Neuordnung und Delegation von Aufgaben des ärztlichen Dienstes – Haftung im OP

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(C) RA Dr. Max Middendorf 1 Neuordnung und Delegation von Aufgaben des ärztlichen Dienstes – Haftung im OP Rechtsanwalt Dr. Max Middendorf Fachanwalt für Medizinrecht Lehrbeauftragter der Universität Münster OTA-Schulträgerverband, Berlin 14.03.2014 Bergmann und Partner Hafenstraße 14, 59067 Hamm www.bergmannpartner.com [email protected]

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Neuordnung und Delegation von Aufgaben des ärztlichen Dienstes – Haftung im OP. Rechtsanwalt Dr. Max Middendorf Fachanwalt für Medizinrecht Lehrbeauftragter der Universität Münster OTA-Schulträgerverband, Berlin 14.03.2014 Bergmann und Partner Hafenstraße 14, 59067 Hamm - PowerPoint PPT Presentation

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Neuordnung und Delegation von Aufgaben des ärztlichen Dienstes –

Haftung im OP

Rechtsanwalt Dr. Max MiddendorfFachanwalt für Medizinrecht

Lehrbeauftragter der Universität Münster

OTA-Schulträgerverband, Berlin 14.03.2014

Bergmann und Partner

Hafenstraße 14, 59067 Hamm

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Übersicht

I. Grundlagen der Haftung

II. Haftung bei der Übertragung von Aufgaben

III. Fazit

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Prolog

Ausgangslage und Problemstellung:• Ärztemangel vs. steigende Morbidität (Demographie!)• erhöhter wirtschaftlicher Druck• Ziel: bessere Nutzung der „Ressource Arzt“ • und Schaffung einer attraktiven neuen beruflichen

Ebene für Nichtärzte

Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen

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I. Grundlagen der Haftung

Das Patientenrechtegesetz• in Kraft seit dem 26.02.2013• Herzstück: Aufnahme des Behandlungsvertrages in

§§ 630a ff. BGB• Regelungen über Pflichten und Folgen von Pflichtverletzungen• weitgehend Kodifikation des status quo für das Zivilrecht • Strafrecht nicht geändert, allenfalls Folgeeffekte aus

neuen zivilrechtlichen Regelungen

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I. Grundlagen der Haftung

Haftungstypen

Haftung aus Behandlungsfehler

Haftung aus Aufklärungsfehler

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I. Grundlagen der Haftung

Haftungsgrund

Grundstruktur

Fehler Gesundheitsschaden Kausalität

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I. Grundlagen der Haftung

Haftung aus Behandlungsfehler

• Patientenseite hat grundsätzlich die haftungsbegründenden Voraussetzungen zu beweisen• insofern auch keine Verschiebung durch Patientenrechtegesetz (vgl. § 630h BGB)

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I. Grundlagen der Haftung

Folgen für die Praxis• sachverständige Würdigung im Einzelfall• wenn Fehler vorliegt: grundsätzlich keine Beweislastumkehr bzgl. Kausalität• Ausnahme: grober Fehler

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I. Grundlagen der Haftung

Haftung aus Aufklärungsfehler

• hier andere Beweislastverteilung!• Behandelnder hat die ordnungsgemäße Aufklärung

und wirksame Einwilligung in den Eingriff zu beweisen (siehe §§ 630d, 630e BGB)

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

1. BegriffeÜbertragung

von Aufgaben

Delegation= Verantwortung bleibt beim Arzt

Substitution= Verantwortung geht auf speziell ausgebildete nichtärztliche Kraft

über

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

• § 2 Abs. 5 BÄO: „Ausübung des ärztlichen Berufs ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung ,Arzt‘ oder ,Ärztin‘“.• Begriff der Heilkunde unscharf• im Einzelfall gesetzlicher Arztvorbehalt (z. B. Transfusionsgesetz)• §§ 15, 28 SGB V

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

• § 3 Abs. 1 KrankenpflegeG: Pflege ist auszurichtenauf Wiedererlangung, Verbesserung, Erhaltung und

Förderung der physischen und psychischen Gesundheit

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

• Seit 1.10.2013: „Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 SGB V“• Anlage 24 zum BMV-Ä

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

nicht delegierbar (§ 2): alles, was besondere Fachkenntnisse erfordert, insb.:

