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Abschlussbericht der Kinderleicht-Region Nordrhein-Westfalen Paderborn Paderborner Adipositasprävention und Intervention (PAPI) Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

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Abschlussbericht der Kinderleicht-Region

Nordrhein-Westfalen

Paderborn

Paderborner Adipositasprävention und Intervention

(PAPI)

Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

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Abschlussbericht

Projektnummer: 05KL037

Projektname: Paderborner Adipositas

Prävention und Intervention

Projektleiter: Prof. Dr. Brettschneider

Prof. Dr. Heseker

Projektzeitraum: 01.11.2006 – 31.10.2009

Datum: 31.10.2009

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Die Ausgangssituation – Übergewicht und Adipositas

im Kindes- und Jugendalter 1

1.1 Prävalenzraten 2

1.2 Ursachen 3

1.3 Folgen 5

1.4 Zwischenfazit 5

2 Aufgabenstellung und Ziel des Projekts 7

3 Maßnahmen und Ergebnisse des Projekts 10

3.1 Modul Schwangerschaft 10

3.1.1 Voraussetzungen 10

3.1.2 Beschreibung der Maßnahmen 11

3.1.3 Fazit 17

3.2 Modul Kleinkindalter 18

3.2.1 Voraussetzungen 18

3.2.2 Beschreibung der Maßnahmen 19

3.2.3 Fazit 25

3.3 Modul Kindergartenalter 26

3.3.1 Voraussetzungen 26

3.3.2 Beschreibung der Maßnahmen 26

3.3.3 Fazit 40

3.4 Modul Schuleingangsuntersuchung 42

3.4.1 Voraussetzungen 42

3.4.2 Beschreibung der Maßnahmen 42

3.4.3 Fazit 44

3.5 Modul Grundschule 45

3.5.1 Voraussetzungen 45

3.5.2 Beschreibung der Maßnahmen 46

3.5.3 Fazit 52

3.6 Modul Elternarbeit 55

3.6.1 Voraussetzungen 55

3.6.2 Beschreibung der Maßnahmen 56

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3.6.3 Fazit 66

3.7 Modulübergreifende Maßnahmen 68

3.7.1 Leitfaden „…unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn!“ 68

3.7.2 Paderborner Erklärung 69

3.7.3 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 70

4 Tabellarische Zusammenfassung des Zeit- und Arbeitsplans 73

5 Zusammenfassung der Projektergebnisse 74

6 Fazit und Ausblick 77

Literaturverzeichnis 83

Anhang 84

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 1

1 Die Ausgangssituation – Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter

Bereits seit einigen Jahren findet die Problematik steigender Übergewichts- und

Adipositasprävalenzen im Kindes- und Jugendalter eine große Beachtung in der wis-

senschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Diskussion. Stellenweise wird ihr

sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene bereits ein epidemischer

Charakter zugeschrieben (Brettschneider & Naul, 2007). Vier Aspekte sind hierbei

beachtenswert:

1. Die vielfältigen Belastungen durch Übergewicht und Adipositas sind enorm

und haben schwerwiegende Auswirkungen auf die individuelle psychosoziale

und körperliche Entwicklung der Betroffenen.

2. In zunehmendem Maße kommt es zu einer Polarisierung innerhalb der nach-

wachsenden Generation. Die Kluft zwischen den Gruppen der aktiven und in-

aktiven, leistungsstarken und leistungsschwachen, sich gesund und sich un-

gesund ernährenden Heranwachsenden wird immer größer.

3. Bestimmte Personengruppen haben ein erhöhtes Adipositasrisiko. Dazu gehö-

ren insbesondere Kinder aus sozial schwächeren, bildungsfernen Schichten,

Kinder von Alleinerziehenden, behinderte Kinder und auch immer stärker Kin-

der mit Migrationshintergrund.

4. Prospektive Längsschnittstudien belegen eindeutig, dass aus übergewichtigen

Kindern mit hoher Wahrscheinlichkeit übergewichtige Erwachsene mit dem

entsprechenden Bündel an Risikofaktoren und Folgeerkrankungen werden.

Im Folgenden werden überblicksartig aktuelle Forschungsergebnisse zu den

Prävalenzraten von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter darge-

stellt, bevor kurz auf Ursachen und Folgen eingegangen wird.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 2

1.1 Prävalenzraten

Brettschneider und Naul (2007) konnten ausgehend von Datenmaterial der Welt-

gesundheitsorganisation WHO für die europaweite Verbreitung von Übergewicht und

Adipositas zeigen, dass 2004 die Prävalenzraten in den südeuropäischen Ländern

und Großbritannien am höchsten (mehr als 20%) und in Osteuropa am niedrigsten

waren (weniger als 10%). Skandinavien und die westeuropäischen Länder befinden

sich in der Mitte der Verteilung (zwischen 10 und 20%).

Repräsentative Querschnittstudien belegen weiterhin eindeutig, dass die Prävalenz

von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter in Deutschland zuneh-

men (Wabitsch et al., 2002). Je nach untersuchter Altersgruppe sind 10-20% aller

Schulkinder und Jugendlichen übergewichtig und 4-8% als adipös zu bezeichnen.

Die kontinuierliche Zunahme ist auch bei den Schuleingangsuntersuchungen festzu-

stellen (vgl. Kromeyer-Hauschild, 2005). Die Ergebnisse der von 2003 bis 2006

durchgeführten repräsentativen KiGGS-Studie (Kinder- und Jugendgesundheitssur-

vey) bestätigen den vermuteten Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder in ganz

Deutschland und in allen Altersgruppen (vgl. Kurth & Schaffrath Rosario, 2007). 15%

der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3-17 Jahren sind als übergewichtig einzu-

ordnen, davon leiden 6,3% nach den derzeit gültigen Referenzwert (Kromeyer-

Hauschild et al., 2001) unter Adipositas. Der Anteil der Übergewichtigen steigt von

9% bei den 3- bis 6-jährigen über 15% bei den 7- bis 10jährigen bis hin zu 17% bei

den 14- bis 17-jährigen. Auch für die Adipositas sind zunehmende Prävalenzraten

mit steigendem Alter zu beobachten. Herausgestellt wird das besondere Risiko für

Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und Migrationshin-

tergrund sowie für Kinder, deren Mütter ebenfalls übergewichtig sind.

Für den Kreis Paderborn konnte Bünemann (2008a, 2008b) in ihrer Studie nachwei-

sen, dass insgesamt 17,5% der 9- bis 16-jährigen Paderborner Heranwachsenden

übergewichtig sind. 7,0% der Kinder und Jugendlichen leiden unter Adipositas. Diese

Zahlen stimmen somit mit den Prävalenzraten überein, die auch im Rahmen der

bundesweiten KiGGS-Studie berichtet werden.

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1.2 Ursachen

Hinsichtlich der Ursachen von Übergewicht und Adipositas und des Anstiegs der

Prävalenzraten im Kindes- und Jugendalter herrscht große Übereinstimmung in der

aktuellen wissenschaftlichen Literatur (vgl. Koplan et al., 2005; British Medical

Association, 2005). Diskutiert wird neben der genetischen Veranlagung und einer

metabolischen Prägung vor allem ein ungünstiges Verhältnis zwischen einer hohen

Aufnahme energiedichter Lebensmittel einerseits und einer Abnahme der körperli-

chen Aktivität andererseits. Adipositas wird in diesem Zusammenhang weniger als

eine (stigmatisierende) Krankheit, sondern als eine natürliche, physiologische Reak-

tion auf eine chronisch positive Energiebilanz angesehen. Die WHO schätzt die dras-

tisch veränderten Lebens- und Umweltbedingungen der Industriegesellschaft als eine

Hauptursache für die weltweit zu beobachtende epidemische Zunahme von Überge-

wicht und Adipositas ein und spricht daher von einer adipogenen Umwelt („obsogenic

environment“).

Der Energiebedarf hat sich durch die Abnahme der körperlichen Aktivität (infolge ei-

ner überwiegend sitzenden Lebensweise, eines zunehmenden Medienkonsums und

wenig bewegungsfreundlich gestalteter Städte) erheblich reduziert (vgl. Robinson et

al., 2004; Gortmaker et al., 1999; Ebbeling et al., 2002). So konnte beispielsweise

nachgewiesen werden, dass Vorschulkinder, die über einen eigenen Fernseher im

Kinderzimmer verfügen, bei Einschulungsuntersuchungen ein signifikant höheres

mittleres Körpergewicht aufweisen.

Außerdem sind grundlegende Veränderungen im Essverhalten und der Esskultur zu

beobachten (Methfessel, 1999; Wabitsch, 2004). Hierzu zählen der vermehrte Ver-

zehr von Lebensmitteln mit hoher Energiedichte, steigender Fast-Food-Konsum und

zunehmende Portionsgrößen von Lebensmitteln und Mahlzeiten. Die Ernährung von

Kindern wird hierbei in erheblichem Umfang durch Werbung beeinflusst.

Nicht außer Acht gelassen werden dürfen sozio-ökonomische Faktoren für die Ent-

stehung von Übergewicht und Adipositas. In einer Studie des Robert-Koch-Institutes

konnte ein signifikanter Einfluss der sozialen Lage der Familien auf das Ernährungs-

verhalten der Kinder festgestellt werden (Kolip, 2004). Demnach sind 11- bis 15-

jährige Schülerinnen und Schüler aus Familien unterer sozialer Schichten zwei- bis

dreimal häufiger von Übergewicht betroffen als Kinder aus Familien mit hohem Sozi-

alstatus. Robinson et al. (2004) gehen davon aus, dass Hemmnisse bzw. Barrieren

bestehen, die Personen mit niedrigem Bildungsniveau davon abhalten, wichtige

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Gesundheitsempfehlungen anzunehmen und umzusetzen. Die in schriftlichter Form

und in meist „bürokratischer“ Sprache vorliegenden Gesundheitsinformationen sind

typischerweise mittelschichtorientiert und setzen ein gutes Lese- und Textverständ-

nis voraus. Für eine erfolgreiche Vermittlung von Ernährungs- und Gesundheitsin-

formationen wird hingegen eine einfache, leicht verständliche Sprache, welche die

Lesefähigkeiten und kulturellen Gewohnheiten und Vorstellungen berücksichtigt und

durch visuelle Darstellungen unterstützt wird, als Grundbedingung angesehen (Rudd

et al., 2004).

Einen nicht unerheblichen Einfluss spielt auch die vorgeburtliche Prägung des kindli-

chen Stoffwechsels. Der starke Anstieg von Übergewicht und daraus resultierenden

Folgeerkrankungen in den Industrieländern in einem relativ kurzen Zeitraum von 20

bis 30 Jahren ist genetisch nicht erklärbar. Stattdessen legen epidemiologische, kli-

nische und tierexperimentelle Studien die Vermutung nahe, dass insbesondere die

Ernährung während der vorgeburtlichen und frühkindlichen Entwicklung einen prä-

genden Einfluss auf die Entstehung von Übergewicht und Diabetes mellitus Typ 2

haben kann.

Vorbestehendes Übergewicht und Überernährung der Schwangeren und damit des

ungeborenen Kindes im Mutterleib erhöhen nicht nur das Geburtsrisiko für Mutter

und Kind sondern lassen sogar das spätere Erkrankungsrisiko für Übergewicht, Dia-

betes mellitus Typ 2 und die kardiovaskulären Folgeerkrankungen für Mutter und

Kind bis zum dreifachen ansteigen. Die Ursache hierfür ist eine Fehlprogrammierung

der Körpergewichts- und Stoffwechselregulation während kritischer Entwicklungs-

phasen des Ungeborenen in der Schwangerschaft und den ersten Lebensjahren (vgl.

Plagemann & Dudenhausen, 2008).

In chronologischer Folge in Anschluss zur perinatalen Prägung spielt das Kindesalter

eine entscheidende Rolle. Da sich das Ernährungs- und Bewegungsverhalten in der

Regel bereits im Kindesalter manifestiert und einmal erworbene Muster und Ge-

wohnheiten häufig ein Leben lang beibehalten werden, kommt einer frühzeitigen

Vermittlung eines gesundheitsförderlichen Lebensstils eine besondere Bedeutung

zu. Bünemann (2008a) hat hierfür eine sequentielle Entwicklung des Lebensstils

(prototypisch, transitorisch, manifest) theoretisch formuliert.

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1.3 Folgen

Besorgniserregend ist, dass bei adipösen Kindern und Jugendlichen inzwischen

auch die bislang nur im Erwachsenenalter diagnostizierten Folgeerkrankungen auf-

treten. So wurden in der Murnauer Komorbiditätsstudie bei 6% der adipösen Kinder

und Jugendlichen bereits eine Störung im Glukosestoffwechsel, bei 1% ein Typ 2-

Diabetes, bei über 30% ein metabolisches Syndrom (Hypertonie, Hyperlipidämien,

Hyperurikämie) und bei 35% orthopädische Problematiken festgestellt. Außerdem

wurden erhebliche Störungen der psychosozialen Entwicklung und der Lebensquali-

tät beobachtet (Gortmaker et al., 1993; Wabitsch, 2004). Demnach verlassen bei-

spielsweise übergewichtige Mädchen die Schule früher, sind seltener verheiratet und

haben ein um 40% niedrigeres Einkommen als normalgewichtige Frauen. Adipositas

im Kindes- und Jugendalter kann somit nicht nur zu einem negativen Selbstbild füh-

ren, sie kann auch ungünstige soziale Effekte in der Schule, während der Ausbil-

dung, im Beruf und bei der Partnersuche haben (Must & Strauss, 1999).

Neben diesen Einschränkungen der Lebensqualität und erheblich reduzierten Be-

rufschancen ergeben sich für die Gesellschaft aus den beschriebenen Entwicklungen

hohe Folgekosten für das Gesundheitswesen und die Sozialversicherungen.

1.4 Zwischenfazit

Da sich die genetische Veranlagung zur Speicherung von Energiereserven nicht

kurzfristig ändert lässt, ist es besonders wichtig, so früh wie möglich mit der Ernäh-

rungsbildung anzusetzen und zu körperlicher Aktivität und Sport zu motivieren. Es

besteht weitgehende Übereinstimmung, dass es hierzu umfassender, nachhaltiger

und evidenzbasierter Maßnahmen bedarf, damit sowohl Kinder, vor allem aber auch

alle Menschen, die auf die Entwicklung der Kinder Einfluss nehmen (z.B. Eltern, Leh-

rerInnen, ErzieherInnen) in der Lage sind, gesundheitsförderliche Entscheidungen zu

treffen (Swinburn, Gill & Kumanyika, 2005).

Die Herausbildung gesundheitsfördernder bzw. –riskanter Verhaltensweisen beginnt

sehr frühzeitig. Kinder stellen daher die Bevölkerungsgruppe dar, bei der ein Aufbau

von Gesundheitsressourcen für einen gesunden Lebensstil und das spätere

Gesundheits- und Krankheitsverhalten eine wichtige Rolle spielt. Neben der Verhal-

tensebene ist auch die Verhältnisebene von entscheidender Bedeutung: Die Ent-

scheidung, wie die Freizeit organisiert und was und wie gegessen wird, hängt davon

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ab, welches Angebot an Sport- und Bewegungsmöglichkeiten und Nahrungsmitteln

vorhanden ist. Kulturelle Bedingungen und familiäre Gewohnheiten dürfen bei Inter-

ventionsmaßnahmen nicht außer Acht gelassen werden.

Mehr denn je sind kontinuierliche Maßnahmen notwendig, die bereits bei werdenden

Eltern ansetzen und in der vorschulischen und schulischen Erziehung fortgesetzt

werden. Gefordert ist daher ein handlungsorientiertes Präventionskonzept, das

1. die Themenfelder Gesundheit, Ernährung und Bewegung gleichermaßen be-

rücksichtigt, kognitive Lernerfahrungen mit emotionalem und sozialem Lernen

verbindet, aktions- und erfahrungsbezogen verfährt und Spaß an einem ge-

sunden Lebensstil weckt und

2. neben dieser inneren Verzahnung dem Prinzip der äußeren Vernetzung folgt,

nach dem alle Institutionen und Akteure integriert werden, die Verantwortung

für eine gesunde Entwicklung der nachwachsenden Generation tragen (El-

ternhaus, Kindergarten, Schule, Sportvereine, Ärzte, Medien, Verwaltung und

Politik).

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2 Aufgabenstellung und Ziel des Projekts

Die steigende Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Heranwachsenden mit

erheblichen Folgen für die individuelle Entwicklung in all ihren Dimensionen und die

Entwicklung unserer Gesellschaft einschließlich der Kosten ihrer Gesundheitssyste-

me erfordern dringend effektive und nachhaltige Gegensteuerungsmaßnahmen. Bis-

herige Präventions- und Interventionsmaßnahmen blieben jedoch häufig ohne die

gewünschte nachhaltige Wirkung, da entweder nur das Ernährungs- oder das Bewe-

gungsverhalten in den Blick genommen wurde, oder die Projekte zu kurzfristig ange-

legt waren (vgl. Summerbell, Waters, Edmunds, Kelly, Brown & Campbell, 2005).

Das Hauptziel des im Projekt PAPI („Paderborner Adipositas Prävention und Inter-

vention) entwickelten multidisziplinären Präventionskonzeptes besteht in der Be-

kämpfung des Anstiegs bzw. in einer nachhaltigen Reduktion der Prävalenzraten von

Übergewicht und Adipositas. Unter Verwendung vorliegender wissenschaftlicher und

praktischer Kenntnisse und aufbauend auf bereits bestehenden Initiativen wird eine

systematische Vernetzung von Präventions- und Interventionsmaßnahmen ange-

strebt, in die alle relevanten Akteure und Institutionen einbezogen werden, die Ver-

antwortung für die Entwicklung von Kindern tragen. Im Fokus des Projektes steht die

kindliche Entwicklung von der Schwangerschaft bis zum Ende des Grundschulalters.

Hinsichtlich der Ausbildung eines gesundheitsförderlichen Lebensstils muss diese

Lebensphase als hoch relevant bezeichnet werden, da bereits entscheidende Wei-

chen gestellt werden.

Das Entwicklungsprojekt ist an der Universität Paderborn angesiedelt und besitzt ei-

nen interdisziplinären Charakter: Wissenschaftler der Fachgruppe Ernährung und

Verbraucherbildung unter der Leitung von Prof. Dr. Heseker und des Arbeitsberei-

ches Sport und Erziehung unter der Leitung von Prof. Dr. Brettschneider (beide an-

gesiedelt im Department Sport & Gesundheit der Fakultät für Naturwissenschaften)

arbeiten in einem Team zusammen. Die Projektorganisation folgt einem modularen

Aufbau, der in Abb. 1 dargestellt ist.

Das Modul „Schwangerschaft“ beschäftigt sich mit einer intensivierten Lebensstilbe-

ratung der werdenden Eltern und mit der Entwicklung eines Bewegungsangebotes

für die Schwangeren, dass um Schulungen zur gesundheitsförderlichen Ernährung in

der Schwangerschaft und dem ersten Lebensjahr des Säuglings ergänzt wird. Das

Modul „Kleinkindalter“ ist darauf ausgerichtet, das ernährungs- und bewegungsbezo-

gene Umfeld der Kleinkinder positiv zu beeinflussen. Die Maßnahmen zielen hier

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 8

über den familiären Kontext hinaus auf Strukturen der kommunalen und verbandli-

chen Ebene. Im Modul „Kindergartenalter“ stehen vor allem die Kindertageseinrich-

tungen im Fokus, die die erste öffentliche Bildungsinstitution im Lebensverlauf der

Kinder darstellen. Gleichzeitig müssen jedoch auch die weiteren Dimensionen des

sozialen Umfeldes der Kinder (z.B. Familie, Sportverein) berücksichtigt werden. Im

Modul „Schuleingangsuntersuchung“ bietet sich die Gelegenheit, einen kompletten

Jahrgang von Einschulungskindern in Stadt und Kreis Paderborn zusammen mit ih-

ren Eltern in Kurzberatungen über die anstehenden Veränderungen durch den

Schuleintritt zu informieren. Mit Lebensstilberatungen können hier sehr viele Eltern

direkt informiert werden. Darüber hinaus können frühzeitige Diagnosen zu Überge-

wicht und Adipositas gestellt und entsprechende Gegenmaßnahmen in die Wege

geleitet werden. Im Modul „Grundschulalter“ stehen die Aspekte der Erhöhung der

körperlichen Aktivität im und außerhalb des Schulalltags, der Ernährungsbildung und

des Ernährungsangebotes im Mittelpunkt. Modulübergreifend beschäftigt sich das

Querschnittsmodul „Elternarbeit“ mit der Erarbeitung von Konzepten zur erfolgrei-

chen Ansprache von Eltern in allen relevanten Altersbereichen. Nur durch die Ein-

bindung der Eltern kann das Projekt seine volle Wirksamkeit entfalten. Da Adipositas

und damit verbundene Folgeprobleme besonders in sozial benachteiligten Familien

kumulieren und hier eine besondere Risikogruppe vorliegt, wird die Elternarbeit mit

den entsprechenden Familien ebenfalls intensiviert. Die Presse- und Öffentlichkeits-

arbeit stellt einen weiteren wesentlichen Pfeiler der Projektarbeit dar; Aufgaben sind

hier beispielsweise die Pflege der Projekthomepage (www.papi-paderborn.de) und

das Anfertigen von Pressetexten.

Als modulübergreifende Aufgabe wird zum einen eine interne Vernetzung zwischen

den einzelnen Modulen angestrebt (z.B. Verbesserung der Zusammenarbeit von

Kindergärten und Grundschulen) sowie eine externe Vernetzung z.B. durch den Ein-

bezug von Politik und Verwaltung (Gesundheitsämter, Jugendämter).

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Schul-eingangs-

unter-suchung

Kleinkindalter Kindergarten-alter

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Elternarbeit

Schwanger-schaft

Grundschule

Interne und externe Vernetzung Abb. 1. Modularer Aufbau des PAPI-Projekts

Im Folgenden werden die einzelnen Modulmaßnahmen und -ergebnisse vorgestellt.

Immer wiederkehrende Elemente sind hierbei

• die für Paderborn spezifischen Voraussetzungen, unter denen die Maßnah-

men durchgeführt wurden

• die Planung und der Ablauf der Maßnahmen

• die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Institutionen

• ein Soll-Ist-Vergleich im Hinblick auf den ursprünglichen Projektantrag

• die durch die Maßnahmen gewonnenen Erkenntnisse

• fördernde und hemmenden Faktoren bei der Maßnahmendurchführung und

• ein abschließendes Modulfazit

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 10

3 Maßnahmen und Ergebnisse des Projekts

3.1 Modul Schwangerschaft

3.1.1 Voraussetzungen

Folgende für Stadt und Kreis Paderborn spezifische Voraussetzungen sind für die

Maßnahmen des Moduls Schwangerschaft relevant:

• Im Kreis Paderborn gibt es ca. 3.500 Geburten pro Jahr.

• Die Zielgruppe der Schwangeren bzw. werdenden Eltern ist nicht organisiert.

• Eine flächendeckende Erreichbarkeit ist nur über die Ärzteschaft und die Heb-

ammen möglich.

• In Stadt und Kreis Paderborn sind derzeit mindestens 54 Hebammen freibe-

ruflich und/ oder als Angestellte tätig.

• Die Ausbildung der Hebammen in Nordrhein-Westfalen findet an insgesamt 10

Hebammenschulen statt, darunter im Paderborner St. Vincenz-Krankenhaus

mit 74 Hebammenschülerinnen.

• In der Ausbildung wird das Thema „Sport in der Schwangerschaft“ nicht be-

rücksichtigt.

• In der Stadt Paderborn praktizieren 18, im Kreis Paderborn 8 Gynäkologen

und Gynäkologinnen.

• Das Thema „Adipositasprävention“ wird in den Mutterschaftsrichtlinien nur un-

befriedigend berücksichtigt.

