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Freiherr-vom-Stein-Schule Chemie Nitroglycerin und die Verwendung früher und heute Max Riemann 15.01.2018 Hessisch Lichtenau Herr Möller-Linke

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Freiherr-vom-Stein-Schule

Chemie

Nitroglycerin und die Verwendung

früher und heute

Max Riemann

15.01.2018

Hessisch Lichtenau

Herr Möller-Linke

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungs- und Fachwortverzeichnis...................................................................ii

1Vorwort..................................................................................................................1

2Geschichte..............................................................................................................2

2.1Die Entdeckung des Nitroglycerins durch Sobrero.........................................2

2.2Die Weiterentwicklung durch Nobel...............................................................3

3Eigenschaften des Nitroglycerins...........................................................................5

4Herstellung.............................................................................................................6

4.1Herstellungsverfahren.....................................................................................6

4.1.1Das diskontinuierliche Herstellungsverfahren.........................................6

4.1.2Das kontinuierliche Herstellungsverfahren..............................................7

5Die Verwendung von Nitroglycerin.......................................................................7

5.1Verwendung als Sprengstoff...........................................................................7

5.1.1Zu Zeiten Sobreros und Nobels................................................................7

5.1.2Heutige Zeit............................................................................................10

5.2Die Verwendung von Nitroglycerin in der Medizin.....................................12

6Fazit......................................................................................................................14

7Verzeichnis verwendeter Quellen........................................................................15

7.1Literaturverzeichnis.......................................................................................15

7.2Internetquellen...............................................................................................15

7.3Abbildungsverzeichnis..................................................................................17

i

Abkürzungs- und Fachwortverzeichnis

Autokatalytisch: Eine Reaktion bei der das Endprodukt der Katalysator

ist und somit sich die Reaktion selbst erhält und stän-

dig schneller wird

Angina Pectoris Anfall: Anfallartiger Schmerz in der Brust, ausgelöst durch

Durchblutungsstörungen im Herz

Veresterung / Esterbildung: Reaktion zwischen einer anorganischen oder organi-

schen Oxosäure und Alkohol zur Bildung eines Esters

Phosphodiesterasen: Wirbeltier Enzyme die second Messenger cAMP und

cGMP in AMP und GMP abbauen

Botenstoff: Stoffe die zur Signalübertragung innerhalb eines Or-

ganismus dienen

ii

1 Vorwort

Der Stoff Nitroglycerin wurde vor 171 Jahren von Asciano Sobrero entdeckt und

von Alfred Nobel unter dem Namen Dynamit industriell als Sprengstoff nutzbar

gemacht. Durch die Weiterentwicklung des Nitroglycerins zu Dynamit, konnte A.

Nobel ein großes Vermögen erwirtschaften. Dieses Vermögen steht heute noch

durch die Nobelpreise weltweit der Gesellschaft zur Verfügung, was letztlich die

Entdeckung des Nitroglycerins für mich noch wichtiger und interessanter macht.

Die Frage jedoch ist, was ist seitdem mit dem Nitroglycerin passiert. In

wie fern wird es heute noch genutzt? Dieser Frage möchte ich in meiner Jahresar-

beit nachgehen.

Ich beginne mit der Entdeckungsgeschichte des Nitroglycerins. Dann wer-

de ich die Eigenschaften des Nitroglycerins nennen und auf dessen Herstellung

eingehen. Letztens werde ich dann noch die Frage, wie Nitroglycerin heute noch

genutzt wird, diskutieren.

1

2 Geschichte

2.1 Die Entdeckung des Nitroglycerins durch Sobrero

Das heute unter dem Namen bekannte Nitroglycerin wurde zuerst 1847 von dem

Italiener Ascanio Sobrero entdeckt.

A. Sobrero studierte zuerst Medizin in Turin und danach Chemie an der Seite von

Justus Liebig an der Universität in Gießen. Seinen Doktor bekam er in 1832 und

wurde 1845 Professor an der Universität in Turin. Während seiner Zeit als Profes-

sor in Turin befasste er sich mit der Herstellung hocheffektiver Sprengstoffe, da

die Industrielle Revolution diese insbesondere zum Bau von Straßen, Tunneln, Ei-

senbahnstrecken und Kanälen benötigte.

