während Start-ups die Zusammenarbeit gerne auch in ihrem strategischen Kernbereich eingehen, konzentrieren sich mittelständische Unter-nehmen häufiger auf sekundäre oder erst in Zukunft potenziell relevante Aspekte. Wenig verwunderlich ist es dann auch, dass 73 Prozent der Mittelständler, aber nur 54 Prozent der Start-ups mit den bisherigen Kooperationen zufrieden sind. Außerdem bestätigte sich die Vermutung, dass zwar sowohl der Mittelstand als auch Start-ups über Kooperationen reden, aber mitunter unterschiedliche Dinge meinen. Mittelstän-dische Unternehmen verstehen hierunter zumeist eine dauerhafte Zusammenarbeit

für mindestens 36 Monate, während die Start-ups von eimaligen Projekten mit einer durchschnittlichen Dauer von acht Mona-ten ausgehen.

Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass hier ein Matching-Prozess den Erfolg verbessern könnte. Während 80 Prozent der Mittelständler weitere Kooperationen anstreben, sind es bei den Start-ups nur 50 Prozent. So könnten auch die Vorbe-halte bzgl. wichtiger Themen wie Daten-schutz und Datensicherheit auf beiden Seiten verringert sowie Motive und Ziele der Kooperation transparenter als bisher gestaltet werden.

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Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups: SpannungsfelderZu einer Kooperation gehören stets mindestens zwei Partner, die mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Erwartungen eine temporäre oder längerfristige Zusammenarbeit beschließen.

Aus diesem Grund haben wir uns ent-schieden, mit dieser Studie den gesamten Kooperationsprozess – bestehend aus Anbahnung, Durchführung und etwaigem Exit – darzustellen. Für die einzelnen Pha-sen werden anschauliche Fallbeispiele genannt, die Chancen und mögliche Risiken aufzeigen und zu Handlungsempfehlungen führen. Insbesondere Unternehmen, die bisher über keinerlei Kooperationserfah-rung verfügen, gehen mit einer gewissen Skepsis an diesen Themenbereich heran und verschenken nützliche Potenziale. Andererseits sind eine gute Planung, klare Ziele und ein Kooperationscontrolling notwendig, um mit einer Kooperation zwi-schen Mittelstand und Start-up die Ziele für beide Partner zu erreichen. Da es hier bisher nur wenige Erfahrungswerte gibt und um dieses komplexe Themenfeld zu veranschaulichen, stellen wir im Folgenden häufig zu hörende Aussagen aus der Unter-nehmenspraxis vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser aktuellen Studie auf den Prüfstand.

Auf Tuchfühlung – wie viel Erfahrung haben Mittelstand und Start-ups?Aussagen zu Chancen und Risiken von Kooperationen müssen stets auf Basis vor-handener Erfahrungen abgeleitet werden. Ob Mittelstand und Start-ups überhaupt Erfahrungen mit derartigen Kooperationen haben und wie diese aussehen, lesen Sie in Kapitel I.

Bezug zur Strategie – tragen Koopera-tionen zum Erfolg bei?Unternehmen verfolgen unterschiedliche Ziele mit Kooperationen. Im Mittelpunkt von Kapitel II steht die Frage, wie es mit der Passgenauigkeit der Ziele von Mittelstand und Start-ups aussieht und ob es einen Bezug zur Unternehmensstrategie gibt.

Motivlage – aktive Beschäftigung oder passive Notwendigkeit?Eng verbunden mit den Zielen ist die Motiv-lage. Kapitel III thematisiert, welche Motive die beteiligten Unternehmen verfolgen und ob hier eine eher aktive oder eine eher passive Anbahnung stattfindet.

Konkrete Kooperationen – welche Modelle sind denkbar?Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Kooperationsmodelle mit unterschiedlicher Intensität oder Art der Zusammenarbeit denkbar sind. Welche Modelle es gibt und welche gut funktionieren, finden Sie in Kapitel IV.

Bewertung und Fortführung – einmaliger Anlass oder langfristige Perspektive?Der Erfolg von Kooperation sollte formal bewertet werden und als Beitrag zum Unternehmenserfolg feststellbar sein. Ob ein derartiges Controlling durchgeführt wird, wie die Kooperationen von beiden eingeschätzt werden und ob dies zum Wunsch nach Abbruch oder Fortführung führt, lesen Sie in Kapitel V.

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I. Auf Tuchfühlung – wie viel Erfahrung haben Mittelstand und Start-ups?Investitionen in Start-ups und Koopera-tionen mit jungen Unternehmen können dem Mittelstand neue Türen zu Produkten, Vertriebswegen und Geschäftsmodellen öffnen und den Gründern der Start-ups gleichzeitig bei ihrer Entwicklung in den Punkten Reputation und Marktzugang helfen. Diese Sichtweise wird in der Praxis schon seit Längerem propagiert, jedoch finden sich bei näherem Hinsehen nur wenige konkrete Fallbeispiele und Erfah-rungswerte. Aus diesem Grund wollen wir in einem einführenden Kapitel zunächst zeigen, was unter einer Kooperation ver-standen werden kann. In der Folge werden wir anhand der Ergebnisse der Unterneh-mensbefragung darstellen, wie viel Erfah-rung Mittelstand und Start-ups mit dem Thema Kooperation haben und wie diese Kooperationen die beteiligten Unterneh-men verändern.

Kooperation und Kooperations-managementUnter einer Kooperation im Unterneh-menskontext ist das zweckgerichtete Zusammenwirken von Handlungen zweier oder mehrerer Akteure oder Institutionen, d.h. Einzelpersonen, Abteilungen oder Betriebe, zu verstehen. Ein ganz besonde-rer Schwerpunkt soll hier auf der Zweck-orientierung liegen. Unternehmen gehen immer dann aus passiven oder aktiven Motiven Kooperationen ein, wenn sie die sich selbst gesteckten Ziele nicht ohne Partner erreichen können. Folgende Spiel-arten der Kooperation sind im Unterneh-menskontext prinzipiell denkbar:

• Zulieferbeziehung: eigentlich „normale“ Beziehung zwischen Kunde und Lieferant; hier sind unterschiedliche Intensitäten denkbar.

• Lose Kooperation: Zusammenarbeit bei einem oder mehreren Themen, die wech-selseitige Absprachen enthält; jedoch kaum schriftlich fixierte Vereinbarungen

• Projektkooperation: Kooperation in einem konkreten Projekt, häufig auch mit vertraglich geregelten Rechten und Pflich-ten und einer fixierten Laufzeit

• Vertragskooperation: häufig länger-fristig fixierte Kooperation, z.T. mit Ausschließlichkeitsklauseln und Wettbe-werbsbeschränkungen

• Gemeinschaftsunternehmen: Grün-dung eines neuen, von beiden oder mehreren Partnern getragenen Gemein-schaftsunternehmens

• Beteiligung: Kapitalbeteiligung eines Partners an einem anderen Partner inner-halb der Kooperation

• Integration: Übernahme des Gemein-schaftsunternehmens oder eines Part-ners durch einen Partner innerhalb der Kooperationsbeziehung

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Über die Studie hinweg wollen wir zeigen, dass prinzipiell alle dieser Ausprägungen für Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups geeignet sind, dass jedoch jede Art unterschiedliche Vor- und Nachtei-le mit sich bringt und dass Mittelstand so-wie Start-ups die jeweiligen Kooperations-arten auch recht unterschiedlich bewerten und unterschiedlich häufig einsetzen.

Sämtliche Kooperationsarten unterliegen einem formalisierten Prozess, der – wenn auch in der Praxis unbewusst oder nicht schriftlich fixiert – zumindest in vier Phasen grob eingeteilt werden kann (vgl. Abb. 1).

In der Anbahnungsphase führen die Unter-nehmen eine Bestandsaufnahme durch, leiten strategische Ziele ab und suchen

(gezielt oder ungezielt) konkrete Kooperati-onspartner. Nach Identifikation eines oder mehrerer geeigneter Partnerunternehmen findet die Ansprache statt, die in eine Ver-tragsverhandlung mündet. Diese kann, muss aber nicht mit einem schriftlichen Vertrag enden. Die anschließende Durch-führungsphase beschreibt die eigentliche Kooperation, während in der Kontrollphase die Bewertung der Kooperation stattfindet. Der Prozess kann mit einem Exit, d.h. der Trennung der beiden Partner, enden. Eben-so sind jedoch eine weitere Fortführung oder sogar ein Ausbau der Kooperations-intensität bis hin zur Übernahme durch einen der beiden Partner denkbar. Im Lauf der Studie werden wir die vier Phasen der Kooperation im Detail analysieren.