• In dem Vorsorgeangebot für Schwangere wird in Stadt und Kreis Paderborn

nur die Geburtsvorbereitung angeboten; dieses Angebot erreicht die Schwan-

geren erst im letzten Trimenon der Schwangerschaft. Weitere flächendecken-

de präventive Angebote existieren nicht.

• Für die Beratung von werdenden Eltern gibt es im Bereich der auf Gesundheit

bezogenen Themen entweder Fachliteratur oder (oftmals) interessengeleitete

Werbebroschüren. Eltern mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen

Schichten werden auf diese Weise nicht erreicht.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 11

3.1.2 Beschreibung der Maßnahmen

Beratungsleitfaden „Unbeschwert Aufwachsen in Paderborn“

Mit der Zielsetzung der Primärprävention wurden zur allgemeinen Ansprache aller

Schwangeren bzw. werdenden Eltern Informationsmaterialien entwickelt, die auf die

Rückseite des Mutterpasses aufgeklebt werden können. Diese Aufkleber (vgl. Abb.

2) werden von den Fachkräften aus Medizin und Geburtshilfe ausgegeben und die-

nen als niedrigschwellige Beratungsleitfäden. Auf diese Weise können fast alle wer-

denden Mütter erreicht werden, da jede Schwangere im Rahmen der Vorsorgeunter-

suchungen ein solches Dokument erhält. Die Beratungsleitfäden bestehen aus kur-

zen und einfachen Botschaften zum gesunden Lebensstil. Diese Botschaften werden

zusätzlich durch Piktogramme visualisiert. Das Ziel ist es, die werdenden Eltern für

die Relevanz ihres Lebensstils für das gesunde und unbeschwerte Aufwachsen ihres

Kindes zu sensibilisieren und zu informieren. Die Leitfäden konnten in der Projekt-

laufzeit im Kreis Paderborn fest etabliert werden. Während der Projektlaufzeit wurden

mehrere Veranstaltungen durchgeführt, bei denen Multiplikatoren (Hebammen, Gy-

näkologen) für die Thematik sensibilisiert wurden und der Beratungsleitfaden erläu-

tert wurde.

Das Ziel, ein leicht verständliches Informationsmaterial für die Beratung von werden-

den Eltern zu entwickeln konnte durch den Beratungsleitfaden erfüllt werden. Der

Leitfaden wurde aufgrund der einfachen Aussagen und der bildlichen Darstellung

nicht in unterschiedliche Sprachen für Eltern mit Migrationshintergrund übersetzt.

Eine Befragung von Gynäkologen, Hebammen und Arzthelferinnen und Schwange-

renberaterinnen ergab eine durchweg positive Beurteilung des Leitfadens. Bei einem

Rücklauf von über 40% der insgesamt 124 ausgegebenen Fragebögen gaben 69%

der Befragten an, den Beratungsleitfaden in Elterngesprächen zu nutzen; ein deutli-

cher Unterschied besteht zwischen Hebammen (Nutzung zu 80%) und Gynäkologen

(36%). Letztere geben als Grund für die geringe Nutzung an, dass die Inhalte des

Beratungsleitfadens ohnehin den üblichen Beratungsinhalten entsprechen. Dennoch

sprechen sich auch die Gynäkologen zu 86% für eine Weiterführung der Maßnahme

aus. Die Befragung von 253 Eltern zur Wahrnehmung des Aufklebers auf der Rück-

seite des Mutterpasses ergab, dass 26% explizit mit dessen Hilfe beraten worden

sind. Diese Personen empfanden die Kombination aus Beratung und dem anschauli-

chen Material als sehr hilfreich. Weitere 40% der Befragten haben die Aussagen zu-

mindest zur Kenntnis genommen.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 12

Abb. 2. Beratungsleitfaden für die Rückseite des Mutterpasses

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 13

Der Transfer der Inhalte dieses Moduls über die Grenzen des Kreises Paderborn

hinaus gelang in Kooperation mit der Akademie für ärztliche Fortbildung in Form ei-

ner in ganz Westfalen-Lippe ausgeschriebenen interdisziplinären Fortbildungsveran-

staltung für Ärzte und Hebammen. Schwerpunkt war hier die Darstellung des wis-

senschaftlichen Hintergrundes der perinatalen Programmierung sowie der in PAPI

entwickelten und evaluierten Lösungswege.

Nicht selten wurde von der Ärzteschaft zunächst eine eher skeptische Haltung ge-

genüber zusätzlichen primärpräventiven Beratungsleistungen eingenommen, da die-

se zusätzlichen Leistungen derzeit nicht von den Krankenkassen finanziert werden.

Die hier zu leistende Überzeugungsarbeit erfordert einen enormen persönlichen Ein-

satz. Fortbildungsveranstaltungen werden zudem von Ärzten nicht so häufig wahrge-

nommen wie z.B. von Hebammen. Die Ärzteschaft hat zum Teil große Probleme da-

mit, präventive Beratungsinhalte „übergestülpt“ zu bekommen. Hier trägt die Einstel-

lung des Einzelnen zur Adipositasprävention entscheidend zur Verbreitung der Bot-

schaften von PAPI bei. Darüber hinaus bedeutet es einen – wenn auch geringen –

zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Angestellten in den Praxen, die Aufkleber auf die

Mutterpässe aufzubringen. In diesem Zusammenhang sei auch auf den modulüber-

greifend entwickelten Leitfaden „…unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn“

verwiesen (vgl. Kap. 3.7).

Die manchmal geringe Wahrnehmung des Beratungsleitfadens durch die werdenden

Eltern könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass Hersteller von Säuglingsnah-

rung oder die Pharmaindustrie Schutzumschläge für die Mutterpässe zu eigenen

Werbezwecken nutzt. Dadurch geht die gewünschte Wirkung der Aufkleber in star-

kem Maße verloren. Dieses Problem könnte umgangen werden, wenn der Bera-

tungsleitfaden auf Schutzumschläge gedruckt und von den Ausgabestellen der Mut-

terpässe direkt an die Gynäkologen geliefert werden könnte.

Die Piktogramme haben sich als erklärende Hilfsmittel bewährt, dennoch wird von

Seiten der Multiplikatoren eine Übersetzung in weitere Sprachen (türkisch, russisch,

arabisch, englisch) gewünscht.

„Sport in der Schwangerschaft“ in der Hebammenausbildung

Im Rahmen des PAPI-Projektes konnte erstmals in NRW das Modul „Sport in der

Schwangerschaft“ in das Curriculum der Hebammenausbildung an der lokalen

Hebammenschule integriert werden. Die zukünftigen Hebammen werden nun bereits

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 14

während ihrer Ausbildung für die Bedeutsamkeit von Sport und Bewegung in der

Schwangerschaft sensibilisiert und geschult. Die Hebammenschule St. Vincenz in

Paderborn kann somit als Vorreiter für das gesamte Bundesgebiet angesehen wer-

den. Die ersten Schülerinnen zeigten bereits sehr großes Interesse an dem neuen

Themengebiet und reflektierten ihr eigenes alltägliches Bewegungs- und Sportverhal-

ten. Aufgrund der Motivation der Schülerinnen und Lehrerinnen wurden darüber hin-

aus interessenorientierte Freizeit-Sportgruppen gebildet. Inwiefern die zukünftigen

Hebammen das erworbene Wissen in ihrer täglichen Arbeit anwenden, bleibt natür-

lich abzuwarten. Eine Übertragung des neu eingeführten Ausbildungsmoduls auf an-

dere Hebammenschulen wäre denkbar. Da keine bundesweit einheitlichen Curricula

für die Ausbildung von Hebammen existieren, werden die Motivation und das Enga-

gement jeder einzelnen Schule benötigt, um das Themenfeld „Sport in der Schwan-

gerschaft“ als Ausbildungsinhalt aufzunehmen.

Eine Bedarfsanalyse durch das Lehrpersonal und die Projektmitarbeiter zeigte für die

Themengebiete Stillen, Beikosteinführung und ausgewogene Ernährung keinen zu-

sätzlichen Bedarf.

Hebammenqualifikation „Sport in der Schwangerschaft“

Um bereits ausgebildete Hebammen für die Bedeutung von Sport und Bewegung in

der Schwangerschaft zu sensibilisieren und zu schulen, wurde im Rahmen des PAPI-

Projektes in Zusammenarbeit mit der Hebammenschule St. Vincenz und dem Lan-

dessportbund Nordrhein-Westfalen ein Konzept für die Hebammenqualifikation

„Sport in der Schwangerschaft“ erarbeitet. Durch die Qualifizierung können Hebam-

men zum einen ihr praktisches Angebot um Sportkurse erweitern. Sie können zum

anderen die Inhalte der Fortbildung für ihre Beratung und Betreuung der Schwange-

ren nutzen, um die werdenden Mütter (die häufig ihre körperliche Aktivität stark redu-

zieren) zu einem bewegungsfreudigen Lebensstil zu motivieren. Die Fortbildung er-

möglicht den Hebammen einerseits im Sinne der Vernetzung eine Kooperation mit

Sportvereinen. Andererseits erhalten die Hebammen einen neuen Zugangsweg zu

Schwangeren, und dies bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Schwanger-

schaft.

Bundesweit arbeiten ca. 18.000 Hebammen und Entbindungshelfer, ca. 3.300 in

Nordrhein-Westfalen. Es ist von einer hohen Nachfrage für die zusätzliche Qualifizie-

rung auszugehen, da das Thema „Sport in der Schwangerschaft“ in bisherigen An-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 15

geboten nur ansatzweise behandelt wird. Im Rahmen eines – in der Zwischenzeit

genehmigten – Folgeantrages zum PAPI-Projekt wird eine nachhaltige Verankerung

der Qualifizierungsmaßnahme sowie eine Verbreitung und dauerhafte Verankerung

im Ausbildungsplan des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen angestrebt. Durch

tiefgreifende strukturelle Veränderungen des Landessportbundes im Jahr 2008 konn-

te dieses Vorhaben bisher nicht erreicht werden.

Präventionskurs „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“

Aus der ursprünglich geplanten Maßnahme „Fortbildungskonzept für Eltern“ entwi-

ckelte sich der Präventionskurs „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“, in

dem sowohl der Beratungsleitfaden, als auch die Hebammenqualifikation „Sport in

der Schwangerschaft“ eine wesentliche Rolle spielen. Wissenschaftliche Studien be-

legen, dass durch ein auf die Bedürfnisse der Schwangeren abgestimmtes Sport-

und Bewegungsangebot in der Schwangerschaft eine Reihe peripartaler und perina-

taler Komplikationen reduziert bzw. vermieden werden können. Der Präventionskurs

stellt eine Kombination eines gezielten Bewegungstrainings mit einer spezifischen

Ernährungsschulung dar. Der innovative Charakter liegt einerseits in der Kooperation

von Hebammen, Ernährungsfachkräften und Sportvereinen, andererseits geht der

Kurs deutlich über die gewöhnliche Geburtsvorbereitung und Schwangerschaftsgym-

nastik hinaus. Die Schwangeren werden bereits frühzeitig (ab der 12. Schwanger-

schaftswoche) für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil sensibilisiert. Weitere

Ziele des Kurses sind eine kontrollierte Gewichtszunahme und die Vermeidung einer

schleichenden Adipositas der Mutter. Weiterhin sollen die Familien die Möglichkeit zu

einem Einstieg in eine bewegtes Leben bekommen; eine dauerhafte Bindung an den

Sportverein sollte idealerweise entstehen.

Das Programm umfasst zwölf Einheiten von je 90 Minuten Dauer über einen Zeit-

raum von zwölf Wochen. Es richtet sich an Schwangere, die sich im zweiten Drittel

der Schwangerschaft befinden (ab 12. Schwangerschaftswoche) und deren Schwan-

gerschaft bisher ohne Komplikationen verlaufen ist. In zehn der zwölf Einheiten findet

ein gezieltes Bewegungsprogramm statt. Zwei Einheiten beinhalten eine gezielte

Schulung zu den Themen Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie Säug-

lingsernährung und Beikosteinführung1.

1 Eine detaillierte Beschreibung des Präventionskurses befindet sich im Anhang.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 16

Der Präventionskurs wurde von April 2008 bis März 2009 in einer ersten Pilotphase

durchgeführt und auf seine Angemessenheit und Effektivität hin überprüft. Der Kurs

wurde in Kooperation mit dem TV 1875 Paderborn angeboten und von der Barmer

Ersatzkasse unterstützt. Das Angebot wurde Gynäkologen und Qualitätszirkeln vor-

gestellt, um genügend Teilnehmerinnen rekrutieren zu können. Über 50 Schwangere

im Alter von 25 bis 40 Jahren nahmen bis zum Projektende an dem Kurs teil, 29 da-

von wurden in der Evaluation befragt.

Der Kurs erhielt eine sehr gute Gesamtbewertung durch die Teilnehmerinnen; zwei

Drittel gaben an, neue Kenntnisse zu den Themen Sport, Ernährung und Lebensstil

in der Schwangerschaft gewonnen zu haben. Keine Teilnehmerin reduzierte im wei-

teren Schwangerschaftsverlauf ihre körperliche Aktivität, einige Frauen erhöhten sie

sogar. Sie gaben darüber hinaus an, dass sie regelmäßiger, bewusster und zum Teil

emotionaler aßen und tranken als vor dem Kurs. Während der Kursteilnahme nah-

men primär übergewichtige und adipöse Frauen weniger an Gewicht zu als in den

ersten Schwangerschaftswochen. Inwiefern eine nachhaltige Veränderung des Le-

bensstils erreicht werden konnte, wird erst bei einer längerfristigen Nachbetrachtung

deutlich; dies trifft auch auf die Anbindung der Familie an einen Sportverein zu.

Abb. 3. Spinning im Rahmen des Präventionskurses

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 17

Der Kurs ist inzwischen fest in das Präventionsangebot des Sportvereins integriert,

die Teilnahme wird nach §20 SGB V von den Krankenkassen finanziert. Der Kurs

wird auch von dieser Seite als eine sinnvolle Ergänzung zum bereits etablierten Ge-

burtsvorbereitungskurs geschätzt. Die Nachfrage zur Teilnahme an dem Kursange-

bot ist recht groß; leider konnten bei dem Pilotkurs Mütter aus Familien mit sozialer

Benachteiligung und mit Migrationshintergrund nicht erreicht werden, obwohl der

Kurs in einer Sporthalle in einem sozialen Brennpunkt angeboten wird. Hier ist noch

eine intensivere Zusammenarbeit mit den Migrantenverbänden und den Sozialarbei-

tern vor Ort notwendig.

Multiplikatorenschulung

Während der Projektlaufzeit wurden zusätzlich verschiedene Fortbildungsveranstal-

tungen für die Ärzteschaft und Hebammen durchgeführt. Neben Vortragsveranstal-

tungen handelte es sich um Praxis-Workshops und Diskussionen in Qualitätszirkeln.

Durch die Einrichtung eines Expertenpools beim „Kompetenzzentrum für Sport und

gesunde Lebensführung OWL“ konnte ein nachhaltiges Angebot der Fortbildungsin-

halte gesichert werden. Auch die Kooperation mit der Akademie für ärztliche Fortbil-

dung steht für die Organisation weiterer Fortbildungsveranstaltungen, vor allem für

die Ärzteschaft bereit.

3.1.3 Fazit

Die Maßnahmen im Modul Schwangerschaft sind sehr positiv und erfolgreich verlau-

fen. Es zeigte sich im Bereich der Primärprävention eine eindeutige Notwendigkeit,

von Anfang an gesundheitsförderliche Strukturen aufzubauen. Von den Multiplikato-

ren und den Eltern müssen die entwickelten Angebote und Strukturen (Beratungsleit-

faden, Präventionskurs) genutzt werden, um den Neugeborenen ein unbeschwertes

Aufwachsen zu ermöglichen. Als grundlegend wird eine differenzierte wissenschaftli-

che Forschung im Bereich der prä- und perinatalen Prägung erachtet. Zur Verbrei-

tung von innovativen Konzepten und Strukturen ist es zudem notwendig, Settings zu

schaffen, um in der Schwangerschaft gesundheitsförderliche Maßnahmen durchfüh-

ren zu können. Dafür müssen auch die Ausbildungsinhalte der Multiplikatoren (Ärzte-

schaft, Hebammen, Schwangerenberaterinnen, etc.) angepasst und ausgeweitet

werden. Eine bundesweite Verbreitung der Maßnahmen ist sinnvoll und realisierbar.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 18

3.2 Modul Kleinkindalter

3.2.1 Voraussetzungen

• In Stadt und Kreis Paderborn leben ca. 9.500 – 10.000 Kinder im Alter von 0-3

Jahren.

• Der Anteil der Kinder anderer Nationalitäten liegt unter 10%.

• Die Zielgruppe der Familien mit Kleinkindern ist nicht organisiert.

• Flächendeckende Erreichbarkeit existiert nur über die Ärzteschaft.

• Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durch den Kinderarzt sind nicht ver-

pflichtend, werden aber im ersten Lebensjahr noch zu 95% und nach dem

zweiten Lebensjahr zu weniger als 90% wahrgenommen.

• Das Betreuungsangebot für Kinder vor dem dritten Lebensjahr wurde durch

das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) des Landes Nordrhein-Westfalen ausge-

baut. Im Jahr 2006 konnten 11% der Kinder unter drei Jahren in städtischen

Einrichtungen der Stadt Paderborn betreut werden. Im Jahr 2009 wurde die

Betreuungsmöglichkeit auf 20% erweitert.

• In der Stadt Paderborn wurden 7, im Kreis Paderborn 20 neue Familienzen-

tren eingerichtet.

• Die Multiplikatoren (z.B. Erzieherinnen) sind für Themen der Gesundheitsför-

derung in diesem Altersbereich in der Regel nur unzureichend qualifiziert.

• Für die Beratung von Eltern gibt es analog zum Schwangerschaftsbereich

oftmals nur Fachliteratur oder interessengeleitete Werbebroschüren, die an

die Mutter bzw. die neuen Eltern ausgegeben werden. Eltern mit Migrations-

hintergrund bzw. aus bildungsfernen Schichten werden auf diese Weise nicht

oder nicht auf die gewünschte Art erreicht.

• Es existieren nur strukturell ungenügende und wenig systematische Angebote

für Elternfortbildungen hinsichtlich eines gesundheitsförderlichen Lebensstils.

• Bewegungs- und Gruppenangebote wie Babymassage usw. sind recht teuer;

es findet eine starke soziale Selektion statt.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 19

3.2.2 Beschreibung der Maßnahmen

Beratungsleitfaden „Unbeschwert Aufwachsen in Paderborn“

Im Sinne der Zielsetzung der Primärprävention wurde zur allgemeinen Ansprache

aller jungen Eltern ein Beratungsleitfaden für die Rückseite des Kinderuntersu-

chungsheftes entwickelt. Der Aufbau dieses Aufklebers orientiert sich an dem Bera-

tungsleitfaden für die Schwangeren (vgl. Kap. 3.1.2) und besteht wiederum aus kur-

zen, einfachen Botschaften und Piktogrammen zur Visualisierung (vgl. Abb. 4). Auf

diese Weise werden – im Unterschied zu Fachbroschüren oder Werbeinformationen

– nahezu 100% der Kinder bzw. der Eltern erreicht. Um die Multiplikatoren (Kinder-

ärzte, Arzthelferinnen, etc.) für die Maßnahme zu sensibilisieren, wurden mehrere

Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt. Eine Befragung von 31 Multiplikatoren

ergab, dass 69% der Befragten den Aufkleber für das Untersuchungsheft zur Bera-

tung der Eltern nutzten. Es sprachen sich 97% für eine Weiterführung der Maßnah-

me aus.

Das Ziel, einen niederschwelligen, einfachen Zugangsweg für die Beratung von jun-

gen Eltern für gesundheitsbezogene Themen zu entwickeln, konnte erreicht werden.

Die flächendeckende Erreichbarkeit aller Eltern, vor allem auch denjenigen mit Mig-

rationshintergrund und aus bildungsfernen Schichten, konnte durch die Kombination

des Beratungsleitfadens mit den Kinderuntersuchungsheften gewährleistet werden.

Wie bereits bei den Beratungsleitfäden für die Schwangerschaft erläutert, werden

auch die Kinderuntersuchungshefte von den Herstellern von Säuglingsnahrung und

der Pharmaindustrie als Werbemittel genutzt: So wurden bedruckte Schutzumschlä-

ge kostenlos verteilt und verhindern so die teilweise Nutzung der Rückseite des Hef-

tes für den Beratungsleitfaden. Umgangen werden könnte dieses Problem, wenn der

Beratungsleitfaden auf einen Schutzumschlag gedruckt und von den Ausgabestellen

der Kinderuntersuchungshefte an die Geburtskliniken geschickt würde. Von Seiten

der Multiplikatoren wurde trotz der sich selbst erklärenden Piktogramme der Wunsch

geäußert, dass der Beratungsleitfaden in verschiedene Sprachen übersetzt wird (tür-

kisch, russisch, arabisch, englisch).

Bei einer Geburtsklinik entwickelte der Chefarzt leider eine eher ablehnende Haltung

gegenüber den in PAPI initiierten Maßnahmen, so dass der Beratungsleitfaden dort

nicht mehr zum Einsatz kommt. Begründet wurde dies mit dem zusätzlichen Arbeits-

aufwand für das Personal. Interdisziplinäre Fortbildungen werden von der Ärzteschaft

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 20

nur ansatzweise angenommen. Das Thema scheint zu selbstverständlich zu sein, als

dass man sich dazu fortbilden müsste.

Abb. 4. Beratungsleitfaden für die Rückseite des Kinderuntersuchungsheftes

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 21

Fortbildungsmaßnahmen für Multiplikatoren

Neben Vorträgen und Vorstellungen zu den Maßnahmen des PAPI-Projekts z.B. bei

den Qualitätszirkeln der Hebammen und Kinderärzte wurden spezielle Veranstaltun-

gen zum Thema „Besser essen. Mehr bewegen. – U3“ zu Bewegungs- und Ernäh-

rungserziehung im Säuglings- und Kleinkindalter organisiert. 98 TeilnehmerInnen

(Erzieherinnen, Hebammen, Krabbelgruppenleiterinnen, Übungsleiterinnen, Kran-

kenschwestern, Sozialpädagogen und Ärzte) gaben durchweg positive Rückmeldung

zu den Inhalten und zur Durchführung: bei 83% der TeilnehmerInnen konnten die

Erwartungen an die Veranstaltung erfüllt werden, über 90% bewerteten sie mit gut

bis sehr gut. Die Referentinnen wurden von 90% sowohl fachlich, als auch inhaltlich

als gut bis sehr gut bewertet. Knapp 80% der Anwesenden wünschten sich vertie-

fende Fortbildungen zu den Themenfelder Ernährung und Bewegung im Säuglings-

und Kleinkindalter.

Auf diesen ausdrücklichen Wunsch hin wurde in Zusammenarbeit mit dem Kompe-

tenzzentrum für Sport und gesunde Lebensführung OWL eine weitere Veranstaltung

organisiert, in der vertiefende Workshops zu den oben beschriebenen Themenfel-

dern angeboten wurden. 52 TeilnehmerInnen aus den bereits bei der ersten Veran-

staltung erreichten Berufsgruppen informierten sich über die Bedeutung und die

Möglichkeiten von körperlicher Aktivität und gesundheitsförderlicher Ernährung in

den ersten drei Lebensjahren. 94% der TeilnehmerInnen bewerteten die Veranstal-

tung mit gut bis sehr gut, die verbleibenden 6% waren zufrieden. Die Frage, ob die

Inhalte der Veranstaltung für die berufliche Tätigkeit wichtig seien, bejahten 96% der

Befragten. Bei 85% der TeilnehmerInnen entsprachen die Workshops den Erwartun-

gen.