Die Herstellung von Nitroglycerin gelang ihm beim Experimentieren mit

Zellulosenitrat1 ([C6H7(NO2)3O5]n) durch das Zusammengeben von Glycerin

(C3H8O3) und Salpetersäure (HNO3). Wieso er jedoch auf die Idee kam, diese bei-

den Stoffe zusammen zu mischen, ist bis heute noch unklar. Damals nannte er sei-

ne Entdeckung allerdings „Piroglicerina“ (Pyroglycerin). Ich werde in meiner Ar-

beit ausschließlich den Begriff Nitroglycerin nutzen.

Es neigte stark zur Selbstzersetzung, was er am eigenen Leib erfahren

musste, als bei einem Versuch ein Glas mit Nitroglycerin explodierte und ihn im

Gesicht verletzte.

1Umgangssprachlich: Schießbaumwolle

2

Abbildung 1: Asciano Sobrero(1812-1888)

Ein Tropfen, auf Platinblech erhitzt, entzündet sich und verbrennt heftig.Es hat indessen die Eigenschaft, unter gewissen Umständen mit großerGewalt zu detonieren. […] Bei einer anderen Gelegenheit wurde einTropfen in einem Probierrohr erhitzt und explodierte dabei mit solcherHeftigkeit, daß die Glasscherben mich tief in Gesicht und Hände schnit-ten und auch andere verletzen, die in einiger Entfernung im Zimmer stan-den.2

Trotz der Gefahren, empfahl Sobrero Nitroglycerin wegen seiner explosi-

ven Eigenschaften für die Sprengtechnik. Die Gefahren bei der Herstellung von

großen Mengen wurden jedoch als zu groß erachtet, weshalb der Stoff fast in Ver-

gessenheit geriet.

Bekannt war bereits zu dieser Zeit, dass Nitroglycerin auch physiologische

Auswirkungen hatte. Sobrero selbst probierte ein wenig von dem Nitroglycerin,

was ihm schwere und anhaltende Migräne brachte. Größere Mengen schienen töt-

liche Auswirkungen aufzuweisen, als er einem Hund Nitroglycerin verabreichte.

Nach einer verheerenden Explosion einer Nitroverbindung (insgesamt

400g Mannitolhexanitrat (C6H8N6O18)) im Turiner Arsenal in 1853 zog sich A. So-

brero schließlich aus der Explosivstoff-Forschung zurück.

2.2 Die Weiterentwicklung durch Nobel

Etwa 20 Jahre später fand Alfred Nobel einen Weg, Nitroglycerin dauerhaft in die

Explosivstofftechnik einzuführen.

Während seines Studiums lernte er Asciano Sobrero kennen und zeigte

großes Interesse an dem von A. Sobrero für praxisuntauglich erklärten Spreng-

2Zit. Nach Vögtle, F.: Alfred Nobel mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Hamburg: Ro-

wohlt Taschenbuchverlag (1983)

3

Abbildung 2: Alfred Nobel(1833-1896)

stoffs Nitroglycerin. Er richtete seine Bemühungen seit 1862 darauf, Nitroglycerin

in die Explosivstofftechnik einzuführen.

Die Forschung verlief jedoch nicht ganz reibungslos. Sein Bruder Emil

kam im September 1864 bei einer unkontrollierten Explosion von 125 Kilogramm

Nitroglycerin ums Leben. Daraufhin wandte Nobel vorerst seine Anstrengungen

auf die Verringerung der Gefährlichkeit des Sprengstoffes, durch dazugeben von

Zusatzstoffen. Seine Versuche verliefen erfolglos. Erst durch einen glücklichen

Zufall im Jahre 1866 bei einem Transport von Nitroglycerin hatte er Erfolg. Bei

diesem Transport wurde ein Behälter, gefüllt mit Nitroglycerin undicht. Das reine

Nitroglycerin tropfte auf die mit Kieselgur3 ausgepolsterte Ladefläche, was die

Aufmerksamkeit der Insassen auf sich zog. Durch die Weitergabe der Informatio-

nen an Alfred Nobel, erschuf dieser letztlich einen handhabungssicheren Spreng-

stoff basierend auf Nitroglycerin, welcher mit Initialzündung zur Explosion ge-

bracht werden konnte.

