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Neueste Nachrichten Mittwoch, 29. Juli 2009 von, über und mit Hermann Scheer 2. Jahrgang—Nr. 7 Ein Leserbrief vom Deutschen Schützenbund Offenbar werden die „Neuesten Nachrichten“ auch beim Schützenbund gelesen. Jedenfalls ging eine Be- schwerde von dort ein. Seite 4 Fernsehdiskussion zur Atomkraft Auf 3sat wurde die Atom- kraft diskutiert und Hermann Scheer hatte ein Wörtchen mitzureden. Seite 6 Die größten Hindernisse für IRENA waren mentale Interview von Franz Alt mit Hermann Scheer über den langen Weg zu IRENA (Internationale Agentur für erneuerbare Energien) Standpunkt Krümmel Ganze zwei Jahre war der inzwischen berüchtigte Re- aktor nicht am Netz. Dann schaltete man ihn wieder auf und nach nur zwei Wochen wieder ab: ein er- neuter Störfall hatte sich er- eignet. Ich möchte nur ein- mal daran erinnern: die alte Stromindustrie be- hauptet stets, die erneuer- baren Energien seien nicht zuverlässig. Der Wind wehe nicht immer, heißt es und es wird darauf ver- wiesen, dass die Sonne nachts nicht scheine. Damit soll impliziert werden, dass nur die alten Energien wie Kohle, Gas und eben die Atomenergie Zuverlässigkeit und Ver- sorgungssicherheit garantieren können. Tatsächlich aber zeigt Krümmel, dass nichts so unsicher ist wie die Atom- energie. Sie liefert nicht sicher Strom und sie lässt sich nicht sicher betreiben. Übrigens sorgen ja nicht nur Störfälle dafür, dass Kernkraftwerke zu un- sicheren Kantonisten werden, vielfach reichen schon Wassermangel wegen sommerlicher Hitze oder aber Über- schwemmungen um dafür zu sorgen, dass die Meiler gedrosselt oder ganz ab- geschaltet werden müssen. Im Juli 2007 beispielsweise speisten zeitgleich sechs deutsche Atomkraftwerke keinen Strom ins Netz ein. Man sieht daran: der Mythos der Kernenergie ist größer als ihre tatsächliche Leistung. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die Sicherheit. So wird ja nach wie vor fleißig die Be- hauptung verbreitet, Atom- strom sei besonders günstig. Mein Wahlkreis liegt in Seite 7 Russische Bahn geht leer aus Die russische Staats- bahn bekommt keine Anteile der DB AG Seite 6 Pressestimmen zu Hermann Scheer Was die Medien über Hermann Scheer be- richten lesen Sie auf den Seiten 7 bis 11 Foto: Screenshot der Sendung Franz Alt: Was war Ihre Motivation, die Gründung einer internationalen Agentur für erneuerbare Energien voranzutreiben? Hermann Scheer: Es war der heute kaum noch nach- vollziehbare Widerspruch zwischen dem gigantischen Potenzial der erneuerbaren Energien auf der einen und ihre komplette Unter- schätzung auf der globalen, regionalen und nationalen Ebene auf der anderen Seite. Erneuerbare Energien wurden unter- schätzt – und dies trotz ihrer grundlegenden Vor- teile: ihrer Unerschöpflich- keit und ihrer Emissions- freiheit. Diese Unter- schätzung fand in der Wissenschaft, in der Wirt- schaft und deshalb auch in der Politik statt. Dieser Widerspruch war unüber- sehbar. Angesichts der Umweltgefahren durch atomare und fossile Energieversorgung und der zunehmenden Abhängig- keit von immer mehr Ländern von begrenzten Reserven von Öl, Gas, Kohle und Uran habe ich diesen Widerspruch als lebensgefährlich erkannt – sowohl in ökologischer als auch in ökonomischer Hin- sicht. Aber warum kamen Sie zum Vorschlag einer inter- nationalen Regierungs- organisation um diesen Widerspruch zu überwinden? Weil diese Frage alle Menschen in allen Ländern betrifft, und weil sich der gezeigte Widerspruch auch im System der inter- nationalen Institutionen widerspiegelte. Es geht um das post-fossile und post- nukleare Zeitalter. Die Antwort in den 50er Jahren für das schon damals dis- kutierte nachfossile Zeit- alter war die „friedliche Nutzung der Atom- energie“. Das war der Konsens der 50er und 60er Jahre. An erneuerbare Energie wurde nicht ge- dacht mit der Ausnahme großer Wasserkraftwerke. Die anderen erneuerbaren Energien galten als rück- ständig. Die internationale Atomenergie-Agentur wurde schnell gegründet. Doch dann zeigte sich seit den 80er Jahren mehr und mehr, dass die in die Hermann Scheer mit Bärbel Dieckmann, der Oberbürgermeisterin von Bonn, auf der IRENA- Konferenz in Sharm El Sheikh (Ägypten). Auf dieser Konferenz wurden das Hauptquartier und die erste Generaldirektorin von IRENA bestimmt. Foto: Peter Droege Atomenergie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllbar sind. Die damit ver- bundenen Risiken wurden unterschätzt; auch die wirtschaftlichen. Spätestens seitdem war klar, dass es um die nicht- fossile Alternative zur Atomenergie gehen muss: die erneuerbaren Energien. Doch dieser Erkenntnis standen viele mentale Hindernisse entgegen, auch im internationalen Institutionensystem. Ich bin überzeugt: Wären seit der Ölkrise der 70er Jahre die Erneuerbaren Energien national und international politisch so gefördert worden wie seit den 50er Jahren die Atomenergie, dann hätten wir viele globale Probleme von heute nicht – weder das Klimaproblem noch das Problem der Ressourcen- verknappung und das der Energiepreissteigerungen. Deshalb lag der Gedanke für mich nahe, dass die globale Vernachlässigung der erneuerbaren Energien – die großenteils sogar voll- ständig ignoriert wurden – nur durch eine inter- nationale Agentur für diese rechtzeitig und überall überwunden werden kann. Welche Hindernisse zeigten sich, als Sie in Januar 1990 erstmals die Idee und das Konzept einer inter- nationalen Agentur lancierten? Der erste Anlauf 1990 war Seite 2

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Neueste Nachrichten Mittwoch, 29. Juli 2009 von, über und mit Hermann Scheer 2. Jahrgang—Nr. 7

Ein Leserbrief vom Deutschen Schützenbund Offenbar werden die „Neuesten Nachrichten“ auch beim Schützenbund gelesen. Jedenfalls ging eine Be-schwerde von dort ein. Seite 4

Fernsehdiskussion zur Atomkraft Auf 3sat wurde die Atom-kraft diskutiert und Hermann Scheer hatte ein Wörtchen mitzureden. Seite 6

Die größten Hindernisse für IRENA waren mentale

Interview von Franz Alt mit Hermann Scheer über den langen Weg zu IRENA (Internationale Agentur für erneuerbare Energien)

Standpunkt

Krümmel Ganze zwei Jahre war der inzwischen berüchtigte Re-aktor nicht am Netz. Dann schaltete man ihn wieder auf und nach nur zwei Wochen wieder ab: ein er-neuter Störfall hatte sich er-eignet. Ich möchte nur ein-mal daran erinnern: die alte Stromindustrie be-hauptet stets, die erneuer-baren Energien seien nicht zuverlässig. Der Wind wehe nicht immer, heißt es und es wird darauf ver-wiesen, dass die Sonne nachts nicht scheine. Damit soll impliziert werden, dass nur die alten Energien wie Kohle, Gas und eben die Atomenergie Zuverlässigkeit und Ver-sorgungssicherheit garantieren können. Tatsächlich aber zeigt Krümmel, dass nichts so unsicher ist wie die Atom-energie. Sie liefert nicht sicher Strom und sie lässt sich nicht sicher betreiben. Übrigens sorgen ja nicht nur Störfälle dafür, dass Kernkraftwerke zu un-sicheren Kantonisten werden, vielfach reichen schon Wassermangel wegen sommerlicher Hitze oder aber Über-schwemmungen um dafür zu sorgen, dass die Meiler gedrosselt oder ganz ab-geschaltet werden müssen. Im Juli 2007 beispielsweise speisten zeitgleich sechs deutsche Atomkraftwerke keinen Strom ins Netz ein. Man sieht daran: der Mythos der Kernenergie ist größer als ihre tatsächliche Leistung. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die Sicherheit. So wird ja nach wie vor fleißig die Be-hauptung verbreitet, Atom-strom sei besonders günstig. Mein Wahlkreis liegt in Seite 7

Russische Bahn geht leer aus Die russische Staats-bahn bekommt keine Anteile der DB AG Seite 6

Pressestimmen zu Hermann Scheer Was die Medien über Hermann Scheer be-richten lesen Sie auf den Seiten 7 bis 11

Foto: Screenshot der Sendung

Franz Alt: Was war Ihre Motivation, die Gründung einer internationalen Agentur für erneuerbare Energien voranzutreiben? Hermann Scheer: Es war der heute kaum noch nach-vollziehbare Widerspruch zwischen dem gigantischen Potenzial der erneuerbaren Energien auf der einen und ihre komplette Unter-schätzung auf der globalen, regionalen und nationalen Ebene auf der anderen Seite. Erneuerbare Energien wurden unter-schätzt – und dies trotz ihrer grundlegenden Vor-teile: ihrer Unerschöpflich-keit und ihrer Emissions-freiheit. Diese Unter-schätzung fand in der Wissenschaft, in der Wirt-schaft und deshalb auch in der Politik statt. Dieser Widerspruch war unüber-sehbar. Angesichts der Umweltgefahren durch atomare und fossile Energieversorgung und der zunehmenden Abhängig-keit von immer mehr Ländern von begrenzten Reserven von Öl, Gas, Kohle und Uran habe ich diesen Widerspruch als lebensgefährlich erkannt – sowohl in ökologischer als auch in ökonomischer Hin-sicht. Aber warum kamen Sie zum Vorschlag einer inter-nationalen Regierungs-organisation um diesen Widerspruch zu überwinden? Weil diese Frage alle Menschen in allen Ländern betrifft, und weil sich der

gezeigte Widerspruch auch im System der inter-nationalen Institutionen widerspiegelte. Es geht um das post-fossile und post-nukleare Zeitalter. Die Antwort in den 50er Jahren für das schon damals dis-kutierte nachfossile Zeit-alter war die „friedliche Nutzung der Atom-energie“. Das war der Konsens der 50er und 60er Jahre. An erneuerbare Energie wurde nicht ge-dacht mit der Ausnahme großer Wasserkraftwerke. Die anderen erneuerbaren Energien galten als rück-ständig. Die internationale Atomenergie-Agentur wurde schnell gegründet. Doch dann zeigte sich seit den 80er Jahren mehr und mehr, dass die in die

Hermann Scheer mit Bärbel Dieckmann, der Oberbürgermeisterin von Bonn, auf der IRENA-Konferenz in Sharm El Sheikh (Ägypten). Auf dieser Konferenz wurden das Hauptquartier und die erste Generaldirektorin von IRENA bestimmt. Foto: Peter Droege