Abb. 1 – Kooperationsprozess

Durchführungsphase Kontrollphase und ExitAnbahnungsphase Verhandlungsphase

Zudem haben wir für die Begriffe „Mit-telstand“ und „Start-up“ ebenfalls Defi-nitionen für die Studie operationalisiert. Als „Mittelstand“ wurden Unternehmen bezeichnet, die mindestens 50 Mitarbeiter aufweisen und bereits seit mehr als zwölf Jahren bestehen. Unter einem „Start-up“ wurde ein Unternehmen verstanden, das eine beschränkte Mitarbeiterzahl aufweist, vor maximal zwölf Jahren gegründet wurde und noch von einem/mehreren der Grün-der/-innen geführt wird. Alle befragten Personen innerhalb der Studie stimmten dieser Definition zu.

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PartnersucheWie sowohl die befragten Mittelständler als auch die befragten Start-ups bestätigen (Abb. 2 fasst die Aussagen der Mittelständler zusammen), ist es für den Kooperationser-folg von Vorteil, wenn sich beide Partner im Vorfeld der Kooperation bereits kennen –

Abb. 2 – Thesen zur Zufriedenheit mit Kooperationen aus Sicht des Mittelstands

Wenn sich die Kooperationspartner im Vorfeld kennen, ist dieWahrscheinlichkeit einer zufrieden stellenden Kooperation höher. 8% 8% 15% 54% 15%

Voraussetzung für eine zufrieden stellende Kooperation ist der „Fit“ der jeweiligen Gschäftsmodelle. 23%23% 8% 46%

Die Zufriedenheit ist vermutlich am höchsten, wenn die jeweiligenKooperationspartner unterschiedlichen Branchen angehören.

Nennungen [N=13]

23%15% 15% 47%

Wenn der Mittelständler und das Start-up-Unternehmen aus derselben Branche stammen, ist vermutlich auch das Ergebnis der

Kooperation zufrieden stellender.31%39% 15%15%

8%

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15%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Wenn sich die Kooperationspartner im Vorfeld kennen, ist dieWahrscheinlichkeit einer zufriedenstellenden Kooperation höher

Voraussetzung für eine zufriedenstellende Kooperation ist der "Fit" derjeweiligen Geschäftsmodelle

Wenn der Mittelständler und das Start-up Unternehmen aus derselbenBranche stammen, ist vermutlich auch das Ergebnis der Kooperation

zufriedenstellender

Die Zufriedenheit ist vermutlich am höchsten, wenn die jeweiligenKooperationspartner unterschiedlichen Branchen angehören

Nennungen [N=13] (Mehrfachnennungen möglich)

Thes

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stimme gar nicht zu

stimme eher nicht zu

weder noch

stimme eher zu

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Stimme gar nicht zu

Stimme eher nicht zu

Weder – noch

Stimme eher zu

Stimme voll zu

69 Prozent (54 % „stimme eher zu“, 15 % „stimme voll zu“) unterstützen diese These. Interessant für die Praxis ist jedoch, wie die konkrete Anbahnung stattfindet und welche Arten der Kontaktaufnahme Erfolg versprechend sind.

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Wenn sich die Kooperationspartner im Vorfeld kennen, ist dieWahrscheinlichkeit einer zufrieden stellenden Kooperation höher. 8% 8% 15% 54% 15%

Voraussetzung für eine zufrieden stellende Kooperation ist der „Fit“ der jeweiligen Gschäftsmodelle. 23%23% 8% 46%

Die Zufriedenheit ist vermutlich am höchsten, wenn die jeweiligenKooperationspartner unterschiedlichen Branchen angehören.

Nennungen [N=13]

23%15% 15% 47%

Wenn der Mittelständler und das Start-up-Unternehmen aus derselben Branche stammen, ist vermutlich auch das Ergebnis der

Kooperation zufrieden stellender.31%39% 15%15%

8%

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Wenn sich die Kooperationspartner im Vorfeld kennen, ist dieWahrscheinlichkeit einer zufriedenstellenden Kooperation höher

Voraussetzung für eine zufriedenstellende Kooperation ist der "Fit" derjeweiligen Geschäftsmodelle

Wenn der Mittelständler und das Start-up Unternehmen aus derselbenBranche stammen, ist vermutlich auch das Ergebnis der Kooperation

zufriedenstellender

Die Zufriedenheit ist vermutlich am höchsten, wenn die jeweiligenKooperationspartner unterschiedlichen Branchen angehören

Nennungen [N=13] (Mehrfachnennungen möglich)

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stimme gar nicht zu

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Das Start-up-Unternehmen vertreibt IT-Lösungen indirekt über ausgewählte Partner und stellt dabei eine technische Lösung für die Online-Aufbewahrung von Dokumenten innerhalb eines Unternehmens bereit. Bis Mitte 2015 befand sich das Unternehmen in der Einführungsphase, seitdem werden nicht mehr intensiv neue Erweiterungen entwickelt, sondern es findet eine Fokussierung auf Kundengewinn statt. Das Start-up ist in den Bereichen Datenschutz und Forschung & Lehre gut aufgestellt. Das Siegel „Made in Germany“ kreiert einen Marketingeffekt für das Unternehmen.

Das mittelständische Kooperations-unternehmen ist eine klassische Hardware-Unternehmung. Da das Hardware-Geschäft rückläufig ist, muss die Firma versuchen sich zu differenzieren, z.B. in Richtung Cloud-Services. Im Wesentlichen geht es darum, mit Dienstleistungen Mehrwert zu generieren. Dafür wurde ein Rechenzentrum aufgebaut, das seit 2012 genutzt wird. Für das mittelständische Unternehmen stellen die Dienstleistungen des Start-ups eine gute Ergänzung des geplanten Portfolios dar, weil deren Dienste erstens mit einer eigenen Marke ausgestattet werden können und zweitens mandantenfähig sind. Anfang 2016 sind die beiden

Unternehmen dann aufeinander aufmerksam geworden.

Der erste Kontakt ging vom mittelständischen Unternehmen mit der Anfrage nach der kostenlosen Demo-Version des Start-ups aus. Die so initiierte Qualifizierung durch das Start-up ergab die Bewertung des mittelständischen Unternehmens als ein sehr interessanter Kooperationspartner. Aus dem E-Mail-Kontakt ergaben sich Telefonate und eine Web-Ex-Präsentation. Das mittelständische Unternehmen hatte zwei weitere Anbieter im Blick, wurde dann jedoch durch Referenzen, Technik, Produktreife und das professionelle Auftreten im Kooperationsbereich von dem Start-up überzeugt. Insgesamt dauerte es von der Anfrage über das Auswahlverfahren bis hin zur Kooperation etwa zwei Monate, die von einer regelmäßigen Kommunikation geprägt waren.

Die Partnersuche des Start-ups findet fast ausschließlich online statt bzw. potenzielle Partner werden online auf die IT-Lösungen aufmerksam. Jedoch wird im Moment versucht, auch den klassischen Weg über den Postkontakt zu gehen und ebenso auf Messen Präsenz zu zeigen. Die Initiative geht dabei meist von den potenziellen Partnern aus, seltener wird das Start-up aktiv.

Fall 1: Erfahrungen in der Anbahnungsphase zwischen einem IT-Start-up und einem Mittelständler

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Wie die Befragung zeigt, sind unterschiedliche Arten der Ansprache denkbar (vgl. Abb. 3). Mittelstand und Start-ups gehen dabei grundsätzlich anders vor. Während der Mit-telstand eher auf eine gezielte Ansprache des Start-ups setzt (32 % der Nennungen) oder Empfehlungen von Geschäftspart-nern, Freunden und Bekannten aufgreift (21 %), gehen Start-ups auch die Wege der

Abb. 3 – Art der Kontaktaufnahme aus Sicht von Mittelstand und Start-ups „Der Mittelstand bringt besonders gute Voraussetzungen für den Zugang zu Start-ups mit. Eine solche Beziehung spielt sich zwischen realen Personen ab, und mittelständische Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass hinter ihnen unternehmerische Persönlichkeiten stehen. Die bestehenden Möglichkeiten werden jedoch noch zu selten genutzt.“Geschäftsführer eines befragten mittelständischen Unternehmens

13%

13%

21%

0%

0%

0%

0%

0%

Internetrecherche/E-Trade-Center

13%

5%

13%

32%

13%

8%

4%

5%

4%

4%

5%

21%

Gezielte Ansprachedes Start-ups/

Mittelständlers

Bereits bestehendePartnerschaften

(Mittelstand N=19; Start-ups N=25)

Empfehlung von Kollegen, Freunden,

Bekannte, etc.

Zufälliger Kontakt

Positive Reputation des Mittelständlers/

Start-ups

ÜberKooperations-

netzwerke

Acceleratoren

Intermediäre

Andere

0% 5% 10% 15% 20 % 25% 30% 35%

Kontakt aufMessen/Events

17%

11%

Mittelstand Start-ups

Kontaktaufnahme über Messen und Events (17 %), zufällige Kontakte (13 %) und bereits bestehende Partnerschaften (13 %). Insge-samt zeigt sich, dass bei den Start-ups ein wesentlich größeres Spektrum möglicher Wege der Ansprache vorhanden ist als im Mittelstand, der sich auf wenige (tradierte) Alternativen konzentriert.

