New Nutzenpotentiale von mobilen Endgeräten in Krankenhäusern … · 2018. 11. 1. · ☺ Werner...

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DIPLOMARBEIT Nutzenpotentiale von mobilen Endgeräten in Krankenhäusern der Maximalversorgung von Asarnusch Rashid eingereicht am 30.06.2004 beim Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) der Universität Karlsruhe (TH) Referent: Prof. Dr. W. Stucky Betreuer: Dr. D. Hertweck Heimatanschrift: Studienanschrift: Finkenweg 47 Karl-Wilhelm-Str. 26 79312 Emmendingen [email protected] 76131 Karlsruhe

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  • DIPLOMARBEIT

    Nutzenpotentiale von mobilen Endgeräten in Krankenhäusern der Maximalversorgung

    von

    Asarnusch Rashid

    eingereicht am 30.06.2004 beim Institut für Angewandte Informatik

    und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) der Universität Karlsruhe (TH)

    Referent: Prof. Dr. W. Stucky Betreuer: Dr. D. Hertweck

    Heimatanschrift: Studienanschrift: Finkenweg 47 Karl-Wilhelm-Str. 26 79312 Emmendingen [email protected]

    76131 Karlsruhe

  • II

  • I

    DANKSAGUNG

    Ich bedanke mich herzlich bei

    ☺ meinem Referenten, Prof. Dr. Stucky,

    ☺ Dr. Dieter Hertweck für die Betreuung der Arbeit am FZI,

    ☺ Dr. Jürgen Schöchlin für die Betreuung der Arbeit am Klinikum,

    ☺ Ferhat Cakmak für die Koordination am Klinikum,

    ☺ allen beteiligten Mitarbeitern des Klinikums für ihr offenes Entgegenkommen,

    ☺ Werner Thiemann, Tim Romberg und Ines Alves de Queiroz für Kommentare,

    ☺ meiner Freundin Birte für Kommentare, Geduld und Anteilnahme,

    ☺ und bei meinen Eltern für ihre Unterstützung!

  • III

    ZUSAMMENFASSUNG

    Im Zuge der Einführung der Fallkostenpauschalen (DRG) in Kliniken der öffentlichen

    Hand sind erbrachte Leistungen am Patienten zu erfassen, zu dokumentieren und kos-

    tendeckend abzurechnen. Die Herausforderung für Kliniken besteht darin, geeignete

    Prozesse und Werkzeuge zur Verbesserung und Kontrolle der Effizienz und Kosten-

    strukturen zur Verfügung zu stellen. Dabei geraten in letzter Zeit verstärkt Versor-

    gungsprozesse ins Zentrum von Optimierungsinitiativen. Ziele ihrer Optimierung sind

    die Verminderung von Lagerzeiten und Fehllieferungen und die damit einhergehende

    Senkung von Material- bzw. Transaktionskosten, sowie die messbare Steigerung der

    Versorgungsqualität beim Patienten bei verminderten Verwaltungskosten.

    Im Rahmen dieser Diplomarbeit untersuchte der Forschungsbereich „Business Process

    Engineering and Management“ (BPEM) des Forschungszentrum Informatik (FZI) im

    Auftrag des Städtischen Klinikums Karlsruhe mögliche Nutzenpotentiale durch den

    Einsatz mobiler Endgeräte auf einer Krankenhaus-Station. Als Fallbeispiele dienten die

    Unterstützungsprozesse der Arzneimittel- und Essensversorgung. Die Rentabilität eines

    mobilen Systems in einem Krankenhaus der Maximalversorgung, wie dem Städtischen

    Klinikum Karlsruhe, stand als zentraler Forschungsgegenstand im Zentrum der Unter-

    suchung.

    Das mobile System bietet die Möglichkeit Bestellungen auf den Stationen mittels PDA

    zu erfassen und über eine Docking-Station an die Apotheke bzw. an die Küche zu ü-

    bermitteln. In der Apotheke erfolgt die Bearbeitung der Arzneimittelbestellungen mit

    Hilfe von PDA, die Küche verarbeitet die Bestellungen automatisiert und druckt diese

    in Form eines Produktions-Plan aus. Zur Beschriftung der Essen-Tabletts werden Tab-

    lett-Kärtchen fabriziert. Als Alternative wurde zudem eine Scanner-Variante in Betracht

    gezogen, bei der auf den Stationen anstelle der PDA einfache Barcode-Scanner zur Ein-

    satz kommen sollen.

    Mit Hilfe der in dieser Arbeit vorgestellten Methodik wurden die Ist- bzw. Soll-

    Prozesse des heutigen sowie des mobilen System bzw. der Scanner-Variante erfasst und

  • IV

    dokumentiert, deren Kosten und Nutzen im Sinne der Prozesskostenrechnung ermittelt

    und in einer Wirtschaftlichkeitsanalyse einander gegenüber gestellt.

    Zur Unterstützung der Investitionsentscheidung in Form eines betriebswirtschaftlichen

    Entscheidungsproblems wurde eine Empfehlung zu Gunsten des mobilen Systems aus-

    gesprochen. Die Investition in das mobile System bzw. in die Scanner-Variante rentiert

    sich bereits innerhalb eines Jahres, was sich durch die starke Senkung der Betriebskos-

    ten und der Eingrenzung der Risiken begründet erklären lässt, Die starken Senkungen

    der Kosten sind auf die Integration autonomer Teilsysteme durch die mobilen Endgeräte

    sowie auf die dadurch erzielte Beseitigung von Medienbrüchen zurück zu führen. Zu-

    dem kann durch die Vielseitigkeit der mobilen Geräte eine deutliche Einsparung an Ar-

    beitszeit durch Parallelisierung von Abläufen erreicht werden. Des Weiteren stehen der

    Controlling-Abteilung durch die patientenbezogene Arzneimittel- und Essensbestellung

    mehr Möglichkeiten zur Verfügung, die Leistungen und deren Kosten zu messen und zu

    beurteilen.

    Aus dem Vergleich zwischen dem mobilen System und der Scanner-Variante kristalli-

    siert sich schließlich das mobile System als empfehlenswert heraus. Die Scanner-

    Variante weist in der Benutzbarkeit und in der Erweiterbarkeit große Schwächen, wel-

    che letztendlich den Erfolg der Integration in die Krankenhaus-Arbeitsprozesse stark

    beeinflussen.

  • V

    Ich versichere hiermit, dass ich diese Arbeit selbst und ohne unzulässige Hilfsmittel

    angefertigt habe. Die verwendeten Quellen sind im Literaturverzeichnis angegeben.

    Asarnusch Rashid Karlsruhe, den 30. Juni 2004

  • VII

    INHALTSVERZEICHNIS

    DANKSAGUNG...............................................................................................................I

    ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................................. III

    INHALTSVERZEICHNIS......................................................................................... VII

    ABBILDUNGSVERZEICHNIS ..................................................................................IX

    TABELLENVERZEICHNIS.......................................................................................XI

    FORMELVERZEICHNIS ....................................................................................... XIII

    ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS .............................................................................. XV

    1 EINLEITUNG ......................................................................................................... 1

    1.1 HINTERGRUND ................................................................................................... 1 1.2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT UND ZENTRALE FORSCHUNGSFRAGEN ..................... 2 1.3 AUFBAU DER ARBEIT ......................................................................................... 3

    2 BEGRIFFLICHKEITEN UND GRUNDLAGEN................................................ 5

    2.1 ZUM BEGRIFF „KRANKENHAUS DER MAXIMALVERSORGUNG“.......................... 5 2.1.1 Finanzierungssystem eines deutschen Krankenhauses ............................. 5 2.1.2 Wirtschaftlichkeitsprinzip eines Krankenhauses....................................... 7 2.1.3 Prozessorientierung im Krankenhaus ....................................................... 8 2.1.4 Relevante gesetzliche Bestimmungen für ein deutsches Krankenhaus ..... 9

    2.2 METHODEN DER WIRTSCHAFTLICHKEITSRECHNUNG ....................................... 14 2.2.1 Prozesskostenrechnung ........................................................................... 14 2.2.2 Rechenverfahren zur monetären Wirtschaftlichkeit................................ 14 2.2.3 Die Nutzwertanalyse ............................................................................... 17

    2.3 GRUNDLAGEN DER PROZESSOPTIMIERUNG ...................................................... 19 2.3.1 Zum Begriff „Prozess“............................................................................ 19 2.3.2 Zum Begriff „Prozessoptimierung“ ........................................................ 21 2.3.3 Zum Begriff „Datenerhebung“ ............................................................... 23 2.3.4 Zum Begriff „Prozess-Modellierung“ .................................................... 23 2.3.5 Zum Begriff „Prozessanalyse“ ............................................................... 29

    2.4 METHODEN ZUR DATENERHEBUNG.................................................................. 30 2.4.1 Mündliche Befragung.............................................................................. 31 2.4.2 Schriftliche Befragung ............................................................................ 32 2.4.3 Teilnehmende Beobachtung .................................................................... 32 2.4.4 Inventur ................................................................................................... 33

    2.5 INFORMATIONSSYSTEME UND MOBILE ENDGERÄTE ......................................... 34 2.5.1 Zum Begriff „Informationssystem“......................................................... 34

  • VIII

    Inhaltsverzeichnis

    2.5.2 Zum Begriff „Krankenhausinformationssystem“.................................... 35 2.5.3 Mobile Endgeräte.................................................................................... 37 2.5.4 Mobile Endgeräte in Krankenhausinformationssystemen ...................... 37 2.5.5 Nutzen von mobilen Endgeräten in Krankenhausinformationssystemen 39

    3 FORSCHUNGSSTRATEGIE UND METHODEN ........................................... 41

    3.1 BEWERTUNG DER NUTZENPOTENTIALE MOBILER ENDGERÄTE VON KRANKENHÄUSERN DER MAXIMALVERSORGUNG........................................................ 42

    3.1.1 Die Datenerhebung ................................................................................. 42 3.1.2 Die Prozessmodellierung ........................................................................ 45 3.1.3 Die Prozessanalyse ................................................................................. 46

    3.2 ABSCHLIEßENDE METHODENREFLEXION.......................................................... 50

    4 FALLSTUDIE: STÄDTISCHES KLINIKUM KARLSRUHE........................ 51

    4.1 AUSGANGSSITUATION...................................................................................... 51 4.2 PROJEKTVERLAUF ............................................................................................ 52 4.3 ERGEBNISSE DER BEWERTUNG DER NUTZENPOTENTIALE IN DER ARZNEIMITTEL- UND ESSENSVERSORGUNG ................................................................. 53

    4.3.1 Ausgangssituation in der Arzneimittelversorgung.................................. 54 4.3.2 Szenario: Arzneimittelversorgung mit mobilen Endgeräten................... 60 4.3.3 Ausgangssituation in der Essensversorgung........................................... 66 4.3.4 Szenario: Essensversorgung mit mobilen Endgeräten............................ 71 4.3.5 Realisierungsplan.................................................................................... 76 4.3.6 Wirtschaftlichkeitsrechnung.................................................................... 77 4.3.7 Zusammenfassung der Ergebnisse der Fallstudie .................................. 81

    4.4 REFLEXION DER VORGEHENSWEISE ................................................................. 82

    5 ZUSAMMENFASSUNG & AUSBLICK............................................................ 83

    5.1 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE ............................................................ 83 5.2 AUSBLICK ........................................................................................................ 84

    5.2.1 Einbindung weiterer Arbeitsbereiche in das mobilen Systems ............... 85 5.2.2 Ausbau des Krankenhausinformationssystems ....................................... 85 5.2.3 Auslagerung ganzer Dienstleistungsbereiche......................................... 86 5.2.4 Ausbau ganzer Dienstleistungsbereiche für externe Kunden ................. 86 5.2.5 Abschließende Bemerkungen .................................................................. 87

    6 ANHANG............................................................................................................... 89