Atomenergie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllbar sind. Die damit ver-bundenen Risiken wurden unterschätzt; auch die wirtschaftlichen. Spätestens seitdem war klar, dass es um die nicht-fossile Alternative zur Atomenergie gehen muss: die erneuerbaren Energien. Doch dieser Erkenntnis standen viele mentale Hindernisse entgegen, auch im internationalen Institutionensystem. Ich bin überzeugt: Wären seit der Ölkrise der 70er Jahre die Erneuerbaren Energien national und international politisch so gefördert worden wie seit den 50er Jahren die Atomenergie, dann hätten wir viele globale Probleme von

heute nicht – weder das Klimaproblem noch das Problem der Ressourcen-verknappung und das der Energiepreissteigerungen. Deshalb lag der Gedanke für mich nahe, dass die globale Vernachlässigung der erneuerbaren Energien – die großenteils sogar voll-ständig ignoriert wurden – nur durch eine inter-nationale Agentur für diese rechtzeitig und überall überwunden werden kann. Welche Hindernisse zeigten sich, als Sie in Januar 1990 erstmals die Idee und das Konzept einer inter-nationalen Agentur lancierten? Der erste Anlauf 1990 war Seite 2

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2 Mittwoch, 29. Juli 2009 2. Jahrgang—Nr. 7

Neueste Nachrichten von, über und mit Hermann Scheer

Ausgewählte Termine von Hermann Scheer „Die größten Hinder- nisse …..“ Forts. von Seite 1 zunächst vielver-sprechend. Meine erste Idee war, die Agentur im Rahmen des UN-Systems zu installieren, als eine neue UN-Organisation. Sie wurde im UN-Haupt-quartier schnell auf-gegriffen. Der damalige Energiebeauftragte des UN-Generalsekretärs Pérez de Cuéllar war Ahmedou Ould Abdallah, der mich auch einlud, das Konzept im UN-Hauptquartier vor-zustellen. Auch der UN-Generalsekretär ließ sich spontan davon überzeugen. So kam es zur Einsetzung der United Nations Solar Energy Group on Environ-ment and Development (UNSEGED), die unter dem Vorsitz von Thomas Johansson aus Schweden für die Rio-Konferenz Vor-schläge zur internationalen Förderung erneuerbarer Energien ausarbeitete. Der zentrale Punkt war dabei die Agentur für erneuer-bare Energien. Obwohl der UN-Generalsekretär diesen Vorschlag an das Preparatory Committee der Rio-Konferenz weiter-leitete, ist er dort begraben worden. Warum und von wem? Obwohl in Rio die Klima-rahmenkonvention ver-abschiedet wurde, wurde kein Zusammenhang zu den Energiequellen her-gestellt. Für die meisten waren erneuerbare Energien keine Option. Japan lehnte die Agentur ab, weil es der Auffassung war, dass erneuerbare Energien etwas für seine Exportindustrie sei, wes-halb eine weltweite Proliferation von Produktionskapazitäten gegen sein Interesse sei. Die UN Sonder-organisationen reagierten eifersüchtig und sagten, sie würde die vorgesehene Arbeit der IRENA machen – was sie aber nie ernsthaft in Angriff genommen haben. Und viele Länder waren gegen eine neue UN-Organisation, weil sie nicht zufrieden sind mit der Arbeit der bereits existierenden. Ich habe dem entgegnet, dass gerade dies ein Grund für eine neue sei. Und hinzu kam natürlich,

dass der Einfluss der IAEA und der IEA nicht zu über-sehen war, die keine Konkurrenz durch eine Organisation für erneuer-bare Energien haben wollten. Beide Organisationen repräsentieren die faktische und die „geistige Hegemonie“ atomarer und fossiler Energie. Sie er-klären bis heute Atom-energie und fossile Energie als unersetzbar und reden das Potenzial von Erneuer-baren klein. Mit anderen Worten: sie streiten ab, dass eine Energiever-sorgung der Menschheit allein mit erneuerbaren Energien möglich ist – und wenn sie das zugeben, dann nur für spätere Zeit-horizonte. Sie denken und handeln in einem alten Paradigma der Energiever-sorgung und verstehen das neue Paradigma der er-neuerbaren Energien nicht – oder wollen es nicht ver-stehen. Was meinen Sie damit? Es gibt kein System der Energiebereitstellung mit seinen Infrastrukturen, Kraftwerken und Raffinerien, das neutral sein könnte gegenüber allen unterschiedlichen Energiequellen. Die jeweilige Energiequelle de-terminiert die technischen, organisatorischen, die wirtschaftlichen und politischen Anforderungen, um sie verfügbar zu machen für die Energie-konsumenten. Wir haben faktisch nur die Ent-scheidung, welche Energie-quellen wir auswählen. Danach bestimmt die Quelle von ihrer Förderung bis zum Konsumenten, was getan werden muss, um sie verfügbar zu machen – entlang des gesamten Energieflusses. Das haben bis heute viele Energieexperten nicht ver-standen. Jede Energie-quelle hat ihre eigenen Ver-fügbarkeitsgesetze mit den dazu gehörigen Um-wandlungstechniken und Infrastrukturen. Es ist physikalisch-technisch un-möglich, das auf fossile und atomare Energien zu-geschnittene kommerzielle System der Energieverfüg-barkeit zu konservieren und nur die Energiequellen auszuwechseln. Der Wechsel zu erneuerbaren

Energien ist ein Wechsel von Importenergien zu ein-heimischen Energien, von kommerziellen zu nicht-kommerziellen Treib-stoffen, zur Vermeidung von Öl-, Gas-, Kohle- und Urantransporten, von Großkraftwerken zu vielen mittleren und kleinen Kraftwerken, zu neuen Umwandlungstechno-logien – und eben nicht nur eine Vermeidung von Emissionen und nuklearem Abfall. Alle Kosten für er-neuerbare Energien – außer bei Biotreibstoffen – sind Kosten für die Technik. Es ist ein Wechsel vom Ressourcengeschäft zum Technikgeschäft, von Energieabhängigkeit zu Energieautonomie. Ich nenne dies die Techno-Logik der Energiequellen. Deswegen brauchen wir einen globalen Techno-logiemarkt für lokale und regionale erneuerbare Energiequellen. Das haben viele nicht verstanden, auch manche Befürworter der erneuerbaren Energien. Daher kommen die vielen mentalen Barrieren. Ist das der Grund, warum es lange nur wenig Unter-stützung für IRENA gab? Ja, ganz offensichtlich. Viele gängige Antworten auf die Forderung zur Er-richtung von IRENA lauteten, die internationale Verbreitung von erneuer-baren Energien doch der IEA zu überlassen und darauf hinzuwirken, dass sie ihren Tätigkeitsschwer-punkt ändert. Doch das ist in der Praxis nie wirklich geschehen, weil die IEA innerhalb des kon-ventionellen Energie-Paradigma denkt und handelt. Aber auch andere Organisationen im Spektrum der Internationalen NGOs haben die IRENA lange nicht unterstützt oder sogar abgelehnt. Welche Gründe hatten diese? Viele sind einem energie-politischen Paradigma ver-haftet, ohne dass es ihnen bewusst ist. Und es gab nicht nur Regierungen, sondern auch NGOs [Nichtregierungs-organisationen, Anm. d. Red.], die es – nach dem Scheitern des ersten An-laufs vor der Rio- Seite 3

2. August Rede auf dem „crenature day 2009“ (Benefiz-veranstaltung für Klima-schutz, Artenschutz und humanitäre Hilfe), Frei-lichtbühne an der Zitadelle Spandau, Berlin 3. August Wahlkampfveranstaltung zur Energiepolitik im Wahlkreis des SPD-Abgeordneten Marko Mühlstein, Stendal (Sachsen-Anhalt) 6. August Wahlkampfveranstaltung im Wahlkreis mit Hermann Scheer im Rahmen der Reihe „Brennpunkte zur Zu-kunftsgestaltung“, anläss-lich des Hiroshima-Tages: „Für die Abrüstung von Atomwaffen und das Ab-schalten von Atomkraft-werken“ Gastredner: Dr. Peter Becker, Vorsitzender der inter-nationalen Anwalts-vereinigung gegen Atomwaffen und Dr. Cornelia Ziehm, Atom- und Umweltrechts-expertin 20.00 Uhr, Gasthof Hirsch, Remshalden-Grunbach 7. August Wahlkampfveranstaltung im Wahlkreis des SPD-Kandidaten Keno Borde, Dörpen (Niedersachsen) 10. August Sitzung des SPD-Parteivorstandes, Berlin 14. August Jurysitzung Deutscher Solarpreis, Bonn 17. August Sitzung des SPD-

Parteirates, Berlin 18. August Wahlkampfveranstaltung im Wahlkreis des SPD-Bundestagskandidaten Werner Henn, Kronau (Baden-Württemberg) 19. August Wahlkampfveranstaltung im Wahlkreis des SPD-Bundestagsabgeordneten Josip Juratovic, Heilbronn 21. August Wahlkampfveranstaltung im Wahlkreis des SPD-Bundestagsabgeordneten Markus Meckel 25. August 10.00 Uhr: Teilnahme an einer Betriebs- und Personalrätekonferenz des DGB zur Energiepolitik, Braunschweig 19.00 Uhr: Wahlkampfver-anstaltung im Wahlkreis der SPD-Bundestags-abgeordneten Bettina Hagedorn, Eutin (Schleswig-Holstein) 26. August Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion, Plenarsitzung des Deutschen Bundestages, Berlin abends: Wahlkampf-veranstaltungen in Lübeck und Flensburg 29. August Eurosolar-Vorstands-sitzung, Wietow (Mecklenburg-Vorpommern) 30. August Wahlkampfveranstaltung im Wahlkreis der SPD-Bundestagsabgeordneten und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sabine Bätzing, Unkel (Rheinland-Pfalz)

Service

Abgeordnetenhomepage www.hermannscheer.de Eurosolar www.eurosolar.de Deutscher Bundestag www.bundestag.de

World Council for Renewable Energy www.wcre.org World Future Council www. worldfuturecouncil.org

Homepages auf denen Sie mehr über Hermann Scheer und seine Arbeit erfahren können:

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3 Mittwoch, 29. Juli 2009 2. Jahrgang—Nr. 7