Eingewickelt in Paraffinpapier und mit einer Zündschnur versehen, konn-ten dem neuen Sprengstoff bisher unbekannte Kräfte entlockt werden.Fünfmal stärker als das Schießpulver soll die Explosionskraft von NobelsErfindung schon damals gewesen sein. Eine Sensation! Nobel gab seinemSprengstoff den Namen Dynamit, denn das griechische Wort „dynamis“bedeutet Kraft. 4

Diesen Sprengstoff lies A. Nobel 1867 patentieren und baute damit ein

weltumspannendes Industrieimperium auf. Nach seinem Tod vermachte er sein

gesamtes Vermögen einer Stiftung die diverse Preise, unter anderem auch einen

Friedenspreis, vorsah. Gemeint sind die heute noch jährlich zu vergebende Nobel-

preise.

3Sand aus Skeletten von Kleinstlebewesen des Meeres.

4Zit.: http:www.planet-wissen.de/technick/Erfindungen/Sprengstoff/

4

3 Eigenschaften des Nitroglycerins

Nitroglycerin hat die Summenformel C3H5N3O9. Die korrekte Bezeichnung für den

Stoff wäre, wegen der durch die Drei von Sauerstoff vermittelten Nitrogruppen an

die Kohlenstoff-Atome, Glycerintrinitrat.

Es hat eine molare Masse von 227,09 g·mol-1. Der Stoff selbst im reinen Zustand

ist eine farblose und geruchlose Flüssigkeit. Durch Verunreinigungen kommt es

oft vor, dass in der Industrie der Stoff einen leichten Gelbstich hat. Die Dichte be-

trägt 1,59 g·cm-3. Der Schmelzpunkt liegt zwischen 2,8°C und 13,5°C, der Siede-

punkt bei 160°C bei einem Druck von 20 hPa. Die Wasserlöslichkeit liegt bei

1500 mg/L bei 20°C.

Nitroglycerin ist ein Sekundärsprengstoff, was bedeutet, dass der Stoff

selbst keine Initialsprengung braucht um zu detonieren. Die Schlagempfindlich-

keit liegt bei 0,2Nm. _Es reicht einen 2-kg-Fallhammer aus einem Zentimeter

Höhe fallen zu lassen, um den Stoff zur Detonation zu bringen. Diese Empfind-

lichkeit ist auf den Sauerstoffüberschuss zurückzuführen. Die Detonationsge-

schwindigkeit beträgt 7600 m/s und es wird eine Explosionstemperatur von

4600K erzeugt. Bei der Explosion oder dem Zerfall entsteht Kohlendioxid, Was-

ser, Stickstoff und Stickstoffmonoxid.

Abbildung 4: Zerfall von Nitroglycerin

Nitroglycerin hat aber auch physische Auswirkungen. An sich ist der Stoff

giftig für jeden Wasserorganismus. Der Stoff schmeckt zwar süß, doch später ist

es ein brennender Geschmack. Der Konsum von Nitroglycerin führt bereits bei

5

10mg bzw. 0,15mg/kg Körpergewicht zu migräneartigen Kopfschmerzen. Größe-

re Mengen können ab einem bestimmten Maße tödlich enden.5

Doch hat Nitroglycerin auch gute Auswirkungen auf den Körper. Dazu

mehr unter Punkt 5.2.

4 Herstellung

Um Nitroglycerin herzustellen, ist wasserfreies Glycerin und eine Nitriersäure nö-

tig. Die Nitriersäure besteht hier aus einer Mischung aus Salpetersäure und

Schwefelsäure. Die Verhältnisse können leicht variieren, ein Beispiel wäre 55ml

98% Schwefelsäure, 35ml 98% Salpetersäure und 20ml wasserfreies Glycerin.6

Nitroglycerin wird bei dieser Reaktion durch die Veresterung von den drei Hy-

droxygruppen des Glycerins gewonnen. Veresterung beziehungsweise die Ester-

bildung ist ein Reaktion, bei welcher ein Ester aus der Reaktion von Alkohol und

Säure entsteht.

Abbildung 5: Veresterung von wasserfreiem Glycerin mit Nitriersäure

4.1 Herstellungsverfahren

Bei der Herstellung von Nitroglycerin gibt es grundsätzlich zwei verschiedene

Verfahren, das diskontinuierliche und das kontinuierliche Herstellungsverfahren.

4.1.1 Das diskontinuierliche Herstellungsverfahren

Bei dem diskontinuierlichen Herstellungsverfahren werden bei starker Kühlung

kleine Mengen Glycerin in eine bestimmte Menge Nitriersäure gegeben, um eine

autokatalytische Zersetzung bei über 30°C zu vermeiden. Nachteil ist jedoch, dass

die dabei entstehenden Nitroglycerindämpfe durch eine blutdrucksenkende Wir-

kung zu Bewusstlosigkeit führen können. Außerdem ist es nicht sicher, da es trotz

Kühlung zu unkalkulierbaren Risiken kommen kann.

5Vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Nitroglycerin

6Vgl.: https://xplosives.net/wp/sprengstoffe/sekundaersprengstoffe/nitroglycerin/

6

4.1.2 Das kontinuierliche Herstellungsverfahren

Bei dem kontinuierlichen Herstellungsverfahren wird dagegen konstant Nitrier-

säure und Glycerin durch ein Rohrsystem gegeben, in welchem sich die beiden

Stoffe durch Strömungsverhältnisse vermischen.

Anhand der folgenden Abbildung, wird die modernere Herstellungsmetho-

de verdeutlicht. Bei diesem Verfahren wird ein Unterdruck in Injektorpumpen mit

der Nitriersäure als Treibmedium erzeugt, durch welchen das Glycerin angesogen

wird (Saugmedium) und darauf folgend mit einem Säurestrahl verwirbelt wird.

Hier liegt die Temperatur bei circa 70°C.

5 Die Verwendung von Nitroglycerin

5.1 Verwendung als Sprengstoff

5.1.1 Zu Zeiten Sobreros und Nobels

Da es das Ziel von Asciano Sobero war, einen hocheffizienten Sprengstoff zu er-

schaffen, wurde dementsprechend auch Nitroglycerin hauptsächlich als Spreng-

stoff genutzt. Vieles sprach auch dafür, da Nitroglycerin damals auch der stärkste

Sprengstoff war. Die Stoß- und Erschütterungsempfindlichkeit jedoch machte die

Handhabung des Stoffes schwierig und vor allem gefährlich für den Anwender.

Der Transport wurde zu einem großen Problem. Transportiert wurde das

Nitroglycerin in Blechkannen und Flaschen, welche dann in Kisten per Laster ver-

lagert wurden. Problematisch waren nur Schlaglöcher, schlechte Straßen und

Vollbremsungen, da die hohe Schlagempfindlichkeit des Nitroglycerin auch hier

schon zur Explosion führen konnte. Außerdem passierte es nicht selten, dass einer

7

der Behälter undicht wurde oder bereits war und somit das Nitroglycerin auf die

Ladefläche laufen konnte. Dies bereitete unkalkulierbare Gefahren und war

schwer zu säubern, da Nitroglycerin eher ölartig war und somit nur schwer mit

Wasser komplett zu entfernen war. Wegen der Gefährlichkeit wurde der Transport

von Nitroglycerin in einigen Ländern verboten und nach der Erfindung von Dyna-

mit komplett als Sprengstoff ersetzt. „Man benutzt das Nitroglycerin, dessen

Transport in Deutschland ganz verboten ist, gar nicht mehr zu Sprengzwecken,

seitdem man es durch das weit ungefährlichere Dynamit ersetzt hat.“7

Trotz der Gefahren wurde das Nitroglycerin in Amerika bei dem Bau des

Hoosac-Tunnels in den Green Mountains in Vermont USA genutzt. Die Amerika-

ner hatten den Einfall, das Nitroglycerin einzufrieren und in Blechdosen somit si-

cher zur Baustelle zu transportieren und es dort wieder aufzutauen. Dies war mög-

lich, da Nitroglycerin bereits bei 8°C gefriert und dabei fast schlagunempfindlich

wird.

Abbildung 7: Hossac-Tunnel Ostportal

Genutzt wurde das Nitroglycerin, indem Löcher in die Wände gebohrt

wurden und das Nitroglycerin in diese Löcher gefüllt wurde. Die Detonation er-

folgte dann per Initialzündung. Problematisch war es, horizontale oder ansteigen-

de Löcher zu laden, da die Gefahr des Verschüttens zu hoch war. Hinzu kam

noch, dass das Nitroglycerin in Rissen und Spalten versickerte und sich so der Ex-

plosion entzog und möglicherweise später beim Aufräumen mit der Picke oder

dem Bohren neuer Löcher gezündet wurde. Insgesamt kann man zusammenfassen,

dass das Nitroglycerin in der damaligen Zeit für den Berg- und Straßenbau einen

großen Fortschritt darstellte, die Handhabung jedoch extrem aufwendig und

schwierig war.