    6.1 ERGEBNISSE DER DATENERHEBUNG ................................................................ 89 6.1.1 Materialkosten ........................................................................................ 89 6.1.2 Personalkosten ........................................................................................ 92

    6.2 EVALUIERUNG VON GEEIGNETEN PDA UND SCANNER..................................... 99 6.2.1 Anforderungen ........................................................................................ 99 6.2.2 Hardware .............................................................................................. 100 6.2.3 Software ................................................................................................ 101 6.2.4 Alternative Lösungen ............................................................................ 102 6.2.5 Fazit ...................................................................................................... 102

    LITERATURVERZEICHNIS................................................................................... 107

    STICHWORTVERZEICHNIS ................................................................................. 113

  • IX

    ABBILDUNGSVERZEICHNIS

    ABBILDUNG 2-1: PROZESSSTRUKTUR EINES KRANKENHAUSES NACH [ELBE03]................9

    ABBILDUNG 2-2: BEISPIEL EINES MÖGLICHEN ROI-KURVENVERLAUFES.........................16

    ABBILDUNG 2-3: BEISPIEL EINES MÖGLICHEN NPV-KURVENVERLAUFES........................17

    ABBILDUNG 2-4: SCHRITTE DER NUTZWERTANALYSE .....................................................18

    ABBILDUNG 2-5: GRUNDSTRUKTUR EINES PROZESSES NACH [SCFI98]............................20

    ABBILDUNG 2-6: ZIELDREIECK DER PROZESSOPTIMIERUNG AUS [GRHO02]....................22

    ABBILDUNG 2-7: VORGEHENSWEISE BEI DER PROZESSOPTIMIERUNG ..............................22

    ABBILDUNG 2-8: VORGEHENSWEISE BEI DER DATENERHEBUNG......................................23

    ABBILDUNG 2-9: VORGEHENSWEISE ZUR RECHNERUNTERSTÜTZTEN

    PROZESSOPTIMIERUNG.............................................................................................24

    ABBILDUNG 2-10: GRUNDELEMENTE DES INCOME PROCESS DESIGNER........................26

    ABBILDUNG 2-11: BEISPIEL FÜR DAS VERHALTEN EINES EINFACHEN PETRINETZES.........26

    ABBILDUNG 2-12: AND-/OR-SPLITS UND AND-/OR-JOINS IM INCOME PROCESS

    DESIGNER ................................................................................................................27

    ABBILDUNG 2-13: AUSSCHNITT AUS EINEM BEISPIEL-ABLAUFMODELL DES INCOME

    PROCESS DESIGNER .................................................................................................28

    ABBILDUNG 2-14: VORGEHENSWEISE BEI EINER PROZESSANALYSE ................................29

    ABBILDUNG 2-15: KOMPONENTEN EINES INFORMATIONSSYSTEMS IN EINER

    ORGANISATION NACH [BOTT04] ..............................................................................35

    ABBILDUNG 2-16: AUFGABEN DER INFORMATIONSVERARBEITUNG IM KRANKENHAUS

    NACH [HAAB01]......................................................................................................36

    ABBILDUNG 3-1: VORGEHENSSCHEMA ZUR BEWERTUNG DER NUTZENPOTENTIALE........44

    ABBILDUNG 3-2: VORGEHENSSCHEMA DER PROZESSMODELLIERUNG .............................45

    ABBILDUNG 3-3: VORGEHENSSCHEMA DER PROZESSANALYSE........................................46

    ABBILDUNG 4-1: ORGANIGRAMM STÄDTISCHES KLINIKUM KARLSRUHE NACH [STAE04]

    .................................................................................................................................51

    ABBILDUNG 4-2: UNTERSTÜTZUNGSPROZESS „PATIENT VERSORGEN" IM KRANKENHAUS

    .................................................................................................................................53

  • X

    Abbildungsverzeichnis

    ABBILDUNG 4-3: AUSSCHNITT AUS DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG IM KLINIKUM

    (HEUTIGES SYSTEM) ................................................................................................ 54

    ABBILDUNG 4-4: ARZNEIMITTEL BESTELLEN (HEUTIGES SYSTEM).................................. 55

    ABBILDUNG 4-5: ARZNEIMITTEL LIEFERN (HEUTIGES SYSTEM) ...................................... 56

    ABBILDUNG 4-6: AUSSCHNITT AUS DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG IM KLINIKUM

    (MOBILES SYSTEM).................................................................................................. 60

    ABBILDUNG 4-7: ARZNEIMITTEL BESTELLEN (MOBILES SYSTEM) ................................... 61

    ABBILDUNG 4-8: ARZNEIMITTEL LIEFERN (MOBILES SYSTEM)........................................ 62

    ABBILDUNG 4-9: AUSSCHNITT AUS DER ESSENSVERSORGUNG IM KLINIKUM (HEUTIGES

    SYSTEM) .................................................................................................................. 66

    ABBILDUNG 4-10: ESSEN BESTELLEN (HEUTIGES SYSTEM)............................................. 67

    ABBILDUNG 4-11: ESSEN LIEFERN (HEUTIGES SYSTEM) .................................................. 68

    ABBILDUNG 4-12: AUSSCHNITT AUS DER ESSENSVERSORGUNG IM KLINIKUM (MOBILES

    SYSTEM) .................................................................................................................. 71

    ABBILDUNG 4-13: ESSEN BESTELLEN (MOBILES SYSTEM)............................................... 72

    ABBILDUNG 4-14: ESSEN LIEFERN (MOBILES SYSTEM)................................................... 73

    ABBILDUNG 4-15: GROBER REALISIERUNGSPLAN ........................................................... 77

    ABBILDUNG 4-16: KOSTEN-, NUTZEN, ROI-KURVENVERLAUF (MOBILES SYSTEM)........ 80

    ABBILDUNG 4-17: KOSTEN-, NUTZEN, ROI-KURVENVERLAUF (SCANNER-VARIANTE)... 80

  • XI

    TABELLENVERZEICHNIS

    TABELLE 4-1: MATERIALKOSTEN DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG (HEUTIGES SYSTEM)

    .................................................................................................................................58

    TABELLE 4-2: PERSONALKOSTEN DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG (HEUTIGES SYSTEM)

    .................................................................................................................................59

    TABELLE 4-3: MATERIALKOSTEN DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG (MOBILES SYSTEM)64

    TABELLE 4-4: PERSONALKOSTEN DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG (MOBILES SYSTEM)65

    TABELLE 4-5: PERSONALKOSTEN DER ESSENSVERSORGUNG (HEUTIGES SYSTEM) ..........70

    TABELLE 4-6: MATERIALKOSTEN DER ESSENSVERSORGUNG (HEUTIGES SYSTEM)..........71

    TABELLE 4-7: MATERIALKOSTEN DER ESSENSVERSORGUNG (MOBILES SYSTEM) ...........75

    TABELLE 4-8: PERSONALKOSTEN DER ESSENSVERSORGUNG (MOBILES SYSTEM) ...........76

    TABELLE 4-9: WIRTSCHAFTLICHKEITSRECHNUNG MITTELS ROI- UND NPV-METHODE .78

    TABELLE 6-1: QUELLENVERZEICHNIS ..............................................................................89

    TABELLE 6-2: ERHOBENE DATEN.....................................................................................90

    TABELLE 6-3: DETAILS DER MATERIALKOSTEN (HEUTIGES SYSTEM)..............................90

    TABELLE 6-4: DETAILS DER MATERIALKOSTEN (MOBILES SYSTEM/SCANNER)...............91

    TABELLE 6-5: DETAILS DER LOHNKOSTEN.......................................................................92

    TABELLE 6-6: PERSONALKOSTEN DER ESSENSVERSORGUNG (HEUTIGES SYSTEM) ..........93

    TABELLE 6-7: PERSONALKOSTEN DER ESSENSVERSORGUNG (MOBILES SYSTEM/SCANNER)

    .................................................................................................................................94

    TABELLE 6-8: PERSONALKOSTEN DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG (HEUTIGES SYSTEM)

    .................................................................................................................................95

    TABELLE 6-9: PERSONALKOSTEN DER ARZNEIMITTELVERSORGUNG (MOBILES

    SYSTEM/SCANNER) ..................................................................................................96

    TABELLE 6-10: ZUSAMMENFASSUNG DER PROZESSKOSTEN.............................................97

    TABELLE 6-11: 1D-SCANNER OHNE KABEL ...................................................................104

    TABELLE 6-12: RUGGERIZED PDA MIT SCANNER UND PALMOS....................................104

    TABELLE 6-13: RUGGERIZED PDA MIT SCANNER UND POCKETPC/WINDOWSCE..........104

  • XIII

    FORMELVERZEICHNIS

    FORMEL 2-1: ROI-KOEFFIZIENT ......................................................................................15

    FORMEL 2-2: NPV-KOEFFIZIENT .....................................................................................16

    FORMEL 2-3: ZUSTANDRAUM Z .......................................................................................19

    FORMEL 4-1: ROI-KOEFFIZIENT DES MOBILEN SYSTEMS (T=3, ZINSFUß=10%)...............79

    FORMEL 4-2: ROI-KOEFFIZIENT DER SCANNER-VARIANTE (T=3, ZINSFUß=10%)...........79

    FORMEL 4-3: NPV-KOEFFIZIENT DES MOBILEN SYSTEMS (T=3, ZINSFUß=10%)..............79

    FORMEL 4-4: NPV-KOEFFIZIENT DER SCANNER-VARIANTE (T=3, ZINSFUß=10%)..........79

  • XV

    ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

    AM Arzneimittel ApBetrO Apothekenbetriebsordnung ApoG Apothekengesetz AMK Arzneimittelkommission BDSG Bundesdatenschutzgesetz BPEM Business Process Engineering and Management BTM Betäubungsmittel BtMVV Betäubungsmittelverschreibungsverordnung DRG Diagnosis Related Groups EPK Ereignisgesteuerte Prozessketten FZI Forschungszentrum Informatik Karlsruhe G-DRG German Diagnosis Related Groups HC3 Health Care Competence Center IDEF ICAM Definition IS Informationssystem IT Informationstechnologie KHG Krankenhausfinanzierungsgesetz KIS Krankenhausinformationssystem LKHG Landeskrankenhausgesetze MIT Medizinische Informationstechnik NPV net present value

  • XVI

    AbkürzungsverzeichnisEinleitung

    OMT Object Modelling Technique PC Personal Computer PDA Personal Digital Assistant PKA Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenten PTA Pharmazeutisch-technische Assistenten RIS Rechnergestütztes Informationssystem ROI return on investment VVA Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel WLAN Wireless Local Area Network

  • 1

    1 EINLEITUNG

    Tagtäglich sind Pflegekräfte und Ärzte in einem Krankenhaus im Einsatz um ihren Pati-

    enten die bestmögliche Gesundung zu ermöglichen. In der Regel erstrecken sich die

    dafür notwendigen Tätigkeiten über alle Räume der Stationen und häufig sogar über die

    der gesamten Klinik hinweg. Neben einem hohen Maß an Mobilität erfordert der Kran-

    kenhausalltag daher einen regen Informationsaustausch mit Kollegen auf der Station

    aber auch in anderen Abteilungen, mit Vorgesetzten, Patienten und Besuchern. Dabei

    wird auch eine ausführliche Dokumentation dieser Informationen unumgänglich. Für

    diese Anforderungen wird vielerorts traditionell auf Papierformulare, Notizzettel und

    Telefone zurückgegriffen, obwohl von Herstellern eine Vielzahl an leistungsfähigen,

    mobilen Kleinstcomputern angeboten wird. Mit diesen Geräten könnte dem Personal

    einfache, vielseitige und komfortable Werkzeuge zur Unterstützung der informations-

    technischen, ubiquitären Aufgaben zur Verfügung gestellt werden.