Neueste Nachrichten von, über und mit Hermann Scheer

„Die größten Hinder- nisse …..“ Forts. von Seite 2 Konferenz 1992 – für eine Illusion erklärten, dass es jemals genug Unter-stützung für die Errichtung von IRENA geben könnte. Deshalb argumentierten WWF und Greenpeace auf der Konferenz „Renewables 2004“ gegen IRENA – und deshalb weigerte sich der deutsche Umweltminister Trittin, für die IRENA einzutreten. Er hielt die Idee für un-realistisch, weshalb er gar nicht erst versuchte, die Initiative dafür zu ergreifen – trotz Beschluss des Parla-mentes und obwohl es bereits offizielles Regierungsvorhaben war. Sein Argument war: es würde sich keine andere Regierung finden, die mit-macht. Dem habe ich stets widersprochen: über Jahre hinweg hatte ich mit vielen Regierungen gesprochen und sie davon überzeugen können, dass IRENA nötig ist. Entscheidend war, ob endlich eine Regierung die Initiative für IRENA als internationaler Regierungs-organisation ergreift, die glaubwürdig ist. Die deutsche Regierung hatte diese Glaubwürdigkeit auf Grund ihrer seit 1998 realisierten und inter-national beachteten erfolg-reichen Gesetzgebung zur Förderung erneuerbarer Energie. War die Skepsis gegenüber IRENA nicht verständlich angesichts des misslungenen Anlaufs vor der Rio-Konferenz 1992 und des Widerstandes der UN-Organisationen oder der Weltbank? Die Erfahrung von 1992 war: IRENA kann nicht innerhalb des UN-Systems gegründet werden. Die UN ist vom Konsens-Prinzip

geleitet. Dies bedeutet in der Praxis: viele Staaten haben ein Veto-Recht. Deshalb war seit 1992 klar: Die Gründung von IRENA muss außerhalb des UN-Systems versucht werden, durch eine “coalition of the willing”. Nirgendwo steht geschrieben, dass eine internationale Regierungs-

Parteien in Deutschland – leichter und anhaltender dazu bewegen als andere. Als meine Partei – die SPD – 1998 Regierungspartei wurde, bereitete ich den nächsten Anlauf vor. Mehrere Beschlüsse für die IRENA-Initiative habe ich herbeigeführt – und parallel dazu die internationale Ge-

dieser der Anstoß für IRENA kommen sollte. Aber dazu ist es nicht ge-kommen. Die „Renewables 2004“ behandelte das IRENA-Thema nicht. Es gab darüber keinen Konsens in der Regierung selbst. Die Vorbereitung

regierung die Initiative bei der „Renewables 2004“ er-griffen hätte? Ja, IRENA hätte bereits 2004 gegründet werden können. Wie groß das Be-dürfnis danach ist, zeigt die breite Resonanz dafür, seit die IRENA-Initiative 2007 auf den Weg gebracht wurde. Aber vorher mussten die bereits 2002 und 2003 gefassten Be-schlüsse für eine deutsche Initiative 2005 und 2006 er-neut beschlossen werden. Eine große Hilfe für den Erfolg der Initiative war, dass seit 2008 die dänische und die spanische Regierung zu den Mit-initiatoren gehörten. Damit waren es drei Länder, die durch ihre eigene Politik glaubwürdige Protagonisten erneuerbarer Energien sind. Was sollte die wichtigste Philosophie für die Arbeit von IRENA sein? Erstens: Die Unter-schätzung erneuerbarer Energien überwinden. Zweitens: Zeigen, dass überall alle Energiebedürf-nisse durch erneuerbare Energien befriedigt werden können und dass dies keine ökonomische Last ist, sondern die große neue wirtschaftliche Chance. Drittens: deutlich zu machen und dafür die Hilfestellung zu geben, dass Erneuerbare eine neue technologische Revolution bedeuten, für deren Realisierung man nicht auf internationale Verträge warten muss. Dr. Franz Alt ist Journalist und Buchautor. Er wurde bundesweit bekannt als Leiter des Polit-Magazins „Report“ in der ARD.

Hermann Scheer in Sharm El Sheikh mit Preben Maegaard, Vorstandsmitglied des Weltrates für erneuerbare Energien (WCRE) Foto: Peter Droege

organisation nur im UN-System etabliert werden darf. Die meisten inter-nationalen Regierungs-organisationen arbeiten außerhalb des UN-Systems aber kooperieren mit ihm. Seit 1992 habe ich stark dafür argumentiert, in diese Richtung zu gehen. Deshalb konzentrierte ich mich seitdem darauf, eine Regierung dafür zu motivieren, die Initiative zu ergreifen. Dass ich dabei vor allem an die deutsche Regierung dachte, ist nahe liegend. Diese konnte ich als Mitglied des Deutschen Bundestages und als Vor-standsmitglied der SPD, eine der beiden großen

meinschaft der erneuer-baren Energien Protagonisten dafür mobilisiert. Die wichtigste Veranstaltung war hierbei die Internationale Impuls-konferenz 2001 in Berlin, die von EUROSOLAR organisiert wurde und 500 Teilnehmer aus allen Welt-gegenden hatte. Diese gab den Anstoß dafür, dass der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Rede auf der UN-Konferenz über nach-haltige Entwicklung in Johannesburg in 2002 zur internationalen Regierungskonferenz für erneuerbare Energie – der „Renewables 2004“ einlud. Der Plan war, dass auf

des „Renewables 2004“ lag vor allem in der Hand des Umweltministeriums und der seinerseits verantwort-liche Umweltminister war dagegen. Deshalb findet sich kein Votum für IRENA in den Beschlüssen der „Renewables 2004“ zu der die deutsche Regierung eingeladen hatte. Das stärkste Votum dafür kam von dem parallel statt-findenden internationalen Parlamentarierforum für erneuerbare Energien zu dem der Deutsche Bundes-tag eingeladen hatte und dem ich vorsaß. Heißt dies, dass IRENA schon 2004 hätte kommen können, wenn die Bundes-

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4 Mittwoch, 29. Juli 2009 2. Jahrgang—Nr. 7

Neueste Nachrichten von, über und mit Hermann Scheer

Umfragen (Forsa und Emnid) hat sich im März diesen Jahres jeweils eine überdeutliche Mehrheit dafür ausgesprochen, das Aufbewahren von Waffen in privaten Haushalten generell zu verbieten. Durchgesetzt hat sich dies nicht. Stattdessen wurde wieder einmal die Position des DSB und anderer Organisationen in Gesetzesform gegossen. Es kann und darf kein Dauer-zustand in einer Demo-kratie sein, dass einzelne Verbände wie der Ihre so sehr die große Mehrheit dominieren. Ich arbeite deshalb dafür, der Mehr-heit eine Stimme zu ver-schaffen. Natürlich ist der Deutsche Schützenbund, auch wenn Sie das Wort nicht gerne hören, eine Lobbygruppe. Ich zitiere eine Erklärung von Ihnen vom 3. April 2009: „Ich bin ein Ver-

fechter der engen und ver-traulichen Kooperation mit den verantwortlichen politischen Instanzen und kein Freund großer öffentlicher Worte …. Für meinen Teil ziehe ich die leiseren Töne, die nicht gleich in den Schlagzeilen stehen, im Hinblick auf gute Ergebnisse für unsere Schützinnen und Schützen vor.“ Dass Sie nicht nur an den öffentlichen An-hörungen des Bundestages teilgenommen haben, sondern im Vorfeld der aktuellen Waffenrechts-novelle persönliche Ge-spräche mit Innen-politikern, fernab der Öffentlichkeit, geführt haben, das werden Sie ja wohl nicht bestreiten. Diese Art der stillen Ein-flussnahme ist geradezu ein Paradebeispiel für Lobbyis-mus. Ich zitiere dazu auch den Innenminister des Landes Seite 5

Josef Ambacher, den Präsidenten des Deutschen Schützenbundes, der offen-sichtlich zu den aufmerk-samen Lesern der Neuesten Nachrichten ge-hört, zu einer Beschwerde veranlasst. Sein Schreiben ist oben abgebildet, die postwendende Antwort von Hermann Scheer drucken wir nachfolgend ab: Sehr geehrter Herr Ambacher, Sie sprechen in Ihrem Brief an mich davon, dass Sie „irritiert“ seien. Tatsäch-lich habe ich mehr Grund dazu, denn es zeugt von wenig gutem Stil, wenn man einen Brief zuerst in den Medien veröffentlicht, bevor ihn der Adressat selbst erhält. Zu den an-

gesprochenen Punkten antworte ich wie folgt: 1. Ich kenne die Mitgliedszahlen des Deutschen Schützenbundes und auch seine Geschichte. 1,5 Millionen Sport-schützen sind tatsächlich eine beachtliche Anzahl und trotzdem sind sie in einem Volk von 82 Millionen eine Minderheit. Unter anderem Ihr Ver-band hat in den ver-gangenen Jahren auf ein zentrales Rechtsgebiet der inneren Sicherheit, nämlich das Waffenrecht, einen un-verhältnismäßig hohen Einfluss ausüben und es weitgehend nach seinen Vorstellungen, gegen die Wünsche und Bedürfnisse der überwiegenden Mehr-heit der Bevölkerung formen können. In zwei

Auch der Präsident des Deutschen Schützenbundes ist Leser der „Neuesten Nachrichten“

Josef Ambacher beschwert sich über Juni-Ausgabe - Hermann Scheer antwortet postwendend

Berlin. In der Juni-Ausgabe der Neuesten Nachrichten hatte Hermann Scheer im Leit-artikel seinem Ärger freien Lauf gelassen über die unterlassene Verschärfung des Waffenrechts als Folge des Amoklaufs von Winnenden. Unter der Überschrift „Waffenrechts-reform verdient den Namen nicht“ kritisierte er, dass weder ein Verbot von Großkaliberwaffen noch ein Verbot der Lagerung von Feuerwaffen in Privat-haushalten kommen wird. Zur Illustration des Artikels wurde das Bild eines Mannes gezeigt, in dessen Hosenbund eine Faustfeuerwaffe steckt. Die Bildunterschrift lautete: „Wer sonst nichts in der Hose hat …. Waffen-besitzer dürfen auch zu-künftig den Gegenstand ihrer Begierde zu Hause aufbewahren.“ Speziell diese Abbildung hat nun

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5 Mittwoch, 29. Juli 2009 2. Jahrgang—Nr. 7

Neueste Nachrichten von, über und mit Hermann Scheer

„Auch der …“ Forts. von Seite 4 Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann, der in der Anhörung des Innen-ausschusses des Bundes-tages am 15. Juni Folgendes gesagt hat: "Es hat zur Novellierung des Waffenrechts eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ge-geben….Diese Arbeits-gruppe Waffenrecht hat einen sehr weitreichenden Vorschlag erarbeitet …. Leider hat in der Folge, ich will das hier so ausdrück-lich betonen, ein Lehrstück von Lobbyarbeit statt-gefunden und ganz offen-sichtlich verhindert, dass dieser Vorschlag dieser Arbeitsgruppe Waffenrecht auch seinen Weg ins Gesetzblatt finden wird.“ So viel zum Thema Lobbyismus. Dass die Kritik in meinem Newsletter durchaus zu-treffend ist, zeigt auch das Zitat aus einem Internet-Blog, das eine Abgeordnete bei der oben erwähnten Anhörung des Innenaus-schusses vorgetragen hat. Dort war zu lesen: „Habe gestern in wenigen Minuten 150 Schuss aus meiner Waffe rausgerotzt – ehrlich geiles Gefühl.“ Auf Machtfantasien, die von Waffennutzern gelebt werden, hat die Krimino-login Prof. Dr. Britta Bannenberg in der An-hörung in Bezug auf Amokläufer gesagt: „Dabei spielen großkalibrige Waffen einfach schon vom Image her, Macht zu haben … eine ganz massive Rolle.“ Sie hat außerdem gesagt: „Diese Persönlich-keit [der Amokläufer] sucht die Waffe als Instrument die Männlichkeit, die Rache, die Kraft, die Ge-walt und die Macht zu ent-wickeln.“ Zur Erinnerung: der Attentäter von Winnenden hat, und zwar mit der späteren Tatwaffe, in einem Schützenverein trainiert. Vielleicht fand er es auch ein „geiles Gefühl“ eine große Zahl von Schüssen „rauszurotzen“. Ich meine, wir sollten in der Diskussion ehrlich bleiben und dazu gehört, dass Macht- und Männlich-keitsfantasien im Zu-sammenhang mit Waffen-besitz sehr wohl bei manchen eine Rolle spielen – auf nichts anderes habe ich mit der von Ihnen kritisierten Abbildung in meinem Newsletter hin-gewiesen.

