MÜNCHNER PHILHARMONIKER€¦ · Satzen für seinen Song Love of my Life verwendete Deckblatt der...

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MÜNCHNER PHILHARMONIKER 27. JANUAR 2018 ELBPHILHARMONIE GROSSER SAAL

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MÜNCHNER PHILHARMONIKER

27. JANUAR 2018ELBPHILHARMONIE GROSSER SAAL

Samstag, 27. Januar 2018 | 20 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal Elbphilharmonie Abo 3 | 3. Konzert

19 Uhr | Einführung im Großen Saal mit Clemens Matuschek

MÜNCHNER PHILHARMONIKER DIRIGENT VALERY GERGIEV

Johannes Brahms (1833–1897) Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 (1883) Allegro con brio Andante Poco Allegretto Allegro

ca. 40 Min.

Pause Richard Strauss (1864–1949) Ein Heldenleben / Tondichtung für großes Orchester op. 40 (1898) Der Held Des Helden Widersacher Des Helden Gefährtin Des Helden Walstatt Des Helden Friedenswerke Des Helden Weltflucht und Vollendung

ca. 45 Min.

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Nun ist es beschlossene Sache: Auch die Münch-ner Klassikwelt darf sich auf den Bau eines neuen Konzertsaals freuen. Bis es so weit ist, versüßen sich in dieser Saison gleich alle großen Orchester der Landeshauptstadt das Warten mit Besuchen in der Elbphilharmonie – und prüfen schon mal, was sich abzuschauen lohnt. Nach dem BR-Orches-ter vor zwei Wochen nehmen heute die traditions- reichen Münchner Philharmoniker mit ihrem Chef-dirigenten Valery Gergiev auf dem Podium Platz. Ihr Konzertprogramm könnte glatt als Gründung einer Städtepartnerschaft durchgehen: Zunächst erklingt der Hamburger Brahms, nach der Pause der Münchner Richard Strauss.

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LAUTER LIEBE

Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 3

»Ich dachte, es würde und müsse einmal einer erscheinen, der den höchsten Ausdruck der Zeit in idealer Weise auszusprechen berufen wäre. Und er ist gekommen, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazien und Helden Wache hiel-ten. Er kam von Hamburg, dort in dunkler Stille schaffend. Am Klavier sitzend, fing er an, wunderbare Regionen zu enthüllen; ein geniales Spiel, das aus dem Klavier ein Orchester von wehklagenden und laut jubelnden Stimmen machte. Wenn er seinen Zauberstab dahin senken wird, wo ihm die Mächte der Massen im Orchester ihre Kräfte leihen, so stehen uns noch wunderbarere Blicke in die Geheimnisse der Geisterwelt bevor.«

Uff. Ganz schön dick aufgetragen, finden Sie nicht? »Grazien und Helden« … Johannes Brahms konnte es selbst kaum fassen, was Robert Schumann da auf der Titelseite der von ihm selbst herausgegebenen Neuen Zeitschrift für Musik über ihn, den 20-jährigen Jungkomponisten geschrieben hatte. Sicher, ein weni-ger selbstkritischer Geist hätte wahrscheinlich einen Luftsprung gemacht vor Freude. Für Brahms aber stellte Schumanns Eloge eher Bürde als Bonus dar, zumal er hinter sich beständig die Schritte des »Riesen« Beethoven spürte. »Das öffentliche Lob, das Sie mir spendeten, wird die Erwartung des Publikums so außerordentlich gespannt haben, dass ich nicht weiß, wie ich dem einiger-maßen gerecht werden kann«, schrieb Brahms ratlos an seinen Laudator. Von der prestigeträchtigen Gattung der Sinfonie ließ er jedenfalls zunächst einmal die Finger.

Erst 1876, volle 23 Jahre nach Schumanns prophetischem Artikel, lag Brahms’ Erste Sinfonie endlich vor. Mittlerweile war aus dem schüchternen Nachwuchs-pianisten mit den sanften Gesichtszügen und langen blonden Haaren ein mar-kanter Mittvierziger mit veritablem Selbstbewusstsein geworden. Zweimal hatte ihn seine Heimatstadt Hamburg übergangen, als ein neuer Chefdirigent für die Chorakademie und das Philharmonische Orchester gesucht wurde; Brahms war daher tief gekränkt nach Wien abgerauscht, wo er große Erfolge feierte. Und wie um das erreichte Stadium eines reifen Künstlers zu dokumentieren, ließ er sich innerhalb eines Jahres einen stattlichen Vollbart wachsen.