    Doch lediglich eine geringe Anzahl von Funktionsbereichen wie Apotheken und Mate-

    riallager [Buch98] sowie auch vereinzelt Stationen1 werden scheinbar zögerlich mit mo-

    bilen, reinen Datenerfassungsgeräten (z.B. Barcode-Scanner) ausgestattet um reine Wa-

    reneingänge und -ausgänge zu erfassen. Buchauer vermutet, dass diese zögerliche Hal-

    tung auf die noch unerprobte Vorgehensweise zur Integration der mobilen Geräte in das

    heterogene Informationssystem eines Krankenhauses zurückzuführen ist.

    Gegenstand dieser Arbeit wird es sein, die Vorgehensweise zur Integration mobiler Ge-

    räte im informationstechnischen und betriebswirtschaftlichen Sinne zu untersuchen und

    Aussagen über deren Nutzenpotentiale zu machen. Im Weiteren bezeichnet der Begriff

    „Mobiles System“ ein Informationssystem, in dem mobile Endgeräte integriert sind.

    1.1 HINTERGRUND

    Das Städtische Klinikum Karlruhe hatte Monate vor Beginn dieser Diplomarbeit bereits

    ein Pilot-Projekt mit dem Namen „Mobile Computing“ ins Leben gerufen. Dieses diente

    ____________ 1 Uni-Klinik Schleswig-Holstein Campus Lübeck, Uni-Klinik Erlangen, das Katharinen-Hospital Stuttgart

    und das Klinikum Mainz.

  • 2

    Einleitung

    der Optimierung der Arzneimittel-Bestellung auf Station und in der Apotheke mit Hilfe

    eines mobilen Systems und umfasste die Apotheke und die zwei Pilotstationen B25 und

    D20. Ein Softwareberatungsunternehmen hat im Auftrag der Klinik eine Beratung der

    Apotheke durchgeführt, ein Grob- und ein Feinkonzept ausgearbeitet und die entspre-

    chende Software entwickelt. Das Softwareberatungsunternehmen brachte zudem Erfah-

    rungen aus abgeschlossenen Projekten in der Uni-Klinik Erlangen und in der Uni-Klinik

    Schleswig-Holstein Campus Lübeck mit ein. Das Projekt befand sich bei Abgabe dieser

    Arbeit in der produktiven Test-Phase. Ziel dieses Projekts war es, die Funktionsweise

    eines mobilen Systems zu testen und dieses bei erfolgreichem Abschluss auf alle Statio-

    nen auszuweiten. Außerdem sollten anderen Abteilungen, wie Küche, Wäscherei, Labor

    und besonders der Geschäftsführung die Machbarkeit und die Vorzüge des mobilen

    Systems präsentiert werden.

    Unabhängig vom Klinikum gründete das FZI zeitgleich das Kompetenzzentrum „Health

    Care Competence Center HC3“ (HC3), in welchem neben dem Forschungsbereich

    BPEM fünf weitere Forschungsbereiche des FZI zusammenwirken. Als Ziel verfolgt

    das HC3 ein Angebot an ganzheitliche Lösungen in der Medizintechnik als Schnittstelle

    zwischen Praxis und Forschung.

    1.2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT UND ZENTRALE FORSCHUNGSFRAGEN

    Im Auftrag des Städtischen Klinikums Karlsruhe sollten im Rahmen dieser Diplomar-

    beit die Nutzenpotentiale von mobilen Endgeräten im Klinikum untersucht werden. Die

    Schwerpunkte wurden aufgrund des Umfangs auf die Versorgungsprozesse der Arznei-

    mittel- und Essensversorgung gesetzt.

    Darüber hinaus verfolgt diese Arbeit das Ziel, eine Methodik zur Bewertung solcher

    Nutzenpotentiale durch die Integration mobiler Endgeräte in die Arbeitsabläufe zu ent-

    wickeln und deren Eignung in einer Fallstudie zu erproben.

    Die Vorgehensweise und Rentabilität der Integration mobiler Geräte in den Versor-

    gungsprozessen eines Krankenhauses der Maximalversorgung stehen als zentrale For-

    schungsfragen im Vordergrund. Daraus können folgende Fragen abgeleitet werden:

  • 1.3 - Aufbau der Arbeit

    3

    • Welche Rahmenbedingungen sind für den Einsatz von mobilen Geräten in

    Krankenhäusern zu beachten?

    • Wo und wie können mobile Endgeräte in Krankenhausprozesse integriert wer-

    den?

    • Welche mobilen Endgeräte sind für die Anwendung im Krankenhaus geeignet?

    • Wie können Kosten und Leistungen der Versorgungsprozesse mit und ohne un-

    terstützende mobile Geräte erfasst werden?

    • Welche Nutzen und Risiken sind bei einer Inbetriebnahme mobiler Systeme zu

    erwarten?

    Eine weitere Aufgabe dieser Arbeit bestand in der Vorstellung der Ergebnisse der Fall-

    studie in Form eines Berichts sowie einer anschließenden Präsentation. Unterstützung

    leistete hierbei der Forschungsbereich Medizinische Informationstechnik (MIT) des FZI

    mit der Durchführung einer PDA/Scanner-Marktanalyse und der Beratung in Fragen zu

    mobilen Endgeräten. Die Ergebnisse der Arbeit wurden in Form einer Top-

    Management-Präsentation den Entscheidern im Klinikum vorgestellt und als Unterstüt-

    zung zur Entscheidungsfindung hinzugezogen.

    1.3 AUFBAU DER ARBEIT

    Kapitel 2 vermittelt die wirtschaftlichen und gesetzlichen Hintergründe in einer Kran-

    kenhaus-Umgebung, die Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnungen, die Begriffe, die

    im Zusammenhang mit einer Prozessoptimierung verwendet werden, sowie Erläuterun-

    gen zu mobilen Geräten und deren Nutzen in Informationssystemen.

    Die Forschungsstrategie und die entsprechenden Methoden werden in Kapitel 3 vorge-

    stellt. Die Erläuterungen zu dieser Strategie befassen sich mit der Bewertung der Nut-

    zenpotentiale und beschreiben die eingesetzten Methoden. Anmerkungen zu den Me-

    thoden finden sich am Ende des Kapitels in den Schlussbemerkungen.

    Die Anwendung der vorgestellten Forschungsstrategie erfolgt in der Fallstudie in Kapi-

    tel 4, die sich vollständig auf die Arzneimittel- und Essensversorgung konzentriert. Die

    Schlussbemerkung beinhaltet abschließende Hinweise und Kommentare zum Verlauf

    der Analyse.

  • 4

    Einleitung

    Kapitel 5 liefert neben der Zusammenfassung der relevanten Ergebnisse einen Ausblick

    auf noch offen stehende Fragen und Diskussionsansätze.

  • 5

    2 BEGRIFFLICHKEITEN UND GRUNDLAGEN

    2.1 ZUM BEGRIFF „KRANKENHAUS DER MAXIMALVERSORGUNG“

    Krankenhäuser in Deutschland werden klassifiziert nach ärztlicher/pflegerischer Ziel-

    setzung, nach ärztlicher Besetzung, nach der Trägerschaft und nach ihrer Versorgungs-

    stufe [Bott03]. Letztere gibt an, über wie viele Betten das Krankenhaus verfügt. In ei-

    nem Krankenhaus der Maximalversorgung stehen demnach mehr als 1.000 Betten zur

    Verfügung.

    Im Allgemeinen beschränkt sich diese Arbeit aus zeitlichen Gründen auf Krankenhäuser

    mit öffentlicher Trägerschaft. Allerdings werden in Kapitel 5 die Unterschiede zu pri-

    vatwirtschaftlich geführten Krankenhäusern kurz diskutiert und die Übertragbarkeiten

    der Ergebnisse erörtert.

    Im Folgenden werden nun das grobe Finanzierungssystem deutscher Krankenhäuser, die

    Prozessstruktur und Besonderheiten der Krankenhausleistungen sowie die relevanten

    gesetzlichen Rahmenbedingungen, auf die im Verlauf dieser Arbeit Bezug genommen

    wird, vorgestellt.

    2.1.1 Finanzierungssystem eines deutschen Krankenhauses

    1972 wurde aufgrund der damals defizitären Lage vieler Krankenhäuser mit dem Kran-

    kenhausfinanzierungsgesetz (KHG) [KHG99] erstmals eine dualistische Finanzierung

    eingeführt [Guth80]. Seither werden Investitionskosten durch Steuermittel aus öffentli-

    cher Hand gedeckt. Die Betriebskosten finanzieren sich über die Pflegesätze der Sozial-

    leistungsträger (Krankenkassen). Laut [KHG99] müssen dabei die Fördermittel und die

    Erlöse die Selbstkosten eines wirtschaftlichen und leistungsfähigen Krankenhaus-

    Betriebs decken. Man spricht hier auch vom Kostendeckungsprinzip. Das Ziel des Ge-

  • 6

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    setzgebers lag darin, dass Krankenhäuser nicht langfristig durch Zahlungsunfähigkeit

    und Überschuldung ihrer Existenz beraubt werden [Guth80]. Bei Schließung eines

    Krankenhauses könnte evtl. die bedarfsgerechte Versorgung nicht mehr garantiert wer-

    den.

    2.1.1.1 Zum Begriff „Investitionskosten“

    Die Investitionskosten werden, wie oben beschrieben, durch Fördermittel vom Land

    übernommen und setzen sich laut [KHG99] aus allen Kosten zusammen, die mit Maß-

    nahmen zur Erhöhung des Anlagevermögens eines Krankenhauses verbunden sind.

    Durch diese Fördermittel erhält der Staat ein Steuerungsinstrument, mit dessen Hilfe die

    Ziele des Landes bezüglich der Krankenhäuser besser verfolgt werden können. An För-

    dermittel sind Bedingungen bzw. Erwartungen geknüpft, die das Krankenhaus mit der

    geplanten Investition erreichen soll. Eine Bedingung ist dabei stets die Gesamtwirt-

    schaftlichkeit des Krankenhauses und somit auch die Senkung bzw. Beibehaltung der

    Betriebskosten.

    2.1.1.2 Zum Begriff „Betriebskosten“

    Die Betriebskosten setzen sich nach [KHG99] aus Kosten für die Instandhaltung des

    Krankenhauses sowie für die Anschaffung bzw. Herstellung von Verbrauchsgütern zu-

    sammen. Betriebskosten werden auch als pflegesatzfähige Kosten bezeichnet und dem-

    zufolge über die Pflegesätze der Kostenträger (Krankenkassen) vergütet.

    2.1.1.3 Zum Begriff „Diagnosis Related Groups (DRG)“

    Die Abkürzung DRG steht hierbei für „Diagnosis Related Groups“ (Fallpauschalen). In

    DRG-Systemen werden Behandlungsfälle in Akut-Krankenhäusern2 in definierte Grup-

    pen mit möglichst ähnlichen Behandlungskosten eingeteilt. Für jeden Krankheitsfall

    wird somit eine gewisse Pauschale zur Vergütung erstattet. Liegen die tatsächlichen

    Betriebskosten über dieser Pauschale, entstehen dem Krankenhaus Verluste. Können die

    Betriebskosten unter diese Pauschale gesenkt werden, kann das Krankenhaus sogar Ge-

    ____________ 2 Ein Akutkrankenhaus ist ein Krankenhaus, bei dem für Akutfälle Tag- und Nachtaufnahmebereitschaft

    besteht und ein breites Spektrum akuter Behandlungsfälle vorliegt.

  • 2.1 - Zum Begriff „Krankenhaus der Maximalversorgung“

    7

    winne aufweisen, mit denen Verluste durch andere Leistungen kompensiert werden

    können.

