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Impressum Die NORDISCHE ZEITUNG ist die Stimme des Artglaubens. Sie wird von der Artgemeinschaft – Germani- sche Glaubens-Gemeinschaft we- sensgemäßer Lebensgestaltung e.V., Postfach 55709, 22567 Hamburg, herausgegeben und verlegt und er- scheint vierteljährlich. Menschen unserer Art, die Beiträge zur Entwicklung nordischer An- schauungen auf religiösem, weltan- schaulichem, kulturellem, erzieheri- schem, gemeinschaftsbildendem, künstlerischem und wissenschaftli- chem Gebiet geben wollen, steht sie zur Verfügung. Dabei müssen namentlich gekenn- zeichnete Beiträge nicht in jedem Falle mit der Auffassung der Schrift- leitung oder der Leitung der Artge- meinschaft übereinstimmen. Schriftleiter und verantwortlich für den Inhalt, soweit Beiträge nament- lich nicht gekennzeichnet sind: Jür- gen Rieger, Auguste-Baur-Str. 22, 22587 Hamburg. Namentlich ge- kennzeichnete Artikel verantworten die Verfasser. Zahlungen auf das Konto: Die Artge- meinschaft, Postbankkonto 5 28 51- 104 Berlin (BLZ 100 100 10). Aus dem postalischen Ausland: unter Angabe des -Betrages mit Aus- landspostüberweisung DE59 1001 0010 0052 8511 04, BIC PBNKDEFF oder Scheck, spesenfrei für den Emp- fänger. Die von der Artgemeinschaft – Ger- manische Glaubensgemeinschaft we- sensgemäßer Lebensgestaltung e.V. verwendete Form der Irminsul ist re- gisterrechtlich geschützt und darf nur von Mitgliedern der Artgemein- schaft verwendet werden. Wir setzen an den Beginn unserer Jahreszählung nicht die Geburt eines Christus, von dem niemand weiß, ob und ggf. wann er geboren wurde, son- dern die Hochblüte des Gestirnhei- ligtums Stonehenge. Bezugsgebühr 18,– jährlich, für Mitglieder und Förderer im Jahres- beitrag enthalten. Bestellungen für nur ein Jahr gelten als automatisch um ein weiteres Jahr verlängert, wenn nicht bis zum 31. 12. gekündigt wird. Wenn innerhalb eines Jahres bestellt wird, werden die bereits er- schienenen Hefte nachgeliefert; die Bestellungen gelten immer für ein Kalenderjahr. Beilagenhinweis: Einer Teilauflage liegen Mitteilungen der Leitung und die Einladung zum Gemeinschaftstag bei. Umschlagbild: Wotan / Odin hinter dem Landesmuseum Hannover aus dem Jahr 1888 n. übl. Ztr. von Wilhelm Engelhard (1813–1902 n. übl. Ztr.) Inhaltsverzeichnis Der „Maiskorb“ der Siebenbürger Sachsen Misch Orend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Warum religiöse Erneuerung? Matthias Haidn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Deutsche Bauerntrachten Dr. Ludwig Hartmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Baum und Wald – die grünen Wurzeln unseres Volkes Werner Kellermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Erde Zoe Droysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Nur nicht alt werden! Artur Brausewetter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Unseren Kindern germanische Namen Rolf L. Fahrenkrog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Filmbesprechung – Das kalte Herz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Unseren jungen Gefährten – Aus Deutschlands Vor- und Frühzeit: Volk ohne Raum – Teil 4 . . . . 66 Unseren jüngsten Gefährten – Rätsel – Hänsel und Gretel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Heidenspaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Neues vom alten Feind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Die Stimme des Artglaubens Im Einsatz für Lebensschutz, insbesondere Überleben unserer Art Erhaltung des nordischen Kulturerbes und Förderung einer wesens- gemäßen Kultur Verwirklichung einer sinnerfüllten Lebensgestaltung umbruch_3_08 27.08.2008 22:25 Uhr Seite 48

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Magazine from the largest german pagan organization, Artgemeinschaft.

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ImpressumDie NORDISCHE ZEITUNG istdie Stimme des Artglaubens. Sie wirdvon der Artgemeinschaft – Germani-sche Glaubens-Gemeinschaft we-sensgemäßer Lebensgestaltung e.V.,Postfach 55709, 22567 Hamburg,herausgegeben und verlegt und er-scheint vierteljährlich.Menschen unserer Art, die Beiträgezur Entwicklung nordischer An-schauungen auf religiösem, weltan-schaulichem, kulturellem, erzieheri-schem, gemeinschaftsbildendem,künstlerischem und wissenschaftli-chem Gebiet geben wollen, steht siezur Verfügung.Dabei müssen namentlich gekenn-zeichnete Beiträge nicht in jedemFalle mit der Auffassung der Schrift-leitung oder der Leitung der Artge-meinschaft übereinstimmen.Schriftleiter und verantwortlich fürden Inhalt, soweit Beiträge nament-lich nicht gekennzeichnet sind: Jür-gen Rieger, Auguste-Baur-Str. 22,22587 Hamburg. Namentlich ge-kennzeichnete Artikel verantwortendie Verfasser.Zahlungen auf das Konto: Die Artge-meinschaft, Postbankkonto 5 28 51-104 Berlin (BLZ 100 100 10). Ausdem postalischen Ausland: unterAngabe des €-Betrages mit Aus-landspostüberweisung DE59 10010010 0052 8511 04, BIC PBNKDEFFoder Scheck, spesenfrei für den Emp-fänger.Die von der Artgemeinschaft – Ger-manische Glaubensgemeinschaft we-sensgemäßer Lebensgestaltung e.V.verwendete Form der Irminsul ist re-gisterrechtlich geschützt und darf nurvon Mitgliedern der Artgemein-schaft verwendet werden.Wir setzen an den Beginn unsererJahreszählung nicht die Geburt einesChristus, von dem niemand weiß, obund ggf. wann er geboren wurde, son-dern die Hochblüte des Gestirnhei-ligtums Stonehenge.Bezugsgebühr 18,– € jährlich, fürMitglieder und Förderer im Jahres-beitrag enthalten. Bestellungen fürnur ein Jahr gelten als automatischum ein weiteres Jahr verlängert,wenn nicht bis zum 31. 12. gekündigtwird. Wenn innerhalb eines Jahresbestellt wird, werden die bereits er-schienenen Hefte nachgeliefert; dieBestellungen gelten immer für einKalenderjahr.

Beilagenhinweis: Einer Teilauflage liegen Mitteilungen der Leitung und die Einladung zum Gemeinschaftstag bei.Umschlagbild: Wotan / Odin hinter dem Landesmuseum Hannover aus dem Jahr 1888 n. übl. Ztr. von Wilhelm Engelhard(1813–1902 n. übl. Ztr.)

InhaltsverzeichnisDer „Maiskorb“ der Siebenbürger Sachsen Misch Orend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49Warum religiöse Erneuerung?Matthias Haidn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Deutsche BauerntrachtenDr. Ludwig Hartmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55Baum und Wald – die grünen Wurzeln unseres VolkesWerner Kellermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58ErdeZoe Droysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Nur nicht alt werden!Artur Brausewetter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63Unseren Kindern germanische NamenRolf L. Fahrenkrog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64Filmbesprechung –Das kalte Herz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65Unseren jungen Gefährten –Aus Deutschlands Vor- und Frühzeit: Volk ohne Raum – Teil 4 . . . . 66Unseren jüngsten Gefährten – Rätsel – Hänsel und Gretel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Heidenspaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70Neues vom alten Feind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

Die Stimme des ArtglaubensIm Einsatz für

Lebensschutz, insbesondere Überleben unserer Art

Erhaltung des nordischen Kulturerbes und Förderung einer wesens-gemäßen Kultur

Verwirklichung einer sinnerfüllten Lebensgestaltung

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49Nordische Zeitung 3, 76. Jg. / 3808 n. St.

die Konstruktion desMaiskorbes zu einersehr eigenartigen Zierausgebaut. Vier Eck-ständer und zwei, seltenvier, Mittelständer tra-gen das Dach, drei, sel-ten vier, Querbalkenverbinden die Ständer.Da nun die Last ziem-lich schwer ist, es han-delt sich um zehn biszwanzig Fuhren Mais-kolben, müssen dieStänder mit den Quer-balken gut verbundensein, daher die vielenEckbänder.

Bei einem reinenZweckbau würde manlediglich auf die Festig-keit der Bindung achtenund nicht mehr Eckbän-der anbringen, als unbe-dingt nötig sind.Tatsächlich findet manneuerdings vielfachdiese Bauweise derMaiskörbe. Auch derKorb in Abb. 2 ist in ver-einfachter Form gebautworden, obwohl dieMittelverbindung mehrals zweckbestimmt ist.Die übrigen Abbildun-gen der Maiskörbe zei-gen jedoch eine solcheFülle von Bindungen,daß hier deutlich überdas unbedingt Notwen-dige und Zweckbe-stimmte hinausgegan-gen wurde. Sie wollenVerzierung sein unddem Maiskorb einestark ausgeprägte Form

geben, obwohl sie im Bau des Speichersihren sinnvollen Dienst bewahren. Sozeigen die Maiskörbe in Abb. 3 und 4 inder Mitte der Breitseite je ein Rad, dieKörbe in Abb. 5 und 6 zwei Räder (anbeiden ist das untere Rad schadhaft),der Korb in Abb. 7 sogar vier Räder undzwei Rauten. Gerade dieser letzte Mais-korb, der auf dem reichen Halmehofsteht und 1876 n. übl. Ztr. gebaut wurde,zeigt eindeutig, daß der Zimmermannbewußt aus den Eckbindungen Verzie-rungen schaffen wollte; dasselbe kommtaber auch bei den Dachträgern zum

Der „Mai+korb” der

Siebenbürger SacsenD

ie Frucht verwahrten die Sieben-bürger Sachsen jahrhundertelangin der Kirchenburg, sei es, daß in

Wehrhäusern für die einzelnen Höfebesondere Kammern eingerichtet wa-ren, wo Truhen und Getreidekästenstanden, oder es reihten sich innerhalbder Ringmauern Speicherhäuschen anSpeicherhäuschen. In vielen Dörfernbesteht diese Einrichtung heute noch.Die Truhen waren Stollentruhen mit ge-wölbtem oder geradem Deckel. Mei-stens sind sie durch Ritzung oder Bema-lung verziert, nicht selten mit Sinnbil-dern oder Runen. so trägt auch dieFruchttruhe in Abb. 1 an der Vorder-seite in drei Feldern die hochgestellteIng-Rune.

Abb. 1: Fruchttruhe aus Stolzenburg.

Für den Mais, der wohl seit dem 15.Jahrhundert n. übl. Ztr. in Siebenbür-gen angebaut wird, war es nötig, beson-dere Speicherbauten zu errichten, dadie Kolben nach der Ernte noch wo-chenlang nachreifen müssen. Hierfürsind luftige Behälter nötig, schmal ge-baute, die eine zu dichte Häufung derKolben verhindern. Aus dieser Vorbe-dingung entstand der Maiskorb in derlanggestreckten schmalen Form. Er istzum Teil auch bei den Rumänen undMadjaren verbreitet und war wohl ur-sprünglich aus Ruten geflochten, daherder Name „Korb“.Eine eigenartige Ausgestaltung hat die-ser Maiskorb jedoch bei den Siebenbür-ger Sachsen erfahren, so in der Ge-meinde Stolzenburg bei Hermannstadt.Wie sonst bestehen auch hier dieWände aus lose aneinandergereihtenLatten, die den Trocknungsvorgang er-möglichen. Da sich seine großenFlächen zum Schmücken boten, wurde

Abb. 2: „Maiskorb“ mit Malkreuz ausStolzenburg. Abb. 5: Maiskorb aus Stolzenburg.

Abb. 4: Maiskorb mit Sonnenrädern aus Stolzenburg.

Abb. 3: Maiskorb mit Sonnenrädern aus Stolzenburg.

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Ausdruck, die in Form der Man-Runezu Kapitellen ausgebaut wurden.

Das Rad in der Mitte des Korbes ist dasSonnenrad, das alte Sinnbild, das hierdurch die Rundung der Eckbänder ge-bildet wurde, und das auch sonst in derVolkskunst der Siebenbürger Sachsenso häufig auftritt. Es ist in dieser Art imvollen Bewußtsein geschaffen wordenund zeigt, wie stark und lebendig dieÜberlieferung wirksam ist und wie dasüberkommene Formgut des Sinnbildesimmer wieder durchbricht.

Das Sonnenrad mit den Strahlenpfeilenkommt auch als Gemeindemarke undViehbrandzeichen in der näheren Um-gebung Stolzenburgs, in Großau, vor(Abb. 8). Aber auch das Malkreuz desKorbes in Abb. 2 wiederholt sich alsViehbrandzeichen in Hammersdorf(Abb. 9), ebenfalls aus der näheren Um-gebung Stolzenburgs (beide sind 1826 n.übl. Ztr. aufgezeichnet). Sie sind somitnicht zufällige Formen, sondern über-liefertes Gut, das sich urkundlich in die-ser Form bis 1577 n. übl. Ztr. verfolgenläßt.

stens steht er gegenüber dem Wohn-haus, sein Platz ist jedoch im Hofraumnicht festgelegt, wie der der andernBauten. Mit seinem kunstvollen Aus-bau ist er zur Hofzierde geworden, nun-mehr der einzige Bau, außer dem Gas-sentor, der als künstlerische Gestaltungwirken will.

Die Ähnlichkeit mit der siebenbürgi-schen Stollentruhe, zumal mit dem ge-wölbten Deckel, ist bezeichnend. Jaselbst die älteren Fruchtkästen habendieselbe Bauweise, ein Ständerwerk,das in Fächer geteilt ist, bloß daß bei denTruhen und Kästen die Fächer mit be-hauenen Brettern ausgefüllt sind. Diesbildet nun zugleich die Überleitung zuden mittel- und ostdeutschen Fach-werkbauten.

Und wie hier die Fügung der Bänderund Streben Sinnbilder gestalten, so fin-det man auch dort nicht selten Fügun-gen der Streben, die über das baumäßigNotwendige hinausgehen und Zierfor-men erwirken, die Sinnbilder und Ru-nen darstellen.In den Maiskörben hat der dörflicheZimmermann der Siebenbürger Sach-sen einen Teil der alten Holzbaukunst,die in früheren Jahrhunderten wohl vielausgeprägter war, sich bewahrt und inseiner einfachen und doch überaus sinn-vollen und ursprünglichen Art weiter-gepflegt. Aber gerade die Sinnbildge-staltungen zeigen, daß er im Grunde sei-nes Wesens der deutsch-germanischeninneren Haltung verbunden blieb.

Misch Orend

Abb. 7: Maiskorb vom Halmehof mit Sonnenrädern und Rauten.Abb. 6: Maiskorb aus Stolzenburg.

Abb. 8 u. 9: Viehbrandzeichenvon 1826 n. übl. Ztr.

Der besondere Speicherbau ist wesent-lich eine ostgermanische Erscheinung,der oft eine besondere Ausprägung er-hielt, wie bei den Sudetendeutschen.Auch in Siebenbürgen bildet er eineSonderform unter den anderen Hofbau-ten, Stall, Scheune und Schuppen. Mei-

Es wuchs ein Baum viel tausend Jahre. –Dort, wo der Erde tiefste Wasser in einemRiesenrund zusammenfließen, wo allerAnfang Urgrund ist, dort sogen seine

Wurzeln Kraft und gaben sie dem Stamm mitseinen weitauswuchtenden Ästen weiter. Groß wuchs der Baum. Der Krone Dachumspann den hohen Himmel, und weiße

Wanderwolken wiegten seine Zweige.Unter des Baumes Schatten wohnten die

Menschen wohlgeborgen. Der WindeRauschen und der weite Flug der Vögel

brachte die Kunde ihnen vom Wachsen undWachen, vom Ragen und Reifen des Lebens,

das ihrer aller Mutter war. So wurden siewissend und durch Wissen stark. Sie blieben

so gläubig, weil sie sehend waren.Zur Mitternacht fuhr einst die Axt, die ein

vom Sterbenskreuz Gezeichneter mitfieberheißen Händen führte, dem

lebensstarken Baume in das Mark desStamms. Ein banges Ächzen stieg vom

Himmel auf. Die Krone sank. Und Menschen wurden heimatlos.

Der Sterbensmann wies sein Gefolge an, aus Stein und Stammestrümmern ein

fensterloses Haus zu fertigen, in dem derGeist des Todes wohnen sollte.

So wuchs das Haus. Und bleiche Menschen gingen gesenkten

Hauptes in die dunkle Halle ein.Und wieder zogen tausend Jahre in dasLand. Viel hunderttausend starben ausSehnsucht nach dem Licht. Millionen

siechten in der Dunkelheit.Da brach die Erde unter des dumpfen

Hauses Schwelle auf, und Risse zogen bisunters Dach. Das junge Licht des hohen

Himmels leuchtete hinein, und matteMenschen fanden neuen Mut und glaubtenan den Sinn der fern des Hauses Finsternis

leuchtenden Siegessonne.Aus alten Wurzeln sproßte neuer Stamm,und Wachstum ließ die Starrheit weichen.

Die Mauern sanken: unter ihren Trümmernsproß der Lebensbaum mit junger,

ungestümer Kraft zum Himmel.Kurt Eggers

Der Leben+baum

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Wir leben in Deutschland in einerZeit, in der das bestehendeHerrschaftsverhältnis und das

überindividuelle geistige kulturelle Le-ben weitgehend von den Ideologien desMarxismus und Liberalismus geprägtsind. Kennzeichnend für unsere Gegen-wart ist aber nicht der Wohlstand, son-dern der Kulturverfall, der insbeson-dere das ethische und moralische Ver-halten betrifft, wie der NobelpreisträgerProfessor Konrad Lorenz festgestellthat, dessen wissenschaftliches Tätig-keitsgebiet das tierische und menschli-che Verhalten ist. Der Kultur- und Ge-sittungsverfall äußert sich in einer Ent-fremdung der Religion und in einembiologischen Niedergang durch Gebur-tenschwund, der jeden Einsichtigen be-stürzen muß, das heißt den, der sich vonden bewußt gelenkten Massenmediennoch nicht hat geistig entmündigen las-sen. Die Verfremdung der Religion, dasSchwinden des moralischen und ethi-schen Verhaltens und der biologischeNiedergang durch Geburtenschwundhängen unlösbar miteinander zusam-men, weil sie auf geistig seelischen Vor-gängen beruhen. Der Wille zum Kindebedarf geistig sittlicher Antriebe, dieweder der Marxismus noch der Libera-lismus geben kann. Die Selbstbezogen-heit des Denkens und der Lebensauf-fassung dieser Ideologien führen zu ei-ner Ausmagerung dieser sittlichen An-stöße.

Der Kultur- und Gesittungsverfallmacht eine religiöse Erneuerung nötig,die eine Besinnung auf das Bleibendeund Unveränderliche im Lebensgesche-hen sein muß und ein Suchen und Stre-ben nach dem Besseren zur Volkserhal-tung ist. Die religiöse Erneuerung ist inder Ausnahmesituation, in die das deut-sche Volk durch die bedingungslose mi-litärische Kapitulation geraten ist, un-ausweichlich geworden. Angesichts derZustände, die im geistig kulturellen Le-ben eingerissen sind, ist sie zu einergrundlegenden Voraussetzung für dieZukunft des deutschen Volkes gewor-den. Denn die Hauptaufgabe der Reli-gion ist die Mobilisierung der geistigenund sittlichen Kräfte für eine neue le-bensgerechte ethische Ordnung.