Nun, da der Knoten einmal geplatzt war, fiel es Brahms nicht schwer, weitere Sinfonien nachzulegen. Nur wenige Monate nach der triumphalen Premiere der Ersten stellte er seine Zweite Sinfonie fertig, und einige Jahre später, 1883, die Dritte. Gut lässt sich aus diesen Werken heraushören, welche Bürde von Brahms’ Schultern gefallen war, wie befreit er nun aufatmen und wie unbe-schwert er draufloskomponieren konnte. Den heiteren Grundton der Dritten erfasste auch Brahms’ Protegé Antonín Dvořák, der schwärmte: »Ich sage und übertreibe nicht, dass dieses Werk seine beiden ersten Sinfonien überragt – vielleicht nicht an Größe und mächtiger Konzeption, aber gewiss an Schönheit! Welche herrlichen Melodien sind da zu finden! Es ist lauter Liebe, und das Herz geht einem dabei auf.«

Johannes Brahms (1882)

DIE MUSIK

Damit traf er unwissentlich den Nagel auf den Kopf: Brahms war verliebt. Im Frühjahr 1883 hatte er bei einem Konzert in Krefeld die 26-jährige Altistin Hermine Spies kennengelernt und sie in sein Sommerdomizil in Wiesbaden eingeladen. Sie nannte ihn ihre »Johannespassion«, er schrieb ihr schwärmerische Briefe und zwei Liederzyklen, über die sein Freund Theodor Bill-roth stichelte: »Sind die Lieder wirklich neu, so hast du einen so kräftigen, gesunden Johannistrieb, wie es deiner unverwüst-lichen Natur entspricht.« Zwar wurde am Ende nichts aus der Romanze – immerhin war der Komponist etwa doppelt so alt wie die Sängerin. Seiner guten Laune tat das aber offenbar kei-nen Abbruch. »Habe ich Ihnen nie von meinen schönen Prinzi-pien erzählt?« schrieb er einem anderen Freund: »Keine Oper und keine Heirat mehr.«

Der Ton der Musik ist jedenfalls deutlich leichter als der dramatisch-kämpferische der Ersten. Der Kopfsatz im Walzer-takt hat von Anfang an etwas Tänzerisches. Die Musik gerät in Schwung, vorangetrieben durch die Streicher, deren Stimmen synkopisch ineinandergreifen und dabei die schweren Taktbeto-nungen aushebeln. Im zweiten Themenblock passt Brahms die grazilen Melodien der Holzbläser so ungenau in den Takt ein, dass sich die Melodie ständig verschieben muss. Das Spieleri-sche steht im Vordergrund.

Ganz in diesem Sinne hat Clara Schumann auch den zweiten Satz beschrieben: »Hier belausche ich Betende um eine kleine Waldkapelle, das Rinnen der Bächlein, Spielen der Käfer und Mücken – das ist ein Schwärmen und Flüstern um einen herum, dass man sich ganz wie eingesponnen fühlt in all die Wonnen der Natur«. Für den Ton dieses Idylls sind vor allem die Holz-bläser zuständig, während Solohorn und Streicher den dritten Satz im Stile eines elegischen »Valse triste« prägen.

Dass Brahms auch in dieser glücklichen, produktiven Zeit seine Werke nicht en gros hervorbrachte, ist seiner kompli-zierten Kompositionsweise geschuldet. Allzu sehr misstraute er dem »schönen Einfall« und seinem Anteil am Gesamtwerk: »Das, was man Erfindung nennt, ist höhere Eingebung, Ins-piration – das heißt, dafür kann ich nichts. Von dem Moment an kann ich dieses ›Geschenk‹ gar nicht genug verachten; ich

Gitarrenlegende Carlos Santana, der die Hornmelodie des dritten Satzen für seinen Song Love of my Life verwendete

Deckblatt der Erstausgabe

muss es durch unaufhörliche Arbeit zu meinem rechtmäßigen, wohlerworbenen Eigentum machen.« Das kompositorische Handwerk stand für ihn im Vordergrund, nicht das Genie. Damit unterscheidet sich Brahms deutlich von Komponisten wie Mozart, die in manchen Werken eine Ohrwurm-Melodie an die andere reihen, ohne sich groß um eine raffinierte Verarbei-tung zu kümmern.