Im Sinne der Adipositasprävention ist es notwendig, dass alle Multiplikatoren für die

Bedeutung eines gesundheitsorientierten Lebensstils in den ersten Lebensjahren

sensibilisiert und informiert werden. Eine dauerhafte Verankerung von Fortbildungs-

veranstaltungen wäre für die Zukunft dringend notwendig. Ein erster Schritt hierfür

war die Organisation und Finanzierung der zweiten beschriebenen Fortbildung durch

das Zentrum für Sport und gesunde Lebensführung OWL.

Eine Verankerung der Themen Bewegungs- und Ernährungserziehung in den ersten

Lebensjahren in die Ausbildungscurricula von ErzieherInnen ist dringend erforderlich,

da die Betreuung von Kindern im Alter von unter drei Jahren in den kommenden Jah-

ren ausgebaut werden wird und die ErzieherInnen zur Zeit darauf noch nicht vorbe-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 22

reitet sind. Einen Beitrag zur praxisnahen Umsetzung von Maßnahmen zur

Adipositasprävention im Kleinkindalter kann auch der modulübergreifend entwickelte

Leitfaden „…unbeschwert Aufwachsen in Paderborn“ (vgl. Kap. 3.7) liefern. Hier sind

für alle im Projekt angesprochenen Multiplikatoren praxisorientierte Hinweise aufge-

führt.

Beratung von Familienzentren

In den letzten Jahren wurden in Stadt und Kreis Paderborn 27 Familienzentren ge-

gründet. Sie bilden in einem neuen Netzwerk den zentralen Kern: Bildung, Erziehung

und Betreuung der Kinder werden mit speziellen Beratungs- und Hilfsangeboten für

die Familien kombiniert, um eine individuelle und umfassende Förderung zu errei-

chen.

Die Umstrukturierung einzelner Kindertageseinrichtungen zu einer dermaßen kom-

plexen Aufgabenstellung überforderte einige Einrichtung jedoch sehr deutlich. Sie

wurden weder personell noch finanziell ausreichend auf die Umstellung vorbereitet,

so dass für die Erstellung von Konzepten und bei der Suche nach Kooperationspart-

nern externe Unterstützung benötigt wurde. In einigen der Familienzentren wurde

diese externe Unterstützungsleistung durch Mitarbeiterinnen des PAPI-Projektes ge-

leistet. Zum einen wurde durch Vernetzungsarbeit der Kontakt zu lokalen Kooperati-

onspartnern und Sponsoren hergestellt. Zum anderen wurden die Familienzentren in

die Lage versetzt, Referenten zu speziellen Themen anzusprechen und für selbst

organisierte Veranstaltungen und Kurse zu gewinnen. Die im Rahmen von PAPI

entwickelten Produkte können durch die in den Familienzentren tätigen Multiplikato-

ren an die Bevölkerung in den jeweiligen Stadtteilen herangetragen werden. Hierfür

wurde ein Fortbildungskonzept entwickelt und Schulungen („Essen und Trinken für

Kleinkinder“, „Bewegungserziehung im Kleinkindalter“) durchgeführt.

Ausgehend von einem Praxisworkshop zur Gestaltung von Ernährungsangeboten für

und mit Kleinkindern wurden in verschiedenen Familienzentren Eltern-Kleinkind-

Kochkurse angeboten und z.T. fest etabliert.

Durch die Umstrukturierung zu Familienzentren und die gleichzeitige Umsetzung des

KiBiz-Gesetzes entsteht zwar eine deutliche zusätzliche Belastung der Kindertages-

einrichtungen, auf der anderen Seite muss allerdings die Chance für die Schaffung

und Etablierung von gesundheitsförderlichen Rahmenbedingungen und Netzwerken

im Bereich der frühkindlichen Förderung gesehen werden.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 23

Karteikartensystem „‘Häusliche Bewegungsräume‘ für Kinder im ersten

Lebensjahr“

Für die praktische Umsetzung der Bewegungsförderung im Säuglingsalter wurde das

Karteikartensystem „Häusliche Bewegungsräume“ entwickelt. Diese Karteikarten

werden von Multiplikatoren (Ärzte, Hebammen, Krabbelgruppenleiterinnen, Erziehe-

rinnen), die speziell dafür geschult worden sind, an die Eltern weitergegeben. Mit den

Übungen und Bewegungsspielen können Säuglinge jeden Tag zuhause bei ihrer

Entwicklung begleitet und ihre Fortschritte spielerisch gefördert werden. Die geziel-

ten, alltäglichen Handlungs- und Bewegungsabläufe ermöglichen es den Kindern,

ihre Selbstständigkeit zu erfahren und zu entwickeln (vgl. Abb. 5). Das Ziel ist eine

erfüllte Spielzeit ohne Leistungsdruck für Eltern und Kinder.

Die Druckkosten für die erste Auflage (ca. 300 Exemplare) wurden durch das Zent-

rum für Sport und gesunde Lebensführung OWL übernommen und anschließend im

Rahmen des bereits erläuterten Praxisworkshops „Besser Essen. Mehr bewegen. –

U3“ an die Multiplikatoren weitergereicht. Ein weiterer Zugang wurde über Sozialar-

beiter erreicht, die die jungen Familien kurz nach der Geburt ihres Kindes besuchen.

Die Bewegungskartei wird bei dieser Gelegenheit als Willkommensgeschenk des

Kreises Paderborn überreicht. Dieser übernimmt das Konzept und druckt aus Ei-

genmitteln jährlich voraussichtlich 1.500 Exemplare zur Verteilung. Somit ist die

nachhaltige Verankerung der Maßnahme im Kreis Paderborn gesichert.

Das zu Projektbeginn formulierte Ziel, das häusliche Umfeld und die nähere Umge-

bung bereits im Säuglingsalter als Bewegungsräume zu nutzen und den Spaß an der

Bewegung zu wecken, wurde durch das Karteikartensystem erfüllt. Auf eine Überset-

zung in verschiedene Sprachen wurde allerdings verzichtet, da die Sprache sehr ein-

fach gehalten ist und die Bilder zusätzlich die Durchführung der Übungen und Spiel-

formen gewährleisten.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Bedeutung der Bewegungsförderung in den ers-

ten Lebensjahren sind im Vergleich zu späteren Lebensabschnitten (z.B. Vorschul-

bzw. Grundschulalter) in deutlich geringerem Umfang vorhanden. Um Multiplikatoren

und Eltern nachdrücklich von der Bedeutung einer fundamentalen Bewegungsförde-

rung von Anfang an überzeugen zu können, sind genau diese Befunde von großer

Relevanz.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 24

Abb. 5. Karteikartensystem „Häusliche Bewegungsräume“ für Kinder im ersten Lebensjahr

Fortbildungskonzept für Eltern – Präventionskurs „Aktiv und gesund durch die

ersten Lebensjahre“

Da für die Eltern und Kinder in den ersten Lebensjahren kein festes Setting besteht,

in dem die Adipositasprävention ansetzten könnte, sollte dies neu geschaffen wer-

den. Ein Bewegungsangebot für Eltern und Kinder ab dem sechsten Lebensmonat

sollte einen Einstieg in ein körperlich aktives Leben gewährleisten. Darüber hinaus

sollte über die Themen Ernährungsschulung und Ernährungserziehung informiert

werden. Das übergreifende Ziel war es, Eltern und Kinder zu einem gesundheitsför-

derlichen Lebensstil zu motivieren und eine sinnvolle Ergänzung bzw. Fortsetzung

zum Kurs „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“ zu schaffen.

Leider scheiterte die Durchführung des Angebotes an der Finanzierung des Kurses.

Die Integration in das Präventionsangebot eines Sportvereins konnte noch nicht er-

reicht werden, obwohl deutlich wurde, dass keinerlei Angebote für Kinder unter drei

Jahren existieren. Dieses ist lediglich bei kommerziellen Anbietern zu finden. Ein

Umdenken der Sportvereine wäre dringend notwendig.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 25

3.2.3 Fazit

Da der Grundstein für kindliches Übergewicht bereits in der Schwangerschaft und in

den ersten Lebensmonaten bzw. –jahren gelegt wird und somit die Weichen für die

Adipositasprävention bereits sehr früh gestellt werden müssen, ist eine Sensibilisie-

rung und Aufklärung von Eltern und den beteiligten Multiplikatoren unabdingbar. In-

formationsmaterialien wie der Beratungsleitfaden für die Kinderuntersuchungshefte

oder das Karteikastensystem „Häusliche Bewegungsräume“ für Kinder im ersten Le-

bensjahr stellen eine sehr gute Möglichkeit dar, eine weit gefächerte Zielgruppe zu

erreichen. Der im PAPI-Projekt gewählte Zugangsweg zeigt, dass nicht auf Hoch-

glanzpapier gedruckte Informationsbroschüren notwendig sind, sondern dass eine

einfache Handhabung und eine starke Praxisorientierung der Materialien erfolgver-

sprechend sind.

Eine weitere wesentliche Erkenntnis der Projektarbeit ist, dass eine Qualifizierung

von Multiplikatoren aufgrund des Ausbaus der Betreuung von Kindern unter drei Jah-

ren dringend erforderlich ist. Dies betrifft sowohl die Vermittlung von inhaltlichen, als

auch von didaktischen Kenntnissen, z.B. über die Bewegungsförderung und die Er-

nährungsbildung im Kleinkindalter.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 26

3.3 Modul Kindertageseinrichtungen

3.3.1 Voraussetzungen

• In Stadt und Kreis Paderborn gibt es 165 Kindertageseinrichtungen, in denen

von ca. 1.300 Personen über 10.000 Kinder betreut werden.

• Die Kindergartenversorgungsquote lag im Kindergartenjahr 2005/2006 bei

99,5%.

• Die Einrichtungen befinden sich in unterschiedlicher Trägerschaft. Neben den

kommunalen und kirchlichen Trägern (Stadt Paderborn und Kommunen des

Kreises Paderborn, katholische und evangelische Kirche) gibt es einige Ein-

richtungen der Wohlfahrtsverbände (z.B. Arbeiterwohlfahrt) und trägerfreie El-

terninitiativen.

• Als Verbindungsglied zwischen Einrichtung und Träger fungieren die Fachbe-

raterinnen.

• In dem 2004 von der Kultusministerkonferenz erlassen „Gemeinsamen Rah-

men der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ wurden

verschiedene Bildungsbereiche formuliert. Einer dieser Bereiche steht unter

der Überschrift „Körper, Bewegung, Gesundheit“ und beinhaltet die Forde-

rung, dass ein Kind lernen soll, Verantwortung für sein körperliches Wohlbe-

finden und seine Gesundheit zu übernehmen.

• Auf Landesebene wurde 2007 das Gesetz zur frühen Bildung und Förderung

von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz) erlassen. In §10 Abs. 2 wird die

Förderung der gesundheitlichen Entwicklung der Kinder als elementare Auf-

gabe von Kindertageseinrichtungen benannt.

3.3.2 Beschreibung der Maßnahmen

Fortbildungen nach dem Konzept „Leibeslust – Lebenslust“

In der Anfangsphase des Projekts wurde in sechs Kindertageseinrichtungen, die in

sozialen Brennpunkten in der Stadt Paderborn liegen, und der Kindertageseinrich-

tung des Studentenwerkes in Kooperation mit dem Servicebüro Kindergarten der

Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e.V. in Schleswig-Holstein (www.lv-

gesundheit-sh.de) das Projekt „Leibeslust – Lebenslust“ durchgeführt. Das Pro-

gramm wird in Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein bereits erfolgreich zur

Prävention von Essstörungen eingesetzt. Ziel ist es, dass die in der Einrichtung für

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 27

das Essen und Trinken verantwortlichen Personen lernen, die Rahmenbedingungen

für Kinder so zu gestalten, dass selbstständige und sinnvolle Essentscheidungen der

Kinder möglich werden. Dieses kann in der heutigen Zeit nicht mehr als selbstver-

ständlich vorausgesetzt werden. Normen und Regeln in der pädagogischen Beglei-

tung der Nahrungszubereitung und des Essens werden von den pädagogischen Mit-

arbeitern selten eindeutig definiert bzw. reflektiert. Probleme bei Tisch treten häufig

schon in den Familien auf und erschweren die Entwicklung eines ungezwungenen

Essverhaltens der Kinder. Nicht selten erwarten Eltern von der Kindertageseinrich-

tung hier Unterstützung. Die Einrichtungen wurden ausgewählt, weil sie sich in Stadt-

teilen mit hohem Migrations- und geringem Bildungshintergrund befinden. Das ge-

sundheitliche Risikopotential dieser Kinder ist zusätzlich durch die Einkommensarmut

der Familien erhöht.

Die pädagogischen Teams der Einrichtungen wurden unter folgenden Gesichtspunk-

ten geschult:

• Sensibilisierung der Erwachsenen für das eigene Essverhalten (Vorbildfunkti-

on)

• Informationen zur bedarfsgerechten Kinderernährung

• Einflussfaktoren auf die Entwicklung eines individuellen Konzeptes für den

Kindergartenalltag bezüglich Essen, Trinken, der Gestaltung von Esssituatio-

nen und Körperwahrnehmung

Für die Kinder wurden folgende Ziele angestrebt:

• Lebensmittel kennenlernen

• Esssituationen gestalten

• Entscheidungsfähigkeit trainieren

• Sinneswahrnehmungen und Körperbewusstsein stärken

• Selbstverantwortung entwickeln

Die Umsetzung wurde individuell mit den Kindergärten abgestimmt, fachlich begleitet

und evaluiert. Die Ergebnisse der Befragung von 49 Erzieherinnen zeigten, dass sich

die Aufmerksamkeit gegenüber der Thematik deutlich gesteigert hat. Das eigene

Essverhalten konnte positiv beeinflusst werden. 94% der Betreuungspersonen sind

sich inzwischen über ihre Vorbildfunktion für das Essverhalten der Kinder bewusst.

Nach der Durchführung des Projekts konnte bei 67% der Kinder eine positive Ände-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 28

rung im Essverhalten festgestellt werden. Dies wirkte sich auch auf die Wahl des

mitgebrachten Frühstücks aus. In einigen Einrichtungen wird nun jeden Tag ein ge-

meinsames Frühstück organisiert, bei dem das Angebot aus gesunden Lebensmit-

teln zusammengestellt ist. Andere Einrichtungen können dieses Angebot zumindest

einmal in der Woche oder einmal im Monat leisten. 70% der Befragten gaben an,

dass sich die Essatmosphäre in der Einrichtung positiv verändert hat. Zum einen wird

mehr Zeit für das Essen eingeplant, zum anderen werden größere Tische und Tisch-

dekorationen verwendet. Diese Veränderungen wirken auch auf die Atmosphäre des

Mittagessens. Zusätzlich wird stärker auf die Qualität der Mahlzeiten geachtet. Salat

und Gemüse werden stärker integriert und eine ausgewogenere Zusammensetzung

der Mittagsmahlzeit angestrebt.

Die Erwartungen der befragten Personen haben sich in vollem Maße erfüllt. Sehr oft

wird ein regelmäßiger Austausch über die Fortschritte gewünscht und eine noch

stärkere Beteiligung der Eltern angestrebt.

Da sich das Projekt „Leibeslust – Lebenslust“ mit der Ernährungssituation in Kinder-

tageseinrichtungen befasst, führte eine Gruppe von Studierenden der Sportwissen-

schaft der Universität Paderborn ein Studienprojekt als Ergänzung für den Bewe-

gungsbereich durch. In Fortbildungen und praktischen Workshops wurden den päda-

gogischen Teams verschiedene Spiel- und Übungsformen zur Steigerung der körper-

lichen Aktivität und koordinativen Schulung vermittelt und ein Sportfest mit Eltern und

Kindern organisiert.

Alle sechs Einrichtungen schlossen sich dem OPUS-Netzwerk NRW an und bildeten

auf diese Weise das erste Gesundheitsnetzwerk für Kindertageseinrichtungen in Pa-

derborn. Zum 01. Juli 2009 fiel der offizielle Startschuss des unter anderem vom Mi-

nisterium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen getragenen

Landesprogramms Bildung und Gesundheit. In dieses Programm wurden bestehen-

de OPUS-Aktivitäten und Kindertageseinrichtungen integriert. Im Zuge der Umstruk-

turierung wurden diesen Einrichtungen zwar in 2007 noch Mittel zur Gesundheitsför-

derung bewilligt, allerdings ruhte die Netzwerkarbeit.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 29

Erste Modellphase

Im Wesentlichen beeinflusst von den Erfahrungen der Projekte „Leibeslust – Lebens-

lust“ und „Lott Jonn“ (www.projekt-lott-jonn.de) wurde von den ProjektmitarbeiterIn-

nen ein eigener Zugangsweg zur Adipositasprävention in Kindertageseinrichtungen

entwickelt (vgl. Abb. 6). Beteiligt waren in dieser Phase sieben Modelleinrichtungen

in Stadt und Kreis Paderborn. Die Zusammenarbeit erfolgte überwiegend als Team-

schulung über einen Zeitraum von neun Monaten.

Abb. 6. Vorgehensweise in der ersten Modellphase in Kindertageseinrichtungen

Zunächst wurden mit jedem pädagogischen Team in einem Steuerungsgespräch die

Übergewichts- und Adipositasproblematik thematisiert und die MitarbeiterInnen für

die notwendige Verhaltens- und Verhältnisprävention sensibilisiert. Desweiteren wur-

de den MitarbeiterInnen die Vorgehensweise der Zusammenarbeit erläutert. Es folgte

eine Ist-Analyse der aktuellen Bewegungs- und Ernährungssituation in der jeweiligen

Einrichtung. Berücksichtigt wurde in der Analyse auch die Qualität der Zusammenar-

beit und Kommunikation mit den Eltern. Der Formulierung gemeinsamer Ziele für die

weitere Zusammenarbeit schloss sich die Bildung von Arbeitsgruppen zu den The-

menfeldern „Bewegung“, „Ernährung“ und „Elternarbeit“ an. Diese Arbeitsgruppen

sollten in Zusammenarbeit mit den ProjektmitarbeiterInnen spezielle Maßnahmen zur

Veränderung des Status quo erarbeiten. In Indoor-Fortbildungen wurden den päda-

gogischen Teams Grundlagenkenntnisse zu den drei Themenfeldern vermittelt. Mit

•Steuerungsgespräche

• Zielvereinbarungen

• Fortbildungen

• Arbeitsgruppen

• Arbeitsmaterialien

• Infoveranstaltungen

• Infomaterialien

• Aktionstage/-veranstaltungen

• Ist-Analyse der Rahmenbedingungen

• Modifikation der Rahmenbedingungen

• Vernetzung (Sportverein)

Kinder

KiTa

RahmenbedingungenTeam Eltern

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 30

Hilfe einer durch alle Beteiligten (PAPI-MitarbeiterInnen, ErzieherInnen, Kinder) ge-

meinsam durchgeführten Raumanalyse sollten Bewegungsspielräume genutzt und

bei Bedarf die Essatmosphäre bzw. Ernährungssituation entspannt und verbessert

werden. Im Sinne der Vernetzung wurden auch Kooperationspartner (z.B. Sportver-

eine) in die Weiterentwicklung der Einrichtungen integriert. Im Rahmen von Eltern-

abenden vermittelten die ProjektmitarbeiterInnen den Eltern die Bedeutung von

gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen für die Entwicklung des Kindes sowie

praktische Hilfen für den Alltag. Zum kollegialen Austausch und zur Vernetzung

wurden Treffen in den Einrichtungen organisiert und einrichtungsübergreifende The-

men diskutiert (z.B. Möglichkeiten für Sponsoring).

Zum Thema „Gesundheit kommunizieren“ arbeiteten die pädagogische Teams mit

einer durch PAPI vermittelten externen Referentin zusammen, die spezielle Problem-

felder im Umgang mit Eltern (z.B. Umgang mit adipösen Eltern, problematisches El-

ternverhalten, Kritik von Eltern) behandelte.

Im Laufe der ersten Modellphase zeigten sich klare positive Veränderungen in den

Einrichtungen, wie an diesen ausgewählten Beispielen deutlich wird:

• Durch eine verbesserte Struktur und Ordnung der Materialien und ihres Auf-

bewahrungsortes wurden der Zugang und die Nutzung der Kleingeräte im

Turnraum erleichtert, so dass in Folge der Veränderung eine abwechslungs-

reichere Gestaltung der Bewegungsstunden möglich war, zumal in den Fort-

bildungen das Thema „Einsatz von Kleingeräten im Kindersport“ behandelt

wurde.

• Mit der Einrichtung eines Ruheraumes soll den Kindern im lebhaften und be-

wegten Alltag die Möglichkeit gegeben werden, auch individuell Entspan-

nungs- und Ruhephasen in den Tagesablauf einzubauen und ihren Körper auf

andere Art und Weise zu erfahren.

• Die Raumanalyse gab Anhaltspunkte zur Schaffung von mehr Platz in den

Einrichtungen. Häufig wurde die Anzahl der Tische reduziert und Stühle ent-

fernt. Ein Stuhlkreis wird alternativ als Sitzkreis auf dem Boden und als be-

wegter Kreis ohne Stühle durchgeführt.

• Da sowohl das freie als auch das gemeinsame Frühstück von Kindern und Er-

zieherInnen unterschiedliche Vor- und Nachteile beinhalten, wird in den Ein-

richtungen häufig eine Kombination beider Formen angeboten. Die Häufigkeit

des gemeinsamen Frühstücks reicht von einmal im Monat bis einmal pro Wo-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 31

che. Entweder wird Geld eingesammelt und die ErzieherInnen oder die Koch-

frau besorgen (vielleicht auch gemeinsam mit einigen Kindern) die Lebensmit-

tel für das Frühstück, oder die Eltern bringen die Zutaten mit. In einigen Ein-

richtungen gibt es einmal in der Woche einen Müslitag. In einigen Einrichtun-

gen wurde ein Frühstückscafé eingerichtet.

• Im Wissen um die Wichtigkeit des Trinkens bringen Kinder häufig ihre Trink-

flaschen oder –päckchen von zu Hause mit in die Einrichtung. Allerdings zäh-

len die mitgebrachten Getränke oft nicht zu den empfohlenen Durstlöschern.

Mit der Betonung des Wassers als geeignetes Getränk wurden Getränkere-

geln eingeführt. Inzwischen wird in den Einrichtungen Wasser und teilweise

Apfelsaft (für Apfelschorle) und Tee angeboten und das Mitbringen von eige-

nen Getränken untersagt. Zusätzlich wird mit gemeinsamen Trinkpausen oder

durch Nachfragen auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet.

Die MitarbeiterInnen der beteiligten Einrichtungen zeigten ein hohes Engagement

und große Motivation bei der Umsetzung der Maßnahmen und betonten die Absicht,

der Gesundheitsförderung und damit auch der Prävention von Übergewicht und Adi-

positas langfristig einen hohen Stellenwert in der pädagogischen Arbeit einzuräu-

men. Deutlich wurde jedoch, dass es eine Vielzahl von Bildungsbereichen gibt, die

im Alltag abgedeckt werden müssen. Die Gesundheit steht daher quasi in Konkur-

renz z.B. zur Sprachförderung. Im Vergleich zu Themen, die offensichtlich mit der

späteren Schulkarriere verbunden werden, haben Bewegung und Ernährung eine

deutlich geringere Unterstützung und drohen deshalb gelegentlich in den Hintergrund

der pädagogischen Arbeit gedrängt zu werden.