    Die Fallpauschalen-Regelung wurde an der Universität Yale (USA) [GrHo02] entwi-

    ckelt und erstmals im Jahr 1983 als Krankenhaus-Finanzierungssystem eingeführt. An-

    dere Staaten griffen diese Idee auf und generierten sich aufbauend auf den DRG-

    Systemen ihr eigenes länderspezifisches DRG-System. Im Jahr 1999 wurde auch in

    Deutschland beschlossen, ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes

    Entgeltsystem zur Krankenhausvergütung in Anlehnung an das DRG-System auf den

    Weg zu bringen [KHG99; §17b]. Hierbei sollten Erfahrungen anderer Länder mit DRG-

    Systemen in das deutsche DRG-System einfließen. Das deutsche DRG-System ist auch

    unter dem Begriff G-DRG (German-DRG) [GrHo02] bekannt.

    Zum 1. Januar 2003 ersetzte dieses neue Vergütungssystem die bisher abgerechneten

    Entgelte nach §17 KHG [KHG99] und wurde budgetneutral - parallel zum herkömmli-

    chen Pflegesatz-System - umgesetzt. Seit Januar 2004 werden die Betriebskosten der

    Krankenhäuser nun ausschließlich über die Fallpauschalen finanziert. Die Höhe der

    Fallpauschalen wurde bei Einführung des Systems krankenhausindividuell festgelegt

    und soll nun in einer Übergangsphase von 3 Jahren bundesweit vereinheitlicht werden.

    Seit der Einführung der Fallpauschalen-Finanzierung ist jedes Krankenhaus verpflichtet,

    sein Kosten-Leistungs-Verhältnisse zu bestimmen und bei Verlusten rechtzeitig zu rea-

    gieren. Bei der Frage, wie Kosten bei gleicher bzw. besserer Leistung zu senken sind, ist

    die Geschäftsführung im Zugzwang. Das neue Entgeltsystem zwingt das Management

    eines Krankenhauses dazu, wie in einem mittelständischem Unternehmen zu agieren,

    mit dem Unterschied, dass in einem Krankenhaus weiterhin krankenhausspezifische,

    soziale und gesetzliche Rahmenbedingungen bindend sind. Zur Senkung der Kosten

    bzw. zur Steigerung der Qualität der angebotenen Dienstleistungen wird es in Kranken-

    häusern künftig notwendig sein, klinische Behandlungspfade zu entwickeln und syste-

    matische, kontinuierliche Optimierungsprozesse einzuführen. Ohne diese Kostentrans-

    parenz läuft ein Krankenhaus Gefahr, in den Konkurs zu wirtschaften und von Mitbe-

    werbern aufgekauft zu werden.

    2.1.2 Wirtschaftlichkeitsprinzip eines Krankenhauses

    Nach [Woeh90] besitzt das Prinzip der Wirtschaftlichkeit, dem jeder wirtschaftliche

    Betrieb folgt, zwei Varianten:

  • 8

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    • Das Maximalprinzip: Mit vorhandenen Mitteln wird die größtmögliche Leistung

    erbracht.

    • Das Minimalprinzip: Mit dem geringst möglichen Mitteleinsatz wird eine be-

    stimmte Leistung erbracht.

    Assad [Assa00] geht sehr ausführlich auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte der

    Krankenhäuser in Deutschland ein. Demnach greift in Krankenhäusern in der Regel das

    Minimalprinzip. Assad begründet dies damit, dass „die Ziele der Leistungserbringung

    festgelegt sind, aber die Mittel variiert werden können“ [Assa00; S. 32]. Eine Bestäti-

    gung dieser These findet sich in der ebenso ausführlichen Diskussion in [Pflu01; S. 24] .

    2.1.3 Prozessorientierung im Krankenhaus

    Abbildung 2-1 stellt in Anlehnung an [ElBe03; S. 3] die typischen Leistungsprozesse in

    einem im Sinne der Prozessorientierung idealen Krankenhaus dar. Die Arbeitsabläufe

    erfolgen hier prozess- und, wie in der Abbildung 2-1 erkennbar, auch patientenorien-

    tiert. Der Patientenorientierung zu Folge ist nach [Assa00] ein Krankenhaus in Anleh-

    nung an [HoIn88; S. 7] als „kundenpräsenzbedingter Dienstleistungsbetrieb“ einzustu-

    fen. Somit gehören Krankenhausleistungen zu den personengebundenen Leistungen.

    [Assa00; S. 30f] erarbeitet anschließend die Besonderheiten der Krankenhausleistungen

    im Vergleich zu gewöhnlichen Dienstleistungen. Das Wesentliche ist im Folgenden

    zusammengefasst:

    • „Krankenhausleistungen sind weder lager- noch transportfähig. Sie müssen zum

    Zeitpunkt und am Ort der Erstellung der Nachfrage produziert werden.“

    • „Nachfragespitzen müssen absorbiert werden können. Dadurch steigt der Anteil

    der Bereithaltungskosten an den Gesamtkosten des Krankenhauses.“

    • „Leistungserbringung im Krankenhaus bedingt die Mitwirkung des Patienten.

    [...] Dies führt zum Problem, dass die Krankenhausleistung nicht ohne weiteres

    von der Patientenleistung getrennt werden kann.“

    • „Beschränkte Substitutionalität der Produktionsfaktoren“: „Die Kundenpräsenz

    und die Unmöglichkeit, immaterielle Bestandteile der Krankenhausleistung

    durch Maschinen zu ersetzen, eröffnen der Krankenhausführung nur beschränkte

    Rationalisierungspotentiale.“

  • 2.1 - Zum Begriff „Krankenhaus der Maximalversorgung“

    9

    • „Geringe Angebotselastizität“: „Bei kurzfristiger Änderung der Nachfrage er-

    folgt die Kapazitätsanpassung erst mit großer Verzögerung.“

    Assad stützt sich bei oben genannten Thesen auf zahlreiche, zwischen 1975 und 1998

    erschienene Literatur.

    Abbildung 2-1: Prozessstruktur eines Krankenhauses nach [ElBe03]

    2.1.4 Relevante gesetzliche Bestimmungen für ein deutsches Kranken-haus

    Die Mitarbeiter wie auch das Krankenhaus selbst sind zur Einhaltung zahlreicher ge-

    setzlicher Bestimmungen verpflichtet, damit Gefahren vermieden und die Verantwort-

    lichkeiten festgelegt werden können. An dieser Stelle sind vor allem diejenigen Vor-

    schriften von Interesse, die die Arbeitsabläufe in der Apotheke und auf den Stationen

    besonders tangieren und die mit einem Informationssystem unterstützt werden könnten.

    Kernprozesse Unterstützungsprozesse Lenkungsprozesse

    Strategien festlegen und überwachen

    Finanzierung gewährleisten

    Controlling sicherstellen

    Kommunizieren

    Management- system pflegen

    Einkaufen

    Beschwerden bearbeiten

    Material handeln

    Personal betreuen

    Fakturieren / Abrechnen

    Archivieren

    Verpflegen

    Energie bereitstellen

    Patient wünscht

    Patient erhält

    Aufnehmen / Entlassen

    Behandeln

    Pflegen

    Diagnostizieren

  • 10

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    Datenschutz muss krankenhausweit berücksichtigt werden und beinhaltet sowohl die

    Daten des Personals als auch die Patientenakten. Eine Apotheke richtet sich in Bezug

    auf Aufbewahrungsfristen amtlicher Unterlagen nach der Apotheken-Verordnung und in

    Bezug auf den Umgang mit Arzneimitteln nach dem Arzneimittelgesetz und der Betäu-

    bungsmittelverschreibungsverordnung.

    2.1.4.1 Datenschutz

    Die Anforderungen des Datenschutzes an ein Krankenhaus entsprechen der Ärzte-

    schweigepflicht und der Einhaltung des Datenschutzrechtes [Geis98] und werden durch

    die Landeskrankenhausgesetze (LKHG) in den jeweiligen Ländern festgelegt. “Patien-

    tendaten dürfen erhoben, gespeichert, verändert und genutzt werden, soweit dies erfor-

    derlich ist“ [LKHG00] lautet die zentrale Aussage dieser Gesetze. Neben der ärztlichen

    Schweigepflicht, die das unbefugte Offenbaren der Patientendaten untersagt, müssen

    das Krankenhaus und somit auch dessen Mitarbeiten auch die Übermittlung und die

    Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Patientendaten intern und extern im Sinne

    des Datenschutzes handhaben. Die Übermittlung, Erhebung, Verarbeitung und Nutzung

    von Patientendaten ist nur in zweckdienlichen Ausnahmen, bei Einwilligung des Betrof-

    fenen oder durch gesetzliche Regelungen erlaubt.

    Bei Archivierung, Mikroverfilmung und Scannen von Patientenakten in externen

    Dienstleistungsunternehmen gelten besondere Regelungen, die in den Ländern unter-

    schiedlich festgelegt sind. In einigen Bundesländern ist die externe Datenverarbeitung

    erlaubt, in anderen ist dies ohne Einwilligung des Patienten nicht zugelassen [Geis98].

    Auch die Zugriffsrechte auf die Patientendaten sind stark reglementiert. „Ein Zugriff auf

    personenbezogene Daten ist jeweils nur in dem Umfang zulässig, in dem die personen-

    bezogenen Daten tatsächlich zur Erfüllung der jeweiligen konkreten Aufgabe der Be-

    schäftigten erforderlich sind. So darf eine Fachabteilung, die einen Patienten nicht be-

    handelt, von dessen detaillierten medizinischen Daten grundsätzlich keine Kenntnis

    erhalten, es sei denn, sie übernimmt die Mit- oder Nachbehandlung“ [Geis98].

    Der Schutz der Personaldaten in einem Krankenhaus erfordert ebenfalls große Auf-

    merksamkeit. Personaldaten sind grundsätzlich wie personenbezogene Daten zu behan-

    deln und somit nach dem Bundesdatenschutz (BDSG) zu schützen. „Zweck dieses Ge-

    setzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen

  • 2.1 - Zum Begriff „Krankenhaus der Maximalversorgung“

    11

    personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird.“

    [BDSG01; §1].

    2.1.4.2 Arzneimittel

    Auch der Umgang mit Arzneimitteln in der Apotheke und auf der Station unterliegt

    zahlreichen gesetzlichen Vorschriften. Die folgend genannten Bestimmungen sind im

    Apothekengesetz (ApoG), in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), in der Betäu-

    bungsmittel-Verschreibungsverordnung – (BtMVV) und in der Verordnung über ver-

    schreibungspflichtige Arzneimittel (VVA) festgelegt.

    2.1.4.2.1 Räumliche Trennung der Apotheke

    Nach dem Apothekengesetz (ApoG) und der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)

    muss die Apotheke den Zugang zu den Arzneimitteln kontrollieren und nur Zugangsbe-

    rechtigten Zugang gewähren können. Die Konsequenz daraus ist die räumliche Ge-

    schlossenheit der Apotheke. Dies bedeutet, dass innerhalb der Apotheke nur Arbeiten in

    Bezug auf die Apotheke durchzuführen sind und auch die Lagerung von Arzneimitteln

    nur innerhalb der Apothekenräume und nicht in ausgelagerten Räumen erfolgen darf.

    2.1.4.2.2 Chargen-Pflicht und Rückrufe von Arzneimitteln

    Eine Charge einer Arzneimittelproduktion ist eine Ladung von Arzneimitteln, die im

    gleichen Produktionszyklus unter gleichen Bedingungen hergestellt wurden. Einen be-

    stimmten Teil dieser Charge behält der Arzneimittelhersteller ein, um spätere Reklama-

    tionen prüfen zu können. Sind bei einer eventuellen Reklamation auch die einbehaltenen

    Packungen zu beanstanden, so ist vermutlich die ganze Charge von dem Fehler betrof-

    fen. Daraufhin werden Rückrufe dieser Charge über die pharmazeutische Fachpresse

    und über Schnellinformationen von Großhändlern verbreitet.