Konkret schlägt sich diese Haltung bei Brahms in einer Viel-zahl motivischer Querbezüge nieder, die auch die gesamte Dritte Sinfonie durchziehen. Fast jedes Thema und jede Begleitfigur geht auf eine Grundfigur zurück, in diesem Fall die aufsteigende Tonfolge f-as-f. Sie ist schon in den mächtigen Akkorden ver-borgen, die die Sinfonie eröffnen, und von da an begleitet sie uns das ganze Stück – eine wahre Fundgrube für Musikwissen-schaftler. Wir wollen Ihr analytisches Hörvermögen an dieser Stelle nicht überstrapazieren, aber wenn Sie sich dieses Motiv einprägen, werden Sie es an vielen Stellen wiedererkennen. Die innere Verknüpfung zeigt sich besonders deutlich im letz-ten Satz, der viele Figuren wieder aufgreift. Ganz offensichtlich ist das wörtliche Zitat des Hauptthemas aus dem Kopfsatz in den letzten Takten der Sinfonie. Diese Verwandtschaften sorgen auch unterschwellig dafür, dass man das Stück als geschlosse-nes Ganzes wahrnimmt.

Am Ende stellte weniger die Komposition ein Problem für Brahms dar als vielmehr die Uraufführung. Nicht, weil niemand das Werk hätte hören wollen, sondern weil sämtliche befreun-deten Dirigenten Schlange standen, um die Premiere leiten zu dürfen. Brahms manövrierte sich selbst in eine Zwickmühle, indem er diese Ehre sowohl Hans Richter in Wien versprach als auch dem Berliner Dirigenten Franz Wüllner. Am Ende wurde das Dilemma elegant gelöst: Richter dirigierte die Urauffüh-rung in Wien, Brahms reiste anschließend nach Berlin, um dort selbst ans Pult zu treten und zudem unter Wüllners Leitung sein Erstes Klavierkonzert zu spielen. Brahms war endgültig im sinfonischen Olymp angekommen. CLEMENS MATUSCHEK

DIE MUSIK

GLANZ UND GLORIA

Richard Strauss: Ein Heldenleben

Auf den ersten Blick mag der Stil von Johannes Brahms und Richard Strauss recht ähnlich erscheinen: Beide schreiben für ein großes Sinfonieorchester und lieben saftige Klänge. Dennoch bilden die beiden Komponisten die extremen Gegenpole einer ästhetischen Debatte, die im 19. Jahrhundert die Musikszene spaltete und bis heute nachwirkt. Die Frage war: Muss Musik immer für sich stehen, als abstraktes Kunstwerk zum Selbstzweck? Oder kann, darf, soll Musik etwas Konkretes ausdrücken, ein Gefühl, eine Landschaft, eine Handlung?

Die Rollen waren klar verteilt: Die Position einer »absoluten« Musik ohne inhaltliche Bezüge vertraten der einflussreiche Kritiker Eduard Hanslick und sein Liebling Johannes Brahms (der darum auch nie eine Oper schrieb). Ihnen gegenüber standen Komponisten wie Hector Berlioz, Franz Liszt und Richard Strauss, die keine Sinfonien mehr schrieben, sondern »Sinfonische Dichtungen« – in Strauss’ Augen »ein riesiger Fortschritt. Alles Übrige ist purer Dreck.« Er selbst vertonte alle möglichen Themen: philosophische Schriften (Nietzsches Zarathustra ), Helden aus Dramen und Romanen (Macbeth, Don Juan, Till Eulen-spiegel) oder worauf sein Auge sonst fiel. Über seine Alpensinfonie sagte er, er habe einmal komponieren wollen, »wie die Kuh Milch gibt«. Und in seiner Sin-fonia domestica fasst er einen Tag im Leben seiner Familie in Musik. Hanslick wandte sich mit Grausen.