Ein weiterer negativer Aspekt ist in den zusätzlichen organisatorischen und verwal-

tungstechnischen Aufgaben zu sehen, die den Einrichtungen durch das Gesetz zur

frühen Bildung und Förderung von Kindern (KiBiz) entstanden sind. Die Kindertages-

einrichtungen müssen zusätzlich vermehrt Kinder im Alter von unter drei Jahren be-

treuen, was eine entsprechend starke Bindung von Ressourcen bedeutet. Dadurch

können Themen wie Bewegung und Ernährung zum Teil nicht angemessen umge-

setzt werden. In vielen Einrichtungen wurde durch das KiBiz-Gesetz eine hohe Fluk-

tuation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verursacht, die eine Kontinuität in der

pädagogischen Arbeit gefährdet.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 32

Im Hinblick auf das weitere Vorgehen im Modul Kindertageseinrichtungen wurde

durch die erste Modellphase deutlich, dass durch eine intensive, individuelle Zu-

sammenarbeit mit den Einrichtungen eine Vielzahl von positiven Veränderungen be-

wirkt werden können. Das ursprüngliche Ziel, in möglichst vielen Kindertageseinrich-

tungen in Stadt und Kreis Paderborn Aspekte der Übergewichtsprävention zu integ-

rieren, konnte aufgrund des hohen zeitlichen und personellen Aufwands auf diese

Weise jedoch zunächst nicht erreicht werden. Daher wurden die Ideen und Teilmaß-

nahmen in eine Coachingreihe überführt, um eine größere Zahl von Einrichtungen zu

erreichen und dabei einen Mittelweg zwischen den eingesetzten Ressourcen und der

Wirkung in den Einrichtungen zu finden.

Coachingreihe „‘Besser essen. Mehr bewegen.‘ in Kindertageseinrichtungen“

Im Mittelpunkt der Coachingreihe stand der Gedanke der „Hilfe zur Selbsthilfe“. Die

Leitungen der Kindertageseinrichtungen und die pädagogischen Teams sollten in die

Lage versetzen werden, im Sinne der Übergewichtsprävention selbstständig ver-

schiedene Interventionen im Hinblick auf die Bewegungs- und Ernährungssituation

sowie die Zusammenarbeit mit Eltern zu planen und durchzuführen.

Die Coachingreihe wurde im Rahmen des Projekts für eine Dauer von sechs Mona-

ten konzipiert. Über die Fachberaterinnen der Träger konnten 12 Einrichtungen für

die Teilnahme an der ersten Durchführung gewonnen werden. 6 dieser Einrichtungen

wurden gleichzeitig – vor allem finanziell – über das Projekt „Kinder bewegen“ der

Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) gefördert, durch welches primär eine

Verbesserung der Bewegungssituation in Kindertageseinrichtungen angestrebt wur-

de. Voraussetzung zur Teilnahme war, dass das gesamte Team der Einrichtung be-

reit war, gemeinsame Ziele und Maßnahmen zu formulieren und an der Weiterent-

wicklung mitzuarbeiten. Die einzelnen Termine der Coachingreihe wurden wie folgt

inhaltlich gestaltet und durchgeführt:

1. Termin (KiTa-Leitungen)

Nach einer Einführung in die Coachingreihe, die Thematik und eine Sensibilisierung

für die Relevanz von Bewegung und Ernährung für die Entwicklung der Kinder wur-

den die ersten Arbeitsschritte vorgestellt. Es wurde erläutert, wie eine Ist-Analyse,

eine gemeinsame Zielformulierung und das Bilden von Arbeitsgruppen (Bewegung,

Ernährung, Elternarbeit) mit dem pädagogischen Team der eigenen Einrichtung

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 33

durchgeführt werden sollen. Die Teilnehmerinnen bekamen hierzu verschiedene Ma-

terialien bereit gestellt, um diese Aufgaben in der nächsten Teamsitzung der Einrich-

tung zu bearbeiten.

2. Termin (KiTa-Leitungen)

Zunächst wurden die Ergebnisse der Ist-Analysen vorgestellt und diskutiert. Die vom

Team festgelegten Ziele und die Planung der Umsetzung wurden dargestellt. Im An-

schluss wurde von den Projektmitarbeitern vorgestellt, wie eine Raumanalyse in der

Einrichtung durchzuführen ist. Am Beispiel einer fiktiven Kindertageseinrichtung wur-

den Vor- und Nachteile sowie Beispiele und Konsequenzen der räumlichen Verände-

rung für die Kinder und den Alltag in der Einrichtung besprochen. Als Hausaufgabe

sollten die Teams die Raumanalyse in ihrer Einrichtung durchführen.

3. Termin (Arbeitsgruppen)

Der dritte Termin wurde in Form von Workshops zu den Themen Bewegung, Ernäh-

rung und Elternarbeit gestaltet. Eingeladen wurden hierzu die Mitglieder der jeweili-

gen Arbeitsgruppen, die in den Einrichtungen zur Bearbeitung der spezifischen Ar-

beitsfelder gebildet worden waren. In diesen Workshops wurden Grundlageninforma-

tionen und praktische Handlungsempfehlungen vorgestellt, die durch kollegiale Fort-

und Weiterbildung in den Einrichtungen verbreitet werden sollten.

4. Termin (Teamfortbildung)

In jeder Einrichtung wurde für das gesamte pädagogische Team eine Fortbildung

zum Thema „Kommunikation und Ansprache“ von einer externen Referentin durch-

geführt. Die Inhalte standen analog zur ersten Modellphase unter der Zielvorgabe,

die Kommunikation zwischen ErzieherInnen und Eltern zu optimieren.

5. Termin (KiTa-Leitungen)

Zu diesem Termin wurden analog zur Modellphase zwei externe Referenten eingela-

den, die Möglichkeiten des Sponsorings und der Netzwerkarbeit aufzeigten. Erste,

durch die Coachingreihe initiierte Veränderungen und Maßnahmen wurden von den

Leiterinnen der Einrichtungen vorgestellt und Zeit zum kollegialen Austausch gege-

ben.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 34

6. Termin (KiTa-Leitungen)

Der letzte Termin wurde zum einen zur Fortsetzung der Vorstellung der durch die

Coachingreihe initiierten Veränderungen genutzt. Zum anderen wurden die

Coachingreihe reflektiert und wertvolle Hinweise für eine erneute Durchführung ge-

sammelt. Eine Referentin des Kreissportbundes Paderborn präsentierte die Richtli-

nien und den Nutzen der Zertifizierung zum „Bewegungskindergarten“ durch den

Landessportbund Nordrhein-Westfalen.

Insgesamt konnte durch die Coachingreihe – wie bereits in der ersten Modellphase –

eine Vielzahl von Maßnahmen und positiven Veränderungen der Ernährungs- und

Bewegungssituation verzeichnet werden. In einer Fragebogenevaluation wurde die

Coachingreihe durch die Teilnehmerinnen sehr positiv bewertet. Nach Einschätzung

der befragten Leiterinnen konnten deutliche positive Veränderungen in den Einrich-

tungen erzielt werden. Sowohl die Inhalte, als auch das zur Verfügung gestellte Ma-

terial zur Umsetzung der Inhalte wurden als gut bis sehr gut eingeschätzt. Hinsicht-

lich der Wirkungen in den Einrichtungen wurde eine Verhaltensänderung der Erzie-

herInnen berichtet und die Überzeugung geäußert, dass die Prävention von Überge-

wicht und Adipositas auch weiterhin einen großen Stellenwert haben wird.

Für eine erneute Durchführung wurden folgende Veränderungsvorschläge durch die

Teilnehmerinnen genannt:

• Zeitliche Ausweitung der Coachingreihe, da die Einrichtungen mit vielen ande-

ren Aufgaben belastet waren und die Arbeitsaufträge (z.B. Ist-Analyse, Raum-

analyse) zum Teil nicht rechtzeitig zum nächsten Termin fertigstellen konnten.

• Mehr Unterstützung und Anleitung vor Ort in der Einrichtung

• Fortbildungen des gesamten Teams und noch stärkerer Praxisbezug (z.B.

Kocheinheiten)

• Mehr Zeit zum kollegialen Austausch

Eine Vernetzung aller durch das PAPI-Projekt erreichten Kindertageseinrichtungen

wurde in Kooperation mit dem Zentrum für Sport und gesunde Lebensführung OWL

unter dem Titel „Hallo Kolleg(e)in – wie machst du’s?“ angestrebt. Bei dieser Veran-

staltung wurden die Ergebnisse der drei unterschiedlichen Ansätze (Leibeslust – Le-

benslust, Erste Modellphase, Coachingreihe) vorgestellt und die Vernetzung der Ein-

richtungen untereinander angeregt. Viele Teilnehmerinnen äußerten den Wunsch,

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 35

gemeinsame Aktionen (Spielfeste, Ausflüge) mit anderen Einrichtungen durchführen

und in Zukunft auch den inhaltlichen Austausch vertiefen zu wollen.

Die Ergebnisse der Coachingreihe wurden den Entscheidungsträgern in Stadt und

Kreis Paderborn (u.a. Träger, Fachberaterinnen, Jugendamt) vorgestellt, um eine

nachhaltige und langfristige Verankerung der Ideen und Maßnahmen über die Pro-

jektlaufzeit hinaus erreichen zu können. Eine modifizierte Coachingreihe würde auf

eine Gesamtdauer von 12 Monaten ausgerichtet und um die Möglichkeit einer indivi-

duellen und vor Ort geleisteten Hilfestellung ergänzt werden. Ziel der Projektmitarbei-

terInnen ist eine erneute Durchführung der Coachingreihe im Jahr 2010 und die Pfle-

ge des entstandenen Gesundheitsnetzwerkes für Kindertageseinrichtungen. Dafür

werden jedoch Verantwortliche gebraucht, die sich um das Netzwerk kümmern und

die Bereitschaft u.a. der Träger entstehende Kosten zu tragen. Gerade letzteres ist in

Zeiten leerer Kassen ein großes Hindernis. In der Diskussion wurde angeregt, die

Maßnahme über die Grenzen Paderborns hinaus auszuweiten, um einen größeren

Pool an potentiell teilnehmenden Einrichtungen zu schaffen. Als eine Idee zur Unter-

stützung des Präventionsgedankens ist eine Vernetzung mit dem neuen Landespro-

gramm Bildung und Gesundheit (als Nachfolge des OPUS-Netzwerkes) angedacht.

PAPI-Handreichung zur Ernährungsbildung

Im Rahmen des Projektes wurde eine Handreichung zur frühkindlichen Ernährungs-

bildung entwickelt, die in der Reihe „Paderborner Schriften zur Ernährungs- und Ver-

braucherbildung“ veröffentlicht wurde. Unter dem Titel „Essen und Ernährung in der

frühkindlichen Bildung“ wurde ein Grundlagenwerk für eine fundierte Ausrichtung des

Ess- und Trinkmanagements in Kindertageseinrichtungen geschaffen (Oepping &

Francke, 2009). Die frühkindliche Bildungsforschung bietet für den Erwerb von All-

tags- und Lebenskompetenzen – besonders im Umgang mit Essen, Ernährung und

Konsum – bisher keine Grundlagen, auf denen pädagogische Konzepte entwickelt,

durchgeführt und evaluiert werden könnten. Hier fehlt ein entscheidender Bereich der

Grundlagenforschung. Nichtsdestotrotz gibt es einen großen Markt an Tipps, Medien

und Materialien unterschiedlicher Anbieter, die Hilfestellungen im Umgang mit Essen

und Ernährung in Kindertageseinrichtungen versprechen. Die Handreichung verbin-

det die Erarbeitungen zum Curriculum Ernährung- und Verbraucherbildung nach

REVIS mit Erkenntnissen jahrelangen Coachings zum Ess- und Trinkmanagement

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 36

mit Kindern in Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Es ist eine

Handreichung für Multiplikatoren, aber auch für interessierte Eltern.

PAPI-Kinderküche

Das Essen und Trinken in der Kindertageseinrichtung soll vielen Erwartungen ent-

sprechen: den Kindern soll es schmecken, die Eltern wollen ihre Kinder ausgewogen

ernährt sehen und außerdem müssen Preis, Qualität und Zubereitungsaufwand

stimmen. Vor diesem Hintergrund entstand im Verlauf der Zusammenarbeit mit den

Kindertageseinrichtungen in Stadt und Kreis Paderborn die Idee eines PAPI-KiTa-

Kochbuchs, das einerseits den Wunsch der Mitarbeiter nach praktischen Anregun-

gen zur Umsetzung einer kindgerechten Ernährung aufgreift und andererseits durch

Beteiligung und Nutzung an dem Produkt “Kochbuch“ die Bindung der Einrichtungen

an das Projekt und die Projekt-Ziele festigen sollte.

Mit einem Schreiben wurden die Einrichtungen über das Vorhaben informiert und

dazu aufgerufen, sich mit der Einsendung von Rezepten an der Erstellung des Koch-

buchs zu beteiligen. Viele Einrichtungen unterstützten die Idee und sendeten be-

währte Rezepte ein. Ergänzt wird die Rezeptsammlung durch wichtige Hinweise zu

den Rezepten und durch Informationen zu den Themen Kinderernährung und Ko-

chen mit Kindern. Erfreulich war, dass die Auswahl der eingegangenen Rezepte

meist den Empfehlungen für eine kindgerechte Ernährung entsprach. Es werden zu-

sätzlich Verbesserungs- und Variationsmöglichkeiten aufgezeigt, um ein Rezept z.B.

in Hinblick auf die Adipositasprävention kalorienärmer herzustellen. Das Kochbuch

wird auf der PAPI-Homepage veröffentlicht und ist so jedem Interessierten zugäng-

lich. Die Rezepte können neben der Verwendung in der Kindertagesstätte auch den

Familientisch bereichern.

Karteikartensystem „‘Häusliche Bewegungsräume‘ für Kinder im Vorschulal-

ter“

Die Bewegungsräume sind für Kinder im direkten Wohnumfeld oftmals sehr be-

grenzt, so dass die Wohnung als Spielplatz genutzt werden muss. Die Spielekartei

„‘Häusliche Bewegungsräume‘ für Kinder im Vorschulalter“ kann sowohl von Eltern,

als auch von Kindertageseinrichtungen eingesetzt werden und findet so auf zwei

Wegen Eingang in das familiäre Leben:

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 37

• Die Kinder führen mit den ErzieherInnen die Bewegungsaufgaben in der Kin-

dertageseinrichtung durch und übertragen sie auf ihr häusliches Umfeld.

• Die Eltern lernen die Bewegungsaufgaben in regelmäßig stattfindenden El-

terncafés kennen und werden motiviert, die Aufgaben gemeinsam mit ihren

Kindern im häuslichen Umfeld umzusetzen.

Die Karten beinhalten Abbildungen zu den unterschiedlichen Übungen sowie kurze

Erklärungen für die ErzieherInnen bzw. Eltern. Je nach Farbgebung sind die Übun-

gen den Bereichen Ausdauer, Kraft, Entspannung, Wahrnehmung, Spiel und Koordi-

nation zugeordnet (vgl. Abb. 7). Ergänzt wird die Karteikartensammlung durch einen

Farbwürfel, mit dem die Kinder aktiv in die Übungsauswahl einbezogen werden kön-

nen. Die Kinder dürfen würfeln und eine Karte der entsprechenden Farbe ziehen.

Das Karteikartensystem ist zum einen ein eigenständiges Produkt, zum anderen ist

es in leicht modifizierter Form auch ein Bestandteil des Gesundheitsführerscheins

(vgl. Kap. 3.6.2).

Abb. 7. Karteikartensystem „‘Häusliche Bewegungsräume‘ für Kinder im Vorschulalter“

PAPI-Familienkalender „Erkundungsspaziergänge“

Die zusätzliche körperliche Aktivität von Kindern und Eltern sollte nicht wie bei dem

Karteikartensystem „‘Häusliche Bewegungsräume‘ für Kinder im Vorschulalter“ auf

das häusliche Umfeld beschränkt werden, sondern auch im Freien, im Idealfall in der

Natur statt finden. Hierfür wurde ein Familienkalender in Form eines Wochenplaners

entwickelt, der interessante und spannende Spielanregungen für Familienspazier-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 38

gänge bietet. Die Erkundungsspaziergänge bieten eine hervorragende Möglichkeit,

sich die sozialräumliche Umgebung zu erschließen und gleichzeitig Bewegung und

Spiel zu integrieren. Der Familienkalender ist zum einen als eigenständiges Produkt

nutzbar, zum anderen ist er in der Maßnahme „Gesundheitsführerschein“ integriert

(vgl. Kap. 3.6.2).

PaPiPu-Spielekartei

Speziell für den Einsatz in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen wurde ein

weiteres Produkt entwickelt, mit dem die körperliche Aktivität der Kinder erhöht wer-

den soll. Die PaPiPu-Spielekartei enthält abwechslungsreiche Spielideen, die leicht

in den Alltag eingebaut werden können. Die Spielformen teilen sich in folgende Kate-

gorien auf:

• Spiele für zwischendurch

• Aktivierungsspiele

• Kooperationsspiele

• Spiele zum Austoben

• Spiele mit Musik, Tanz, Kreativität

• Rhythmusspiele

• Lernspiele

• Konzentrationsspiele

• Spiele zur Wahrnehmungsschulung

• Entspannungsspiele

Für die meisten Spiele werden entweder keine Materialien oder in den Einrichtungen

vorhandene Alltagsmaterialien benötigt. Die Spielekartei steht auf der Projekthome-

page zum Download bereit und kann von den ErzieherInnen bzw. den Kindern selbst

hergestellt werden.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 39

Abb. 8. PaPiPu-Spielekartei

In einem Workshop wurden ErzieherInnen, GrundschullehrerInnen, ÜbungsleiterIn-

nen und interessierten Eltern zunächst die theoretischen Hintergründe zur PaPiPu-

Spielekartei erläutert und anschließend die Spiele praktisch erprobt.

Um die Spielekartei einer möglichst breiten Zielgruppe zugänglich zu machen, wurde

sie in die Maßnahme „Frühstück und Bewegung – 1. Klasse“ (vgl .Kap. 3.5.2) inte-

griert.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 40

Entwicklungsförderung durch Musik, Rhythmus und Bewegung

Im Rahmen eines Werkvertrages wurde eine weitere Spielekartei für Kindertagesein-

richtungen und Grundschulen entwickelt, die Übungen und Spielformen für die Berei-

che Musik, Rhythmus und Bewegung enthält. Die Karteikarten können problemlos

mit der PaPiPu-Spielekartei kombiniert werden.

Für die Spielekartei wurde ein Fortbildungskonzept entwickelt, durch das ErzieherIn-

nen und LehrerInnen mit den grundlegenden methodisch-didaktischen Überlegungen

und der Anwendung der Karteikarten vertraut gemacht werden. Darüber hinaus soll

der Mut zu eigener Kreativität im Bereich Musik, Rhythmus und Bewegung unter-

stützt und gefördert werden.

Abb. 9. Spielekartei „Entwicklungsförderung durch Musik, Rhythmus und Bewegung“

3.3.3 Fazit

Zu trennen ist bei den Maßnahmen im Modul Kindertageseinrichtungen zwischen der

Entwicklung der Fortbildungsmaßnahmen (z.B. Coachingreihe), die die ErzieherIn-

nen und den Lebensraum Kindertageseinrichtung im Blick haben und weiteren Ein-

zelmaßnahmen (z.B. PaPiPu-Spielekartei), die Hilfestellungen für die praktische Um-

setzung des Gedankens „Besser essen. Mehr bewegen“ im Kinderleben bieten.

Deutlich wurde, dass für das pädagogische Personal in Kindertageseinrichtungen

großer Fortbildungsbedarf für die Themen Ernährung, Bewegung und Elternarbeit

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 41

besteht. Zurückzuführen ist dies darauf, dass diese Themen in der Ausbildung nicht

ausreichend berücksichtigt werden. Sie müssten verstärkt in den Curricula der Aus-

bildungsschulen beleuchtet und vermittelt werden, so dass sie den Projektcharakter

verlieren und zur Normalität werden. Darüber hinaus muss bedacht werden, dass

Bewegung und Ernährung Bildungsfelder sind und ihre pädagogische Vermittlung

somit große Bedeutung hat.

Fortbildungsmaßnahmen und Materialien wie z.B. die PaPiPu-Spielekartei sind not-

wendig, um das bereits in den Einrichtungen aktive pädagogische Personal für die

Themen Bewegung und Ernährung zu sensibilisieren und zu motivieren. Entschei-

dend ist, dass einheitliche Regeln im Umgang mit Ernährung und Bewegung im

Team beschlossen werden und neue Mitarbeiter in den Umgang mit „Besser essen.

Mehr bewegen.“ eingearbeitet werden.

Die erzielten Verhaltens- und Verhältnisänderungen in den Modelleinrichtungen zei-

gen, dass eine intensive Betreuung (z.B. durch Teamschulungen und Raumanalysen

vor Ort) sehr erfolgreich sein kann. Auf Dauer ist eine derartige Intervention personell

und finanziell allerdings aufwändig. Die FachberaterInnen arbeiten bereits am Rande

ihrer Kapazitätsgrenzen (zurzeit vor allem an der Umsetzung des KiBiz-Gesetzes)

und haben daher wenig Zeit für andere Themen. Eine Nachhaltigkeit der Maßnah-

men könnte zum Beispiel über die Einrichtung einer Stelle im Gesundheitsamt er-

reicht werden, die sich speziell mit der Gesundheitsförderung in Kindertageseinrich-

tungen beschäftigt. Von Seiten der Träger müssen ausreichende finanzielle Mittel zur

Verfügung gestellt werden, um eine gute personelle und räumliche Ausstattung der

Einrichtungen zu gewährleisten.

Eine wesentliche Erfahrung aus der Projektarbeit ist, dass bei allen Beteiligten (pä-

dagogische Teams, FachberaterInnen, Träger, politische Entscheidungsträger) die

Bedeutung der Prävention von Übergewicht und Adipositas immer wieder durch Im-

pulse von außen ins Bewusstsein gerückt werden muss, um nachhaltig steigende

Prävalenzraten einzudämmen.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 42

3.4 Modul Schuleingangsuntersuchung

3.4.1 Voraussetzungen

• In Stadt und Kreis Paderborn wird pro Jahr bei ca. 3.500 Kindern die Schul-

eingangsuntersuchung durch 5 Schulärzte des Gesundheitsamts durchge-

führt.

• In der Kindergartenuntersuchung werden je nach Kapazität 40-90% eines Ein-

schulungsjahrgangs bereits zwei Jahre vor der Einschulung (im Alter von ca. 4

Jahren) untersucht.

3.4.2 Beschreibung der Maßnahmen

Anschaffung von geeichten Messinstrumenten

Nach mehreren Vorgesprächen mit dem Gesundheitsamt des Kreises Paderborn im

Verlaufe des Jahres 2007 wurden zu Beginn des Jahres 2008 geeichte Messinstru-

mente für die Erhebung des Body-Mass-Index (BMI) bei den Einschulungskindern

angeschafft. Parallel wurden die BMI-Perzentilkurven für die Beurteilung des BMI

eingeführt. Seitdem wird direkt bei der Schuleingangs- und Kindergartenuntersu-

chung der Gewichtsstatus der Kinder festgestellt und gegebenenfalls eine Überwei-

sung an den betreuenden Kinderarzt mit dem Hinweis auf bereits bestehendes

Übergewicht bzw. bestehende Adipositas vorgenommen.

Beratungsleitfaden „Gesund und fit in die Grundschule“

Analog zu den Beratungsleitfäden auf den Rückseiten der Mutterpässe (vgl. Kap.

3.1.2) und der gelben Kinder-Untersuchungshefte (vgl. Kap. 3.2.2) wurde ein Leitfa-

den zur präventiven Lebensstilberatung im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung

entwickelt. Die Materialien werden seit Januar 2009 an die Eltern ausgegeben und

als Beratungsgrundlage insbesondere für Risikogruppen genutzt. Darüber hinaus

findet der Beratungsleitfaden Anwendung in der Maßnahme „Frühstück + Bewe-

gung=1.Klasse“ (vgl. Kap. 3.5.2).