2. Das deutsche Waffen-gesetz ist ein Hobbygesetz, das um die Freizeitbedürf-nisse der Traditions- und Sportschützen herum konstruiert wurde. Von dieser Aussage gibt es nichts zurückzunehmen, denn sie ist wahr. Ein Bei-spiel: nach dem Amoklauf von Erfurt wollte sogar der damalig bayerische Innen-minister Beckstein die Altersgrenze für den Er-

werb großkalibriger Schusswaffen auf 25 Jahre anheben. Der Vorschlag scheiterte an der Waffen-lobby. Im Übrigen kann ich die wie ein Mantra wieder-holte Behauptung von einem der angeblich schärfsten Waffengesetze nicht mehr hören. In Groß-britannien (Schottland, England und Wales) sind seit 1998 Handfeuerwaffen in Privatbesitz verboten. Seitdem hat dort kein Amoklauf mehr statt-gefunden. Deshalb ist ihre Aussage auch grundfalsch, wonach sich sogenannte „School shootings … relativ unabhängig von der Strenge nationaler Waffen-gesetze ereignen.“ Ich ver-weise auch auf die Republik Irland, deren

Justizminister Dermot Ahern im November 2008 ein Gesetz angekündigt hat, das ein generelles Verbot von privaten Hand-feuerwaffen vorsieht, mit einigen wenigen Aus-nahmen im Hinblick auf die olympischen Disziplinen. Der Gesetz-entwurf wurde im Mai diesen Jahres in das irische Parlament eingebracht und befindet sich gegenwärtig

im parlamentarischen Ver-fahren. Der Minister hat sich übrigens vorbehalten in einem jährlichen Bericht die Waffensituation zu überprüfen und gegebenen-falls ein Verbot aller Feuer-waffen anzustreben, eine entsprechende Möglichkeit enthält der Gesetzentwurf bereits. Bei der Vorstellung des Gesetzes hat Dermot Ahern folgenden denk-würdigen Satz gesagt: „Die Zeit zu handeln ist jetzt und nicht erst wenn eine grausame Schießerei ihre blutigen Spuren hinter-lassen hat.“ Noch strenger als in Großbritannien und zukünftig in Irland geht es in Japan zu, denn hier ist Privatpersonen der Besitz einer Schusswaffe grund-sätzlich verboten (aus-genommen sind Jagd-waffen). Sie sehen, im Ver-

gleich mit anderen ist Deutschland bei der Strenge des Waffenrechts überhaupt nicht Welt-spitze. Jürgen Brennecke, der bis 2003 immerhin Referatsleiter für Waffen- und Sprengstoffrecht im Bundesinnenministerium war, hat das in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung auf den Punkt ge-bracht: „Seit Jahren heißt es, unser Waffengesetz sei

eines der schärfsten der Welt, aber das ist falsch.“ Im Übrigen kommt es auch immer darauf an, wie die Rechts-wirklichkeit aussieht. So wurde in Berlin im Jahr 2008 nicht ein einziger der 19.000 Waffenbesitzer im Hinblick auf die Auf-bewahrung seiner Waffen überprüft. Das heißt, von einem angeb-lich so strengen Waffengesetz muss man in der realen An-wendung auch noch einen Wirkungsver-lust abziehen und spätestens danach bleibt von der be-haupteten Strenge nicht

mehr so viel übrig. 3. Ich kann Paintball, ebenso wie Sie, nichts ab-gewinnen. Ich kann auch die Einwände derer nach-vollziehen, die dieses Spiel menschenverachtend finden. Aber ich habe darauf hingewiesen, dass des sich hier um eine politische Ablenkungs-debatte handelt, die von manchen in der Politik und auch von Ihnen, Herr Ambacher, betrieben wird. Mit Farbkugeln kann man keine Menschen töten, aber über das Verbot von Paintballwaffen diskutieren wir, während das Verbot von Großkaliberwaffen, mit denen man, wie Winnenden gezeigt hat, Menschen in Serie töten kann, kampagnenmäßig von Ihrem Verband ab-

gelehnt wird. Hier muss man die Diskussion end-lich einmal wieder vom Kopf auf die Füße stellen. 4. Wenn eine zentrale Auf-bewahrung und An-sammlung von Waffen ge-fährlich und sicherheits-technisch nicht zu be-wältigen ist, dann warte ich mit Spannung auf die Forderung des Präsidenten des Deutschen Schützen-bundes nach dem Verbot von Waffengeschäften. Auch hier sind schließlich große Ansammlungen von Waffen vorhanden, die ge-sichert und beaufsichtigt werden müssen. Wenn das tatsächlich nicht machbar wäre, dann dürften Waffengeschäfte nicht mehr erlaubt sein. Nicht zuletzt hat auch Prof. Bannenberg in ihrer schriftlichen Stellung-nahme zur Anhörung des Innenausschusses die zentrale Lagerung von Waffen gefordert, weil sie das als Kriminologin für unbedingt erforderlich hält. Ich empfehle, wenn es um die Aufbewahrung in Schützenhäusern geht, dass hierbei die kriminalpolizei-lichen Beratungsstellen ge-mäß ihrem Sinn und Zweck beratend tätig werden. Diese waren für diese Aufgabe schon ein-mal vorgesehen (§§ 13, 14 AWaffV). Das jedoch wurde 2008 bei der Waffenrechtsreform wieder gestrichen, weil sie ihre Aufgabe zu ambitioniert verfolgt haben. Alles in allem, sehr ge-ehrter Herr Ambacher, bleibt von Ihren Argu-menten nicht viel übrig und Ihre Empörung hat keine reale Grundlage. Im Übrigen sollten Sie darauf achten, dass sich diese Empörung nicht abnutzt. Jeder der nicht explizit Ihrer Meinung ist, be-kommt von Ihnen Briefe in denen ihm Polemisierung, Unsachlichkeit und Heuchelei unterstellt werden. Ich befinde mich da in guter Gesellschaft, zum Beispiel mit der bundesweit hoch an-gesehenen Süddeutschen Zeitung, der sie selbiges auch vorgeworfen haben. Mit freundlichen Grüßen Dr. Hermann Scheer

Der Stein des Anstoßes: Abbildung in der Juni-Ausgabe der „Neuesten Nachrichten“

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Neueste Nachrichten von, über und mit Hermann Scheer

3-Länder-Sender diskutiert die Atomenergie anlässlich des Störfalls in Krümmel

Mainz. Unter dem Titel „Atomkraft – Fluch oder Segen?“ hatte 3sat am 16. Juli anlässlich des Störfalls in Krümmel eine Sonder-sendung ins Programm ge-hoben. Moderator Ingolf Baur stellte gleich zu An-fang fest, dass die Atom-energie gerade dabei sei „ihr letztes Guthaben“ zu verspielen. Dr. Karl Theis, vom Verband der Groß-kraftwerksbetreiber wider-sprach und redete statt-dessen einem Mix in der Stromerzeugung das Wort zu dem natürlich die Atomkraft, aber auch „saubere“ Kohle- und Gas-kraftwerke mit CO2-Abtrennung gehören sollten. Damit hatte er sofort einen anderen Dis-kussionsteilnehmer provoziert, nämlich Hermann Scheer. Der ver-wies darauf, dass die Stromwirtschaft alle Vor-teile des Atomausstiegs ge-nutzt habe, darunter den Verzicht auf eine Atom-brennstoffsteuer, das Haft-pflichtversicherungsprivileg

sind.“ Blieb noch die Frage der „Stromlücke“. Können wir auf die Kernkraft ver-zichten ohne befürchten zu müssen, dass eine Lücke zwischen Stromangebot und Stromnachfrage ent-steht? Natürlich können wir, so Hermann Scheers Antwort, denn die Atom-energie ist durch erneuer-bare Energien ersetzbar. „Alleine in den letzten 2 Jahren“, so Scheer, „wurde der Anteil der erneuerbaren Energien an der Strom-erzeugung um fünf Prozent gesteigert.“ Die Dynamik die sich hier entfalte sei entscheidend bei der Frage wie schnell andere Energie-träger durch erneuerbare Energien ersetzt werden könnten. Die erneuerbaren Energien, so seine Bot-schaft, wiesen genügend Dynamik auf um den An-teil des Atomstroms recht-zeitig zur Abschaltung des letzten Kraftwerkes voll-ständig ersetzen zu können.

Bilder aus der Sendung. Rechts neben Hermann Scheer Moderator Ingolf Baur Fotos: Screenshots der Sendung

Gerüchte zu möglicher Überkreuzbeteiligung mit der russischen Staatsbahn

Berlin. In der zweiten Juli-woche hatten Medien über eine geplante Überkreuzbe-teiligung der DB AG oder ihrer Tochter Mobility Logistics AG mit der russischen Staatsbahn RZD berichtet. Auch auf den Fluren des Bundestages machte das Gerücht die Runde. Die Nachricht, so hieß es, sei ernst zu nehmen, das Geschäft stünde unmittelbar bevor und solle noch in dieser Legislaturperiode ab-gewickelt werden. Wäre dem so gewesen, dann hätte dies kontra-produktiv zur Wahlaussage der SPD gewirkt, die sich in ihrem Regierungs-programm wie folgt fest-gelegt hatte: „Wir werden

die ausreichende finanzielle Aus-stattung der Bahn in der kommenden Legislaturperiode gewährleisten. Deshalb findet eine Kapital-privatisierung nicht statt, auch nicht teil-weise.“ Hermann Scheer war deshalb daran gelegen, den Sachverhalt im Rahmen einer so-genannten „Schriftlichen Frage“ an die Bundesregierung aufzuklären. Diese nutzte die Gelegen-heit um den Aktien-tausch zu demen-tieren: „Nach An-gaben der