1886 beschäftigte sich Strauss mit Cervantes’ Don Quixote. Doch nur diese tragikomische Figur allein mochte er offenbar auch nicht vertonen – vielleicht, weil der »Ritter von der traurigen Gestalt« sich schlecht in opulente Orchester-klänge kleiden lässt. So verfiel Strauss auf die Idee, der Helden-Parodie einen wirklichen Helden an die Seite zu stellen. Sein Plan sah sogar vor, die beiden Werke gemeinsam in einem Konzert uraufzuführen. Einem Frankfurter Kon-zertdirektor erklärte er: »Don Quixote und Heldenleben sind als direkte Pendants gedacht.«

Bei der Suche nach einer geeigneten literarischen Vorlage fackelte Strauss nicht lange: Er schrieb sie selbst. Teils direkt in die Partitur hinein, teils in Brie-fen, teils in Form von begleitenden Essays. Dabei kam es ihm weniger auf dra-matische Details an als vielmehr auf die zentrale Aussage: »Sie brauchen mein Programm nicht zu lesen«, informierte er den befreundeten Musikpublizisten Romain Rolland. »Es genügt zu wissen, dass es einen Helden im Kampf mit sei-nen Feinden beschreibt.«

Ein solcher Held kann natürlich nur in einer einzigen Tonart auftreten: in Es-Dur, der Tonart von Beethovens Eroica-Sinfonie. »Wenn schon, denn schon«, mag sich Strauss in einem für ihn nicht untypischen Anflug von Größenwahn gedacht haben. Um den absehbaren Vorwurf, er wolle sich neben Beethoven auf dem Sockel der Komponisten-Titanen breitmachen, von vornherein zu entkräften, lieferte er sicherheitshalber eine ironische Erklärung mit: »Da die Eroica bei unseren Dirigenten so unbeliebt ist und daher nur selten aufgeführt wird, komponiere ich, um einem dringen-den Bedürfnis abzuhelfen, eine große Tondichtung, betitelt Ein Heldenleben. Zwar ohne Trauermarsch, aber auch in Es-Dur und mit sehr viel Hörnern.«

Die »sehr vielen Hörner« kommen gleich zu Beginn zum Einsatz. Gemeinsam mit Celli und Bratschen stellen sie das Motiv des Helden vor: einen strahlend auffahrenden Dreiklang, dessen dramatische Fortführung schon von kommen-den Konflikten und Bewährungsproben kündet. Dieses Motiv taucht im Verlauf des Werks immer wieder auf. Geschickt verschränkt Strauss so gleich mehrere klassische Formprinzipien: Sonatensatz und Rondo, die von Wagner entwickelte Leitmotivtechnik und die Aneinanderreihung verschiedener Episoden, die schon seine früheren Tondichtungen auszeichnete. Dieser erste Abschnitt widmet sich ausschließlich der Vorstellung des Helden und endet mit einem gewaltigen, spannungsreichen Akkord, der wie ein Cliffhanger wirkt: Wie geht es weiter? Was für Abenteuer erwarten unseren Helden?

Im krassen Kontrast zu diesem Pathos stehen Des Helden Widersacher, die nach einer Generalpause auf den Plan treten – oder besser: hüpfen, quäken, mäkeln, meckern. Kaum ein Komponist hat sich über den wild durcheinander-

Richard Strauss

DIE MUSIK

schnatternden Chor neunmalkluger Kritiker je so unmissverständlich lustig gemacht wie Strauss an dieser Stelle. Selbst das Heldenthema kommt dage-gen kaum an und wendet sich folgerichtig nach Moll. Zum Glück naht Hilfe – in Gestalt der Solovioline als Des Helden Gefährtin. Strauss erweist hier seiner Frau Pauline Reverenz, die er später noch in der Sinfonia domestica und in der Oper Die Frau ohne Schatten musikalisch porträtieren sollte und die wohl ähn-lich reizend bis launisch war wie diese Passage. In einer großen Gefühlsaufwal-lung verbinden sich dann Heldenmotiv und Gefährtinnen-Musik; die Symbolik dürfte klar sein.