Die Beratungsleitfäden wurden aus Kostengründen und aus Gründen der Praktikabi-

lität nur in deutscher Sprache und nicht wie ursprünglich geplant in mehreren Spra-

chen gedruckt. Auf Anregung durch PAPI wird für die Schuleingangs- und Kindergar-

tenuntersuchungen die kostenlose Broschüre „Tut Kindern gut“ der Bundeszentrale

für gesundheitliche Aufklärung in mehreren Sprachen vorgehalten und verteilt.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 43

Abb. 10. Beratungsleitfaden „Gesund und fit in die Grundschule“

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 44

3.4.3 Fazit

Die im Modul Schuleingangsuntersuchung geplanten Schritte und Maßnahmen konn-

ten im Sinne der Projektplanung weitgehend realisiert werden. Die Lebensstilbera-

tung im Rahmen der Schuleingangs- und Kindergartenuntersuchungen können auf-

grund der zeitlichen Eingeschränktheit durch die Schulärzte nur „angerissen“ werden.

Der Ansatz, speziell für Risikofamilien eine besondere Sprechstunde beim Gesund-

heitsamt zu etablieren konnte bislang nicht realisiert werden. Allerdings erfolgt von

Seiten der Schulärzte eine enge Zusammenarbeit mit Einrichtungen, die auf dem

Gebiet der Adipositastherapie im Kindesalter tätig sind.

Förderlich für die Maßnahmen war das große persönliche Engagement der politisch

Verantwortlichen, wenngleich einzelne behördliche Hemmnisse und eine gewisse

Trägheit zu überwinden waren. Das Thema Übergewicht ist nur eines von vielen bei

der Schuleingangsuntersuchung. Sprachliche und kognitive Defizite werden unter

Umständen für die Einschulung als essentieller erachtet. Die Schulärzte werden

überdies trotz eines hohen persönlichen Engagements oftmals nicht so ernst ge-

nommen wie Haus- oder Kinderärzte. Wichtig war es, die Schulärzte für die

Adipositasprävention und –intervention zu sensibilisieren und ihnen Instrumente an

die Hand zu geben, mit denen eine fundierte Beratung von Eltern durchgeführt wer-

den kann.

Das Potential, das Schuleingangsuntersuchungen bieten, wird bisher nur unzurei-

chend genutzt und sollte in Zukunft verstärkt ausgeschöpft werden. Hierzu ist mögli-

cherweise eine gesetzlich verankerte, verbindliche Ausweitung des Aufgabenspekt-

rums der Schulärzte erforderlich.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 45

3.5 Modul Grundschule

3.5.1 Voraussetzungen

Die Grundschulen in Nordrhein-Westfalen befinden sich im politisch initiierten Pro-

zess verschiedener struktureller und inhaltlicher Veränderungen:

• Sie sind auf dem Weg zur Eigenverantwortung mit mehr Entscheidungsfrei-

heit, aber eben auch mit mehr Verantwortung.

• Die Halbtagsschule wird durch den offenen Ganztag ergänzt. Im bestehenden

offenen Ganztag wird eine deutliche Qualitätsentwicklung angestrebt. Ziel ist

es, dass 25% der Kinder ein Ganztagsangebot nutzen können.

• Bereits für vierjährige Kinder wird eine Sprachstandsuntersuchung DELFIN 4

durchgeführt, die durch Lehrkräfte und Erzieherinnen begleitet wird.

• In der Klasse 3 werden für die Fächer Deutsch und Mathematik eine flächen-

deckende Lernstandserhebung (VERA) durchgeführt.

• Die Schulbezirksgrenzen wurden aufgehoben.

• Zum Teil werden Grundschulen zu Verbundschulen zusammengelegt.

• Die erste Fremdsprache (englisch) wird bereits in der ersten Klasse einge-

führt.

• In Nordrhein-Westfalen werden laufend Qualitätsanalysen in den Schulen

durchgeführt.

• Zum Teil werden im Rahmen des Konjunkturpaketes II Sanierungsmaßnah-

men vorgenommen.

Auf Ebene des Kreises Paderborn sind folgende Aspekte für die Durchführung der

Maßnahmen des Moduls Grundschule relevant:

• Es findet ein Prozess der Umstrukturierung der Lehrerfortbildung und –

qualifizierung durch regionale Kompetenzteams statt; die Ausrichtung liegt

hierbei auf der starken Nachfrage der Schulen nach den von der Landesregie-

rung vorgegebenen Anforderungen.

• Zu Beginn des Projektes gab es 65 Grundschulen, aktuell sind es 63 Grund-

schulen, darunter auch einige Verbundschulen.

• Die Quote von offenen Ganztagsangeboten betrug zunächst 40% und ist ak-

tuell auf 78% (49 Grundschulen) angestiegen. Die Vorgabe einer Kapazität für

25% der Kinder wird weitgehend erreicht.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 46

• Im Kreis Paderborn sind acht Grundschulen und eine Sonderschule am

OPUS-Netzwerk beteiligt.

• Kooperationsvereinbarung bestehen mit dem regionalen Anbieter von Fort-

und Weiterbildungen für Lehrkräfte (Zentrum für Bildungsforschung und Leh-

rerbildung der Universität Paderborn, PLAZ)

Folgende Aspekte sind auf den Ebenen von Bezirks- und Landesregierung für die

Projektdurchführung relevant:

• Im Hinblick auf den Schulsport werden Fort- und Weiterbildungen durch die

Bezirksregierung Detmold angeboten.

• Im Projekt „Gute Gesunde Schule OWL“ wird die Elternmitwirkung organisiert.

• Die gesetzliche Verpflichtung zur Lehrerfortbildung lässt auf Landesebene

große Gestaltungsspielräume (z.B. für Gesundheits- oder Ernährungbildung).

• Die Ausbildung von Lehrkräften im Primarbereich enthält nur geringe, fakulta-

tive Anteile zur Ernährungsbildung.

• In der Woche werden durchschnittlich 2-3 Schulstunden Sport unterrichtet.

• Ca. 50% des Sportunterrichts in Grundschulen werden fachfremd unterrichtet.

• Die Weiterentwicklung des ernährungsbildenden Unterrichts nach REVIS (Re-

form der Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen) wurde 2008 im

Landtag beschlossen, allerdings wurde das weitere Vorgehen bisher nicht

konkretisiert.

• Das Netzwerk „Bildung und Gesundheit – OPUS“ wurde durch das Landes-

programm „Bildung und Gesundheit“, abgelöst.

3.5.2 Beschreibung der Maßnahmen

Die Projektplanung sah vor, dass im Setting Grundschule die zentralen Zielgruppen

einbezogen werden: Kinder, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitungen, TrainerInnen,

ÜbungsleiterInnen und MitarbeiterInnen im offenen Ganztag.

Damit diese unterschiedlichen Personen und Institutionen in Synergie zusammenar-

beiten, sollte für die Adipositasprävention eine gemeinsame Zielorientierung formu-

liert werden. Dieser Anspruch wurde mit dem „PAPI-Qualitätsleitbild für die

Adipositasprävention in Grundschulen“ erfüllt. Abbildung 11 zeigt die Handlungsfel-

der, in denen überprüfbare Zielgrößen formuliert sind:

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 47

Besser essen …

(EQS)

… mehr bewegen

(BQS) …

1 Ess-Räume / Ausstattung

Hier geht es um die Räume, die

üblicherweise im Schulalltag

(Frühstück meist im Klassenzim-

mer, Mittagessen im Speiseraum)

und zu außerordentlichen Anläs-

sen (Feste, Projekte, etc.) für das

Essen und Trinken genutzt wer-

den.

1 Bewegungs-Räume /

Ausstattung

Hier geht es um das gesamte

Schulgelände, die Innen- und

Außenbereiche, also die Räume,

die üblicherweise im Schulalltag

für die Bewegung genutzt werden

und um ihre Ausstattung.

2 Ess- und Trinkzeiten

Hier geht es um die Verlässlich-

keit, die Dauer und die Nutzung

der Zeiten, die im halben und

ganzen Schulalltag für das Essen

und Trinken zur Verfügung stehen.

2 Bewegungszeiten

Hier geht es um die Verlässlich-

keit, die Dauer und die Nutzung

der Zeiten, die im Schulalltag und

darüber hinaus für die Bewegung

zur Verfügung stehen.

3 Physiologische Qualität

des Essens

Hier geht es um die physiologi-

sche Qualität der Verpflegung in

der Schule als Beitrag zur Lern-

und Leistungsfähigkeit sowie zur

körperlichen Gesundheit.

3 Physiologische Qualität

von Bewegung

Hier geht es um die physiologi-

sche Qualität von Bewegung in

der Schule als Beitrag zur lern-

und Leistungsfähigkeit sowie zur

körperlichen Gesundheit.

4 Pädagogische Qualität

des Essens

Hier geht es um den Beitrag des

Essens bes. im Rahmen der

Schulmahlzeiten (Schulfrühstück

und Mittagessen) für Erziehung,

Bildung und Schulgemeinschaft.

4 Pädagogische Qualität

von Bewegung

Hier geht es um den Beitrag der

Bewegung im Rahmen der Schul-

zeit für Erziehung, Bildung und

Schulgemeinschaft.

5 Personen / Strukturen

Hier geht es um die Personen,

Institutionen und Strukturen, die

rund um das Essen und Trinken

und die Ernährungsbildung betei-

ligt sind und damit einen Einfluss

auf die Schulqualität haben.

5 Personen / Strukturen

Hier geht es um die Personen,

Institutionen und Strukturen, die

rund um die Bewegung und Sport

beteiligt sind und damit einen

Einfluss auf die Schulqualität

haben.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 48

… Schule entwickeln (SQS)

1 Selbstverständnis der Mitar-

beitenden

Hier geht es um die persönliche Einstel-

lung jedes Einzelnen zu Ernährung und

Bewegung, das Rollenverständnis und

die aktive Vorbildfunktion.

4 Transparenz und Kommuni-

kation

Hier geht es um gegenseitiges Ver-

ständnis und Verstehen im schulischen

Alltag und in schulischen Belangen so

wie die Darstellung und Öffnung der

Schule nach außen.

2 Gesundheitsverständnis der

Kinder

Hier geht es um die langfristige Veranke-

rung gesundheitsförderlicher Verhal-

tensweisen sowie ein Bewusstsein von

Gesundheit als Ressource.

5 Zusammenarbeit mit Eltern

Hier geht es um die intensive Zusam-

menarbeit und Einbindung der Eltern in

den schulischen Alltag.

3 Bildungsverständnis der

Schule

Hier geht es um das Bewusstsein jedes

Beteiligten, dass die Rahmenbedingun-

gen der Schule und das eigene Handeln

zu einer Gesamtheit an Bildung für das

Kind verschmelzen.

6 Nachhaltige Qualitätsent-

wicklung

Hier geht es um die nachhaltige und

dauerhafte Integration von Ernährung

und Bewegung als dynamische Merk-

male der Schulqualität.

Abb. 11. PAPI-Qualitätsleitbild für die Adipositasprävention in Grundschulen

Durch gezielte Unterstützung in sechs PAPI-Modellschulen konnte eine Vielfalt von

Teilaspekten des Qualitätsleitbildes intensiv im Rahmen des Projektes in der Praxis

erschlossen, entwickelt und dokumentiert werden. Im Rahmen der insgesamt 18

Schulprojekte entstanden zahlreiche Informationsbroschüren, Materialien für den Un-

terricht, Medien für die Schulpraxis und die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften

und anderen pädagogisch Tätigen. Die Maßnahmen widmen sich der Verhältnis- und

Verhaltensprävention in den Bereichen Ernährung und Bewegung in der Schule als

Lern- und Lebensraum und beziehen die Lebenswelten der Kinder (Schulweg, sozia-

le Bedingungen, etc.) mit ein. Tabelle 1 zeigt die 18 Projekte und ihre Zuordnung zu

den Handlungsfeldern:

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 49

Tab. 1. 18 Schulprojekte und ihre Zuordnung zu den Handlungsfeldern

Projektbezeichnung

Handlungsfelder

Ernährung Bewegung Schulentwicklung

1 Frühstück – erste Klasse! x x

2 Rituale einer guten Frühstückspause x x

3 Trink fit x x

4 Obst und Gemüse - schmeckt und tut gut x x

5 aid-Ernährungsführerschein x x

6 Mittags essen - mehr als Mittagessen x x

7 Leibeslust - Lebenslust beim Essen in der OGS x x

8 Essen in der OGS mit Vitamin B x x

9 Eltern und Schule x x

10 Projekttag "besser essen - mehr bewegen" x x x

11 Walking Bus – erste Schritte x x

12 Walking Bus – läuft wieder x x

13 Bewegungsspiele für zwischendurch x x

14 Springseil & Co. x x

15 Spiel- und Sportgeräte für alle x x

16 Schulhofgestaltung x x

17 Fachfremd unterrichtende Sportlehrkräfte x x

18 Qualität im Sportunterricht x x

In den 18 Einzelprojekten konnten durch das PAPI-Projekt 18 Projektteams unter

Verantwortung einer Lehrkraft (u.a. des offenen Ganztags) als „Experten in eigener

Sache“ ein Schuljahr lang unterstützt werden. Details zu den Projekten können dem

Qualitätsleitbild für die Adipositasprävention in Grundschulen (in der Anlage bzw.

online erhältlich) entnommen werden. 18 Moderatoren konnten auf diese Weise qua-

lifiziert werden. Diese sollten im Anschluss als Multiplikatoren dienen, um die Bil-

dungslandschaft im Kreis Paderborn durch Praxisbeispiele zur Gesundheitsförderung

in der Grundschule zu bereichern. Diese Struktur der Fort- und Weiterbildung ist auf

der Ebene der regionalen Kompetenzteams politisch gewollt. Das Zentrum für Bil-

dungsforschung und Lehrerbildung der Universität Paderborn (PLAZ) und das Kom-

petenzzentrum für Sport und gesunde Lebensführung OWL (ZSG) waren als regio-

nale Partner für die Organisation von Fortbildungsveranstaltungen vorgesehen.

Der Ablauf der Interventionen erstreckte sich bis zur Kommunikation der Ergebnisse

im Rahmen einer Fachtagung. Leider konnte das Konzept der Verbreitung der Er-

gebnisse in Form einer regionalen Bildungslandschaft mangels Nachfrage nicht um-

gesetzt werden. Die Kommunikation und Verbreitung der Inhalte des Qualitätsleitbil-

des erfolgte daher punktuell im Rahmen allgemeiner Fort- und Weiterbildungsange-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 50

bote in der Region (PLAZ, „Grundschultag“, Elternforum der Bezirksregierung Det-

mold, Vorträge, Präsentationen auf Anfrage).

Bei der Durchführung der Projekte in den Grundschulen wurde mit verschiedenen

regionalen Partnern zusammengearbeitet. Dazu gehörten z.B. Supermärkte, die

Kreispolizei, Bürgermeister und nachgeordnete Stellen in den Kommunen, Sportver-

eine, aid (Infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e.V.). Darüber

hinaus wurden durch die ProjektmitarbeiterInnen eigene fachliche Impulse gegeben

und externe Honorarkräfte beauftragt. Im Rahmen des regionalen Netzwerkes be-

stand für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen eine Kooperation mit dem PLAZ und

für die Weiterentwicklung der Materialien und Medien eine Kooperation mit dem

ZSG. In anderen Bereichen wurde mit Verantwortlichen der Bezirksregierung und

des Kreises Paderborn zusammengearbeitet. Die Ende 2008 eingerichtete Vernet-

zungsstelle Schulverpflegung NRW wurde in die Netzwerkarbeit vor Ort eingebun-

den.

Der Vergleich zwischen der Projektplanung und der Durchführung weist in den ver-

schiedenen Arbeitsschritten unterschiedliche Bilanzen auf:

1. Entwicklung eines Qualitätsleitbildes für die Adipositasprävention in der

Grundschule: Hier wurde eine grundsätzliche Basisstruktur geschaffen, die

regional unabhängig einsetzbar ist und eine Grundorientierung in der Quali-

tätsentwicklung von Grundschulen ist.

2. Erprobung in sechs Modellschulen: Es erfolgte eine intensive Motivation

und Unterstützung zur Identifikation schulspezifischer Maßnahmen und ihrer

Umsetzung. Die sechs Modellschulen haben für ihre eigene Qualitätsentwick-

lung die Unterstützung aus dem Projekt genutzt und die Ergebnisse in das

Schulprogramm und den Schulalltag aufgenommen.

3. Vorstellen der Ergebnisse für alle Schulen im Kreis Paderborn: Die Fach-

tagung hatte ein professionelles Profil; fachlicher Input, Austausch und Netz-

werkbildung waren gegeben. Die Ansprache der Zielgruppe erfolgte über die

üblichen Wege (Anschreiben, Mailing, Plakate, Flyer, PLAZ). Die Teilnahme

von Seiten der Schulleitungen der Grundschulen im Kreis Paderborn war ge-

ring.

4. Einmünden der Praxisbeispiele aus den sechs Modellschulen in die re-

gionale Bildungslandschaft: Die Kooperation mit der Bezirksregierung und

dem PLAZ wurde genutzt, um zentral über die PAPI-Modellschulen und ihre

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 51

Projekte zu berichten (z.B. Elternforum der Bezirksregierung Detmold, Pader-

borner Grundschultag). Die kollegiale Fort- und Weiterbildung auf der Ebene

der Kompetenzteams für den Kreis Paderborn konnte nicht realisiert werden.

5. Vernetzung der Grundschulen mit Hilfe des Netzwerkes OPUS-NRW:

Durch den Prozess der Umstrukturierung zum „Landesprogramm Bildung und

Gesundheit“ durch die Landesregierung NRW konnte von 2008 bis Mitte 2009

keine aktive Netzwerkarbeit betrieben werden. Die Schulen konnten somit

nicht mit Unterstützung dieses Netzwerkes vernetzt und zu einer Arbeit für die

Gesundheitsförderung motiviert werden.

Frühstück + Bewegung = 1. Klasse!

In einer gemeinsamen Maßnahme mit dem Kreis und der Stadt Paderborn konnten

mehr als 3.500 Schulanfängerkinder im Jahr 2009 an der PAPI-Aktion „Frühstück +

Bewegung = 1. Klasse!“ teilnehmen. Sie stellt eine Erweiterung des Teilprojekts

„Frühstück = 1. Klasse“ dar, welches Bestandteil der Erarbeitung des Qualitätsleitbil-

des war. Das Ziel war es, das die Schulanfängerkinder in der Region das gute Schul-

frühstück und Bewegung im Schulalltag schon bei ihrem ersten Besuch in der

Grundschule kennen und schätzen lernen. Um dieses zu erreichen wurden folgende

Maßnahmen ergriffen:

• Verteilung von Brotdosen (gesponsert durch Stadt und Kreis Paderborn) und

Softbällen (gesponsert durch die Universität) an die zukünftigen Erstklässler

• In den Brotdosen wurde zusätzlich der Leitfaden „Gesund und fit in die Grund-

schule…“ (vgl. Kap. 3.4.2) platziert, um Eltern und Kindern Handlungsempfeh-

lungen für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil mit auf den Weg zu ge-

ben

• Den Kindertagesstätten in Stadt und Kreis wurde die PaPiPu-Spielekartei (vgl.

Kap. 3.3.2) auf CD-Rom zugeschickt; sie konnten anschließend mit den

Schulanfängerkindern die Spielekartei basteln und den Kinder für die Schule

mit auf den Weg geben

• Die Vernetzung zwischen Kindertagesstätten und Grundschulen wurde ge-

stärkt z.B. bei der Absprache von Terminen zum ersten Besuch der Kinder

und der Organisation des gesunden Frühstücksbuffets in der Grundschule

• ErzieherInnen und LehrerInnen wurden gebeten, mit den Eltern das Gespräch

über gesundheitsförderliches Verhalten zu suchen

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 52

Die Aktion wurde überwiegend positiv aufgenommen, wenngleich sich zwischen eini-

gen Kindertagesstätten und Grundschulen eine nicht befriedigende Kommunikation

zeigte. Um einen in jeder Hinsicht gelungenen Übergang der Kinder in das Schulle-

ben zu gewährleisten ist aber gerade diese Zusammenarbeit von sehr großer Bedeu-

tung, nicht nur für die Gesundheitsförderung.

Mitmach-Choreographie „Beweg Dich!“

Im Rahmen eines Studienprojektes des Arbeitsbereichs „Sport und Erziehung“ der

Universität Paderborn wurde ein Lied komponiert und ein Tanz entwickelt. So sollten

die GrundschülerInnen dazu animiert werden, sich zu bewegen. Der kindgerechte

Song wurde in Zusammenarbeit mit dem Tonstudio Sound-Pool (www.sound-

pool.net) produziert. Die Gestaltung des Tanzes wurde durch die Studierenden vor-

genommen und bei einem Workshop 18 Lehrerinnen vermittelt. Neben einer Audio-

CD wurde eine Lern-DVD erstellt, durch die die Möglichkeit einer über den Workshop

hinausgehenden Verbreitung des Tanzes geschaffen wurde. CDs und DVDs wurden

bei verschiedenen Gelegenheiten (Veranstaltungen, Fortbildungen) an Multiplikato-

ren verteilt. Durch den regionalen Radiosender Radio Hochstift wurde mehrfach über

das Projekt berichtet und der Song im Radio gespielt. Über die Internetseite des Pro-

jekts steht der Song zum Download bereit.

3.5.3 Fazit

Wissenschaftliche Vorarbeiten für eine basale Orientierung der Beteiligten, was im

Rahmen der Adipositasprävention für die Zielgruppe der 6 bis 10- Jährigen sinnvoll

ist, waren unbedingt nötig. Das Kerngeschäft von Schulen liegt nicht in diesem wis-

senschaftlichen Bereich. Diese Vorarbeit konnte vom PAPI-Team erfolgreich im Qua-

litätsleitbild für die Adipositasprävention dokumentiert werden. Die überaus erfolgrei-

che Arbeit in den sechs Modellschulen zeigt, dass eine externe fachliche und

motivationale Unterstützung zu guten bis sehr guten Ergebnissen führt und diese

auch nachhaltig in den Handlungsfeldern „Besser essen“ und „Mehr bewegen“ von

den Schulen umgesetzt und weiterentwickelt werden. Im Handlungsfeld „Schule ent-

wickeln“ bestehen in Schulsystemen grundsätzliche Defizite, die unabhängig vom

Thema der Qualitätsentwicklung eine erfolgreiche Qualitätsentwicklung verhindern

(Kommunikationsstrukturen, Umgang mit Hemmnissen, zielorientiertes Handeln,

teamorientiertes Arbeiten, Elternansprache und Umgang mit Eltern, etc.).

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 53

Da sich die Bildungslandschaft in NRW – besonders in den Grundschulen (siehe

3.5.1) – zeitgleich zur Projektlaufzeit in zahlreichen Umstrukturierungsprozessen be-

fand, konnte die inhaltliche Arbeit (noch) nicht auf funktionierende Strukturen auf-

bauen. Das neu eingerichtete Bildungsbüro des Kreises wird sich erst nach Orientie-

rung und Strukturierung dem Thema „Gesundheitsbildung“ widmen. Funktionierende

Strukturen wären nötig gewesen, um auch die letzten Arbeitsschritte erfolgreich

durchführen zu können. Eine Verlängerung der Projektlaufzeit für dieses Modul hätte

weitere wichtige Erkenntnisse in der Qualitätsentwicklung von Schulen zur Gesund-

heitsförderung gebracht. Das PAPI-Projekt war in dieser Hinsicht „seiner Zeit vo-

raus“.

Als fördernde Faktoren konnten ausgemacht werden:

• Empathie und Fachkompetenz sind in Kombination entscheidende Faktoren

dafür, dass Menschen andere Menschen (Erwachsene und Kinder) auf ver-

schiedenen Ebenen für ein Ziel sensibilisieren, motivieren, fortbilden, gemein-

sam einem Ziel näher kommen oder es im Rahmen eines definierten Zeit-

raums erreichen.

