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INFORMATIONEN Nr. 97 3/09 20 Jahre Mauerfall für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Dezernat Seelsorge des Erzbischöflichen Ordinariats Berlin

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INFORMATIONEN

Nr. 97

3/09

20 Jahre Mauerfall

für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

Dezernat Seelsorge des Erzbischöflichen Ordinariats Berlin

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THEMA INFO 3/09

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Dompropst Dybowski

„Eine Verweigerung bewirkt zwar unpolitisches Verhalten, ist aber nichta-politisch.“ – Interview mit Georg Kardinal Sterzinsky

„Der 9. November ist eine notwendige Konsequenz des 9. Oktobers.“Interview mit Irmgard und Hans-Joachim Meyer

„Ein Austausch geht in alle Himmelsrichtungen, auch in die polnischenNachbarbistümer.“ – Interview mit Generalvikar Ronald Rother

„In dieser Geschichte mitzuarbeiten, hat mir persönlich eine tiefe Befriedigunggegeben.“– Interview mit Caritasdirektor i. R. Heinz Dietrich Thiel

„Die DDR wird als Diktatur und Unrechtsstaat beschrieben.“Interview mit Schulleiterin Annaliese Kirchberg

„Der Grenzüberschreiter“Ein Schülerreporter im Gespräch mit Pfarrer Jürgen Wiechert

Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen

Milieusensible PastoralMit dem Motorrad von Chorin nach Lindow – Peter Kloss

Neuer Grundkurs für Ehrenamtliche – Regina Hartzdorf

Graffiti, Rap & Kirchenchor

Neugeborenentasche und Glaubensrucksack des Bonifatiuswerkes

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Zwanzig Jahre Mauerfall 5

Motorradwallfahrt 32

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Kinder und Familienliturgie 33

Hinweise - Impulse

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Geschichte als Unterrichtsfach inder Schule: 800 Kaiserkrönung

von Karl dem Große, 1618 –1648 derDreißigjährige Krieg, 17. Juni 1953der Volksaufstand in der DDR ...Daten, Fakten, historische Zusam-menhänge. Damals war Geschichtenicht mein Lieblingsfach – heute leseich ganz gern geschichtliche Bücher.

Es gibt auch eine BiblischeGeschichte. Es ist die Geschichte desalten Volkes Israel, später dann dieGeschichte eines Jesus von Nazareth,der aus diesem Volk hervorgegangenist. Für den Außenstehenden ist siezunächst ein kleines und für vielerelativ unbedeutendes Kapitel dergroßen Weltgeschichte: eine Ge-schichte von großen und kleinenLeuten, die von Sieg und Niederlagenerzählt, geschrieben mit der Tinte vonHass und Leidenschaft, Egoismusund Solidarität.

Heilsgeschichte sagen die Theologen.Und jeder wird sich die Frage stellen:

was ist an dieser Geschichte heiloder sogar heilig?

Natürlich wird man auch in der bibli-schen Geschichte beides finden:Menschen, durch die viel Unheil indie Welt gekommen ist - aber auchsolche, die durch ihre Aufmerksam-keit, ihre Treue und Nächstenliebeviel Wärme und Licht in die Weltgebracht haben. Ob nach denen dieHeilsgeschichte benannt ist?

20 Jahre Mauerfall – überall werdenin christlichen Kirchen und Einrich-tungen Gedenk- und vor allemDankgottesdienste gefeiert. Waszieht die Menschen in diesen Tagenin die Kirche? Warum feiern wirGottesdienste (in katholischen Kir-chen Eucharistie), um dieser friedli-chen Revolution zu gedenken?

Auf diese Frage lassen sich kurze undklare Antworten geben: Eucharistieheißt übersetzt Danksagung. In vie-len Gottesdiensten stehen am An-

INFO 3/09 THEMAVorwort

Mit der Geschichte leben20 Jahre Mauerfall

Dompropst Dr. Stefan Dybowski

20 Jahre Mauerfall – überall werdenin christlichen Kirchen und Einrich-tungen Gedenk- und vor allemDankgottesdienste gefeiert. Waszieht die Menschen in diesen Tagenin die Kirche?Das Bild zeigt die durch die Mauergetrennte Pfarrgemeinde St. Micha-el: Die Michaelskirche in Ostberlinist sichtbar, der Neubau der West-berliner Michaelskirche in der Wal-demarstraße ist nicht abgebildet.

Bild: Diözesanarchiv, ebenso Titelseite

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THEMA INFO 3/09Vorwort

Die St. Michaelskirche vonWestberlin aus fotografiert.

Bild: Diözesanarchiv

fang eine Besinnung und ein darauf-folgendes Schuldbekenntnis. In denFürbitten tragen die Menschen ihreSorgen um den Erhalt von Freiheit,Sicherheit und Frieden vor Gott. Undam Ende steht die Bitte um denSegen Gottes. In den einzelnenElementen unserer Gottesdienste fin-den sich die Dinge, die Menschen mitdem Thema „20 Jahre Mauerfall“verbinden und auch zum Ausdruckbringen möchten: das Nachdenkenund Eingestehen von Schuld, dieBitte um Gottes Segen für dieZukunft und vor allem den Dank.

Doch möchte ich noch einen weite-ren Grund in Erinnerung rufen, derdieses geschichtliche Ereignis mitGott verbindet. Immer wieder habensich Menschen daran gemacht, diegroßen Religionen nach ihremUnterschied zu befragen. Verehrenwir den gleichen Gott – vielleicht,ohne es zu wissen? Oder gibt esUnterschiede? Warum stellen Men-schen diese Fragen, wen die Muslimeoder Buddhisten, Juden oderChristen verehren? Religion hatetwas mit Anbindung zu tun. An wenwürden Sie sich binden, wem sichanvertrauen, für welchen Gott wür-den Sie ihr Leben wagen?

Wenn man die alten Griechen undRömer gefragt hätte, wo ihre Götterwohnen, würde man auf den Olympverwiesen. Dort war der Wohnort derGötter. Doch wehe dem, der auf denOlymp steigen und den Göttern zunahe kommen wollte. Die Götterwaren unnahbar und unberührbar.Und wer es wagte, den Göttern zunahe zu kommen, musste mit ver-nichtenden Konsequenzen rechnen.

Wo wohnt Gott? Die biblischeGeschichte des Alten Testamenteserzählt von einem Gott, der mit sei-nem Volk Israel mitgezogen ist.

Damit war dieser Gott den Menschennicht fern. Er war bei Ihnen. Einenoch deutlichere Antwort gibt dasNeue Testament. Seit der heiligenNacht von Betlehem ist Gott einsterblicher Mensch geworden, ist indie Geschichte – in unsere Ge-schichte, so wie wir sie oben be-schrieben haben – eingegangen. EinGott, der Hunger und Durst, Müdig-keit und Enttäuschung erlebt hat, einGott der berührbar geworden ist füruns Menschen.

Menschen werden weiterhin Kriegeführen und hoffentlich auch wiederFrieden schließen, Mauern errichtenund diese Mauern irgendwann auchwieder einreißen. Die Geschichtewird weiter geschrieben; das habendie Menschen zu allen Zeiten erlebt -auch heilige Menschen. Aber seitJesus Christus hat die Geschichteeine andere Dimension bekommen.So sehr hat Gott die Welt geliebt,dass er seinen einzigen Sohn hingab,damit jeder, der an ihn glaubt, nichtverloren geht, sondern das ewigeLeben hat (Joh 3,16). Mit einem sol-chen Glauben bleiben mir Kriege undMauern nicht erspart, aber ich kannsie durchstehen und – mit GottesHilfe - auch überstehen. Und mit die-sem Gott überspringe ich Mauern –vor und nach der Wende.

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INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

Georg Kardinal SterzinskyErzbischof

Der Erfurter Generalvikar Georg Sterzinsky wurde wenigeWochen vor dem Fall der BerlinerMauer Bischof von Berlin.20 Jahre nach dieser „stürmischen“Zeit erinnert sich Georg KardinalSterzinsky an seine Anfangszeit inBerlin; er äußert sich zu denBemühungen um die innere Einheitdes Bistums und er zeichnet dieHerausforderungen auf, vor denenwir heute stehen.

Das Interview führten Ute Eberl undHermann Fränkert-Fechter.

INFO: Sehr geehrter Herr Kardinal,vor 20 Jahren sind Sie mitten in derZeit des heißen Herbstes Bischof vonBerlin geworden. Am 24. Juni 1989wurden Sie zum Bischof ernannt. Am9. September folgte die Bischofs-weihe in der St. Hedwigs-Kathedraleund am 10. September feierten Siemit den West-Berliner Katholiken inSt. Matthias ein erstes Pontifikalamt.Wie haben Sie diese Zeit in Erin-nerung?

Kardinal Sterzinsky: Wie bin ichnach Berlin gekommen? – mit Gelas-senheit und Vertrauen einerseits, mitBangen und Unsicherheit anderer-seits. Ich habe alle Stellen mitGelassenheit und Vertrauen angetre-ten, weil ich mir sagte: Ich habe michnicht um die Stelle bemüht, ich habemich auch nicht um die Bischofsstellein Berlin beworben, sondern ich bineinem Ruf gefolgt, also war ichgehorsam, und dann tragen anderedie Verantwortung. Eigentlich trägtder die Verantwortung, der hinterdiesem Ruf steht: das ist Gott.Trotzdem bin ich mit Bangen gekom-men und auch mit Unsicherheit,denn mir war Berlin weder gelegennoch bekannt. Ich kannte aus Ost-berlin einen Teil der Priester, einigewenige Orte und Einrichtungen, abernicht alle. West-Berlin war mir ganzunbekannt. Ich wusste, dass diePastoral dort anders ist, ich wusste,dass es dort Einrichtungen gibt, dieanders strukturiert und begründetwaren.Und dann brodelte es. Es warensoziale und politische Veränderungenzu erwarten, und doch waren sieauch nicht zu erwarten. Ich wollte

das bisher übliche Programm fahren,wie man es im ersten Jahr macht.Wenn man als Pfarrer irgendwohinkommt, soll man es im ersten Jahrhalten wie der Vorgänger. So habeich es als Generalvikar gemacht undso wollte ich auch als Bischof han-deln. Erst sehen, dann urteilen unddanach beim Handeln etwas ändern.Und in der Bischofskonferenz wollteich es erst recht so machen. VonKardinal Meisner wusste ich, dass ergroßen Wert darauf gelegt hatte, dengleichen kirchenpolitischen Kurs zufahren wie sein Vorgänger. Und ichwollte als Neuling natürlich schongar nicht anders fahren als meineVorgänger. Aber ich sah auch ganzgenau: Ein Wandel steht bevor undÄnderungen müssen kommen. In derBischofskonferenz gab es verschiede-ne Meinungen. Einige Bischöfe sag-ten: Nur vorsichtig! Auch die Beratersagten: Vorsicht! Wir könnten in diefalsche gefährliche Richtung gehen.Andere sagten: Nein, nur Mut! Esgab Arbeitspapiere innerhalb derBerliner Bischofskonferenz, die diegesellschaftliche Verweigerung imWiderspruch zu den Entscheidungendes Zweiten Vatikanums und päpstli-chen Verlautbarungen sahen. DasDresdener Katholikentreffen hatteeinige Signale der Öffnung gegeben.Die Ökumenische Versammlunghatte manches auf den Weg ge-bracht. Es war ein Bangen und eineUnsicherheit auch bei mir. So ist mirdie Zeit in Erinnerung.

INFO: Sie mussten sich sehr schnellzur Fluchtbewegung aus der DDRund den Demonstrationen in Leipzig,Dresden und Berlin äußern und

„Eine Verweigerung bewirkt zwar unpolitisches Verhalten,ist aber nicht a-politisch“

Interviewmit Kardinal Sterzinsky

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THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

haben zum Verbleib in der DDR auf-gerufen. Wie haben Sie die politischeSituation eingeschätzt und was warIhre Absicht?

Kardinal Sterzinsky: Ich habe alsGeneralvikar in Erfurt viel damit zutun gehabt, dass Bürger der DDR dieAusbürgerung beantragt haben. Undviele haben gewusst, ein General-vikar hat Verbindung mit dembekannten Rechtsanwalt Vogel undkann da befürwortend eintreten. Ichhabe dann immer über Caritas-direktor Puschmann die Verbindungzu Rechtsanwalt Vogel hergestellt.Ich hatte auch Aufsehen erregt, alseine ganze Gruppe aus dem KreisSömmerda den Erfurter Dom besetzthielt, gera-de als Bischof Wanke nichtda war. Einige Tage waren die dort,und ich bekam viel zu tun mit derStaatssicherheit und den staatlichenBehörden in Erfurt. Diese Menschenhaben dann die Ausreise bekommenunter dramatischen Umständen. Alsowar bekannt, dass ich einer vondenen bin, die in aller Öffentlichkeitfür Ausreisemöglichkeiten eingetre-ten sind. Jeder Mensch hat von Naturaus das Recht auf Freizügigkeit. Aberdann musste ich erkennen, dass dasallmählich besorgniserregende Aus-maße annahm. Die Leute fliehen indie Botschaften in Prag und inBudapest und bilden dort Lager. Dasgeht überhaupt nur im Sommer. Undwie die Menschen in Ungarn an dieösterreichische Grenze drängen. Dieüberlegen sich überhaupt nicht mehr,was sie tun. Wie sie in Berlin versu-chen, in die Ständige Vertretung zukommen. Sie kümmern sich nichtmehr um ihre zurückgebliebenenFamilienangehörigen. Und dann diepolitische Überlegung: Was soll ausden Oppositionskreisen in der DDR

werden, wenn viele Menschen dasVolk hier einfach verlassen. Und dahabe ich am 10. September 1989 inder Predigt in St. Matthias gesagt:Das Verlassen der DDR ist nicht dieLösung für die Probleme in der DDR.Diese Predigt wurde vom Rundfunkübertragen und daraufhin gab eseine große Entrüstung: Der neueBischof von Berlin macht den Bür-gern der DDR das Recht auf Frei-zügigkeit streitig. Ich hatte auch inaller Vorsicht gefragt, ob die Fluchtfür den Einzelnen nicht die Flucht inein bequemeres Leben ist – aber des-halb nicht schon von Gott gewollt,weil nicht für die Gesellschaft diebeste Lösung.Ich habe nicht gesagt: Der Einzelnehabe nicht das Recht, sondern: Wirsind gewissermaßen in einem Dilem-ma, einerseits hat jedes Individuumdas Recht auf Freizügigkeit undandererseits stellt sich die Frage, wie

die DDR reformiert werden soll,wenn so viele Menschen sie verlas-sen. Ich hatte damals die Absicht zusagen: Wir können in der DDR nuretwas erreichen, wenn wir hier blei-ben und uns an der Gestaltung derGesellschaft beteiligen. Und in demSinne habe ich gesagt – nicht bei derPredigt, aber sonst –: An denDemonstrationen sollten die Bürgerteilnehmen. Sie sollten nur zusehen,dass sie selbst keine Gewalt anwen-den, um nicht den staatlichen Mäch-ten einen Vorwand zu geben, Gewaltanzuwenden.

INFO: Direkt zur Wendezeit HerrKardinal, haben Sie ja deutlich Stel-lung bezogen. Die Jahre davor, alsschon dieses Brodeln zu spüren war,hat die Katholische Kirche imVergleich zur Evangelischen Kircheeher Abstinenz geübt. Warum hieltman sich politisch so sehr zurück?