Die nächste Episode ist mit Des Helden Walstatt überschrieben. Darunter kann sich heute wohl niemand mehr etwas vorstellen. Aber die Trompetenfanfaren, die zunächst hinter der Bühne erklingen, dann ihren Weg ins Orchester finden und dort von Marschtrommeln begleitet werden, sprechen eine deutliche Spra-che: Der Held zieht ins Gefecht. Strauss zeichnet ein üppiges Schlachtenge-mälde; das Heldenmotiv verstrickt sich im hitzigen Nahkampf, überlagert vom Donner der Geschütze.

Natürlich geht der Held am Ende siegreich aus allen Kämpfen hervor. Strauss symbolisiert das in der Episode Des Helden Friedenswerke arg selbstgefällig, indem er Motive und Melodien aus eigenen Werken zitiert. Wer mit dem Strauss-Œuvre vertraut ist, wird vielleicht Anspielungen auf Don Juan oder Till Eulen-spiegel wiedererkennen. Mit Harfenakkorden und zwei deutlichen Zäsuren leitet Strauss zum letzten Teil über. Der Held entsinnt sich nochmals seines Lebens; wie im Zeitraffer ziehen seine Schlachten und (in einem weiteren Violinsolo)

seine Gefährtin vorüber. Am Ende steht, gut zu erkennen am Zarathustra-Zitat in den Blechbläsern, der Übergang in eine andere Sphäre – mit Richard Strauss’ Worten: Des Helden Weltflucht und Vollendung.

Romain Rolland schrieb später im Rückblick auf die Uraufführung 1899: »Wenn diese Musik heute noch glüht, kann man sich vorstellen, wie sie siedete, als sie frisch aus dem Ofen kam. Der Atem brannte, markerschütternde Trom-petenstöße schürten die Feuersbrunst, finstere Abgründe taten sich auf. Das artige Publikum war außer Fassung, Orchestermusiker bogen sich vor Lachen. Freilich, die mittelmäßige Melodik übertraf kaum die von Mendelssohn, aber die harmonische und rhythmische Erfindung, die dramatische Intelligenz, der Wille waren gigantisch.« Die meisten Rezensenten störten sich jedoch am Programm, das sie als ungehörige Selbstverherrlichung des Komponisten empfanden. Was soll man auch von einem Werk halten, das seinen Schöpfer naiv als glorreichen Helden porträtiert?

Doch Rolland erkannte im Heldenleben noch mehr: Symptome eines National-charakters. Schon 1904, zehn Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, notierte er mit wahrhaft prophetischer Gabe: »Der Held ist sich seiner Kraft durch den Sieg bewusst geworden. Jetzt kennt sein Stolz keine Grenzen mehr. Er erhebt sich, er unterscheidet die Wirklichkeit nicht mehr von seinem maßlosen Traum, ganz wie das Volk, dessen Abbild er ist. Es gibt in Deutschland Krankheits-keime: einen Wahnsinn des Hochmuts, einen Ich-Glauben und eine Verachtung der anderen.«

Richard Strauss reagierte gespalten auf diese Kritik. Einerseits sah er sich genötigt, dem Vorwurf der Egomanie entgegenzutreten: »Ich bin kein Held. Mir fehlt die nötige Kraft; ich bin nicht für die Schlacht gemacht. Ich ziehe es vor, mich zurückzuziehen und Ruhe und Frieden zu genießen«, antwortete er Rolland. Andererseits aber rechtfertigte er seine Haltung mit einer Mischung aus Trotz und Ironie: »Ich sehe nicht ein, warum ich keine Sinfonie auf mich selbst machen sollte. Ich finde mich ebenso interessant wie Napoleon oder Alexander.«

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Strauss für Ein Heldenleben zunächst keinen pompösen Schluss im Sinn hatte, sondern ein stilles Verlö-schen im Pianissimo, das die Wendung des Helden ins Innere hätte symbolisie-ren sollen. Erst auf Drängen seines Vaters und eines Freundes änderte er die letzten paar Takte und fügte die Glanz-und-Gloria-Fanfare ein. Ob er sich und uns damit einen Gefallen getan hat, das zu beurteilen bleibt nun allein Ihrem Kunstsinn überlassen. CLEMENS MATUSCHEK

Richard Strauss als Dirigent

DIE MUSIK

DIRIGENT VALERY GERGIEV In Moskau geboren, studierte Valery Gergiev Dirigieren am Leningrader Konservatorium. Bereits als Student war er Preis-träger des renommierten Herbert-von-Karajan-Dirigierwett-bewerbs in Berlin.