Die bedingungslose militärische Kapi-tulation stellt etwas Neues im bewegtenZusammenleben der europäischen Völ-ker dar. Sie ist nur als Auftakt zu einerbeispiellosen Gewaltherrschaft zu er-klären. Die Verhaftung der Reichsre-gierung, die Verweigerung eines Frie-densvertrages mit einer Generalamne-stie, die wesensmäßig zu einem Frie-densvertrag gehört, haben Elementedes Völkerrechtssystems zerstört. Da-bei ist auch das demokratische Grund-recht, das Selbstbestimmungsrecht derVölker, auf der Strecke geblieben, und

statt einer Verfassung bestimmten dieSiegermächte ein Grundgesetz. DieVersagung eines Friedensvertrages, wasden Schwächeren völlig entrechtete undaller Menschenrechte beraubte, ermög-lichte die Fortsetzung des Krieges mitanderen Mitteln und damit die Ent-wicklung der USA und der Sowjetunionzu den beiden dominierenden Welt-mächten, die glaubten, eine gemein-same Weltherrschaft errichten zu kön-nen, eine Illusion, der sich nur die poli-tische Führung in Washington hingab,nicht aber in Moskau.

Das deutsche Volk wurde daran gehin-dert, sich eine rechtmäßige Verfassungzu geben, denn dazu ist nur ein Volk inder Lage, das frei ist. Das Grundgesetzhat deshalb mehr den Charakter einesKolonialstatuts als den einer rechtmäßi-gen Verfassung. Die Ämtereinweisungund die Etablierung der politischen Par-teien erfolgten nicht nach dem Willendes deutschen Volkes, sondern durchdie landnehmende Macht, repräsentiertdurch die Siegermächte. Deshalb istauch heute noch die Feststellung einesStaatsrechtlers der Kieler Universitätzutreffend: Wir haben keine unmittel-bare Demokratie, sondern eine Reprä-sentanz der Macht.

Durch die Fortsetzung des Krieges mitpolitischen Mitteln ist der herrschendeEinfluß der marxistischen und liberali-stischen Ideologen, die bei der Ämter-verteilung bevorzugt wurden, institutio-nalisiert und auf Dauer angelegt wor-den. Marxistische und liberalistischeIdeologen stellen auch die Kernmann-schaft der Umerzieher. Die Umerzie-hung ist ein Produkt der Fortsetzungdes Krieges mit anderen Mitteln. Durchdie Umerziehung sollte das deutscheVolk nicht nur in seiner charakterli-chen, geistigen und seelischen Substanzgetroffen werden, sondern indirektauch in seiner biologischen. Seit der be-dingungslosen militärischen Kapitula-tion sind die Deutschen einer Dauerbe-einflussung ausgesetzt gewesen, diepraktisch einer Unterwerfung unter denSiegerwillen gleichkommt, im Ostenwie im Westen. Eine Umwertung allerWerte ist imgange. Dieses geistige Ver-wirrspiel dient der nationalen Selbstent-fremdung und ist ein taktisches Mittel inder Strategie der Weltmächte. Die ge-schichtlichen und kulturellen Zusam-menhänge des deutschen Volkes sollengestört und unterbrochen werden. DieGeschichtsverfälschung, die unter der

Bezeichnung Vergangenheitsbewälti-gung betrieben wird, und die Sprach-verfälschung durch sinnveränderndenGebrauch von Wörtern und durch irre-führende gegensätzliche Begriffsbil-dungen – Sprachregelung genannt –betreffen zwei Lebens- und Kulturbe-reiche, ohne die eine Identitätsfindungdes deutschen Volkes, das heißt das Be-wußtwerden seiner inneren Einheitnicht möglich ist. Ein weiteres Produktder Fortsetzung des Krieges mit ande-ren Mitteln ist die in Yalta im Februar1945 n. übl. Ztr. von Stalin, Rooseveltund Churchill beschlossene TeilungDeutschlands; Churchills mangelndeVoraussicht ließ ihn zum Totengräberdes englischen Imperiums werden.

Die Umerziehung, deren Aufgabe essein sollte, das geistige und sittliche„Rahmengebäude eines ganzen Volkeszu zerstören und diesem einen neuenGeist aufzuprägen“ (Louis Nizer in:What to do with Germany) hat das kul-turelle Leben schwer vergiftet. DieLüge ist dadurch zu einem fundamenta-len Prinzip unseres überindividuellengeistigen und kulturellen Lebens ge-worden. Die Lüge ist nach dem „Wör-terbuch philosophischer Begriffe“, die„bewußt unwahre, eine Täuschung be-absichtigende Aussage, die Verdrehungder Tatsachen, die gewollte Zweideu-tigkeit und Unbestimmtheit, die Ver-stellung und Heuchelei“. ProfessorSteinbuch, Stuttgart, hat das treffendund kürzer ausgedrückt: Die Lügekommt nicht so sehr als Negation (Ver-neinung) der Wahrheit, sondern alsfalscher Gedanke und falsche Vorstel-lung.

Die Vergiftung des überindividuellengeistigen und kulturellen Lebens mußtenach dem Gesetz des Pendelausschlageseine Rückbesinnung auf die zentraleAufgabe der Religion als Hüterin vonMoral und Ethik auslösen.

Die Umerziehung war in Ost und Westvon einer Zuteilung der Lebensmittel-rationen begleitet, die unterhalb desphysiologischen Existenzminimums la-gen. General Eisenhower berichtete,daß in seinem Gebiet die „durchschnitt-liche Nahrungsmittelmenge für deut-sche Zivilpersonen um ein Drittel unterdem Existenzminimum bliebe“. Damitsollte das deutsche Volk auch in seinerbiologischen Substanz direkt getroffenwerden, ein Ziel, dem auch die Zer-störung von Arbeitsplätzen durch De-montage, der Abbruch von Fabriken

Warum religiöse

Erneuerung?

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und Industrieanlagen und das Verbotvon zukunftträchtigen Technologiendienen sollten.

Mit der bedingungslosen militärischenKapitulation, der völkerrechtswidrigenVerhaftung der Reichsregierung undder Versagung eines Friedensvertragesmit Amnestieklausel wurden von denalliierten Siegermächten Maßnahmeneingeleitet, die eine Strategie bei derFortsetzung des Krieges mit anderenMitteln sichtbar und einen Totalitaris-mus erkennbar machten, deren Folgenerst Jahrzehnte nach der Einstellungder Kampfhandlungen einer wachsen-den Zahl von Menschen zum Bewußt-sein kamen: Die Aufteilung des deut-schen Reiches in mehrere Teile, die bei-spiellose Vergiftung des überindividu-ellen geistigen und kulturellen Lebensund einen dadurch ausgelösten Gesit-tungsverfall, der das moralische undethische Verhalten betrifft. Diese Ent-wicklung bedarf einer sorgfältigen Un-tersuchung und Prüfung durch die Wis-senschaft.

Der Siegeszug der Wissenschaft hat dasalte statische Weltbild aus den Angelngehoben. Es mußte im Zeitalter derPhysik und der Biologie einem durchund durch dynamischen Weltbild wei-chen. Wie das Weltbild hat sich auch dasMenschenbild, das Wissen über die Stel-lung des Menschen im Natur- und Le-bensgeschehen von grundauf verändert.Das neuzeitliche biologische Men-schenbild hat das spekulative Men-schenbild der Bibel, das unbiologischeMenschenbild des Marxismus und desLiberalismus ad absurdum geführt, dasheißt ihre Unhaltbarkeit bewiesen. Mitden bahnbrechenden wissenschaftli-chen Erkenntnissen der Physik und derBiologie, für die Kopernikus und Dar-win Symbolfiguren sind, und mit derPhilosophie von Kant, „dem größtendeutschen Philosophen und neben Platodem größten Philosophen überhaupt,den die Geschichte kennt“, ist eine Zei-tenwende eingeleitet worden. Die neueZeit ist gekennzeichnet durch die Wis-senschaft und durch die unheimlicheMacht der neuen Technologien, diemehr und mehr als eine Gefahr für diemenschliche Zukunft empfunden wer-den. Der Fortschrittsglaube, der Wahnvon einem unbegrenzten allgemeinenFortschritt hat nicht nur seinen Glanzund Heiligenschein verloren, sondernbeginnt einer Zukunftsangst Platz zumachen. In dieser Zeitenwende, in derwir noch stehen, haben sich nicht nurdas Weltbild und das Menschenbild ver-ändert, sondern ist auch das veralteteGottbild gestürzt. Aus dem spekulati-ven Menschenbild der Bibel und ausdem vorbiologischen Menschenbild desMarxismus und Liberalismus läßt sicheine lebensgerechte ethische Ordnung

nicht ableiten. Das moralische und ethi-sche Verhalten und die Religion habenmit der Entwicklung der dämonischenMacht der neuzeitlichen Technologiennicht Schritt halten können. Das neueWelt- und Menschenbild erfordert abereine ihm adäquate, ihm angemesseneethische Ordnung. Die Zeit für eine re-ligiöse Erneuerung ist reif. Die tiefe Er-schütterung durch den zweiten Welt-krieg und insbesondere durch die Nach-kriegszeit, mit seiner Verfolgung vonMillionen Deutscher in der eigenenHeimat und der Vertreibung von Mil-lionen Deutscher aus ihrer angestamm-ten Heimat im Osten; durch die Mißach-tung des Völkerrechts und der Men-schenrechte, durch die in Wirklichkeitkontroversen und gegeneinander ge-richteten Mächte, die gesiegt haben, diekeinen Frieden schufen, weil sie keinenFrieden schaffen wollten; durch dieChaotisierung des ethischen und mora-lischen Verhaltens, durch die Verabso-lutierung der negativen individuellenFreiheit; das Wachhalten des Kollektiv-schuld-Vorwurfes und die Verhinde-rung einer Amnestie durch die etablier-ten Parteien; dieses dauernde Verwirr-spiel, verstärkt durch volksverhetzendegegensätzliche politische Begriffsbil-dungen, ist das überindividuell geistigeund kulturelle Leben so vergiftet wor-den, daß die Sehnsucht nach innerenFrieden und nach einer neuen ethi-schen, naturgesetzlichen und sittenge-setzlichen Ordnung immer stärker ge-worden ist.

Die Erneuerung des religiösen Lebensunseres Volkes auf der Grundlage derneuzeitlichen Erkenntnisse der Wissen-schaft, insbesondere der Biologie, istdeshalb eine Forderung unserer Zeit,um dem Gesittungsverfall und der Zer-setzung der moralischen Ordnungendurch die hertschenden Ideologien Ein-halt zu gebieten.

Religion – was ist das ?Das Fremdwort Religion wird inDeutschland nachweislich erst seit 1517n. übl. Ztr. neben den bisher üblichenBezeichnungen Glaube und Bekenntnisgebraucht (Sigrid Hunke). Mit der Ein-führung dieses Wortes ist eine sprachli-che Verwirrung ausgelöst worden, weilGlaube und Religion zu identischen, dasheißt, ein und dasselbe bedeutendenBegriffen gemacht worden sind, was sieihrer Herkunft und ihrem Begriffsinhaltnach nicht sind. Glaube und Religionsind vielmehr zwei unterschiedliche Be-griffe, die deshalb klargestellt werdenmüssen.

Außer den in Europa herrschendenchristlichen Religionsorganisationengibt es noch andere Großreligionen, vonden vielen Sekten ganz abgesehen. Alle

sprechen von Religion und alle meinendamit etwas ganz anderes. Es ist deshalbnicht verwunderlich, wenn sich geradesolche Menschen, die den Dingen aufden Grund zu gehen pflegen, sich fra-gen: Religion, was ist das ?

Begrifffliche Klarheit zu schaffen isteine ursprüngliche Aufgabe jeder wis-senschaftlichen Arbeit. Das ist jeder-mann einleuchtend, weil die For-schungsergebnisse in einer Sprache miteindeutigen Begriffen mitgeteilt wer-den müssen, damit sie für die Wissen-schaftler in aller Welt den gleichen irr-tumsfreien Aussagewert haben. Es hatsich deshalb eine Wissenschafts-Spra-che entwickelt.

Der Nobelpreisträger Jacques Monodhat in seinem Buch „Zufall und Not-wendigkeit“ die Objektivität als axio-matisches Prinzip jeder wissenschaftli-chen Tätigkeit bezeichnet. Ein Axiomist ein unbedingt gültiger Grundsatz,der keines Beweises bedarf. Unter Ob-jektivität ist die strenge, wirklichkeits-bezogene Darstellung eines Sachverhal-tes zu verstehen, wobei alles Subjektiveausgeschaltet ist. Eine wissenschaftlicheMitteilung muß frei sein von allen per-sönlichen Neigungen, Voreingenom-menheiten und willkürlichen Geglaubt-heiten, ja, von persönlichen Wertungen.Auf diesen Prinzipien fußend hat dieWissenschaft in den letzten zwei Jahr-hunderten ihren Siegeszug antretenkönnen. Sie hat unser Wissen über dasNatur- und Lebensgeschehen staunens-wert vertieft und erweitert.

Begriffliche Klarheit zu schaffen undstrenge Objektivität müssen auchgrundlegende Faktoren der Religionsein. Sie sind der eherne Fels, auf demdie Religion unserer Zeit ruhen muß.Dadurch wird auch die Versöhnungzwischen Religion und Wissenschaft ge-währleistet. Die Definition der BegriffeGlaube, Religion und Gott, die demneuen dynamischen Weltbild gerechtwird, ist von großer geistesgeschichtli-cher Bedeutung.

Das Hauptwort Glaube ist von demTätigkeitswort „glauben“ abgeleitet.Darüber sagt der Duden, Herkunfts-wörterbuch: „glauben“, althochdeutsch„gilouben“ gotisch „galaubjan“ gehenzurück auf germanisch „galaubjan“,„für lieb halten“, „gutheißen“, das zuder weitverzweigten Wortgruppe „lieb“gehört. Schon bei den Germanen bezogsich „glauben“ auf das freundschaftli-che Vertrauen eines Menschen zurGottheit. Nach der Christianisierungdrückte es dann das religiöse Verhaltenzum Christengott aus.

Das Wort Religion ist dem Lateinischenentlehnt. Seine Abstammung ist aberseit altersher umstritten. Die katholi-schen Kirchenväter Augustinus und

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Lactanzius leiten es von „religere“gleich „wiedererlangen“ oder von „reli-gare“, das heißt „zurückverbinden“ ab,weil das zu den katholischen Vorstel-lungen von der Erlösung besser paßt.Die älteste Sprachquelle für das WortReligion ist jedoch das Werk „De Na-tura Rerum“ von Cicero, in dem es von„relegere“, das heißt „sorgfältig beach-ten“ abgeleitet ist. Dort steht der Satz:„Diejenigen, die alle Dinge, die mit denGöttern zu tun haben, sorgfältig beach-ten, werden religiös genannt.“ Zur Zeitvon Cicero waren die Götter noch Per-sonifizierungen von Naturkräften, dieauf das Leben des Menschen einen star-ken Einfluß hatten. Götter und Göttin-nen dienten als Regulative für dasmenschliche Verhalten. Die Sprachge-schichte hat uns mit dem Tätigkeitswort„sorgfältig beachten“ einen fruchtbarenHinweis dafür gegeben, daß das WortReligion ein menschliches Handeln undVerhalten bezeichnet, das in einem Zu-sammenhang mit der Gottvorstellungsteht. Gott ist demnach ein Bezugs-punkt und Orientierungspunkt für dasmenschliche Verhalten. Eine religiöseErneuerung steht deshalb vor der Auf-gabe, das Wort Gott nach objektiven,wissenschaftlichen Erkenntnissen abzu-grenzen. Die Gottvorstellungen dürfennicht individuellen Gefühlen überlas-sen bleiben, wenn von der Religion eineordnende Kraft für das Volks- und Ge-sellschaftsganze ausgehen soll. Wennauch zugegeben werden muß, daß alleobjektiven Erkenntnisse letztlich hypo-thetischen Charakter haben, so mußihnen doch zugute gehalten werden,daß „das wissenschaftliche Wissen dasbeste Wissen ist, das wir haben“ (KarlPopper).

Gott ist andersGottvorstellungen sind bei allen Völ-kern der Erde vorhanden, und Gottvor-stellungen wird es auch in Zukunft ge-ben. Sie sind menschentypisch. Denn esist ein elementares Gefühlserlebnis,„daß der Kulturmensch sich in weltwei-ten Zusammenhängen des Belebtenund Unbelebten eingesponnen weiß“(Kolbenheyer). Deshalb werden dieMenschen niemals aufhören, über Zu-sammenhänge nachzudenken, die überdas Ich hinausführen und sie werdennicht ruhen, diese Zusammenhänge zuergründen und das überindividuelle Ge-schehen zu erforschen. Sie wollen wis-sen, welche Bedeutung diese Zusam-menhänge und dieses überpersönlicheGeschehen für das menschliche Ge-schehen haben. Das Wort Gott ist nureine Bezeichnung, aber keine Er-klärung. Sicher ist nur, daß es ein ge-meingermanisches Wort ist (althoch-deutsch „god“, gotisch „guth“, englisch„god“, schwedisch „gud“), und daß es

ursprünglich sächlichen Geschlechtswar. Das weist darauf hin, daß „god“ ur-sprünglich nicht jemand, sondern etwasbezeichnet hat. Nach der gewaltsamenBekehrung zum Christentum, hat sichim ganzen germanischen Sprachraumdieses Wort zur Bezeichnung des Chri-stengottes durchgesetzt. Mit unseremheutigen Wissen über das Natur- undLebensgeschehen ist die bei uns über-wiegende jüdisch-christliche Gottvor-stellung von einem personal gedachtenAbsoluten nicht mehr in Einklang zubringen. Absolut heißt losgelöst. DasAbsolute ist demnach etwas, das vomSein und von der erfahrbaren Wirklich-keit losgelöst ist. Es ist das Unbedingte,das aus sich selbst Bestehende. Daß alleunsere Erkenntnis mit der Erfahrunganfängt, daran ist gar kein Zweifel, hatschon Kant festgestellt. Was jenseits derGrenzen möglicher Erfahrung liegt, istkeine Erkenntnis und kein Wissen, son-dern nur eine Annahme. Gott als daspersonal gedachte Absolute ist deshalbnur eine Annahme oder eine Geglaubt-heit. Die Widersprüche zwischen Vor-stellung und Wirklichkeit, zwischenWissen und Glauben (im Sinne von Für-wahr-halten) sind unüberbrückbar.„Nichts ist absolut“ (Kant) und „nichtsist isoliert“ (Goethe). Alles steht mit al-lem in einem Funktionszusammenhang,das Kleinste mit dem Größten, dasNächste mit dern Entferntesten. Nurdeshalb, weil alles in einem Funktions-zusammenhang steht, ist es der Wissen-schaft möglich geworden, die Existenzder entferntesten Sternensysteme, derGalaxien, die über 10 Milliarden Licht-jahre weit weg sind, mit den Mittelnder neuzeitlichen Technik festzustel-len. Das ist eine Entfernung, diedas menschliche Vorstellungsvermögenübersteigt. Das All mit seiner unermeß-lichen Fülle von Erscheinungen, Din-gen, Funktionsweisen und von Syste-men über Systemen stellt eine uner-meßliche Funktionseinheit dar, außer-halb der es nichts gibt. Das Absolute,das nur eine philosophische Annahmeist, steht außerhalb der Grenzen mögli-cher Erfahrung, weshalb es auch keinWissen und keine Erkenntnisse darübergeben kann. Alle Vorstellungen überdas Absolute sind deshalb nur leere undhaltlose Spekulationen. Die menschli-che Phantasie ist nicht einmal in derLage, sich ein Lebewesen vorzustellen,das noch nicht entdeckt ist, sei es einePflanze oder ein Tier. Vorstellungenüber ein personal gedachtes Absolutes,das mit Eigenschaften ausgestattet seinsoll, die dem menschlichen organischenFunktionssystem eigen sind und von de-nen sie sich nur dadurch unterscheiden,daß sie ins Grenzenlose übersteigertsind, wie z.B. allwissend, allweise, all-gütig und allmächtig, sind Produkteeiner ausschweifenden Phantasie, aber