Kardinal Sterzinsky: Den politi-schen Kurs hatte vor allem KardinalAlfred Bengsch vorgegeben. Für ihnwar klar: Eine Verweigerung bewirktzwar unpolitisches Verhalten, ist abernicht a-politisch. Das heißt, sie hateine politische Wirkung. Allein dieTatsache, dass man uns politischtätig sehen möchte und wir uns ver-weigern, ist ein politisches Zeugnisund hat eine politische Wirkung.Innerhalb des sozialistischen Blockswar man sich im Ziel einig, dass dieReligion überwunden werden muss,über die Wege dahin war man sichaber nicht einig. Merkwürdigerweisewar in jedem sozialistischen Land dieReligions- und Kirchenpolitik anders.In der DDR wollte man die kirchli-chen Kräfte einspannen und dienst-bar machen, damit sie nicht in dieOpposition gehen. Die staatlichenKräfte haben immer gesagt: Bloßkeine Märtyrer! Märtyrer haben dieKräfte des Glaubens gestärkt. Wir

Der neue Bischof von Berlin, GeorgSterzinsky, feierte am Tag nach sei-ner Weihe (10. September 1989) inWestberlin einen Gottesdienst. Wäh-rend des anschließenden Empfangesüberreichten ihm Vertreter desBundes der Katholischen Jugendeinen Boxhandschuh, dessen zwei-ten sie behielten, um sich gemein-sam durchzuboxen. (KNA-Bild)

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INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

müssen die Kirche einspannen, dannkönnen wir sie für unsere sozialisti-sche Sache, die Sache des Friedensund der Arbeiterklasse, dienstbarmachen. Kardinal Bengsch hat des-wegen gesagt: Wir verweigern uns.Wir werden politisch nicht tätig.Dazu kam ein Zweites: Wir wolltendoch gerade in Berlin die Einheit desBistums wah-ren. Das hatte aucheinen politischen Grund: Die aufge-zwungene Grenze darf moralischnicht anerkannt werden. Der Preisist, dass wir in Ost und West in man-cher Hinsicht in gleicher Weise ver-fahren mussten. Deswegen hatKardinal Bengsch nur selten und nurfür strikt religiöse Sendungen sichder Sender in West-Berlin bedient. Ersagte: Wenn ich das im Westenmache, muss ich es womöglich auchim Osten machen. Dann aber bin ichnicht sicher, was aus meinen Wortengemacht wird.Dann spielte eine weitere Überle-gung eine Rolle, die auch in denTexten des Zweiten Vatikanums zuGrunde gelegt war: Die Kirche als

Ganzes kann eigentlich nur dieGrundsätze der Soziallehre und derGesellschaftslehre verkünden. Dieeinzelnen Christen müssen sie an-wenden. Und da kann es durchausunterschiedliche Meinungen geben.

INFO: Nach der Wende habenkatholische Gläubige in erheblichemMaß an der Gestaltung der Gesell-schaft und am Aufbau neuer Struk-turen in Ostdeutschland mitgewirkt.Pfarrer übernahmen die Moderationbei den Runden Tischen und katholi-sche Laien wurden in politischeÄmter gewählt. Was haben siebewirken können?

Kardinal Sterzinsky: Positives!Positives! Pfarrer haben als Modera-toren gewirkt und Laien sind in diePolitik gegangen. Die Christen warenes gewöhnt, in ihrer kirchlichenArbeit frei zu sprechen. Damit ist dasrein Rhetorische gemeint, aber auchdie Fähigkeit, Diskussionsbeiträge zuliefern und nicht nur in gestanztenund vorgeformten Reden sich zu arti-

kulieren. Aktive Christen sagtendann: Wenn andere das nicht wollenoder nicht können, dann machen wires. Es hat nicht lange gedauert, dannhaben sich auch Katholiken, denMehrheitsverhältnissen der Bevölke-rung entsprechend, wieder zurückgezogen oder sind nicht wiedergewählt worden. Es war aber gut,dass sich Pfarrer und Laien betätigthaben. Sie haben die Übergangszeitgut bewältigt. Dafür müssen wir sehrdankbar sein.

INFO: Herr Kardinal, haben Sie inden ersten Jahren nach der Wendeim ehemaligen Ostteil unseresErzbistums anders gepredigt als imehemaligen Westberlin?

Kardinal Sterzinsky: Ich glaube,am Anfang nicht bewusst, aber danndoch ganz bewusst. Ich habe festge-stellt, dass sich nicht nur zwischender Großstadt Berlin und den ländli-chen Gemeinden Brandenburgs undVorpommerns, sondern auch zwi-schen Ost- und Westberlin unter-schiedliche Mentalitäten auswirktenim innerkirchlichen Leben. Ich habeeine Zeitlang überlegt, woran daswohl liegt, bis ich auf die Aussageeiner Frau gestoßen bin, die sagte:„Wir im Westen denken, Ihr im Ostenseid fromm, aber doof. Und im Ostensagt man: Ihr im Westen seid zwargescheit, aber Ihr seid nicht fromm.“Da habe ich gesagt: Die Frau bringteine weitverbreitete Meinung zumAusdruck, man muss es nur etwasvorsichtiger formulieren. Theologischgesprochen lebt die Kirche immeraus der Communio und der Missio.Und so hat man im Osten dieCommunio gelebt: Wir sammeln unsin der Kirche, feiern die Sakramente,hören und feiern das Wort Gottes

Bei dem Besuch von Bundeskanzler Helmut Kohl am 19. und 20. Dezember1989 in der DDR, kommt es auch zu einem Treffen mit KatholischenBischöfen. KNA-Bild: Bischof Georg Sterzinsky, Bischof Joachim Reinelt, Prälat GerhardLange, Dieter Grande, Helmut Kohl und Norbert Blüm.

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THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

und leben die Caritas ganz inner-kirchlich. Nach draußen können wirsowieso nichts tun. Die Gemeindenwaren sehr priesterzentriert und hör-ten auf die kirchliche Autorität undblieben unter sich. Da muss mannicht sagen: die sind fromm, aberdoof, sondern man kann sagen: Diesind wirklich fromm und gläubig, sievernachlässigten aber die Präsenz inder Gesellschaft. Die WestberlinerKatholiken waren dagegen sehr mitder Weltverantwortung beschäf-tigt.Sie hatten ihre Verbände und ihresozialen Werke, die beziehen Stel-lung zu allen Lebensfragen, diebeschäftigen sich mit Gaudium etspes und sind überall zur Stelle. Siekommen weniger dazu, sich mit deninneren Fragen des Glaubens zubeschäftigen. Mit Mühe kriegen siegerade noch die Sonntagsgottes-dienste hin. Den Religionsunterrichthaben sowieso die Katecheten in denSchulen übernommen usw. Unddann sagen die im Osten: Ihr seidzwar tüchtig und klug, aber Ihr seidja gar nicht mehr richtig fromm.

Als mir das bewusst wurde, wussteich, dass hier komplementär gepre-digt werden muss. In den östli-chenGemeinden muss ich sagen, dass wirdoch eine Weltverantwortung haben,die wir nicht verges-sen dürfen. UndIhr könnt doch nicht die Verbändeverdächtigen, ihr müsst sie nicht nurhinein lassen, sondern selber mitma-chen bei den Verbänden. Und imWesten muss ich sagen, wenn Ihrnicht an der Quelle bleibt, dann wirdEure Verbandsarbeit oberflächlichund Eure Verbände verlieren an Kraftund Überzeugung. Deswegen habeich im Osten und Westen mit unter-schiedlichen Akzentsetzungen ge-predigt.

INFO: Ein leidvolles Thema war dieAufarbeitung der unerlaubtenZusammenarbeit mit dem Ministe-rium für Staatssicherheit und ande-ren staatlichen Stellen der DDR. Washaben die Untersuchungen ergebenund wie wurde mit Geistlichen undLaien verfahren, die als Stasispitzeltätig waren?

Kardinal Sterzinsky: Es ist schwer,in wenigen Sätzen das zu sagen. Esist auch sehr differenziert! Es gabMitarbeiter der Katholischen Kirche,vor allem Priester, die einfach beob-achtet und abgeschöpft wurden unddeswegen eigentlich Opfer waren.Sie wurden trotzdem als IM –Informelle Mitarbeiter – registriert,ohne dass sie es wussten und ohnedass sie etwas dafür konnten.Anderesind verleitet worden, Nachrichtenfür die Staatssicherheitsbehörde zugeben, um für die Gemeinde Vorteilezu bekommen, z. B. irgendeine be-sondere Erlaubnis oder irgendwelcheMaterialien für den Bau. Wiederandere haben sich verleiten lassen,für sich Vorteile wie z. B. eine Reise-erlaubnis zu erlangen. Einige wenigehaben sich auch erpressen lassen,weil sie straffällig geworden sind undder Strafe entgehen wollten. Erpres-sungen gab es auch bei moralischenVerfehlungen. Und Sie fragen, wiewir damit um-gegangen sind? Wirhaben alle überprüft, bei denen einVerdacht aufkam; ebenso alle in lei-tender Stellung und alle, von deneneine IM-Tätigkeit bekannt wurde.Weil die meiste IM-Tätigkeit Endeder 60er/Anfang der 70er Jahre pas-siert ist, waren also ältere Mitarbeiterim Blick, die nach der Wende dannschon pensioniert waren. Deswegenist dann die Rüge, die sie vomBischof bekommen haben, nicht andie Öffentlichkeit gekommen. Oderdiese Mitarbeiter wurden in denRuhestand versetzt, ohne dass der

Grund in der Öffentlichkeit genanntwurde. Der größere Teil der kirchli-chen IM war bereits tot. Auf's Ganzegesehen ist die Katholische Kirchegut dabei weggekommen. Die Stasi-Mitarbeit von kirchlichen Angestell-ten und Priestern war eine Rand-erscheinung. Und vor allem aus den80er Jahren haben wir fast keinen,der sich hat verleiten lassen. Schadenangerichtet hat fast keiner. Schlimmwa-ren einige Zuträger aus denKolpingsfamilien.

INFO: Das Ringen um innere Einheitdes Erzbistums war ein mühsamerWeg. Es gab in vielen Berei-chenDoppelstrukturen, die zusammenge-führt werden mussten. Was war IhreLeitidee bei der Zusammenführungdes Bistums?

Kardinal Sterzinsky: Wir haben inder Zeit der Teilung Berlins dieEinheit des Bistums bewahren kön-nen, aber eins war nur der Bischof,das Domkapitel und die Kathedrale,sonst war alles doppelt vorhanden.Es gab zwei Ordinariate, wir hattenzweimal die Diözesancaritas, esbestand der Hedwigschor in Ost- undWestberlin. Auch die Seelsorgeämterwaren doppelt vorhanden und jedeswar voll funkti-onsfähig. Wer solltenun also zurücktreten? Das war nichtnur eine finanzielle Frage, denn inden Dienststellen wurde in unter-schiedlichen Strukturen und nachunterschiedlichen Konzepten gear-beitet. Und deswegen haben wirgesagt: Lassen wir sie erst noch eineWeile arbeiten, aber sie sollenkooperieren. Später nahmen wir sieunter ein Dach. Das nannten wirdann konvenieren. Und erst dann ha-ben wir fusioniert. Manches habenwir doppelt besetzt gelassen, aberbei nächster Gelegenheit zusammen-gelegt. Damit waren schon die erstenKündigungen und Umbesetzungen

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verbunden und das war sehrschmerzlich. Geklappt hat es eigent-lich nur bei den beiden General-vikaren. Beide sagten, der Anderesoll die Aufgabe übernehmen. Ichmusste die also überreden, dass eseiner wenigstens machte. Aber schonbei den Seelsorgeamtsleitern wolltejeder bleiben. Also, das war schwie-rig. Communio und Missio gabendann das Leitbild, um komplementärarbeiten zu können! Die aus demOsten hatten mehr das Eine, die ausdem Westen mehr das Andere – bei-des musste zusammengeführt wer-den. Innerhalb des Seelsorgeamteskonnte man so voneinander lernen.Allgemein gesagt: Aus zwei macheins ist schwerer als umgekehrt.Neugründungen sind leichter alsFusionen. Dass haben wir auch spä-ter erfahren bei Pfarreifusionen.Die Komplementarität gab es in derFinanzwirtschaft nicht. Da machtederjenige, der aus dem Osten kam,jetzt die rein technische Arbeit, aberwie Finanzen nun zu verwalten sind,das wusste jetzt eigentlich nur nochder aus dem Westen.Die Caritasverbände mussten sowie-so neu strukturiert werden, indemdie östlichen Caritasverbände Ver-bandsstrukturen übernahmen, diehatten sie ja noch gar nicht. Im Be-reich Bau und Liegenschaftswesenmusste eine Neukonzeption her, weilim Osten ja eigentlich alles nur be-helfsweise durchgeführt worden war.Es gab keine leitende Idee für alleDezernate des Bischöflichen Ordina-riats. Die Grundstruktur des westli-chen Ordinariats wurde genommenund für jedes Dezernat musste eineneue Leitidee entwickelt werden.

INFO: Im Jahr 1990 wurde dieBerliner Bischofskonferenz aufgelöst.In den Jahren 1990-1996 waren SieVorsitzender der „Arbeitsgemein-schaft der Bischöfe der Deutschen

Bischofskonferenz – Region Ost“ biszu deren Auflösung. Finden heutedie pastoralen Anliegen der ostdeut-schen Bischöfe ausreichend Platz inder Deutschen Bischofskonferenz?

Kardinal Sterzinsky: Zuerst einmalmuss man sagen, dass die Bischöfein der DDR keine Bischofskonferenzwerden wollten. Dies geschah aufDrängen von Papst Paul VI. Sie woll-ten keine eigene Bischofskonferenz,weil damit so etwas wie eine völker-rechtliche Anerkennung der deutsch-deutschen Grenze gegeben seinkonnte. Im Jahr 1976 hat der Papstdann die Berliner Ordinarienkonfe-renz zur Bischofskonferenz erhoben.Im Frühjahr 1990 tagte die BerlinerBischofskonferenz in Berlin, und wirBischöfe hatten eine Einla-dung zuder gleichzeitig in Augsburg tagen-den Deutschen Bischofskonferenz.Dann sind wir dorthin gefahren undhaben gesagt: Natürlich werden wireinmal eine Konferenz werden, wenndie Deutsche Einheit kommt, aberjetzt haben wir in der DDR ein pasto-ral so eigen geprägtes Gebilde, dasswir noch eine eigene Konferenz blei-ben müssen. Was waren die Bischöfeder Deutschen Bischofskonferenzent-täuscht! Sie dachten, die BerlinerBischofskonferenz hat sich überlebt.Im Herbst 1990 wurden wir Bischöfewieder nach Fulda als Gäste eingela-den und stellten den Antrag, dassunsere Berliner Bischofskonferenzaufgelöst und in die Deutsche Bi-schofskonferenz aufgenommen wird.Und da meldete sich der Apo-stolische Nuntius und sagte: Sie kön-nen nicht einfach die Konferenz auf-lösen. Das ist eine Sache des Vati-kans. Erst Monate später wurde dieAuflösung und Eingliederung vonRom aus vollzogen und die „Arbeits-gemeinschaft der Bischöfe derDeutschen Bischofskonferenz –Region Ost“ gegründet.