1978 wurde Valery Gergiev im Alter von nur 24 Jahren Assis-tent von Yuri Temirkanov am Mariinsky-Opernhaus, wo er mit Prokofjews Tolstoi-Vertonung Krieg und Frieden debütierte. Seit mehr als zwei Jahrzehnten leitet er nun das legendäre Mari-insky-Theater in Sankt Petersburg, das in dieser Zeit zu einer der wichtigsten Stätten der russischen Opernkultur aufgestie-gen ist. Seine Arbeit dort konzentriert sich vor allem auf die Werbung für russische Opern im Ausland; so wird er mit seinen Mariinsky-Ensembles bereits im Februar mit einer konzertan-ten Aufführung von Tschaikowskys Oper Jolanthe erneut in der Elbphilharmonie zu Gast sein.

Von 2007 bis 2015 war Gergiev zudem auch Chefdirigent des London Symphony Orchestra, dessen erstes »LSO Open Air«-Konzert er 2012 auf dem Trafalgar Square bei freiem Eintritt vor gut 10.000 Zuhörern dirigierte.

Mit den Münchner Philharmonikern verbindet Valery Gergiev seit der Saison 2011/12 eine intensivere Zusammenarbeit, seit Sommer 2015 ist er ihr Chefdirigent. Reisen führten sie bereits in zahlreiche europäische Städte sowie nach Japan, China, Korea, Taiwan und in die USA. Programmatische Akzente setzte Gergiev durch die Aufführungen sinfonischer Zyklen von Dmitri Schostakowitsch, Igor Strawinsky, Sergej Prokofjew und Sergej Rachmaninow sowie neuen Formaten wie dem Festival »MPHIL 360°«.

Derzeit erarbeiten die Münchner Philharmoniker und Valery Gergiev eine Gesamtaufnahme der Sinfonien von Anton Bruck-ner in der Stiftskirche Sankt Florian.

DIE KÜNSTLER

Seit ihrer Gründung 1893 bereichern die Münchner Philharmoniker unter renom-mierten Dirigenten das musikalische Leben Münchens. Gustav Mahler dirigierte das Orchester bei den Uraufführungen seiner Vierten und Achten Sinfonie, und im November 1911 gelangte unter Bruno Walters Leitung Mahlers Lied von der Erde zur Uraufführung. Ferdinand Löwe leitete die ersten Bruckner-Konzerte und begründete die Bruckner-Tradition des Orchesters. Eugen Jochum diri-gierte das erste Konzert nach dem Zweiten Weltkrieg, kurz darauf gewannen die Philharmoniker mit Hans Rosbaud und anschließend Fritz Rieger heraus-ragende Orchesterleiter.

In der Ära Rudolf Kempes bereisten die Philharmoniker erstmals die dama-lige UdSSR. 1979 leitete Sergiu Celibidache seine erste Konzertserie bei den Münchner Philharmonikern und wurde zum Generalmusikdirektor ernannt. Die legendären Bruckner-Konzerte trugen wesentlich zum internationalen Ruf des Orchesters bei. Von 1999 bis 2004 leitete James Levine als Chefdirigent die Münchner Philharmoniker. 2004 ernannten sie Zubin Mehta zum ersten Ehren-dirigenten in ihrer Geschichte. Mit ihm unternahm das Orchester im September 2010 eine erfolgreiche Tournee nach Südamerika.