• Verbindliche (Ziel-) Vorgaben helfen Multiplikatoren, gesundheitsfördernde

Maßnahmen in den Alltag zu integrieren; sie geben Sicherheit und Orientie-

rung. Begrenzte Entscheidungsspielräume für die Ausgestaltung müssen er-

halten bleiben, um die Motivation zu erhalten und die eigenen Kompetenzen

weiter zu entwickeln.

• Ein ausreichendes Grundbudget für die Umsetzung von gesundheitsfördern-

den Maßnahmen in Schulen sichert ihre Durchführung. Es erspart den Multi-

plikatoren die zusätzliche Arbeit des Fundraising, das grundsätzlich nicht zum

Kerngeschäft und Kompetenzbereich von Pädagogen gehört.

• Kapazitäten und Kompetenzen für die Kommunikation gesundheitsfördernder

Maßnahmen in Schulen helfen, auch die Zielgruppe der Eltern zu erreichen.

„Tut Gutes und sprecht darüber“ sollte in beiden Bereichen entwickelt werden.

Der Schwerpunkt in den Schulen liegt derzeit in dem Bereich des „Gutes tun“,

das „darüber sprechen“ würde es ermöglichen, Gesundheitsförderung zum

Mainstream, zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen.

• Niederschwellige, regionale und verfügbare Angebote werden für den Einstieg

in eine regionale schulische Qualitätsentwicklung zur Gesundheitsförderung

benötigt. Die Hürde für den Einstieg in ein NRW-Netzwerk zur Gesundheits-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 54

förderung, wie es das Landesprogramm Bildung und Gesundheit vorsieht, ist

für viele Schulen zu hoch.

• Grundsätzliche Qualitätsanforderungen an die gesundheitliche Fürsorge und

die Gesundheitsförderung in Schulen z. B. im Rahmen der Qualitätsanalyse

NRW müssen definiert werden (diese sind in der derzeitigen Qualitätsanalyse

nicht vorgesehen).

Als hemmende Faktoren gelten:

• Es gab zu starre Vorgaben zur Verwendung des Budgets und der Berichter-

stattung (Maßnahmenplanung, Dokumentation von Abweichungen, Umwid-

mungen, …) im Rahmen des Projektes von Seiten des Auftraggebers

(BMELV).

• Verwaltungsstrukturen sind (noch) nicht auf Querschnittsaufgaben, wie

Adipositasprävention vorbereitet und denken bzw. handeln eher in Abteilun-

gen.

Bewährt haben sich im Rahmen der vorherrschenden Verhältnisse alle vorgenom-

menen Interventionen. Im Sinne des verantwortlichen Ressourceneinsatzes war es

besonders sinnvoll, abweichend von der ursprünglichen Projektplanung die weitere

Vorgehensweise zu reflektieren und fakultativ eine andere Strategie zu entwickeln.

So wurde rechtzeitig erkannt, dass eine Intervention im Hinblick auf die Entwicklung

der Strukturen für die Fort- und Weiterbildung auf regionaler und Landesebene ei-

nem „Kampf gegen Windmühlen“ gleichgekommen wäre.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 55

3.6 Modul Elternarbeit

3.6.1 Voraussetzungen

• Zusammenarbeit mit Eltern ist als querschnittliche Aufgabe von besonderer

Bedeutung für „PAPI“. Eltern bekleiden eine Schlüsselposition, wenn eine

nachhaltige Adipositasprävention und –intervention für Kinder angestrebt wird.

Nur durch die intensive Einbindung von Eltern können Maßnahmen zur Prä-

vention und Intervention nachhaltig und wirkungsvoll umgesetzt werden.

• Eltern sind verantwortlich für die häuslichen Rahmenbedingungen, in denen

Kinder aufwachsen. Sollen gesundheitsförderliche Maßnahmen Kindergarten-

und Grundschulkinder erreichen, stellen Eltern, neben der institutionellen Ein-

richtung, einen wichtigen Zugangsweg dar. Nur durch ihre Sensibilisierung, In-

formation und praxisorientierte Konzepte, die sich leicht in den Alltag integrie-

ren lassen, können für Kinder ernährungs- und bewegungsbezogen Rahmen-

bedingungen geschaffen werden, die ihre gesunde Entwicklung fördern und

der steigenden Prävalenzrate von Übergewicht und Adipositas bei Kindern

langfristig entgegenwirken.

• ErzieherInnen und LehrerInnen fungieren als Multiplikatoren und stellen den

wichtigsten Zugangsweg zu den Eltern dar. Damit sie jedoch diese Funktion

wahrnehmen können, müssen sie ebenfalls für die Themen Übergewicht und

Adipositas sensibilisiert und informiert werden. Nur auf diesem Wege können

Strukturen zur Senkung der Übergewichts- und Adipositasprävalenzrate bei

Kindern sowie Interventionsmaßnahmen nachhaltig und umfassend imple-

mentiert werden.

• Sozial benachteiligte Menschen erkranken häufiger und sind in höherem Ma-

ße von Adipositas betroffen. Die Ursache wird in den materiellen und psycho-

sozialen Ressourcen und Belastungen sowie dem Gesundheitsverhalten der

Familien gesehen.

• In Bildungseinrichtungen mit Eltern mit sozialer Benachteiligung und/oder Mig-

rationshintergrund sind zudem Sprachbarrieren abzubauen und zielgruppen-

spezifische Arbeit zu leisten, um Inhalte und Maßnahmen zu kommunizieren.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 56

3.6.2 Beschreibung der Maßnahmen

Im Modul „Elternarbeit“ wurde eng mit vorschulischen Bildungseinrichtungen und

Grundschulen bzw. deren pädagogischen Fachpersonal (ErzieherInnen, LehrerIn-

nen) zusammengearbeitet, um die Eltern als Zielgruppe zu erreichen. Auf diesem

Weg sollten Maßnahmen zur Prävention und Intervention von Übergewicht und Adi-

positas bei Kindern im Alter von 3 bis 10 Jahren verankert werden.

Mit dem Besuch einer vorschulischen Bildungseinrichtung oder Grundschule werden

ErzieherInnen und LehrerInnen zu prägenden außerfamiliären Bezugspersonen. Für

Eltern werden sie zu wichtigen Ansprechpartnern, um Erziehungs- und Bildungspro-

zesse des Kindes optimal auszugestalten. Die Kommunikation und Zusammenarbeit

mit Eltern stellt daher eines der wichtigsten Mittel dar, um zwischen vorschulischen

und schulischen Bildungseinrichtungen auf der einen Seite und familiären Strukturen

auf der anderen Seite zu vermitteln. Es gilt als unumstritten, dass die grundsätzliche

Übereinstimmung in Zielen und Werten von ErzieherInnen bzw. LehrerInnen und El-

tern die Entwicklung von Kindern nachhaltig fördert.

Die Ziele des Moduls „Elternarbeit“ lagen darin, eine Qualitätsverbesserung in der

Elternarbeit zu erzielen. Eltern sollten als wesentliches Bindeglied zwischen vorschu-

lischen und schulischen Bildungseinrichtungen und dem Kind stärker in die Struktu-

ren der Einrichtungen eingebunden werden, so dass ein wechselseitiger Austausch

möglich war bzw. verbessert wurde.

Alle Maßnahmen sollten durch Vernetzung nachhaltig verankert werden, so dass ihr

Fortbestand auch nach Projektende gesichert war.

Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen

Das Fortbildungskonzept des Moduls „Elternarbeit“ wurde bezogen auf die Projektar-

beit in Kindertageseinrichtungen in zwei Phasen unterteilt. In der ersten Phase wur-

den Fortbildungen für das pädagogische Personal im Rahmen der ersten Modellpha-

se des Moduls „Kindertageseinrichtungen“ (vgl. Kap. 3.3.2) durchgeführt. Folgende

Aspekte wurden hierbei berücksichtigt:

• Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten von Eltern und ErzieherInnen

• Organisation von Elternabenden zur Wissensvermittlung

• Förderung der Kommunikation mit Eltern in Bezug auf die Gesundheitsförde-

rung von Kindern

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 57

• Besondere Ansprache von Eltern mit Migrationshintergrund bzw. mit sozialer

Benachteiligung

Befragungen in den Einrichtungen ergaben, dass durchschnittlich ein Drittel der El-

tern an Elternabenden teilnahmen, hiervon aber weniger als 25% Eltern mit Migrati-

onshintergrund waren. Das Thema „Gesunde Ernährung“ wurde nur in einer Einrich-

tung thematisiert. Elterngespräche wurden vor allem während der Bring- und Abhol-

zeiten geführt. Zwei Kindertagesstätten gaben an, dass sich die Gespräche zwischen

deutschen Eltern und Eltern mit Migrationshintergrund unterscheiden. Eltern mit Mig-

rationshintergrund müssten oftmals von den ErzieherInnen angesprochen werden

und seien ruhiger und zurückhaltender.

Die Fortbildungen wurden positiv angenommen und die Inhalte in die Praxis umge-

setzt. Es konnten wertvolle Anregungen für die Kommunikation und die Bewältigung

schwieriger Elterngespräche gegeben werden, die von Seiten der ErzieherInnen an-

genommen und erfolgreich umgesetzt wurden.

In einer zweiten Modellphase, die von den Maßnahmen des Moduls „Kindertagesein-

richtungen“ entkoppelt war, wurden die Inhalte aus der Theorie in die Praxis umge-

setzt. Hierbei ging es für die Einrichtungen darum, selbstständig Projekte zu den

Themen Bewegung und Ernährung in Zusammenarbeit mit Eltern zu initiieren, umzu-

setzen und zu dokumentieren. Die Dokumentation der Projekte diente zum einen der

Erfolgskontrolle für die Einrichtungen selbst, zum anderen sollten sie sich gegensei-

tig über ihre Projekte informieren. Auf diese Weise wurde der Grundstein für einen

Austausch untereinander gelegt und die Vernetzung gefördert.

Vier der sechs Modelleinrichtungen ermittelten anhand einer Checkliste Handlungs-

bedarfe, formulierten daraus Ziele und initiierten Projekte. Diese lassen sich in vier

Kategorien einteilen:

• Elternabende, Elternnachmittage

• Kinder und Eltern sind gemeinsam aktiv

• Verstärkung des Austausches zwischen Eltern

• Eltern werden aktiv und bringen sich in den Alltag der Einrichtung ein

In Einrichtungen, in denen kein offenes Konzept angestrebt wurde, empfanden die

ErzieherInnen die Zusammenarbeit mit Eltern eher als Belastung. Elternaktivitäten

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 58

wurde ein sehr enger Rahmen gesetzt, mit dem Resultat, dass Eltern in diesen Ein-

richtungen weniger engagiert waren als in anderen Einrichtungen.

Ebenso scheint die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Eltern abhängig von der Ein-

stellung der ErzieherInnen und vor allem der Leitung zu sein. Je zugewandter, offe-

ner und lösungsorientierter die Leitung in Bezug auf die Eltern (und ihre Mitarbeite-

rinnen) ist, desto reibungsloser, intensiver und persönlicher zeigte sich die Zusam-

menarbeit mit Eltern, welches sich auch im erhöhten Engagement der Eltern in der

Einrichtung widerspiegelte. Pessimistische, resignierte, problemorientierte Einstel-

lungen des Teams in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Eltern erwiesen sich als

kontraproduktiv. Dies wurde besonders in Bezug auf sozial benachteiligte Eltern und

solchen mit Migrationshintergrund deutlich.

Manchen Kindertagesstätten fiel es zunächst schwer, sich zusätzlich zu ihren Aufga-

ben im Alltag Projekte zu überlegen und zu organisieren. Anhand der zur Verfügung

gestellten Checklisten, den Fortbildungen aus der ersten Modellphase und der per-

sönlichen Betreuung, Beratung und Unterstützung durch das PAPI-Team wurden

sehr viele Ideen (teilweise sogar mehr als zunächst erwartet) umgesetzt. Den Teams

gelang es, einige Eltern für einzelne Projekte zu motivieren. Es kamen – auf Nachfra-

ge – sogar Vorschläge aus dem Elternkreis. Zudem waren die ErzieherInnen mit der

Systematik (Planung, Durchführung, Reflektion) sehr zufrieden. Die meisten Projekte

sind so erfolgreich durchgeführt worden, dass sie als regelmäßiges Angebot etabliert

wurden.

In die Coachingreihe „Besser essen. Mehr bewegen. – In Kindertageseinrichtungen“

wurden Maßnahmen zur Elternarbeit integriert. Zum einen wurde ein Workshop „We-

ge in eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Eltern“, zum anderen eine Indoor-

Fortbildung zum Thema „Wege einer erfolgreichen Kommunikation zwischen Erzie-

herInnen und Eltern“ angeboten (vgl. Kap. 3.3.2). Der Workshop richtete sich an das

pädagogische Fachpersonal, welches in der Arbeitsgruppe „Zusammenarbeit mit El-

tern“ der jeweiligen Einrichtung aktiv war. Einerseits wurden Grundprinzipien für eine

erfolgreiche Zusammenarbeit von ErzieherInnen und Eltern vermittelt. Zum anderen

wurden verschiedene Formen der Zusammenarbeit vorgestellt. Der Bezug zur All-

tagspraxis gelang durch verschiedene Übungen, in denen auch die negative Seite

(Elternverärgerung) aufgegriffen wurde. Im Rahmen der kollegialen Fort- und Weiter-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 59

bildung sollten die Inhalte der Fortbildung an die gesamten pädagogischen Teams

weitergegeben werden.

Die Indoor-Fortbildung wurde auf die Klärung der Frage ausgerichtet, wie effektiv mit

Eltern kommuniziert werden kann. Neben der Inhaltsvermittlung zur Gesprächsfüh-

rung wurden „schwierige Elterngespräche“ thematisiert und Kommunikationsübungen

durchgeführt. Es wurde deutlich, dass eine Zusammenarbeit mit Eltern nur auf part-

nerschaftlicher Ebene umsetzbar ist; dies erlaubt den Eltern mehr Möglichkeiten zur

Eigeninitiative und Einbringung von Ideen.

In der Reflektion der Coachingreihe wurde von den Teilnehmerinnen angegeben,

dass die Kommunikation und Zusammenarbeit mit Eltern hinsichtlich gesundheitsre-

levanter Themen verbessert werden konnte.

Gesundheitsführerschein

Der Gesundheitsführerschein stellt ein umfassendes Konzept zur

Adipositasprävention dar. Er besteht aus fünf Bausteinen, die eng miteinander ver-

bunden sind und aufeinander aufbauen (vgl. Abb. 12).

Abb. 12. Fünf Bausteine des Gesundheitsführerscheins

Er richtet sich gleichermaßen an Eltern und Kinder im Kindergartenalter. Die Kinder-

tageseinrichtungen bieten den Rahmen für die Umsetzung des Gesundheitsführer-

Bonusheft

Urkunde Gesundheits-führerschein

Familienkalender

Wochenaufgabe Karteikartensystem

Bewegungsaufgaben

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scheins. Zu den fünf Bausteinen gehören der Familien-Kalender und das Karteikar-

tensystem „‘Häusliche Bewegungsräume‘ für Kinder im Vorschulalter“ (vgl. Kap.

3.3.2), ein Bonusheft, Bewegungshausaufgaben und die Urkunde „Gesundheitsfüh-

rerschein“. Zusätzlich erhalten die Einrichtungen ein Begleitheft, welches die An-

wendung des Gesundheitsführerscheins beschreibt und Materialien zur Dokumenta-

tion der Angebote zur Verfügung stellt.

Das Bonusheft besteht aus den drei Themenfelder „Ernährung“, „Bewegung“ sowie

„Vorsorgeuntersuchungen“ und soll mit Unterstützung durch die ErzieherInnen umge-

setzt werden. Innerhalb eines Kindergartenjahres müssen Kinder jeweils fünf The-

menfelder aus den Bereichen Ernährung und Bewegung bearbeiten. Es ist vorgese-

hen, dass diese Themenfelder im Rahmen des Kindergartenalltags von Seiten der

ErzieherInnen angeboten und gemeinsam mit den Kindern geübt werden. Im Gebiet

Ernährung soll kindgerechtes Wissen zu den Themen Getränke, Obst & Gemüse,

Getreide, Frühstück und Milch & Milchprodukte vermittelt werden. Im Bereich Bewe-

gung sollen Themenfelder wie Werfen, Balancieren, Rollen, Springen und Laufen

angeboten und geübt werden. Hierbei geht es vor allem darum, Kindern in diesen

Bereichen verschiedene Körpererfahrungen zu ermöglichen und ihre Fähigkeiten und

Fertigkeiten zu schulen.

Erst wenn die Kinder alle Themenfelder bearbeitet haben und dies entsprechend in

dem Bonusheft vermerkt wurde können sie an der Abschlussprüfung für den

Gesundheitsführerschein teilnehmen. In welchem Rahmen die ErzieherInnen die

Themenfelder gemeinsam mit den Kindern umsetzen, liegt in ihrem Ermessen. Hier-

bei sind außer der thematischen Bindung keine festen Vorgaben vorgesehen. Die

Ausgestaltung kann individuell nach Wissenstand der jeweiligen Gruppe flexibel von

der Erzieherin vor Ort entschieden werden. Auf diese Weise soll den Disparitäten

zwischen den einzelnen Einrichtungen aber auch dem verschiedenen Voraussetzun-

gen der unterschiedlichen Altersgruppen innerhalb einer Einrichtung Rechnung ge-

tragen werden. Für Eltern sind jeweils zwei Veranstaltungen aus den Bereichen Er-

nährung und Bewegung vorgesehen, die innerhalb eines Kindergartenjahres durch-

geführt werden sollen (hierbei ist es auch möglich, dass Eltern selbst Aktionen anbie-

ten). In welchem Rahmen diese Aktionen stattfinden, kann von der Einrichtung, den

verantwortlichen ErzieherInnen sowie dem Elternrat der Einrichtung selbst bestimmt

werden. Die Teilnahmen an regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen sind ebenso wie

die durchzuführenden Aktionen von Kindern und Eltern eine Grundvoraussetzung zur

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 61

Teilnahme an der Prüfung zum Gesundheitsführerschein. Sie bilden eine wichtige

Voraussetzung für ein „unbeschwertes“ Aufwachsen von Kindern.

Die Vorsorgeuntersuchungen, an denen Kinder regelmäßig teilnehmen sollen, sind

gegliedert in zahnärztliche Vorsorge- und kinderärztliche Früherkennungs-

untersuchungen.

Über die Bewegungshausaufgaben, die Kinder einmal wöchentlich erhalten, sollen

Bewegungsaufgaben den Weg ins häusliche Umfeld finden. Hierdurch werden ver-

schiedene Ziele verfolgt. Zum einen sollen Kinder langfristig auf ihre Prüfung zum

Gesundheitsführerschein vorbereitet werden. Zum anderen sollen Eltern für das

Thema Bewegung sensibilisiert werden. Eltern, die nicht am Elterncafé in der Einrich-

tung teilnehmen, sollen auf diesem Weg interessante Anregungen zur Nutzung häus-

licher Bewegungsräume bekommen. Das hat zum Ziel, sie für dieses Thema zu inte-

ressieren und für eine gemeinsame Umsetzung mit den Kindern zu motivieren. El-

tern, die diese Übungen bereits aus dem Elterncafé kennen sollen auf diesem Weg

die Möglichkeit erhalten, die Bewegungsideen regelmäßig aufzugreifen und im Alltag

gemeinsam mit ihren Kindern anzuwenden. Auf dem Handzettel mit der Bewegungs-

hausaufgabe ist jeweils eine Übung aus dem Karteikartensystem zu sehen. Das soll

zum einen für Eltern und Kinder den Wiedererkennungswert steigern und zum ande-

ren Eltern, die das Karteikartensystem noch nicht kennen, neugierig und aufmerksam

machen. Die Möglichkeit, jeweils ein Hasen-Bild auf der Hausaufgabe auszumalen

soll die Hausaufgabe für Kinder noch attraktiver machen. Dies führt dazu, dass sie

sich länger mit ihrer Hausaufgabe auseinander setzen; zudem erhält die Hausaufga-

be auf diesem Wege einen persönlichen und individuellen Charakter. Auf diesem

Wege wird erreicht, dass die Hausaufgabe nach Durchführung nicht vernichtet wird,

sondern vielmehr von den Kindern z. B. in einer Mappe gesammelt wird.

Der Prüfungstag soll ein positives Erlebnis für Eltern und Kinder darstellen. Aus die-

sem Grund organisieren Eltern und ErzieherInnen dieses Ereignis für die Kinder ge-

meinsam. Die Prüfung zum Gesundheitsführerschein wird in der jeweiligen Kinderta-

geseinrichtung vor Ort von den ErzieherInnen in Zusammenarbeit mit Eltern durchge-

führt. Die Prüfung selbst muss von Eltern und Kindern gemeinsam abgelegt werden.

Die Prüfungsthemen sollen gemäß dem Bonusheft aus den Bereichen Ernährung

und Bewegung stammen.

In der Umsetzung sind die Kindertageseinrichtungen weitestgehend autonom. Es gibt

keine einheitlichen Prüfungsaufgaben für alle Kindertageseinrichtungen, vielmehr

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 62

sollen sich die Prüfungsaufgaben an den Angeboten der Kindertageseinrichtungen

für Eltern und Kinder orientieren, die thematisch zur Ernährung und Bewegung im

Laufe des Jahres umgesetzt wurden. Als Zulassungsvoraussetzung gelten allerdings

das vollständige Bonusheft und die regelmäßige Durchführung der Bewegungsauf-

gaben im häuslichen Umfeld. Für die Prüfung sind keine einheitlichen Kriterien für

alle Kinder vorgesehen, da sie gemäß ihrem Entwicklungsstand unterschiedliche Vo-

raussetzungen mitbringen. Die Kinder sollen demnach individuell nach ihrem Ent-

wicklungsstand geprüft werden. Auf diesem Weg wird einer möglichen Überforderung

vorgebeugt und sichergestellt, dass alle Kinder die Prüfung zum Gesundheitsführer-

schein bestehen.

Als Bestätigung für die bestandene Prüfung erhalten die Kinder die Urkunde

„Gesundheitsführerschein“ (vgl. Abb. 13).

Abb. 13. Urkunde „Gesundheitsführerschein“

Der Gesundheitsführerschein wurde in den zwei Einrichtungen der ersten Modellpha-

se, die nicht an der zweiten Modellphase der Elternarbeit teilnahmen, erprobt. Insge-

samt wurde die Idee des Gesundheitsführerscheins positiv bewertet. Die Kinder führ-

ten die Aufgaben in der Einrichtung und zum Teil auch zu Hause mit viel Spaß durch

und wurden von den Eltern intensiv unterstützt. Vorgeschlagen wurde, die Hausauf-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 63

gaben nicht jede Woche mitzugeben, sondern in größeren zeitlichen Abständen. Eine

Einrichtung verteilt eine Zeitung, welche drei- bis viermal pro Jahr erscheint. Hier

könnten jedesmal mehrere Aufgaben auf einer Seite abgedruckt werden. So wird ei-

ne Regelmäßigkeit und kostengünstige Verbreitung gewährleistet.

Der Familienkalender wurde in der angedachten Art leider kaum genutzt. Als Grund

hierfür wurde angegeben, dass er zu schwer ist, um ihn an die Wand zu hängen. Als

liegender Kalender wird er häufig übersehen. Zur besseren Handhabbarkeit wurde

gewünscht, den Kalender auf dünneres Papier zu drucken, damit er z. B. über dem

Küchentisch aufgehängt werden kann. So wäre er täglich im Blickfeld und würde in-

tensiver genutzt werden.

Zum Teil wurde angeregt, die kinderärztlichen und zahnärztlichen Vorsorgeuntersu-

chungen nicht mit aufzuführen bzw. die Eintragung nicht als Bestandteil der Prüfung

anzusehen, sondern als zusätzliche Information auf freiwilliger Basis.