    Nach § 22 ApBetrO sind Apotheker dazu verpflichtet alle Mitteilungen der AMK zu

    lesen und als gelesen abzuzeichnen. Im Falle eines Rückrufes ist es dann Aufgabe des

    Apothekers, sicherzustellen, dass die zurückgerufenen Arzneimittel im Krankenhaus

    eingesammelt und entsorgt bzw. an den Hersteller zurückgeschickt werden.

  • 12

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    2.1.4.2.3 Verschreiben, Abgabe und Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmit-teln

    Die Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs

    von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV)

    [BtmV03] sieht vor, dass „Betäubungsmittel (BTM) für den Stationsbedarf nur nach

    Vorlage eines ausgefertigten Betäubungsmittelanforderungsscheins (Stationsverschrei-

    bung) abgegeben werden“ dürfen. Die Stationsverschreibung darf nur der Arzt unter-

    schreiben, „der ein Krankenhaus oder eine Teileinheit eines Krankenhauses leitet“. In

    der Regel sind dies Chef- und Oberärzte. Die Vorlagen solcher Stationsverschreibungen

    müssen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bezogen werden. Ein

    Telefonat mit der Bundesopiumstelle ergab, dass in nächster Zeit keine Regelungen für

    die elektronische Verarbeitung der Stationsverschreibung geplant sind. Somit besitzt

    eine mögliche, elektronische Verarbeitung zur Verschreibung und Abgabe von Betäu-

    bungsmitteln keine gesetzliche Gültigkeit.

    Des Weiteren müssen der Verbleib und der Bestand der Betäubungsmittel in der Kran-

    kenhausapotheke und auf den Stationen nach [BtmV03] jederzeit lückenlos nachweisbar

    sein. Dieser Nachweis kann mit Karteikarten oder mit Betäubungsmittelbüchern geführt

    werden. Hier wäre eine elektronische Verarbeitung allerdings möglich, da als Nachweis

    ein Ausdruck mit den erforderlichen Angaben ausreicht.

    2.1.4.2.4 Stichprobenkontrollen in der Apotheke

    Die verwendeten Fertigarzneimittel in der Apotheke müssen gemäß § 12 ApBetrO re-

    gelmäßig stichprobenartig auf Farbe, Klarheit, Unversehrtheit der Primärbehältnisse,

    Verfallsdatum bzw. Aufbrauchfrist und Partikelfreiheit der Lösung geprüft werden. Die

    Ergebnisse der Prüfungen müssen ausführlich dokumentiert werden.

    2.1.4.2.5 Unterschriften

    Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nach der Verordnung über verschrei-

    bungspflichtige Arzneimittel [VVA99] nur „nach Vorlage einer ärztlichen Verschrei-

    bung“ abgegeben werden. Verschreibungen für den Stationsbedarf bedürfen somit, wie

    bereits erwähnt wurde, grundsätzlich einer Unterschrift des Stationsarztes. Bei Son-

    deranforderungen ist die Unterschrift eines Oberarztes oder eines Chefarztes notwendig.

    [VVA99, §2] klärt hierzu die rechtliche Grundlage für die elektronische Verschreibung

    in einem Krankenhaus:

  • 2.1 - Zum Begriff „Krankenhaus der Maximalversorgung“

    13

    „Ist die Anforderung eines Arzneimittels für ein Krankenhaus bestimmt, in dem zur

    Übermittlung derselben ein System zur Datenübertragung vorhanden ist, welches die

    Anforderung durch einen befugten Arzt sicherstellt, so genügt statt der eigenhändigen

    Unterschrift nach Absatz 1 Nr. 8 die Namenswiedergabe dieses Arztes.“

    Somit ist eine Verschreibung von Arzneimitteln in einem Krankenhaus mittels EDV

    grundsätzlich rechtsgültig. Eine Ausnahme stellt, wie bereits erwähnt wurde, die Ver-

    schreibung von BTM dar.

    2.1.4.2.6 Aufbewahrung von amtlichen Unterlagen in Apotheken

    Die Aufbewahrung von amtlichen Unterlagen ist streng nach ApBetrO reglementiert.

    Als amtliche Unterlagen werden Prüf- und Herstellungsprotokolle, Rezepte, Karteien,

    Lieferscheine, Rechnungen und Warenbegleitscheine bezeichnet. Mit Hilfe dieser Do-

    kumente können die Produktions- und Lieferwege der Arzneimittel nachvollzogen und

    im Falle einer Fahrlässigkeit der Verantwortliche ermittelt werden. Zu den Archiven der

    Unterlagen dürfen nur authentisierte Personen Zugang besitzen.

    Der größte Teil der Unterlagen unterliegt einer Aufbewahrungsfrist von ein bis drei Jah-

    ren. Unterlagen, die dem Transfusionsgesetz zuzuordnen sind, müssen mindestens 15

    Jahre aufbewahrt werden.

  • 14

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    2.2 METHODEN DER WIRTSCHAFTLICHKEITSRECHNUNG

    Mit Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung stehen Werkzeuge zur Verfügung, mit

    denen die monetäre Rentabilität der im Kapitel 2.1.2 genannten „Variationen der Mittel

    bei gleicher Leistung“ und der „Steigerung der Leistungsqualität mit gleichen Mitteln“

    bestimmt werden kann. Im Folgenden wird das Prinzip der Prozesskostenrechnung zur

    Bestimmung der Prozesskosten vorgestellt. Anschließend wird ein Einblick in die Re-

    chenverfahren zur Wirtschaftlichkeit gegeben. Den Abschluss bildet die Nutzwertanaly-

    se, mit der Kosten und Nutzen bewertet werden können, die nicht monetär erfassbar

    sind.

    2.2.1 Prozesskostenrechnung

    Einzelkosten beinhalten diejenigen Kosten, die bei einem betrieblichen Produkt bzw.

    einer betrieblichen Dienstleistung direkt verursacht werden (z.B. Materialverbrauch).

    Fallen hingegen indirekte Kosten an, wie beispielsweise Verwaltungskosten, werden

    diese als Gemeinkosten bezeichnet.

    Im Gegensatz zur traditionellen Vollkostenrechnung werden nach [Herm02] in der Pro-

    zesskostenrechnung die Gemeinkosten den Kostenträgern nicht über Zuschlagsätze zu-

    geordnet, sondern über Prozesskosten. Dadurch können den Kostenstellen die tatsäch-

    lich verursachten Kosten zugerechnet werden. Zur Ermittlung der Kosten werden für die

    Prozesse quantitative Messgrößen (z.B. Produktionsmenge, Anzahl der Buchungen,

    u.ä.) festgelegt. Diese Messgrößen werden in der Literatur [Herm02, GrHo02] auch als

    Kostentreiber (cost driver) bezeichnet. Eine ausführliche Beschreibung der Prozesskos-

    tenrechnung ist in [Herm02, S. 344ff] zu finden.

    2.2.2 Rechenverfahren zur monetären Wirtschaftlichkeit

    Die Rechenverfahren zur Wirtschaftlichkeit unterscheidet [Eich00] in Kennzahlen-,

    Prognose-, Optimierungs-, Statische- und Dynamische-Rechnungen.

    Kennzahlenrechnungen arbeiten mit einem Kennzahlensystem und eignen sich für Ver-

    gleichszwecke. Von Nachteil ist hierbei die „Simplifikation durch Reduktion von Kom-

  • 2.2 - Methoden der Wirtschaftlichkeitsrechnung

    15

    plexität“ [Eich00; S. 243], mit der komplexe Sachverhalte in einfache operationale Grö-

    ßen überführt werden. Das Problem hierbei ist der Verlust von Informationen über Qua-

    lität und Details.

    Optimierungsrechnungen liegen Zielfunktion mit so genannten Restriktionen zu Grun-

    de. Sie sollen zur Ermittlung der bestmöglichen Lösung beitragen. Dabei führen sie je-

    doch „eine rein quantitative Modellierung unter Ausgrenzung qualitativer Aspekte“

    durch [Eich00; S. 255].

    Prognoserechnungen stützen sich auf Statistiken. Sie setzen allerdings eine zeitaufwen-

    dige Analyse der Vergangenheit und der statischen Umweltbedingungen voraus.

    Verfahren, die Zeitmomente durch Zinseszinsregelungen einbeziehen, bezeichnet man

    als dynamischen Rechnungen. Im Gegensatz dazu stehen die statischen Rechnungen,

    bei denen „das Zeitmoment ausgeklammert wird“ [Eich00; S. 244]. Der Vorteil der sta-

    tischen Methoden ist ihre Einfachheit. In statischen Verfahren werden jedoch Änderun-

    gen der Kosten und Erträge während der Investitionsdauer nicht berücksichtigt.

    Für eine möglichst genaue Vorhersage der Rentabilität ist daher ein dynamisches Re-

    chenverfahren zu wählen. Besonders ausführlich werden im Folgenden die Methoden

    „return on investment“ (ROI) [Korn88] und „net present value“ (NPV) [Grob99] be-

    handelt.

    2.2.2.1 „return on investment“ (ROI)

    Für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit hat sich in der Investitionsrechnung die For-

    mel des „return on investment“ (ROI) [Korn88] bewährt. Der ROI-Koeffizient aus

    Formel 2-1 beantwortet die Frage, wie viel Prozent der investierten Summe nach einer

    gegebenen Periode n zu erwarten ist. In die Rechnung gehen die Investitionskosten, die

    Betriebskosten und der zu erwartende Nutzen über die zu ermittelnde Periode t und ein

    geschätzter Zinsfuß ein. Beträgt der Koeffizient mehr als 100% ist die Investition inner-

    halb der Periode t rentabel.

    Formel 2-1: ROI-Koeffizient

    )(

    ROI1

    nskostenInvestitioZinsfuß

    stenBetriebskoNutzent t

    tt∑ =−

    =

  • 16

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    Durch Einbeziehung des Zinsfußes berücksichtigt diese moderne Form des ROI nach

    [Grob99]. Wertunterschiede des Kapitals zu verschiedenen Zeitpunkten. In der klassi-

    schen, statischen Variante des ROI ist der Parameter Zinsfuß nicht enthalten (vgl.

    [Korn88]; S. 263). Der Zinsfuß nimmt zudem die Rolle der Risikobewertung ein. Je

    höher er gewählt wird, desto niedriger fällt die Rentabilität aus. Üblicherweise beträgt

    der Zinsfuss zwischen 6 % und 10 % und orientiert sich am aktuellen Kapitalzins. Die

    Zeitperiode sollte allerdings nicht mehr als 5 Jahre betragen, da die Prognose über ei-

    nem zu langen Zeitraum ungenau und somit unbrauchbar wird.

    Das Beispiel in Abbildung 2-2 für ein mögliches ROI-Ergebnis veranschaulicht die

    Aussage des ROI. Eine Investition erlangt den „Break Even“-Punkt bei einem ROI-

    Koeffizienten von 100%. Damit sind die getätigten Investitionen zurück gewonnen.

    Steigt der ROI-Koeffizient über 100%, ist mit einem Gewinn zu rechnen.

    Abbildung 2-2: Beispiel eines möglichen ROI-Kurvenverlaufes

    2.2.2.2 „net present value“ (NPV)

    Eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung der Wirtschaftlichkeit einer Investition ist

    die „net present value“-Methode (NPV) [Grob99]. Im Deutschen wird der NPV auch als

    Nettogegenwartswert bezeichnet. Der NPV berechnet sich durch Formel 2-2.

    Formel 2-2: NPV-Koeffizient

    ∑ = −=n

    1t)( NPV nskostenInvestitio

    ZinsfußnNettonutze

    tt

    Break Even bei ROI(t=1,2Jahre)

    = 100%

    ROI (t = 3Jahre) = 200%

    Nutzen

    Kosten

    Kosten / Nutzen

    Zeit

  • 2.2 - Methoden der Wirtschaftlichkeitsrechnung

    17

    Der Nettogegenwartswert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Gegenwartswert

    der Nutzen und dem der Kosten. Erreicht der Nettogegenwartswert nach einer bestimm-

    ten Periode einen Wert von 0 €, ist der „Break-Even“-Punkt erreicht. Besitzt der NPV-

    Koeffizient einen positiven Wert, können durch die Investition vermutlich Gewinne

    verzeichnet werden (vgl. Abbildung 2-3).