Deutschen Bahn AG (DB AG) ist eine Überkreuzbe-teiligung der DB AG bzw. der DB Mobility Logistics AG mit der russischen Staatsbahn RZD nicht ge-plant. Anders lautende Medienberichte sind un-zutreffend.“ Auch von der DB AG selbst kam ein Dementi. Hermann Scheer: „Ich be-grüße die schnelle Klar-stellung und die damit ver-bundene Absage an eine, wie auch immer geartete, Privatisierung der Bahn. Die Bahn braucht jetzt einen Neuanfang nach Mehdorn und ein trag-fähiges Konzept für die Zu-kunft. Die ständigen Privatisierungsdebatten sind dabei nur schädlich.“

und die im Vergleich zu anderen Branchen enorm hohen steuerfreien Rück-stellungen. Wenn es jetzt aber darum gehe, die Gegenleistung für diese Vorteile zu erbringen, näm-lich die Abschaltung, dann sträube man sich. Scheers Fazit: „Die Stromwirt-schaft ist nicht mehr

dazu Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimaforschung klar: „Deutschland kann seine Klimaschutzziele auch ohne eine Verlängerung der Laufzeiten erreichen wenn wir beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger und bei der Erhöhung der Energieeffizienz erfolgreich

vertragsfähig.“ Wie nicht anders zu er-warten war, kam in der Sendung auch das Argu-ment, man brauche die klimafreundliche Atom-kraft um die Klimaschutz-ziele erreichen zu können, die man sich gesteckt habe. In einem Einspieler stellte

Auf 3sat spricht man über Atomenergie und Hermann Scheer hat ein Wörtchen mitzureden

Bahnprivatisierung (mal wieder) gescheitert

Hätte gerne ein Stück von der DB AG, kriegt es aber nicht: RZD-Chef Wladimir Jakunin Foto: RZD

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Impressum Dr. Hermann Scheer MdB Platz der Republik 1 11011 Berlin Tel.: 030/227-73834 Fax: 030/227-76528 Mail: hermann.scheer@ bundestag.de Homepage: www.hermannscheer.de

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7 Mittwoch, 29. Juli 2009 2. Jahrgang—Nr. 7

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Veranstaltung anlässlich des Hiroshima-Tages

Hermann Scheer lädt renommierte Experten in den Wahlkreis

Remshalden. Am 6. August jährt sich zum 64. mal der Tag des ersten Ab-wurfs einer Atombombe auf Hiroshima. Seitdem lebt die Menschheit in der Gefahr alles vernichtender Atomkriege. Diese Gefahr ist größer geworden, weil die Anzahl der Staaten größer geworden ist, die Atomwaffen haben oder anstreben – so wie jetzt der Iran. Aber auch die Idee der „friedlichen Nutzung der Atomenergie“ zur Strom-produktion ist voller wachsender Gefahren. Atomare Großunfälle (wie 1986 in Tschernobyl) können ganze Regionen

auf Dauer unbewohnbar machen. Terroranschläge auf Atomkraftwerke – etwa über gezielte Flugzeug-anflüge – haben die Ver-nichtungswirkung von Atombomben. Was passiert beispielsweise mit der Region Stuttgart, wenn ein Terroranflug auf das Atomkraftwerk Neckar-westheim erfolgen würde? Die Abrüstung aller Atom-waffen und die Ab-schaltung aller Atomkraft-werke gehören zu den vor-dringlichsten politischen Aufgaben im Interesse aller. Hermann Scheer hat deshalb im Rahmen seiner Reihe zur Bundestagswahl „Brennpunkte zur Zu-

kunftsgestaltung“ zwei renommierte Experten ein-geladen, mit denen er politische Wege dahin auf-zeigen will. Es sind dies: Dr. Peter Becker, Marburg, Vorsitzender der Inter-nationalen Anwaltsver-einigung gegen Atom-waffen Dr. Cornelia Ziehm, Berlin, Atomrechtsexpertin bei der Deutschen Umwelthilfe. Die Veranstaltung findet statt am Donnerstag, den 6. August 2009, um 20 Uhr im Gasthof Hirsch in Remshalden-Grunbach.

Folgen ist und für deren hochgefährlichen radio-aktiven Abfall bis heute keine dauerhaft zuver-lässige Lösung gefunden wurde und vielleicht nie gefunden wird. Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass die Atom-energie zum Wahlkampf-thema geworden ist. Was auch sonst sollte man im Wahlkampf diskutieren, wenn nicht eine solch existenzielle Sicherheits- und Schicksalsfrage für unser Land? Am 27. September kann dann jeder entscheiden, was er will. In dieser Frage nämlich sind die unterschiedlichen Positionen der Parteien glasklar. Keiner kann be-haupten (auch so ein Mythos übrigens), die Parteien seien nicht mehr unterscheidbar und scheuten sich davor sich festzulegen. Hermann Scheer

„Krümmel“ Forts. von Seite 1 Baden-Württemberg, dem Land mit dem höchsten Atom-stromanteil in Deutsch-land. Träfe die Behauptung zu, müsste ich jedes Mal in Jubel ausbrechen, wenn ich die Stromrechnung für mein Wahlkreisbüro er-halte. Dazu habe ich aber keinen Grund, denn die Preise sind eben nicht günstiger als anderswo in der Republik. Außerdem finanziere ich nicht nur als Stromkunde, sondern auch als Steuerzahler die Atom-industrie, indem ich für die vielfältigen Subventionen geradestehe, die sie in der Vergangenheit empfangen hat und zum Teil noch bis heute empfängt. Das schmerzt mich deshalb be-sonders, weil es raus-geworfenes Geld ist ange-sichts der Tatsache, dass damit eine Technologie finanziert wird, die zu allem Überfluss auch noch anfällig für Terrorangriffe mit schwerwiegendsten

Eine Analyse von Hans Peter Schütz Lange schwärmte Angela Merkel von einer klimaver-träglichen Energiever-sorgung aus Kohlekraft-werken. Doch jetzt ist sie mit dem Versuch ge-scheitert, die Kohle-Verstromung auf eine gesetzliche Basis zu stellen. Gestoppt wurde das so-genannte CO2-Speicher-Gesetz von CDU und CSU. Ein Machtwort traute sich die Kanzlerin nicht zu. Die Geschäfts-führerin des Bundes-verbands der Energiewirt-schaft (BDEW), Hildegard Müller, schäumte vor Zorn, als sie hörte, dass im CDU-Präsidium jetzt ein knallhartes Nein zur Ver-abschiedung des CO2-Gesetzes vor der Bundes-tagswahl beschlossen worden war. "Es wäre für unseren Wirtschaftsstand-ort eine Katastrophe", klagte sie. Das war für sie auch eine sehr persönliche Nieder-lage. Denn die großen Stromhersteller waren es

gewesen, die die frühere Staatsministerin im Kanzleramt und Merkel-Vertraute mit einer Ver-dreifachung ihres bis-herigen Salärs in ihre Dienste geholt hatten. Konnte man eine bessere Lobbyistin bei der Kanzlerin bekommen? Für Müller ergibt sich aus dem Nein der CDU/CSU eine sehr ungewohnte Situation. Die CDU-Politikerin hat bei ihrem Kampf jetzt nur noch die SPD hinter sich - und die auch nur halbherzig. SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel ruft empört nach einem Machtwort der Kanzlerin. "Ich erwarte eine klare Entscheidung von CDU und CSU für dieses Gesetz." Merkel selbst habe es schließlich hoch gerühmt und im Kabinett dafür gestimmt. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef Ulrich Kelber schimpft. "Wir sind entsetzt", rügt er die Kanzlerin und erklärt: "Das ist unredlich." Auch die Unterstützung in

der SPD bröckelt Die Sündenbocksuche der SPD ist allerdings ziemlich unredlich. Denn auch in ihren eigenen Reihen gibt es massiven Widerstand gegen das Gesetz zur Speicherung von Kohlendi-oxid. Ihr "Sonnen-Papst" genannter Energiepolitiker Hermann Scheer jubelt gegenüber stern.de über die CDU/CSU-Fraktion: "Sie hat der Regierung in letzter Minute eine überfällige Denkpause verordnet. Wir müssen über das Projekt neu nachdenken, denn es gibt sinnvollere, risiko-freiere, kostengünstigere und schneller erreichbare Alternativen." Scheer ist kein Einzel-kämpfer in der SPD. Auf dem jüngsten SPD-Parteitag widersprach er Gabriel. Wer für die Verpressung von CO2 in den Boden eintrete, trage Konflikte in jeden Ortsver-ein, warnte er. Und er setzte in einem Antrag durch, dass die SPD sich jetzt in ihrem Wahl-programm dazu bekennt,

der Wiederverwertung von CO2 sei Vorrang vor der Endlagerung einzuräumen. Nur Gabriel will davon nichts wissen. Zuvor hatte Scheer in einem Brief an alle SPD-Abgeordneten vor einem Ja zum CO2-Gesetz gewarnt. Was ihn ärgerte: Dass die SPD-Führung unterm Druck der Energiewirt-schaft alle Warnungen der Experten vor der End-lagerung überhörte. Der Sachverständigenrat der Regierung hatte erhebliche Einwände. Das Umwelt-bundesamt warnte. An-hörungen des Umweltaus-schusses des Bundestags und der Arbeitsgruppe Umwelt brachten erheb-liche Bedenken vor der Endlagerung. Scheer: "Wir handeln uns ein neues Jahrhundertproblem ein." Denn es gebe keine Garantie, dass das ge-lagerte CO2 nie wieder ent-weiche. Ein zweites Wackersdorf? Merkel versuchte, ihre Niederlage mit Spott abzu-wenden. Bei CO2 gehe es doch nur um einen Stoff, der ja sogar in Sprudel-flaschen vorhanden ist." Doch damit konnte sie weder ihren Fraktionschef Volker Kauder überzeugen.

Schon gar nicht die CSU, deren Landesgruppenchef Peter Ramsauer das Nein seiner Partei dramatisch klar verkündete: "Wir reißen doch nicht mit dem CCS-Hintern das ein, was man den Bauern zuletzt angetan hat." Jeder Land-besitzer müsse es bei diesem Gesetz doch dulden, wenn unter seinem Boden ein CO2-Depot an-gelegt werden soll oder die notwendige Pipeline, die dahin führt. Zudem hatte Scheer listigerweise mit seinem Brief auch eine Landkarte verschickt, auf der die 530 Kilometer lange CO2-Leitung aus dem Ruhr-gebiet nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein markiert war. Dorthin will der Kohlekraftwerk-Betreiber RWE sein CO2 verschicken. Denn im Norden gelten die Erd-schichten als besonders ge-eignet für die Lagerung. Damit waren auch die CDU-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen und Christian Wulff be-dient. Sie verlangten den Stopp des Gesetzes. Die Naturwissenschaftlerin Merkel hält alle Bedenken gegen die CO2-Speicherung für unsinnig. Sie vertraut voll Seite 8