Inhalte, Layout, Materialform/ -art und Handhabung wurden als gut bewertet, die

Übungen für Kinder und Eltern seien ansprechend gestaltet und weitgehend alters-

angemessen und ohne Probleme verständlich und durchführbar. Gewünscht wurde

eine Übersetzung in mehreren Sprachen, damit Eltern mit Migrationshintergrund, die

nicht oder nicht gut deutsch sprechen, diese Materialien noch besser nutzen können.

Für die weitere Handhabung wurde vorgeschlagen, die Übungen zwar immer im Lau-

fe eines KiTa-Jahres (durch verschiedene Aktionen), die Dokumentation im Bonus-

heft und die Prüfung jedoch nur alle drei Jahre durchzuführen. Begründet wurde dies

mit dem sonst sehr hohen zeitlichen Aufwand für die ErzieherInnen und der Abnei-

gung einiger Eltern gegenüber zu vielen Verpflichtungen. Im 3-Jahres-Rhythmus

würde jedes Kind während des Besuchs der Einrichtung einmal eine Prüfung ablegen

und die Urkunde erhalten. Die Verteilung der Materialien an alle Kinder setzt voraus,

dass diese kostengünstig zu erwerben sind. Eine finanzielle Unterstützung der Träger

oder Sponsoren scheint hier sinnvoll. Für die meisten Kindertageseinrichtungen

kommt eine Eigenherstellung nach Dokumentenvorlagen nicht in Frage, da kein

Farbkopierer vorhanden ist bzw. Farbausdrucke sehr teuer sind. Außerdem wäre dies

ein zusätzlicher enormer Zeitaufwand für die Erzieherinnen, der nicht zu leisten ist.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 64

Maßnahmen in Grundschulen

Im Rahmen des Schuljahres 2007/2008 wurden erfolgreich 18 Projekte von den Mo-

dellschulen zur Schulentwicklung umgesetzt (vgl. Kap. 3.5.2). Im Querschnittsbereich

„Zusammenarbeit mit Eltern“ ergaben sich insgesamt drei Projekte:

• Projekttag „Besser essen. Mehr bewegen.“ – Gewinnung von Eltern für die

Gesundheitsförderung

• „Walking Bus – läuft wieder“ – Förderung eines aktiven Schulwegs und

• „Eltern und Schule – Förderung des Bewusstseins von Eltern für eine gesund-

heitsförderliche Ernährung“

Bei allen drei Projekten wurden Eltern aktiv in die Planung, Organisation und Umset-

zung einbezogen. Die Projektdetails können dem Qualitätsleitbild für die

Adipositasprävention in Grundschulen (in der Anlage bzw. online erhältlich) entnom-

men werden.

Eltern weisen generell eine große Distanziertheit zu Aktivitäten in der Grundschule

auf. Verantwortlich hierfür sind nicht nur die Hemmschwellen der Eltern gegenüber

der Institution Schule, sondern auch fehlende Strukturen zur Förderung und Integra-

tion von Elternaktivität von Seiten der Schule. In den Projekten konnte gezeigt wer-

den, dass Eltern dann Engagement zeigen, wenn sie das Gefühl haben, sich aktiv

beteiligen zu dürfen und entsprechend in die Vorhaben und Planungen einbezogen

zu werden. Die Grundvoraussetzung für eine Steigerung des Engagements von El-

tern ist demnach die Öffnung der Institution Schule. Schuleitungen und LehrerInnen

müssen nicht nur gemeinsam Betätigungsfelder für Eltern schaffen, sondern den

Wunsch nach elterlichem Engagement kommunizieren. Die größte Barriere für Eltern

zur Beteiligung an Schulaktivitäten ist nach eigenen Aussagen die Angst, etwas

falsch zu machen, was sich dann nachteilig auf ihr Kind auswirkt. Darüber hinaus

bemängeln Eltern, dass sie im Rahmen der Elternarbeit häufig lediglich Hilfsarbeiten

übernehmen dürfen, was natürlich die Motivation senkt, sich anderweitig in den

Schulalltag einzubringen. Von Seiten der Lehrer erfordert die erfolgreiche Zusam-

menarbeit mit Eltern eine Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die Rolle des

Lehrers sollte über die des Unterrichtsvermittlers hinaus gehen und auch das Umfeld

der Schüler mit einbeziehen. Hierfür müssen sich die LehrerInnen zunächst der Vor-

teile der intensiven Zusammenarbeit mit Eltern bewusst werden und im Rahmen des

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 65

Kollegiums gemeinsam Ziele für die Zusammenarbeit bestimmen. Im Rahmen der

Projekte wurde deutlich, dass diese Ziele für eine Zusammenarbeit mit Eltern derzei-

tig in den Grundschulen noch gar nicht bestimmt sind, weil LehrerInnen dieses Hand-

lungsfeld für ihre Grundschule bisher nicht erkannt haben. Sie erwarten zwar Enga-

gement der Eltern, jedoch lediglich als unterstützende Arbeit in ihrem Sinne.

Um Vertrauen aufzubauen und Zusammenarbeit zu fördern, bedarf es eines regel-

mäßigen Austausches und der Arbeit an gemeinsamen Themen. Die Installation ei-

ner gemeinsamen Arbeitsgruppe von LehrerInnen und Eltern wäre vor diesem Hin-

tergrund sinnvoll. Um solch eine Arbeitsgruppe dauerhaft umzusetzen müssten je-

doch zunächst von Seiten der Schule die Förderung der Zusammenarbeit mit Eltern

in das Schulprofil aufgenommen werden und Handlungsfelder, Ziele und Aufgaben

der Arbeitsgruppe gemeinsam durch das Lehrerkollegium definiert werden. Darüber

hinaus müssten Räumlichkeiten und Personal für diese Arbeitsgruppe zur Verfügung

gestellt werden und in einem weiteren Schritt Eltern über diese Arbeitsgruppe als

fester Bestandteil der Schulentwicklung informiert werden. Hier können auch zum

Teil divergierende Vorstellungen der Aufgaben von Schule und Elternhaus sowie un-

terschiedlicher Erziehungsmethoden geklärt werden.

Maßnahmen zur Vernetzung

Zusätzlich zu den oben beschriebenen Maßnahmen im Bereich der Kindertagesstät-

ten und Grundschulen wurden verschiedene Vernetzungsaktivitäten durchgeführt. Es

wurden zwei Vernetzungstreffen mit Ernährungsberatern und Diätassistentinnen so-

wie weiteren Interessierten aus verschiedenen Initiativen und Organisationen veran-

staltet. Die Konzepte und Produkte des PAPI-Projektes wurden vorgestellt und mögli-

che Synergieeffekte diskutiert. Auf diesem Wege entstand eine Kooperation mit dem

Elternforum der Bezirksregierung Detmold und der Stadtschulpflegschaft Paderborn.

Im Rahmen des 3. Elternforums der Bezirksregierung unter dem Titel „Willkommen in

unseren Schulen!“ wurde ein Workshop zum Thema „Elternmitwirkung in einer guten

gesunden Schule“ angeboten. Es zeigte sich allerdings, dass Themen wie Mobbing,

Medienkonsum und der Übergang in die Berufswelt stärker nachgefragt werden als

Gesundheitsthemen.

Zum Erfahrungsaustausch über die Adipositasprävention bei Menschen mit sozialer

Benachteiligung wurden unter anderem Vertreter der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas,

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 66

der Diakonie, des Deutschen Roten Kreuzes und von Migrationsverbänden eingela-

den. Folgende Aspekte wurden unter anderem in der Diskussion deutlich:

• Wenn in einer Kindertageseinrichtung viele Kinder mit Migrationshintergrund

sind und ein gemeinsames Frühstück angeboten wird, sollte darauf geachtet

werden, dass auch auf nicht-deutsche Frühstücksrituale und Essgewohnhei-

ten Rücksicht genommen wird.

• Sozial benachteiligte Eltern ohne Migrationshintergrund können häufig nicht

kochen.

• Singspiele werden in anderen Ländern anders gehandhabt. Dies sollte in der

Einrichtung berücksichtigt werden, evtl. können Singspiele von Eltern mit Mig-

rationshintergrund angeleitet werden oder von den Eltern der Erzieherin ge-

zeigt werden.

• Es existiert bereits eine Broschüre des Jugendamtes der Stadt Paderborn für

die Durchführung mehrsprachiger Elternabende zum Thema „Kinder auf dem

Weg des Lernens“. Es handelt sich um einen Leitfaden in türkischer und russi-

scher Sprache.

In Paderborn bestehen bereits vielfältige Arbeitsgruppen und Institutionen, die sich

mit dem Thema Integration beschäftigen, und mit denen ein reger Austausch gepflegt

wurde:

• Arbeitsgruppe „Übergang KiTa-Grundschule“ des Bildungsbüros Kind&Ko der

Stadt Padeborn

• Arbeitsgruppe „Schulische und berufliche Bildung – Migration und Integration“

des Projekts KOMM-IN der Stadt Paderborn

• Arbeitsgruppe „Migration und Gesundheit – Gesundheitsthemen in Sprachkur-

sen“ des Projekts KOMM-IN der Stadt Paderborn

• Integrationsbeauftragter der Stadt Paderborn

Die Botschaften des PAPI-Projekts konnten zu verschiedenen Gelegenheiten in diese

Arbeitsgruppen eingebracht und so wertvolle Synergieeffekte erreicht werden.

3.6.3 Fazit

Insgesamt lässt sich sowohl in vorschulischen als auch schulischen Bildungseinrich-

tungen feststellen, dass das Thema Zusammenarbeit mit Eltern häufig noch ein (für

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 67

alle Beteiligten) sehr ungeklärtes Gebiet ist. Den ErzieherInnen und LehrerInnen ist

zum Teil nicht klar, was sie genau von Eltern erwarten (können) und wie sie auf El-

tern zugehen sollen, um sie zur Beteiligung zu motivieren. Zur Unsicherheit in diesem

Gebiet trägt wesentlich bei, dass in der Erzieherausbildung die Themenbereiche El-

ternarbeit, sozial Benachteiligte, Familien mit Migrationshintergrund, Wirkung von

Einstellung und Verhalten sowie Kommunikationsstrategien nur am Rande und in der

Lehrerausbildung zum größten Teil gar nicht behandelt werden. ErzieherInnen und

LehrerInnen müssen ihren eigenen Weg finden, mit diesen Themen umzugehen; dies

ist häufig anstrengend, mit Rückschlägen verbunden und wird auch nicht zusätzlich

honoriert. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der Zusammenar-

beit mit Eltern keine hohe Priorität beigemessen wird. Jedoch lässt sich feststellen,

dass ErzieherInnen und LehrerInnen, die gute Erfahrungen in den Bereichen erleb-

ten, wesentlich motivierter und engagierter sind. Dies lässt sich auch damit begrün-

den, dass durch die Pflege der Kontakte zu Eltern eine aktivere Unterstützung ent-

steht. Problematisch ist es, wenn Eltern nur bei Problemen mit den Kindern oder als

Aufforderung für Sachspenden angesprochen werden. ErzieherInnen und LehrerIn-

nen dürfen elterliches Interesse nicht als Kontrolle missverstehen und fremde Wert-

vorstellungen nicht geringer einstufen als die eigenen.

Förderlich hingegen ist es, wenn die ErzieherInnen und LehrerInnen zu Themen der

Elternarbeit und Kultursensibilität qualifiziert werden, um in diesen Bereichen selbst-

sicherer zu werden und ihre Handlungskompetenzen zu erweitern. Darüber hinaus ist

es unabdingbar, dass ihnen genügend zeitliche Ressourcen zur Verfügung gestellt

werden, um angemessene Angebote zu gestalten.

In Institutionen mit hohem Migrationshintergrund ist es zudem sinnvoll, eine Fachkraft

einzustellen, die den gleichen kulturellen Hintergrund hat wie der Großteil der Fami-

lien oder zumindest die Sprache versteht und als Übersetzer dienen kann. Briefe an

die Eltern sollten in die jeweilige Familiensprache übersetzt werden. Darüber hinaus

ist eine Vernetzung mit Institutionen, die sich hauptberuflich mit Menschen mit sozia-

ler Benachteiligung und/ oder Migrationshintergrund beschäftigen (u. a. für gemein-

same Angebotsgestaltung, Unterstützung bei Übersetzungen und Verständigungs-

problemen) sinnvoll.

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3.7 Modulübergreifende Maßnahmen

Während der Projektlaufzeit wurden verschiedene Maßnahmen entwickelt und

durchgeführt, die nicht modul- bzw. altersspezifisch angelegt waren. Diese werden

im Folgenden vorgestellt und erläutert.

3.7.1 Leitfaden „…unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn!“

Der Leitfaden richtet sich an alle Menschen, die die Entwicklung von Kindern von der

Schwangerschaft bis zum Grundschulalter beeinflussen. Damit erstreckt sich die

Zielgruppe von Hebammen und Gynäkologen über die Eltern bis hin zu Grundschul-

lehrerInnen; darüber hinaus werden auch Verantwortliche in Institutionen und

Gesundheitsnetzwerken angesprochen. Jeder Erwachsene in Familie, Beruf und In-

stitution trägt eine Verantwortung für das unbeschwerte Aufwachsen von Kindern.

Der Leitfaden zeigt, dass auch kleine Beiträge große Wirkungen zeigen können. Je

nach dargestellter Altersgruppe werden die Bedürfnisse der Kinder dargestellt, Bot-

schaften an die Verantwortlichen formuliert und Praxisbeispiele für den Alltag gege-

ben.

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Abb. 14. Leitfaden „…unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn!“

Der Leitfaden (vgl. Abb. 14) wurde von allen ProjektmitarbeiterInnen gemeinsam er-

arbeitet und in Kooperation mit dem Zentrum für Sport und gesunde Lebensführung

OWL (ZSG) gestaltet. Die erste Auflage (5.000 Exemplare) wurde anschließend

durch die Techniker Krankenkasse gedruckt. Die Exemplare wurden kostenlos an die

angesprochenen Zielgruppen mit der Absicht verteilt, die Themen, Botschaften und

Ziele des PAPI-Projektes nachhaltig in Paderborn zu verankern. Nur wenn alle Hand-

lungsspielräume für die Vermeidung von Übergewicht und Adipositas gemeinsam

genutzt werden, kann ein Netzwerk für ein unbeschwertes Aufwachsen gelingen. Die

Reaktionen auf den Leitfaden waren sehr positiv, gelobt wurden vor allem der starke

Praxisbezug und die enthaltenen konkreten Handlungshinweise. Angeregt bzw. an-

gefragt wurde die Möglichkeit, den Leitfaden auch außerhalb des Kreises Paderborn

zu verbreiten.

3.7.2 Paderborner Erklärung

Im Rahmen des Weltkindertages 2008 und der Eröffnung des Familienservicecenters

des Kreises Paderborn unterzeichneten der Bürgermeister der Stadt Paderborn und

der Landrat des Kreises Paderborn auf Initiative des PAPI-Projekts die Paderborner

Erklärung zur Schaffung gesundheitsfördernder Rahmenbedingungen für das „unbe-

schwerte“ Aufwachsen von Kindern in Stadt und Kreis Paderborn. Der Bürgermeister

und der Landrat befürworten folgende Maßnahmen und unterstützen sie im Rahmen

ihrer Möglichkeiten unter Mitwirkung der zahlreichen PAPI-Netzwerkpartner:

• Aufklärung von Eltern über die eigene Vorbildfunktion und die prägende Rolle

des eigenen Ernährungs- und Bewegungsverhaltens auf die Herausbildung

der Lebensstile der Kinder.

• Sensibilisierung von Eltern in allen prägenden Lebensphasen ihrer Kinder für

die Bedeutung gesunder Ernährung und aktiver Lebensweisen für die Ent-

wicklung ihrer Kinder.

• Verbreitung von Maßnahmen und Hilfen zur Gesundheitsförderung im Alltag.

• Information aller Personen und Organisationen, die Verantwortung für das

Aufwachsen von Kindern tragen zum Einfluss von gesunder Ernährung und

aktiver Lebensweise auf die kindliche Entwicklung.

• Schulung der Akteure zu den Themen Ernährungsbildung und Bewegungser-

ziehung, damit sie als Multiplikatoren fungieren und darüber hinaus ihrerseits

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 70

gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen schaffen und hierfür eintreten

können.

• Vernetzung aller Verantwortlichen und Akteure bestehender Initiativen und In-

stitutionen, um Adipositasprävention und –intervention in Stadt und Kreis Pa-

derborn effektiv und nachhaltig zu verankern.

Als Beispiele für die Verpflichtungen, die der Bürgermeister und der Landrat mit der

Paderborner Erklärung eingehen, wurden folgende Punkte genannt:

• Kindgerechte Planung soll als wesentliches Merkmal von Stadtentwicklung

und Kommunalpolitik vorangetrieben werden. Die Spielleitplanung wird in die-

sem Zusammenhang als eine Planungs- und Entwicklungsaufgabe betrachtet,

die es dauerhaft zu verankern gilt.

• Die Weiterentwicklung des Verpflegungsangebotes in Kindertagesstätten und

Schulen soll nach den DGE-Qualitätsstandards vorangetrieben werden.

3.7.3 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wurde im Projekt als offensiver Kommunikati-

onsweg genutzt, um PAPI mit seinen Zielen und Maßnahmen in Stadt und Kreis Pa-

derborn einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Es wurde eine enge Kooperation mit

den regionalen Printmedien sowie dem Hörfunk aufgebaut. Mit Hilfe dieser Partner

konnte eine projektbegleitende Pressearbeit im Sinne von regelmäßiger Berichter-

stattung über den Projektstand erreicht werden. Zur Sensibilisierung der Öffentlich-

keit für das Thema Ernährung wurde durch das Regionalradio Radio Hochstift die

Kampagne „Ernährungsirrtümer“ in Zusammenarbeit mit dem PAPI-Projekt gesendet.

Da althergebrachte Verhaltensregeln und Ernährungsweisheiten nicht immer der

Wahrheit entsprechen, wurden die Ernährungsirrtümer ausgehend vom aktuellen

Stand der Forschung korrigiert und wertvolle Ratschläge gegeben.

Eine weitere in Zusammenarbeit mit Radio Hochstift entwickelte Kampagne stand

unter dem Titel „Mal die Möhre“. Durch ein Studienprojekt des Arbeitsbereichs „Sport

und Erziehung“ der Universität Paderborn wurden in mehreren Grundschulen Kennt-

nisse zu den Themen „Besser essen“ und „Mehr bewegen“ vermittelt und die großen

Pausen bewegt gestaltet. Das Lokalradio begleitete die Studierenden und interviewte

LehrerInnen und beteiligte Schüler. Das Projekt fand in der Öffentlichkeit großen An-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 71

klang und viele LehrerInnen von nicht beteiligten Schulen fragten anschließend Ma-

terialien zu dem Projekt nach.

Mehr als 30 Pressemitteilungen wurden im Laufe des Projekts erstellt und veröffent-

licht. Bei der Verbreitung der Meldungen war die Pressestelle der Universität Pader-

born hilfreich, so dass Personalressourcen zur Erstellung eines Presseverteilers ein-

gespart werden konnten.

Mit Hilfe von Newslettern wurden die Netzwerkpartner regelmäßig auf den neusten

Projektstand gebracht. Durch diese Informationen wurde der Kontakt zu den beste-

henden Partnern gepflegt und zu neuen potenziellen Partnern aufgebaut. Der News-

letter wurde auf elektronischem Wege per eMail versandt.

Zur Wiedererkennung von allen durch PAPI initiierte Maßnahmen wurde ein Corpora-

te Design entwickelt und umgesetzt. Es wurde ein eigenes Logo (siehe Deckblatt)

entworfen, das den interdisziplinären Charakter des Projekts widerspiegelt. Obwohl

sich die Präventions- und Interventionsmaßnahmen vorrangig an Eltern und Akteure

aus dem Umfeld der Kinder richteten sollte das Logo die Zuordnung zur letztlichen

Zielgruppe der Heranwachsenden unterstreichen. Der Slogan „...unbeschwert auf-

wachsen in Paderborn“, der das Logo ergänzt, beschreibt in einem Satz die Zielstel-

lung des Projekts.

Als weiteres Kommunikationsmittel zur Verbreitung der Inhalte, Ziele und Maßnah-

men des Projekts wurde eine Homepage (www.papi-paderborn.de) aufgebaut. Sie

dient zur elektronischen Informationsverbreitung und erleichtert es Interessierten,

einen umfassenden Überblick über das Projekt zu erhalten. Es wurde ein harmoni-

sches und relativ einfaches Layout angestrebt, um ein hohes Maß an Benutzer-

freundlichkeit zu erreichen. Die Internetseite wurde regelmäßig aktualisiert und ge-

pflegt.

Vor allem zur Information im Rahmen eines Erstkontaktes wurde ein Projektflyer

entwickelt, der einen Kurzüberblick über das Projekt und die Kontaktdaten zu den

Ansprechpartnern der verschiedenen Module enthält. Im Laufe des Projekts wurde

der Flyer überarbeitet und mit den neusten Informationen und Daten ergänzt bzw.

aktualisiert.

Zusätzlich zu den bereits erläuterten modulspezifischen Veranstaltungen wurden

weitere modulübergreifende Veranstaltungen organisiert:

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• Der offizielle Startschuss für das Projekt wurde in Form einer Eröffnungsver-

anstaltung gestaltet, bei dem wichtige Kontakte zu den späteren Netzwerk-

partnern aufgebaut werden konnten.

• Eine interdisziplinäre Fortbildungsveranstaltung zum Thema „Gesund(heit)

kommunizieren“ richtete sich an alle im Projekt angesprochenen Zielgruppen.

Leider musste die Veranstaltung aufgrund zu geringer Anmeldungen abgesagt

werden. Verschiedene Partner bestätigten eine gewisse Fortbildungsmüdig-

keit, die auch zur Absage verschiedener Veranstaltungen von Netzwerkpart-

nern führte.

• Im Frühjahr 2008 wurde das Projekt den Mitgliedern der NRW-

Enquettekomission „Chancen für Kinder“ der CDU vorgestellt. Die Teilnehmer

befanden sich auf einer mehrtägigen Klausurtagung in Delbrück und äußerten

im Anschluss an das Treffen die feste Absicht, Erkenntnisse des PAPI-

Projekts in die politische Arbeit einzuflechten.

• Zum Ende des Projekts wurde im Herbst 2009 unter dem Titel „PAPI-

Netzwerkstatt – Unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn“ eine Ab-

schlussveranstaltung durchgeführt, die unter dem Zeichen der Vernetzung

stand. Die Projektmaßnahmen und –ergebnisse wurden mit den Netzwerk-

partnern aus Praxis und Politik diskutiert und Ansätze für die Zukunft erörtert.

Der Landrat des Kreises Paderborn betonte in seinem Grußwort die Bedeu-

tung der Prävention von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugend-

alter und verwies auf die Erfolge, die durch das Projekt erzielt werden konn-

ten. Der Leitfaden „…unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn!“ wurde

bei dieser Veranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt und an die anwesenden

Netzwerkpartner verteilt.

Neben den durch das Projekt selbst organisierten Veranstaltungen wurden die Ziele

und Maßnahmen bei weiteren, externen Veranstaltungen vorgestellt. Herauszustel-

len sind hierbei die Kreisfamilientage in Delbrück (2008) und Salzkotten (2009), der

NRW-Tag in Paderborn im Sommer 2007, die Konferenz der Bürgermeister des

Kreises Paderborn im November 2008 und der Tag der offenen Tür im Heinz-

Nixdorf-Museumsforum zur Ausstellung „Computer.Sport“.