    Abbildung 2-3: Beispiel eines möglichen NPV-Kurvenverlaufes

    2.2.2.3 Weitere dynamische Rechenverfahren

    Neben der ROI- und der NPV-Methode stehen an dynamischen Verfahren bei [Eich00]

    die Barwertmethode, Endwertmethode, Zinsfußmethode sowie die Annuitätenmethode

    zur Verfügung. Diese Methoden bauen jedoch sehr stark aufeinander auf und setzen

    sich, die Endwertmethode ausgenommen, jeweils aus Umformungen der anderen zu-

    sammen. Die Endwertmethode hingegen stellt lediglich eine Variante der Barwertme-

    thode dar.

    2.2.3 Die Nutzwertanalyse

    Sollen neben der monetären Bewertung auch die nicht monetären Aspekte anstehender

    Investitionsmöglichkeiten miteinbezogen werden, wird hierzu in der Praxis häufig die

    Nutzwertanalyse [BMF95] hinzugezogen. Sie ist in drei Schritte (vgl. Abbildung 2-3)

    unterteilt.

    Break Even bei NPV(t=1,2Jahre)

    = 0 €

    NPV (t = 3Jahre) = 100.000 €

    Nutzen

    Kosten

    Kosten / Nutzen

    Zeit

  • 18

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    Abbildung 2-4: Schritte der Nutzwertanalyse

    In ersten Schritt werden die Bewertungskriterien in Form von Zielen formuliert und

    entsprechend ihrer Priorität und Bedeutung gewichtet. Die Summe aller Gewichte ergibt

    dabei ergeben. Bei der Beurteilung der Maßnahmen soll anschließend den jeweiligen

    Alternativen zu den aufgestellten Bewertungskriterien Punkte zwischen 0 und 10 zuge-

    wiesen werden. Ist zu erwarten, dass die Maßnahme das Kriterium zur vollkommenen

    Zufriedenheit erfüllt, sollten 10 Punkte vergeben werden. 0 Punkte bedeuten, dass das

    Kriterium von der Maßnahme überhaupt nicht erfüllt wird. Werden Kriterien nur teil-

    weise erfüllt, können diese mit Punkten von 1 bis 9 je nach Grad des Zutreffens bewer-

    tet werden. Im letzten Schritt wird für jedes Kriterium dessen Gewichtung mit den zu-

    gewiesenen Punkten multipliziert. Die Addition dieser Produkte ergibt den Nutzwert

    einer Maßnahme.

    Festlegung der Bewertungskriterien

    Beurteilung der Maßnahmen

    Berechnung des Ergebnisses

    Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3

  • 2.3 - Grundlagen der Prozessoptimierung

    19

    2.3 GRUNDLAGEN DER PROZESSOPTIMIERUNG

    In den letzten 30 Jahren hat sich in der Unternehmenswelt ein Wandel von funktionalen

    Organisationsmodellen nach Taylor [Tayl77] zu prozessorientierten Ablauforganisati-

    onsmodellen vollzogen, wie es [GSVR94] propagiert. Damit erhalten in diesem Zuge

    anstelle der klassischen Aufbauorganisation die Arbeitsabläufe den höchsten Stellen-

    wert bei der Organisation der Leistungserstellung. Im Folgenden soll die Grundlage für

    die spätere prozessorientierte Vorgehensweise vorgestellt werden.

    2.3.1 Zum Begriff „Prozess“

    Die Begrifflichkeit des Prozesses bzw. des Geschäftsprozesses findet seinen Ursprung

    in dem aus der Informatik bekannten formalen Prozessbegriff [ScFi98]. Formal wird ein

    Prozess laut [Dude93] als Folge von Aktionen in einem Zustandsraum beschrieben.

    Ein solcher Zustandsraum fasst die Menge der möglichen Zustände (x1, … xn) zusam-

    men. Ein Zustand wird durch ein Tupel von Zustandsvariablen xi beschrieben. Eine Zu-

    standvariable xi ist eine elementare Größte und nimmt einen konkreten Wert an. Der

    Zustandsraum Z kann somit schlussfolgernd mit Formel 2-3 beschrieben werden.

    Z = {(x1, … , xn)| xi,n є N, i=(1,…,n)}

    Formel 2-3: Zustandraum Z

    Eine Aktion in einem Zustandsraum enthält eine Menge von Wertzuweisungen an Zu-

    standsvariablen. Die Anwendung einer Aktion auf einen Zustand liefert einen neuen

    Zustand. Ein Prozess kann somit als Tripel P = (Z, a, s) mit Zustandsraum Z, Aktion a

    und neuem Zustand s formal definiert werden.

    In Bezug auf eine aus der formellen Definition abgeleiteten informellen Definition be-

    mängelt [ScFi98], dass keine der in der Literatur zahlreich vorhandenen Definitionen

    die Gesamtheit des Geschäftsprozesses erfasst und hat darauf aufbauend folgende De-

    finition erarbeitet:

  • 20

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    „Der Prozess ist eine logische zusammenhängende Kette von Teilprozessen, die auf das

    Erreichen eines bestimmten Zieles ausgerichtet sind. Ausgelöst durch ein definiertes

    Ereignis wird ein Input durch den Einsatz materieller und immaterieller Güter unter

    Beachtung bestimmter Regeln und der verschiedenen unternehmensinternen und –

    externen Faktoren zu einem Output transformiert. Der Prozess ist in ein System von

    umliegenden Prozessen eingegliedert, kann jedoch als eine selbstständige, von anderen

    Prozessen isolierte Einheit, die unabhängig von Abteilungs- und Funktionsgrenzen ist,

    betrachtet werden.“

    Der Input ist als Kombination von bestimmten sowohl materiellen als immateriellen

    Einsatzgütern beschrieben, als Output werden Leistungen und Arbeitsergebnisse be-

    zeichnet. Unternehmensinterne Faktoren können vom Unternehmen selbst beeinflusst

    werden und umfassen die Bedingungen für die mögliche Leistungsfähigkeit des Unter-

    nehmens. Unternehmensexterne Faktoren sind Umweltbedingungen bzw. -einflüsse, die

    von außen auf das Unternehmen wirken, wie beispielsweise gesetzliche Vorschriften.

    Diese Faktoren können vom Unternehmen nicht beeinflusst werden.

    Abbildung 2-5: Grundstruktur eines Prozesses nach [ScFi98]

    Die Grundstruktur eines Prozesses stellt Abbildung 2-5 dar. Diese Definition des Ge-

    schäftsprozess bildet eine Unterklasse des formalen Prozesses. Der Input bildet den An-

    fangszustand, die Ablauflogik übernimmt die Aufgabe der Aktionen und als Zustands-

    raum sind die unternehmensinternen und –externen Faktoren zu verstehen. Als Anwen-

    Input

    Ablauflogik

    Output p1 p2

    p3p4 p5

    Organisations-einheiten

    Arbeitsmittel

    Unternehmensinterene und –externe Faktoren

  • 2.3 - Grundlagen der Prozessoptimierung

    21

    dung der Aktionen erfolgen Teilprozesse. Mit dem Output wird schließlich der Endzu-

    stand erreicht.

    Laut [Netl04] ist ein „Geschäftsprozess eine Folge von geschäftlichen Aktivitäten, die

    ein bestimmtes Ergebnis anstrebt“. „Geschäftsprozesse in ihrer Gesamtheit setzen dem-

    nach die Geschäftsaufgabe um. Dazu werden die Geschäftsprozesse in die drei Hauptka-

    tegorien Kernprozesse, Führungsprozesse und Unterstützungsprozesse unterteilt. Der

    Kernprozess in den Wirtschaftswissenschaften ist der Prozess in dem die Wertschöp-

    fung eines Unternehmens erfolgt. Der Führungsprozess ist der geplante Ablauf von ver-

    schiedenen aufeinander abgestimmten Tätigkeiten um effizient sein Führungsziel zu

    erreichen. Führungsprozesse sind in der Regel unterstützende Prozesse, mit deren Hilfe

    Geschäftsprozesse wirtschaftlich und erfolgreich abgearbeitet werden können.“ Unter-

    stützungsprozesse wirken als Unterstützung der Kernprozesse indirekt auf die Unter-

    nehmensziele und stellen die Ausführung der Kernprozesse sicher, etwa durch Lager-

    haltung, Instandhaltung oder Abfallmanagement [LoMe98]. Sie sind somit so genannte

    wertsichernde Prozesse.

    Diese sich ergänzenden Definitionen des formalen Prozesses und des Geschäftsprozes-

    ses von [ScFi98] und von [Netl04] bilden die Basis für das Verständnis eines Ge-

    schäftsprozesses und der damit eng verbundenen Prozessoptimierung.

    2.3.2 Zum Begriff „Prozessoptimierung“

    [GrHo02; S. 32f] untersuchte deutsch- und englischsprachige Literatur im Zusammen-

    hang mit dem Thema Prozessoptimierung und erarbeitet in Anlehnung an [HaEs97],

    [ScVr94], [Graf99] und [Dave93] folgende Arbeitsdefinition:

    „Prozessoptimierung ist eine zielgerichtete, von einem Prozessteam durchgeführte Me-

    thode mit Prozesscharakter, die zur Optimierung bzw. Verbesserung von Geschäftspro-

    zessen anhand der Parameter Qualität, Kosten und Zeit dient.“

    Hierbei beziehen sich die Parameter Kosten bzw. Prozesskosten und Zeit bzw. Durch-

    laufzeit auf den Input (vgl. Kapitel 2.3.1) und der Parameter Qualität auf den Output

    (vgl. Kapitel 2.3.1) eines Prozesses. Das Zieldreieck aus [GrHo02] verdeutlicht die Her-

    ausforderung der Prozessoptimierung.

  • 22

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    Abbildung 2-6: Zieldreieck der Prozessoptimierung aus [GrHo02]

    Die Durchlaufzeit umfasst laut [GSVR94] die gesamte Zeitspanne von der Eingangs-

    schnittstelle bis zur Ausgangsschnittstelle eines Prozesses und beinhaltet sowohl Bear-

    beitungs- als auch Liegezeiten. „Der Parameter Qualität wird gemessen an der Konfor-

    mität des Outputs eines Prozesses mit definierten Vorgaben externer oder interner Kun-

    den bzw. nachgelagerter Prozesse“. Prozesskosten beziffern die Kosten aller an der

    Leistungserstellung beteiligten organisationsübergreifenden Kostenstellen.

    Prozessoptimierung („Process Engineering“) darf an dieser Stelle allerdings nicht mit

    „Process Reengineering“ verwechselt werden. „Process Reengineering“ bedeutet eine

    radikale Erneuerung von Prozessabläufen und das Aufbrechen alter Strukturen. In der

    Prozessoptimierung sind „die Änderungen nicht so einschneidend und erfolgen schritt-

    weise“ [Inco01]. Dies verbessert die Akzeptanz von Seiten des Personals und minimiert

    die Risiken, die bei einer Umgestaltung zu erwarten sind. Die Vorgehensweise bei die-

    ser als „evolutionär“ [GrHo02] klassifizierten Prozessoptimierung ist in Abbildung 2-7

    dargestellt.

    Abbildung 2-7: Vorgehensweise bei der Prozessoptimierung

    Auf die Datenerhebung, die Prozessmodellierung und die Prozessanalyse wird im Fol-

    genden näher eingegangen. Die Implementierung und die Prozessevaluation gewinnen

    erst im Ausblick dieser Arbeit in Kapitel 5 an Bedeutung und werden an dieser Stelle

    nicht weiter erläutert.