Nitroglycerin wurde jedoch auch in der Kriegsführung angewendet. Die

Bedeutung im Krieg war zwar längst noch nicht so hoch wie in der Industrie, doch

spielte es eine Rolle. Auch hier schränkte die schlechte Handhabbarkeit eine brei-

7Zit.: Samter, Heinrich. 1896. Reich der Erfindungen. Berlin: Urania. 733

8

tere Nutzung als Kriegssprengstoff ein. Es wurde trotzdem in Sprengfallen,

Sprengsätzen und hauptsächlich in Treibladung für Waffen genutzt. Diese Treib-

ladungen waren eine hornartige, gelatineartige Masse, welche überwiegend aus

Nitrocellulose und Nitroglycerin bestand.

Nitroglycerin kostete vielen Menschen allein schon beim Transport das

Leben. Erst mit der Erfindung des Dynamits 1866 wurden die Gefahren deutlich

verringert. In Deutschland wurde daraufhin das Arbeiten mit Nitroglycerin kom-

plett eingestellt und durch Dynamit ersetzt. Dies war aber zum Beispiel in Ameri-

ka nicht der Fall, da Nitroglycerin im reinen Zustand immer noch eine höhere Ex-

plosionskraft als Dynamit hat.

Ein Beispiel, in welchem große Mengen Dynamit genutzt wurde, ist der

Gotthardtunnel zwischen der Schweiz und Italien. Dieser Tunnel ist 15 km lang

und wurde von 1872 bis 1880 errichtet. Natürlich erleichterte hier das Dynamit

die Arbeit extrem - wenn man die Geschwindigkeit betrachtet - doch kam es auch

zu vielen Unfällen.

Abbildung 8: Tabelle der Arbeitsproduktivität mit verschiedenen Hilfsmitteln

Geleitet wurde das Projekt von Louis Favre, einem schweizer Ingenieur,

welcher bereits viele kleinere Tunnel gebaut hatte. Die Vertragsbedingungen wa-

ren, dass der Tunnel innerhalb von 8 Jahren fertiggestellt werden sollte und nicht

mehr als 8.000.000 Franken kosten sollte. Falls die Bauzeit länger sein sollten,

würden extra Kosten anfallen. Diesen Vertrag konnte er nur machen, indem er ein

Risiko einging und nicht die Geologie des Berges in Betracht zog. Dies wurde

später zum Verhängnis.

9

Abbildung 9: Louis Favre (1826-1879)

Es kam oft zu Stein- und Wassereinbrüchen, was vielen das Leben kostete.

Zudem kam das Problem, dass bei der Explosion von Dynamit viele giftige Gase

austraten, welche aus dem Tunnel nur schlecht entweichen konnten. Die Arbeits-

schichten mussten auf 5 Stunden gekürzt werden, was die Arbeit an dem Tunnel

verlangsamte. Durch die vielen schlechten Umstände kam es später zu einem

Streik der Arbeiter. Favre konnte die Fertigstellung des Tunnels im Jahre 1882

leider nicht mehr miterleben, da er 1879 an Herzversagen in seinem Tunnel starb.

Als Ehrung wurde jedoch ein Bild von ihm in einer Blechdose bei dem Durch-

bruch am 28. Februar 1880 auf die Nordseite weitergegeben, und somit war er der

Erste der die Schwelle überschritt.

5.1.2 Heutige Zeit

Heutzutage wird Nitroglycerin kaum noch bei Sprengungen genutzt. Andere

Sprengstoffe wurden entwickelt, deren Handhabung einfacher ist. Zwar ist Nitro-

glycerin immer noch einer der stärksten chemischen Sprengstoffe, doch macht die

10

Abbildung 10: Tod von Louis Favre im Tunnel(1879)

Schlagempfindlichkeit das Nutzen von Nitroglycerin auch heute noch viel zu

schwierig.

Ein Beispiel für einen weiteren chemischen Sprengstoff ist Trinitrotoluol

oder kurz TNT. Dieser ist ebenfalls ein Sekundärsprengstoff mit einer Nitrover-

bindung und bietet sich daher als Vergleich an. TNT besteht aus einem Benzol-

ring, ein flüssiger organischer Kohlenwasserstoff, welcher mit einer Methylgrup-

pe und drei Nitrogruppen verbunden ist.