Und dann aber zu Ihrer Frage, obunsere pastoralen Anliegen ausrei-chend Platz in der Deutschen Bi-schofskonferenz finden. Das warunsere Sorge am Anfang auch. Wirkönnen uns zu Wort melden, undwerden ernst genommen, aber wirvertreten natürlich wenige Katholi-ken. Es gibt Kommissionen in derBischofskonferenz, in denen unterden Beratern kaum ein Vertreter ausden östlichen Bundesländern ist, weiluns in den kleinen Diözesen dieFachleute fehlen. Deswegen kannman sagen: Wir Bischöfe sind in dieDeutschen Bischofskonferenz inte-griert, wir vertreten aber nur sehrwenige Katholiken aus den östlichenBundesländern.

INFO: Ist Ihrer Meinung nach dieDeutsche Bischofskonferenz ausrei-chend hier in Berlin, in der Bun-des-hauptstadt vertreten?

Kardinal Sterzinsky: In politischerHinsicht gibt es durch das Kom-missariat der Deutschen Bischofs-

Kunstprojekt der Theresienschule:„Ost und West reichen sich dieHände.“

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konferenz, das Katholische Büro, einegute Vertretung in der Bundeshaupt-stadt. Ansonsten ist es schwer zubeurteilen, ob es besser wäre, wenndas ganze Sekretariat der DeutschenBischofskonferenz hier wäre. VorJahren wurde darüber ausführlichdebattiert und dann ist dieAbstimmung erfolgt: Das Sekretariatbleibt vorläufig in Bonn und nachfünf Jahren sollte neu abgestimmtwerden. Ich möchte diese Abstim-mung heute nicht veranlassen, diefünf Jahre sind inzwischen um. Esgäbe erneute Unruhe in Bonn undUmgebung und es gäbe neueUnruhe hier in Berlin, wenn wir eineBleibe schaffen müssten. Damalsdrängte die Entscheidung, weil dasHaus der Deutschen Bischofskon-ferenz in Bonn marode war. Es muss-te neu gebaut werden und es sollteso gebaut werden, dass das Ge-bäude ohne finanziellen Verlust eineranderen Zweckbestimmung zuge-führt werden könnte, wenn denneine Verlegung nach Berlin gesche-hen sollte. Ich weiß nicht, ob dieKirche und die Diözesen in Deutsch-land in der Öffentlichkeit mehr imBlick wären, wenn das Sekretariatseinen Sitz in Berlin hätte und ob dieMitarbeiterinnen und Mitarbeiter imSekretariat einen anderen Blick fürdie Welt bekämen, wenn sie in Berlinleben würden. Ob das von Vorteilwäre, das weiß ich nicht, denn Berlinist säkularer als Bonn. Von mir ausmöchte ich die Frage des Umzugsnach Berlin nicht neu stellen.

INFO: Das Bistum Berlin hat sichsehr bemüht, kirchliche Strukturenund Einrichtungen hauptstadtge-recht zu gestalten. Wo liegen dieSchwerpunkte des Erzbistums in derHauptstadtpräsenz?

Kardinal Sterzinsky: Für unskommt das, glaube ich, vor allem andrei Stellen richtig zum Ausdruck:Erstens in der Katholischen Akade-mie. Träger ist vor allem das Erz-bistum Berlin und die Nachbar-bistümer zu einem geringen Teil. Wirhaben als Akademie in der Haupt-stadt Aufgaben, die das ganzeDeutschland in den Blick nehmenmüssen. Es bleibt die föderale Struk-tur, aber Berlin ist eben doch die kul-turelle und die politische Hauptstadtfür alle. Wir werden vom Verband derDiözesen unterstützt. Die finanziellenMittel für die nötige Personalaus-stattung der Akademie reichen je-doch nicht aus. Vergleichbare Städtemit vergleichbaren Akademien sindviel besser ausgestattet. Aber auchwenn wir nicht das nötige Finanz-polster haben, ist die Arbeit anzuer-kennen, die in der KatholischenAkademie geleistet wurde und wird.Dann nenne ich zweitens dieKatholische Hochschule für Sozial-wesen mit dem Institut für christlicheEthik und Politik, das eine Bedeutungund Wirkung bei der sozialethischenDiskussion in der Bundes-hauptstadthat. Immer wieder werden wir alsKatholische Kirche in der Bundes-hauptstadt gefragt und es wäreschon gut, wenn wir noch mehrKapazität hätten. Drittens gibt essehr viele Veranstaltungen in Berlin,bei denen wir als Katholische Kirchezur Stelle sein müssten. Da müsstenwir wirklich für die Öffentlichkeitsar-beit personell und finanziell besserausgestattet sein, als wir es sind.

INFO: Die Erwartungen, dass dieehemalige DDR-Bevölkerung denWeg in die Kirchen findet, haben sichnicht erfüllt. Die Deutschen Bischöfehaben Deutschland als Missionslandbeschrieben. Wie müssen wir in derheutigen Situation die Pastoral aus-richten?

Kardinal Sterzinsky: Es war naivanzunehmen, dass die Menschen inden östlichen Ländern nun in dieKirche strömen. Sie waren zwar alsChristen bedrängt, aber sie warennicht so verfolgt, dass sie nur daraufwarteten, dass endlich die Verfol-gung aufhörte und sie sich taufenlassen können. Der Osten, speziellder Nordosten des jetzigen Deut-schland war schon immer eine spärli-che Diaspora. Und so viele Jahre desVerschweigens Gottes in der Öffent-lichkeit hinterlassen tatsächlich eineUnempfänglichkeit für die BotschaftGottes. Es ist nicht so, dass dieSehnsucht nach Gott, die im Men-schen schlummert, dann auf einmalwach wird. Wir waren und sindDiasporagebiet. Aber es ist mittler-weile die Einsicht gewachsen, dassDiaspora überleben kann, wenn siemissionarisch wird. Das ist neu, dasist epochal neu!Bisher hat man immer gesagt, dassdie Diaspora nur drei Generationenüberlebt, wenn sie sich nicht durchZuzüge regeneriert. Das war eine alteErfahrung. Diaspora muss deshalbzuerst bewahrende Seelsorge seinund wird trotzdem nur drei Gene-rationen überleben. Sie lebt immervom Zuzug. Nach drei Generationenstirbt sie aus, der Sog des Milieus iststärker selbst als die bewahrendeSeelsorge. Und hier kommt nochdazu, dass viele sogar weg gewan-dert sind; die Zugezogenen, dieVertriebenen, die sind ja auch garnicht hier geblieben, die haben sichgar nicht verwurzelt.Aber ich glaube, das ist eine neueEinsicht und Erkenntnis: Es entstehteine andere Art von Diaspora, wennsie nicht von vorneherein nur aufBewahrung aus ist, sondern wenn siemissionarisch ist!

INFO: Herr Kardinal, wir dankenIhnen ganz herzlich für das Gespräch.

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INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

Interview mit Irmgard Meyer undProf. Hans Joachim Meyerzum 20. Jahrestag des Mauerfalls

Professor Dr. Hans-Joachim Meyer

Der scheidende Präsident des Zen-tralkommitees der Deutschen Katho-liken, Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer,hat seit der Wende in Deutschlandwichtige Ämter im Laienkatholizismusund in der Politik wahrgenommen. Erwar Minister für Bildung und Wissen-schaft in der Regierung de Maiziereund anschließend Minister für Wis-senschaft und Kunst im LandSachsen.Ein wichtiger Ausgangspunkt für seinEngagement war die Gründung der„Katholischen Laieninitiative“ in derPfarrgemeinde Potsdam-Babelsberg.Zusammen mit seiner EhefrauIrmgard Meyer schaut er zurück undgibt eine Standortbestimmung.

Das Foto zeigt Prof. Meyer bei einerRede in der Humboldt-Universität imJahr 1990.

Das Interview führte HermannFränkert-Fechter.

INFO: Sehr geehrte Frau Meyer,sehr geehrter Herr Prof. Meyer, am22. Oktober 1989 wurde in derPfarrgemeinde Potsdam-Babelsbergeine „Katholische Laieninitiative“gegründet. Sie waren maßgeblich andieser Gründung beteiligt. Was hatSie in dieser Wendezeit bewegt, alskatholische Laien aktiv zu werden?

Hans Joachim Meyer: Der 22. Ok-tober war der Abschluss eines länge-ren Prozesses. Wir hatten uns natür-lich schon vorher wiederholt getrof-fen, bevor es zu diesem Aufruf zueiner katholischen Laieninitiativekam. Was viele katholische Christenin der DDR umtrieb, war das Gefühl,zu wenig sichtbar zu sein, zu wenigzu tun für eine Veränderung derSituation. Es lag ja in der Luft, dassetwas geschehen musste und wirwussten, dass viele Menschen sichzunehmend engagierten. Wir warenzum Katholikentreffen in Dresden1987 gewesen; es gab die Ökumeni-sche Versammlung, deren Papiere wirin unseren Familien-kreisen einge-hend erörtert hatten; es gab aucheine den ganzen Ostteil des Bistumserfassende Aktion der Vertreter derDekanatsräte mit Pfarrer AlfonsKluck. Ich war damals im Beirat derStudienstelle bei der Bischofskon-ferenz, dem auch andere Laien ange-hörten, und hatte auf diesem Wegeerfahren, dass auch woanders dar-über nachgedacht wurde, was mantun könnte. Und da es sich alsschwierig erwies, eine über die DDRsich erstreckende Laienbewegungzusammen zu bringen, haben wireinfach angefan-gen und zugleichversucht, mit den Anderen in Kontaktzu kommen, damit sich so etwas wieein Netz-werk ausbreiten konnte.

Rasch gehörten Katholiken aus allenPotsdamer Gemeinden zu unsererLaienini-tiative. Und bald hatten wirKontakt zu ähnlichen Gruppen inBerlin und in anderen Orten.

INFO: Für die Kirche in der DDR lie-fen die Kontakte zum Staat fast aus-schließlich über die Bischöfe und dievon ihnen beauftragten Personen.Haben Sie das als eine Einschrän-kung von Laien empfunden, die manin dieser Situation durchbrechenmusste?

Hans Joachim Meyer: Ich denke,dass über lange Zeit der Kurs derBischofskonferenz – wie er beson-ders von Alfred Bengsch formuliertworden ist – richtig war. Eine klareDistanz zum Staat, die Konfliktfäl-leauf jene besonders wichtigen be-schränken, die grundsätzliche Fragendes Glaubens und der Kirche berühr-ten, und sich nicht auf Aktionen oderKontakte einzulassen, von denenvoraussichtlich nur die andere Seiteeinen Gewinn haben könnte. Einesolche Haltung, die man ja als„schweigende Kirche“ beschriebenhat, stand jedoch immer in derGefahr, gesellschaftliche Entwick-lungen nicht rechtzeitig zur Kenntniszu nehmen. Ich glaube, nur wenigebemerkten, wie sich innerhalb derGesellschaft der DDR, vor allem aberim übrigen Ostblock, neue Entwick-lungen anbahnten. Darauf hat dieKatholische Kirche zu spät reagiert.Ein wichtiger Wandel in dieserZurückhaltung vollzog sich beimKatholikentreffen in Dresden, das jaauch so etwas wie eine öffentlicheKundgebung von katholischenChristen war. Weiterführend war deraus meiner Sicht sehr wichtige

„Der 9. November ist eine notwendigeKonsequenz des 9. Oktober“

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THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

Entschluss der Berliner Bischofskon-ferenz, mit der Kommis-sion Justitiaet Pax an der Ökumenischen Ver-sammlung für Gerechtigkeit, Friedenund Bewahrung der Schöpfung teil-zunehmen. Dadurch wurde derUnterschied zwischen katholischenund evangelischen Christen in ihrerBereitschaft, sich für gesellschaftli-chen Wandel im Lande einzusetzen,jedenfalls teilwei-se überbrückt. Unddas war auch 1989 der Anknüpf-ungspunkt für gemeinsames Han-deln.

INFO: Frau Meyer, wie haben Sie dieZeit vor dem für die meisten uner-warteten Fall der Mauer erlebt?

Irmgard Meyer: Mein Mann hatschon die Familienkreise in den Ge-meiden erwähnt. Es gab auch inunserer Gemeinde solche Kreise, indenen die Möglichkeit bestand, unsim relativ geschützten Raum überprivate, religiöse und auch politischeFragen auszutauschen. Ich war zudieser Zeit Pfarrgemeinde-ratsvorsit-zende in Babelsberg. Ich habe auchmit unserem Pfarrer Konrad Beißelschon recht früh die politischenUmstände besprochen. Und als dannder Herbst 1989 kam und dieDemonstrationen anfingen, da ha-ben wir gemeinsam versucht, dieGemeinde insgesamt zu mobilisierenund dafür empfänglich zu machen,dass jetzt vielleicht doch einZeitpunkt gekommen wäre, etwas inder Öffentlichkeit tun zu können.Unsere drei Kinder (25, 23, 19), dieJungen studierten noch in Weimar,unsere Tochter hatte gerade Abigemacht, hatten die DDR ja auch mitallen ihren Schwierigkeiten, die einChristenleben so mit sich brachte,erlebt. Sie waren auch aktiv. Was denMauerfall betrifft: Am 9. Novemberwar einer meiner Westberliner Brüderzu Besuch. Da brauchte man ja kein

Fernsehen. So haben wir das Un-glaubliche erst ziemlich spät erfah-ren.

INFO: Herr Professor Meyer, welcheVeränderungen in der Gesellschaftwaren es, die zum Fall der Mauerund zum Zusammenbruch der DDRführten. Welche Wirkkräfte warenaus Ihrer Meinung beson-ders wich-tig?

Hans Joachim Meyer: Grob gesagtwird man zwei Bewegungen unter-scheiden können: Auf der einen Seitegab es Menschen, die schon seit eini-ger Zeit kritische Vorschläge machtenund einen inneren Wan-del in derDDR forderten – häufig verbundenmit der Hoffnung, dass die DDR inRichtung eines freiheitli-chen oderzumindest menschenwürdigen Le-bens verändert werden könnte, ohnedamit die sozialistischen Grundlagenprinzipiell in Frage zu stellen. Dasstieß auf Seiten des Staates auf har-ten Widerstand und führte zu Ver-haftungen und zu Verfolgungen. DieHoffnung, die diese sehr unterschied-lichen Grup-pen bewegte, richtetesich auf die DDR. Die deutscheEinheit erschien vielen noch als völligausgeschlos-sen und unmöglich. Dasgalt ja im Übrigen für die allermei-sten Menschen in Westdeutschlandgenauso. Diejenigen, die den Wandelwollten, hatten aus den bitteren undtraurigen Erfahrungen vom 17. Juni1953 bis hin zum Prager Frühling von1968 die Schlussfolgerung gezogen,dass ein Infragestellen des sozialisti-schen Charakters lediglich zu einererneuten Unterdrückung oder Ver-folgung führen und jede Art voninnerem Wandel abblocken würde.Diese Richtung konnte sich zwarletztlich im geschichtlichen Pro-zessnicht durchsetzen, hat aber außeror-dentlich viel dazu beigetragen hat,das Herrschaftssystem in Frage zu

Irmgard Meyer

Irmgard Meyer war zur WendezeitPfarrgemeinderatsvorsitzende in

Potsdam-Babelsberg; sie gehörte zuden Mitbegründern der

„Katholischen Laieninitiative“.Im Jahr 1989 wirkte sie bei der

Auflösung der PotsdamerStasibehörde mit, später arbeitete

sie in der Gauck-Behörde.Das Foto zeigt Frau Meyer in ihrerTätigkeit als Wahlvorstand bei der

ersten freien Volkskammerwahl.