Zudem ist der Zeitraum der Anbahnung recht unterschiedlich. In 18 Prozent der Fälle dauert es weniger als zwei Monate, in 46 Prozent der Fälle zwei bis vier, in 27 Prozent der Fälle vier bis sechs und in 9 Prozent der Fälle mehr als sechs Monate.

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Erfahrungen mit KooperationenBezogen auf konkrete Kooperationser-fahrungen wurden sowohl die befragten Mittelständler als auch die Start-ups gebe-ten, Aussagen zu aktuellen (vgl. Abb. 4) und bereits in der Vergangenheit erfolgten Kooperationen zu treffen. Wie die Studie zeigt, befinden sich aktuell nur 19 Prozent der befragten mittelständischen Unter-nehmen, aber 50 Prozent der befragten Start-ups in einer konkreten Kooperation mit einem Start-up bzw. einem mittelstän-dischen Unternehmen.

Abbildung 5 zeigt hingegen die prinzipiellen Erfahrungen mit Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups unter Einbezug vergangener, bereits abgeschlossener Pro-jekte. Hier weisen mittelständische Unter-nehmen eine Erfahrung von 22 Prozent und Start-ups eine Erfahrung von 55 Pro-zent der Studienteilnehmer auf. Insgesamt gesehen scheint das Thema folglich für den Mittelstand „neuer“ zu sein als für die befragten Start-ups.

Abb. 4 – Derzeit in Kooperation befindliche Unternehmen

Abb. 5 – Erfahrungen mit Kooperationen Mittelstand/Start-ups

19%

81%

50% 50%

0%

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Ja Nein

[Mitt

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Derzeit in Kooperation

MittelstandStartup

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Ja Nein

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Ja Nein

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Ja Nein

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N=2

3)

Erfahrung mit derartigen Kooperationen

MittelstandStartup

(Mittelstand N=55; Start-ups N=23)

Mittelstand Start-ups

Mittelstand Start-ups

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Über die befragten Unternehmen hinweg hat sich der Eindruck erhärtet, dass der Trend der Digitalisierung nicht nur für den Inhalt der Kooperation – dies wird in den späteren Kapiteln noch thematisiert – eine besondere Rolle spielt: Schon in der Anbahnungsphase haben digitale Medien eine wesentlich wachsende Bedeutung. Während die beteiligten Start-ups bereits über digitale Plattformen und virtuelle Kon-taktmöglichkeiten eine Anbahnung suchen, konzentrieren sich jedoch viele der befrag-ten Mittelständler noch auf den persönli-chen Kontakt.

Wir wollen an dieser Stelle noch keine Bewertung dieser Tatsache vornehmen, möchten jedoch sowohl den Mittelstand als auch die Start-ups jeweils zur Öffnung für

„Der Mittelstand sucht Start-ups generell als Quelle für Inspirationen und potenzielle Lieferanten von Tech-nologie. Wir können dies liefern und profitieren natürlich unsererseits auch von Reputation und Image eines etablierten Unternehmens – insofern stellt das auf den ersten Blick eine Win-Win-Situation dar.“Gründer eines befragten Start-ups

analoge wie digitale Kanäle aufrufen. Bisher kaum genutzt werden Intermediäre und Netzwerkmöglichkeiten – hier bestehen folglich noch ungehobene Potenziale.

In diesem Kapitel haben wir beleuchtet, dass für mittelständische Unternehmen zwar Kooperationen kein neues Konstrukt sind, dass jedoch die Zielgruppe der Start-ups eine neue Entwicklung darstellt. Die Anbahnung vonseiten der Mittelständler erfolgt bisher eher traditionell und die Erfahrungen beider Parteien sind noch recht limitiert. Im folgenden Kapitel wollen wir nun zeigen, ob und inwieweit beste-hende Kooperationen einem formalen Zielsystem folgen und wie der Bezug zur Unternehmensstrategie verbessert werden kann.

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II. Bezug zur Strategie – tragen Kooperationen zum Erfolg bei?Eingangs haben wir bereits aufgeführt, dass der deutsche Mittelstand oft auf eine lange und erfolgreiche Unternehmens-historie zurückblicken kann. Allerdings investieren wie erwähnt mittelständische Unternehmen in anderen Ländern z.T. mehr in Innovation von Produkten und Geschäftsmodellen als hierzulande. Gerade für Deutschland als technologieorien-tierte Nation kann dies keine vollkommen befriedigende Situation sein. Wir gehen in der Folge davon aus, dass Kooperationen immer dann erfolgreich sind, wenn sie einen Bezug zur Unternehmensstrategie haben und wenn die beteiligten Akteure und Unternehmen konkrete, im Idealfall auch messbare Zielsetzungen verfolgen. Aus diesem Grund widmet sich dieses Kapi-tel dem Themenbereich Kooperation und Unternehmensstrategie.

Das mittelständische Unternehmen der pharmazeutischen Industrie ist in den Bereichen Körperpflege und me-dizinische Hautpflege aktiv und in der Größenordnung bis 600 Millionen Euro Jahresumsatz anzusiedeln. Mögli-che Ziele einer Kooperation bestehen vor allem in der Line-Extension. Die Produkte des potenziellen Partners stellen eine sinnvolle Ergänzung zum derzeitigen Portfolio dar (Sortiments-erweiterung). Es muss alles zu der ei-genen Marke passen.

Das Kooperationsunternehmen ist ein international agierendes Unterneh-men mit Kernkompetenz auf den Ge-

bieten Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Schnelldiagnostika (Selbsttests) für den häuslichen und klinischen Gebrauch. Das Unterneh-men gehört zu den Innovationsfüh-rern im Bereich Selbstdiagnostika und hat momentan diverse Schnelltests im Portfolio. Aus Sicht des Start-ups kön-nen Reputation und Image des Mittel-ständlers neue Märkte erschließen und die Wettbewerbssituation stärken.

Bisher ist die Kooperation nicht zu-stande gekommen, beide Partner be-finden sich in einer losen Anbahnungs-phase.

Fall 2: Kooperationsziele aus Sicht eines Mittelständlers und eines Start-ups aus der Pharmabranche

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Bezug der Kooperation zum Kernge-schäftÜber die gesamte Befragung hinweg hat sich der Eindruck verstärkt, dass die mittelständischen Unternehmen und die Start-ups der Stichprobe die Kooperation mit dem jeweils anderen Betriebstyp im Bereich der Bedeutung und des Bezugs zur Unternehmensstrategie unterschiedlich verorten. Sowohl mittelständische Unter-nehmen als auch Start-ups sehen Koope-rationen als relevant für ihr bisheriges Kerngeschäft an. Die Streuung ist jedoch innerhalb der Gruppe der Start-ups größer. Umgekehrt könnte auch die Aussage abge-leitet werden, dass mittelständische Unter-nehmen weniger zu Experimenten neigen als die befragten Start-ups. Bei Letzteren ist sowohl die Gruppe derjenigen, die von einer sehr hohen Relevanz für das Kerngeschäft ausgehen (Start-ups: 46 %; Mittel stand: 36 %), als auch die Gruppe derjenigen, die in einem bisher nicht oder kaum relevanten Feld kooperieren (Start-ups: 8 %; Mittelstand: 0 %), größer als im Mittelstand (vgl. Abb. 6). Der von uns ein-gangs skizzierte Fall, dass mittelständische

Abb. 6 – Relevanz der Kooperation für das eigene Kerngeschäft

0%

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0%

Sehr irrelevant Eher irrelevant Neutral Eher relevant Sehr relevant

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36%

46%

(Mittelstand N=14; Start-ups N=13)

Mittelstand Start-ups

Unternehmen gänzlich neue Innovationen durch derartige Kooperationen anstoßen und neue Geschäftsmodelle innovieren, zeigt sich zumindest in der Studie so nicht.

Zielsystem und ZielerreichungNicht alle Unternehmen beginnen eine Kooperation mit einem formalen Zielsys-tem. Wie wir bereits gezeigt haben, spielt auch der zufällige Kontakt in der Anbah-nung eine wichtige Rolle. Wie an anderen Stellen der Unternehmenspraxis wollen wir an dieser Stelle jedoch davon ausgehen, dass Projekte, die mit konkreten Zielen hin-terlegt sind, letztlich besser funktionieren als zufällige Projekte.

In der Studie zeigt sich (vgl. Abb. 7), dass der Mittelstand und die beteiligten Start-ups mit Kooperationen unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Während im Mittelstand bspw. strategieorientierte (Mittelstand: 16 %; Start-ups: 13 %), prozes-sorientierte (Mittelstand: 11 %; Start-ups: 8 %) und mitarbeiterorientierte Ziele (Mittelstand: 6 %; Start-ups: 3 %) stärker verfolgt werden, zeigen die befragten Start-

ups eine klar finanzielle (Mittelstand: 13 %; Start-ups: 24 %) sowie kundenorientierte Prägung (Mittelstand: 18 %; Start-ups: 22 %).