Die folgende Tabelle stellt den Vergleich der genannten chemischen

Sprengstoffe dar. Diese Tabelle vergleicht die folgenden Parameter:

• Expolsionswärme, die bei der Expolsion entsteht und in Kilojoule pro Ki-

logramm (kJ/kg) angegeben wird.

• Detonationsgeschwindigkeit, die beschreibt wie schnell sich die Druck-

welle in Metern pro Sekunde (m/s) ausbreitet.

• Spezifische Energie, die die Energiemenge in Kilojoule angibt, die bei der

vollständigen Umsetzung von 1 Kilogramm Sprengstoff frei wird.

• Spezifische Schwadenvolumen, gibt das Gasvolumen in Litern an, das bei

der vollständigen Umsetzung von 1 Kilogramm Sprengstoff entsteht.

• Sauerstoffbilanz gibt die Menge an Sauerstoff an, die zur vollständigen

Oxidation des Sprengstoffs zur Verfügung steht. Umso näher die Sauer-

stoffbilanz beim Wert 0 liegt, desto stärker die Sprengwirkung.

• Schlagempfindlichkeit wird in Newtonmeter angegeben und ist ein Maß,

dass die Empfindlichkeit des Sprengstoffes gegenüber mechanischer Ein-

wirkung angibt. Je geringer der Wert, desto schlagempfindlicher der

Sprengstoff.

Nitroglycerin TNT

Explosionswärme 6238 kJ/kg 3977 kJ/kg

Detonationsgeschwindigkeit 7600 m/s 6900 m/s

Spezifische Energie 1337 Mpa × l/kg 821 Mpa × l/kg

Spezifische

Schwadenvolumen

740 l/kg 740 l/kg

Sauerstoffbilanz +3,5 -74

Schlagempfindlichkeit 0,2Nm 15 Nm8

8Vgl: https://www.chemie-schule.de/KnowHow/Sprengstoff

11

An der Tabelle ist zu sehen, dass TNT in allen Wirksamkeitswerten dem

Nitroglycerin leicht unterlegen ist, jedoch ist Nitroglycerin im Gegensatz zu TNT

extrem schlagempfindlich. Die Schlagunempfindlichkeit die TNT aufweist ist ein

wichtiger Faktor und der Grund, weshalb man eher TNT als Nitroglycerin nutzt.

5.2 Die Verwendung von Nitroglycerin in der Medizin

Sobrero hatte bemerkt, dass bei allen Arbeitern die mit Nitroglycerin gearbeitet

haben oder hantierten, sich die Pulsfrequenz erhöhte, rote Wangen und Kopf-

schmerzen auftraten. Diese Symptome deuten auf eine Erweiterung der Blutgefä-

ße hin. Durch diese Beobachtung kam der Arzt William Murell 1979 auf die Idee,

dass Nitroglycerin bei der Behandlung von Angina Pectoris-Anfällen helfen könn-

te. Bei Angina Pectoris treten Beklemmungsgefühle im Brustkorb auf, die auf

eine Gefäßverengung und unzureichende Durchblutung des Herzmuskels zurück-

zuführen sind. Die Behandlung mit dem gefäßerweiternden Nitroglycerin lag des-

wegen auf der Hand.

Bei der Behandlung mit Nitroglycerin entsteht in den Gefäßen Stickstoff-

monoxid. Durch die Freisetzung von Stickstoffmonoxid erweitern sich die Adern

und somit kann dies bei Angina Pectoris Anfällen helfen. Dies wird in der Phar-

maindustrie genutzt. Diese Substanzgruppe besteht aus verschiedenen Nitrover-

bindungen und wird auch Vasodilatoren genannt, also Stoffe die Stickstoffmon-

oxid bereit stellen können.

Ein Beispiel ist das Medikament Nitronal® Spray, welches hauptsächlich

aus Nitroglycerin oder Glyceroltrinitrat, wie es in der Medizin genannt wird, be-

steht. Es wirkt durch die Freisetzung von Stickstoffmonoxid relaxierend auf die

glatte Gefäßmuskulatur, was nötig ist, um den Blutdruck zu senken und damit bei

Angina Pectoris das Herz zu entlasten.