kein Wissen, keine Wahrheit und keineWirklichkeit.Das falsche Welt- und Gottbild mußtezwangsläufig ein falsches Menschenbildzurfolge haben, denn aus falschenDenkansätzen und Vorstellungen kön-nen nur irrige Schlußfolgerungen gezo-gen werden, wie aus der Bibel hervor-geht. Die Verfasser der Bibel, dieSchriftgelehrten in einer Gesellschaftvon Analphabeten, haben ein rein spe-kulatives Menschenbild produziert, dassie in der Schöpfungsgeschichte so dar-stellten: „Und Gott sprach: Lasset unsMenschen machen, ein Bild, das unsgleich sei, die da herrschen über dieFische im Meer und über die Vögel un-ter dem Himmel und über das Vieh undüber alle Tiere des Feldes und über allesGewürm, das auf Erden kriecht“. Sieräumten damit dem Menschen eineSonderstellung im Natur- und Lebens-geschehen ein, die er nach den wissen-schaftlichen Erkenntnissen nicht hat.Der Mensch steht nicht über der Natur,sondern in einem unlösbaren Funk-tionszusammenhang mit dem Natur-und Lebensgeschehen und mit den übri-gen Lebewesen, denen er seine Existenzverdankt. Diese unlösbare Verbunden-heit und Bedingtheit und damit Abhän-gigkeit ist aus der Entwicklungsge-schichte des Lebendigen, insbesondereder Lebewesen unwiderlegbar abzule-sen. Diese Funktionszusammenhängezwischen den Lebewesen und ihr auf-einander Angewiesen-sein ist ohne lan-ges Studium der Biologie aus der Erleb-nis- und Erfahrungswelt des Bauern,wenn auch in groben Zügen, deutlich zuerkennen: Auf totem, sterilen undkeimfreien Boden gedeiht kein Pflan-zenwachstum, aber auf fruchtbaremMutterboden. Es ist das immer-währende Leben und Sterben derKleinlebewesen, die den Boden frucht-bar machen. Mehrere Millionen solcherKleinlebewesen sind in einem Kubik-zentimeter fruchtbarer Muttererde. Dievon diesem reichen Bodenleben herbei-geführte Fruchtbarkeit ist die Voraus-setzung für das höhere Pflanzenwachs-tum, das wiederum die Ernährungs-grundlage und die Voraussetzung fürdie Entwicklung der tierischen Lebewe-sen ist. Ohne die tierische Welt gäbe eskeine Menschen. Denn der Mensch istdas Ergebnis einer jahrmillionen langenEntwicklung aus vormenschlichen tieri-schen Lebensformen. Er ist das jüngsteGlied in dieser langen Lebenskette. Alssolches ist er das komplizierteste unddas am höchsten entwickelte organischeFunktionssystem – und, nicht ganz ohneIronie gesagt – das überflüssigste. Wennder Mensch morgen von der Erde ver-schwinden oder auf einen anderen Sternumgesiedelt würde, das Lebensgesche-hen ginge ungestört weiter. Wenn aberdie Kleinlebewesen untergingen, wür-

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den sie alles höhere pflanzliche und dastierische Leben mitsamt den Menschenmit in den Untergang reißen. DieseFunktionszusammenhänge zwischenden Lebewesen und ihre Abhängigkeitvoneinander lassen die Stellung desMenschen im Natur- und Lebensge-schehen in einem anderen Lichte er-scheinen als die Bibel. Der Mensch istweder ein Ebenbild Gottes, noch ist erder Mittelpunkt oder Bezugspunkt desLebensgeschehens. Er ist nur eine Artunter zwei Millionen anderer Arten vonLebewesen. Allerdings eine Art mitFähigkeiten, die wie ein großes Wundererscheinen, die aber auch, wie dasAtomzeitalter befürchten läßt, eine Ge-fahr für ihn selbst werden können.

Das Menschenbild der Bibel, des Mar-xismus und Liberalismus ist ein großerIrrtum mit verhängnisvollen Folgen.Denn dieser Irrtum ist nicht zuletzt dieUrsache „von den vielen Todsünden,welche die zivilisierte Menschheit gegendie Natur, auch gegen die Natur desMenschen begeht“ (Konrad Lorenz).

Im Lichte der wissenschaftlichen Er-kenntnisse hat sich seit Kopernikus dasWeltbild und mit ihm das Menschenbildvon grundauf verändert. Unverändertwirksam, wie seit eh und je, sind die Na-turgesetze, die das Natur- und Lebens-geschehen bedingen. Sie sind die allesbewegende und ordnende Kraft. Mit ih-rer Erforschung durch die Wissenschaftsind neue Autoritäten entstanden, diedie Menschen zu beachten haben. IhreMißachtung ist letztlich die Ursache dermaßlosen Ich-Bezogenheit und der Na-turentfremdung unserer Zeit, die vonder hochentwickelten und verbreitetenTechnik begünstigt wird. Die moderneZivilisation ist nicht nur eine Gefahr fürunsere Umwelt, sondern bedroht dieGrundlagen der menschlichen Existenz,wenn das moralische Verhalten und dieErschöpfung der Rohstoffvorräte die-ser Entwicklung nicht rechtzeitig Gren-zen setzen.

Das neue biologische Menschenbild istvon den Natur- und Lebensgesetzen ge-prägt und bedingt. Sie sind es, denen derMensch seine Entstehung verdankt.Vor den neuen Autoritäten der Natur-gesetze kann weder das jüdisch-christli-che Gottbild noch das davon abgeleiteteMenschenbild bestehen. Mit den geisti-gen Auseinandersetzungen, die durchdie naturwissenschaftlichen Erkennt-nisse ausgelöst wurden, hat ein Wandeldes Gottbildes eingesetzt, der charakte-ristisch für die Zeitwende ist, in der wirleben. Für diesen Wandel ist schon dievon Goethe gestellte Frage kennzeich-nend: „Was wär ein Gott, der die Weltvon außen stieße, das All am Finger lau-fen ließe? Ihm ziemts, die Welt im In-nersten zu bewegen“. Dieser Wandelkommt auch in den Thesen zum Aus-

druck, die der katholische TheologeHans Küng, Professor an der Univer-sität Tübingen, bei einem Vortrag inPeking anläßlich eines Symposiums vonGelehrten der chinesischen Akademiefür Sozialwissenschaften und Mitglie-dern des Kennedy-Instituts für Ethik inWashington aufgestellt hat: „Überholtist die Frage nach dem Gott des altenWeltbildes, nicht überholt ist die nachdem Gott des neuen Weltbildes“. Aufeine Objektivierung des Gottesbegrif-fes hat schon Kant hingewiesen. In „Kri-tik der Urteilskraft“ fordert er eineTheologie, „die den Begriff ,Gott‘ fürden höchsten Gebrauch der Vernunftzureichend bestimmt“.

Den Gottesbegriff und die Gottvorstel-lungen neu zu definieren und abzugren-zen, ist eine unumgängliche Vorausset-zung einer religiösen Erneuerung.Denn Gott kann nicht im Widerspruchzur Natur stehen. Das heißt: die neuennaturgesetzlichen Autoritäten müssenEingang finden in die reformiertenGottvorstellungen, denn Gott ist an-ders.

Über dieGottesvorstellungen

Nach den wissenschaftlichen Erkennt-nissen muß das Weltall als kosmischesFunktionssystem, das zugleich auchOrdnungs- und Antriebssystem ist (A.Portmann), gedeutet werden. Die bibli-sche Annahme, daß ein Gott von außer-halb das Natur- und Lebensgeschehensteuert, ist widersinnig, weil dadurchwieder neue Funktionszusammenhängehergestellt werden müßten. Wenn wirvon der Vorstellung eines kosmischenFunktionssystems ausgehen, dann istdie Frage nach der Urheberschaft desWeltalls für die Lebensführung und Le-bensgestaltung des Menschen unerheb-lich. Aber von entscheidender Bedeu-tung für das menschliche Verhalten istdie Kenntnis, wie dieses System funk-tioniert. Das Tun und Lassen des Men-schen als dem höchstentwickelten orga-nischen Funktionssystem auf Erdenmuß im Einklang mit den bestimmen-den Funktionsweisen des alles übergrei-fenden kosmischen Systems stehen.Aus der Koordinierung oder Aufeinan-der-Abstimmung der Funktionen leitensich Pflichten für den Menschen ab.

1. Im dynamischen Weltbild ist dasWort Gott das sprachliche Symbol fürdie Funktionsweisen, die „die Welt imInnersten“ zusammenhalten und die be-wirken, „daß alles sich zum Ganzenwebt, eins im andern wirkt und lebt“, diealles Einzelne zu einem „UnabsehlichGroßen mit Welten über Welten undSystemen über Systemen“ fügen unddie im scheinbaren Durcheinander des

Natur- und Lebensgeschehens eineOrdnung gewährleisten, die nicht nurvorübergehend, sondern auf Dauer an-gelegt ist und Ewigkeitscharakter hat;eine Ordnung, „die unser Gemüt mitimmer neuer zunehmender Bewunde-rung und Ehrfurcht erfüllt, je öfter undanhaltender sich das Nachdenken damitbeschäftigt“. Das Wort Gott ist deshalbauch das sprachliche Symbol für Denk-vorgänge über etwas, das uns überge-ordnet ist, dem wir uns einordnen undunterordnen müssen, wenn wir ordent-lich und lebensrichtig leben wollen. Da-durch ist Gott auch das Symbol für et-was, das von Anbeginn wirksam ist undwirksam bleibt in alle Ewigkeit.

2. Gott ist demnach das Sinnbild desEwigen, des Unwandelbaren im ewigenWandel des Werdens und Vergehens.Im Naturgeschehen gibt es keine Mitte,auf die sich alles beziehen könnte, gibtes kein oben oder unten, sondern allesist in unablässiger Bewegung. Diese Er-kenntnis hat der große griechische Phi-losoph Heraklit schon vor 2500 Jahrenin die berühmten Worte gefaßt: pantarhei, alles fließt.

Das Bleibende im dynamischen Natur-und Lebensgeschehen sind die Funk-tionsgesetze, die den Gang der Dingebestimmen. In der Umgangssprachewerden sie Naturgesetze genannt. DieWissenschaft definiert sie als „erfah-rungsmäßig gegeben und empirisch im-mer wieder bestätigte Regelmäßigkei-ten des Naturgeschehens“. Die Natur-gesetze sind das Ewige im Zeitlichen.Durch sie offenbart sich ein ewigerWille im Sinne einer inneren Kraft derWelt und aller ihrer Erscheinungen.Über sie bekennt der Verhaltens-forscher Konrad Lorenz: „So glaubeich, daß das Universum von einem ein-zigen Satz von untereinander wider-spruchsfreien Naturgesetzen regiertwird.“ Und von dem großen PhysikerMax Plank stammt der Ausspruch: „DieGottheit ist wesensgleich mit der natur-gesetzlichen Macht.“ Für Kant ist Gott„die alles durchwaltende Strebung“.Die Weltanschauung des römischenKaisers Marc Aurel kennzeichnet seinAusspruch: „In der Welt ist ein allesdurchdringender Gott“.

3. Gott ist überall. Das Wort Gott istauch das Sinnbild des Allgegenwärtigenund des allem Innewohnenden, derImmanenz, denn die Naturgesetze sindin allem wirksam. Konrad Lorenzspricht in „Die Rückseite des Spiegels“von den „allgegenwärtigen Naturgeset-zen“.

4. Gott ist auch das Symbol für die ewi-gen Wahrheiten; da nichts absolut oderisoliert ist und das Absolute nur einephilosophische Annahme ist, kann esauch keine absolute Wahrheit geben.

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Das Streben der Philosophen aller Zei-ten nach der ewigen Wahrheit führteletztlich in eine Sackgasse. Es ist eineder großen Leistungen von Kant, daß ernicht der Frage nachging, was ist Wahr-heit, sondern wie ist Erkenntnis mög-lich. Während die Philosophie bis heutekeine absolute Wahrheit gefunden hatund auch künftig keine finden wird, ha-ben die Naturwissenschaften in denzeitlos gültigen Naturgesetzen ewigeWahrheiten entdeckt. Goethe nennt siedeshalb die „ewigen, ehernen, großenGesetze, nach denen wir alle unserenLebenskreis vollenden müssen“.

Die Kenntnis der Naturgesetze gehörtzu den elementanten Kulturgütern derMenschheit, auch wenn sie im überindi-viduellen geistigen Leben und im Be-wußtsein der Menschen noch nicht denPlatz einnehmen, der ihnen gebührt.

5. In der Sprache der Völker hat Gottviele Namen, in denen sich ihre Gott-vorstellungen widerspiegeln, wie z. B.das „Hohe“ oder das „Heilige“ und das„Ewige“. Nach der dem dynamischenWeltbild gemäßen Definition des Got-tesbegriffes kommt in der Bezeichnung„das Hohe“ der hohe Funktionsrangzum Ausdruck, den die Naturgesetzebei der Lebensgestaltung haben. Dasselbstbezogene Denken macht blind fürdieses überpersönliche Geschehen. Mitder Bezeichnung „das Heilige“ soll aufden hohen Funktionswert hingewiesenwerden, den die Naturgesetze in der Le-bensführung jedes Einzelnen und beiallen ordnungspolitischen Aufgabenfür Familie und Volk haben.

6. Dem Begriff Gott wesens- und be-deutungsgleich ist das Wort Allmacht,wenn damit die Macht verstanden wird,die dem All innewohnt und in allemwirksam ist. In der christlichen Theolo-gie wird dagegen Allmacht als eineEigenschaft Gottes verstanden, wo-durch ein neuer, rein spekulativer Be-griff entstanden ist, die Allmächtigkeit.Die Wortbildungen „allmächtig“ und„Allmächtigkeit“ haben in der Wirk-lichkeit des Naturgeschehens keineEntsprechung. Es gibt im ganzen Na-tur- und Weltgeschehen keine Erschei-nung, zu der das schmückende Beiwort„allmächtig“ paßt. Dem Begriff „All-mächtigkeit“ liegt keine Erfahrung undkeine objektive Erkenntnis zugrunde.Allmächtigkeit ist ein rein spekulativer,leerer Begriff, denn „Begriffe“ ohneAnschauung sind leer (Kant).

7. Das Wort Gott ist letztlich auch dassprachliche Symbol für die höchsteAutorität. Autorität bedeutet nach demDuden ursprünglich „Urheberschaft“.Im weitesten Sinne wird als Autorität„der maßgebliche Einfluß auf Men-schen bezeichnet, der kraft höherer Lei-stung, überlegener Einsicht und deshalb

auch kraft Amt, Stellung und Traditionausgeübt wird“. In den Natur- und Le-bensgesetzen offenbart sich ein ewigesFunktions- und Ordnungsprinzip, durchdas die Allmacht oder die Macht Gotteseinsichtig und anschaulich geworden ist,und deshalb Autorität und Ehrfurchtbeanspruchen kann.

Eine Darstellung und Abgrenzung derGottesvorstellungen ist nur innerhalbder Grenzen objektiver Erkenntnisseerlaubt. Eine so umfassend wie mögli-

che Definition des Gottesbegriffes auf-grund des neuen Welt- und Men-schenbildes ist notwendig, weil Gott derBezugspunkt des religiösen und sittli-chen Lebens ist. Sie ist aber noch auseinem andren Umstand notwendig. Jeklarer und vollständiger die Abgren-zung des Gottesbegriffes ist, um sogeringer ist die Möglichkeit, mit demNamen Gott Mißbrauch zu treiben.

Matthias Haidn

Deutxe BauerntractenAbbild deutschen Volkstums und deutschen Volksgesichts

Die bange Nacht ist herum. DieSterne verblassen. Der rollendeDonner der Eisenbahn verhallt in

der Ferne. Der Wanderer reckt dieGlieder und eilt der finster drohendenBergmauer entgegen, die sich gegen denMorgenhimmel vor ihm auftürmt. Nochharrt alle Kreatur dem kommendenTage entgegen. Nur hier und da einschüchternes Vogelzirpen, als wolle derkleine Musikant das Instrument für dasnahe Konzert stimmen. Aber dannschießen die feurigen Pfeile am Firma-ment empor. Siegreich steigt das allbe-lebende Gestirn über die breite Kuppedes Kniebis herauf. Und mit einemSchlage setzt die tausendstimmige Sym-phonie der gefiederten Kapelle ein.Lauter rauscht die wilde Rench durch

ihr enges Bett. Und nicht lange mehrwährt es – dann hallen Berg und Tal vonBöllerschüssen wider. Im Kirchlein amgrünen Hang springen die Pforten auf,und heraus strömt das Völklein derSchwarzwälder Bauern, die Männer inden dunklen langen Röcken, aus denendas feuerrote Futter hervorleuchtet, dieFrauen in den malerischen Gewändern,die noch aus der Urväterzeit stammen.Was rührte eindringlicher an das Herzdes Gegenwartsmenschen als das ehr-würdige Brauchtum, das der Bauer treubewahrte, als die schöne bunte Tracht,die sich gegen alle – zum Teil recht frag-würdigen – Errungenschaften der Neu-

Schwarzwaldmädchen aus dem Gutachtal inschwarzer Schleierhaube. Der buntseidene

Halsgoller ist meist mit Handstickereien verziert.

Braut aus Probsthagen in Lindhorster Tracht(Schaumburg-Lippe). Acht „Tressen“

(Goldbänder) fallen vom Kranz bis zumRocksaum herab, sechs nach hinten und zwei

nach vor, alle mit kleinen Spiegeln besetzt.

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zeit bis ins letzte Jahrhundert behaup-tete! Zwar war schon so manches verlo-ren gegangen von dem Erbe der Jahr-hunderte. Es fehlte ihm die liebevollePflege, die hier doch so sehr vonnötenist. Ein unersetzlicher Schatz deutschenVolkstums, ein unübersehbarer Reich-tum steckt in der bäuerlichen Kultur, inden uns überkommenen Trachten, wiesie uns sonderlich in den abgelegenenTeilen unseres Vaterlandes entgegen-treten.

Da ist es vor allem Hans Retzlaff, Berlin,der durch seine reich illustrierten vor-bildlichen Werke „Deutsche Bauern-

trachten“ (Atlantis-Verlag) und „Bild-nis eines deutschen Bauernvolkes“(Verlag Grenze und Ausland) begei-sternde Kostproben von diesem un-schätzbaren Gut liefert. Diese – nurnoch antiquarisch erhältlichen – Bücherdarf man ohne Übertreibung als dieschönsten ihrer Art bezeichnen und siejedem auf das wärmste empfehlen. Bes-ser als jedes Wort vermögen die in die-sem Aufsatz veröffentlichten Aufnah-men zu beweisen, wie sehr Hans Retz-laff Könner und Künstler ist.

Denn nicht jedermann verfügt über dieMuße und den Beinschwung, um das

bäuerliche Volk selbst in seiner Heimat,bei seinem alltäglichen und bei seinemfestlichen Tun und Treiben aufzusu-chen. Eindringlicher und lebensvollerwirkt die liebevolle Betrachtung solcherWerke auf den Beschauer als die teilsschauspielerische, teils maskeraden-hafte Vorführung von Trachtengrup-pen auf den Umzügen und Faschings-bällen, wo dem altehrwürdigen Brauch-tum eine Rolle zugewiesen wird, die derWertschätzung solcher Kultur bisweileneher zum Schaden als Vorteil gereicht.Eine Zurschaustellung, die lediglichdem Zeitvertreib dient, gerät gar zu

Bückeburger Großbäuerin in sonntäglicherKirchentracht. Über dem reichgesticktenSchultertuch liegt ein doppelter weißerSpitzenkragen, der ebenfalls Gold- und

Perlenstickerei aufweist. Die „Handschen“(fingerlose Handschuhe) sind Perlenstickerei.