Pressestimmen

stern.de vom 25.06.2009

Merkel traut sich den CO2-Kraftakt nicht mehr zu

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Pressestimmen

spiegel online vom 13.07.2009

Expterten zweifeln an Wüstenstrom-Wunder

Von Yasmin El-Sharif Es zählt zu den größten Energieprojekten über-haupt. Dank der Desertec-Initiative soll Europa in Zukunft Öko-Strom aus der Sahara beziehen. Doch Politiker und Experten sind skeptisch: Das Vorhaben sei zu teuer, die Technik zu kompliziert und die Um-setzung dauere zu lang. Hamburg - Seit Wochen beflügelt ein Name Industrie und Politik: Desertec. Dahinter verbirgt sich nicht weniger als die Idee einer Energie-Revolution. Solarstrom aus der afrikanischen Wüste soll Europa von fossilen Energieträgern un-abhängiger machen. Noch ist es eine Vision - aber in wenigen Jahrzehnten soll sie Realität werden. Ein entscheidender Schritt in diese Richtung ist am Montag unternommen worden: Ein Konsortium aus zwölf Unternehmen schloss sich in München zu der sogenannten Desertec-Initiative zusammen. Noch im Herbst wollen die be-teiligten Firmen eine Ge-sellschaft gründen, die das Projekt vorantreiben soll. In drei Jahren dann soll es Baupläne für die ersten Solarkraftwerke geben. So viel zum Plan. Doch Politiker und Wissen-schaftler zweifeln an der Umsetzbarkeit des Giga-Projekts. "Desertec ist eine Fata Morgana, die nicht ausreichend politisch und wirtschaftlich betrachtet worden ist", sagt SPD-Energieexperte Hermann Scheer zu SPIEGEL ON-LINE. Weder sei das Projekt richtig berechnet,

noch seien ernsthaft Alter-nativen in Betracht ge-zogen worden. "Schon bald wird man feststellen, dass Desertec keine Investition in die Zukunft ist." Tatsächlich ließen die Desertec-Initiatoren rund um die Konzerne Siemens, E.on, RWE, Münchener Rück und Deutsche Bank am Montag viele Fragen offen. Weder gab es eine Antwort darauf, wie teuer das Wüstenstrom-Projekt konkret werden soll, noch wer dafür aufkommen wird. Im Gespräch sind Kosten von rund 400 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050. Nach wie vor unklar ist zu-dem, wie die Koordination unter den zwölf Konzernen ablaufen wird und wer welchen Teil verantwortet. Auch in welchen Ländern die Kraftwerke gebaut werden sollen, wurde nicht bekanntgegeben, ge-schweige denn ein Termin für den Baubeginn der ge-planten Solarenergie-Anlagen genannt. "Wenn es klappt, wird mit dem Bau der ersten Kraftwerke 2015 begonnen", sagte Münchener-Rück-Vorstand Torsten Jeworrek lediglich vage. SPD-Mann Scheer über-rascht das nicht: "Der Gesamtaufwand des Projekts ist kaum kalkulier-bar. Die Unwägbarkeiten sind zu groß." So gebe es in der Wüste beispielsweise regelmäßig Sandstürme, die die Anlagen zerstören könnten. Auch würden die Kosten für Materialien bei der Anschaffung, aber auch durch die stetige Ab-nutzung in der Wüste in die Höhe schnellen.

Und nicht zuletzt brauche man für die Solarthermie-Technik Wasser. "Wo soll man das denn regelmäßig günstig herschaffen?", fragt Scheer. Die Kosten des Projekts seien letztendlich kaum aufzubringen, weil sie rasant in die Höhe schnellen könnten. Dabei hatte das Projekt Desertec noch vor einigen Wochen einen ver-heißungsvollen Start hin-gelegt: Mitte Juni kündigte die Münchener Rück an, die Initiative an diesem Montag auf den Weg zu bringen. Grundlage dafür: Durch den Bau riesiger Sonnenkraftwerke in der nordafrikanischen Wüste soll nahezu unbegrenzt Energie erzeugt werden, CO2-neutral und zu stabilen Preisen. Der Strom soll zunächst den afrikanischen Staaten zugutekommen. Bis 2050 sollen aber auch 15 Prozent des europäischen Bedarfs aus der Wüste stammen. Die Idee ist indes nicht ganz neu: Die Gelehrten-vereinigung des Club of Rome hatte den Vorschlag schon in den siebziger Jahren entwickelt. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) überprüfte die Technologie rund dreißig Jahre später auf ihre Mach-barkeit - mit positivem Er-gebnis. Das Konsortium rund um Desertec hatte die alten Pläne wieder ausgegraben - auch angesichts der End-lichkeit fossiler Energien wie Kohle, Öl oder Gas. Kein Wunder, dass der Vorstoß der Konzerne zu-nächst auf positive Resonanz stieß. Selbst

Nicht-Regierungs-organisation wie Green-peace - sonst bekannt als Gegner von industriellen Großprojekten - begrüßten die Initiative. Und auch die Bundesregierung signalisierte ihre Unter-stützung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sogar Hilfen in Aus-sicht. Doch am Montag ruderte auch die Regierung zurück. Deutschland und die Europäische Union könnten nur Hilfestellung bei den Rahmen-bedingungen und der An-schubfinanzierung geben, sagte Staatsminister Günter Gloser (SPD). "Der Staat oder die EU können nicht all diese Finanzen auf-bringen." Der wesentliche Anteil müsse von privaten Unternehmen organisiert werden. Hans-Josef Fell, energie-politischer Sprecher der Grünen, fürchtet nun, dass sich Desertec deutlich ver-zögern wird. "Was wir brauchen, ist eine klare politische Initiative, die das Projekt vorantreibt", sagt Fell zu SPIEGEL ON-LINE. "So wie der französische Präsident Nicolas Sarkozy Lobby-arbeit für französische Kernkraftwerke macht, muss Merkel deutsche Solarthermie-Technik be-werben." Der Grünen-Politiker fürchtet jedoch, dass aus-gerechnet in den Reihen des Desertec-Konsortiums Bremser stecken. "Vielleicht beteiligen sich E.on oder RWE nur des-halb, um die Geschwindig-keit des Prozesses zu beein-flussen", sagt Fell. Denn

käme das grüne Projekt langsam voran, hätten die Atomkonzerne in Deutsch-land bessere Argumente für eine längere Laufzeit ihrer Kraftwerke. Diese Gefahr sieht Energie-experte Matthias Ruchser vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik nicht. Er warnt vielmehr vor den hohen Kosten, die der in der Sahara produzierte Strom verursachen kann: "Da derzeit der Solarstrom bei der Herstellung teurer ist als konventioneller Strom, kommt es darauf an, in den Betreiberländern Rahmenbedingungen zu schaffen, die entweder über einen erhöhten Stromeinspeisetarif oder über vom Staat festgelegte ambitionierte Quoten die Lücke zum wirtschaft-lichen Betrieb schließen." Nur so würden sich die Milliarden-Investitionen für private Investoren lang-fristig lohnen. Derzeit kostet eine Kilowattstunde Solarstrom tatsächlich rund 18 bis 19 Cent. Kon-ventioneller Strom kostet dagegen nur rund 2,5 bis fünf Cent pro Kilowatt-stunde. SPD-Politiker Scheer, der auch Vorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien ist, würde das Projekt Desertec ohnehin am liebsten noch am Tag der Taufe begraben. "Für einen kleineren Teil der 400 Milliarden Euro für Desertec könnte man die gesamte Stromversorgung in Deutschland auf Er-neuerbare Energien um-stellen - und das in viel kürzerer Zeit."

Da auch Schwellenländer wie Indien oder China nicht auf Kohlekraftwerke verzichten würden, könne die Technologie dort zum Zeitgewinn beim Klima-schutz beitragen. Außerdem bekomme Deutschland damit Chancen auf zusätzliche technologische Exporte.

„Merkel …“ Forts. von Seite 7 auf Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Der sagt, gefährlicher Klima-wandel lasse sich nur ver-meiden, wenn CO2 nicht länger in die Atmosphäre geblasen werde. Gegner des neuen Verfahrens nannte er "betriebsblind".

Der Schwindel von der klimafreundlichen Kohle Die Umweltverbände lehnen das CCS-Gesetz strikt ab. Es diene nur da-zu, dem schmutzigen Brennstoff Kohle einen grünen Anstrich zu geben. Niemand wisse, ob die Versenkung in der Erde funktioniere und wie sicher sie überhaupt sei. Das Gesetz nütze nur den großen Energiekonzernen,

die wie bisher Strom in großen Kohlekraftwerken produzieren wollten. Wenn Merkel sich ernsthaft als Klimaschutzkanzlerin profilieren wolle, was sie fortwährend versuche, dann dürfe sie die Kohle-politik der Nachkriegszeit nicht bis ins nächste Jahr-hundert hinein verlängern. Am massivsten Front gegen das Projekt machen der Bundesverband Er-neuerbare Energie, die Deutsche Umwelthilfe, der Bundesverband der Ver-

braucherzentralen der Öko-energiehändler Lichtblick. Beim BDEW werde ver-sucht, "kleinmütig an alten Geschäftsmodellen festzu-halten und ängstlich die Milliardengewinne zu ver-walten". Strom aus er-neuerbaren Energien werde bald billiger sein als Strom aus CCS-Kraftwerken. Für Scheer ist damit die Lage klar: "Die CCS-Option ist der Versuch, einen Rettungsring für Großkraftwerke bereitzu-stellen." ….

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Pressestimmen

Technology Review 06/2009

Reform oder Revolution

Von Wolfgang Stieler Der Streit über den sinn-vollsten Weg zu einer Energiewende reißt nicht ab. Ist die Kernenergie bis auf Weiteres unverzicht-bar, wie etwa das Deutsche Atomforum meint, das in dieser Woche den 50. Jahrestag seiner Gründung feierte? Müssen neue Kohlekraftwerke gebaut werden, um eine "Strom-lücke" zu überbrücken, wenn der Atomausstieg wie vorgesehen abläuft? Wieviel Potenzial haben die Erneuerbaren Energien wirklich? Technology Review lud zwei Experten zum Streit-gespräch: Stephan Kohler – der Physiker berät seit dem Jahr 2000 als Geschäfts-führer der Deutschen Energie-Agentur (dena) die Bundesregierung in Energiefragen; und Hermann Scheer – der SPD-Politiker ist Präsident von Eurosolar, Träger des Alternativen Nobelpreises und Autor mehrerer Best-seller zur Energiewende. Technology Review: Herr Scheer, Sie haben in Ihrem Buch "Energieautonomie" ge-sagt, die Energieversorgung zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien wäre überhaupt kein Problem, man muss es nur wollen. Scheer: 100 Prozent. Das habe ich gesagt. Und Herr Kohler hat zu dieser Idee gesagt, das wäre Fantasterei. Kohler: Nein, habe ich nicht. Ich habe gesagt, das kommt immer auf den Zeitrahmen an. 100 Pro-zent im Jahr 2020 oder 2025, wie Hermann Scheer sagt, das geht meiner An-sicht nach nicht. Sie beide trennt also nur die Frage der Geschwindigkeit? Scheer: Offenbar, denn das ist ja die Schlüsselfrage. Und das Tempo hängt nicht in erster Linie von Technologie oder Wirt-schaft ab, sondern von der Politik. Denn die Politik ist