Das Nitronal® Spray wird inhaliert und wird durch die Schleimhäute

schnell vom Körper aufgenommen. Wie vor kurzem bekannt wurde, wandelt das

mitochondriale Aldehyd Dehydrogenase (mALDH) das im Blut gelöste Nitrogly-

cerin zu Stickstoffmonoxid um. Das Stickstoffmonoxid bindet sich mit einem be-

stimmten Enzym an den Wänden der Arterie, wo es dann einen sekundären Boten-

stoff, das zyklische GMP (cGMP), produziert. Dieser Botenstoff sorgt nun dafür

das sich der Muskel wieder entspannt. Vom cGMP bleibt letztlich nichts mehr üb-

rig, da ein cGMP-spezifisches Phosphodiesterase das cGMP vollständig abbaut.

Da das Stickstoffoxid zu Nitrit und Nitrat oxidiert bleibt hier auch nichts über.

12

Und wie bereits erwähnt, erweitern sich die Blutgefäße und Venen, wes-

halb sich der Blutdruck verringert und somit das Herz noch mehr entlastet wird.

Leider gewöhnt sich der Körper bei dauerhafter Anwendung von Nitrogly-

cerin Präparaten an das Nitroglycerin, was dazu führt, dass die Wirkung abge-

schwächt wird, beziehungsweise ganz ausbleibt. Die Erklärung hierfür ist, dass

das Enzym mALDH „aufgebraucht“ wird, dass heißt durch die Umsetzung des

Nitroglycerins in Stickstoffmonoxid wird das Enzym unfähig weitere Reaktionen

durchzuführen. Somit entsteht keine ausreichende Menge an Stickstoffmonoxid

um die Gefäßwände zu relaxieren.

Wie viele Medikamente, erzeugt Nitroglycerin neben seiner gewünschten

Wirkung auch Nebenwirkungen, wie zuerst starke Kopfschmerzen, Rötungen im

Gesicht und Hitzegefühle. Vor allem bei wiederholter Anwendung kann es zu aus-

geprägtem Blutdruckabfall kommen, was sich durch Schwindel und Benommen-

heit zeigt. Bei einer Überdosis kann es sogar zum Tod kommen.

Angewendet wird Nitroglycerin in verschiedenen Dareichungsformen,

zum Beispiel als Spray oder Tablette. Anwendungsgebiete sind Angina Pectoris-

Anfälle (Brustenge), Linksherzinsuffizienz (schlechte Pumpleistung der linken

Herzkammer) und bei akutem Myokardinfarkt (Herzinfakt).

13

6 Fazit

Nitroglycerin ist seit seiner Entdeckung 1847 durch A. Sobrero eine sehr bedeu-

tende chemische Verbindung. Revolutionierend zur damaligen Zeit für den Stra-

ßen- und Tunnelbau als Sprengstoff, trotz des hohen Risikos bei der Anwendung.

Nitroglycerin gewann an Wichtigkeit nach der Weiterentwicklung von A.

Nobel zu dem weltweit eingesetzten Dynamit. Durch diesen Sprengstoff konnte

A. Nobel ein Imperium aufbauen, wessen Reichtümer heute noch der Wissen-

schaft in Form von Nobelpreisen zur Verfügung stehen.

Bis heute hat Nitroglycerin nicht an Bedeutung verloren. Zwar wird Nitro-

glycerin nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen, als reiner Sprengstoff genutzt,

dafür ist seine Bedeutung in der Medizin umso größer.

Während meiner Recherchen ist mir immer mehr bewusst geworden, wie

kontrovers Nitroglycerin doch ist. Es kostete vielen Menschen das Leben, ob bei

der Forschung, Anwendung oder im Krieg. Auf der anderen Seite rettet es seit

1879 Menschen mit Herzinfakten oder vergleichbaren Erkrankungen das Leben.

Zudem hat mich überrascht wie weitreichende Auswirkungen doch die

Entdeckung Nitroglycerins noch heute hat. Hätte A. Sobrero Ntiroglycerin nicht

entdeckt und A. Nobel weiterentwickelt, würde der Wissenschaft eine wichtige

Anerkennung und Unterstützung fehlen.

Heutzutage hat man das Gefühl, dass täglich neue Substanzen, Entwick-

lungen oder auch Entdeckungen dazukommen. Um so mehr erstaunt es mich, wie

eine Substanz, die bereits vor 171 Jahren entdeckt wurde, in unsere schnelllebigen

Zeit Bestand haben kann und an Bedeutung nichts eingebüßt hat.

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7 Verzeichnis verwendeter Quellen

7.1 Literaturverzeichnis

Becke, A. & Douffet, H. & Jobst, J. & Pforr, H. & Sennewald, R. & Wächtler, E.