Christian Thielemann unterzeichnete 2003 seinen Vertrag als Generalmusikdirektor. 2005 wurde den Münchner Philharmoni-kern die Ehre zuteil, unter seiner Leitung ein Konzert vor Papst Benedikt XVI. im Vatikan zu geben, an dem rund 7.000 geladene Gäste teilnahmen. Zum 100-jährigen Jubiläum der Münchner Uraufführung leitete Thielemann im Oktober 2010 zwei Auffüh-rungen von Gustav Mahlers Achter Sinfonie. Ihm folgte Lorin Maazel, der die Position des Chefdirigenten bis zu seinem Tod im Jahr 2014 übernahm. Während seiner Amtszeit legte er den Fokus seiner Arbeit auf eine Erweiterung des Repertoires und eine Flexibilisierung des Klangs.

Seit der Spielzeit 2015/16 ist Valery Gergiev Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, der mit Zyklen russischer Kompo-nisten programmatische Akzente setzte und mit dem Orches-ter bereits zahlreiche Reisen unternahm. Regelmäßig werden Konzerte via Livestream, Radio und Fernsehen weltweit über-tragen. Seit September 2016 liegen die ersten CD-Aufnahmen des orchestereigenen Labels »MPHIL« vor, die die Arbeit der Münchner Philharmonikern dokumentieren.

Mit dem Programm »Spielfeld Klassik« haben die Münch-ner Philharmoniker in den letzten Jahren ein umfangreiches Vermittlungs-Angebot für alle Generationen entwickelt. Bis zu 35.000 Interessierte aller Altersklassen besuchen jährlich die mehr als 150 Veranstaltungen. Unter dem Motto »Mphil vor Ort« sind die Münchner Philharmoniker als Orchester der Stadt nicht nur in der Philharmonie im Münchner Gasteig zu erleben, son-dern auch an außergewöhnlichen Orten wie im Hofbräuhaus, auf Almen, in Clubs und Industriehallen.

MÜNCHNER PHILHARMONIKER

DIE KÜNSTLERDIE KÜNSTLER

VIOLINE ISreten Krstič*Lorenz Nasturica-Herschcowici*Julian Shevlin*Odette Couch***Claudia SutilPhilip MiddlemanNenad DaleorePeter BecherRegina MatthesWolfram LohschützMartin ManzCéline VaudéYusi ChenIason KeramidisFlorentine LenzVladimir TolpygoGeorg Pfirsch

VIOLINE IISimon Fordham**Alexander Möck**IIona Cudek***Matthias LöhleinKatharina ReichstallerNils SchadClara Bergius-BühlEsther MerzKatharina SchmitzAna Vladanovic-LebedinskiBernhard MetzNamiko FuseQi ZhouClément CourtinTraudel ReichAsami YamadaJohanna Zaunschirm

VIOLAJano Lisboa**Burkhard Sigl***Dakyung Kwak***Max SpengerHerbert StoiberGunter PretzelWolfgang BergBeate SpringorumKonstantin SellheimJulio LópezValentin Eichler

VIOLONCELLIMichael Hell*Floris Mijnders**Stephan Haack**Thomas Ruge***Herbert HeimVeit Wenk-WolffSissy SchmidhuberElke Funk-HoeverManuel von der NahmerIsolde HayerSven FaulianDavid HausdorfJoachim Wohlgemuth

KONTRABÄSSESławomir Grenda**Fora Baltacigil**Alexander Preuß***Holger HerrmannStepan KratochvilShengni GuoEmilio Yepes MartinezUlrich von Neumann-Cosel

FLÖTENMichael Martin Kofler**Herman van Kogelenberg**Burkhard Jäckle***Martin BeličGabriele Krötz (Piccoloflöte)

OBOENUlrich Becker**Marie-Luise Modersohn**Lisa OutredBernhard BerwangerKai Rapsch, Englischhorn

KLARINETTENAlexandra Gruber**László Kuti**Annette Maucher***Matthias AmbrosiusAlbert Osterhammer (Bassklarinette)

FAGOTTERaffaele Giannotti**Jürgen PoppJohannes HofbauerJörg Urbach (Kontrafagott)

HÖRNERJörg Brückner**Matias Piñeira**Ulrich Haider***Maria Teiwes***Alois SchlemerHubert PilstlMia Aselmeyer