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INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

stellen, zu lockern und zu untergra-ben, und nicht zuletzt das Gesprächin der Gesellschaft offen zu halten.Die Katholische Kirche war gegen-über diesen Kreise zurückhaltend,weil sie es als eine Illusion ansah, aufeinen Wandel innerhalb des Sozia-lismus zu hoffen. Zugleich erschiendie Erwartung einer inneren Ver-änderung damals vielen als die einzi-ge realistische Option.

Die andere große Bewegung stellteneben diejenigen dar, welche die DDRverlassen wollten. Nun wissen wir,dass die beiden christlichen Kirchenimmer gesagt haben, dass hier unserPlatz ist, weil Gott uns hierhergestellt hat. Und ich halte das auchnach wie vor für eine richtigePosition. Zugleich hatten dieje-nigen,die versuchten, ihre Ausreise in dieBundesrepublik zu erzwingen, inaller Regel nur bei den christlichenKirchen Unterstützung und prakti-sche Hilfe. Das muss man ja beideszusammen denken. Diese beidenBewegungen innerhalb der DDR –also diejenigen, die einen Wandelwollten und diejenigen, die das Landverlassen wollten – fanden im Sep-tember 1989 gleichsam durch denGang der Ereignisse zu-sammen.Dresden ist dafür ein klassischesBeispiel: Die Menschen, die dortnach Prag wollten und dieseMöglichkeit dann nicht mehr hatten;dann die Züge, die aus Prag überDresden in die Bundesrepublik fuh-ren, und so wieder zum Auslöser derDemonstration wurden und natürlichdie Menschen in Dresden, die schonseit längerem den Wandel forderten.Am deutlichsten wurde es dann inLeipzig mit dem Höhe-punkt am 9.Oktober. Ich glaube, diese beidenKräfte muss man zusammen denken.Diejenigen, die das Land verlassenwollten, haben die DDR permanentgeschwächt. Aber diejenigen, die im

Lande Forderun-gen formulierten,haben dem Wunsch nach Wandelinnerhalb der DDR eine Stimmegegeben. Der 9. Oktober ist - denkeich – der Tag, an dem ein solchesMaß von Freiheit durchgesetzt wur-de, dass danach eben auch offenüber die Frage gesprochen werdenkonnte:Wie soll denn unser künftigerWeg in der Freiheit sein? Und derentscheidende Punkt ist dann der 9.November, den ich aber immer alseine notwendige Konsequenz des 9. Oktober ansehen würde. Der 9. Oktober ist der große Tag derFreiheit. Die Öffnung der Mauer wäreüber kurz oder lang gekommen,denn die Menschen hätten sich dieMauer nicht mehr länger bieten las-sen.

INFO: Im Nachhinein lässt sich einesolche Konsequenz nicht bestreiten.Aber konnte man das in der damali-gen Situation erkennen?

Hans Joachim Meyer: Wer diegroße Demonstration auf demAlexanderplatz am Samstag vor dem9. November gesehen hat, demmusste klar sein: Wenn Menschen ineiner so großen Zahl und mit einersolchen Entschlossenheit ihre Freiheiteinfordern, da kann man nicht weni-ge Meter entfernt davon eine Mauerauf Dauer aufrecht erhalten. Ichdenke, es war ganz konsequent, dasses wenige Tage danach zum Mauer-fall kam – auch, wenn die äußerenUmstände wie ein Zufall aussehen.

INFO: Für Sie muss 1990 ja einWahnsinnsjahr gewesen sein. Sie,Herr Professor Meyer, wurden Vorsit-zender des Gemeinsamen Ausschus-ses katholischer Christen in denneuen Bundesländern und sind in diePolitik gegangen. Sie, Frau Meyerbeschäftigten sich mit der Auf-arbeitung der Stasibehörde.

Was bewegte Sie in dieser Wende-zeit, politisch aktiv zu werden?

Hans Joachim Meyer: Ich warzunächst Minister für Bildung undWissenschaft in der Regierung deMaizière und dann unmittelbaranschließend Minister für Wissen-schaft und Kunst in Sachsen. DieVolks-kammerwahl war Ende März1990 und dann war die Regierungs-bildung im April. Seit dieser Zeit warich in politischer Verantwortung.Man muss sagen, dass seit Sep-tember 1989 meine Frau und ichpausenlos in irgend welchen Funk-tionen und Aufgaben unterwegswaren und das war in der Tat etwas,was man sich vorher nicht vorstellt.Plötzlich ist man in einer Situationdrin und da gibt es nur eins:Entweder man steigt völlig aus oderman nutzt die große Chance und istbereit, sich Aufgaben übertragen zulassen. Das bedeutete damals aller-dings, so intensiv und angestrengtleben zu müssen, wie man sich dasvorher sicherlich so nicht gedachthat.

Irmgard Meyer: Ich hatte die poli-tische Arbeit meines Vaters nach demKrieg erlebt und mit ihm auch dasScheitern der Demokratie. Da ergabsich nach 40 Jahren Diktatur wie vonselbst der Wunsch, etwas zu tun.Ernst wurde es für mich im Dezember1989. Da wurde in Potsdam – einigeZeit bevor das in Berlin passierte –die Stasizentrale gestürmt und kurznach dieser Inbesitznahme durch dieBürger musste die staatliche Seite,gedrängt vom Neuen Forum, auchirgendwelche Maßnahmen ergreifen.In der Zeitung erschien eine Notiz, inder alle Parteien, Organisationen undBürgerbewegungen aufgerufen wur-

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Irmgard Meyer: Als im März 1990die demokratisch gewählte Volks-kammer zusammen trat, wurdeschnell die Forderung laut, die 400Abgeordneten auf eine möglicheStasimitarbeit zu überprüfen. Unddas war natürlich ganz besondersschwierig, weil viele Akten noch inSäcken steckten und unser Wissen,was ihren Aufbau betraf, noch sehrmäßig war. Aber es half nichts. Wirmussten wirklich versuchen, aufErstanfragen zu antworten und danndie Anfragen des im Juni gebildetenSonderausschusses der Volkskammerzu erledigen. Natürlich nur die, die inden Bereich der ehemaligenBezirksbehörde Potsdam gehörten.Das war, wie gesagt, eine sehrschwierige Tätigkeit, aber es hat sichgelohnt. Ich erinnere, dass es insge-samt ca. 50 Abgeordnete waren, diedann aufgefordert wurden, ihr Man-dat niederzulegen.

INFO: Und später in der Gauck-Behörde – welche Aufgaben hattenSie dort?

Irmgard Meyer: Die erste wichtig-ste Aufgabe der Gauck-Behörde war

die Überprüfung für den Öffentli-chen Dienst, für Parlamente, Parteienund Verbände. Da ging es darum, anHand der Akten Auskünfte zu schrei-ben über die Tätigkeit einzelnerPersonen für die Stasi oder ebenauch darüber, dass es keine Mit-arbeit gab. Das Eine war genausowichtig wie das Andere. Oft musstenja einfach Verdächtigungen aus-geräumt werden. Die längste Zeit, ab1992, habe ich aber dann dieAkteneinsicht mit den Bürgern be-treut, Akteneinsicht vorbereitet unddie Gespräche geführt. Das war füruns alle, die wir in der Gauck-Behörde gearbeitet haben, eineschwierige, verantwortungsvolle Ar-beit. Es hatte keiner von uns einepsychologische Ausbildung, und Hilfevon außen dürften wir nicht einho-len. So eine Akteneinsicht ist schonwirklich für alle Beteiligten eine„ungewöhnliche“ Situation. Wichtigwar vor allem, ein Vertrauensver-hältnis zwischen Mitarbeiter undEinsehendem aufzubauen. Schließ-lich, hatten wir, also wieder Fremde,Einblick in sein Leben, oft in sehr per-sönliche Dinge genommen. Ich hatteüber meinem Schreibtisch einen

den, unter der Leitung einer von derRegierung bestellten Person, eineKommission zu bilden, die die Auflö-sung der Staatssicherheit betreibensollte. Unsere „katholische Aktion“fühlte sich angesprochen und schick-te mich dorthin. Ausgerechnet mich.Ab 12. Dezember 1989 durfte ich alsMitglied der Kommission den Gebäu-dekomplex der Staatssicherheit be-treten. Die Stasi auflösen – werwusste schon, was das bedeutete?Das Personal entlassen, die Aktenbeaufsichtigen und alles tun, was mitder Auflösung einer solchen Riesen-behörde so zusammen hing? DiePotsdamer Bürgerbewegung hattebeschlossen, den ganzen Gebäu-dekomplex anderweitig zu nutzen.Der Umzug aus der Stadt heraus warfast ein Rund-um-die-Uhr-Dienst.Von meinem Chef bekam ich eineFreistellung „für gesellschaftlicheTätigkeiten“, wie das damals so hieß– was natürlich in diesem Augenblickganz besonders komisch war. Überallnoch die alten Funktionäre, die altenPolizisten, und wer waren dieMitstreiter in der Kommission? Ichhatte viel Angst in dieser Zeit. ImFebruar 1990 setzte der Ministerratein Komitee zur weiteren Auflösungder Staatsicherheit ein. Im Arbeits-stab des Bezirkes Potsdam sind wirdann zu dritt damit beschäftigtgewesen, viel über Strukturen undAkten des Ministeriums zu lernen.Wir dachten, es würde ewig dauern,bis man mit allem, was wir da wievorgefunden hatten, sinnvoll arbei-ten kann.

INFO: Ging es bei Ihrer Tätigkeit in der Potsdamer Stasibehörde nurum Sicherung der Akten oder gab es auch schon Anfragen zu bearbei-ten?

Montagsdemonstration in Leipzig

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INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

Spruch von Max Frisch: „Man solltedie Wahrheit dem anderen wie einenMantel hinhalten, dass er hinein-schlüpfen kann – und nicht wie einnasses Tuch um den Kopf schlagen.“

INFO: Wie haben Menschen, diesich mit der Stasi verstrickt undSchuld auf sich geladen haben, rea-giert, wenn Sie mit ihrem Tun kon-frontiert wurden?

Irmgard Meyer: Wenn ich jetzt ersteinmal an die denke, die sich schul-dig gemacht hatten – da gab esrecht unterschiedliche Reaktionen:Wut, Rechtfertigung, auch Stolz,Leugnen bis zur Vorlage der schriftli-chen Verpflichtung, Herunterredenund Kleinmachen der Schuld. Traueroder Scham waren selten. Häufig wardie Ausrede „Ich habe keinemgeschadet“. – Dazu muss mansagen, dass jeder DDR-Bürger schonganz unbewusst, einem anderenschaden konnte, z. B., wenn man alsganz normaler Mensch irgend einenpolitischen Witz weiter erzählt hatte,konnte das jemanden in Schwierig-keiten bringen. „Ich wollte keinemschaden“, das hätte man manchemvielleicht abnehmen können. – Aberich möchte kurz auch etwas zu denOpfern sagen. Hier war besonderswichtig, Vertrauen zu erwirken. Vielewurden sprachlos über das, wasihnen angetan worden war und vonwem. Die Trauer und Wut warennatürlich besonders groß, wenn esAngehörige waren, die jemandenbespitzelt hatten. Kollegen – ja, dashatte man sich vielleicht auch schondenken können. Viele haben auchgesagt: Ich möchte gar nicht wissen,wer es war. Wir haben jedem gera-ten, es sich sagen zu lassen – schon,um Verdächtigungen, die möglicher-weise falsch waren, aus dem Wegezu schaffen. Vergebung oder garVersöhnung zwischen Opfern und

Tätern, denke ich, ist eine ganz per-sönliche Sache. Es hängt dann wirk-lich davon ab, ob man miteinanderreden kann. Solche Gespräche wa-ren aber die Ausnahme.

INFO: Können Stasispitzel IhrerMeinung nach einen Platz in unsererGesellschaft finden?

Irmgard Meyer: Ich denke, inzwi-schen muss man das bejahen. In derersten Zeit waren der Ärger und dieWut sehr groß. Und da gab es natür-lich auch zugegebener Weise sehrviel Emotionen und ungerechteBeurteilungen. Wir haben immer dar-auf Wert gelegt, dass es Einzel-entscheidungen geben muss, dassgenau abgewogen werden muss,unter welchen Umständen jemandInoffizieller Mitarbeiter der Stasiwurde, aus Überzeugung, Wichtig-tuerei oder aus Naivität oder Angst.Es ging bei der Anwerbung auch vielum Erpressung. Angebliche staats-feindliche Tätigkeit, Nichtanzeige vonAusreisewilligen, Homosexualität,kleine kriminelle Straftaten reichtendazu aus. So gesehen war mancherTäter auch gleichzeitig Opfer. Wirwaren damals besonders daran inter-essiert, dass es keine IM in leitendenPositionen geben sollte; vor allemnicht unter Hochschullehrern undLehrern, unter Richtern, unter leiten-den Angestellten in der Wirtschaftoder im Öffentlichen Dienst. Das galtnatürlich sowieso für die hauptamtli-chen Mitarbei-ter des Ministeriums.Wie wir heute sehen, hat das leidernicht überall geklappt. Die letzterenhaben in den meisten Fällen rechtgut für sich selber gesorgt.

INFO: Herr Professor Meyer, dieKatholische Kirche war ja nicht ganzunbehelligt von der Unterwande-rung durch die Stasi. Wie würden Siedas einschätzen: Hat sich die

Katholische Kirche durch die von Ih-nen auch beschriebene Abstinenzzum politischen Apparat relativ vomEinfluss der Stasi bewahren kön-nen?

Hans Joachim Meyer: Das müss-ten Sie eigentlich meine Frau fragen,weil sie das sicherlich besser beant-worten kann. Ich sage es zunächsterst einmal aus meiner Sicht: Die bei-den christlichen Kirchen blieben alsHandlungs- und Entscheidungsstruk-turen intakt im Unterschied z.B. zuden christlichen Kirchen in derTschechoslowakei oder in Ungarn,wo ja häufig die Beauftragten derPartei oder des Staatssicherheits-dienstes gleichsam neben demSchreibtisch des Bischofs saßen. Soetwas hat es in der DDR nicht gege-ben. Die Beeinflussung konnte nurauf geheimem Wege erfolgen, d.h.dass man Menschen dazu erpressteoder überredete, mitzuwirken oderBerichte zu geben. Oder dadurch,dass man Menschen in eine kirchli-che Struktur einschleuste. Im Ver-gleich mit der Situation der christli-chen Kirchen in Russ-land, in derTschechoslowakei, in Ungarn undRumänien haben in der DDR diePartei und der Staat die kirchlicheStruktur jedoch nicht in die Handbekommen.