Wir werden das im dritten Kapitel dieser Studie weiter vertiefen. Die Ergebnisse geben jedoch an dieser Stelle schon einen ersten Hinweis darauf, dass im Mittelstand stakeholderorientierte Ziele im Vorder-grund stehen, während sich die noch im Wachstum befindlichen Start-ups häufig aus einer akuten wirtschaftlichen Notwen-digkeit heraus in eine Kooperation begeben.

62 Prozent der befragten Unternehmen setzen Instrumente ein, um die Zielerrei-chung in den Kooperationsprojekten zu verbessern. Hier kommen u.a. wöchent-liche Meetings und Telefonkonferenzen, aber auch Controlling-Kennzahlen und untereinander ausgetauschte Reports zum Einsatz.

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

17

„Als junges Unternehmen in der Wachstumsphase schreiben wir leider noch rote Zahlen. Durch die Kooperation mit einem etablierten Unternehmen erhoffen wir uns einen schnelleren und besseren Marktzugang und steigende Gewinne.“Gründerin eines befragten Start-ups

Abb. 7 – Mit der Kooperation verfolgte Ziele

16%

13%

16%

17%

Finanzielle Ziele13%

24%

18%

22%

11%

8%

6%

3%

6%

3%

6%

3%

5%

3%

3%

5%

Kundenorientierte Ziele

Strategieorientierte Ziele

(Mittelstand N=63; Start-ups N=37)

Innovationsorientierte Ziele

Prozessorientierte Ziele

Ressourcenorientierte Ziele

Ökologieorientierte Ziele

Mitarbeiterorientierte Ziele

Organisationsorientierte Ziele

Kulturorientierte Ziele

5%

3%

3%

3%

3%

8%

13%

17%

22%

24%

5%

6%

6%

6%

11%

16%

16%

18%

13%

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%

Kulturorientierte Ziele

Organisationsorientierte Ziele

Mitarbeiterorientierte Ziele

Ökologieorientierte Ziele

Ressourcenorientierte Ziele

Prozessorientierte Ziele

Strategieorientierte Ziele

Innovationsorientierte Ziele

Kundenorientierte Ziel

Finanzielle Ziele

(Mittelstand N=63; Start-up N=37) Mehrfachnennungen möglich

Ziel

e

MittelstandStart-up

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%

Mittelstand Start-ups

18

Beteiligte AkteureKooperationen werden nicht von den Orga-nisationen an sich, sondern mehrheitlich von einem/mehreren Akteuren innerhalb der Organisation getragen. Wie unsere Studie zeigt (vgl. Abb. 8), ist auch die Pro-jektorganisation innerhalb des Mittelstands und der Start-ups unterschiedlich gelagert. Gerade die Tatsache, dass nur 69 Prozent der Top-Entscheider im Mittelstand partizi-pieren, aber 82 Prozent der Führungskräfte (v.a. die Gründer selbst) bei den Start-ups, spricht für die höhere wahrgenommene strategische Bedeutung der Kooperation für die Start-ups und entsprechend für ein geringeres Interesse des Mittelstands. Auffällig ist, dass bei den Start-ups die Mar-keting-Abteilung (Mittelstand: 73 %; Start-ups: 90 %) eine überaus hohe Bedeutung hat, während der Mittelstand signifikant häufiger auf Controlling/Finanzen (Mittel-stand: 86 %; Start-ups: 67 %) zurückgreift. Ebenfalls interessant erscheint die Tatsa-che, dass nur 67 Prozent der Mittelständler externe Unterstützung (z.B. durch Berater oder Wissenschaftler) in Anspruch nehmen, aber sämtliche der befragten Start-ups, die sich in konkreten Kooperationsbeziehun-gen befinden.

Das vorliegende Kapitel hat deutlich unter-schiedliche Schwerpunkte zwischen Mittel-stand und Start-ups gezeigt. Aus diesem Grund wollen wir im nun folgenden Kapitel konkret auf die Motivlage und damit die Umstände eingehen, die dazu führen, dass sich mittelständische Unternehmen und Start-ups mit Kooperationen beschäftigen.

Abb. 8 – Beteiligte Akteure im Kooperationsprozess

67%

67%

50%

75%

Vertrieb80%

80%

73%

90%

86%

67%

71%

67%

71%

80%

78%

75%

80%

80%

67%

100%

Marketing

Legal/Rechtsabteilung

(Mittelstand N=13; Start-ups N=11)

Personal

Controlling/Finanzen

Beschaffung

Einkauf

Forschung undEntwicklung

Produktion

Externe Akteure

0% 20% 40% 60% 80% 100% 120%

Top-Management69%

82%

Mittelstand Start-ups

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

19

III. Motivlage – aktive Beschäftigung oder passive Notwendigkeit?Wie wir bereits im vorangegangenen Kapi-tel gezeigt haben, verfolgen Unternehmen, die in eine Kooperation eintreten, unter-schiedliche Zielsetzungen. Losgelöst von der Zielsetzung ist jedoch die Frage der Motivstruktur zu sehen, d.h. der Auslöser, warum sich ein Unternehmen in einer konkreten Situation überhaupt mit einer potenziellen Kooperation beschäftigt. Unternehmen gehen Kooperationen mit anderen Unternehmen u.a. ein, weil sie sich hiervon bestimmte Vorteile wie z.B. den Eintritt in neue Märkte oder die Ergänzung von fehlenden Ressourcen wie z.B. Techno-logien oder Mitarbeitern erhoffen.

Kooperationsmotive können einen tech-nischen (z.B. Synergieeffekte), einen wirt-schaftlichen (z.B. Kostenreduktion) sowie einen organisatorischen Bezug (z.B. Aufbau von Vertrauen) haben. Zudem können diese Motive wiederum in aktive und pas-sive Vorgänge unterteilt werden. Ein aktives Motiv wäre hier eine Situation, in der ein Unternehmen eine Kooperation eingeht, um bestehende Wettbewerbsvorteile wei-ter auszubauen. Passive Motive sind Reakti-onen auf Wettbewerber und zielen deshalb meist auf die Beschränkung von Nachteilen im Wettbewerbsvergleich ab. In diesem Kapitel wollen wir uns damit beschäftigen, ob mittelständische Unternehmen und Start-ups aus prinzipiell den gleichen oder vollkommen unterschiedlichen Beweggrün-den in eine Kooperation eintreten.

Das Start-up ist ein IT-Dienstleister im Hochschulwesen. Dabei werden mit-hilfe von angebotenen Softwarelösun-gen verschiedene Dienstleistungen für die Hochschulen angeboten. Zunächst lassen sich Prüfungen (online) generie-ren, dazu gehören sowohl die Durch-führung der Prüfungen als auch der letztliche Schritt der Korrektur. (Dies entstammt der Problematik, dass in vielen Hochschulen oftmals kein PC-Pool vorhanden ist, der das Durchfüh-ren einer Prüfung aller Teilnehmer möglich macht.)

In der Dienstleistungssparte bietet das Unternehmen daher eine Art „mobiles Prüfungslabor“ an, das den logisti-schen Aufbau eines Prüfungsraumes enthält. Dazu zählen u.a. die Anliefe-rung von Prüfungscomputern, die Ver-knüpfung mit dem lokalen WLAN, das Einrichten der Prüfungsgeräte und die Sicherstellung der richtigen Prüfungs-voraussetzungen. Hinzu kommen im Nachgang die Auswertung der Daten mithilfe einer Cloud-Lösung und die Erzeugung von Statistiken. Grundsätz-

lich geht es darum, das Prüfungswe-sen zu digitalisieren. Dafür sind die wesentlichen Schritte der Vorberei-tung, Durchführung und Nachberei-tung notwendig, die von dem Start-up übernommen werden.

Das kooperierende mittelständische Unternehmen stammt aus dem Ver-lagswesen und ist im Bereich der wis-senschaftlichen Literatur sehr gut po-sitioniert bzw. spezialisiert, da es in diesem Segment nur wenige Wettbe-werber in Deutschland gibt (lediglich ein bis zwei Konkurrenten), die hierfür namenhafte Medien zur Verfügung stellen. Daher sind nur wenige Verlage als Kooperationspartner geeignet. Der infrage kommende Verlag wird aller-dings als sehr „papierlastig“ beschrie-ben, er stellt für spezielle Fächer den Großteil der Begleitliteratur für Vorle-sungen und Prüfungen her. Dabei wer-den Prüfungen immer mehr digitali-siert, was für das Unternehmen ein hohes Umsatzpotenzial birgt. Der Ver-lag möchte sich daher strategisch im Prüfungswesen engagieren.