Ledige wendische Patin aus Schleife undKinder in Sonntagstracht. Die Mieder-verschnürung ist kornblumenblau, das

Schultertuch in schwarzer Kreuzstichstickerei.Die Hauben der Kinder sind statt rot weiß, weilkürzlich im Dorf ein kleines Kind gestorben ist.

Wendische Braut aus Schleife.Sie trägt unter dem Arm die „Regenrolle“.

Der Kopfputz ist aus vielen Bändern inmühevoller Arbeit mit Nadeln

zusammengesteckt.

Der „Herr der Hann“ aus Klein-Scheuern

(Siebenbürger Sachsen).

Mönchguter Fischer aus Alt-Reddewitz aufRügen. Gestreifte, vorwiegend rote Weste aus

selbstgewebtem Stoff, der Brustlatz mitPerlenstickerei verziert.

Bauernkind aus Riezlern im Kleinen Walsertal.Auch die Kinder tragen nach Art derErwachsenen den bis unter die Arme

hochgezogenen Faltenrock.

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leicht in Gefahr, zu einer bloßen Belu-stigung zu werden und schließlich insLächerliche zu entgleiten. Es ist un-schwer einzusehen, daß eine derartigeEntwicklung nur dazu führen kann, ei-nem ohnehin bedrohten Kulturgut nochmehr Abbruch zu tun, als dies in unserer

schnellebigen Zeit leider bereits ge-schieht.Denn es läßt sich nicht leugnen, daß alleKräfte eingesetzt werden müssen, sollder Rest des bäuerlichen Brauchtumsder alten Tracht vor dem völligen Aus-sterben gerettet werden. Denn was ist

die bunte Tracht anders als der Aus-druck eines Selbstgefühls und eineskraftvollen Gemeinschaftsgeistes! DieTracht dient ja nicht allein zum Schutzedes Körpers. sie ist auch – wie Dr. MischOrend angesichts des Brauchtums derSiebenbürger Sachsen sehr schön sagt –

Schwälmer Konfirmand aus Holzburg.Zur Konfirmation zum erstenmal der

langschößige kragenlose Abendmahlsrock mit Dreimaster.

Hessische Bäuerinnen aus dem HüttenbergerLand in ihrer kleidsamen Arbeitstracht.

Junge Bäuerinnen aus Lechnitz.

Schwarzwälder Bauernmädchen aus dem Glottertal.Zum einfarbigen blauen oder grünen Rock glitzernde

Seidenschürzen.

Schwäbische Bauern aus Forheim im Ries auf Kirchwacht.Sie schreiten mit Hellebarden durchs Dorf, wenn am Sonntag die

Gemeine in der Kirche ist.

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Ausdruck der seelischen Haltung. DerGeschmack des Volkes offenbart sichdarin. Nicht der Einzelmensch entschei-det über das Werden der Tracht, überihre Form und Farbe. Das ist vielmehrSache der Gemeinschaft in ihrer man-nigfachen Gliederung. Sie bestimmtdarüber, was für die verschiedenen Ge-schlechter, Alstersstufen, für das Amt,für das Fest zu tragen billig und recht ist.Anders als das Schulmädchen kleidetsich die Braut, die Ehefrau, die Ma-trone. Manche Tracht ist darunter, diesich mit den heutigen Lebensgewohn-heiten nicht mehr vereinbaren läßt.Aber wer sich in das Werden diesesKulturgutes vertieft, stellt unschwerfest, daß es auch auf diesem Gebiete einstetes Fortentwickeln gibt. Denn dieTracht ist nichts Ausgeklügeltes, son-dern sie entstand in Anlehnung an diepraktischen Bedürfnisse des Volkes.

Und es läßt sich ferner nachweisen, daßes auch in vergangener Zeit ein Aufund Ab in der Wertschätzung diesesBrauchtums gegeben hat. So ist denndie Hoffnung berechtigt, daß die bäuer-liche Tracht des deutschen Volkes nichtdem Untergange geweiht ist, daß sievielmehr die Kraft besitzt, den alten Be-sitzstand zu behaupten und das von denVätern Ererbte zu neuen Formen zuentwickeln. Wir brauchen sie nicht alsReste einer aussterbenden Kultur zubetrachten, und wir brauchen nichtwehmütig zu seufzen, wenn wir uns anall dem Ehrwürdigen und Lieblichen er-quicken, was uns aus den Gewändernder Mönchguter Fischer und der Mark-gräfler Winzerinnen entgegenlacht.

Dr. Ludwig Hartmannmit Aufnahmen von Hans Retzlaff

Verehrung und Schutz genießen undbleiben haften in der Erinnerung; ganzähnlich den hervorragenden Gestaltender Geschichte.

Bäume und Wälder überdauern denMenschen, überleben Generationen.Das macht sie zum Bild des Starken,Bleibenden, der Zuverlässigkeit undsteter Hoffnung: zum Inbegriff der Hei-mat.

Auch ist der Baum eines der großenSinnbilder des Lebens, das uns in My-then und Märchen begegnet, in denenvom „Baum des Lebens“ gesprochenwird. Die altgermanische Edda erzähltvon der Weltesche Yggdrasil, einemmythischen Baume, der seine Wurzelnbei den Wassern des Lebens hat, dessenStamm hinaufreicht bis an den Himmel,in dem die Götter wohnen – so als Wel-tenachse das Göttliche mit dem Irdi-schen verbindet – und dessen Krone denHimmel trägt.

Noch heute gibt es Sitten und Volks-bräuche, in denen Bäume oder Zweigeeine Rolle spielen. Wir kennen dieÜbertragung als Stammbaum der Ge-schlechterfolge: das Herkommen ausWurzeln, das Ausbreiten in Stämmeund Zweige … Das alte Symbol, ausdem viele Feierleuchter entwickelt wur-den, ähnelte alten Darstellungen derWeltesche.

Den herbstlichen Baum haben dieDichter bevorzugt zum Gegenstand ge-wählt, um ihre Empfindungen mit sei-nem Bilde zum Ausdruck zu bringen:Betroffensein und Erinnerung, Trauerund Hoffnung.

Wenn die Blätter fallen und nach stür-mischen Tagen die Bäume kahl ihreÄste recken, dann sehen wir plötzlichmanchen Baum unserer vertrauten Um-gebung ganz neu. Jetzt schlägt den blatt-losen Bäumen gleichsam die Stunde derWahrheit. Schwarz zeichnet sich dasVerborgene der Bäume gegen denHimmel ab, und jeder Baum läßt seinenbesonderen Charakter erkennen inWuchs, Verzweigung und Bewegung.Das Unterscheiden und Erkennen dervielen Arten ist ein winterliches Spielvon großem Reiz!

Aber ebenso, wie sich bei der Betrach-tung der Bäume Vergleiche aufdrängenmit dem Menschenleben, nähren sie inrauher, winterlicher Umwelt die Zuver-sicht, daß zur rechten Zeit das Lebenwieder erwacht und die Freuden desSommers wiederkehren.

„Wer möchte leben ohne den Trost derBäume?“

So schreibt Gerda Holtzberg in derZeitschrift „Stern unseres Lebens“.

Unter gleichem Titel, den Worten vonGünter Eich, hat Karl-Heinz Raach einBuch herausgegeben. Höchst bemer-

Baum und Wald –

die grünen Wurzeln

unsere+ Volke+

Der Baum war im Kulturbereich un-serer Vorfahren nicht nur Lebens-symbol von vorrangiger Bedeu-

tung, heute ist er ein Symbol der Mah-nung gegen die gedankenlose Vernich-tung unseres Landes, und die Zer-störung der Natur zeigt, wie falsch es ist,unsere Vorfahren aus der germanischenGeschichte als Barbaren zu bezeichnen.Der Baum mahnt uns nicht nur zurRückkehr zu einem bescheidenerenund gesünderen Leben. Er mahnt uns,eindringlich unsere Politiker aufzufor-dern, energisch und ohne Verzögerunggegen die Verbrecher an unserer Volks-gesundheit vorzugehen. Was nützt unsdie schönste Wohnhalle, das großartig-ste Auto, wenn der Mensch dem Siech-tum entgegen geht, in der Mißachtungeherner Naturgesetze.

Wie viele ideelle Werte gehen uns ver-loren, wenn die Ehrfurcht vor der Na-tur, vor Bäumen und Wäldern abhan-den kommt. Kulturdenkmälern wird oftgrößere Sorgfalt zugewandt als den Na-turdenkmälern, die doch ebenso wichtigfür Geist und Gemüt sind. Als Erbe, alskostbares Gut haben wir beide über-

nommen und müssen es ungeschmälertweitergeben.

Man muß sich vorstellen, daß es mitBäumen so ist wie mit alten Häusern,Höfen und Burgen. Sie haben ihr eige-nes geheimes Leben, ein vom Schicksalgeprägtes Gesicht. Schweigende Zeu-gen aus alter Zeit, stumme Wahrer ver-gangener Generationen, die wir ehr-fürchtig betrachten und behandeln müs-sen. Nicht nur die stolzen Parkbäumeder Schlösser, Herrensitze und Burgen,mehr noch die Bäume an Bauernhöfenund Bürgerhäusern, aus denen wirselbst auch stammen.

„Leben wie ein Baum einzeln und freiund brüderlich wie ein Wald,

das ist unsere Sehnsucht“

lautet der alte Spruch eines Weisen. Inunserem Zeitalter der „Masse“ und der„Massenreisen“ gewinnt dieser Spruchneue Wahrheit.

Wälder prägen das Gesicht einer Land-schaft wie ein Volk das Gesicht seinesLandes prägt. Einzelne Bäume, heraus-ragend durch Wuchs und Alter oderdurch bevorzugten Standort müssen

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kenswert sind die darin wiedergegebe-nen Aussprüche von Naturvölkern, soden Indianern, an denen bekanntlichder Völkermord in grausamster Weisemit Rassenhaß verübt wurde; aus hem-mungsloser Habgier, unter Wegnahmevölkischen Erbes, ihres unberührtenLandes mit unendlichen Wäldern unduralten, ehrfurchtgebietenden Bäumen,für die viele Jahrhunderte dem„Großen Geist“ gedankt wurde.„Gottes eigenes Land“ nannte man die-sen Kontinent später, wie genugsam be-kannt. Der neue Gott aber war nicht der„Große Geist“ der Indianer sondernder „Mammon“!Das Raffen des Geldes um jeden Preis,das auch heute noch die Welt be-herrscht, und das als „american way oflife“ von unseren Politikern zum Vor-bild für unsere Gesellschaft – von„Volk“ wird mit Absicht schon nichtmehr gesprochen – auserkoren wurde,steht im tiefsten Gegensatz zum völki-schen Bewußtsein der ausgerottetenIndianer:„Als die Erde mit all ihren Lebewesenerschaffen wurde, war nicht beabsich-tigt, daß nur Menschen hier leben wür-den. Es war nicht beabsichtigt, daß un-sere Mutter, die Erde, nur für uns daseinsollte. Wir wurden mit unseren Brüdernund Schwestern in diese Welt gesetzt,mit denen, die vier Beine haben, mit de-nen, die fliegen, und mit denen, dieschwimmen. Alle diese Lebewesen, zu-sammen mit den winzigsten Gräsernund den größten Bäumen, bilden mituns eine große Familie.“ (Auszug auseiner Rede von Tekarontakeh, Mohawk-Indianer)„Weißt du, daß Bäume reden? Ja, sie re-den. Sie sprechen miteinander, und siesprechen zu dir, wenn du zuhörst. Aberdie weißen Menschen hören nicht zu.Sie haben es nie der Mühe wert gefun-den, uns Indianer anzuhören, und ichfürchte, sie werden auch auf die anderenStimmen in der Natur nicht hören. Ichselbst habe viel von den Bäumen erfah-ren: manchmal etwas über das Wetter,manchmal über Tiere, manchmal überden Großen Geist.“ (Tatanga Mani)Ähnlich wie die Indianer dachten auchunsere eigenen Ahnen. Bei der Be-trachtung unserer Urväter, unseres na-turverbundenen und beseelten Volkessind die Berichte eines römischen Hi-storikers am bedeutungsvollsten, weiler der Wahrheit in großem Maße dieEhre gab; sein Name: Publius CorneliosTacitus (55-117 n. üb. Ztr.). Der Histo-riker, Politiker, Inhaber hoher Staats-ämter und Schriftsteller schrieb in sei-nem Werk „Germania“ in 27 Kapitelnüber die Germanen, ihre Sitten und Ge-bräuche.Ihm gelang es, den besonderen Charak-ter unseres Volkes lebendig zu machen

und für uns Nachfahren zu erhalten. Be-zeichnend ist, daß Tacitus, obwohl be-sorgt um den Bestand von Roms Welt-herrschaft, mit seinem Werk „Germa-nia“ dennoch keine politische Tendenz-schrift verfaßte. Es ist die besondere Pa-radoxie der „Germania“ und ihr ge-heimster Reiz, daß Tacitus, der in fürdas römische Reich schicksalsschwerenZeiten von dem gefährlichsten Feindreden will, dessen Vorzüge durch un-vergleichliche Einfühlung und durchalle Kraft seiner künstlerischen Spracheadelt.Lassen wir Tacitus selbst sprechen:„Übrigens glauben die Germanen, daßes mit der Hoheit der Himmlischen un-vereinbar sei, Götter in Wände einzu-schließen und sie irgendwie menschli-chem Gesichtsausdruck anzunähern; sieweihen Lichtungen und Haine und ge-ben die Namen von Göttern jener welt-entrückten Macht, die sie allein imfrommen Erschauern erleben.“ Dazumuß man wissen, daß die Haine nachgermanischer Auffassung aus fruchttra-genden Bäumen, Buchen und Eichenbestehen.Schon aus diesen wenigen Zeilen wirddeutlich, was christliche Quellen stets zunegieren suchten, daß unsere Vorfah-ren ein unmittelbares Verhältnis zumÜberirdischen, einen Gottesbegriff voneinem allherrschenden göttlichen We-sen besaßen, neben dem wohl noch an-dere Götter bestanden, der aber nochnicht von einem blinden, anonymenSchicksalsglauben zersetzt war. Wotangalt als Sinnbild des Himmels mit seinenSternen, als allwaltendes unsichtbaresWesen von höchster Vollkommenheit,verehrt in stillen Wäldern, heiligen Hai-nen und unter heiligen, geweihten Bäu-men. Waldesstille und Einsamkeit stim-men die Seelen zu Gebet und Besin-nung ohne götzenhafte Abbilder. Soblieben die Deutschen lange Zeit ein ur-altes Waldvolk, das den Wald von Her-zen liebt und schützt, der in der Seeleunseres Volkes lebt und in deutschenSagen und Liedern rauscht. Noch heute,nach fast zweitausend Jahren ist dieserKern lebendig.Leicht muß es unseren naturverbunde-nen Ur-Vätern und -Müttern gewesensein, sich mit Gott zu unterhalten, imsanften Windbraus, in der raunendenStille unter dem hohen Licht des Som-mers, im Gewittersturm, beim Rollender Donner, beim Pirschen im Wald, beidem Blick von lichten Höhen auf diewunderschöne Welt, in ehrfürchtigemSchweigen vor der Pracht und Erhaben-heit der unendlichen Schöpfung, in dersie ihres Gottes Wirken fühlten.Das lehrte sie, Gott zu ehren in jedemTier, in jeder Blüte und Frucht, dasKorn als heilig und ehrwürdig zu be-trachten, sich bescheiden in höchsten

Händen zu empfinden, über auferlegteLeiden nicht zu klagen, doch auch dieFreuden nicht zu verachten. Denn Wo-tan und Donar verurteilten Feigheit undMüßiggang, die Wurzeln aller Düsternisund Freudlosigkeit, und nahmen inWalhall nur die Tätigen und Tapferenauf. Jammerlappen, die ihre Tage nurmit Beten und lebensverneinenden Be-trachtungen ausfüllten, waren in Wal-hall verhaßt, denn man sollte von kei-nem Gott verlangen, was man selbst indie Hand nehmen konnte.

Diese gesunde Lebensbejahung ist trotzso vieler gezielt-verderblicher Einflüsseheute noch ein hervorragender Charak-terzug der meisten Deutschen, worinwohl auch eine Erklärung für deren be-sondere, altüberkommene Fähigkeitliegt, sich aus Niederlagen wieder auf-zurichten. Draußen in Gottes Wäldernund Fluren, uneingeengt von Mauern,in heiligen Hainen, an heiligen Quellen,im Duft von Blumen und Blättern, er-stand ihnen der Allmächtige allsichtbarund gegenwärtig.

Wie es spätere deutsche Dichter ausge-drückt haben, ob es Hutten, Herderoder Goethe war: „Nie ist man Gott sonahe, wie in der Natur. Er wohnt nichtin Tempeln, er wohnt im Leben! Das istder stärkste Ausdruck, in dem wir ihnverehren können.“

Goethe sagte: „Siehst du Gott nicht?An jeder stillen Quelle, unter jedemblühenden Baum begegnet er mir inder Wärme seiner Liebe.“ Ob wir diesunter einer Linde, dem honigduftenden,weitschattigen Baum, mit herzförmi-gen Blättern und goldgelben Blüten,dem Lieblingsbaum der germanischenFrauen, ihrer Göttin Frigga geweiht,einer alten Eiche, die trotzigen Kampfverkörpert, deren Blätter das Wahrzei-chen des Volkes in Wehr und Waffensind, oder unter Birken empfinden, dieimmer jung, lebensfrisch und mädchen-haft wirken, bleibt jedem einzelnenüberlassen.

So sehr unsere Vorfahren auch der Na-tur verbunden waren, stets waren sie be-reit, für Wahrung ihrer Freiheit undIdeale zu kämpfen. Die vielfach ver-breitete Mär von den grausamen Barba-ren aber ist eine der vielen Geschichts-lügen, mit denen unser Volk zerstörtwerden soll.

„Das alte Germanien“, ein Buch von W.Capelle aus dem Jahre 1928 n. übl. Ztr.,bietet dazu sehr aufschlußreiche Darle-gungen:

„Sie – die Germanen – sind ein hervor-ragendes Volk, das vorzieht, seine Be-deutung durch Gerechtigkeit zu be-haupten. Ohne Habgier, ohne Willkürleben sie in Frieden für sich, brechenkeine Kriege vom Zaun und richtenkeine Verheerungen durch Plünderun-

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gen oder Raubzüge an. Das aber ist einbesonderer Beweis ihrer Tüchtigkeitund Kraft, daß sie ihre Überlegenheitnicht auf dem Wege der Gewalt errin-gen. Trotzdem haben sie die Waffen zurHand und das Heer, wenn die Not ruft,in Bereitschaft; eine Fülle von Männernund Rossen; auch im Frieden bleibt ihrRuf derselbe.“

Wer weiß heute noch etwas von der er-sten Bibelübersetzung in die germani-sche, gotische Sprache? Der erste Bi-schof der Westgoten, Wulfila (gest. 383n. übl. Ztr.) schuf damit eines der älte-sten Sprachdenkmäler der Germanen.Die Bibel „Wulfila“ wurde aus demKloster Werden a. d. Ruhr im 30jähri-gen Krieg von den Schweden geraubtund befindet sich heute in einem Mu-seum in Stockholm. Wer diese Quelleaufmerksam studiert, wird erkennen,daß unsere Vorfahren keineswegs dieBarbaren waren, als die sie heute darge-stellt werden.