Irmgard Meyer: Wir haben ja seit1991 in Dresden gelebt und ich kanndarum mehr aus der Dresdner Per-spektive berichten. Im Bistum Dres-den-Meißen gab es sehr bald denAuftrag des Bischofs an PrälatGrande, die Überprüfung aller Geist-lichen und aller hauptamtlichenLaien in der Katholischen Kirche zubeantragen. Das ist dort konsequentdurchgeführt worden und ich habe

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Runden Tisches zu besetzen gab, istman fast immer auf die Kirchenzugegangen und es wurde dies auchvon allen anerkannt, ob-wohl ja zudem Zeitpunkt die große Mehrheitder Bevölkerung nicht mehr kirchlichgebunden war. Die Kirchen warenwie selbstverständlich diejenigen, dieAutorität hatten und die Alternativezum System in der DDR repräsentier-ten. Das ist natürlich nun alles nichtmehr so. In der freiheitlichen Ord-nung sind die Kirchen – um es ein-mal etwas neumodisch auszudrücke– Sinnanbieter wie viele andere. Siesind auch nicht mehr die Alternativezu einem feindlichen System. Ande-rerseits gibt es für die kirchlicheArbeit ein weites Spektrum von Mög-lichkeiten, von denen man 40 Jahrelang in der DDR nur träumen konnte.In Wahrheit überfordert sogar dasMaß der Möglichkeiten das, was einenormale Gemeinde in einem der ost-deutschen Länder leisten kann, weilunsere Gemeinden meist zu kleinsind für die große Vielfalt desVerbandslebens, das es in Deutsch-land gibt. Also muss eine neue Formgefunden werden.

Insgesamt wird man wohl sagenmüssen, dass die großen Hoff-nungen, die Papst Johannes Paul II.,aber auch andere, mit der Wende inEuropa verbunden haben, nämlichder Chance zu einer Neuevangelisie-rung, sich so nicht verwirklichthaben. Wir leben in einer Gesel-lschaft wachsender Individualisie-rung und Ausfaserung, die ein aufGemeinsamkeit gerichtetes Lebender Kirche erschwert. Andererseits istdie Gesellschaft in einem sehr vielgrößeren Maße auf der Suche nachOrientierung, als das vor 1990 derFall war. Die Teilung Europas hatteauch die Fronten und die Alter-nativen definiert. Heute ist das sehrviel unübersichtlicher, und wir müs-

sen unter den Bedingungen derGlobalisierung uns zu ganz neuenWegen entschließen und danachsuchen.

Die Kirche muss der GesellschaftAngebote zur Orientierung machenund sie dadurch herausfordern.Allerdings müssen wir uns selbst zusolchen Alternativen erst durchrin-gen. Wir müssen selbst neue Wegeerkennen und uns diese dialogischerarbeiten. Gesellschaftliche Orien-tierung ist nicht etwas, was gleich-sam vom kirchlichen Amt vorgege-ben wird und dann auszuführen ist.Das ist ein Bild von Kirche, das immerschon unrealistisch war und dasheute erst recht unrealistisch ist. Werdas alte Bild einer Kirche hat, die wieein Fels in der Brandung steht oderdie wie eine geschlossene Formationdurch die Gesell-schaft marschiert,der wird über die neue Situationunglücklich und enttäuscht sein. Wersich aber auf die Chancen derFreiheit wirklich einlässt und bereitist, sie aus dem Glauben zu gestal-ten, hat nach wie vor große Mög-lichkeiten eines überzeugendenchristlichen Zeugnisses. Wer jemalseinen Katholikentag erlebt hat, weißwie ein solches Ereignis weit in dieÖffentlichkeit hinein wirkt. Das isteine der großen Chancen derChristen in Deutschland, dass es injedem Jahr ein solches Ereignis gibt –einen Katholikentag oder einenEvangelischen Kirchentag. In wel-chem anderen Land steht Kirche eineWoche pro Jahr völlig im Mittelpunktder Öffentlichkeit.

INFO: Ich danke Ihnen für dasGespräch.

es übertragen bekommen, hier mit-zuarbeiten. Es waren einige wenigeGeistliche und hauptamtliche Laienunter den IM. Einige waren erpresstworden. Und es gab welche, die aufdiesem Weg Bedrohten helfen woll-ten, die sie um Hilfe gebeten hatten.Leider gab es auch die, die einfachdachten, dass sie Kraft ihrer Intel-ligenz und ihrer besonderen Stellungmit Leuten von der Stasi schon fertigwerden würden. Sie haben danngeplaudert und wurden auf dieseWeise ganz einfach „abgeschöpft“.Schriftliche Verpflichtungen wurdenvon Geistlichen in der Regel nichtverlangt. Im Bistum Dresden-Meißensind einige Konsequenzen darausgezogen worden: So wurden in eini-gen Fällen Priester in eine andereGemeinde versetzt, nachdem manauch der Gemeinde die Wahrheitgesagt hatte.

Natürlich waren auch Studentenge-meinden und Familienkreise beson-ders im Visier der Stasi. Auch so hatdie Stasi durch IM eine Menge überdie Katholische Kirche erfahren.

INFO: Herr Meyer, seit 1992 sind SieVizepräsident, seit 1997 Präsidentdes Zentralkomitees der deut-schenKatholiken. Ihre Nachfolge alsPräsident wird derzeit geregelt.Wenn Sie aus dieser Perspektive aufdie kirchliche Entwicklung nach demMauerfall schauen: Wo stehen wir?

Hans Joachim Meyer: Wenn mandie Situation vergleicht, wie sie1989/90 war und wie sie jetzt ist,gibt es zwei Unterschiede: 1989 wur-den die beiden christlichen Kirchenplötzlich zur einzigen anerkann-tenAutorität im Osten Deutschlands.Wenn es irgendwo den Vorsitz eines

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INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

INFO: Sehr geehrter Herr General-vikar Rother, am 09. November 1989konnten wir auf allen Kanälen dieWorte „Wahnsinn, Wahnsinn“hören. Die Mauer war gefallen. DieDDR-Bevölkerung konnte ohne Hin-dernisse die Grenzanlagen passieren.Das Trabbiklopfen war in vollemGange. Die ersten Mauerspechtewaren am Werk. Sie selber warenPfarrer in der beschaulichen Stadt-randgemeinde Kladow. Wie habenSie die Nacht vom 09. zum 10.November erlebt? Was geschah inder Pfarrgemeinde Mariä Himmelf-ahrt in den folgenden Tagen?

Ronald Rother: Die Grenzanlagenwaren ja nicht sofort und überall pas-sierbar. Kladow hatte zwei Straßen,die nach Norden führen, und es gabund gibt die Personenfähre nachWannsee. Ansonsten Stacheldraht!Der 9. November war ziemlich kalt.Als die Nachricht der Öffnung vonGrenzübergängen nach Kladow kam,holten einige den großen Glühwein-topf, fuhren mit diesem und Gebäckzur Heerstraße und verteilten solangees etwa gab an Leute aus Staaken.

Später waren auch „Löcher“ in unse-rem Grenzzaun; nun waren wir neu-gierig, wie es in Sakrow – sonstGrenzsperrgebiet – und Groß Glie-nicke (Ost), aber westlich gelegen,aussah, denn diese Orte gehörten jazur Pfarrei Mariä Himmelfahrt, wur-den aber von Potsdam aus pastori-siert. Bei einem Besuch im Pfarrbürovon St. Peter und Paul gab man mirdie Karteikarten von bekanntenKatholiken in diesen beiden Orten.Wir waren wieder eins.

INFO: Das Bistum Berlin konntetrotz Mauerbau und Zweiteilung derWelt die kirchliche und die durch dasAmt des Bischofs verbürgte Einheitbewahren, de facto sind in Ost undWest verschiedene Kirchenverwal-tungen notwendig gewesen und dasKirchenverständnis hatte sich unter-schiedlich ausgeprägt. Wie haben Siedie Zeit nach dem Mauerfall, die Zeitdes Ringens um die innere Einheit, inErinnerung?

Ronald Rother: Als "Dorfpfarrer"war es zunächst mein Anliegen, dieGesamtpfarrei zu stärken, Kontaktezu knüpfen (wir erweiterten denökumenischen Südspandauer-Kir-chenkonvent), die Möglichkeitenauszuprobieren, die sich boten undohne Widerstände erlebbar werdenließen.

Um die „innere Einheit“ ging esdann beim Pastoralkongress. Ausheutiger Sicht: eine vertane Chance,denn mit viel Elan, großem Einsatzund immensen Erwartungen habendie Mitwirkenden gearbeitet. Sichergab es im Ergebnis überzogeneForderungen und Änderungswün-sche, die auf Bistumsebene nichtgeregelt werden konnten, doch werverfolgte und gestaltete die in Kraftgesetzten Impulse?

INFO: In den 90er Jahren hatKardinal Sterzinsky das pastoralePersonal, insbesondere die Priesternicht mehr nur nach ihrer Herkunfteingesetzt. Einige Kapläne aus demOsten wurden in Westgemeindeneingesetzt und umgekehrt. Auch beiden Pfarrstellen gab es vorsichtige

Interview mit Generalvikar Ronald Rother

Ronald RotherGeneralvikar

Ronald Rother war als Kaplan,Diözesanjugendseelsorger undPfarrer im Westteil des Bistumstätig, bis ihm 1995 die Pfarrei inFrankfurt/Oder und Golzow übertra-gen wurde. Später wurde er Dekandes Dekanates Fürstenwalde undMitglied im Lenkungsausschussbeim Sanierungsprozess desErzbistums. Seit 2004 ist erGeneralvikar des Erzbistums Berlin.Im Interview berichtet GeneralvikarRother über seine Erfahrungen inder Seelsorge in Ost- und West undüber Perspektiven, die sich durchden Fall der Mauer ergeben.

Die Fragen stellte Hermann Fränkert-Fechter.

„Ein Austausch geht in alleHimmelsrichtungen, auch in die politischen Nachbarbistümer“

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THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

Versuche der Durchmischung. 1995haben Sie die Pfarrei Heilig Kreuz inFrankfurt (Oder) übernommen. Wiekam es zu dieser Entscheidung, washat Sie dazu bewegt?

Ronald Rother: Da war nichtsWeltbewegendes. Ich war über 50und fragte mich, ob ich noch be-weglich genug bin, etwas Neues undAnderes zu beginnen. MariäHimmelfahrt war gut, die Pfarreiwachsend und lebendig, viele ehren-amtlich Mitwirkende – hier hätte ichnoch gut 20 Jahre es aushalten kön-nen. So gab ich ein Signal, dass ichoffen für etwas Neues bin, undschnell hieß es: Frankfurt (Oder) ein-schließlich Golzow wird frei.

INFO: Durch den Wechsel von Kla-dow nach Frankfurt (Oder) haben Sieeinen unmittelbaren Vergleich zwi-schen einer „Westpfarrei“ und einer„Ostpfarrei“ bekommen. Was istIhnen aufgefallen? Worin bestandendie größten Unterschiede?

Ronald Rother: Ich weiß nicht, obOst- oder Westpfarrei die treffendeBezeichnung ist. Vorhin sprach ichvom „Dorfpfarrer“, nun war ichStadtpfarrer und erster Ansprech-partner der Katholischen Kirche fürKommunalpolitik, Universität, Me-dien, Ökumene, polnische Nach-barschaft…

In Frankfurt gab es mehr Empfind-lichkeiten z. B. gegenüber Medien-vertretern, eine stärkere Konzentra-tion auf den Binnenbereich (wobeihier die Ökumene hinzuzuzählen ist),ein großes Selbstbewusstsein auf das„Erreichte“ in der Vergangenheit, dieVerantwortung für die Außenge-meinden, ein Gefühl von „Wir sindautark“.

Ende der 90er Jahre waren wir per-sonell gut bestückt, das betrifft diebezahlten und die nicht bezahltenMitarbeitenden. Mancher Besucheraus Kladow staunte, wie viel ver-schiedene Dienste von einzelnenPersonen geleistet wurden, obwohlviele Helfer und Helferinnen gar nichtsichtbar waren.

INFO: Als katholischer Pfarrer vonFrankfurt standen Sie unmittelbar imKontakt mit den kommunalenPolitikern und Entscheidungsträgern.Inwieweit konnten Sie und IhreGemeinde an der kommunalenEntwicklung mitwirken?

Ronald Rother: Zunächst einmalich gar nicht. Die Verhältnisse warenanders, ich kam aus dem Westen. Inder Stadt Frankfurt (Oder) warenetwa 3 % der Einwohner katholisch(sonst unter 1 %). In den Ämtern undin der Politik gab es verhältnismäßigmehr Katholiken. Zugereiste aus demWesten (auch die gab es), verstärkenden Katholikenanteil. Eine Vielzahlder aktiven leistete gute und hervor-ragende Arbeit, sie wirkten mit undsetzten Akzente.

INFO: Was haben Sie sich in dieserZeit als Pfarrer und später als Dekanvon der Bistumsleitung gewünscht.

Ronald Rother: Meine Wünschewaren ganz bescheiden. Zwar ist inBerlin mit der St. Hedwigkathedraleder Mittelpunkt des Erzbistums, doch

Checkpoint Charlie Bild: Wetzler

Open-Air-Ausstellung Berlin Alexanderplatz: „Friedliche Revolution 1989/90“Bild: Wetzler

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Beiträgen zum Thema Kirche 2020.Wir müssen wohl neu entdecken, wases heißt und wie es geht: missiona-risch Kirche sein.

Einzelne religiöse Gruppen versuchenes auf ihre je eigene Art und Weise,nicht immer empfehlenswert. AberCharismen gibt es genug. DieVerantwortlichen in unseren Pfarrei-en (bezahlte und unbezahlte MA)müssen sich immer öfter die Fragenstellen: Was wollen/sollen wir tun?Was können wir davon umsetzen?Müssen wir alles leisten, was wir jetztanbieten, oder was von uns erwartetwird? Wer kann was gestalten?

Mit dem Stichwort „Profilieren“ wardas alles bereits im Plan 2009gemeint und beschrieben.

INFO: In den vergangenen Jahrensind die Beziehungen zwischen demErzbistum und den Ländern Branden-burg und Mecklenburg-Vorpommernvertraglich geregelt worden. In Berlin

es gab und gibt „Leuchttürme“ auchfern der Hauptstadt. Der Blick nachBrandenburg und Vorpommern warund ist wichtig. Damals wurden fastalle Formulare mit „Berlin“ ausge-druckt; ein starkes Signal wie weitder Blick (in der Bistumsverwaltung)reichte.

Da außerhalb von Berlin ebenfallsgut gearbeitet wird, sollten es keine(finanziellen) Ungleichheiten geben.

INFO: Wir machen einen Schritt indie Gegenwart. Seit 2004 sind SieGeneralvikar und tragen damitVerantwortung für das ganzeErzbistum. Was ist an innerer Einheitgut gelungen? Was macht IhnenSorgen?

Ronald Rother: Sie lassen auchnichts aus! Ich fange mal mit denSorgen an. Die Finanzmittelknapp-heit des Erzbistums führt m E. dazu,dass starke Pfarreien (in Ost undWest) finanziell gut gepolstert sind,andere dagegen sind sehr dünnhäu-tig. Es gibt teilweise untereinanderSolidarität, die dürfte noch wachsen.Einiges Gewohnte (z.B. an Traditionund Gemeindeleben) bricht weg, dawird viel gejammert und wenig neugestaltet.

In kleinen und großen Pfarreien bzw.Teilgemeinden gibt es ein starkesWir-Gefühl; das Wir als Erzbistum istweniger ausgeprägt. Das hat Aus-wirkungen im Verständnis der über-bzw. außerpfarrlichen Seelsorge.

Außerdem lernen die Pfarreien von-einander. RKW und RJW sind einePastorale Bereicherung, die mittler-weile auch im Westteil von Berlindurchgeführt werden. In der Jugend-und Erwachsenenpastoral gewinnenVerbände verstärkt an Bedeutung. InWest und Ost ist nicht mehr alles

Pfarrerzentiert, obwohl es hier unddort noch mit der Abgabe vonVerantwortung hapert.