hierbei der Be-schleunigungsfaktor. Deswegen bin ich gegen das Erstellen von Prognosen und Szenarien, die so tun, als würde sich die Energiewende im Selbstlauf ergeben. Weshalb? Scheer: Weil niemand in der Lage ist, den Ausgang künftiger Wahlen voraus-zusagen. Natürlich macht es zum Beispiel in den USA einen riesigen Unter-schied, dass Obama mit seinem Programm Präsident ist anstelle von McCain, der einen klaren Schwerpunkt auf Atom-energie gesetzt hätte. Bis wann wäre ein voll-ständiger Wandel des Energie-systems Ihrer Ansicht nach günstigstenfalls machbar? Scheer: Ich glaube, dass es bis Ende der 20er-Jahre möglich ist, die volle Um-stellung der Stromver-sorgung auf erneuerbare Energien zu erreichen, überall. Eine steile Vorgabe. Herr Kohler, was halten Sie davon? Kohler: Das erscheint mir nicht sinnvoll. Ich halte bis zum Jahr 2020 ungefähr 30 bis 35 Prozent für möglich, was auch das Programm der Bundesregierung ist. Bis zum Jahr 2025 dann 40 Prozent. Wobei eine reine Konzentration auf den Ausbau der regenerativen Energien aus meiner Sicht in die falsche Richtung geht. Wie sollte sich das Energie-system also Ihrer Meinung nach entwickeln? Kohler: Ich zitiere hier die Internationale Energie-agentur: Die hat ein Referenzszenario ent-wickelt, nach dem wir Ende des Jahrhunderts eine mittlere Temperatur-erhöhung von sechs Grad hätten. Anschließend hat sie die Potenziale in den einzelnen Bereichen aus-gewiesen, mit denen man bis 2100 unter zwei Grad Erwärmung bleiben

könnte. Und da gehen 53 Prozent der CO2-Einsparung auf Energie-effizienz zurück, 25 Pro-zent auf regenerative Energien und 14 Prozent auf CCS, die unterirdische Speicherung von Kohlendi-oxid. Scheer: 25 Prozent er-scheint mir zu wenig. In Deutschland hatten wir im Jahr 1999, also vor dem Er-neuerbare-Energien-Gesetz, etwas über vier Prozent regenerative Energien in der Stromver-sorgung. Wir sind jetzt, zehn Jahre später, schon bei 18 Prozent des Netto-stromverbrauchs. Das ist mehr als das Vierfache. Dieses Tempo fort-geschrieben, sind wir in 25 Jahren locker bei 100 Pro-zent. Natürlich braucht man dazu Speichertechnik. Und dann ist auch ent-scheidend, welches Back-up-System wir haben, also was eignet sich als Reserve-leistung für dieses Ver-sorgungsmodell? Was käme da infrage? Scheer: Das könnte die Windkraft sein oder die Wasserkraft. In Deutsch-land haben wir Länder wie Sachsen-Anhalt und Brandenburg mit über 30 Prozent Anteil Windkraft an der Stromproduktion – und das sind keine Küsten-länder! Dann wiederum haben wir Länder wie Hessen mit lediglich 1,8, Bayern und Baden-Württemberg mit jeweils rund 0,5 Prozent. Diesen Unterschied kann man nicht geografisch erklären, nicht wirtschaftlich, nicht technologisch, er ist nur mit einer Verhinderungs-planung erklärbar: Es gibt dort keine Standort-genehmigungen für Wind-räder. Das unterstreicht meine These: Der Be-schleunigungsfaktor liegt bei der Politik. Kohler: Meine Heran-gehensweise an das Problem ist etwas anders. Ich betrachte Deutschland als einen Industriestandort. Deshalb empfehle ich, über das Gesamtsystem eine Art

Suchprozess laufen zu lassen, um die effizientesten Technologien zu finden, um den Klima-wandel zu stoppen, aber andererseits auch, um eine kostengünstige Strom- und Energieversorgung für den Industriestandort Deutsch-land zu garantieren. Ein solcher Suchprozess führt uns nun nicht automatisch zu einhundert Prozent zu regenerativen Energien. Sondern wahrscheinlich zu den erwähnten 30 bis 35 Prozent bis zum Jahr 2020. Ich will mit einem sinn-vollen Energiemix die Im-portabhängigkeit reduzieren, das Ver-sorgungsrisiko minimieren und die Klimaziele er-reichen. Scheer: Ich rechne das auch unter gesamtöko-nomischen Gesichts-punkten. Und makroöko-nomisch kann man sagen: Jeder einzelne Schritt der Minderung des Energiever-brauchs durch Energie-effizienz, jeder einzelne Schritt des Wechsels zu er-neuerbaren Energien ist ein gesamtwirtschaftlicher Vor-teil, weil er die Umwelt-folgekosten und die Im-portkosten minimiert. Denn bei erneuerbaren Energien bestehen die Kosten ausschließlich in Ausgaben für die ent-sprechende Technologie. Und die sinken mit der Massenproduktion. Die anderen Energieformen verursachen dagegen Brennstoffkosten und Umweltfolgekosten, die unvermeidbar sind und stetig steigen. Wenn die Vorteile so eindeutig sind – weshalb hat man dann mit Problemen wie der "Verhinderungsplanung" zu kämpfen, von der Sie vorhin sprachen. Woher kommt der Widerstand gegen den Umbau des Energiesystems? Scheer: Die Widerstände kommen aus der herkömmlichen Energie-wirtschaft und auch aus der herkömmlichen Energie-wissenschaft. Ich habe gerade so eine McKinsey-Studie für Marokko ge-sehen. Die Verfasser tun

so, als wäre das Potenzial an Erneuerbaren so gut wie nicht vorhanden. Das heißt, die bewegen sich im alten Energieparadigma, wie auch zahllose andere Wissenschaftler. Was bedeutet das? Scheer: Wenn wir ein monostrukturiertes Energiebereitstellungs-system haben, das seit Jahrzehnten allein auf atomarer und fossiler Energie beruht, ist doch klar, dass die gesamte Infrastruktur darauf zu-geschnitten ist. Wir müssen nun die Grundsatzent-scheidung treffen, ob sich die energiewirtschaftlichen Strukturen künftig an den erneuerbaren Energien und an der Kraft-Wärme-Kopplung ausrichten oder nicht. Wenn man das System nach den alten Prä-missen ausrichtet und er-neuerbare Energien einfach nur anflanscht, sind sie mehr oder weniger ein Fremdkörper. Kohler: Stimmt. Scheer: Natürlich berührt das alle Fragen des Netz-ausbaus in ganz ent-scheidendem Maße. Wes-wegen ich der Meinung bin, dass die Stromnetze in die öffentliche Hand ge-hören. Und wie reagiert die Be-völkerung? Regt sich da nicht auch Widerstand gegen den Ausbau der Erneuerbaren? Kohler: Ja, das ist nicht zu verkennen, gerade bei der Windenergie. Dass der Ausbau der Windkraft in Sachsen-Anhalt und Brandenburg so gut läuft, ist einfach damit zu er-klären, dass wir dort große Flächen haben, auf denen die Nachbarschafts-konflikte geringer sind. In anderen Bundesländern stellt sich das anders dar. Was soll man also tun? Scheer: Um hier wirklich zu politischen Ent-scheidungen zu kommen, muss man die Menschen vor eine Seite 10

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Pressestimmen

manager-magazin.de vom 13.07.2009

Die Kalkulation von Desertec ist absurd

Von Matthias Kaufmann Solarvordenker Hermann Scheer lässt kein gutes Haar an dem Milliarden-projekt Desertec, auf das sich deutsche Konzerne verständigt haben: Der ganze Plan sei weltfremd, sagt er im Interview mit manager-magazin.de. Eon, RWE und Co. wollten damit nur ihre Monopole sichern - und den nötigen Strukturwandel stoppen. mm.de: Herr Scheer, was halten Sie von der Desertec-Initiative, bei der deutsche Großkonzerne wie Eon, RWE, Siemens, die Münchener Rück oder die Deutsche Bank Solar-strom in den Wüsten Afrikas produzieren und nach Europa leiten wollen? Scheer: Die Unternehmen laufen einer Fata Morgana hinterher. Solch einen Plan können sich nur Theoretiker einfallen lassen, die von den praktischen Hindernissen eines solchen Projektes wenig Ahnung haben. mm.de: Sie wenden sich generell gegen derartige Großprojekte? Scheer: Nein, es läuft in Deutschland ja bereits ein sehr erfolgreiches Groß-projekt, nämlich die Um-

stellung der Energiewirt-schaft Deutschlands auf er-neuerbare Energien. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat dafür die Grundlage geschaffen und der Fortschritt kann sich - trotz erheblicher Planungs-widerstände gerade der etablierten Energie-konzerne - sehen lassen. In neun Jahren haben wir den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromver-sorgung von 4 auf 19 Pro-zent erhöht! mm.de: Das spricht nicht gegen Desertec. Scheer: Doch, weil der Plan so umfangreich und kostenintensiv ist, dass er nur aufgehen kann, wenn man den Ausbau der Er-neuerbaren Energien bei uns willkürlich stoppt. mm.de: Die Desertec-Partner sprechen von zehn Milliarden Euro jährlich. Das erscheint vergleichs-weise moderat. Scheer: Die Investitions-kosten bei Desertec sind absurd, selbst wenn wir unterstellen, dass die Kalkulation stimmt, die sie zitieren. Der Aufbau der Anlagen und des Trans-portnetzes ist ein so gigantisches Unterfangen mit so vielen Beteiligten, dass die Kosten kaum plan-

bar sind. Jeder Transitstaat der Transportleitungen wird taktieren, um für sich das Beste herauszuholen, und es wird Widerstände vor Ort geben. Das kostet Zeit und letztlich Geld, weil sich der Return on investment (ROI) immer wieder verzögern wird. Das können Sie bei praktisch jedem Groß-projekt beobachten, sei es ein Kernkraftwerk in Finn-land, sei es das Bahnhofs-projekt Stuttgart 21 oder der Eurofighter. mm.de: Der Lohn der Mühe soll besonders günstig zu produzierender Strom sein - was die Sache später wirtschaftlich machen könnte. Scheer: Die Idee ist ein wenig zu schlicht, um zu funktionieren: Weil in der Wüste besonders viel Sonne scheint, so das Bild dieser Fata Morgana, ließe sich der Strom auch be-sonders kosteneffizient her-stellen. Doch die Leitungs-verluste über die große Strecke nach Europa wären immens, die technische wie politische Zuverlässigkeit kritisch. Hinzu kommt, dass die Kraftwerke unter Extrembedingungen be-trieben werden müssen, denken Sie nur an Sand-stürme. Die Wartungs-kosten sind nicht mit denen

bekannter Anlagen vergleichbar. mm.de: Politik und Unter-nehmen sollten sich also gar nicht für Desertec engagieren? Scheer: Das Engagement für erneuerbare Energien ist elementar wichtig - aber es ist billiger, wenn es jeweils im Verbrauchsland vorangetrieben wird. mm.de: Hierzulande passiert doch schon viel, wie Sie selbst gesagt haben. Scheer: Aber es könnte viel mehr sein. Es gibt Bundes-länder, die schließen mehr als 99 Prozent der Landes-fläche für Windanlagen kategorisch und mit faden-scheinigen Begründungen aus, etwa Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Wir könnten schon viel weiter sein. Überlegen Sie sich, was man mit den 400 Milliarden Euro, von denen bei Desertec die Rede ist, alles bewegen könnte. Ein zusätzlicher Prozentpunkt der erneuer-baren Energien am deutschen Strommix er-fordert Investitionen von etwa fünf Milliarden Euro. Und in den kommenden Jahren werden die Preise für die Anlagen weiter sinken. mm.de: Wenn das Projekt wirtschaftlich so wider-sinnig ist, wie Sie be-haupten, wie kann es dann

sein, dass gleich mehrere spitz kalkulierende Konzerne darauf ein-steigen? Scheer: Diese Konzerne verfolgen das Ziel, die Strukturen der heutigen Energieversorgung in das Zeitalter der erneuerbaren Energien zu verlängern. Desertec bedeutet Strom von einem einzelnen Konsortium, das Produktionsanlagen wie Transportleitungen kontrolliert. Es ist ein Weg, auch Solarstrom unter Monopolbedingungen her-zustellen. Die Strom-erzeugung, wie sie durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert wird, sieht ganz anders aus. Sie ist de-zentral und in den Händen vieler kleiner Anbieter. Ihre Strukturen sind mittel-ständisch. Mittelständische Unternehmen sind innovativer als Groß-konzerne, es besteht eine fruchtbare Konkurrenz von vielen flexiblen Firmen, die mit sehr unterschiedlichen Motiven hinter der Sache stehen. So kommt eine starke Dynamik zustande und langfristig bessere Preise als in den Strukturen der alten Monopolisten. mm.de: Die Desertec-Partner wollen nur ihre Monopole sichern? Scheer: Ja, sie wollen die bestehenden Strukturen er-halten. Doch die Um-stellung auf erneuerbare Energien funktioniert nicht ohne Strukturwandel. ...