    Kosten senken

    Durchlaufzeiten optimieren

    Qualität steigern

    Ziel-Dreieck

    Prozess- analyse

    Daten-erhebung

    Implemen- tierung

    Prozess-evaluation

    Prozess- modellierung

  • 2.3 - Grundlagen der Prozessoptimierung

    23

    2.3.3 Zum Begriff „Datenerhebung“

    Die Datenerhebung ermittelt die Datenbasis für eine Prozessoptimierung. Neben der

    Datenbasis für die Ist-Prozesse soll auch eine Datenbasis für die Soll-Prozesse aufge-

    stellt werden. Im Vordergrund steht die Dokumentation der den Dienstleistungen

    zugrunde liegenden organisationsübergreifenden Prozessabläufe sowie deren „logische

    bzw. zeitliche Sequenzen“ [GrHo02; S. 46f]. Von Interesse sind zudem organisatorische

    Informationen über die Prozess-Beteiligten. Weitere Erhebungsdaten sind Informatio-

    nen über die eingesetzten Arbeitsmittel sowie quantitative Daten wie Kosten, Durch-

    laufzeit und Qualität.

    Abbildung 2-8: Vorgehensweise bei der Datenerhebung

    Solche Daten können zum einen durch Beobachten der Arbeitsabläufe und Befragen der

    Prozess-Beteiligten (vgl. Kapitel 2.4) und zum anderen durch die Analyse von Berich-

    ten wie Statistiken, Erfahrungsberichte, Protokolle, u.ä. erhoben werden.

    2.3.4 Zum Begriff „Prozess-Modellierung“

    Liegen ausreichende Informationen über die zu untersuchenden Prozesse vor, werden

    diese Daten mithilfe der Prozess-Modellierung aufgearbeitet und in übersichtlicher

    Form dargestellt. Die Modellierung der Daten erweist sich hierbei als „Illustration von

    Prozessen mit Hilfe von grafischen Symbolen und sprachlichen Modellelementen, um

    Abläufe und Zusammenhänge transparent zu machen“ [GrHo02].

    Seit vielen Jahren steht zu diesem Zweck eine Vielzahl an computerbasierten Modellie-

    rungswerkzeugen zur Verfügung. Die Vorgehensweise bei einer so genannten rechner-

    Datenerhebung

    Befragen (Interviews)

    Analyse von Berichten

    Prozess- modellierung

    Beobachten

  • 24

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    unterstützen Prozessoptimierung ist in Anlehnung an [Reich98] in Abbildung 2-9 dar-

    gestellt.

    Abbildung 2-9: Vorgehensweise zur rechnerunterstützten Prozessoptimierung

    Mit Hilfe dieser Werkzeuge werden die Prozessmodelle aufgebaut und anschließend

    durch den Vergleich mit der Realwelt verifiziert. Ist ein Modell noch fehlerhaft oder

    unvollständig, wird es entsprechend angepasst. Manche Werkzeuge bieten neben der

    Darstellung der Prozesse zudem die Möglichkeit der Prozess-Simulation, um deren dy-

    namisches Verhalten zu simulieren und somit Veränderungen an Prozessen besser ein-

    schätzen zu können. Die Ergebnisse werden protokolliert und als Entscheidungsgrund-

    lage bereitgestellt.

    Die zahlreichen Software-Werkzeuge unterscheiden sich wie bei anderen Software-

    Segmenten auch, in ihrer Architektur, in der Darstellung, in ihrer Leistungsfähigkeit und

    in ihrer Verbreitung. Im Folgenden wird das Modellierwerkzeug INCOME Process De-

    signer der get process AG aufgrund des Einsatzes in dieser Arbeit besonders hervorge-

    hoben. Zur Vollständigkeit werden zusätzlich weitere Werkzeuge anschließend kurz

    behandelt.

    Prozessmodellierung

    Prozessmodell aufbauen

    Modell verifizieren

    Dynamisches Verhalten protokollieren

    Entscheidungsgrundlagen bereitstellen

    Prozess- analyse

    Daten-erhebung

  • 2.3 - Grundlagen der Prozessoptimierung

    25

    2.3.4.1 INCOME Process Designer der get process AG

    Der INCOME Process Designer basiert auf der Petri-Netz-Technologie und speichert

    seine Daten in einer Oracle-Datenbank. Seine Ursprünge sind auf die an der Universität

    Karlsruhe von 1985 bis 1990 entwickelten Konzepte von INCOME (Interactive Netba-

    sed Conceptual Modelling Environment) [StOS93] zurückzuführen. Die Anwendung

    bietet drei Modellarten an: Prozesse (Ablaufmodelle), Rollen (Organisationsmodelle)

    und Ressourcen (Objektmodelle). Die Ablauflogik der Geschäftsprozesse wird in den

    Ablaufmodellen abgebildet. Organisationsmodelle bilden die Aufbauorganisation mit

    Details über die einzelnen Organisationseinheiten ab. Strukturen und Zusammenhänge

    von Objekten werden mit den Objektmodellen berücksichtigt. Diese Modellarten kön-

    nen miteinander verknüpft werden. Mithilfe der hinterlegten Daten und der Simulati-

    onsmöglichkeiten des INCOME Process Designer können zudem die modellierten Ge-

    schäftsprozesse auf ihre Funktionalität und Effizienz hin geprüft werden. Das Prozess-

    management eines Unternehmens kann dank Schnittstellen zu CASE- und Workflow-

    Systemen und Möglichkeiten zur Einbindung von betriebswirtschaftlicher Standard-

    software unterstützt werden.

    2.3.4.1.1 Petrinetze

    Zielsetzung der Petrinetze ist eine präzise, formale Beschreibung von dynamischen,

    zeitkritischen Systemen [Lore92; S.78]. Petri-Netze bestehen aus Objektspeichern, Ver-

    bindungen und Aktivitäten. Deren Kombinationen ergibt die gewünschten Ablaufmo-

    delle (vgl. Abbildung 2-10). Die Kapazität der Objektspeicher gibt dabei die maximale

    Anzahl der Objekte an, die sich gleichzeitig im Objektspeicher befinden können. Die

    Varianten „optionale Verbindung“, „verfeinerte Aktivität“ und „Aktivität mit optionalen

    Verbindungen“ sind Elemente, die vom INCOME Process Designer hinzugefügt wur-

    den.

  • 26

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    Abbildung 2-10: Grundelemente des INCOME Process Designer

    „Einfach ausgedrückt geschieht in den Ablaufmodellen nichts anderes, als dass Objekte

    von einer Aktivität zur nächsten wandern. Dabei zeigen die Ablaufmodelle die mögli-

    chen Wege, die die Objekte durchlaufen können“ [Inco01]. Die Aktivitäten nehmen

    Objekte aus ihren Eingangsobjektspeichern heraus und legen sie in ihren Ausgangsob-

    jektspeicher ab (vgl. Abbildung 2-11). Als Voraussetzung dafür muss in allen Eingangs-

    speichern der Aktivität die notwendige Anzahl an Objekten vorhanden sein. Außerdem

    muss die erforderliche Anzahl an Objekten in allen Ausgangsspeichern abgelegt werden

    können.

    Abbildung 2-11: Beispiel für das Verhalten eines einfachen Petrinetzes

    Objektspeicher

    Verbindung

    Aktivität

    Ablaufmodell

    verfeinerte Aktivität

    Aktivität mit optionalen Verbindungen (OR)

    optionale Verbindung

    v

    Zeitpunkt t0

    Objekt

    Zeitpunkt t1

    Zeitpunkt t2

  • 2.3 - Grundlagen der Prozessoptimierung

    27

    Petri-Netze verfügen darüber hinaus über so genannte AND-Splits und –Joins, mit de-

    nen logische Bedingungen modelliert werden können.

    2.3.4.1.2 Funktionsweise des INCOME Process Designer

    Der INCOME Process Designer bietet neben den genannten Struktur der Petri-Netze

    zusätzlich OR-Splits und –Joins, mit denen einzelne Objektzustände mit Wahrschein-

    lichkeiten versehen und somit Entscheidungsabläufe modelliert werden können. Die

    Funktionsweise der AND- und OR-Splits sowie AND- und OR-Joins ist in Abbildung

    2-12 veranschaulicht. Darüber hinaus bietet der Process Designer die Möglichkeit an,

    Aktivitäten zu verfeinern und in diesen Verfeinerungen weitere Ablaufdiagramme in-

    nerhalb der verfeinerten Aktivitäten zu hinterlegen.

    Abbildung 2-12: AND-/OR-Splits und AND-/OR-Joins im INCOME Process Designer

    Ein AND-Split legt nach Durchführung der Aktivität auf allen Ausgangsspeichern Ob-

    jekte ab. Beim OR-Split kann nur eine der nachfolgenden Aktivitäten ein Objekt aus

    dem Eingangsspeicher entnehmen. Das AND-Join hingegen erlaubt der Aktivität erst

    dann die Ausführung, wenn alle Eingangsspeicher der Aktivität mit Objekten ausrei-

    chend belegt sind. Schließlich werden mit einem OR-Join zwei parallel laufende Aktivi-

    täten wieder verbunden. Hierbei können beide Aktivitäten Objekte auf ihren gemeinsa-

    men Ausgangsspeicher ablegen bis dessen Kapazität erschöpft ist.

    Im INCOME Process Designer können in den Aktivitäten bei Bedarf die Ausgangs-

    wahrscheinlichkeiten der Objekte bestimmt werden. Die Verbindung zwischen einer

    solchen Aktivität und dessen Ausgangsobjektspeicher wird als optional bezeichnet, was

    bedeutet, dass der Ausgangsobjektspeicher einer solchen Aktivität wahrscheinlichkeits-

    verteilt und nicht deterministisch belegt wird.

    OR-Join AND-Join OR-Split AND-Split

  • 28

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    Die Art und Weise der Modellierung mit Hilfe des INCOME Process Designer wird in

    Abbildung 2-13 mit einem Ausschnitt aus der Arzneimittelbestellung auf einer Kran-

    kenhausstation veranschaulicht.

    Abbildung 2-13: Ausschnitt aus einem Beispiel-Ablaufmodell des INCOME Process Designer

    Sind die Geschäftsprozesse vollständig modelliert, können die Prozessmodelle sowohl

    statisch als auch dynamisch mit dem Zusatzmodul „Simulation“ des INCOME Process

    Designer ausgewertet werden. Die statische Auswertung dient der Dokumentation der

    Modelle, der Transparenz bei Vermittlung der Prozesse sowie der Qualitätssicherung

    der Prozessanalyse. Die Simulation beschreibt die Arbeitsabläufe auf eine dynamische

    Weise. Die Erstellung von Auswertungen mit dem INCOME Process Designer setzt die

    vollständige Eingabe aller relevanten Daten voraus und übersteigt den Umfang dieser

    Diplomarbeit bei weitem. Aus diesem Grund werden die Auswertungsmöglichkeiten an

    dieser Stelle nicht weiter vertieft.

    2.3.4.2 Weitere auf dem Markt befindliche Modellierungstechniken

    Eine Untersuchung der auf dem Markt befindlichen computergestützten Modellierwerk-

    zeuge würde aufgrund von deren enormen Vielzahl den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

    Stattdessen ist auf die Arbeit von Frauchiger [Frau01; S.56ff] zu verweisen, in der die

    unterschiedlichen Basistechniken untersucht wurden, auf denen die meist verbreiteten

    Modellierwerkzeuge aufbauen. Frauchinger stellt hierzu aktivitätsorientierte Methoden

    wie Petrinetze aus Kapitel 2.3.4.1.1, ereignisgesteuerte Prozessketten (EPK), IDEF,

    Objektspeicher Aktivität

  • 2.3 - Grundlagen der Prozessoptimierung

    29

    Flussdiagramme sowie objektorientierte Methoden wie der Object Modelling Technique

    (OMT) vor.