Fall 3: Kooperationsmotive am Bespiel eines Verlags sowie eines Start-ups aus dem Hochschulwesen

20

Kooperationsmotive und deren erfolg-reiche UmsetzungMittelstand und Start-ups verfolgen unter-schiedliche Motive mit Kooperationen (vgl. Abb. 9). Für den Mittelstand sind es mit 94 Prozent v.a. die Steigerung der Inno-vationsfähigkeit und mit 84 Prozent der Zugang zu neuen Technologien. Auch der Zeitgewinn, der Aufbau von Marktbarrieren, die Digitalisierung, neue Geschäftsmodelle und die Kostensenkung (jeweils zwischen 77 und 67 %) werden genannt. Für Start-ups stehen die Erschließung neuer Märkte (89 %), der Wissens- und Erfahrungsaus-tausch (78 %) und der Reputationsgewinn (56 %) im Vordergrund.

Wie die Ergebnisse unserer Studie zeigen (vgl. Abb. 10), werden die Motive der betei-ligten Mittelständler und der Start-ups in einigen Bereichen ähnlich, in anderen Bereichen jedoch unterschiedlich gut in der Praxis erfüllt.

Abb. 9 – Motive für Kooperationsentscheidungen

69%

33%

73%

89%

Digitalisierung70%

56%

77%

33%

77%

33%

47%

56%

34%

38%

27%

38%

66%

74%

36%

34%

Schnelle Reaktions-geschwindigkeit/Zeitgewinn

Aufbau eines neuenGeschäftsmodells

(Mittelstand N=34; Start-ups N=9)

Erschließung neuer Märkte

Wettbewerbsvorteil/Abbau Markteintrittsbarrieren

Reputationsgewinn

Risikoreduktion

Erhalt der eigenenÜberlebensfähigkeit

Systemkompetenz

Ökologische Motive

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Kostensenkung67%

33%

Steigerung der Innovationsfähigkeit

94%

56%

Zugang zu neuen Technologien

84%

33%

Ressourcenzugang45%

56%

Wissensaustausch/Erfahrungsaustausch

78%

78%

34%

74%

38%

38%

56%

33%

33%

89%

33%

56%

33%

56%

33%

56%

78%

36%

66%

27%

34%

47%

77%

69%

73%

77%

70%

67%

94%

84%

45%

78%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Ökologische Motive

Systemkompetenz

Erhalt der eigenenÜberlebensfähigkeit

Risikoreduktion

Reputationsgewinn

Wettbewerbsvorteil/Aufbau Markteintrittsbarrieren

Aufbau eines neuenGeschäftsmodells

Erschließung neuer Märkte

schnelle Reaktionsgeschwindigkeit/Zeitgewinn

Digitalisierung

Kostensenkung

Steigerung der Innovationsfähigkeit

Zugang zu neuen Technologien

Ressourcenzugang

Wissensaustausch/Erfahrungsaustausch

Nennungen (Mittelstand N=34; Start-up N=9)

Mot

ive

zur K

oope

ratio

nsen

tsch

eidu

ng

MittelstandStart-up

Mittelstand Start-ups

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

21

Abb. 10 – Erfüllung von NutzenaspektenBeide Betriebstypen nutzen Kooperationen für Anstöße zur Erneuerung des Geschäfts-modells (Mittelstand: 70 %; Start-ups: 75 %) und für innovative Denkanstöße (Mittel-stand: 82 %; Start-ups: 85 %). Der Mittel-stand achtet jedoch deutlich stärker auf den Ausbau des Netzwerks (Mittelstand: 72 %; Start-ups: 42 %), den Flexibilitätszu-wachs am Markt (Mittelstand: 80 %; Start-ups: 25 %) und den Erhalt und Ausbau von Wettbewerbsvorteilen (Mittelstand: 80 %; Start-ups: 54 %). Start-ups fokussieren hin-gegen deutlich stärker auf den Reputations-gewinn (Mittelstand: 45 %; Start-ups: 73 %).

Bezogen auf die Umsetzung von Wettbe-werbsvorteilen zeigt sich an den Ergebnis-sen der Studie, dass sich auch die Wahr-nehmung der Zielerreichung unterscheidet (vgl. Abb. 11). Während bei den Mittelständ-lern 46 Prozent der Befragten nur von einer mittleren Zielerreichung ausgehen, sind es bei den Start-ups 25 Prozent. In der Gruppe mit eher hoher Zielerreichung sind mit 50 Prozent der Start-ups wesentlich mehr Unternehmen mit der Zielerreichung zufrieden als die nur 18 Prozent der mittel-ständischen Unternehmen.

Es lässt sich folglich durchaus die Aussage ableiten, dass die Motivstrukturen von Mittelstand und Start-ups im Detail recht unterschiedlich sind. Wenn jedoch beide Partner unterschiedliche Motive und Ziele mit einer Zusammenarbeit verbinden, macht dies ein erfolgreiches Koopera-tionsmanagement in der Praxis umso schwieriger, da schnell Unzufriedenheit auf einer oder beiden Seiten entsteht. Diese Thematik werden wir im vierten und fünf-ten Kapitel genauer analysieren und auch Empfehlungen dafür geben, wie derartige Asymmetrien abgemildert werden können.

70%

75%

72%

42%

45%

73%

80%

25%

82%

85%

80%

54%

(Mittelstand N=11; Start-ups N=13)

Anstöße zur Erneuerungdes Geschäftsmodells

Ausbau des Netzwerks ausKunden, Partnern

und Lieferanten

Reputationsgewinn

Flexibilitätszuwachsam Markt

Innovative Denkanstöße

Wettbewerbsvorteile

0% 20% 40%30%10% 50% 60% 70% 80% 90%

54%

85%

25%

73%

42%

75%

80%

82%

80%

45%

72%

70%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%

Wettbewerbsvorteile

Innovative Denkanstöße

Flexibilitätszuwachsam Markt

Reputationsgewinn

Ausbau des Netzwerks aus Kunden, Partnern und Lieferanten

Anstöße zur Erneuerung des Geschäftsmodells

Nennungen (Mittelstand N=11; Start-up N=13)

Erfü

llung

von

Nut

zena

spek

ten

MittelstandStart-up

Mittelstand Start-ups

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

A

9%

0%

Gar nicht Eher nicht Mittel Eher stark Sehr stark

9% 8%

46%

25%

18%

50%

27%

8%

(Mittelstand N=11; Start-ups N=12)

Mittelstand Start-ups

Abb. 11 – Umsetzung von Wettbewerbsvorteilen

22

Das vorliegende Kapitel hat Unterschiede in den Motiven und der Zielerreichung von Mittelstand und Start-ups gezeigt. In der Folge wollen wir uns nun konkreten Spielarten von Kooperationen widmen und darstellen, welche Arten der Kooperation aus Sicht von Mittelstand und Start-ups gut oder schlecht funktionieren. Das Start-up ist im IT-Bereich, speziell

im Bereich der Drohnen-Detektions-systeme (Software für Drohnentra-cking) angesiedelt. Die eingesetzte smarte Software kann Umgebungsbe-wegungen und Geräusche erlernen und Ungewöhnliches filtern. Dieses Einlernen dauert rund sechs Wochen, danach kann die Software ungewöhn-liche Vorgänge erkennen. Drohnen, die täglich vorbeifliegen, werden ent-sprechend nicht als Gefahr dargestellt, sondern nur jene, die einmalig auftre-ten und nicht in die gewöhnliche Um-gebungsbewegung passen. Das ist die Intelligenz der Software. Diese ist ein-malig am Markt. Sie stellt gleichzeitig die USP des Start-ups dar. Das Start-up hat ca. 20 Mitarbeiter.

Das mittelständische Kooperationsun-ternehmen ist ein Sicherheitsdienst-leister mit ca. 300 Mitarbeitern. Das Unternehmen und andere Dienstleis-ter dieser Art werden häufig noch als typische, tradierte Wach- und Schließ-gesellschaft wahrgenommen. Die Ver-

änderung dieser Einschätzung ist für den Mittelständler Hauptmotiv, eine Kooperation einzugehen. Darüber so-wie über neue Produktfelder soll das Portfolio des Unternehmens in der Au-ßenwirkung erweitert werden, um für ganz neue Kundenkreise von Interesse zu sein und von dem reinen Wach-diens t image wegzukommen. Dafür benötigt der Dienstleister Know-how, Kompetenzen und strategische Part-nerschaften. Das mittelständische Un-ternehmen geht gerne auf junge Un-ternehmen zu, die noch nicht so lange auf dem Markt sind, weil diese noch über frische Ideen verfügen. Hier kann der Mittelständler noch mehr Einfluss darauf nehmen, wie die Kooperation und die Produkte in Zukunft sein sol-len. Neben dieser übergreifenden strategischen Zielsetzung gab es eine konkrete Anfrage eines Kunden, wes-halb der Dienstleister nach potenziel-len Projektpartnern recherchierte und das Start-up kontaktierte.

Fall 4: Kooperationsmotive am Beispiel eines Sicherheitsdienstleisters und eines Start-ups aus der Softwarebranche für Drohnen-Detektionssysteme

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

23

IV. Konkrete Kooperationen – welche Modelle sind denkbar?

Kooperationsform und KapitalintensitätKooperationsformen lassen sich zunächst nach zunehmender Kapitalintensität und gleichzeitig zunehmendem Risiko clustern (vgl. Abb. 12).