Weitere Sorgen sind die finanziellenAuswirkungen der demografischenWandlung, der wachsende Priester-mangel, leerstehende Ordensnieder-lassungen, verwaiste Pfarrhäuser, dieVereinzelung der Gläubigen auf demLand. Die Aufzählung ließe sich fort-setzen.

INFO: Die Hoffnungen vielerChristen, dass nach der gelungenenFriedlichen Revolution auch die Kir-chen neuen Zulauf bekommen,haben sich nicht erfüllt. Die Zahl derErwachsenentaufen ist zwar gestie-gen, die glaubensferne ostdeutscheBevölkerung hat sich aber insgesamtnicht für eine kirchlich geprägteReligiosität geöffnet. Die Diaspora-situation der Kirche wird in ganzDeutschland immer deutlicher. Wiesoll die Kirche darauf reagieren?

Ronald Rother: Eine Antwort aufdiesen Fragenkomplex versuchteEnde Juli der Rheinische Merkur mit

INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

Open-Air-Ausstellung Alexanderplatz Bild: Wetzler

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steht eine solche Regelung noch aus.Wie sehen Sie das Verhältnis zu dendrei Bundesländern?

Ronald Rother: Unser Erzbistumstreift ja noch ein viertes Bundes-land: Sachsen-Anhalt, aber dorthaben wir keine Pfarrei. Am unkom-pliziertesten funktioniert es anschei-nend mit Mecklenburg-Vorpommern.Vielleicht liegt es an der Entfernung,vielleicht gibt es mit dem ErzbistumHamburg genügend Reibungspunk-te. Regelmäßige Spitzengesprächesind vertraglich geregelt und gestal-ten sich harmonisch. Sr. CorneliaBührle RSCJ setzt sich als Beauftrageder Erzbischöfe leidenschaftlich ein.Mit der Regierung des LandesBrandenburg sind ebenfalls Spitzen-gespräche vereinbart. Die Verant-wortlichen beider Seiten treffen sich.Auf der Arbeitsebene gibt es ein fastreibungsfreies Miteinander. UnserBeauftragter (mit dem Bistum Gör-litz), Msgr. Tobias Przytarski hat zu

THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

den Regierungsstellen in Potsdamguten Kontakt.

Der Regierende Bürgermeister (beimletzten Spitzengespräch) und erstEnde Juli sein neuer Kirchenbeauf-tragter fragen nach einer Konkor-datsregelung. Verhandlungspartnerauf kirchlicher Seite ist jedoch dieNuntiatur. Warum sollen wir alsErzbistum drängeln, da möglicher-weise keine bessere Regelung zuerwarten ist? Knackpunkte gibt esgenug: Religionsunterricht, Sonn-tagsöffnungsladenzeiten, Schul-strukturgesetz, Ungleichheiten imcaritativ/diakonischen Bereich. Aberauch ohne eine neue vertraglicheRegelung gibt es manche pragmati-sche Ziellösung.

INFO: Als Generalvikar tragen SieVerantwortung für die Balance zwi-schen den pastoralen Wünschen undden finanziellen Möglichkeiten. Wosehen Sie Chancen und Herausforde-rungen 20 Jahre nach dem Mauer-fall?

Ronald Rother: Die pastoralenWünsche und die finanziellenMöglichkeiten haben ja mit demMauerfall vor 20 Jahren nichts zutun. Insoweit sind wir in der „Norma-lität“ angekommen. Das zeigt sichu.a. in der geringer werdenden Be-reitschaft, „Osthilfen“ aus demWesten zu transferieren. Wir leben ineiner Diaspora, die Ausprägung zeigtsich außerhalb von Berlin (und sei-nem sogenannten Speckgürtel) deut-lich.

Wir müssen uns wohl darauf einstel-len, dass in unserem Erzbistum dieVereinzelung der Gläubigen auf demLand zunimmt. Die Wege werdennoch weiter; einzelne Gemeindensind als „Kristallisationsorte“ zustützen und zu stärken, damit leben-

diger Glaube erfahrbar in Gemein-schaft gelebt werden kann. Es gibtVorschläge, durch Pastoralteams dieKatholiken vor Ort zu sammeln undzu stärken. Doch wenn es ernst wird,will da auf längere Zeit kaum jemandhin. Einige Landstriche werden vomTourismus geprägt sein, doch istnicht die Hauptsaison als Maßstabdes Möglichen und Wünschenswer-ten zu nehmen, sondern der Alltag.

Andererseits haben wir auch außer-halb von Berlin solche Orte: dasOtto-Heim in Zinnowitz, das Christi-an-Schreiber-Haus in Alt Buchhorst(um nur zwei Beispiele zu nennen).Hier hat der Fall der Mauer es mög-lich gemacht, dass diese Orte ausge-baut werden konnten und aus Ostund West akzeptiert werden. Nichtvergessen darf man als Orte gelebtenGlaubens unsere Schulen, vieleEinrichtungen der Caritas und natür-lich auch die Akademie.

Der Fall der Mauer eröffnete nochandere Perspektiven: So können wirdie polnischen Nachbarbistümer ken-nen lernen und trotz Sprachschwie-rigkeiten uns austauschen. Solch einAustausch geht in alle Himmels-richtungen, denn Westberlin, woimmer noch die Mehrheit der Katho-liken in unserem Erzbistum lebt, istkeine Insel mehr, sondern schönesFestland.

Open-Air-Ausstellung mit Fernseh-turm Bild: Wetzler

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Interview mit Caritasdirektor i. R.Heinz Dietrich Thiel

INFO: Sehr geehrter Herr Thiel, Siewaren von 1968 – 1996 Direktor derHauptvertretung des DeutschenCaritasverbandes mit Sitz in Berlin.Wann bekamen Sie eine Ahnungdavon, dass die DDR als souveränerStaat nicht mehr weiter bestehenkann?

Heinz Dietrich Thiel: Am 4. No-vember 1989 fand die große Demon-stration auf dem Alexanderplatzstatt. Am 9. November in der Nachtzum 10. wurde die Mauer geöffnet.Danach gab es den Versuch vonEgon Krenz zu retten, was zu rettenist. Und immer noch war die generel-le Frage: Greifen die Russen ein oderist der Reformprozess von Gorbat-schow ernst gemeint? Aber je längerdas Jahr voranging, je konkreter diePlanungen wurden, desto deutlicherwurde für Jedermann: Die DDR hörtauf, die DDR macht Schluss! Kenn-zeichen für mich war die Einführungder Währungsunion und die Schlie-ßung der Grenzkontrollen. Die Jahrevon 1969 bis 1989 – also 20 Jahre –waren für mich ganz wesentlichbestimmt durch die Grenze; Fahrtenzwischen Westberlin und Ostberlin;Grenzübertritte und alles, was damitzusammen hing. Und als dasGrenzregime schloss und die Offi-ziere mir sagten, dass die Stempeleingesammelt werden, war das auchdas Ende der DDR.

INFO: Herr Thiel, dann sind wirschon sehr nahe an Ihrer Tätigkeit alsDirektor der Hauptvertretung Berlindes Deutschen Caritasverbandes.Was waren Ihre Aufgaben?

Heinz Dietrich Thiel: In einem Satzgesagt: Die Verbindung zu fördern

zwischen der Caritas in der Bundes-republik und der Caritas in der DDR– Verbindung hinüber und so weit esging auch herüber. Wir förderten dieCaritas in der DDR auf vielfältigeWeise: Geld, Textilien, medizinischeGeräte, Einrichtungsgegenstände fürdie Heime und Anstalten, Beschaf-fung wichtiger Produkte, Verpflich-tung von Referenten aus der Bun-desrepublik für Fortbildungsveran-staltungen der Caritas usw.

INFO: Wie kann man sich konkretIhre Tätigkeit vorstellen?

Heinz Dietrich Thiel: Die Haupt-vertretung mit Dienstsitz in derAhornallee in Charlottenburg hatteein gutes Dutzend Mitarbeiter, dazukamen die technischen Kräften.Unser aller Aufgabe war es, diese vonmir im Allgemeinen geschildertenMaßnahmen im Einzelnen zu planenund durchzuführen. Das heißt: Es gabca. 30 katholische Krankenhäuser inder DDR, das größte war St. Hedwigin Berlin. Diese Krankenhäuserbrauchten Ausrüstungsgegenstände.Der DDR-Staat wusste, dass die kon-fessionellen Krankenhäuser Verbin-dungen zum Westen hatten undsagte: Wenn ihr Ausrüstungsgegen-stände haben wollt, besorgt sie euchüber eure Partner im Westen. So be-kamen wir die Wünsche der Kranken-häuser und hatten dafür etwa dreiMillionen DM jährlich zur Verfügung.

INFO: Musste gar nichts mit denstaatlichen Stellen abgesprochenwerden?

Heinz Dietrich Thiel: Doch, doch!Die Krankenhäuser bekamen solcheGeräten nicht ohne Einzelgeneh-

INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

„In dieser Geschichte mitzuarbeiten,hat mir persönlich eine tiefe Befriedigung gegeben“

Heinz Dietrich Thiel hat als Direktorder Hauptvertretung des DeutschenCaritasverbandes in Berlin an einerSchaltstelle des innerdeutschenAustausches mitgewirkt.Er berichtet, wie zu Mauerzeiten derWarenverkehr, der Devisenhandelund der Freikauf von Häftlingen ausder DDR organisiert werden musste.Der Caritasdirektor im Ruhestand istheute ein wichtiger Zeitzeuge fürdie ungewöhnlichen Kommuni-kationsformen in Zeiten desEisernen Vorhangs.

Das Gespräch führteHermann Fränkert-Fechter.

KNA-Bild

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migung der staatlichen Stellen derDDR.

INFO: Sie waren also schon auf dasWohlwollen der Staatsorgane ange-wiesen?

Heinz Dietrich Thiel: Wenn Sie sowollen, ja! Aber wie ich schon sagte:Das Wohlwollen war ambivalent,denn die staatlichen Stellen habengesagt: Die konfessionellen Kranken-häuser brauchen keine Unterstüt-zung von uns, die bekommen sie ausdem Westen. Also war die Beschaf-fung von Einfuhrgenehmigungennicht sehr problematisch.

INFO: Von wem kam denn das Geld,das Ihnen zur Verfügung stand?

Heinz Dietrich Thiel: Die finanziel-len Zuschüsse kamen von derBundesregierung, von der DeutschenBischofskonferenz und von Einrich-tungen wie dem Bonifatiuswerk –das an vorderer Stelle zu nennen ist.Durch unsere Geschäftsstelle konn-ten Kirchenneubauten realisiert wer-den, wie z. B. die Kirche in Marzahn

THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

und in Hohenschönhausen, aberauch Renovierung und Sanierungvon Kirchen und Pfarrhäusern wur-den finanziert.

INFO: Sie also haben nicht nurAufgaben für karitative Einrichtun-gen übernommen, sondern organi-sierten auch den nötigen Devisen-transfer für Kirchenbauten und ande-re wichtige Materialien.

Heinz Dietrich Thiel: Es gab eineVereinbarung zwischen der Deut-schen Bischofskonferenz und demDeutschen Caritasverband, dass derLeiter der Hauptvertretung Berlingleichzeitig Geschäftsführer desKatholischen Kommissariats seinsollte. Das Katholische Kommissariatwar eine Einrichtung der DeutschenBischofskonferenz und diente demZweck, die Verbindungen zwischenden Sekretariaten der DeutschenBischofskonferenz und der BerlinerBischofskonferenz zu fördern. Des-wegen hatte ich auch Dinge zu tunund zu verantworten, die außerhalbdes eigentlichen Bereichs der Caritaslagen.

INFO: Die Hauptvertretung des

Deutschen Caritasverbandes wurdeauch immer genannt, wenn es umHäftlingsfreikäufe, Familienzusam-menführungen, Grundstücksgeschäf-te und Ausreisegenehmigungen ging.Wieweit waren Sie daran beteiligt?

Heinz Dietrich Thiel: Mein allseitsgeschätzter Vorgänger JohannesZinke hat 1962 den RechtsanwaltVogel kennen gelernt. RechtsanwaltVogel wurde ihm genannt als einzuverlässiger katholischer Rechtsan-walt in Ostberlin. 1962 hatten wirmit einem Studenten zu tun, der inOstberlin verhaftet wurde. Das warnach dem Mauerbau. Er wurde ver-haftet wegen Fluchthilfe. Also hatPrälat Zinke Herrn Vogel eingeschal-tet und dieser hat wiederum mit sei-nem West-Berliner Partner Rechtsan-walt Jürgen Stange überlegt, wieman den Fall lösen kann. Der Studentkonnte dann im Austausch für einenin der Bundesrepublik verhaftetenDDR-Bürger frei kommen.Das Ministerium für gesamtdeutscheFragen der Bundesregierung hat die-ses und andere Vorhaben unter-stützt. Es fing an mit wenigenHäftlingen und ging dann Schritt fürSchritt immer weiter. Die offiziellenVerhandlungen über diese Freikäufeliefen nicht über die Bundesregie-rung und die Regierung der DDR,weil sie zu dieser Zeit keineBeziehung hatte, sondern die Ver-handlungen liefen über die Rechts-anwälte Vogel und Stange. Zu beidenRechtsanwälten nahmen wir Kon-takte auf, wenn an uns Fälle vonVerhaftung und Freikauf heran ge-bracht wurden.

INFO: Wie kam es denn dazu, dassgerade der katholische Caritasver-band beim Devisenhandel und beiHäftlingsfreikäufen eine so großeRolle spielte? Warum hat ein soziali-stischer, atheistischer Staat auf eine

Blick von West-Berlin auf das Brandenburger Tor KNA-Bild

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haben zu können. Man konnte jasehr konkret sehen, wo die Hilfeblieb. Ein Röntgengerät ist schlechtzu übersehen und es gibt viele ande-re Beispiele, wo man sagen kann,das haben wir gemacht. Wir warendabei sehr engagiert und habenwenig auf die Zeit geachtet.

Es gibt das berühmte Wort vonBischof Theißing, der mal gesagt hat:Die Kirche der DDR ist in doppelterWeise verschwiegen. Sie wird ver-schwiegen und sie ist verschwiegen.Sie wird vom Staat nicht erwähntund wir erwähnen sie möglichstwenig in der Öffentlichkeit. Und daswar eine Situation, die eigentlich dieganze Zeit über gedauert hat. Man-che haben die Verschwiegenheitnicht gewollt, manche haben ver-sucht, dagegen zu opponieren, aberwahrscheinlich war es doch dasBeste in einem Unrechtsstaat. Und indieser ganzen Geschichte mitzuar-beiten, hat mir persönlich eine tiefeBefriedigung gegeben. Die entschei-denden Leute wussten, um was esgeht – die Bischöfe im Osten, dieBischofskonferenz im Westen. Meinepersönlichen Kontakte in die Fran-zösische Straße waren sehr eng undmeine persönlichen Kontakte in dasSekretariat der Bischofskonferenzwaren sehr intensiv. Ich habe vieleGespräche gehabt mit dem damali-gen Sekretär Hohmeyer, dem späte-ren Bischof von Hildesheim und wirhaben uns sehr intensiv ausge-tauscht über das, was vernünftig,machbar und empfehlenswert war.Wir hatten keine Öffentlichkeit, aberwir brauchten sie eigentlich auchnicht. Nach der Wende hat sichgezeigt, dass unsere Arbeit vernünf-tig und sinnvoll war und dass sichunsere Aufgabe erledigt hat.

kirchliche Institution zurück gegrif-fen?