Auch die Inhalte der „Edda“, der zen-tralen Sammlung altgermanischer Sinn-sprüche, die uns das Weltbild unsererAhnen vermittelt, entging nicht der Be-kehrungswut von Rom und des für Romhandelnden Ludwigs des „Frommen“.Doch weiter im Norden, wohin diefrommen Krallen Roms nicht reichten,blieb die Edda erhalten. An die 800Jahre mußten vergehen, ehe einDeutscher eine allgemeinverständlicheÜberarbeitung vornahm und herausgab(Karl Simrock, 1802-1876 n. übl. Ztr.).Drei treffliche Spruchgedichte voll Le-bensweisheit und Symbolkraft bliebenerhalten: Odins Runenlied, das Hava-mal und Loddfafnirslied (Simrock 41,57, 61). „Schwere See stärkt die Arme un-serer Ruderer, und der Sturm bringt unsschneller ans Ziel.“ Was ja heißen soll,daß schwere Zeiten und Stürme dasVolk stärken. Ferner „Von seinemSchwert gehe der Mann auch auf demFelde nicht weg, keinen Fußbreit“, alsodie Wehrkraft darf auch den friedlichenAckerer nie verlassen. Bäume und Wäl-der waren unseren Vorfahren heilig,fromm verehrte Bäume durften nichtverletzt werden. Waldesstille und Ein-samkeit stimmen die Seele zu Gebetund Besinnung. So kann man ermessen,wie unklug und überheblich die soge-nannten Missionare handelten, wennsie die Axt an altehrwürdige Bäume le-gen ließen.

Es spricht für Charakter, Gemüt und dieBeseeltheit unserer Urväter, wenn esdann doch einer von ihnen wagte, eineeigene „Bibel“ zu verfassen und zu ver-breiten. Es war das ,,Heilandslied“, dieDichtung „Heliand“, die ein Mönch un-serer Stammheimat schrieb, um die„Geschichte Christi“ in Stabreimen inaltsächsischer Sprache dem einfachenVolk klar zu machen. In rührender Ein-

fachheit war wohl das Heilandslied ausdem 9. Jahrhundert ein wirksames Mit-tel, um die Seelen unseres Volkes fürdas Christentum zu gewinnen.

Klüglich vermied es der gelernteMönch, den ersten Teil der eigentlichenBibel zu berühren. Unverständlich warihnen, wie die Söhne Jakobs ihren eige-nen Bruder verkauften, die Mordge-schichte von Kain und Abel und die Le-bensweise eines Königs, der sich eineRotte von Kebsweibern hielt. Ihnen galtvon jeher die Ehe als heilig, die Treue zubrechen, sei es Eltern und Verwandtenoder in Kriegszeiten dem von ihnen er-wählten Herzog gegenüber, warschmählicher Verrat!

Wie hätten sie die vielen, überaus grau-samen Kriege mit der Ausrottungganzer Völker begreifen können, diedas Alte Testament belegt. Aus demBuch Josua z. B. (Kap. 11 V, 14) „Undallen Raub dieser Städte teilten die Kin-der Israel unter sich; aber alle Menschenschlugen sie mit der Schärfe des Schwer-tes bis sie die vertilgten, und ließennichts übrig bleiben, was Odem hatte.“Welche Abgründe hätten sich aufgetanbei so grundverschiedenen Menschenund Welten.

Ebensowenig wird im „Heliand“ vondem zeitlosen Tanz um das GoldeneKalb berichtet, vom Turm zu Babel, derauf den tönernen Füßen des Hochmutsentstand. Denn die Nachdenklichenund Klugen unter ihnen hätten geradedas auf Kaiser Karl und Ludwig denFrommen beziehen können, die siedoch nach ihrer viele Jahrhunderteübernommenen, einfachen, bäuerli-chen Art als Gewaltherrscher und Be-trüger ansehen müssen:

Traum und Wahn

Die stille Stunde, leise wandelnd, wandelt alles stärker als die Überstarken, die da dröhnen lauten Schalles.

Hinkt es auch, es kommt das Recht;schleicht sie auch, es naht die Sünde:Menschentrotz, der Turm zu Babel,wird zur mahnenden Ruine.

Gut hätten unsere Vorfahren es ver-standen, ganz ihrer Art gemäß, wenn ih-nen verkündet worden wäre, daß derHeiland die Händler aus einem Tempelvertrieben und die Tische der Geld-wechsler umgeworfen hatte, obwohl siekaum wissen konnten, was ein Tempelwar, in dessen zusammengemauertenWänden die Anbetung des Allmächti-gen allein zu erfolgen hatte. Unmöglichdie Vorstellung, daß sich irgendwelcheHändler oder ähnliche Typen die An-wesenheit von Betern unter altheiligen,tausendjährigen Bäumen zunutze ge-macht hätten.

So hat der menschen-, welt- und religi-onskundige Mönch, der Verfasser des„Heliand“, es auch vermieden, Judas zuerwähnen, der um dreißig SilberlingeJesus, seinen Herrn, verriet, was nochmehr Verachtung, ja Zorn bei seinemVolk erweckt hätte.

Viele zeitlose Worte finden sich in demunvergänglichen Epos „Dreizehnlin-den“ von Friedrich Wilhelm Weber(1813-1894 n. übl. Ztr.), das zur Ehreund zum Gedenken an den alten Glau-ben, an Wodan, Donar, Frigga, verfaßtwurde.

Wie es Mitte des vorletzten Jahrhun-derts noch üblich und möglich war, hatder Dichter von „Dreizehnlinden“ undanderen, auch weiteren religiösen Dich-tungen es nicht unterlassen, für seinenStamm bezeichnende, wunderbareWorte zu veröffentlichen:

Unentwegt auf freier Hufe, grundentsprossen, grundverwachsen,wurzelfest wie seine Eichen saß der edle Stamm der Sachsen.

Stetig bauten sie die Scholle, hüteten auf brauner Heide sorgsam Bien’ und Schaf und zogenRind und Roß auf Trift und Weide;

Übten, wie die Väter taten,Sprung und Wurf und Lanzenbrechenoder griffen rasch zum Eisen, Freveltat und Schimpf zu rächen;

Brauten Met und zechten tapfer,trotzten auf der Jagd den Wettern,unter heil’gen mächt’gen Bäumendienten sie den alten Göttern.

Eine Gemeinschaft der Freunde Fried-rich Wilhelm Webers besteht sogar zuseinem ehrenden Gedenken nochheute. In dem Geburtshaus des Dich-ters, zu Alhausen bei Bad Driburg,wurde ein kleines Museum eingerichtet.Nicht nur als Dichter und Schriftstellersprach Friedrich Wilhelm Weber ausdem Herzen unseres Volkes, er erwarbsich auch in seinem eigentlichen Berufals Arzt und Wohltäter in weiten ländli-chen Kreisen unvergessene Achtung.

Auch im vorletzten Jahrhundert setztemanche Rückbesinnung auf die Vor-und Frühgeschichte unseres Volkes ein.Gustav Freytag (1816-1895 n. übl. Ztr.),in Oberschlesien geboren, schrieb dieRomanreihe „Die Ahnen“. Aus derZeit der Christianisierung unserer Vor-fahren läßt der Verfasser einen Missio-nar als Bekehrer sprechen:

„Durch viele Jahre habe ich erfahren,daß die heilige Lehre nicht plötzlichSinn und Gedanken der Männer ver-wandelt, und manches Menschenaltermuß vergehen, bevor die Christen selbstdie Worte der Liebe und des Erbarmensbegreifen.“

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Begriffen wurden sie schon, dieWorte, aber von den Mächtender Gewalt und Habsucht nichtbefolgt.Gustav Freytags Darlegungenzur deutschen Frühzeit sind be-zeichnend: „Deutlicher sprechenunsere Götter zu uns, von ihnenberichtet das Lied des Sängersund der Spruch der Weisen, ihreStimme höre ich im rauschendenBaum … Wer begehrt sich einstärkeres Zeugnis als dieses, daswir alle Tage ehrfürchtig hörenund sehen.“ Und weiter: „…Viel-leicht wirken die Taten und Lei-den der Vorfahren noch in ganzanderer Weise auf unsere Ge-danken und Werke ein, als wirLebenden begreifen. Aber es isteine weise Fügung der Weltord-nung, daß wir nicht wissen, wieweit wir selbst das Leben vergan-gener Menschen fortsetzen, unddaß wir nur zuweilen erstauntmerken, wie wir in unseren Kin-dern weiterleben … und keinersah wie wir von dieser Höhehinab in die Landschaft einesgroßen deutschen Volkes, wel-ches über der Arbeit ist, das Hausseines Staates zu zimmern. Waswir uns selbst gewinnen anFreude und Leid durch eigenes Wagenund eigene Werke, das ist doch immerder beste Inhalt unseres Lebens, ihnschafft sich jeder Lebende neu.Und je länger das Leben einer Nation inJahrhunderten läuft, um so geringerwird die zwingende Macht, welchedurch die Taten der Ahnen auf dasSchicksal des Enkels ausgeübt wird,desto stärker aber die Einwirkung desganzen Volkes auf den einzelnen undgrößer die Freiheit, mit welcher derMann sich selbst Glück und Unglück zubereiten vermag. Dies ist aber dasHöchste und Hoffnungsreichste in demgeheimnisvollen Wirken der Volks-kraft.“ — —

Muß es nicht unseren fernsten Vorfah-ren zur Ehre gereichen, daß sie nicht so-fort das als Teufelswerk abschwörten,was zahllosen Geschlechterfolgen undihnen selbst gestern noch heilig gewesenwar?Wie hätten sie verstehen können, daßvon nun ab der im Gold-Ornat star-rende Erzbischof inmitten der vonWeihrauchnebeln umdunsteten Mengeseiner Kleriker der Nachfolger ihresHerzogs werden sollte? Ihres HerzogsWidukind, der mit seinen getreuenBauern in Lederkoller und Sturmhaubeunter manch altehrwürdigem, heiligemBaum gestanden hatte, um Allvater,die allwissende, allmächtige und all-schaffende Kraft, zu bitten, die Ge-schicke ihres Volkes und Landes heils-

gemäß zu fügen und vor fremdem Trugzu bewahren.In „Dreizehnlinden“ wurde dies über-aus treffend ausgedrückt:

Und der Niemalsausgesprochne, er, der Älteste der Alten, wird für immer aller Dinge, aller Menschen liebend walten.

Was wir sehn, ist Haß und Hader!Vor den Fremden, unsren Schergen,muß sich selbst Gebet und Opferscheu in tiefer Nacht verbergen.

Börries von Münchhausen sagte: „Ichfühl’ die Wunde heut’ noch offen, undheut’ noch jammert mich das alte Leid.“Genau das ist es, was wir im Gedankenan die Vorfahren empfinden, keine Ver-neinung echter Religiosität, aber Zwei-fel an der Christenheit, wozu wir Heuti-gen ja alle Ursache haben! Denn sie hatsich mit den schlimmsten Feinden undGottesleugnern verbündet, und mußeiner Weltmacht gehorchen, welcheNatur, Sitten und Volkstum zuschandenmachte.Was hätten unsere Uraltvorderen ge-dacht, wenn sie gewußt hätten, daß der„Heilige Vater in Rom, NachfolgerChristi, Stellvertreter Gottes auf Er-den“, Papst Leo III., wegen furchtbar-ster sittlicher Verfehlungen davon ge-jagt wurde und nach Aachen zu Karldem Sachsenschlächter flüchtete, derihn in Ehren aufnahm, damit dieser„Nachfolger Christi“ ihm willfährig sei?

Doch ohne Rücksicht auf die alt-überlieferte Naturreligion unse-rer Vorfahren wurde die christli-che Bekehrung wenn nötig auchgewaltsam durchgesetzt. Nochfünfzig Jahre nach dem Tod vonKaiser Karl (814 n. übl. Ztr.) ließKarl der Kahle, der im Vertragvon Verdun 843 n. übl. Ztr. dasWestfränkische Reich (Frank-reich) erhielt, einen Befehl an dieDienstmannen in Altsachsen,seine Ministerialen, aus dem derüberwiegende Uradel stammt,ergehen, heilige Haine undBäume zu zerstören, damit sienicht mehr zu heidnischenZwecken mißbraucht würden.Im gleichen Sinn wurde im Jahre1270 n. übl. Ztr. nach einem Ediktdes Reichsverwesers und Erz-bischofs von Köln, Engelbert,gehandelt. Doch über Jahrhun-derte blieben Niedersachsen undWestfalen den Gewohnheitenihrer urfernen Vorfahren treu.Die alten Bräuche wurden längstnicht mehr als heidnisch empfun-den, hatten auch kaum noch ei-nen Aberglauben zum Inhalt,sondern waren schlicht und ein-fach heimattreu. Die Pferde-köpfe auf den Giebeln ihrer Höfe

gehörten dazu, wie teils auch noch dasSinnbild des Weltenbaumes, die Irmin-sul. Was ist nun Aberglaube? Die altenBräuche voller Schönheit und Natur-empfinden, oder die zahllosen, wider-spruchsvollen Legenden von Heiligenaller Art, wie sie in der christlichenKirche zu finden sind?

Wirrköpfe, ja Narren hat es auf jederSeite gegeben. Noch gegen Ende desvorletzten Jahrhunderts sah sich derevangelische Pastor Spiritus im westfä-lisch-bergischen Remlingrade veran-laßt, gegen den ,.Wodansglauben“ mitPferdeköpfen u. a. zu predigen.

Uns Deutschen wird bis heute mit allenMitteln glauben gemacht, eine Besin-nung auf Geschichte, Wesensart undTradition sei ein schmählicher Rückfallin Schattenseiten der deutschen Ver-gangenheit, obwohl solche Erinnerungund Pflege für jedes andere Volk eineSelbstverständlichkeit bedeutet, vonderen nationalem Überschwang in allenJahrhunderten gar nicht zu sprechen.Im Jahre 1820 n. übl. Ztr. gab der Göt-tinger Professor Jakob Grimm (1785-1863 n. übl. Ztr.) sein weltberühmtesdreibändiges Werk „Deutsche Mytho-logie“ heraus. Das Werk ist eine uner-schöpfliche Fundgrube für Altertums-und Sprachkunde, Volksglauben, ger-manisch-deutsche Religions- und Kul-turgeschichte. Damit ist Jakob GrimmSchöpfer der deutschen Sprach- und Al-tertumswissenschaft. Mit seinem Bru-

… Jahrtausende alt sind solche Steine, doch eine Eiche ragt hervor,stolz über alle Kronen Reiche reckt ihre Krone sich empor …

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der Prof. Wilhelm Grimm (1786-1859 n.übl. Ztr.) gab er die bekannten „Deut-schen Sagen“ und „Kinder- und Haus-märchen“ heraus. ,,Grimms Märchen“gehören bis heute zum kulturellenSchatz unseres Volkes.

Zu weit würde es führen, die wichtigstenPassagen aus Grimms „Deutsche My-thologie“ zu zitieren. Lediglich aus derVorrede von Jakob Grimm zu eben die-sem Werk sei ein Satz in Erinnerunggerufen: „Nach alten und jüngeren

Quellen pflogen unsere Voreltern bis indas Heidentum nach althergebrachtenRechten im freiem Bund kräftig blühen-der Sitte; ihre Herzen waren des Glau-bens an Gott und vordem an Göttervoll, mit freudigen, großartigen, wenn-gleich noch unvollkommenen Vorstel-lungen von höheren Wesen, beseeli-gend und aufrichtend, ohne jedesdumpfbrütende Niederfallen vor Göt-zen.“

Werner Kellermann

unter den Sternen war der Duft derErde wie eine Segnung ihm zugeströmt.Jetzt kam nun dieses Ende.

Immer von neuem warf der Wind Gar-ben voll Licht über den Grabenden undden aufgewühlten Boden. Doch derMann achtete nicht darauf. Es war ihm,als grübe er mit jedem Spatenstich einStück seines Lebens hervor. LängstVergessenes fiel ihm wieder ein, alshätte es, treulich bewahrt, in der Erdegeruht, um ihm nun diese harte Stundezu erleichtern. Das und das und jenes.Auch das Kleinste wurde wichtig, trugLächeln und Beschwichtigung in seinetrüben und bitteren Gedanken, weitetesich allmählich zu Sinn und Erkenntnis:

Viel Arbeit war gewesen, viel Sorge umHalm und Ernte, manches Glück. Dazuüber allem das Wissen tiefsten Gebun-denseins an diesen Erdenflecken, aufdem die Vorfahren seit Jahrhundertengesessen. So daß jedes Geschehen im-mer wieder in dem einen mündete: Hei-mat, wie alle Ströme endlich im Meerzur Ruhe kommen. Vor der Fülle derGesichte vergaß der Mann die Men-schen, die ihm voll Spott zusahen oderihn mit Fluch und Kolbenstoß zur Eiletrieben. Ja, selbst das Furchtbare, demihn jeder Spatenstich unwiderruflichnäher brachte, verlor den Schrecken. Erlebte in diesen Minuten so glühend, sovöllig hingegeben an die Heimat, daß al-les andere davor verblaßte.

Die innere Schau führte ihn aus Man-nes- und Jugendtagen zurück bis zu demersten starken Erleben der Kindheit: Dahatte er mit dem Vater vor frischge-pflügten Ackerbreiten gestanden. Essah aus, als ob weiter fort die Pflügen-den mit den Gespannen geradewegs indas Feuer der untergehenden Sonnehineingingen; das Kind meinte, gleich

Heimaterde. Radierung von A. Eckener.

ErdeEine Geschichte aus vergangenen Tagen

Sengend und mordend waren dieRotgardisten von einem dergroßen baltischen Herrensitze

zum anderen gezogen. Nun kamen sieauch dem dem Gut zwischen Birken-wäldern und Seen. Es beschwichtigte sienicht, daß jener, der hier lebte, keinervom alten Adel war – daß er ein Herr,ein Besitzender sei, genügte, um ihn ab-zutun. Sie trieben ihn wie ein Stück Viehaus dem Hause, auf den Acker. Vor derParkmauer, über welche die Bäume sichrauschend neigten, zwangen sie ihn, seineigenes Grab zu graben. – Er war nochnicht alt und hätte wohl noch eine an-sehnliche Reihe von Jahren vor sich ge-habt, wenn er ins Ausland geflüchtetwäre. Doch er hatte nur die Frau undden jungen Sohn fortgeschickt, ihnselbst hielt die Heimat fest. Nun mußteer seine Treue mit dem Leben bezahlen.

Der Tag war voll Sonne und Wind.Durch die Wipfel der Bäume flirrte dasLicht. Wenn der Wind die Äste bog unddas Laub durcheinander schüttelte, daßes raschelte, malte es helle, hüpfendeLichter auf den Boden. Das sah sehrfröhlich aus.

Als der Mann den Spaten in die Erdestieß und die erste Scholle aushob,strömte ihm der Erdgeruch herbe undfruchtbar zugleich entgegen. So hatte er

ihn wieder und wieder beglückt eingeat-met, wenn er über die Äcker ritt: DesMorgens, noch ehe die Sonne aufging,wenn die Lerchen schon hoch in derfarblosen Klarheit des Himmels tirilier-ten; des Mittags, wenn aus der Unend-lichkeit der Wälder langsam das Däm-mern hervorkroch, und auch des Nachts

Besser arm als tot

Zu leben ist besser, als im Grab zu liegen;

ein Toter bekommt keine Kuh.

Ich sah den Feuerschein im Fenster eines Reichen,

doch selbst lag er tot vor der Tür.

Havamal

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müsse die Glut flammend über ihnenzusammenschlagen. Bis sie sich fern ander Grenze des Ackers wandten undwieder zurückschritten, mit jedemSchritt größer und dunkler wurden. Soging das im gleichen Rhythmus Furcheauf, Furche ab. Flatternd und pickendfolgten die Vögel.