„Reform oder Revolution„ Forts. von Seite 9 Wertewahl stellen. Man muss fragen: Was wollt ihr? Landschafts-schutz? Landschaftsschutz vor Windkraftanlagen in einer Zeit, in der die Gletscher schon schmelzen und die Dürren zunehmen? Man braucht ein Bewusst-sein für Gefahren-hierarchien. Sonst spielt man ein Miniproblem gegen eine riesige Gefahr aus. Kohler: Außerdem werden wir vermutlich nicht umhinkommen, in Gebiete auszuweichen, in denen wenig Menschen leben, also zum Beispiel die Offshore-Windanlagen vor der Küste auszubauen oder

Solarkraftwerke in der Wüste zu errichten. Wenn wir aber groß in die Offshore-Technologie ein-steigen oder in ferner Zu-kunft die Solarenergie aus dem Süden holen, aus Spanien oder Nordafrika, brauchen wir zunächst ein-mal die entsprechende Infrastruktur, brauchen wir Netze – und das wiederum braucht Zeit. Scheer: Das sehe ich anders. Wenn es eine un-verzichtbare Grund-bedingung wäre, technisch, wirtschaftlich auf große Offshore- oder Wüsten-potenziale zu setzen, müsste ich Stephan Kohler recht geben. Denn es ist klar: Ein solches System aufzubauen braucht so

lange, wie herkömmliche Kraftwerksstrukturen zu etablieren. Aber es gibt keinen ökonomischen Ge-sichtspunkt, der wirklich für Offshore-Anlagen oder für ein Desertec-Projekt spricht. Man sieht das bei Offshore: Es wird immer teurer sein als auf dem Land. Kohler: Dennoch halte ich große Photovoltaik-Kraftwerke in Südeuropa immer noch für intelligenter, als hier zu versuchen, noch die letzte Kilowattstunde regenerativ zu erzeugen. Bleiben wir doch mal beim Beispiel Photovoltaik. Dafür haben wir hierzulande eine jähr-liche Nutzungsdauer von 1000 Stunden. Das Jahr

hat aber 8760 Stunden. Wie schnell kriegen wir also eine Vollversorgung hin bei Photovoltaik? Das wird wohl dauern... Scheer: D'accord. Kohler: Der Einsatz von Erdgas ist für mich kosten-effizienter als der Versuch, die 1000 Stunden, in denen ich Solarenergie ernten kann, mithilfe von Speichertechnologien auf 8760 Stunden solarer Energieversorgung zu bringen. Da erscheint es mir wesentlich logischer, mehr hocheffiziente, moderne Kohle- oder Erd-gaskraftwerke zu ent-wickeln. Die dann die nächsten 30

Jahre laufen? Kohler: Ja, aber das schadet nicht. Die laufen weniger, je mehr re-generative Energie wir ins System bringen. Dafür sind sie in absehbarer Zeit in der Lage, Versorgungssicher-heit zu gewährleisten. Ein sehr vorsichtiger Ansatz... Scheer: Stephan Kohler ge-hört eben eher zu den Energiereformern, oder? Ich dagegen gehöre ver-mutlich zu den Energie-revolutionären. Immerhin passen Revolutionäre und Reformer meiner Ansicht nach besser zusammen als Reformer und Struktur-konservative.

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11 Mittwoch, 29. Juli 2009 2. Jahrgang—Nr. 7

Neueste Nachrichten von, über und mit Hermann Scheer

Pressestimmen

Süddeutsche Zeitung vom 01.07.2009

Entscheidung für die Emirate

Von Wolfgang Roth München – Vieles hatte dafür gesprochen, dass die im Januar gegründete Internationale Agentur für erneuerbare Energie (Irena) in Bonn angesiedelt würde. Das Rennen machten aber, wie in der Süddeutschen Zeitung vom Montag kurz gemeldet, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAR) mit ihrem Standort Abu Dhabi, gegen den auch der dritte Bewerber, die öster-reichische Hauptstadt Wien, keine Chance hatte. Wie in solchen Groß-konferenzen üblich, kam es im ägyptischen Scharm el-Scheich gar nicht erst zu einer offenen Kampf-abstimmung; wenn sich herausschält, dass ein Vor-schlag nicht die Mehrheit gewinnt, wird ein Kompromiss angestrebt, der am Ende ein ein-mütiges Votum ermöglicht. In diesem Fall verteilten die Delegierten ein Trost-pflaster an Deutschland und Österreich: Bonn wird Sitz eines Innovations- und Technologiezentrums für erneuerbare Energie, in Wien wird ein Ver-bindungsbüro zu anderen internationalen Organisationen aufgebaut. Für die Unterhändler aus Berlin ist das enttäuschend,

weil Deutschland, am kräftigsten unterstützt von Spanien und Dänemark, die treibende Kraft zur

Schaffung der Irena war. Bonn richtete im Jahr 2004 die globale Konferenz für erneuerbare Energie aus, hier wurde auch die Irena aus der Taufe gehoben, der in nur fünf Monaten 136 Staaten beigetreten sind. Zu den frühesten Rufern nach einer solchen Agentur gehörte außerdem der SPD-Bundestags-abgeordnete Hermann Scheer, der auch Präsident

der Organisation Eurosolar ist. Die Fraktion der Grünen warf Umwelt-

minister Sigmar Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel Versagen vor; die Bewerbung, so der Tenor, sei gescheitert, weil die Regierung zu wenig Geld-mittel für die Irena an-geboten habe. In der Tat hat das Emirat auch mit hohen Investitionen für das Büro, mit zinsgünstigen Krediten in Höhe von 50 Millionen Dollar an die Entwicklungsländer und

mit der ständigen Finanzierung des Agentur-aufwands gelockt.

Deutsch-land hatte allerdings schon früher zu-gesagt, in den nächsten fünf Jahren unabhängig davon 2,5 Milliarden Euro für

Effizienz- und Alternativ-energie aufzuwenden. Nicht nur zahlreiche Staaten der Dritten Welt unterstützten Abu Dhabi, sondern auch die USA, die in der Region mächtige wirtschaftliche Interessen haben. Die Europäer traten keineswegs geschlossen auf. Hinter den Emiraten stand nicht nur Groß-britannien, sondern auch

Frankreich. Dessen Präsident Nicolas Sarkozy hatte unlängst einen Nuklearvertrag mit den VAR abgeschlossen und konnte im Gegenzug als erste Generalsekretärin der Agentur Hélène Pelosse durchsetzen, eine Staats-sekretärin im Pariser Umweltministerium. Faszinierend wirkte wohl auch das geplante Umfeld der Irena auf viele Delegierte. Das Büro soll in einer ökologischen Musterstadt entstehen, 30 Kilometer von Abu Dhabi entfernt. In Masdar City sollen einmal 50 000 Ein-wohner Platz finden, die ausschließlich von erneuer-barer Energie versorgt werden, keinen Restmüll hinterlassen und voll-ständig auf oberirdischen Autoverkehr verzichten. Die Irena wird vorderhand nicht unter dem Dach der UN arbeiten. Sie soll ein Gegengewicht sein zur Internationalen Atom-energie-Behörde (IAEA) und zur Internationalen Energie-Agentur (IEA), die sich im Kern der Ver-sorgung mit fossilen Energiequellen wie Kohle, Gas, Erdöl und Uran widmet.

Pressestimmen

Hannoversche Allgemeine / ddp (Deutscher Depeschendienst) vom 15.07.2009

Scheer warnt vor Verharmlosung der Atomkraft

Der SPD-Umweltexperte Hermann Scheer warnt ein-dringlich vor einer Ver-harmlosung der Atomkraft. Es handle sich um ein Problem, das man nicht immer wieder beiseite schieben könne. Das sagte Scheer am Mittwoch dem WDR. Mit Blick auf die Vorfälle im Atomkraftwerk Krümmel sagte er: «Es darf nicht der entscheidende Fehler passieren. Dann ist es aus.» Ein solcher Fehler könne einen GAU aus-lösen, der ganze Wirt-schaftsregion praktisch un-bewohnbar machen würde.

Im dicht besiedelten Deutschland wäre das «absolut katastrophal», fügte Scheer hinzu. Das Problem der Atomtechnik sei, dass sie nicht fehlerfrei sei. Scheer erinnerte an das niedersächsische Atom-mülllager Asse. Am Dienstag war bekannt ge-worden, dass erneut an mehreren Stellen radio-aktiv belastete Lauge ein-gesickert ist. «Dort hieß es 30 Jahre von allen Wissen-schaftlern aus der Atom-technik, die in den großen deutschen öffentlich be-zahlten Atomforschungs-zentren gearbeitet haben:

Es ist absolut sicher, das ist knochentrocken. Das er-füllt alle Voraussetzungen für tausende von Jahren.» Dies sei widerlegt worden. Das sei mit den Atommüll-mengen und ihrer End-lagerung überhaupt nicht vereinbar. Scheer bedauerte, dass ein sofortiger Ausstieg aus der Atomkraft nicht möglich sei. Die gesetzliche Grund-lage zum Atomausstieg sei 2001 geschaffen worden. Für ein weiteres Gesetz zum Sofortausstieg oder zur Abschaltung eines be-sonders problematischen Reaktors fehlten im Moment die Mehrheiten.

Zukünftige Heimat der IRENA: Modell der Ökostadt Masdar City Foto: Phil Clark

Atomenergie ist weder harmlos noch ungefährlich: hier das Kernkraftwerk Krümmel in Schleswig-Holstein Foto: Quartl