TROMPETENGuido Segers**Florian Klingler**Bernhard Peschl***Markus Rainer

POSAUNENDany Bonvin**Matthias Fischer***Quirin WillertBenjamin Appel (Bassposaune)

TUBARicardo Carvalhoso

PAUKENStefan Gagelmann**Guido Rückel**

SCHLAGZEUGSebastian Förschl**Jörg HannabachMichael Leopold

HARFETeresa Zimmermann**

* Konzertmeister

** Stimmführer / Solo

*** Stellvertreter

BESETZUNG

TSCHAIKOWSKY JOLANTHESchon in zwei Wochen ist Valery Gergiev noch einmal in der Elbphilharmonie zu Gast. Diesmal mit seinen anderen bei-den Ensembles: Chor und Orchester des Mariinsky Theaters. Im Gepäck haben die Spezialisten vor allem für die russische Opernliteratur Tschaikowskys Einakter Jolanthe, den sie in Hamburg in einer konzertanten Aufführung präsentieren. Darin geht es um die gleichnamige Titelfigur, eine blinde Prinzessin, die nur durch die Liebe von ihrem Schicksal geheilt werden kann. Restkarten für dieses besondere Gastspiel gibt es nach Verfügbarkeit an der Abendkasse.

10. Februar 2018 | Chor und Orchester des Mariinsky Theaters

Es ist nicht gestattet, während des Konzerts zu filmen oder zu fotografieren.

IMPRESSUMHerausgeber: HamburgMusik gGmbHGeschäftsführung:Christoph Lieben-Seutter (Generalintendant), Jack F. Kurfess, Jochen MargedantRedaktion: Clemens Matuschek, Simon ChlostaLektorat: Reinhard HellingGestaltung und Satz: breeder typo – alatur, musialczyk, reitemeyerDruck: Flyer-Druck.de

Anzeigenvertretung: Antje Sievert, +49 40 450 698 03, [email protected]

BILDNACHWEISJohannes Brahms: Fotografie von 1882 (Fritz Luckhardt); Erstausgabe von Brahms’ Dritter Sinfonie (Verlag Simrock); Carlos Santana (unbezeichnet); Richard Strauss: Fotografie von 1904 (Gessford); Valery Gergiev (Bernhard Bürklin); Münchner Philharmoniker (wildundleise.de); Valery Gergiev (Sasha Gusov)

VORSCHAU

StockhausenMetropolis

J. Dvořák: FrankensteinSciarrino: Lohengrin

Beethoven: Missa solemnisLa Scala: Verdi-Requiem

David Bowie: BlackstarWeill: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny

Britten: The Rape of Lucretiau.v.m.

www.musikfest-hamburg.de

UTOPIE

27Apr—30Mai

Ermöglicht durch

WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN

PRINCIPAL SPONSORSBMWMontblancSAP

FÖRDERSTIFTUNGENKlaus-Michael Kühne StiftungKörber-StiftungHans-Otto und Engelke Schümann StiftungHaspa Musik StiftungHubertus Wald StiftungErnst von Siemens MusikstiftungCyril & Jutta A. Palmer StiftungMara & Holger Cassens StiftungHonorarkonsulat der Tschechischen Republik Hamburg

Stiftung Elbphilharmonie

Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.

MEDIENPARTNERNDRDer SpiegelByte FMVAN MagazinNDR Kultur

PRODUCT SPONSORSCoca-ColaHaweskoLavazzaMeßmerRicolaRuinartStörtebeker

CLASSIC SPONSORSAurubisBankhaus BerenbergCommerzbank AGDG HYPGALENpharmaHamburger FeuerkasseHamburger SparkasseHamburger VolksbankHanseMerkur VersicherungsgruppeHSH NordbankJyske Bank A/SKRAVAG-VersicherungenM.M.Warburg & CO

ELBPHILHARMONIE CIRCLE

ALS OFFIZIELLER WEINPARTNER DER ELBPHILHARMONIE BEGRÜSSEN WIR HAMBURGS NEUES WAHRZEICHEN FÜR KULTUR.

ES IST DAS BESONDERE, DAS WELLEN SCHLÄGT.

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