Als die Sonne glühend unter den Hori-zont sank, hatte der Vater sich zumAcker niedergebeugt und einen Klum-pen Erde aufgehoben. Seine Finger hat-ten sich fest um die braune Krume zu-sammengeschlossen, als hielten sie einegroße Kostbarkeit. Er sagte nichts da-bei, und das Kind fragte nicht, warum erdies tue. Es sah ihm nur zu, wie er nunmit stillen Augen über das Land blickte.Der kleine Junge spürte ein erstes Ah-nen von dem, was Heimat ist. — —

Der Grabende vermeinte, noch einmalmit dem Vater am Rande des Ackers zustehen. Doch neben ihnen waren nunnoch andere: die Ahnen. Keiner fehlte,sie waren alle da bis hin zu dem, der sicheinstmals hier angesiedelt. Wie nun derMann aus den Erinnerungen seines ei-genen Lebens fort sich in das Erinnernan die Vorfahren verlor, fand er sich,wunderbar deutlich, in ihnen allen wie-der, in Blut und Fühlen, Denken undHandeln. Aus solcher Gemeinsamkeiterwuchs ihm eine große Ruhe.

Auf den Spaten gestützt, sah er sich um,lächelnd fast und ein wenig nachdenk-lich. Und wieder vergaß er die Men-schen, die gehässig bereit waren, ihnohne Recht und Gesetz zu töten. Dennvor diese drängten sich für seinen nachinnen gerichteten Blick jene, aus derenWesen und Sein er nach ewig gültigenGesetzen geworden war.

Einen Herzschlag lang stand er Auge inAuge mit ihnen. Dann verblaßte ihrBild, als sänken sie zwischen die Schol-len, denen sie einst gedient. Einen Herz-schlag lang wähnte der Mann, noch ei-nen Jungen über das Feld in den hellenMorgen hineinwandern zu sehen – wardas nicht sein Sohn? Dann verschwandauch der im flimmernden Sonnen-schein. Nichts mehr war als der weite,fruchtbare Acker, dem des Mannes Le-bensarbeit gegolten hatte.

Da warf er den Spaten weit von sich. Erhob einen Brocken der braunen Erdeaus der Grube, und seine Finger schlos-sen sich darum zusammen, wie um einegroße Kostbarkeit. Hochaufgerichtetund ohne Zagen stand er vor seinenFeinden.

Krachend zerrissen einige scharfeSchüsse den stillen Morgen. Und dieErde nahm den Stürzenden auf wie einegute Mutter.

Zoe Droysen

den zunehmenden Jahren immer feiner,durchgeistigter, klüger wird. Und es gibtFrauen, die in der Jugend durchauskeine Schönheit waren, jetzt aber mitden ergrauten Haaren, dem frischen,von Runzeln kaum berührten Gesichtund dem milde geklärten Ausdruck aufihm geradezu hübsch wirken. Undselbst wenn sie Runzeln und Falten ha-ben, so tun sie der Anmut ihres Wesensund ihrer Erscheinung keinen Abbruch.

Niemand, und gäbe er sich noch so vielMühe, kann gegen die Natur an. So-lange man ihr freie Gestaltung läßt, istsie schön und anziehend. Will man ihrGewalt antun, so wird sie widerspenstigund aufsässig.

Deshalb heißt es: mit Bewußtsein undFreude jung sein. Mit Würde undAnmut alt werden.

Und schließlich besitzt jedes Alter, auchdafür hat die Natur in ihrer Weisheitschon gesorgt, die ihm eigene Schöne.

Ein jugendlicher Kämpfer ist etwasNatürliches und deshalb Schönes, auchwenn er einmal uneins mit sich selberist.

Des Alters Schöne und sein Eigenesaber ist die Ruhe und Geborgenheit, dieAbgeklärtheit und das Einssein mit sichselber. Die Tätigkeit des Alters ist dasSammeln von Früchten und still inner-liche Vorbereitung auf neue Saat undneue Ernte. Dann ist man auch im Alterjung.

Deshalb keine Furcht vor dem Alterund dem Alterscheinen. Deshalb dieletzte der Lebensweisheiten gelernt undvielleicht die größte: Mit Würde und mit Anmut alt werden!

Artur Brausewetter

Nur nict alt werden!

Alt werden möchten viele, alt seinwill keiner. Es gibt heute kaumnoch ein Altsein, zum mindesten

ist es unmodern geworden. In früherenZeiten umspielte den Begriff des altenHerrn oder der alten Dame etwas Woh-liges, Behagliches, Würdiges. Heutesucht jeder auf seine Weise das Alt-erscheinen zu verhindern, nimmt seinTränklein dagegen wie der alterndeFaust. Man turnt, schwimmt, reitet,treibt allerlei Sport zu Wasser und zuLande, sich schlank zu erhalten. Denndas ist die Hauptsache. Der Schlankehat vor dem Korpulenten einige Jahrevoraus.Aber schließlich hilft alles nicht. Einmalmuß man doch mit der Jugendlichkeitaufhören und an sein Alter glauben.Deshalb gibt es eine größere Kunst alsdie: sich und andere um jeden Preis übersein Alter hinwegtäuschen zu wollen.Irgendwo traf ich einen alten Herrn. Ermachte es nicht wie die anderen. Er ver-leugnete und verheimlichte sein Alter

nicht, er posierte nicht in Jugendlich-keit, trug seine Jahre nicht wie eine Last.Trug sie mit freundlicher Würde. Ge-rade dadurch wirkte er angenehm. Et-was Wohltuendes, Beruhigendes gingvon ihm aus, teilte sich harmonisch mit.Dann war es auf einer Gesellschaft.Eine Dame mit wundervoll schwarz undweiß gewelltem Haar und einem Ge-sicht darunter, das ohne Puder undFarbe in weichrosigen Zügen leuchtete,war meine Nachbarin. Man hatte mir er-zählt, daß sie vor einigen Tagen zumdritten Male Großmutter gewordenwar. Ich rührte nicht daran. Sie war es,die mit Stolz und heller Freude vonihren Enkeln erzählte.Beide zeigten mir, daß die Kunst des Le-bens nicht darin bestehe, sein Alter aufjede erdenkliche Weise aufzuhalten, zuverleugnen, zu verstecken. Sondern inetwas anderem: mit Würde und mit An-mut alt zu werden.Es gibt Männer, die immer anziehenderwerden, ja, deren Gesichtsausdruck mit

Stetigkeit,fe# in der Treue,

gleicwohl ohne Reue,gibt Sicerheit

und eine frohe Natur,klar und pur,

läßt redlic #rebenfür neue+ Leben.

Wilhelm van Zütphen

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Jeder Name kann ein Bekenntnissein – der Familienname wie derVorname.

Wohl kein anderes Volk ist so reich anschönen, ehrwürdigen, auch absonder-lichen Familiennamen wie das deutscheVolk. Demgegenüber haben viele Ju-den ihre eigenen Namen verändert, z.B.Chaim Bückeburg – Heinrich Heine,Löb Baruch – Ludwig Börne, FeistWolfsohn-Lasal – Ferdinand Lassal,Isidor Witkowski – Maximilian Harden,Salomon Kosmanowski – Kurt Eisner.Aber nicht nur sie haben veränderteNamengebung.

Drückt sich in einer Namenmode dieVerehrung überragender Persönlich-keiten aus, die für Volk und Vaterlandbleibende Werte geschaffen haben, sowird niemand etwas dagegen einzuwen-den haben, falls es nicht dazu führt, daßganze Generationen fast nur noch einensolchen Namen bekommen, und wennnicht versucht wird, einen Sippennamenunpassenderweise in einen Vornamenumzubauen. „Hindenburgia“ ist einesolche Abirrung. Als ein begeisterterAnhänger Bismarcks – wenn ich nichtirre, hieß er Labedank – den eisernenKanzler um die Genehmigung bat, sei-nen Sohn Bismarck nennen zu dürfen,antwortete ihm dieser, er fühle sichdurch den Antrag hochgeehrt, undwenn ihm gütiges Geschick in seinemhohen Alter noch einen Sohn bescherenwürde, so wolle er nicht verfehlen, ihmden Namen Labedank zu geben. DerSpott war am Platze und um so mehr an-gebracht, als es tatsächlich eine kaumauszuschöpfende Fülle guter deutscherNamen gibt. Die Durchsicht eines ein-schlägigen Namenbuches überzeugt un-bedingt. Trotzdem werden die meistenstets nur eine recht geringe Zahl vonVornamen im Gedächtnis haben. Dasliegt wesentlich daran, daß Jahrhun-derte hindurch Männer der Kirche imMißverstehen ihrer eigentlichen Aufga-ben ein Übermaß an Sorgfalt und Mühedarauf verwendeten, alle Erinnerungenan die „heidnische“ germanische Ver-gangenheit auszutilgen. Das läßt sichnoch durch genaue Belege erhärten.Der Reichtum an germanischen (deut-schen) Vornamen wurde allmählich er-setzt durch eine bei weitem mindereZahl biblischer Namen oder solcher vonHeiligen, unter denen nur eine rechtschwache Zahl deutscher Namensträgervertreten ist. Nach dem Hl. Chrysosto-mus „sollten den Kindern nicht die er-

sten besten Namen gegeben werden,sondern die Namen von heiligen Män-nern, die durch Tugend hervorragtenund mit Zuversicht vor Gott auftretenkonnten“. Im 13. Jahrhundert n. übl.Ztr. waren undeutsche Vornamen nochausgesuchte Seltenheiten. Einen derbeliebig zu vermehrenden Beweisehierfür bringt Prof. Brechenmacher in„Deutsches Namenbuch“ (Stuttgart1928): „Für die Stadt Rottweil, derenUrkundenmaterial ich durchgearbeitethabe, liegt die Sache so, daß im ganzen13. Jahrhundert nur 4 fremde Taufna-men vorkommen, nämlich um 1200 einNikolaus, 1278 ein Johann (Kleriker!),1297 eine Katharina, 1298 ein Jacob.“Noch der berühmte bayrische Ge-schichtsschreiber Thurmair (1477–1534n. übl. Ztr.) schrieb: „Diese Namen Pe-ter, Georg, Paul, Hans, Anna, Katha-rina, Margaretha, … seynd bey denTeutschen neuwe; es haben sie unsereVorfahren nicht gebraucht …“ Sie seienerst in Aufnahme gekommen „durchAnrichten der römischen Geistlichkeit,durch welcher List die Christen nochheutigentags uneins sind“. Wie wenigVerständnis das Volk den neuen Na-men entgegenbrachte, zeigen die merk-würdigen, ja geradezu humoristischenAbwandlungen, die sie im Volksmunddurchmachen mußten, wie viele heutige(Familien-) Namen noch bezeugen. AusEustachius wurde Stachel, aus ChristianKirsten, ja Kirchstein; Pankratius(Pankraz) wurde Baumgartz gerufenund sogar zum „Bankrat“ ernannt. Am-brosius nannte man Brosche, CorneliusNelke oder Kees. Aus Martinus machteman Martel, Mörtel oder sogar Mörder.Heutige Nachkommen eines Hühner-martel heißen Hühnermörder. DieNamen wurden, weil das Volk ihnenvöllig verständnislos gegenüberstand,einfach „verquatscht“ oder lautnachah-mend in einen landläufigen Sinn hinein-geschoben, der mit ihrer ursprünglichenBedeutung nicht das geringste gemein-sam hat. Dieses Schicksal erfuhren auchNamen, die man aus Vornehmheit undBildungsstolz meist sehr gewalttätig insLateinische übersetzte. Ein Herr Bleioder Bley (vielleicht so genannt nachdem gleichnamigen Fisch) übersetztesich in lat. Plumbum – das Blei. Seineweniger „gebildeten“ niederdeutschenNachbarn aber machten daraus Plu-menbom, und daraus ward Pflaumen-baum. So wandelte sich ein Süßwasser-fisch über ein Schwermetall zum Stein-obst. Doch das nur nebenbei. Die eben

genannten, durchweg mißverstandenenHeiligennamen waren unter ihresglei-chen noch verhältnismäßig schlichte.1720 n. übl. Ztr. nannte ein MerseburgerGeistlicher seinen Sohn Quod-deus-vult – in Anlehnung an den 444 n. übl.Ztr. verstorbenen Karthagischen Bi-schof Quodvultdeus. Ferner gab esDeogratias, Homobonus und Homodei,Prinzipius, Prozessus, Projektus, Qua-dratus, Primitivus und Zotikus.

In manchen katholischen Gegenden istes heute noch üblich, daß nicht die Kin-deseltern, sondern der Pfarrer den Na-men bestimmt und dann einfach einenx-beliebigen Heiligen aus dem Kalen-der aussucht. Dann läuft ein also Ge-taufter zeitlebens herum als Cyriakus,Corbinian, Remigius, Marzellus, Lau-rentius, Januarius, Hieronymus, Am-brosius, Bartholomäus, Blasius oderBalthasar (Bal schütze sein Leben!). Obman nun Cyprian (d. h. in Cypern be-heimatet) oder Johannes (älteste he-bräische Form: Jehochanan = Jehova istgnädig) heißt: für einen deutschen Men-schen ist der eine Name so unsinnig wieder andere. Bedenkt man, daß an eini-gen Orten bis zu 80 v. H. aller männli-chen Einwohner auf den Namen Johan-nes mit seinen vielen Abweichungenund Kürzungen (Hans, Jan usw.) ge-tauft wurden, anderenorts ebenso unbe-denklich der Name Joseph erteiltwurde, dann ermißt man erst so recht,wie verarmend klerikaler Einfluß aufdie deutsche Namengebung gewirkthat.

Von tausenden deutscher oder über-haupt germanischer Namen ist nur eineganz geringe Zahl in Gebrauch behaltenworden – und vielfach nur deshalb, weilTräger solcher Namen Kirchenheiligeoder weltliche Herrscher waren. Beson-ders unter pietistischem (in England pu-ritanischem) Einfluß sind ungefähr allealttestamentarischen Judennamen als„deutsche“ bzw. „englische“ Namen„volkstümlich“ gemacht worden. Deut-sche Menschen nannten und nennensich nochAbel – hebräisch: Hauch, Vergänglich-

keit.Adam – hebr.: Erdentsprossener,

Mensch. Assyrisch: Kl. Kind.Anna – hebr.: Gnade oder Gnädige.

Wird meist hiervon abgeleitet, nichtaber vom altdeutschen Anno (männl.).

Daniel – hebr.: Mein Richter ist Gott.David – hebr.: Geliebter, Liebling.Elisabeth – hebr.: Mein Gott war (bei

der Geburt dieses Kindes) ein Un-glücksgott. – in der Bedeutung alsoein sehr unschöner Name: Die Toch-ter war nicht erwünscht. – Else undIlse kommen als Kurzformen von E.vor, sind aber sonst deutsche Namen.

Eva – hebr.: Die Lebenspendende.Gabriel – hebr.: Mann Gottes.

Unseren Kindern

germanixe Namen

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Hulda – hebr.: Chulda, Name einer alt-test. Prophetin, 2. Kön. 22,14 = Wie-sel. Aber auch Hulda – althoch-deutsch: Holde.

Jakob – hebr.: Hagab – er betrügt.Joachim – hebr.: Jehojakhin – von

Jahwe geschaffen.Johannes, Johanna – hebr.: Jahwe

chanan – Jehova ist gnädig.Joseph, Josephine – hebr.: er vermehre.Judith – hebr.: Aus Jehuda.Kaspar – persisch: Schatzmeister.Magdalena – hebr.: Aus Magdala.Maria, Mirjam – hebr.: Wird verschie-

den gedeutet: Die Trotzige, Wider-spenstige. Auch die Wohlbeleibte,Dicke. Letztere Deutung steht in Ein-klang mit dem orientalischen Schön-heitsideal der dicken Frau. Vor allembei den Ostjuden gilt die fette Jüdinals schön.

Martha – aram.: Herrin.Matthias – aram.: Geschenk Gottes.Michael – hebr.: Wer ist gleich Gott? –

Die Form „Michel“ ist geschickt andas altdeutsche michel = groß, starkangelehnt.

Peter, Petrus – griechisch: Der Fels.Übersetzung des hebr. Kephas.

Ruth – hebr.: Erquickung, Freund-schaft.

Hier konnte nur eine ganz geringe Aus-wahl der auch von Nichtjuden am häu-figsten gebrauchten alttestamentari-schen Namen wiedergegeben werden.Namen schöneren Sinnes haben wirauch im Deutschen. Also: Warum wähltman dann nicht den deutschen odereinen germanischen Namen? UnsereKinder haben ein natürliches Rechtdarauf, deutsch-germanische Namen zuführen.Nun sagen manche: Die Bedeutung, dieeinem Namen ursprünglich zu eigen ist,passe später oft gar nicht mehr zum Trä-ger dieses Namens; damit werde aberdie Bedeutung an sich belanglos, undnur noch der Wohlklang sei entschei-dend, die Harmonie des Vornamens mitdem Familiennamen. – Darauf ist zu er-widern: Selbst wenn der Sinn eines Na-mens an sich gleichgültig gewordenwäre, dann ist das noch lange kein trifti-ger Grund, den guten deutschen Namendurch einen orientalischen Fremdlingzu verdrängen. Gewiß soll das Gefügevon Vor- und Nachnamen wohlklin-gend sein. Das kann aber für uns nurheißen: Der deutsche Name soll echtendeutschen Klang haben! Hinzu kommt,daß der Vorname durchaus nicht immersagen will, daß z. B. Adelher oderAdolar ein durch Adel hervorragender(edler) Krieger sei, sondern daß er einsolcher sein möge. In der Erteilung einesNamens liegt (oder soll liegen) vielmehrein Wunsch oder Segen, der dem jungenMenschenkind mit auf den Weg gege-ben wird, als eine unumstößlich gelten

sollende Kennzeichnung. – Wer sicheinen Einblick in den ungeheurenReichtum an deutschen und germani-schen Vornamen verschafft hat, derweiß: Zu jedem Familiennamen findetsich unbedingt ein sowohl im Sinne wieauch im Klang passender Vorname. Aufalle fremden, undeutschen Namen kannohne jede Schwierigkeit verzichtet wer-den.

Vor der Namengebung ziehe man unbe-dingt Namenbücher zu Rate, in denendie Herkunft und Bedeutung von Vor-namen erläutert wird. (Unsere Gefähr-ten Jacques Vasseur und Birka Verbekehaben solche herausgebracht.) EinVater stimmte mir einmal zu, daß wirundeutsche Namen zu vermeiden hät-ten, und meinte mit Stolz: Seine Jungenhätten schöne deutsche Namen: Georgund Paul.

Ich mußte ihn enttäuschen: Georgkommt aus dem Griechischen und hatdie schöne und stolze Bedeutung Bauer.Paulus ist ein altchristlicher Name latei-

nischer Prägung mit der Bedeutungklein, gering. Diesen Namen erging eswie Johannes: sie wurden, wenn man sowill, „eingedeutscht“. Von Georg gibtes die geradezu urdeutsch anmutendenFormen Jörg, Jörn, Jürn, Jürgen. Dasändert aber nichts an der Tatsache, daßseine Herkunft nichtdeutsch ist.Auch diese Namen aus dem Griechi-schen, Lateinischen usw., wie sie zumTeil schon oben unter den Heiligenna-men aufgeführt wurden, werden mit derZeit rein deutschen Namen weichen.Wir jedenfalls wollen und sollen stetsdaran festhalten: Unsere Kinder, diedeutsch und nordisch geboren sind, sol-len auch einen Namen tragen, der derWürde ihres Blutes entspricht. – Es gibtkeinen unserem Wesen gerecht wer-denden Grund, ihnen fremde Namen zugeben, wohl aber viele Gründe dagegen.Alle Gründe sprechen für die Forde-rung: unseren Kindern germanische Na-men!

Rolf L. Fahrenkrog

Das kalte HerzDer arme Köhler Peter Munk will dasHerz der Tanzbodenkönigin Lisbeth ge-winnen. Das Glasmännlein erfüllt ihmzwei Wünsche. Die Hochzeit wird vor-bereitet, plötzlich ist kein Geld mehr inder Tasche. Peter wendet sich an denRiesen Holländer-Michel, verpfändetsein Herz, macht mit Holz gute Ge-schäfte. Reich aber herzlos heiratet erLisbeth, erschlägt sie im Streit, will seinHerz zurück, überlistet mit dem Glas-männlein den Holländer-Michel. DasGlasmännlein erfüllt den drittenWunsch: Alles ist ausgelöscht. Lisbethverzeiht Peter.