Lose Zulieferbeziehung

Lizenzverträge

Franchising

Joint Venture

Integration

Kapital

Kapitalbedarf

-bedarf

Subjektives

SubjektivesRisiko

Risiko

Durchführungsphase Kontrollphase und ExitAnbahnungsphase Verhandlungsphase

Vertragliche Zulieferbeziehung

Abb. 12 – Theoretisch denkbare Kooperationsformen

Bisher haben wir uns in der Studie eher mit den übergreifenden Aspekten potenzieller Kooperationen beschäftigt: Neben den Zielen und Motiven standen auch die beteiligten Akteure im Vordergrund. Für Kooperationen sind jedoch stets mehrere konkrete Ausprägungsformen denkbar, bei denen im Vorhinein nicht klar ist, welche Art der Kooperation sich am besten für ein konkretes mittelständisches Unternehmen oder ein Start-up eignet.

24

In unserer Studie (vgl. Abb. 13) greifen mit-telständische Unternehmen auf ein breites Spektrum möglicher Kooperationsformen zurück. Am häufigsten vertreten sind mit der Interessengemeinschaft (20 %) und der Lizenzierung (20 %) eher weniger kapital-intensive Verflechtungen. Start-ups setzen neben der Interessengemeinschaft (28 %) auch auf strategische Allianzen (28 %), die einen gewissen taktischen Anspruch an eine vertragliche Alleinstellung der beiden Partner und somit eine stärkere Bindungs-wirkung haben.

Abb. 13 – Kooperationsformen in der Stichprobe

Das Unternehmen vertreibt Bügelpuppen aus Italien für den Heimbedarf. Diese stellen dabei die perfekte Bügelmaschine für den Hausgebrauch dar und erleich-tern so die alltägliche Hausarbeit. Mit den Bügelpuppen kann man schleuderfeuch-te Hemden und Hosen direkt aus der Waschmaschine automatisiert glätten und trocknen lassen. Man muss das be-

treffende Kleidungsstück lediglich über die Bügelpuppe ziehen und einen Knopf drücken. Das Produkt wird auf der Inter-netseite online Schritt für Schritt erklärt und weitere Informationen rund um das Thema Bügeln werden der Bestellung beigelegt.

Die Bügelpuppen werden von einem deutschen Unternehmen in die DACH-Region verkauft und beinhalten ein 14-tägiges Rückgaberecht. Primär sind die mechanischen Helfer für den privaten Hausgebrauch konzipiert, in diesem Bereich ist das Unternehmen Marktführer. Zusätzlich werden die

Bügelpuppen in einer etwas robusteren Form auch für gewerbliche Zwecke an-geboten. Dieser Markt ist noch im Wachstum und die hauptsächliche Ziel-gruppe sind dabei momentan Alten-heime und Hotels. Das Unternehmen ist bestrebt, Marketing-Kooperationen zu anderen Firmen zu finden, die einen ähnlichen Kundenkreis ansprechen und somit thematisch zum eigenen Portfolio passen. In konkreten Fall ist es ein Hem-den-Verkäufer als Kooperationspartner. Darüber hinaus bestehen auch Koope-rationen mit einer Anlagerungs- und Versendungsfirma für eine Vereinfa-chung der logistischen Prozesse.

Fall 5: Lose Marketing-koopera tion im Bereich Bügelpuppen für den Heimbedarf

20%

28%

15%

28%

20%

11%

15%

6%

15%

0%

5%

11%

5%

11%

5%

6%

Interessengemeinschaft

(Mittelstand N=20; Start-ups N=20)

Strategische Allianz

Lizenzierung

Joint Venture

Franchising

Begrenzter Ressourcenaustausch

Andere

Virtuelles Unternehmen/Unternehmensnetzwerk

0% 5% 10% 15% 20% 30%25%

6%

11%

11%

0%

6%

11%

28%

28%

5%

5%

5%

15%

15%

20%

20%

15%

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%

Virtuelles Unternehmen/Unternehmensnetzwerk

Andere

BegrenzterRessourcenaustausch

von Wissen

Franchising

Joint Venture

Lizenzierung

Interessengemeinschaft

Strategische Allianz

(Mittelstand N=20; Start-up N=20) Mehrfachnennungen möglich

Koo

pera

tions

form

MittelstandStart-up

Mittelstand Start-ups

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

25

Bezogen auf die mögliche Integration der bei-den Kooperationspartner sind in der Stich-probe ebenfalls unterschiedliche Spielarten erkennbar. Abb. 14 zeigt eine Situation, die auch im Kontext der Zielerreichung und Pro-bleme, die in Kapitel V diskutiert werden, eine besondere Rolle spielt. Aus Sicht der Start-ups agieren 57 Prozent der Projektpartner vollständig autonom, 43 Prozent besitzen eine gewisse Autonomie. Aufseiten des Mit-telstands besitzen ebenfalls 46 Prozent der Projektpartner eine gewisse Autonomie. Hier sind jedoch nur 38 Prozent der Pro-jektpartner vollständig autonom, 16 Pro-zent der Unternehmen haben das Start-up teilweise in das mittelständische Unterneh-men integriert.

Abb. 14 – Autonomie der beteiligten Unternehmen

38%

57%

46%

43%

16%

0%

0%

0%

(Mittelstand N=13; Start-ups N=14)

Beide Partner agierenvollständig autonom.

Beide Partner agierenweitestgehend autonom.

Das Start-up wurde teilweisein das mittelständische

Unternehmen integriert.

Das Start-up wurde vollständigin das mittelständische

Unternehmen integriert.

0% 20% 40%30%10% 50% 60%

0%

0%

43%

57%

0%

16%

46%

38%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Das Start-upwurde vollständig

in das mittelständischeUnternehmen integriert

Das Start-upwurde teilweise in

das mittelständischeUnternehmen integriert

Beide Partner agierenweitestgehend autonom

Beide Partner agierenvollständig autonom

(Mittelstand N=13; Start-up N=14

Inte

grat

ions

grad

inne

rhal

b de

r Koo

pera

tion

MittelstandStart-up

Mittelstand Start-ups

Das Unternehmen ist ein mittelständi-sches Verlagshaus und hat Anfang 2013 einen Venture-Bereich gegrün-det, mit dem es sich an Start-ups be-teiligt im Sinne einer Minderheitsbe-teiligung. Die ist natürlich auch finanzgetrieben; jedoch dient dieser Bereich ebenfalls dazu, zu verstehen, wie junge Unternehmen agieren.

Das Unternehmen ist eher ein traditio-nelles Haus; Druckgeschäft und Zei-tungen gibt es bereits seit Hunderten von Jahren. Hier sind in erster Linie produktionsbezogene Erfahrungswer-te relevant. In seiner Region ist das Unternehmen ein großer Player; deutschlandweit gibt es allerdings we-sentlich größere Verlage. In der Ver-gangenheit ging es den Verlagen ext-

rem gut. Das Geschäftsmodell Zeitung beinhaltet B-to-C- und B-to-B-Aspekte, war einmal sehr erfolgreich und bis vor Kurzem durchaus konkurrenzfä-hig. Inzwischen ist die Situation jedoch so, dass die Abonnentenzahlen zu-rückgehen. Daher muss man sich mehr Gedanken um die unterneh-menseigenen Prozesse sowie Innovati-onen machen.

Im Ansatz legt das Unternehmen Wert darauf, dass das potenzielle Partner-Start-up im digitalen Bereich agiert; es muss ein Kundenproblem gelöst wer-den und der mittelständische Investor muss die Lösung verstehen. Es gibt noch weitere Kriterien: Das Start-up soll nicht nur eine Ideenskizze präsen-tieren, sondern bereits am Markt agie-ren und auch schon Umsätze erzielen. Die Anfangsphase wäre für das Unter-nehmen für einen Einstieg unattraktiv.

Fall 6: Kapitalbeteiligung an Start-ups durch ein Unternehmen aus dem Verlagswesen

26

Besonderheiten im Kooperations-managementDas Vertrauen der handelnden Parteien sowie die Notwendigkeit und Existenz von schriftlichen Verträgen stellen Sonderaspekte im Rahmen des Kooperationsmanagements dar. Sowohl die befragten Mittelständler als auch die Start-ups betonen, dass die Größe „Vertrauen“ die höchste Bedeutung in Koope-rationsprojekten hat. Daneben erscheint es jedoch auch wichtig, schriftliche Verträge zu schließen (vgl. Abb. 15).

Für 47 Prozent der befragten Mittelständler und 31 Prozent der befragten Start-ups sind schriftliche Verträge sehr wichtig. Auf-fällig ist jedoch auch, dass 31 Prozent der Start-ups vertragliche Regelungen für eher unwichtig halten.