& Wagenbreth, O.. 1988. Der Freiberger Bergbau: Technische Denkmale und

Geschichte. Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie

Escales, Richard. 1908. Nitroglycerin und Dynamit. Leipzig: Verlag von Veit &

Comp.

Gratz, Jochen. 2007. Vom griechischen Feuer zum Dynamit: Eine Kultugeschich-

te der Explosivstoffe. Hamburg, Berlin, Bonn. Verlag E. S. Mittler & Sohn

Heise, F. & Herbst, F.. 1921. Lehrbuch der Bergbaukunde. Berlin: Verlag von Ju-

lius Springer, 214-218

MIP Pharma GmbH. 2017. Pharmapol: Nitronal Spray. Frankfurt: Rote Liste Ser-

vice GmbH

Reuther, Ernst-Ulrich. 1989. Lehrbuch der Berbaukunde mit besonderer Berück-

sichtigung des Steinkohlenbergbaus. Essen: Verlag Glückauf GmbH, 85- 102

Remane, Horst & Remane, Yvonne. 2010. Ein Sprengstoff wird Medikament:

Entdeckungsgeschichte des Nitroglycerins. Weinheim. Wiley-VCH Verlag GmbH

& Co. KGaA

Samter, Heinrich. 1896. Reich der Erfindungen. Berlin: Urania. 710, 733-735

Vögtle, F.. 1983. Alfred Nobel mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Ham-

burg: Rowohlt Taschenbuchverlag

7.2 Internetquellen

Wikimedia Foundation Inc. 2017. Nitroglycerin. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nitroglycerin

15

Wikimedia Foundation Inc. 2017. Dynamit. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Dynamit

Wikimedia Foundation Inc. 2017. Sprengstoff. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Sprengstoff

Wikimedia Foundation Inc. 2017. Asciano Sobrero. Online: https://de.wikipe-

dia.org/wiki/Ascanio_Sobrero

Wikimedia Foundation Inc. 2017. Alfred Nobel. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Nobel

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https://de.wikipedia.org/wiki/Trinitrotoluol

Wikimedia Foundation Inc. 2017. Hoosac-Tunnel. Online: https://de.wikipe-

dia.org/wiki/Hoosac-Tunnel

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dia.org/wiki/Gotthardtunnel

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schule.de/KnowHow/Sprengstoff

Xplosives.net. Nitroglycerin. Online: https://xplosives.net/wp/sprengstoffe/sekun-

daersprengstoffe/nitroglycerin/

ARD. 2017. Sprengstoff. Online: https://www.planet-wissen.de/technik/Erfindun-

gen/Sprengstoff

Wikimedia Foundation Inc. 2017. Strahlpumpe. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Strahlpumpe

UniDAZ. 2013. Sprengstoff als Arzneimittel. Online:

http://unidaz.de/2013/sprengstoff-als-arzneimittel/

16

Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie. 2014. Alkohol und Nitroglycerin ma-

chen ein weites Herz. Online: http://www.chemieunterricht.de/dc2/r-oh/alk-ni-

trogl.htm

Merz, Sebastian. 2017. Nitrolgycerin. Online:

http://flexikon.doccheck.com/de/Nitroglycerin

7.3 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Asciano Sobrero. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ascanio_Sobrero

Abbildung 2: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Alfred Nobel. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Nobel

Abbildung 3: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Nitroglycerin. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nitroglycerin

Abbildung 4: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Nitroglycerin. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nitroglycerin

Abbildung 5: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Nitroglycerin. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nitroglycerin

Abbildung 6: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Strahlpumpe. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Strahlpumpe

Abbildung 7: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Hoosac-Tunnel. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Hoosac-Tunnel

Abbildung 8: Becke, A. & Douffet, H. & Jobst, J. & Pforr, H. & Sennewald, R. &

Wächtler, E. & Wagenbreth, O.. 1988. Der Freiberger Bergbau: Technische

Denkmale und Geschichte. Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindus-

trie

17

Abbildung 9: Alfred Escher Stiftung. 2017. Louis Favre. Online: https://www.-

briefedition.alfred-escher.ch/kontexte/personen/korrespondenten/F/Favre

%20Louis/#correspondent=Favre%20Louis

Abbildung 10: Wikimedia Foundation Inc. 2017. Gotthardtunnel. Online:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gotthardtunnel

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