VideoWoche:Der erste Märchenfilm und der ersteFarbfilm der DEFA entstand 1950 n.übl. Ztr. nach dem Kunstmärchen vonWilhelm Hauff und thematisiert Liebeund Arbeit als Werte des Lebens. Derpopuläre Staatsschauspieler Erwin Ge-schonnek als grausam-törichter Hollän-der-Michel und Paul Bildt als Glas-männlein verkörpern das Düster-Be-drohliche bzw. das moralische Gewis-sen der Märchenwelt, die optisch opu-lent aufbereitet ist. Die Kamera führteBruno Mondi, der erste Erfahrungenmit Farbe bei „Kolberg“ gemacht hatte.

*Ein wirklich anspruchsvoller, spannen-der und gruseliger Märchenfilm für(nicht allzu kleine) Kinder und Erwach-

sene! Kein Wunder bei der hervorra-genden Kameraführung vom Kolberg-Kameramann Bruno Mondi. NebenRübezahl (ebenfalls eine frühe DEFA-Produktion) gehört er zu den bestenDefa-Märchen-Produktionen, die auchbeide erzieherisch von hohem Wertsind. Man merkt sofort, in welcher Zeitdie Produzenten dieser Filme ihr Hand-werk gelernt haben.Im Handel ist die DVD (Laufzeit: 101Min.) zusammen mit einem ebenfalls inder ehemaligen DDR 1985 n. übl. Ztr.produzierten Hörspiel (mindestensebenso spannend wie der Film) auf ei-ner CD (Laufzeit: 58 Min.) erhältlich.Verlag: Icestorm Entertainment GmbHwww.icestorm.de J. M.

BuchbesprechungenFilmbesprecung

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Germanen und Römer

Wollen wir einen Überblick über dieLage am Ende des Zeitraumes gewin-nen, den wir hier dargestellt haben, sokönnen wir sagen, daß sich um dieseZeit Römer und Germanen die Waagehielten. Dieser Zustand währte knappzwei Jahrhunderte. Rhein und Donauwaren die natürlichen Grenzen. Dereinspringende Winkel zwischen denbeiden Strömen wurde durch den Limesüberbrückt, eine gewaltige künstlicheGrenze Roms gegen Germanien. Erhatte den Zweck, das in Süddeutschlandnoch besetzte Gebiet zu sichern(Abb. 19).

Die Karte (Abb. 18) zeigt uns die dama-lige Lage. Der dunkler gehaltene Teil istvon den Römern besetzt. Die Linie vonRegina Castra (jetzt Regensburg) bisConfluentes (jetzt Koblenz) deuten denVerlauf des Limes an. Die Germanenund Kelten links des Niederrheines,südwestlich des Limes und südlich derDonau lebten unter römischer Herr-schaft. Im Gegensatz zu den Galliern,den Ureinwohnern Frankreichs, dievöllig im Römertum aufgegangen wa-ren, bewahrten die Germanen ihr eige-nes Volkstum unversehrt auch über dieJahre der römischen Besetzung hinaus.Und nicht nur das! Gerade in dieser Zeitbegannen die Germanen das Römer-reich friedlich zu durchdringen. SchonCäsar hatte germanische Stämme alsHilfstruppen verwendet; seitdem hatteman dieses Verfahren immer weiterausgebaut. Schließlich nahm man auchfreie Germanen unmittelbar als ein-zelne in das Heer auf. Viele von ihnenwurden Offiziere, manche erreichtendie höchsten Stellen. Selbst in der Ver-waltung und sogar am kaiserlichen Hofesah man jetzt Germanen. Mehr undmehr wurden sie nun auch als Ansiedlerin den Verband des römischen Reichesaufgenommen, ganze Stämme erhieltenals „Verbündete“ Wohnsitze an denGrenzen angewiesen. Endlich dürfen

wir nicht vergessen, daß Germanen imbesetzten Gebiet der römischen Kulturund Zivilisation keineswegs untätig,

keineswegs nur als Aufnehmende ge-genüberstanden, sondern daß sie siesich tätig zu eigen machten und ihr eineeigene Form verliehen. Das bezeugenuns die Funde aus jener Zeit und aus je-nen Gegenden immer wieder, ob es sichnun um Bauwerke, um Bildwerke oderum Gegenstände des täglichen Ge-brauchs handelt. Wo ursprünglich römi-sche Formen übernommen wurden, er-fahren sie eine bezeichnende Abwand-lung, werden mit germanischem Geistdurchsetzt (siehe auch NZ 2/07, S. 43!).

Die Völkerwanderung

Diese zwei Jahrhundert eines unge-fähren Gleichgewichts zwischen Rö-mern und Germanen bedeuten nunaber nicht, daß die beiden Völker, diesich hier gegenüberstanden, in einerähnlichen geschichtlichen Lage gewe-

Unseren jungen Gefährten

Au+ Deutxland+ Vor- und Frühzeit:Volk ohne Raum

Teil 4

Abb. 18: Germanien zur Römerzeit.

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sen wären. Ganz im Gegenteil! Wennwir verstehen wollen, wie der Um-schwung zustande kam, der diesesGleichgewicht zerstörte und der denGermanen die Oberhand gab, so müs-sen wir uns klarmachen, wie es damalsin Rom und wie es in Germanien aus-sah. Rom hatte seine weltgeschichtlicheSendung erfüllt. Die große Zeit derAusbreitung des Reiches war vorüber,überall war der Vormarsch der römi-schen Heere zum Stillstand gekommen,mehr und mehr begnügte man sich da-mit, das Eroberte zu halten und zu ver-teidigen. Die äußere Macht und Größedes Reiches waren auf dem Gipfelpunktangelangt, im Innern aber wurde schonder kommende Zusammenbruch er-kennbar. Wir sind in der Zeit der Solda-tenkaiser, in der die kaiserlichen Garde,die Prätorianer, sich häufig das Rechtanmaßte, die Kaiser einzusetzen undabzusetzen, was gewöhnlich mit ihrerErmordung gleichbedeutend war. Mit-unter kam es auch vor, daß eine Legionin irgendeiner Provinz einen Gegenkai-ser ausrief. Schwere Bürgerkriege wa-ren dann die Folge. Die Unzufrieden-heit im Innern des Reiches nahm zu, anStelle einer gerechten Regierung wardie brutale Gewalt, die sinnlose Wilküreingetreten.*

Ganz anders in Germanien! Dortherrschte die gerade entgegengesetzteStrömung. Es ist eine auffallende Tatsa-che, daß uns aus den vergangenen Jahr-hunderten die Namen zahlreicher klei-ner Stämme überliefert sind (so nochvon Cäsar), die den Raum des heutigenDeutschlands bewohnten. Jetzt aber, im

3. Jahrhundert n. übl. Ztr., tritt hier eineÄnderung ein, wir hören auf einmal Na-men, die uns bisher noch nicht begegnetsind. So treten etwa zu Beginn des Jahr-hunderts im Südwesten Germaniens dieAlemannen auf, später im Norden die

Franken, noch später und noch weiternördlich die Sachsen. Offenbar handeltes sich hier um neu entstandene größereEinheiten, also Zusammenschlüsse vonkleineren Stämmen. Wie diese Eini-gung vor sich gegangen ist, wissen wirnicht, aber an der Tatsache ist nicht zuzweifeln.

Das ist also die Lage: Zerfall und Auflö-sung in Rom, Zusammenschluß und Er-starkung bei den Germanen. Der Tagmußte kommen, an dem die Germanendie Grenze überschritten und sich denWeg ins römische Reich bahnten. Wirsprachen früher schon von der Landnot,die – rund ein Jahrtausend vor demZeitpunkt, an dem wir jetzt halten –einen Druck auf die Bevölkerung desNord- und Ostraumes ausübte. Damalswaren es die Kelten und die Illyrer ge-wesen, gegen die sich der Andrang der

* Die Zerrüttung des römischen Reiches begann im 3. Jahrhundert n. übl. Ztr. Unter Konstantin wurde dasReich nochmals vereinigt, aber der Verfall war nichtaufzuhalten. 395 n. übl. Ztr.) wurde das Reich unterdie beiden Söhne des Kaisers Theodosius geteilt.Honorius erhielt Westrom mit Ravenna als Haupt-stadt, Arkadius Ostrom mit Byzanz (Konstantinopel).Der Schwerpunkt lag in Byzanz. In Westrom begannnun die Reihe bedeutungsloser Kaiser, die meistensvon germanischen Heerführern ein- und abgesetztwurden. Zuletzt entthronte (476 n. übl. Ztr.) der ger-manische Heerkönig Odowakar, der Nachkommeeines Skytenfürsten, den letzten Kaiser RomulusAugustulus. damit hatte das weströmische Reich seinEnde erreicht. Das oströmische Reich (Byzanz) be-stand bis 1453 n. übl. Ztr.

Abb. 20: Beginn der Völkerwanderung.

Abb. 21: Goten am Schwarzen Meer.

Abb. 19: Der obergermanische Grenzwall (Limes).

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germanischen Stämme von Norden hergerichtet hatte.Unsere Karte (Abb. 20) zeigt die Lageim 3 Jahrhundert n. übl. Ztr. Das Signalzum Beginn der Völkerbewegung hat-ten die Goten gegeben. Sie siedelten da-mals an der unteren Weichsel. „Als dieZahl des Volkes immer mehr anwuchs,beschlossen die Goten, mit all ihrenKriegern und ihren ganzen Familienauszuwandern.“ So berichtet der goti-sche Geschichtsschreiber Jordanes,dem wir die wichtigsten und genauestenNachrichten über das Volk der Gotenverdanken. Der Aufbruch aus demWeichselgebiet erfolgte um die Mittedes zweiten Jahrhunderts. Die Gotenwanderten nach Süden und gelangtenan den Unterlauf der Pruth und ansSchwarze Meer. (Bild 21 zeigt den goti-schen Stützpunkt Olbia am SchwarzenMeer.) Hier waren sie noch außerhalbder römischen Grenze. Gleichzeitigaber setzten sich nun auch die Burgun-den in Bewegung, die zwischen der mitt-leren Oder und der Weichsel wohnten.

Die Burgunden waren, wie wir uns ausFrüherem erinnern, von Norden ge-kommen. Die Insel Bornholm war derletzte Halt vor der deutschen Küste ge-wesen. Schon um das Jahr 150 n. übl.

Ztr. hatten sie ihren ersten Wohnsitzzwischen Oder und Weichsel verlassen(Bild 22) und waren weiter landeinwärtsgezogen, in die Mark Brandenburg unddie Niederlausitz, wo sie einige Zeitblieben. Ein Teil von ihnen zog dannzum Schwarzen Meer, wo er im Kampfmit den Ostgoten unterging. Dergrößere Teil aber zog um 250 n. übl. Ztr.nach Westen, kam nach Thüringen,wurde von dort durch den Wandalenzugvertrieben und gelangte um 413 n. übl.Ztr. an den Mittelrhein. Diese mächtigeVerschiebung zweier großer Völker riefeine allgemeine Unruhe hervor undbrachte auch andere Stämme in Bewe-gung, und diese Bewegung richtete sichnun auch gegen das römische Reich. 162n. übl. Ztr. erschienen die Chatten inRätien (Schweiz), vier Jahre später dieLangobarden im oberen PannonienAbb. 22: Burgunden an der Weichsel.

Abb. 23: Bei den Markomannen.

Abb. 24: Sturm auf den Limes.

(Ungarn); doch beide wurden abgewie-sen. Erfolgreicher waren die Marko-mannen und Quaden, die im selben Jahrangriffen und die bis in die Gegendvon Aquileia in der Nähe des heutigenTriest vordrangen. Unser Bild (Abb.23) zeigt Markomannen mit gefangenenrömischen Soldaten. Ihnen trat der Kai-ser Marc Aurel entgegen. Aber erstnach fünf Jahren gelang es ihm, wiederüber die Donau vorzurücken und die rö-mische Herrschaft nochmals zu befesti-gen. Dazu mußte er sich freilich derHilfe germanischer Stämme bedienenund außerdem den Eindringlingen zumTeil Land im Grenzgebiet anweisen.Bereits sein Sohn und Nachfolger Com-modus mußte den Germanen weitereLandstrecken bewilligen; daüber hinausgab er die römischen Befestigungen indiesen Gebieten auf und gestattete denGermanen, die römischen Märkte zubesuchen.Der Vorstoß der Markomannen, auf diewahrscheinlich der Stamm der Bayernzurückgeht (= Bohovari, Bewohner vonBojoheim, Böhmen), hatte zum ersten

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Male gezeigt, daß das römische Reichdem Ansturm der germanischen Völkernicht mehr unter allen Umständen ge-wachsen war, und daß es bereits erheb-licher Anstrengungen bedurfte, umauch nur die Grenze zu bewahren. An-dererseits darf man sich natürlich denZusammenbruch des römischen Rei-ches nicht als das Werk eines Augen-blicks vorstellen. Fast zwei Jahrhun-derte, wie angedeutet, dauerte es, bisdie Römer die Rhein- und Donau-grenze endgültig räumen mußten.

Der nächste entscheidende Einbruchnach den Markomannenkriegen ge-schah dann im Jahre 259 n. übl. Ztr. Dadurchbrachen die Alemannen den süd-lichen Teil des Limes, wodurch der

Zwickel zwischen Rhein und Donau,der bisher vom Limes abgeschlossenwar, das sogenannte Dekumatenland,den Römern verlorenging. Aber auchjetzt noch konnten die Römer Rheinund Donau halten. Der Limes ist nundie Grenze zwischen den Alemannen,die südlich und westlich, und den Bur-gunden, die östlich von ihm siedeln.Eine Einzelheit aus dieser Zeit derKämpfe, den Angriff auf ein römischesGrenzkastell am Limes, zeigt unserBild 24.Das alles sind die ersten Vorboten desZeitabschnittes, der nun anhebt undden man üblicherweise die Völkerwan-derung nennt. Sie bringt das Ende desRömerreiches, sie führt germanischeStämme in die Länder des Mittelmee-res, ohne daß sie freilich dort Reichevon dauerndem Bestand gründen kön-nen. Wohl aber wurde damals derGrund gelegt zu dem, was wir seitdemunter dem Namen Europa und derabendländischen Kultur begreifen(siehe Karte Abb. 25).

(Fortsetzung im nächsten Heft)

In welchem Märchen rief der Wolf:„Was rumpelt und pumpeltin meinem Bauch herum? Ich meinte, es wären sechs Geißlein,doch sind’s lauter Wackerstein.“

In welchem Märchen sagen dieTauben:„Ruckediku, ruckediku, Blut ist imSchuh. Der Schuh ist viel zu klein, die rechte Braut ist noch daheim.“

In welchem Märchen sagte der Mann:„Manntje, Manntje, timpete, Fischlein, Fischlein in der See, meine Frau, die llsebill, will nicht so, wie ich gern will.“

Abb. 25: Die Völkerwanderung.

Abb. 26: Gotisches Diadem von Kertsch.

Unseren jüngyen Gefährten

In welchem Märchen fragte einSchneiderssohn seine Ziege:„Ziege, bist du satt?“ „Ich bin so satt, ich mag kein Blatt, meck, meh!“

In welchem Märchen sagte die Königin:„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?“

In welchem Märchen rief ein kleines Tier:

„Königstochter, jüngste, mach’ mir auf! Weißt du nicht, was gestern du zu mir gesagt bei dem kühlen Brunnenwasser? Königstochter, jüngste, mach mir auf!“

Welche Märchengestalt ist in diesemBilde verborgen?

(Dornröschen)(Der Froschkönig)

(Aschenbrödel)

(Der Fischer und seine Frau)

(Die sieben Geißlein)

(Tischlein, deck dich)

(Schneewittchen)

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Rot, Blau und Grün sitzen beim Skat.

Blau: „Willst du endlich ehrlich spielen,Grün, du Wechselfälscher, du Betrü-ger!“

Grün: „Du wagst es, mich zu beleidigen,du Lump. Wer hat im Vorjahr gesessen,weil er hat zu hoch versichert sein Hausund hat es in Brand gesteckt?“

Rot, begütigend: „Meine Herren, sindwir hergekommen, um zu spielen oderum alte Erinnerungen auszutauschen?“

*

Ein in die Jahre gekommener Ge-schäftsmann, von seinem Arzt schonaufgegeben, will in den Himmel. SeinProblem ist nun aber, daß er durch Lugund Trug so leider keinerlei Vorausset-zung mitbringt, in selbigen zu kommen.Also denkt er nach. Und da er schlau ist,kommt ihm die rettende Idee! SeineTage auf Erden sind gezählt, also be-trinkt er sich fortan jeden Tag maßlos.Er ist also ständig wie von Sinnen.Warum? Er hat die Bibel gelesen! Unddort steht: „Selig sind die Armen imGeiste, denn ihrer ist das Himmel-reich.“

Heidenspaß

Spielanleitung:Einige Kinder stellen das Hexenhaus dar, indem sie sich zu einem Kreise zu-sammenschließen und Tür und Fenster durch erhobene Hände andeuten. In derMitte des Kreises hält sich die Hexe versteckt.. Neben dem „Hexenhaus“ stehtder Backofen, der von 4 – 5 Kindern dargestellt wird, indem sie die Arme umden Hals des Nachbars legen. Die anderen Kinder zerstreuen sich auf demSpielplatz und stellen die Bäume des Waldes dar.Hänsel und Gretel irren im Walde umher, bleiben vor dem Hexenhaus stehenund folgen schließlich der Hexe ins Häuschen. Die Hexe humpelt dann zumOfen und löst dort die Handfassung zweier Kinder. Hänsel und Gretel schlei-chen ihr nach und schieben die alte Hexe in den Ofen. Die Kinder, die dasHexenhaus und den Wald dargestellt haben, bilden einen großen Kreis und tan-zen mit Hänsel und Gretel um den Backofen und Hexe herum.

Sciqsal zählt nict nac Jahren

Kurzfriyig denkenden Leutenmag ‘Abendland’ etwa+ bedeuten.Europäixer Völker Gexiqreict sehr viel weiter zurüq.

Der Bliq auf fünftausend Jahreerxließt sic ery weißem Haare.Kulturgexictlic durcdact:unsre Herkunft au+ Mi†ernact.

Die Heimat im hohen Nordeniy lange verge‚en worden.Gexicte in einzelnen Zügenkann leict über Wirklickeit trügen.

Ery die Summe ergibt, wa+ gilt:ein runde+, gexlo‚ene+ Bild.Du muy ery selber erfahren.Sciqsal zählt nict nac Jahren.

Dieter Vollmer

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15 Frauen wegen Hexereilebendig verbrannt

In dem kenianischen Dorf Nyakeo kames zu diesem Lynchmord. Etwa hundertMenschen gingen von Haus zu Hausund trieben 15 Frauen zusammen, diedann lebendig verbrannt wurden. Aus-löser für diese Tat wäre ein Exorzismus-Buch gewesen, in dem die Namen dieserFrauen standen, meldete die BBC. DerOrtsvorsteher der betroffenen Gegend,Mwangi Ngunyi, will die Täter ausfindigmachen. „Nur weil sie jemanden ver-dächtigen, dürfen die Menschen nochlange keine Selbstjustiz üben“, sagteNgunyi. Die Bewohner des Dorfes se-hen das etwas anders. Sie sagen, da esfür Hexerei keine gesetzlichen Strafengäbe, müsse man auf die Lynchjustizzurückgreifen. Schon in den 90er Jahrenwurden Menschen in Kenia wegen He-xerei verbrannt.