Unterschiede zeigen sich zwischen Mittel-stand und Start-ups sowohl in dem Zeitho-rizont, der für Projektkooperationen an sich veranschlagt wird, als auch in der Intensität des Kontakts miteinander. Bzgl. des Zeitho-rizonts an sich gehen die mittelständischen Unternehmen von Kooperationen aus, die im Mittel 36 Monate dauern, während die Start-ups nur Kooperationen eingehen, die im Mittel acht Monate dauern.

Bei der Kommunikation mit dem Pro-jektpartner zeigt sich, dass die befragten Mittelständler eine Kommunikation mehr-mals pro Woche (31 Prozent) bevorzugen, während die beteiligten Start-ups sich mit 54 Prozent der Nennungen auf einmal pro Monat beschränken. Diese unterschiedli-che Herangehensweise könnte im Projekt-kontext zu Problemen führen.

Abb. 15 – Bedeutung von schriftlichen Verträgen

0%

10%

20%

30%

40%

50%

A

0%

7%

Sehr unwichtig Eher unwichtig Neutral Eher wichtig Sehr wichtig

13%

31%

13%

7%

20%

31%

47%

31%

(Mittelstand N=15; Start-ups N=13)

Mittelstand Start-ups

„Insbesondere etwaige Wettbewerbsverbote sowie die Verteilung des Zugriffs auf durch die Kooperation entstehende Ideen und Patente, aber auch Gewinne sollten vertraglich fixiert werden – sonst ist späterer Ärger vorprogrammiert.“Geschäftsführer eines befragten mittelständischen Unternehmens

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

27

Das vorliegende Kapitel hat gezeigt, dass beim Mittelstand sowie bei den Start-ups unterschiedliche Kooperationsmodelle denkbar sind. Manche sind temporär befristet und eher lose, andere auf eine weitergehende Zusammenarbeit und stärkere Integration ausgerichtet. Im nun folgenden fünften Kapitel wollen wir die Bewertung von Kooperationen thematisie-ren und die unterschiedlichen Einschät-zungen von Mittelstand und Start-ups zu künftigen Kooperationen darstellen.

Abb. 16 – Häufigkeit der Kommunikation zwischen Mittelstand und Start-ups

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

A

0%

15%

Täglich Einmal proWoche

Mehrmals proWoche

Einmal proMonat

Mehrmals proMonat

Andere

23%

31%

54%

24%

15%

0%0% 0%

15%

23%

(Mittelstand N=13; Start-ups N=13)

Mittelstand Start-ups

28

V. Bewertung und Fortführung – einmaliger Anlass oder langfristige Perspektive?

Abb. 17 – Zufriedenheit mit der Kooperation

0%

10%

20%

30%

40%

A

8%

0%

Sehr unzufrieden Eher unzufrieden Neutral Eher zufrieden Sehr zufrieden

18%

38%

10%

0%

36%

31%

36%

23%

(Mittelstand N=11; Start-ups N=13)

Mittelstand Start-ups

Wir haben bisher gezeigt, dass mittelständische Unternehmen und Start-ups mit dem Thema Kooperationen sehr unterschiedlich umgehen. Es liegt nahe, dass sich dies auch in einer diversen Beurteilung der Kooperation niederschlagen dürfte. In diesem Kapitel wollen wir Ihnen einige interessante Kontraste innerhalb der Stichprobe aufzeigen – und unsere Erklärungen aus Theorie und praktischer Erfahrung darstellen.

Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups | Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“

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Zufriedenheit mit der KooperationNeben einer formalen Bewertung der Kooperation spielt auch die subjektive Zufriedenheit der Entscheidungsträger eine Rolle. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass Start-ups signifikant weniger zufrieden mit den Kooperationsprojekten sind – ihre Erwartungen wurden häufig enttäuscht (vgl. Abb. 17). Während je 36 Prozent der befragten Mittelständler zufrieden oder sehr zufrieden sind, zeigen Start-ups in den jeweiligen Kategorien 31 bzw. 23 Prozent Zustimmung. Auf der anderen Seite sind nur 18 Prozent des Mittelstands unzufrie-den mit der Kooperation, während 38 Prozent der Start-ups unzufrieden und 8 Prozent sogar sehr unzufrieden sind.

Neben der Frage nach der Zufriedenheit oder Unzufriedenheit steht natürlich auch die Frage im Raum, was zu einer derartigen Einschätzung führt und wo die beteiligten Entscheider Gründe für das potenzielle oder faktische Scheitern von Kooperations-projekten sehen.

Das mittelständische Unternehmen ist Automobil-Zulieferer und beschäftigt etwa 600 Mitarbeiter. Das Kooperati-onsunternehmen ist ein IT-Dienstleis-ter aus dem Bereich ERP (Enterprise Resource Planning). Die Zusammenarbeit funktionierte in Form eines formal aufgesetzten Pro-jekts – ein klassisches Beratungspro-jekt hinsichtlich Fragestellung, Projek-tierung, Zielsetzung und Schnittstellenproblematik. Die Bera-tungsfirma entstammte dafür aus dem universitären ERP-Entwicklungs-bereich.

Das Kooperationsziel bestand in der erfolgreichen Projektdurchführung. Bei vorherigen Beratungsfirmen wur-den dem Mittelständler Aspekte zuge-sichert, die das System können sollte, es aber de facto nicht konnte.

Im Rahmen der Anlaufphase wurde bereits sehr viel Geld investiert. Die zeitliche Einbindung der Mitarbeiter, die Bereitschaft und das Engagement sind ebenfalls Faktoren, die als Auf-wendungen herangezogen werden können. Hinzu kommen noch Ausga-ben für Beratungsleistung, Produkte und Software.

Der größte Erfolg zeichnet sich ab, wenn man etwas geschafft hat, was man alleine nicht hinbekommen hätte. Hier ist es auch wichtig, diesen Mehr-wert auf die Kooperation zurückzufüh-ren. Insofern ist die Abstimmung der beidseitigen Voraussetzungen ein wich-tiger Erfolgsfaktor für die Kooperation.

Fall 7: Zufriedenheit am Beispiel eines Mittelständlers aus der Automobil-Zulieferindustrie und eines IT-Dienstleisters

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Die Gründe für das Scheitern von Koope-rationen werden von beiden Seiten teils ähnlich, teils unterschiedlich gesehen. Auf fehlendes Engagement des Kooperations-partners entfallen 20 Prozent der Nennun-gen des Mittelstands und 18 Prozent der Start-ups. Ebenfalls ähnlich gesehen wird die Unvereinbarkeit der Unternehmens-kultur (Mittelstand: 12 %; Start-ups: 13 %). Unterschiedliche Schwerpunkte ergeben sich im Hinblick auf Kooperationsvorteile: Dies sehen 16 Prozent der Mittelständ-ler, aber nur 5 Prozent der Start-ups als Problem. Interessenkonflikte der Parteien (Mittelstand: 18 %; Start-ups: 21 %), wider-sprüchliche Zielbeziehungen (Mittelstand: 14 %; Start-ups: 21 %) sowie fehlende Res-sourcen (Mittelstand: 6 %; Start-ups: 11 %) werden jedoch stärker von den Start-ups betont.

Abb. 18 – Gründe für das Scheitern von Kooperationen

20%

18%

14%

21%

18%

21%

12%

13%

6%

11%

4%

5%

16%

5%

6%

3%

4%

3%

Interessenkonflikteder Parteien

Fehlendes Engagementdes Kooperationspartners

(Mittelstand N=50; Start-ups N=38)

Konfliktäre Zielbeziehungen

Unvereinbarkeit derUnternehmenskulturen

beider Parteien

Fehlende Ressourcen

Zu hoher Planungsaufwand

Einseitiges Abschöpfender Kooperationsvorteile

Zu hohes Risikoeines Misserfolges

Andere

0% 5% 10% 15% 20% 25%

Mittelstand Start-ups

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Interesse an zukünftigen KooperationenWie unsere Studie zeigt (vgl. Abb. 19), ergibt sich unter den Befragten kein eindeutiges Meinungsbild hinsichtlich des Interesses an weiteren Kooperationen. Start-ups zeigen hier insgesamt ein etwas extremeres Ant-wortverhalten als Mittelständler und weisen eine größere Streuung auf. Sowohl die Gruppe der Unternehmen, die eine völlige Zustimmung zu zukünftigen Kooperationen zeigen (Mittelstand: 22 %; Start-ups: 33 %) als auch die Gruppe derjenigen, die derar-tige Projekte für die Zukunft ablehnen (Mit-telstand: 0 %; Start-ups: 11 %), ist unter den Start-ups deutlich größer.

Abb. 19 – Neigung zu künftigen Kooperationen

0%

10%

20%

30%

40%

50%

A

11%

0%

Teilweise Abneigung Weder – noch Teilweise Zuneigung Völlige Zuneigung

31%33%

47%

22% 22%

33%

(Mittelstand N=32; Start-ups N=9)

Mittelstand Start-ups

Das mittelständische Unternehmen ist ein Marktforschungsunternehmen mit ca. 500 Mitarbeitern. Das Produkt des Start-ups ist eine Lösung zur schnelle-ren Auffindung verschütteter Perso-nen im Bereich Wintersport. Das Pro-dukt soll die Lokalisierung und Rettung verschütteter Personen er-leichtern.