    2.3.5 Zum Begriff „Prozessanalyse“

    [GrHo02; S. 49f] untersucht die Aspekte der Prozessanalyse und hält zusammenfassend

    die Prozessbewertung als Kern der Prozessanalyse fest. Ziel der Prozessanalyse ist die

    Identifikation von Optimierungspotentialen. Anhand der gesammelten Informationen

    aus der Datenerhebung werden die Parameter Kosten, Durchlaufzeit und Qualität (vgl.

    Kapitel 2.3.2) der Ist- und Soll-Prozesse miteinander verglichen (vgl. Abbildung 2-14).

    Abbildung 2-14: Vorgehensweise bei einer Prozessanalyse

    Grundsätzlich beginnt eine Prozessanalyse mit der Ermittlung der Prozessparameter

    Prozesskosten, Durchlaufzeiten und Qualität. Die vorherige Datenerhebung und die

    Prozessmodellierung verschaffen die dafür notwendige Datenbasis. Anhand dieser Da-

    ten können die kritischen Prozesse identifiziert und als Kostenverursacher markiert

    werden. Kostenverursacher sind solche Prozesse, die besonders hohe Kosten verursa-

    chen oder unnötig lange Durchlaufzeiten benötigen. Ziel der anschließenden Verbesse-

    rung der Prozesse ist die Beseitigung solcher Kostenverursacher, die Verkürzung der

    Durchlaufzeiten und die Erhöhung der Qualität der Dienstleitungen.

    Die Vorgehensweise zur Prozessverbesserung ist nach [GrHo02] nicht eindeutig festge-

    legt und kann anhand mehrerer Regeln und Hinweisen den betrieblichen Umständen

    angepasst werden. Die wichtigsten Regeln aus [GrHo02; S96ff] sind folgende:

    Implenen- tierung

    Prozess- modellierung

    Prozessanalyse

    Prozesskosten ermitteln

    Kritische Prozesse identifizieren

    Durchlaufzeitenermitteln

    Qualität ermitteln

    Prozesse verbessern

  • 30

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    • Anforderungen übernehmen

    Bei dem bisherigen Prozess müssen dessen notwendige Elemente sowie die An-

    forderungen im neuen Prozess beachtet werden

    • Ausrichtung auf definierte Ziele

    Das Prozessergebnis muss einen in sich abgeschlossenen Wertschöpfungsbeitrag

    bilden. Hierzu sollten funktionale Trennungen der Prozesse soweit wie möglich

    vermieden werden.

    • Prozessvarianten bilden

    Bei sehr komplex gestalteten Prozessen schafft die Bildung mehrerer Varianten

    der Prozesse eine klare, einfache und besser handhabbare Struktur.

    • Schnittstellen reduzieren

    Durch Arbeitsteilung und –unterbrechung entstehen Schnittstellen, die zu Quali-

    tätseinbußen führen können. Um diesen entgegenzuwirken, müssen möglichst

    viele aufeinander folgende Teilprozesse von einer funktionalen Einheit ohne Un-

    terbrechung durchgeführt werden können.

    • Parallelisierung von Abläufen

    Werden Arbeitsschritte parallel gestaltet, können die Durchlaufzeiten verkürzt

    werden.

    2.4 METHODEN ZUR DATENERHEBUNG

    Für die Datenerhebung hat sich nach [ScHE95] die Beobachtung von Arbeitsabläufen

    und die Befragung der Arbeitsdurchführenden seit langem bewährt. [ScHE95] differen-

    ziert die Befragung in die mündliche und die schriftliche Befragung sowie in das telefo-

    nische Interview.

    Im Folgenden werden die mündliche und die schriftliche Form der Befragung und die

    teilnehmende Beobachtung als Sonderform der Beobachtung näher erläutert.

  • 2.4 - Methoden zur Datenerhebung

    31

    2.4.1 Mündliche Befragung

    Die Form der mündlichen Befragung kann vom Interviewer in einem bestimmten Aus-

    maß strukturiert werden. Bei der wenig strukturierten Form nimmt der Interviewer eine

    eher passive Rolle ein und orientiert sich an den Antworten und Wünschen des Befrag-

    ten (z.B. narrative Interviews). Bei einer teilstrukturierten Befragung liegen die Fragen

    vorbereitet und vorformuliert vor (z.B. Leitfadengespräch). Hier wird während der Be-

    fragung lediglich noch die Reihenfolge der Fragen an die Interviewsituation angepasst.

    Verwendet der Interviewer einen standardisierten Fragebogen, mit dem die Befragung

    exakt nach Vorbereitung durchgeführt wird, spricht man von einem stark strukturierten

    Interview (z.B. standardisierte Einzelinterviews).

    2.4.1.1 Narrative Interviews

    Eine Sonderform des Experteninterviews stellt das narrative Interview dar. Es dient dem

    besseren Verständnisses der Handlungsweisen und erfolgt in den drei Phasen: „Erzähl-

    phase“, „Rückgriffphase“ und „Bilanzierungsphase“. Dem Befragten ist zu Beginn ein

    Grobthema vorgeben. Der Interviewer hört in der „Erzählphase“ dem Befragten nur zu

    und unterbricht ihn nicht. In der „Rückgriffphase“ können Fragen zur Klärung von Un-

    klarheiten und evtl. Widersprüchen gestellt werden. Der Befragte kann anschließend in

    der „Bilanzierungsphase“ auf diese Nachfragen eingehen.

    2.4.1.2 Leitfadengespräche

    Die Grundlage eines Leitfadengesprächs bildet ein Interview-Leitfaden. Ein solcher

    Leitfaden enthält Schlüsselfragen und Eventualfragen und setzt keine bestimmte Rei-

    henfolge der Fragen voraus. Als Ziele der Leitfadengespräche werden die offene Ge-

    sprächsführung und die damit verbundenen freien Antwortmöglichkeiten verfolgt.

    Je nach Strukturierungsgrad der Interviewsituation unterscheidet man nach Form der

    mündlichen Befragung geringfügig strukturierte Experteninterviews , Leitfadengesprä-

    che mit teilweisem Strukturierungsgrad sowie standardisierte Einzelinterviews mit star-

    ker Struktur [ScHE95].

  • 32

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    2.4.2 Schriftliche Befragung

    Eine schriftliche Befragung kann persönlich vom Interviewer begleitet oder postalisch

    ohne Anwesenheit des Interviewers durchgeführt werden. Fragebögen können hierzu

    nach den folgenden Regeln aus [Dill78:S.95ff] und [CoPr86] in Anlehnung an [Payn51]

    konstruiert werden:

    • Fragen sollten einfache Worte enthalten

    • Fragen sollten kurz formuliert werden

    • Fragen sollten konkret sein

    • Fragen sollten keine bestimmte Beantwortung provozieren

    • Fragen sollten neutral formuliert sein

    • Fragen sollten nicht hypothetisch formuliert werden

    • Fragen sollten sich nur auf einen Sachverhalt beziehen

    • Fragen sollten keine doppelten Negationen enthalten

    • Fragen sollten den Befragten nicht überfordern

    • Fragen sollten formal balanciert sein, d.h. in der Frage sollten alle – negativen

    und positiven – Antwortmöglichkeiten enthalten sein

    Eine Empfehlung für Design, Format und Layout der Fragebögen gibt [ScHE95; S.336].

    Werden schriftliche Befragungen postalisch geführt, benötigt die Konstruktion der Fra-

    gebögen einen höheren Aufwand, als wenn der Interviewer bei der Befragung persön-

    lich anwesend ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Fragen bei der postalischen

    Form bis ins Detail selbsterklärend sein müssen.

    2.4.3 Teilnehmende Beobachtung

    Werden Beobachtungen lediglich vom Beobachter protokolliert, spricht man von einer

    nicht-teilnehmenden Beobachtung [ScHE95]. Bei einer teilnehmenden Beobachtung

    nimmt der Beobachter die Rolle eines Interaktionspartners in der zu beobachtenden Si-

    tuation ein. Durch die teilnehmende Beobachtung können Handlungsweisen und Eigen-

    heiten der Arbeitsschritte und Entscheidungsabläufe besser nachvollzogen werden.

  • 2.4 - Methoden zur Datenerhebung

    33

    2.4.4 Inventur

    Aus dem ursprünglichen Gedanken des Inventars von Le Play [JaLZ75; S. 122ff] und

    dessen Weiterentwicklungen von Engel und Wright wurden seit 1855 Verfahren zur

    Erhebung und Aufbereitung einer Vielzahl von soziographischen Daten entwickelt und

    erprobt, die statistisches Zahlenmaterial mit ergänzenden Datenerhebungen kombinie-

    ren. In einer groß angelegten soziographischen Studie [JaLZ75] über Arbeitslose in der

    Gemeinde Marienthal in Niederösterreich wurden sowohl statistische Daten als auch

    eigene Inventuren zur Vervollständigung der Datenbasis hinzugezogen. Beispielsweise

    wurden laut [JaLZ75; S. 44] neben der Analyse der Geschäftbücher des Konsumvereins

    im Hinblick auf die Umsatzentwicklung der Essenseinkäufe auch so genannte Essver-

    zeichnisse eine Woche lang von den Bewohnern ausgefüllt. Mit diesen Essverzeichnis-

    sen führten die Bewohner vom Marienthal im Grunde täglich Inventuren ihrer Speise-

    kammern. Somit konnte auch auf das Essverhalten der Bewohner geschlossen werden,

    da in den Statistiken nur der Einkauf und nicht der Verbrauch verzeichnet waren.

    Die Inventur von Material-Beständen eignet somit dazu, die für die Analyse notwendige

    Datenbasis zu vervollständigen. Dies erfolgt durch schriftliche Bestandsaufnahmen vor

    Ort.

  • 34

    Begrifflichkeiten und Grundlagen

    2.5 INFORMATIONSSYSTEME UND MOBILE ENDGERÄTE

    In diesem Kapitel soll der Begriff „Informationssystem“ geklärt werden und im An-

    schluss auf mobile Endgeräte in einem solchen Informationssystem eines Krankenhaus

    eingegangen werden.

    2.5.1 Zum Begriff „Informationssystem“

    Systeme im Allgemeinen beinhalten Elemente, die in einer bestimmten Form miteinan-

    der in Beziehung stehen. Informationssysteme im Speziellen sind nach [Krcm00] als

    soziotechnische („Mensch-Maschinen-“) Systeme zu verstehen, bei deren Elementen es

    sich um menschliche und maschinelle Teilsysteme handelt. Ziel eines Informationssys-

    tems ist die im Sinne der Wirtschaftlichkeit optimale Bereitstellung von Information

    und Kommunikation. Die Kommunikation in einem Informationssystem erfolgt hierbei

    durch den Austausch von Informationen unter den Elementen des Systems und mit der

    Umwelt.

    [Bisk94, S. 2] hingegen beachtet in seiner Definition lediglich die technischen Aspekte:

    „Ein Informationssystem dient dazu,

    • große Mengen von im Allgemeinen strukturierten Daten (structured data)

    • dauerhaft (persistent)

    • verlässlich (dependable)

    • für im Allgemeinen viele und verschiedenartige Benutzer verfügbar (shared)

    • effizient zu verwalten (management), d.h. Anfragen (queries) und Änderungen

    (updates) zu bearbeiten.“

    [Bott00, S. 45] bemängelt diese rein technische Definition und entwickelt aufbauend auf

    den soziotechnischen Ansatz folgende Begriffserklärung:

    „Ein Informationssystem ist das Teilsystem einer Organisation aller informationsverar-

    beitenden Prozesse und der an ihnen beteiligten menschlichen oder maschinellen Hand-

    lungsträger in ihrer informationsverarbeitenden Rolle.“

  • 2.5 - Informationssysteme und mobile Endgeräte