Heinz Dietrich Thiel: Erst einmalist zu sagen: Genau wie wir undnoch in stärkerem Maße hat es dieEvangelische Kirche gemacht. Ganzwesentlich war da die Tätigkeit vonManfred Stolpe. Also, warum dieKirchen? Weil die Kirchen als über-greifende Institutionen in beidenTeilen Deutschlands verankert waren.Aus diesem Grund konnte die Kirchevermitteln, was beispielsweise für dieGewerkschaften (DGB im Westen –FDGB im Osten) nicht möglich gewe-sen wäre. Abgesehen davon ist derFreikauf von Gefangenen ein alteskatholische Thema, das tief in unse-rer Tradition verwurzelt ist. Von daherwar es ein Thema, das für die Kirchennahe lag.

INFO: Wir wissen auch durch denFall Karas, dass es im WestenStasispitzel gab. Hatten Sie in IhrerDienststelle damit zu tun? Haben Sieim Nachhinein gehört, dass es IMs inder Hauptvertretung gab?

Heinz Dietrich Thiel: PrälatSteinke hat als Generalvikar nach derWende veranlasst, dass alle leiten-den Mitarbeiter überprüft werdenund hat auch uns mit unsererZustimmung einbezogen. Die Über-prüfung hat ergeben, dass es keineStasispitzel in meiner Dienststelle

gab. Das Interesse derStaatssicherheit an unswar begrenzt. Es stehtwohl fest, dass dieHauptvertretung minde-stens zeitweise telefo-nisch überwacht wurde.Prälat Zinke hat vieleJahre lang im Auftragdes Bischofs von Berlindie Gespräche mit derStaatssicherheit ge-

führt, die nach seinem Tod PrälatGroß, nach dessen Tod Prälat Disse-mond und nach dessen AusscheidenPrälat Michelfeit geführt haben. Vondaher gesehen war eine gewisseVerbindung zur Staatssicherheitgegeben. Ich selber habe nie - außermit den Beamten oder mit denMitarbeitern des Ministeriums fürAußenhandel mit einem nichtunifor-mierten Vertreter des Staates gespro-chen. Ob und wieweit die uniformier-ten Mitarbeiter an der Grenze ihrer-seits spezielle Aufträge der Staats-sicherheit hatten, kann ich nichtsagen. Das kann man vermuten. Ichhabe jedenfalls nie für die gearbeitetund ich habe auch nicht gehört, dasseiner von meinen Mitarbeitern undmeinen Kolleginnen und Kollegen inder Hauptvertretung das getanhaben.

INFO: Herr Thiel, Sie haben einespannende Zeit deutscher Zeitge-schichte miterlebt und mitgestaltet.Welches Resümee können Sie überIhre Tätigkeit ziehen - vielleicht gera-de für junge Leute?

Heinz Dietrich Thiel: MeineAbsicht war es nie, jüngeren Leutenzu erzählen, was sie tun und lassensollten. Als ich jung war, wollte ichauch keinen Rat haben. Ich sehe esfür mich als sehr hilfreich an, bei derHilfe zwischen hier und drüben undzwischen drüben und hier vermittelt

INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

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Annaliese Kirchberg

Frau Annaliese Kirchberg ist seitdem Jahr 1989 Schulleiterin der

Theresienschule. Im Interviewberichtet sie über die Entwicklung

des katholischen Gymnasiums inden letzten 20 Jahren und erläutert,wie die heutige Schüler die Berliner

Mauer und die DDR sehen.

Das Gespräch führte Ulli Kaiser.

THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

INFO: Sehr geehrte Frau Kirchberg,Sie sind Schulleiterin der Katho-lischen Theresienschule und warenes auch schon vor der politischenWende. Was hat sich in den letzten20 Jahren in Ihrem Gymnasium ver-ändert?

Annaliese Kirchberg: Ich bin 1989als Schulleiterin an die Theresien-schule gekommen, habe 91 Mäd-chen übernommen. Mit mir warenwir 12 im Kollegium. Die Theresien-schule befand sich damals imPrenzlauer Berg, Schönhauser AlleeEcke Fehrbelliner Straße neben derKirche Herz Jesu. Heute sind wir inBerlin-Weißensee ansässig in derBehaimstraße neben der Kirche St.Josef. Unser Altbau ist mittlerweilefast saniert. Ein zweites Schulge-bäude für die Naturwissenschaftenist gebaut. Einen Sportplatz habenwir mitfinanziert und z. Z. werdenunsere Doppelsporthalle und weitereRäume errichtet, um den neuenAnforderungen gerecht zu werden,denn mittlerweile sind wir fast 700 Schülerinnen und Schüler und60 Kolleginnen und Kollegen. Alsoaus der Vierklassenschule – der„Erweiterten Oberschule“ zur dama-ligen Zeit – ist ein grundständigesGymnasium geworden, das zweizü-gig ab der fünften Klasse und dreizü-gig ab der 7. Klasse geführt wird. ZurZeit wird nach der Jahrgangsstufe 13das Abitur abgelegt. Das Ein-zugsgebiet der Schule ist schonlange nicht mehr der ‚alte Osten' undEltern aus den Alten Bundesländernziehen mittlerweile sogar nachPankow, um für ihre Kinder einenkurzen Schulweg zu uns zu haben.Das Kollegium ist ebenfalls durch-mischt und relativ jung – geblieben

ist der Geist der Schule, die Qualitätund ihr guter Ruf.

INFO: Ihre jetzigen Schüler kennendie Berliner Mauer und ein Leben inder DDR nicht mehr. Welche Ver-änderungen stellen Sie bei denJugendlichen fest?

Annaliese Kirchberg: Die Schülerder Theresienschule sind weltoffen,selbstbewusst, freundlich, kreativ,leistungswillig, verantwortungsbe-wusst und sehr engagiert – eigent-lich fast wie früher. Vieles hat heuteeine andere Qualität oder Intensität.Wenn ich an das Stichwort weltoffendenke, waren natürlich die There-sianer/innen vor der Wende auchoffen für Besucher aus anderenLändern, aber es war nicht erlaubtund musste immer vorsichtig passie-ren. Kreativ waren sie natürlich auch,aber mehr aus der Not geboren.Die Theresianer/innen lieben ihreSchule. Sie fühlen sich wohl in derSchulgemeinschaft. Deshalb sind sieauch bereit, sich für die Schule zuengagieren. Sie haben ein gutesDemokratiebewusstsein, arbeitenaktiv in der Schülervertretung, derKSJ und der Schülerzeitung mit undleisten vorbildliche Arbeit bei denMaltesern. Für ihren eigenen Sport-platz haben sie z.B. durch zweiSponsorenläufe 94.000 Euro gesam-melt. Ich finde, diese Leistung sprichtfür sich.

Ich kann im Schulalltag beobachten,dass sich die Schüler respektieren,akzeptieren und sich gegenseitig hel-fen – besonders denjenigen, die derHilfe bedürfen, wird diese zuteil. Esist schön, wenn eine so großeSchulgemeinschaft das leistet.

Interview mit Annaliese Kirchberg

„Die DDR wird als Diktatur undUnrechtsstaat beschrieben.“

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r/innen für die jüngste DeutscheGeschichte? Welche Sicht haben sieauf die Zeit der deutschen Teilung?

Annaliese Kirchberg: Ja, natürlichinteressieren sie sich für die jüngstedeutsche Geschichte – besonders imZusammenhang mit der Thematik„20 Jahre Mauerfall“. Zum Beispielführt ein ehemaliger Theresien-schüler durch die gleichnamige Aus-stellung am Alexanderplatz – dieshabe ich gestern Abend erleben dür-fen. Die Sichtweise, die die Schülerauf die deutsche Teilung haben,bekommen sie natürlich durchZeitzeugen und ihre Eltern, die ihnendiese Zeit nahe bringen. Die jüngerenSchüler haben viel weniger Informa-tionen und ein Teil hat auch fastkeine – z.B. wenn es Kinder sind, dieaus den Alten Bundesländern zuge-zogen sind. Da die Eltern derTheresienschüler ein distanziertesVerhältnis zum Staat hatten – das istin der Regel so –, ist auch die Ton-lage zu Hause ablehnend kritisch.Die jüngeren Schüler bekommen einvereinfachtes Bild dargestellt; wenndie Schüler älter werden, bekommensie komplexere Einblicke und Ein-

INFO: Stellen Sie Unterschiede imreligiösen Verhalten zwischen da-mals und heute fest und welcheUrsachen sehen Sie?

Annaliese Kirchberg: Es ist sehrangenehm zu spüren, dass dieSchüler und Schülerinnen ihreFrömmigkeit zeigen bzw. offen lebenkönnen – nicht nur im geschütztenRaum der Theresienschule. Sehrspannend ist es immer wieder zusehen, wie unterschiedlich dieSchüler den Zugang zum Religiösenfinden, wie wichtig es ihnen ist undwie ernst sie es nehmen. Das größteInteresse und die Bereitschaft, sichauf den Glaubensvollzug einzulas-sen, spüre ich bei den fünften undsechsten Klassen. Ganz besonderserfreut es mich zu sehen, wie vieleNichtgetaufte donnerstags im Schul-gottesdienst zur Kommunionbankgehen, um sich den Segen geben zulassen. Offensichtlich spüren dieKinder, dass es jemanden gibt, dersie in ihrer Einzigartigkeit annimmtund sie begleitet. Ich glaube, dass dieSehnsucht nach Spiritualität heutzu-tage bei Schülern offener zutagetritt, oder vielleicht erkenne ich es

nur besser. Im letzten Jahr gab eserstmalig das Angebot der Segens-feier, das sehr bereitwillig von 4Schülern und 80 Angehörigen ange-nommen wurde.

Als Ursachen sehe ich, dass deräußere Druck verschwunden ist; dassalso Religion keinem Verbot mehrunterliegt; dass es Krisensituationenimmer gibt – auch heute; dass dasVorbild der Schulgemeinschaft wirkt,die gelebte Ökumene, das Vorbilddes Pfarrers, der Lehrer, ggf. auch derGroßeltern, die dies noch vorleben.Der katholische und evangelischeReligionsunterricht spielt natürlicheine große Rolle. Wir feiern die Festeim Jahreskreis; d. h. wir machenTradition bewusst, denn ohne festeRiten kann man nichts tradieren. Beiden älteren Schülern leisten die Tageder religiösen Orientierung, dieBesinnungstage auf dem Jakobswegoder im Kloster und auch dasSozialpraktikum einen guten Beitrag,die Schüler auf ihrem Weg zumGlauben oder auf ihrem Glaubens-weg zu begleiten und zu ermutigen.

INFO: Interessieren sich Ihre Schüle-

INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

Neubau der Katholischen Theresien-schule in Berlin-Weißensee.

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sichten vermittelt - auf jeden Fall garkeine Nostalgie oder Verherrlichungdieser Zeit. Begriffe wie Diktatur undUnrechtsstaat, um die DDR zubeschreiben, sind also die normalenVokabeln.

INFO: Wie gehen Sie im Unterrichtauf die Friedliche Revolution von1989 ein? Was sieht der Lehrplan zudiesem Thema vor?

Annaliese Kirchberg: Ich persön-lich habe im Englischunterricht nichtso viele Anknüpfungspunkte. Ich tuedas nur, wenn ich als Zeitzeuginbefragt werde, aber im LehrplanKlasse 10 – Geschichte Sozialkunde– ist natürlich ein Thema, derVergleich der BRD und DDR. Es gehtda auch um die Wiedervereinigung,die Gründe dafür, sowie die erstendemokratischen Veränderungen. Zudiesen Stunden werden häufig Zeit-zeugen eingeladen, wie unsere ehe-malige Sekretärin oder Eltern. Wir

THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

gehen aber auch gern auf aktuelleAngebote ein. Zum Beispiel gibt esregelmäßig Exkursionen zum Stasi-gefängnis in Hohenschönhausenoder zum Stasiarchiv in der Nor-mannenstraße. Ein Kollege unter-nimmt auch die Fahrradtour zumMauerstreifen. Zur Zeit läuft bei unsein Projekt mit der Mutter von ChrisGueffroy, dem letzten Opfer derMauer. Und wir hatten in Vorberei-tung des 20. Jahrestages ein Projektder Fachbereiche Kunst und Politi-sche Weltkunde, in dem ein Denkmalfür die Deutsche Einheit entworfenwerden sollte. Außerdem sind imForum Theresienschule Referentenwie Rainer Eppelmann, der sichdamals zum Thema „10 JahreMauerfall – Fragen zur Aufarbeitungder DDR-Geschichte“ dem Publikumgestellt hat, oder Herr Joachim Jauer,der die politischen Veränderungendurch den Widerstand von Christenim ehemaligen Ostblock vorgestellthat bzw. auch der Oberstufe einenFilm gezeigt hat, der den Einfluss vonJohannes-Paul II. auf die Wendedokumentiert.

Im Deutschunterricht werden selbst-verständlich Autoren wie ChristophHein, Christa Wolf, Rainer Kunze undGünter Kunert behandelt, sowohlbiographische Aspekte als auchTextinterpretationen sind dannSchwerpunkt der Diskussion. Dasheißt: Unsere Schüler werden eigent-lich ordentlich informiert.

Im Rückblick auf die letzten 20Jahren fallen mir da spontan nochmehr Namen ein; Marianne Birthlerwar bei uns, Regine Hildebrand,Ulrike Poppe und die letzten beidenHerren, an die ich mich erinnere,waren Roman Grafe und der Lieder-macher Stefan Krawczyk. Und natür-lich der Bundestagsvizepräsident Dr.Wolfgang Thierse.

Kunstprojekt der katholischen Theresienschule

in Berlin-Weißensee zum Thema

Denkmal Deutsche Einheit

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Berlin, 17. Juni 1953: In den Straßenfallen Schüsse, unbewaffnete Men-schen stehen russischen Panzerngegenüber. Die Staatsgewalt derDDR zeigt unbarmherzige Härte. DerAufstand der Arbeiter gegen dieungerechten Lohnverschärfungenwird blutig niedergeschlagen. Da-nach beginnt eine Säuberungswelle.Für ein 10jähriges Kind aus demBerliner Bezirk Köpenick wird dieserTag zu einem Schlüsselerlebnis:

Mein Vater als Pfarrer gehörte zuden bestgehassten Leuten in derehemaligen DDR. Und er war auf-müpfig. Und dann hat meine Mutterihn gedrängt. Ich hab das, ich warschon im Bett, mitbekommen, mit-verfolgt durch die Tür auf den Flurraus, da standen meine Eltern amFenster, guckten auf die Straße, obdie schon kämen. Meine Mutter hateinen Koffer gepackt für meinenVater, hat ihn gedrängt, er möchtedoch schnellstens ab durch dieGärten hintenrum durch und dannzur S-Bahn in Grünau und nachWestberlin und von dort aus weiternach Westdeutschland.

Doch Jürgen Wiecherts Vater fliehtnicht. Er ist keiner, der seine Schäf-chen im Stich lässt, und er will sichvom kirchenfeindlichen DDR-Regimenicht unterkriegen lassen. – In dieFänge der Stasi kann man damalsleicht geraten: Ein politischer Witz –unbedacht erzählt am Stammtisch –kann jahrelanges Gefängnis zurFolge haben. Die IMs sind überall.Niemand kann sicher sein, ob dieStasi nicht gerade mithört.