Das mittelständische Unternehmen kommt aus der Preismarktforschung, genau das ist der Fit zum Kooperations-unternehmen. Wenn man ein neues

Produkt auf den Markt bringen will – in diesem Fall die Lokalisierung –, muss man auch intensiv dazu forschen, z.B.: Wie viel kann ich für dieses Pro-dukt verlangen, auf welchen Plattfor-men kann ich das Produkt vermark-ten, über welche Kanäle kann das Pro-dukt vertrieben werden, etwa stationärer oder Online-Handel. In diesem Fall unterstützt also der Mittel-ständler das Start-up-Unternehmen.

Die Fortsetzung der Kooperation ist wahrscheinlich, aber nicht nur mit die-sem Unternehmen. Die Zusammenar-beit mit konkret diesem Start-up dient dazu, erste Erfahrungen mit dieser Art der Kooperation zu machen. Der Er-folg beeinflusst die Neigung zu weite-ren gemeinsamen Projekten. Der Ge-schäftsführer geht jedoch davon aus, dass danach eine normale Geschäfts-beziehung aufgebaut werden soll.

Fall 8: Weiterführende Kooperationen am Beispiel eines Marktforschungs-unternehmens und eines Start-ups im Bereich Lokalisierung verschütteter Personen

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Das vorliegende Kapitel hat gezeigt, dass sowohl der Mittelstand als auch Start-ups Probleme und Nachholbedarfe im Kontext von Kooperationen sehen. Diese können durch ein erhöhtes Vertrauen und ein formalisiertes Kooperationsmanagement abgebaut werden. In der Folge leiten wir nun einige Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis ab, die wir aus unse-rer Expertise und der vorliegenden Studie gewonnen haben.

„Ein ehrliches Exit-Management findet in Kooperationen nur selten statt. Im Grunde sollte man bei nicht erfolgreichen Kooperationen dies auch zugeben und entsprechend handeln. Es bringt ja nichts, weiter auf einem toten Pferd zu reiten – trotzdem tun das in der Praxis sehr viele Entscheider.“Geschäftsführer eines befragten mittelständischen Unternehmens

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Empfehlungen für die PraxisGrundsätzlich offen für Kooperationen mit Start-ups seinMittelständische Unternehmen sollten natürlich auf ihre tradierten Stärken ver-trauen, gleichzeitig aber offen für neue Wege sein. Die Kooperation mit einem Start-up ist zwar auf den ersten Blick anstrengender und damit aufwendiger als eine Möglichkeit im bewährten Umfeld – gerade diese kulturelle und strukturelle Andersartigkeit kann jedoch Innovationen im Mittelstand anregen. Mittelstand und Start-ups ergänzen sich auf komplemen-täre Art und Weise, sodass beide Partner voneinander profitieren und Geschäfts-modelle und Wettbewerbsvorteile auf den Prüfstand stellen können. Hier ist der Mittelstand auch aus historischen Gründen weniger offen für Kooperationen als andere Betriebstypen. Ein offenes Mindset und eine transparente Unternehmenskultur sind wichtige Schritte hin zu einer Professi-onalisierung des Unternehmens. Auf diese Art und Weise werden Chancen erkannt und die Möglichkeiten für das Unterneh-men wahrgenommen.

Aktiv Gelegenheiten suchen und Erwartungen und Ziele im Unterneh-men abstimmenKooperationen kommen zu selten geplant, sondern häufiger opportunistisch, d.h. im engeren Sinn zufällig zustande. Das muss nichts Schlechtes sein, macht jedoch jeweils eine Ad-hoc-Entscheidung für oder gegen eine konkrete Kooperation notwen-dig und erschwert die langfristige Planung. Mittelständische Unternehmen sollten sich

dem Thema Kooperation nicht nur widmen, wenn sie selbst angesprochen werden. Hier gilt es, bestehende Möglichkeiten im eige-nen Netzwerk, aber auch durch Akzelerato-ren und Mittler wie Hochschulen, Verbände und Berater stärker als bisher zu nutzen. Eine besondere Rolle kommt sicherlich den digitalen Medien zu: Recherche und Anbahnung werden vereinfacht, die Ver-lässlichkeit der Informationen sinkt jedoch mitunter. An dieser Stelle muss noch mehr digitale Kompetenz in den Unternehmen aufgebaut werden.

Ein aktives Kooperationsmanagement nutzen, um für beide Seiten Nutzen zu generierenKooperationen stehen und fallen mit den beteiligten Partnern. Ohne aktives Kooperationsmanagement passen ggf. die Kulturen nicht zusammen, die Partner verfolgen stark divergierende Ziele oder gehen von vollkommen unterschiedlichen Prämissen bzgl. Dauer der Kooperation und Integrationsgrad aus. Eine Kooperation ist in Projektform zu organisieren und auch entsprechend zu steuern. Dies bedeutet, nicht nur Planung und Ziele vorzuhal-ten, sondern diese auch miteinander zu besprechen, Kennzahlen abzuleiten und nicht erst nach der Kooperation, sondern bereits im Prozess bei Fehlentwicklungen einzuschreiten sowie die Kooperation aktiv in die gewünschte Richtung zu lenken.

Kooperationen realistisch bewerten und konsequent agierenViele Kooperationen scheitern bereits an der unrealistischen Zielsetzung eines oder beider Partner oder der fehlenden kul-turellen Passgenauigkeit. Kooperationen können jedoch auch scheitern, wenn eine gut durchdachte gegenseitige Partnerwahl stattgefunden hat. Im Prozess sollten sowohl beteiligte Mittelständler als auch beteiligte Start-ups die Zusammenarbeit stetig hinterfragen und den Bezug zum Unternehmenserfolg transparent machen. Erfolgreiche Kooperationen können ausge-baut, nicht Erfolg versprechende in einem absehbaren Zeitrahmen beendet werden, um Mittel für Alternativen freizumachen. Werden Letztere nicht rechtzeitig beendet, hat dies sowohl kulturell als auch finanziell negative Auswirkungen auf potenzielle zukünftige Kooperationen.

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Informationen zur DatenerhebungDie Daten, die in dieser Studie verarbeitet wurden, stammen vorwiegend aus den Forschungsprojekten des Europäischen Kompetenzzentrums für Angewandte Mittelstandsforschung (EKAM) an der Uni-versität Bamberg und dem Lehrstuhl für Unternehmensführung und -kontrolle an der Hochschule Aalen. Detaillierte Anga-ben zu Konzept, Stichproben und Metho-den der einzelnen Forschungsprojekte fin-den Sie in den jeweiligen Berichtsständen der Bamberger Betriebswirtschaftlichen Beiträge (BBB), insbesondere:

BBB-Band 238: Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-ups (Becker, W./Ulrich, P./Botzkowski, T./Fibitz, A./Stradt-mann, M.)

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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited („DTTL“), eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haf-tung nach britischem Recht), ihr Netzwerk von Mitgliedsunternehmen und ihre verbundenen Unternehmen. DTTL und jedes ihrer Mitgliedsunternehmen sind rechtlich selbstständig und unabhängig. DTTL (auch „Deloitte Global“ genannt) erbringt selbst keine Leistungen gegenüber Mandanten. Eine detailliertere Beschreibung von DTTL und ihren Mitgliedsunternehmen finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns.

Deloitte erbringt Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Risk Advisory, Steuerberatung, Financial Advisory und Consulting für Unternehmen und Institutionen aus allen Wirtschaftszweigen; Rechtsberatung wird in Deutschland von Deloitte Legal erbracht. Mit einem weltweiten Netzwerk von Mitgliedsgesellschaften in mehr als 150 Ländern verbindet Deloitte herausra-gende Kompetenz mit erstklassigen Leistungen und unterstützt Kunden bei der Lösung ihrer komplexen unternehmerischen Herausforderungen. Making an impact that matters – für mehr als 244.000 Mitarbeiter von Deloitte ist dies gemeinsames Leitbild und individueller Anspruch zugleich.

Diese Veröffentlichung enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen des Einzelfalls gerecht zu wer-den, und ist nicht dazu bestimmt, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen zu sein. Weder die Deloitte Consulting GmbH noch Deloitte Touche Tohmatsu Limited, noch ihre Mitgliedsunternehmen oder deren ver-bundene Unternehmen (insgesamt das „Deloitte Netzwerk“) erbringen mittels dieser Veröffentlichung professionelle Beratungs- oder Dienstleistungen. Keines der Mitgliedsunternehmen des Deloitte Netzwerks ist verantwortlich für Ver-luste jedweder Art, die irgendjemand im Vertrauen auf diese Veröffentlichung erlitten hat.

Stand 03/2017

Lutz MeyerPartner Deloitte Tel. +49 (0)211 8772 [email protected]

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