Bei Ferien im Pfarrhaussexuell mißbraucht

Sexuellen Mißbrauch in mindestens 15Fällen wirft die Essener Staatsanwalt-schaft dem 66jährigen Bottroper PastorG. vor, gegen den sie im Juni 2008 An-klage erhoben hat. Der Geistliche sollsich in den Jahren 1994 und 1995 an ei-nem zwölfjährigen Jungen vergangenhaben, der in dieser Zeit mehrfach seineSchulferien in dem Bottoper Pfarrhausverbrachte. Pastor G. soll zu der ausdem Bergischen Land stammenden Fa-milie des Opfers ab 1991 einen engerenKontakt gepflegt haben, soll mit ihr spä-ter befreundet gewesen sein. „Weil wirbei der Hausdurchsuchung Videos undDateien pornografischen Inhaltes ingroßem Umfang gefunden haben, müs-sen wir bei dem Pastor von einer Wie-derholungsgefahr, also auch von eineraktuellen Gefahr ausgehen“, erklärteOberstaatsanwalt Willi Kassenböhmer.

Pastor G., der die Vorwürfe bestreitet,war im Juni festgenommen worden undbefindet sich seitdem in Untersuchungs-haft. Angezeigt worden war der sexuelleMißbrauch im Oktober 2007 aus demKreis der Familie des Opfers.

In der St. Franziskus-Gemeinde inBottrop, die Pastor G. seit 25 Jahrenseelsorgerisch betreute, herrscht immernoch Entsetzen über die Vorwürfe ge-gen den Geistlichen. Dennoch mischensich mittlerweile darunter auch be-sorgte Stimmen von Gemeindemitglie-

dern, die Pastor G. ihre Kinder anver-traut hatten, sei es bei der Kommunionoder diversen Zeltlagern.

„Der Pastor war in seiner Gemeindesehr beliebt“, erklärt Pfarrer LudgerKleimann, zu dessen Pfarrei die Ge-meinde St. Franziskus gehört. Pastor G.war nach seiner Ausbildung im Priester-seminar in Gemeinden in Bochum undMülheim tätig, übte teilweise auch dieFunktion eines Stadtjugendseelsorgersin Gelsenkirchen aus.

Vom Bistum Essen war der Pastor be-reits eine Woche vorher beurlaubt wor-den.

Pfarrer mit Nacktfotoserpreßt

Halleluja – der Einbrecher staunte nichtschlecht, als er im Oktober in das Pfarr-haus der katholischen St.-Michaelis-Gemeinde in Hamm einstieg: Im Nacht-tisch des Herrn Pfarrer entdeckte erAktfotos von Frauen und sehr jungenMädchen. Flugs entschloß sich der Ein-brecher, mit den weltlichen Vorliebendes Geistlichen fette Beute-zu machen:Er hinterließ auf der Kellertreppe einenZettel mit dem Wortlaut: „2500 Euro,oder ich schicke die Fotos an diePresse.“

Die war dann reichlich vertreten, als dermehrfach vorbestrafte Einbrecher un-ter anderem wegen versuchter Erpres-sung auf der Anklagebank des Dort-munder Landgerichtes saß. Der Pfarrer(57) hatte sich nur zum Schein auf denkriminellen Deal eingelassen und statt-dessen die Polizei alarmiert: Am verein-barten Übergabeort, einer Bushalte-stelle, klickten dann die Handschellen.

Doch auch für Herrn Pfarrer hatte dieTat reichlich unangenehme Folgen: Erwurde nach einer Hausdurchsuchungwegen Besitzes kinderpornografischerBilder zu 3200 Euro Geldstrafe verur-teilt. Auf zwei Computern des Manneswurden mehr als 100 gelöschte, aber re-konstruierbare Bilddateien kinderpor-nografischen Inhalts gefunden, teiltedie Behörde mit. Der Priester war seit19 Jahren als Pfarrer in einer HammerGemeinde tätig. Seit dem Vorfall wirder nicht mehr als Gemeindepfarrer ein-gesetzt und soll inzwischen als Kran-kenhausseelsorger im DortmunderRaum tätig sein. Auch hat er die Ge-meinde inzwischen verlassen und lebtim Kloster.

Im Laufe des Prozesses wird dem Pfar-rer ein Auftritt als Zeuge nicht erspartbleiben: Der Angeklagte schweigt näm-lich plötzlich, nachdem er zunächst einGeständnis bei der Polizei abgelegthatte. Laut Anklage hat er sich mit Vor-liebe himmlische Orte ausgesucht, umsich zu bereichern: Gleich viermal soller in die benachbarte St. Bonifatins-Ge-meinde eingebrochen sein, machte hierauch nicht vor dem Opferstock Halt.Beute: 50 Euro. Den geklauten Flach-bildschirm aus dem Gemeindehaustransportierte er laut Staatsanwalt-schaft originellerweise im Auto desPfarrers zum Dortmunder Hauptbahn-hof, um das gute Stück dort weiterzu-verkaufen. Bei einer Verurteilung drohtdem mutmaßlichen mehrfachen Wie-derholungstäter die anschließende Si-cherungsverwahrung.

Priester zerstückelt Geliebte

In der Ostermesse predigte er vonLiebe, Tod und Auferstehung. Dannbeging er ein Verbrechen. Ein mexika-nischer Priester tötete seine schwangereGeliebte. Der Geistliche hat inzwischenein umfassendes Geständnis abgelegt.Er gab zu, seine 20 Jahre jüngere Ge-liebte erwürgt zu haben, als sie ihm vonihrer Schwangerschaft berichtet habe.Er zerstückelte die Leiche mit einemMesser und packte sie in Plastiktüten.Diese warf er später in der Nähe einesFriedhofs in Chimalhuacan weg.

Priester vergewaltigt Nonne

Die Polizei im südiatalienischen Kala-brien hat einen 69jährigen Franziska-nerpriester inhaftiert, weil er eineNonne in einem kirchlichen Heimmehrfach vergewaltigt hatte. An densexuellen Mißhandlungen in der StadtCosenza haben sich nach Angaben desOpfers teilweise auch andere Männerbeteiligt. Sie sei dabei zudem von ihrenPeinigern mit einer Videokamera ge-filmt worden. Auch drei weitere Frauenin dem Heim berichteten von sexuellenÜbergriffen oder versuchtem Miß-brauch.

Ausnüchterungs- stattKlosterzelle

Für einen 50jährigen Mönch des Pau-linerklosters im polnischen Tschensto-chau endete eine Zechtour in der Aus-nüchterungszelle der Polizei. Der Geist-liche war mit knapp zwei Promille ge-schnappt worden und zeigte keineReue: Er drohte dem Polizisten, ihn undseine Familie zu verfluchen.

Neue+ vom alten Feind

umbruch_3_08 27.08.2008 22:26 Uhr Seite 71

Page 25: Nordische Zeitung 3 08

Nordische Zeitung 3, 76. Jg. / 3808 n. St.72

Deutsche Politiker drückensich vor Schächtverbot

Dem grausamen betäubungslosenSchlachten, nach § 4a Tierschutzgesetzin Deutschland verboten, fallen imLand ca. 500.000 Schafe jährlich zumOpfer, mit steigender Tendenz.

Tierärzte fordern seit langem ein rigo-roses Verbot. Politiker aber versteckensich feige hinter der Religionsfreiheit,obwohl Muslime, wie zum Beispiel Dr.Tamer Doturka in Istanbul, bestätigen,daß Schächten im Islam nicht ausdrück-lich geboten ist. In der Schweiz, Schwe-den, Island und Liechtenstein istSchächten verboten.

Die Sendung Report berichtete am7.7.08 ausführlich über das qualvolleSterben geschächteter Tiere.

Und passend dazu nachfolgender Be-richt, der zeitgleich in den Zeitungen er-schien:

Brigitte Bardot wegenRassenhaß verurteilt

Wegen Aufrufs zum Rassenhaß mußdas frühere Sexsymbol Brigitte Bardot(73) 15 000 Euro Bußgeld zahlen. DasStrafgericht von Paris kreidete derSchauspielerin ein Schreiben von 2006an den damaligen Innenminister Nico-las Sarcozy an, in dem „BB“ sich überdas Schächten unbetäubter Schafe zumuslimischen Festtagen beschwerthatte. Zitat: „Ich bin es leid, von dieserganzen Bevölkerung an der Nase her-umgeführt zu werden, die uns zerstört,unser Land zerstört, indem sie uns ihreTaten (im Sinne von Gebräuchen) auf-zwingt.“ Bürgerrechtsgruppen hattensie angezeigt.

Anm. d. Red.: Es spricht Bände, daß sichausgerechnet der jetzige französischePräsident Sarcozy so für die Beibehal-tung des Schächtens einsetzt!

Handle so, daß Du überzeugtsein kanny, mit DeinemHandeln auc Dein Beye+und Äußerye+ dazu getan zuhaben, die Menxenart, au+der Du hervorgegangen biy,beyand+- und entwiqlung+-fähig zu halten.

Erwin Guido Kolbenhe¥er

Junger Amerikaner (Ende 20) suchtBriefpartner/in(en) in Deutschlandausschließlich in deutscher Spracheund ohne politischen Hintergrund. Erist sehr an allem Deutschen interessiertund hat sich alles im Selbststudium bei-gebracht. Adresse:Anthony Franklin#125965 BVCCPO Box 2017Buena Vista, Co. 81211USA

Anmerkung der Redaktion:Es ist den werten Lesern der Nordi-schen Zeitung sicherlich schon auf-gefallen, daß in den letzten Aus-gaben der NZ unter der Rubrik„Neues vom alten Feind“ über-durchschnittlich oft über Miß-brauchsfälle von Priestern an Ju-gendliche, Nonnen usw. berichtetwird.Dies hat es leider schon immergegeben – nur erst in jüngster Zeithaben viele Mißbrauchsopfer denMut besessen, dies zu Anzeige zubringen.Wir von der Redaktion der Nordi-schen Zeitung werden weiterhinregelmäßig über alle uns bekannt-werdenden Mißbrauchsfälle sei-tens kirchlicher „Würdenträger“berichten.

Nacricten

Rekord-EntschädigungEine Diözese in Kalifornien muß einerFrau, die vor 30 Jahren von einem Prie-ster mißbraucht worden war, 3,3 Millio-nen Dollar (2,5 Millionen Euro) Ent-schädigung zahlen. Nach Angaben der„Los Angeles Times“ einigten sich dasjetzt 44 Jahre alte Opfer und die katho-lische Diözese von Santa Rosa auf dieseSumme. Die Frau hatte in ihrer Klagegeltend gemacht, daß die Kirche sienicht vor den Machenschaften eines pä-dophilen Priesters beschützt habe.

SpezialgebeteIm afrikanischen Malawi wurde einPfarrer festgenommen, der seine Gläu-bigen nackt beten ließ. Der Priesterhatte 15 Frauen ein „Spezialgebet“ an-geboten. Das Spezielle an dem Gebetbestand vor allem darin, daß sich dieFrauen auf Geheiß des Gottesmannsausziehen mußten.

Wieder hat PriesterSchüler mißbraucht

Ein Domkapitular der Erzdiözese Bam-berg hat sich jahrelang einen Knaben ei-nes katholischen Internats sexuell ver-gangen. Der Priester trat als Leiter derHauptabteilung Pastorales Personal inder Erzdiözese zurück. Wie schwerwie-gend die Vergehen des 63jährigen ge-wesen sind, der zum engsten Führungs-stab um Erzbischof Ludwig Schickgehörte, ist derzeit noch unklar. Vize-Bistumssprecher Michael Kleiner sagtezu den Vorwürfen, es gehe von „in denArm nehmen bis hin zu körperlichemAnfassen“. „Es gibt momentan keineHinweise auf extreme Sachen wieVergewaltigung“, erläuterte Kleiner.Schick versprach rückhaltlos Aufklä-rung.

Nach Bistumsangaben haben sich bis-lang vier Mißbrauchsopfer gemeldet.Ob es weitere gibt, ist noch unklar.Nicht alle Betroffenen hätten von sexu-ellen Übergriffen berichtet, teilweise je-doch von unsittlichen Berührungen imIntimbereich, sagte BistumssprecherinElke Pilkenroth.

Die Staatsanwaltschaft Bamberg nahmErmittlungen wegen des Verdachts dessexuellen Mißbrauchs von Schutzbefoh-lenen gegen den Mann auf, wie der Lei-tende Oberstaatsanwalt Joseph Düselsagte. Es werde auch geprüft, ob diemöglichen Taten nicht bereits verjährtsind. Dies hänge unter anderem von derSchwere der Vergehen und vom Alterder Opfer zur Tatzeit ab.

Vor acht Jahren war ein Pfarrer des Erz-bistums wegen sexuellen Mißbrauchsvon Kindern zu einer Bewährungsstrafevon zwei Jahren verurteilt worden.

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umbruch_3_08 27.08.2008 22:26 Uhr Seite 72

Page 26: Nordische Zeitung 3 08

Panne bei deutscher Nationalhymne im Schweizer Fernsehen

Der Schweizer Fernsehsender SRG hatvor dem EM-Spiel zwischen Deutsch-land und Österreich die erste Strophedes Deutschlandliedes eingeblendet.Während die Nationalhymne gespieltwurde, sahen die Zuschauer die Unter-titelzeilen „Deutschland, Deutschlandüber alles …“ Für die Panne seien zweijunge Redakteurinnen verantwortlichgewesen, erklärte der für die Untertitelverantwortliche Koordinator der SRG-Tochter Swiss Text, Gion Linder, derZeitung „Blick“. „Das war ein unent-schuldbarer Fehler“, sagte Linder.Sprecher von SRG und Swiss Text woll-ten sich auf Anfrage nicht zu der Panneäußern.

Das Deutschlandlied wurde in allenStrophen 1922 zur Nationalhymne desdamaligen Deutschen Reichs bestimmt.Seit 1991 ist allein die mit dem Vers

„Einigkeit und Recht und Freiheit“ be-ginnende dritte Strophe die National-hymne von Deutschland. (Dies ist selbst-verständlich nicht die Meinung der Re-daktion der Nordischen Zeitung).

Über die Geburtunserer Tocter

Gertrud Sonnveigam 25. Oyermond 3808 n. St.

freuen sic die yolzen ElternDankwart & Bente

mit Reinhard, Frowin, Sönkeund Wilhelmine

Über da+ neueFamilienmitglied

FriΩÅ 20. Bracet 3808 n. St.

freuen sic Robert, Stephie,Erik und Ida Exenbac

Gemeingermanischer ergänzter Futhark:

Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft we-sensgemäßer Lebensgestaltung e.V. ist die größte heidnische Ge-meinschaft Deutschlands (dazu noch Mitglieder in anderen ger-manischen Völkern) mit tiefreichenden Wurzeln. Sie wurde 1951gegründet und vereinigte sich 1965 mit der Nordischen Glaubens-gemeinschaft e.V., die 1928 gegründet worden war und sich 1954in Nordisch-religiöse Gemeinschaft umbenannt hatte. Mit den be-reits 1924 gegründeten Nordungen fand 1983 die Vereinigungstatt. In der Artgemeinschaft wird ferner das Gedankengut der1913 von Ludwig Fahrenkrog gegründeten Germanischen Glau-bens-Gemeinschaft (GGG) fortgeführt und weiterentwickelt,nachdem diese 1957 ihre Tätigkeit eingestellt hatte, im Vereinsre-gister gelöscht wurde, und die Reste ihrer aktiven Mitglieder zurArtgemeinschaft bzw. Nordisch-religiösen Gemeinschaft gekom-men waren.Wir können auf eine jahrzehntelange Erfahrung bei der Neuge-staltung eines uns gemäßen Glaubens verweisen, da wir die ältestegermanisch-heidnische Glaubensgemeinschaft mit durchgängigemWirken sind. Bei uns finden Sie nicht nur ein reges Gemeinschafts-leben auf den regelmäßig wiederkehrenden Gemeinschaftstagen,sondern über die „Nordische Zeitung“, zwei Schriftenreihen, eineBuchreihe sowie Einzelschriften auch eine geistige Auseinander-setzung mit dem Christentum, Darstellung alter Bräuche und dieDurchformung eines arteigenen Glaubens. Wegen der großenNachfrage sind von zahlreichen Veröffentlichungen, die wir her-ausgebracht haben, viele bereits vergriffen. Nur wenn Sie laufendmit uns Verbindung pflegen, können Sie mithin sicher sein, auchalle neuen Veröffentlichungen von uns zu bekommen.Sie haben neben Abrufen unserer Darstellung aus dem Internet(www.asatru.de) drei Möglichkeiten, mit uns in Verbindung zubleiben, wozu Sie bitte einen Vordruck von unserer Heimatseiteabrufen oder bei unserer Postfachanschrift anfordern. Die am wenigsten verpflichtende ist, daß Sie die NORDISCHE

ZEITUNG für 18,– € einschließlich Versand jährlich bestellen. Wenn Sie auch zu Tagungen eingeladen und über die gemein-

schaftsinneren Angelegenheiten im Bild sein wollen, aber nichtaus einer Bekenntnis- oder anderen Religionsgemeinschaftaustreten oder sich noch nicht neu binden möchten, können Sie

FÖRDERER werden. Als Förderer bezahlen Sie einen Bei-trag nach Selbsteinschätzung, mindestens aber 55,– € im Jahr,worin der kostenlose Bezug der Nordischen Zeitung, unseresGefährtschaftsbriefes und unserer Flugblätter, ferner der Neu-erscheinungen der „Schriftenreihe der Artgemeinschaft“ ent-halten ist.

Wenn Sie keiner Bekenntnis- oder Religionsgemeinschaft an-gehören und sich neu binden wollen, das „Artbekenntnis“ unddas „Sittengesetz unserer Art“ voll bejahen sowie überwiegendnordisch-fälische Menschenart verkörpern, können Sie Antragauf Aufnahme als MITGLIED in die Artgemeinschaft stellen.Sie zahlen einen Monatsbeitrag (nach Selbsteinschätzung) inHöhe von mindestens 1 % des Nettoeinkommens. Mindestbei-trag ist ein Betrag von 5,– € je Monat. Im Mitgliedsbeitrag ein-geschlossen ist die kostenlose Lieferung der Nordischen Zei-tung und des Gefährtschaftsbriefes, unserer Mitteilungen undFlugblätter, von Neuerscheinungen der „Schriftenreihe derArtgemeinschaft“ und der Reihe „Werden und Wesen der Art-religion“. Die Mitglieder der Artgemeinschaft sind gleichzeitigMitglied im Familienwerk, das einen Familienlastenausgleicherstrebt, Beitrag: gestaffelt (von € 0,– bei drei Kindern bis€ 95,– bei kinderlos jährlich, Ermäßigung möglich). Ferner ha-ben Mitglieder einen Arbeitsdienst von 31/2 Tagen im Jahr in ei-nem unserer Gemeinschaftsheime zu leisten, bei Nichterfül-lung für jeden nicht geleisteten Tag 50 € zu zahlen. Mit EingangIhres Antrages auf Aufnahme werden Sie zunächst im Regel-fall ein Jahr als Anwärter bis zur endgültigen Entscheidungüber Ihre Mitgliedschaft geführt und haben in dieser Zeit be-reits die Beiträge zu zahlen, erhalten andererseits die für Mit-glieder bestimmten Leistungen mit Ausnahme der Mitteilun-gen. Die Entscheidung über Ihre Aufnahme fällt im Regelfallerst, nachdem Sie einen unserer Gemeinschaftstage besuchthaben, und sowohl Sie als auch wir feststellen konnten, ob wirzueinander gehören. Wenn Sie aufgenommen wurden, habenSie eine einmalige Aufnahmegebühr in Höhe von 30,– € zuzahlen, wofür Sie die Mitgliedsnadel, nach unserer Wahl einigenoch lieferbare Schriften aus unseren Schriftenreihen und ei-nen früheren Jahrgang der Nordischen Zeitung erhalten.

Nordische Zeitung im Internet: www.nordzeit.de · www.asatru.de · www.artgemeinschaft.org · E-Post: [email protected]

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