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Maßnahme 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Modul SchwangerschaftInfomaterial "Unbeschwert Aufwachsen"Hebammenqualifikation i.d. HebammenschuleZusatzqualifikation für ausgebildete HebammenMultiplikatorenschulungenKursangebot "Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft"Modul KleinkindalterKonzept "Häusliche Bewegungsräume"Infomaterial "Unbeschwert Aufwachsen"Multiplikatorenschulung für die U3-BetreuungModul KindergartenalterSchulungen nach dem Konzept "Lebenslust - Leibeslust"Erste Modellphase "Besser essen. Mehr bewegen." in KiTasCoachingreihe "Besser essen. Mehr bewegen." für KiTasErstellen eines Kochbuches für KiTasHandreichung zur Ernährungsbildung in KiTasModul SchuleingangsuntersuchungErfassung von RisikokindernLebensstilberatungModul GrundschuleEntwicklung des PAPI-QualitätsleitbildesKommunikation des PAPI-Qualitätsleitbildes im NetzwerkModul ElternarbeitModellphase 2 in KindertageseinrichtungenGesundheitsführerscheinEntwicklungsförderung durch Musik, Rhythmus & BewegungPaPiPu-SpielekarteiModulübergreifende MaßnahmenVernetzungPresse- und ÖffentlichkeitsarbeitPAPI-Leitfaden "...unbeschwert aufwachsen im Kreis PB"

20072006 2008 2009

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 74

5 Zusammenfassung der Projektergebnisse

In dem Projekt „Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI)“ wurde

das Ziel verfolgt, den Anstieg der Prävalenzraten von Übergewicht und Adipositas im

Kindes- und Jugendalter zu stoppen bzw. diese Tendenz umzukehren. Von der

Schwangerschaft bis zum Ende des Grundschulalters wurden hierzu in sechs Modu-

len vielfältige Maßnahmen entwickelt und durchgeführt. Einen besonderen Stellen-

wert im Sinne der Nachhaltigkeit nahm die Vernetzung aller für das „unbeschwerte“

Aufwachsen der Kinder verantwortlichen Akteure (z.B. Hebammen, ErzieherInnen,

LehrerInnen, Ärzte, politische Entscheidungsträger) ein. Die Lebensbedingungen in

den relevanten Lebensabschnitten von der Schwangerschaft bis zum Ende des

Grundschulalters konnten durch gezielte Interventionen im Sinne der Gesundheits-

förderung positiv verändert werden. Hierbei wurde eine große Zahl unterschiedlicher

Akteure bzw. Multiplikatoren einbezogen und systematisch vernetzt.

Als ein sehr großer Erfolg muss vor diesem Hintergrund die Entstehung des Leitfa-

dens „…unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn“ gewertet werden, von dem

5000 Exemplare an die verschiedenen Multiplikatoren in Stadt und Kreis Paderborn

verteilt wurden. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass auch über das Projekten-

de hinaus in der Praxis „am Kind“ das Bewusstsein für die Übergewichts- und

Adipositasprävention erhalten bleibt und die Maßnahmen weitergetragen werden.

Im Modul Schwangerschaft konnten durch die Beratungsleitfäden auf den Mutterpäs-

sen die wesentlichen Projektbotschaften zur Adipositasprävention bereits vor der

Geburt vermittelt werden. Mit dem Kurs „Aktiv und gesund durch die Schwanger-

schaft“ wurden sehr gute Ergebnisse erzielt, so reduzierten die Teilnehmerinnen bei-

spielsweise nicht ihre Bewegungsaktivitäten. Es zeigte sich insgesamt, dass eine

Notwendigkeit besteht, bereits in dieser frühen Phase gesundheitsförderliche Struk-

turen aufzubauen und nachhaltig zu verankern. Die Adipositasprävention muss hier-

für auch ein fester Bestandteil der Ausbildung von Multiplikatoren (Hebammen, Ärzte,

etc.) werden. Erste Erfolge konnten diesbezüglich im Rahmen des Projekts erzielt

werden; es gilt nun, die Veränderungen überregionale und möglichst bundesweit zu

verankern.

Für das Modul Kleinkindalter war es von besonderer Bedeutung, mit Informationsma-

terialien wie den Beratungsleitfäden für die Kinderuntersuchungshefte und dem Kar-

teikartensystem „Häusliche Bewegungsräume“ Eltern und Multiplikatoren zu sensibi-

lisieren und Möglichkeiten bzw. Maßnahmen für den Alltag aufzuzeigen. Eine einfa-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 75

che Handhabung und starke Praxisorientierung der Materialien wurden als wesentli-

che Erfolgsfaktoren identifiziert. Bedeutsam ist – analog zum Modul Schwanger-

schaft – die Qualifizierung von Multiplikatoren, also sowohl die Vermittlung von inhalt-

lichen, als auch didaktischen Kenntnissen zur Bewegungsförderung und Ernäh-

rungsbildung im Kleinkindalter. Eine besondere Zielgruppe stellen die ErzieherInnen

in Kindertageseinrichtungen und Familienzentren dar, die sich durch die vermehrte

Betreuung von Kindern im Alter von unter drei Jahren zum Teil neuen Herausforde-

rungen gegenübersehen, auf die sie nicht vorbereitet sind.

Im Modul Kindergartenalter muss vor allem der große Fortbildungsbedarf für die

Themen Bewegung, Ernährung und Elternarbeit herausgestellt werden. Diese The-

men werden in den Curricula der Ausbildungseinrichtungen nur am Rande berück-

sichtigt; der Tatsache, dass Bewegung und Ernährung wichtige Bildungsfelder sind,

wird kaum Rechnung getragen. Die erzielten Verhältnis- und Verhaltensänderungen

in den an den Interventionen beteiligten Einrichtungen zeigen, dass eine intensive

Betreuung sehr erfolgreich sein kann. Damit ist jedoch ein hoher externer personeller

Aufwand verbunden. Die Coachingreihe kann als eine Möglichkeit angesehen wer-

den, die Gratwanderung zwischen optimalem Ertrag und leistbarem Aufwand erfolg-

reich zu gestalten. Von den Trägern müssen in jedem Fall ausreichende finanzielle

Mittel zur Verfügung gestellt werden, um sowohl die Fortbildungen, als auch die per-

sonelle und räumliche Ausstattung der Einrichtungen zu optimieren.

Für das Modul Grundschule war es zunächst von grundlegender Bedeutung, mit dem

Qualitätsleitbild für die Adipositasprävention in Grundschulen auf wissenschaftlicher

Basis eine grundlegende Orientierung zu schaffen. Die erfolgreiche Arbeit mit sechs

Modellschulen zeigte, dass eine externe fachliche und motivationale Unterstützung

zu guten bis sehr guten Ergebnissen führt und die Maßnahmen nachhaltig in den

Schulen verankert werden. Spezifische Eigenschaften des Schulsystems behinder-

ten jedoch in großem Maße den Versuch, diese Maßnahmen und Ideen flächende-

ckend zu verbreiten. Hierzu zählen unter anderem problematische Kommunikations-

strukturen, der Umgang mit Hemmnissen und zielorientiertes Handeln. Die Bildungs-

landschaft in Nordrhein-Westfalen befand sich zeitgleich zum Projekt in zahlreichen

Umstrukturierungsprozessen, so dass die inhaltliche Arbeit nicht auf projektaffine

funktionierende Strukturen aufbauen konnte.

Im Modul Elternarbeit konnten sowohl in Kindertageseinrichtungen, als auch in

Grundschulen Defizite hinsichtlich der Kommunikation mit Eltern, speziell bei

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 76

gesundheitsförderlichen Themen, identifiziert werden. Durch Fortbildungen und wei-

tere Maßnahmen wie dem Gesundheitsführerschein konnten sehr gute Fortschritte

erzielt und Hemmnisse, sowohl bei Eltern als auch ErzieherInnen und LehrerInnen

abgebaut werden. Durch die Vernetzung mit verschiedenen Institutionen und Ar-

beitsgruppen, die sich mit dem Thema Elternarbeit – auch bei Migrationshintergrund

oder sozialer Benachteiligung – intensiv beschäftigen, konnten wertvolle Synergieef-

fekte erzielt werden, die wiederum zu Fortschritten in der pädagogischen Praxis führ-

ten.

Modulübergreifend wurden durch eine Vielzahl von Pressemeldungen und die Teil-

nahme an verschiedenen öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen die Leitideen des

Projekts nicht nur den Multiplikatoren, sondern auch der Bevölkerung in Stadt und

Kreis insgesamt vermittelt. Einen weiteren Projekterfolg stellt die Paderborner Erklä-

rung dar, in der sich die politischen Entscheidungsträger zur Schaffung gesundheits-

förderlicher Strukturen in Stadt und Kreis Paderborn bekennen. Es gilt jedoch in Zu-

kunft, dieses Bekenntnis sowohl für die Nachhaltigkeit bereits bestehender Maßnah-

men, aber auch für die Entwicklung neuer Ansätze und Ideen zu nutzen.

Die Projektergebnisse können dahingehend zusammengefasst werden, dass die in

dem Projektantrag bzw. Zuwendungsbescheid formulierten Projektziele weitestge-

hend erfüllt werden konnten, auch wenn die Evaluationsergebnisse bzgl. der Ent-

wicklung der Prävalenzraten noch ausstehen.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 77

6 Fazit und Ausblick

Grundsätzlich konnte durch die Zielsetzung des Projektes PAPI – der Netzwerkbil-

dung auf Kreisebene sowie dem Austausch und der konzeptionellen Ergänzung der

Beiträge der Netzwerkpartner – der besondere Charakter der Adipositasprävention

als Querschnittsaufgabe bereits vorhandener Akteure erschlossen werden. Grund-

sätzlich sind es für die Altersgruppe der 0-10jährigen zunächst die Bezugspersonen,

die das „unbeschwerte Aufwachsen“ verantworten und dieses gestalten müssen.

Deshalb müssen nachhaltig angelegte Interventionen für die Adipositasprävention

die sozialen Strukturen der Kinder stärken, um diesen in Form von geeigneten Rah-

menbedingungen, Erziehung und Bildung die größtmöglichen Chancen für das „un-

beschwerte Aufwachsen“ zu schaffen.

Es zeigte sich, dass eine vertikale Vernetzung (konsequente Begleitung der Kinder in

den verschiedenen Altersphasen) notwendig ist, um Kontinuität zu gewährleisten.

Die derzeit existierenden Strukturen arbeiten eher abschnittsweise ohne ein geeigne-

tes Übergangsmanagement für die Adipositasprävention (Gynäkologe, Geburtsklinik,

Hebamme, soziale Dienste, Sportvereine, Familienzentren, Kindertageseinrichtung,

Grundschule).

Die horizontale Vernetzung der Partnerinnen und Partner (Austausch und ggf. Kon-

sens der Verantwortlichen und einzelnen Institutionen) bedarf verbindlicher Vorgaben

für die Erfüllung des Präventionsauftrages (z. B. Gesundheitsbehörden, Familienzen-

tren, Kindertageseinrichtungen, Grundschulen). Verbindliche Vorgaben für verpflich-

tende Fort- und Weiterbildung in fachlichen und pädagogischen Belangen sind erfor-

derlich.

Als Längs- oder auch Querschnittsaufgabe in diesem Netzwerk stellt sich allen Betei-

ligten die Aufgabe, die Eltern so zu fordern und zu unterstützen, dass die gesundheit-

lichen Belange der heranwachsenden Generation in einer Erziehungspartnerschaft

erfüllt werden können. Dieses ist sicherlich eine große Herausforderung, die einer

Mischung aus Forderungen und Förderung bedarf, die nur in gemeinschaftlicher Ak-

tion der beteiligten Partnerinnen und Partner erfolgen kann.

Den Kindertageseinrichtungen und Grundschulen kommt als den gesellschaftlichen

Institutionen für Erziehung und Bildung hier eine besondere Verantwortung zu. Des-

halb sollten in diesen Institutionen die Belange der Gesundheitsförderung und

Adipositasprävention nicht als freiwillige Aufgabe behandelt, sondern zum Standard

erklärt werden. Ein gesundheitsförderlicher Lebensstil in Kindertageseinrichtungen

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 78

und Schulen sollte Normalität und Alltagskultur sein. Dazu gehört es auch, dass die

Bezugspersonen in ihrer Profession und Rolle als Vorbild, Lernbegleiter und Multipli-

kator gestärkt werden.

Darüberhinaus sind in den Projektmodulen jeweils spezifische Aspekte zu nennen:

Module Schwangerschaft und Kleinkindalter

Das pränatale Potenzial für die Adipositasprävention durch Interventionen in der

Schwangerschaft ist grundsätzlich sowohl fachlich (Ernährung und Bewegung z. B.

prä-/ perinatale Prägung, Geschmacksbildung durch Ernährung der Schwangeren,

Energiebilanz bzw. Stoffwechsellage in der Schwangerschaft, Sport in der Schwan-

gerschaft) als auch strukturell (Hebammenausbildung, Fort- und Weiterbildung,

Sportvereine) noch nicht annähernd erschlossen. Der frühe Beginn von Präventi-

onsmaßnahmen hat unmittelbare Auswirkungen auf das Kind und die späteren Be-

zugspersonen. Mit einem gemeinsamen Konzept aller relevanter Netzwerkpartner

(Gynäkologen, Hebammen, Ausbildungsstätten für Hebammen, Krankenversiche-

rungen, evtl. Sportvereine, Ernährungsberatung) können in diesem Handlungsfeld

Maßnahmen ergriffen werden, die eine breite Wirkung versprechen. Begleitende

Evaluation von Maßnahmen und ein geeignetes Monitoring können hier von Anfang

an sicher stellen, dass sich die Entwicklung von Maßnahmen eng an gesicherten

wissenschaftlichen Erkenntnissen bewegt und Mittel effektiv eingesetzt werden kön-

nen.

Modul Kindergartenalter

Die Implementation von Maßnahmen für die Adipositasprävention in Kindertagesein-

richtungen erfordert verbindliche gesetzliche Vorgaben zur Umsetzung des gesetzli-

chen Auftrags in Hinblick auf Ernährung und Bewegung und eine begleitende profes-

sionelle externe Unterstützung. Dazu gehören in erster Linie

• eine fachliche Unterstützung und Beratung in Hinblick auf die Gestaltung der

Rahmenbedingungen und die pädagogischen Konzepte zu Ernährung und

Bewegung.

• eine Professionalisierung/ Unterstützung der Erzieherinnen in ihrer Rolle als

Bezugspersonen für Kinder und Eltern, als Vorbilder und Lernbegleiter.

• verbindliche Vorgaben zu der Qualität der Verpflegung und zur Qualität und

Quantität der Alltagsbewegung.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 79

• ein noch stärkeres Zusammenwirken der Gesundheitsbehörden.

• eine besondere Berücksichtigung der Institution Kindertageseinrichtung für

den Zugang zu Eltern. Eine Erziehungspartnerschaft für die Belange der

Adipositasprävention ist unbedingt anzustreben. Auch hier bedarf es der Pro-

fessionalisierung der mitarbeitenden Bezugspersonen.

• verbindlicher Vorgaben für die Fort- und Weiterbildung und das Sicherstellen

der Umsetzung der Fortbildungsinhalte.

• Ein Anstreben der Akademisierung der Erzieherinnenausbildung (zumindest

für die Leitungsebene).

Modul Grundschule

Die Rahmenbedingungen der Schulen lassen den Zugang zu Eltern nicht mehr in der

Intensität zu, wie es im Modul Kindergartenalter der Fall ist. Deshalb sollten sich die

Interventionen darauf konzentrieren, den Kindern während des Aufenthaltes in der

Schule – die tägliche Verweildauer wird immer länger – eine optimale Orientierung

für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu geben.

Eine Verbindlichkeit des Auftrags zur Gesundheitsförderung könnte durch Prüfver-

fahren und Aufnahme von Merkmalen in die Qualitätsanalysen bzw. das

Schulmonitoring aufgenommen werden. Die Erarbeitung und Umsetzung von päda-

gogischen Konzepten für Ernährung, Alltagsbewegung und Sport fehlen in der der-

zeitigen Struktur der Lehrerfort- und –weiterbildung.

Auf Grund der föderalistischen Struktur des Bildungswesens sind eine regionale

Netzwerkbildung und ein Austausch über die Belange der Adipositasprävention und

Gesundheitsförderung sinnvoll. Die Gesundheitsbildung sollte verpflichtende Aufga-

be von Bildungsbüros, Bildungsregionen und entsprechenden Netzwerken sein. Da-

bei sind bestehende Strukturen (Schulen mit Schulprofilen, wie „Bewegte Schule“,

Schulen mit DGE-Zertifikat für die Schulverpflegung) zu berücksichtigen und in der

Funktion des regionalen Austausches zu nutzen.

Außerdem sollte für die Gesundheitsbehörden die Adipositasprävention als gesetzli-

cher interdisziplinärer Auftrag verankert werden. Die vorhandenen Strukturen sind

dabei durchaus hilfreich; in den einzelnen verwaltenden Einheiten (Gesundheit, Le-

bensmittelüberwachung, Sport, Bildung, Jugend und Soziales) sind einzelne Elemen-

te vorhanden, die derzeit nicht unter einer gemeinsamen Zielsetzung

(Adipositasprävention) verfolgt werden.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 80

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen im Projekt PAPI werden zentrale Forderungen

erhoben:

1. Politische Wertschätzung der Gesundheitsförderung

• Der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen und Schulen ist im Hinblick

auf das Thema Gesundheit und die gesellschaftlich drängende Problematik

der Entwicklung bei Übergewicht und Adipositas zu wenig konkret und zu un-

verbindlich. Es fehlt an klar festgelegten und operationalisierbaren bzw. um-

setzbaren Zielen, an verlässlichen Strukturen, verpflichtender Qualifizierung

von Multiplikatoren sowie einer wirksamen Lobbyarbeit.

• Die Verankerung von verbindlichen Zielvorgaben für die Gesundheitsförde-

rung (bes. Ernährung, Bewegung, Entspannung) in die Bildungsprogramme

der Kindertageseinrichtungen und in die Schulentwicklung sowie geeignete

Nachweise für die Zielerreichung müssen zur Selbstverständlichkeit werden.

• Differenzierte (Grundlagen-)Forschung im Bereich der prä- und perinatalen

Prägung, der frühkindliche Bewegungsförderung bzw. Ernährungsbildung und

ihrer Didaktik fördern, damit diese Erkenntnisse in die Aus-, Fort- und Weiter-

bildung und die pädagogische Arbeit einfließen können.

2. Nachhaltigkeit: Programme statt Projekte

• Eine dauerhafte Verankerung von Angeboten für eine gesunde Ernährung und

mehr Bewegung ist der Schlüssel für eine erfolgversprechende Gesundheits-

förderung für Kinder aller Altersstufen. Das ist neben der Verhaltensprävention

eine Aufgabe der Verhältnisprävention. Mit „Projektitis“ kann Gesundheitsför-

derung nicht langfristig gesichert werden. Die Länder, die Gremien auf Lan-

des- und auf kommunaler Ebene sollten in einer gemeinsamen Aktion diese

Aufgabe bewältigen.

3. Ausbau einer setting- und zielgruppengerechten Infrastruktur

• Um langfristige Ziele in der Prävention von Übergewicht und Adipositas zu er-

reichen, ist eine angemessene Infrastruktur erforderlich. Für Projekte und ihre

Vernetzung und vor allem für dauerhafte Angebote sind verantwortliche Per-

sonen („Kümmerer“) nötig, die das Management nachhaltig übernehmen.

• Hierbei kommt den kommunalen Gesundheitskonferenzen und insbesondere

den Landesgesundheitskonferenzen mit der bei ihnen vorhandenen Fach-

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 81

kompetenz eine besondere Aufgabe zu. Die kommunale oder regionale Ver-

netzung sollte alle Akteure auf dem Feld von Ernährung und Bewegung zu-

sammen führen und die Angebote/Aktivitäten zur Gesundheitsförderung bei

Kindern miteinander verzahnen. Daneben sollte eine fachübergreifende und

interdisziplinäre Zusammenarbeit z. B. der Landesministerien und der ent-

sprechenden Gremien zum Thema Gesundheitsförderung angestrebt werden.

• Für prägende Lebensphasen wie die Schwangerschaft und die ersten Lebens-

jahre müssen Konzepte und Strukturen entwickelt werden, die gesundheits-

förderliche Interventionen ermöglichen. Für die Altersgruppe der Säuglinge

sind die aufsuchenden Familienberatungen besonders für Familien in speziel-

len Problemlagen und die Einrichtung von Eltern-Kind-Gruppen in sozialen

Brennpunkten erforderlich. Hier ist die enge Vernetzung mit Hebammen, Kin-

derärzten, Kliniken und sozialen Diensten anzustreben.

• Die Elternarbeit muss im Hinblick auf die Gesundheitsförderung einen eigenen

Stellenwert erhalten. Elternkurse sollten von Kindertageseinrichtungen und

Schulen angeboten werden. Muttersprachliche Elternbegleiter bzw. Multiplika-

toren/innen für die sogenannten sozialen Risikogruppen sollten ausgebildet

und eingesetzt werden.

• Die fachliche Ausbildung von Erziehern und Lehrkräften für die Schulen ist ei-

ne wichtige Voraussetzung für die Präventionsarbeit. Hierzu müssen ausrei-

chende Ausbildungskapazitäten für die Gesundheitsförderung in den Kinder-

tageseinrichtungen und Grundschulen vorhanden sein und fortlaufend mit

dem Bedarf abgeglichen werden.

4. Qualität sichern

• Die Aus- und Weiterbildungsangebote für Multiplikatoren sollten nach den

neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Gesundheitsförderung über-

arbeitet und erweitert werden.

• Durchgängige Berücksichtigung der vorliegenden wissenschaftlichen Erkennt-

nisse zur Gesundheitsförderung (spez. Ernährung und Bewegung) in der pro-

jektbezogenen Entwicklungsarbeit.

• Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kindertageseinrichtungen und Schu-

len müssen dauerhaft verankert werden. Für Gemeinschaftsverpflegung in

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den Einrichtungen sollte ein dezentrales Zertifizierungssystem aufgebaut wer-

den.

• Sportunterricht in den Grundschulen sollte von qualifizierten Sportpädagogen

durchgeführt werden. Eine entsprechende Ausbildung und Zusatzqualifikatio-

nen müssen Standard sein.

• Evaluierung und Zielerreichungsmonitoring: Um einen effizienten Mitteleinsatz

zu gewährleisten und die Wirksamkeit der gesundheitsfördernden Aktivitäten

zu überprüfen, sind angemessene Evaluationsmethoden zu entwickeln sowie

ein Monitoring durchzuführen, mit dem der Grad der Erreichung von Gesund-

heitszielen regelmäßig verifiziert werden kann.

• Bei möglichen Kooperationen mit kommerziell agierenden Partnern im Rah-

men von Maßnahmen für die Prävention insbesondere für

Adipositasprävention ist grundsätzlich kritisch zu prüfen, ob vielleicht generelle

Zielkonflikte bestehen, die eine Kooperation im Grundsatz bereits ausschlie-

ßen. Interessengeleitete Gruppen, die nicht den Interessen des Präventions-

programmes entsprechen sollten von einer Kooperation ausgeschlossen wer-

den.

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Paderborner Adipositas Prävention und Intervention (PAPI) 84

Anhang

• Leitfaden “…unbeschwert aufwachsen im Kreis Paderborn!”

• PAPI-Familienkalender “Erkundungsspaziergänge”

• Kurskonzept “Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft”

• Paderborner Schriften zur Ernährungs- und Verbraucherbildung Band

08/2009: Essen und Ernährung in der frühkindlichen Bildung

• Rezeptsammlung „PAPI-Kinderküche“

• Urkunde „Gesundheitsführerschein“

• Beratungsleitfaden (Aufkleber) für die Rückseite des Mutterpasses

• Beratungsleitfaden (Aufkleber) für die Rückseite des Kinderuntersuchungshef-

tes

• Beratungsleitfaden für die Schuleingangsuntersuchung

• Karteikartensystem „Häusliche Bewegungsräume“ für Kinder im ersten Le-

bensjahr

• PAPI-Flyer (2 Versionen)

• PaPiPu-Spielekartei (CD-Rom)

• Beweg Dich-Tanz (DVD und Audio-CD)