• Anamnese• Indikationsstellung• Untersuchung• Diagnosestellung• Aufklärung und Beratung des Patienten• Entscheidung über Therapie und invasive Verfahren

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

Allgemeine Anforderungen an die Delegation (§ 4): • Sicherstellung, dass Delegationsempfänger über

ausreichende Fachkenntnisse verfügt (Auswahlpflicht)• Anleitung zur selbständigen Durchführung (Anleitungspflicht)• regelmäßige Überwachung (Überwachungspflicht)• in Abhängigkeit von der Qualifikation

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

Beispiele (mit chirurgischem Bezug)• Verbandanlage (bei Gipsverbänden Kontrolle Arzt)• Dokumentation von Bewegungseinschränkungen• Anleitung zu Bewegungsübungen• Unterstützung bei OP-Vorbereitung (Rücksprache mit Arzt)• Wund- und Verlaufskontrollen (Rücksprache mit Arzt)• Drainageüberwachung (Rücksprache mit Arzt)

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

Aufklärung

§ 630e Abs. 2 Nr. 1: „Die Aufklärung muss mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt; […]“

kein expliziter Arztvorbehalt!

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

2. Rechtsgrundlagen

Aufklärung• nach Wortlaut kann also durch nichtärztliches Personal aufgeklärt werden, soweit es sich um eine delegationsfähige Aufgabe handelt• erscheint stimmig: Kompetenz zur Durchführung geht

mit Kompetenz zur Aufklärung einher• Rechtslage aber bislang nicht eindeutig geklärt

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

3. Rechtsprechung

• Grenze bei „Kernbereich ärztlicher Tätigkeit“• eher tatsächliche Frage als Rechtsfrage• Ermittlung der Grenze im Einzelfall mit Hilfe eines Sachverständigen• hohes Gewicht von Empfehlungen und Stellungnahmen der Berufsverbände

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

3. Rechtsprechung

• fließende Übergänge zur ärztlichen Mitverantwortung• nichtärztliche Aufgaben können Bestandteil der ärztlichen Fürsorgepflicht sein

tendenziell ärztliche Mitverantwortung

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

3. Rechtsprechung

• Kernbereich durch Schwierigkeit und Gefährlichkeit der Aufgaben gekennzeichnet

• „Weichenstellung“ ist originär ärztliche Aufgabe, also v.a. Diagnostik und Bestimmung der Therapie

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

3. Rechtsprechung

• instruktiv: OLG Dresden,

Urteil vom 24.07.2008 – 4 U 1857/07• „MTRA ist berechtigt, unter Aufsicht des verantwortlichen Arztes intravenöse Injektionen mit schwach radioaktivem Technetium vorzunehmen.“• Maßnahme betrifft nicht Kernbereich ärztlichen Handelns, daher grds. Delegation zulässig

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

3. Rechtsprechung

Delegation

Organisation

(Überwachung

und Anleitun

g)

korreliert mit

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

4. Position der Ärzteschaft

115. Deutscher Ärztetag:• „Delegation ja, Substitution nein!“•„Eine Substitution ärztlicher Leistungen durch

nichtärztliche Berufe ist ausdrücklich zu verhindern.“

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

5. Haftungsprophylaxe

• OP-Aufklärung nicht delegieren• bei Delegation dokumentierte Arbeitsanweisungen vorhalten• Abgleich mit den Auffassungen der Berufsverbände

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II. Haftung bei derÜbertragung von Aufgaben

5. Haftungsprophylaxe

• versicherungsrechtliche Probleme?• grds. im Krankenhaus nein, da zum Betrieb des Krankenhauses gehörig m. E. auch kein anzeigepflichtiger Umstand• im ambulanten Bereich gleich gelagert• im Zweifel: vorsorglich mitteilen

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III. Fazit

• Haftung unterliegt allgemeinen Regeln• im Kern keine Änderungen durch PatientenrechteG• klare Abgrenzungen der Verantwortungsbereiche erforderlich – Faustregel: „Legislative“ = Arzt, „Exekutive“ = OTA• Übertragung von Aufgaben korreliert mit steigender Verantwortung (beachte Strafrecht!)• in praxi: Arzt steht im Focus

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III. Fazit

• der Bedarf nach einer Übertragung von ärztlichen Aufgaben wächst• zunehmende gesetzliche Konkretisierung im Bereich

der GKV• weitere Entwicklung offen

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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Max MiddendorfFachanwalt für Medizinrecht

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