Direkt an unser Haus angebaut warein kleines, ein noch kleineres Haus

als unseres, und die Frau, alleinste-hend, die da drin wohnte, die hatteerst für den russischen Geheimdienstgearbeitet, dann für die Stasi. Unddie hatte natürlich ihre Abhörgerätean der Wand zu kleben. Und trotz-dem haben wir uns nett über denGartenzaun begrüßt und geplaudertmiteinander.

Jürgen Wiechert beginnt, genau wieder Vater, gegen die staatliche undgeistige Bevormundung zu rebellie-ren. Als einziger in der Klasse weigerter sich, das blaue Halstuch derPioniere anzuziehen. Stattdessenträgt er auf großer Fahrt die Kluft derverbotenen christlichen Pfadfinder.Und er ist aktiv in der evangelischen„Jungen Gemeinde“. In der Jugend-gruppe basteln sie antisozialistischeFlyer und machen Scherze überStasileute. Besondere Bedeutunghaben die Ferientouren mit Fahrradund Zelt hinaus ins Land. Am Abendvor dem Lagerfeuer wird gebetet,gesungen und diskutiert. Natürlichauch über den gottlosen Staat.

Im Sommer 1961 kommt es zu einemfolgenschweren Ereignis. Es ist der18. August; fünf Tage nach demMauerbau in Berlin, mit dem die DDRsich vom Westen abriegelt. JürgenWiechert, damals 18 Jahre, ist gerademit seiner Jugendgruppe im Zeltlageran der Ostsee. Mit einem Ausflugs-dampfer wollen sie eine Fahrt inRichtung Bornholm unternehmen. Damacht der Kapitän eine Durchsage.Wegen hohem Seegang wolle mannun die Route ändern und stattdes-sen eine Inselrundtour um Rügenunternehmen. Für Wiechert undseine Freunde, die auf dem Oberdeckzusammensitzen, ist die Situation

INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

Der GrenzüberschreiterIm Gespräch mit Pfr. Jürgen Wiechert

In der Radiosendung Apropos Sonn-tag von rbb Antenne Brandenburgwurde am 9. August 2009 JürgenWiechert vorgestellt. Der konvertier-te und verheiratete Pfarrer war von1993 bis 2004 als Pfarradministra-tor in Jüterbog und Dahme tätig.

Über sein Leben als Grenzgänger inder Zeit des realexistierendenSozialismus und nach demMauerfall sprach mit ihm derSchülerreporter Fabian Opahle.

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jedoch klar: Die hatten einfach nurAngst, dass Passagiere versuchenwürden, nach Bornholm zu fliehen.Halb im Scherz, halb im Ernst begin-nen die Jugendlichen zu rufen: „Wirwollen nach Bornholm“ Der Schiffs-führung überreichen sie im Scherzeinen Zettel mit ihrem Wunsch. Fürdie Ordnungsmacht ist damit derBogen überspannt. Alarmiert vomKapitän, erscheint die Küstenwache.Die Gruppe wird in Gewahrsamgenommen und verhört. Am Abendfinden sie sich im Gefängnis wieder.Wiechert erinnert sich noch genau:

Diese kleinen kümmerlichen Zellen,die ja dazu da sein sollten einenkaputt zu machen. Man konnte nichtstehen, nicht liegen. In der Mitte warein kleiner Hocker, da konnten siedrauf sitzen. Aber sich nicht anleh-nen, weder nach hinten noch nachden Seiten noch nach vorne, dafürwar die Entfernung zu groß. Schein-werfer natürlich. [...] bis dann end-lich die erste Vernehmung, Mitte derNacht oder so im Morgengrauendran war und sie mich die Treppehochgejagt haben.

Einmal am Tag Essen durch dieTürklappe. Wenn man nicht rechtzei-tig zugreift, liegt die einzige Mahlzeitauf dem Boden. Niemand mit demman reden kann. Die ganze Nachtüber Licht. Die Pritsche nimmt zwarden meisten Platz in der Zelle ein,darf aber nur nachts benutzt werden.Ein Ereignis aus diesem tristenLebensabschnitt in der Isolierhaft desStasiknasts in der Magdalenenstraßewird Jürgen Wiechert nie vergessen:

Ich kriegte einmal kurz vor Weih-nachten eine Tafel Schokolade, Rum-Nuss Schokolade. Da wusste ich,

THEMA INFO 3/09Interview – 20 Jahre Mauerfall

dass die aus dem Westen kam. Sowas gab es im Osten nicht. [...]Klappe auf zack – außerhalb derEssenszeit auch – die Tafel durchge-schoben, Klappe wieder zu. Ich habsie mit Heißhunger verschlungen, hatwunderbar geschmeckt, undanschließend habe ich sie wiederausgekotzt in den Kübel rein, weilmein Magen das nicht mehr vertra-gen hat. Aber aus dem Silberpapier,dem Staniolpapier um die Schoko-lade rum, hab ich mir ein Kreuzgebastelt. So schmale Streifen unddie so zusammengedreht zum Kreuzund hinter das Wasserleitungsrohr,was in der Ecke langging, geklemmt[...] Das war so tröstlich, es war dasverbürgte Zeichen christlichenGlaubens. Da steckte alles drin anGlaubensgewissheit, was ich brauch-te. (…) Da leuchtete dann silberfar-ben dieses kleine Kreuz. Und so habeich Weihnachten überstanden.

Mehr als zwei Jahre verbringt dergerade volljährige Jürgen Wiechertim Knast. Erst in Rostock, dann inBerlin, schließlich im ZuchthausBrandenburg an der Havel. Dannwird er freigekauft. Man entlässt ihnjedoch nicht nach Westdeutschland,sondern, wie damals noch üblich, indie DDR.Wer glaubt, der junge Mannwäre vom Gefängnisaufenthalt ein-geschüchtert, irrt. Wenige Monatespäter trifft man ihn als Theologie-studenten am evangelischen Spra-chenkonvikt. Dort findet er Kontaktzu Fluchthelfern, die DDR-Bürgerdurch ein Tunnelsystem in den Wes-ten schleusen. Auch Wiechert wirdeingeweiht. Doch die Sache fliegtauf, er wird verhaftet und machterneut Erfahrung mit dem Stasiknast.Diesmal kommt er nach Berlin-Hohenschönhausen, in das be-rüchtigte Spezialgefängnis der Stasi

Sie haben ja in Hohenschönhausen,

als ich dann da einsaß, versucht,mich regelrecht kaputt zu machen,also jetzt wirklich auch mit dem Ziel,mich kaputt zu machen. Ich kriegtePsychopharmaka, dann schwebte ichnur noch (…) Ich weiß jetzt wasRauschgift ist oder wie Rauschgiftsich auswirkt in Halluzinationenfürchterlichster Art, Verzerrungenvon Gesichtern und Personen, diedann zerfließen, so wie im Nebel. Ichging nur noch unter der Decke,kannte mich selber nicht mehr. Undals ich merkte wie so langsam dieSinne schwanden, und ich das nichtmehr verkraften konnte, bin ich dannin Hungerstreik getreten und hab ge-dacht: „Ihr kriegt von mir nichts…Nicht mal das Schwarze untermFingernagel.“ Und ich hatte diefeste, wirklich die feste Absicht,dabei draufzugehen. Schien mir dereinzig gangbare Weg zu sein, um daraus zu kommen.

Nach fünf Monaten wird der völligfertige Student erneut freigekauftund diesmal nach Westdeutschlandausgebürgert. Wiechert wird evange-lischer Pfarrer und zieht nach Ham-burg, wo er seine Erfüllung gefundenzu haben scheint. Nach einigenJahren jedoch kommt es zu einerweiteren folgenschweren Entschei-dung. Wiechert wechselt mit seinerganzen Familie zum katholischenGlauben. Für damalige Zeiten eineSensation. Ausschlaggebend für dieLiebe zum Katholischen ist fürWiechert der mystische Charakterder katholischen Messe.

Als katholischer Pfarrer mit dreiKindern, eigentlich ein Unding,wechselt Wiechert ins katholischeBayern. In der Gegend von Regens-burg wird er Gemeindepfarrer – miteiner Ausnahmegenehmigung desPapstes. Drei weitere Kinder werdendort geboren. Für die Pfarrfamilie

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Aber auch, wenn er zu mir alsPriester kommt und sagt „Es tut mirso was von leid. Bitte sprechen Siemir die Vergebung zu“. Das könnteich.

Manch einer mag Pfarrer JürgenWiechert für einen unverbesserlichenSturkopf halten. Ich habe ihn erlebtals einen gastfreundlichen und ge-sprächsbereiten Menschen mit gro-ßem Gerechtigkeitsempfinden; alseinen Seelsorger, der allein seinemGewissen folgt und bereit ist, dafürauch Nachteile in Kauf zu nehmen.Auch wenn er kein Held sein will, einVorbild ist er allemal. Oder etwanicht?

Ich denke schon… zunächst viel-leicht gerade bei den Jüngeren. […]Der Mensch braucht Vorbilder. KeineHelden. Keine Helden wie der jungeSiegfried. Aber Vorbilder, so wiemein Vater ein gutes gediegenesVorbild für mich war. Ohne Getueund ohne Frömmelei und derGleichen. Ja also Vorbilder, darangeht's uns ab. Das ist wirklich wahr.

Wiechert die schönste Zeit ihresLebens.

Dann fällt die Mauer – und Wiechertspürt, er muss wieder zurück. Erwechselt nach Berlin und wirdPfarrer in Jüterbog, wo er fast zwölfJahre wirkt. Als schließlich, wegenSparmaßnahmen im Erzbistum Ber-lin, der Verlust seiner Pfarrstelle fest-steht, packt Wiechert erneut seineKoffer und siedelt mit der Familiewieder zurück nach Bayern. Dortwirkt er als Pfarrer in der Nähe vonLandshut. Seit Mitte 2009 ist er imRuhestand.

Jürgen Wiechert ist nicht nur einGrenzgänger, sondern einer, derGrenzen auch zu überschreiten bereitist. Jedenfalls dann, wenn er sie fürfalsch hält: er lebte in Preußen und inBayern, er kennt Katholiken undProtestanten aus eigenem Erleben –und er kann mit Recht von sichbehaupten, Ossie und Wessie in einerPerson zu sein. Wie steht er, 20 Jahrenach dem Fall der Mauer zur DDR?Hat sich seither die Einstellunggegenüber dem System geändert?

Nein, überhaupt nicht. Gegenüberdem System sowieso nicht. Die hatsich eher verschärft. GegenüberMenschen hat sie sich verändert.Gegenüber Menschen, die mitge-macht haben, die gezwungen wur-den mitzumachen, die man fertiggemacht hat. Menschen, die nichtgewohnt waren, die das plötzlich ansich erlebten, aber nie über solcheDinge nachgedacht haben. Die keineSehnsucht nach Freiheit hatten,geschweige denn nach Gerechtig-keit. War ja ein viel zu abstrakterBegriff für die meisten. Viele warendurchaus zufrieden, wenn sie mor-gens an ihre Arbeitsstelle gehenkonnten, auch, wenn da gar keineArbeit war, was oft genug vorkam.

[...] Ja und auf welche Idee kommtman? Für die Leute ist so eineDiktatur grade recht. Die wollen janichts anderes. Die wollen geführtund geleitet werden, und das reichtihnen dann aus, das ist in Ordnung.

Als Pfarrer im Beichtstuhl hat Wie-chert immer wieder mit Schuld undVergebung zu tun. Einmal kommtsogar ein ehemaliger Stasi-Mann zuihm, nicht wissend, dass der Pfarrerselber Stasiopfer ist. Für JürgenWiechert eine schwer zu bewältigen-de Begegnung. Würde er auch einenehemaligen Täter von Schuld losspre-chen?

Nicht pauschal. Das geht auch beider Vergebung nicht (…) Zunächsteinmal braucht es das Schuldbe-kenntnis: das heißt das Nachdenkenüber die Schuld, dass man überhaupterstmal darauf kommt, dass manschuldig geworden ist. Dann dasBekenntnis der Schuld. Es muss jaraus, es muss ausgesprochen wer-den. Ich kann doch nicht mich davorne hinstellen und sagen: „Hier,nehmt oder lasst liegen!“ HatBonhoeffer mal als Beispiel gebracht:Mit der Gießkanne die Vergebungausstrahlen. Wer sie will, soll sienehmen, und die anderen sollen sieliegen lassen. So geht es nicht.Vielmehr muss einer kommen undbekennen. Er muss persönlich beken-nen. Da kann nicht das ganze Volkantreten und er kann nicht für ande-re bekennen, das geht auch nicht, erkann nur sagen: „Ich habe gesün-digt!“ […] „Meine Schuld ist es, dievergeben werden soll oder will.“Und wenn so einer kommt und mirSchuld beichtet… am einfachsten istes natürlich wenn es seine Schuld mirgegenüber ist, wenn ich also auchder Geschädigte bin, dann kann ichviel glaubhafter und auch viel per-sönlicher ihm die Schuld vergeben.

INFO 3/09 THEMAInterview – 20 Jahre Mauerfall

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THEMA INFO 3/09Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen

Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum BerlinVollversammlung mit Rede von Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer zum Thema20 Jahre Mauerfall

Ökumenischer Gottesdienst in der Kapelle der Versöhnung auf demMauerstreifen

Diakoniezentrum EJF-LazarusBernauer Str. 115-118 · 13355 Berlin-Mitte(Eingang Ecke Gartenstraße)

Ökumenisches Frauenzentrum Evas Arche e.V.Vom Glück der Freiheit oder: Wie viel Revolution braucht die Verfassung?Es wird Bilanz gezogen, was aus der Sehnsucht nach politischer Freiheitgeworden ist.

Evas Arche e.V. Große Hamburger Str. 28 · 10115 Berlin-Mitte

Papst Johannes Paul II. und der Fall der Mauer„Kirche in Not“ lädt zu einem Begegnungstag nach Berlin ein mit dem Lemberger Erzbischof und langjährigen Sekretär von Papst Johannes Paul II., Mieczyslaw Mokrzycki,dem Bischof von Saratow, Clemens Pickel,sowie dem ZDF-Moderator und Buchautor Stephan Kulle

Gottesdienst in der St. Hedwigs-Kathedraleanschließend Begegnung im Bernhard-Lichtenberg-Haus

Dankgottesdienst zum 20. Jahrestag desMauerfallsPontifikalamt mit Georg Kardinal Sterzinsky

St. Hedwigs-Kathedrale

Der Ökumenische Rat Berlin-Brandenburg (ÖRBB)„Am Vorabend des 20-jährigen Jubiläums des Mauerfalls wollen wir in derMitte der Stadt Gott, dem Herrn der Geschichte, Dank sagen für die Ereignisse des 9. Novembers 1989 und die Erinnerung an die Freude wachhalten.“ (aus dem Einladungsschreiben)

Ökumenischer Gottesdienst

Marienkirche am Alexanderplatz

Samstag, 10.10.2009

10.00 Uhr

17.00 Uhr

Ort:

Samstag, 15.10.2009

19.00 Uhr

Ort:

Samstag, 17.10.2009

11.00 Uhr

Sonntag, 08.11.2009

10.00 Uhr

Ort:

Sonntag, 08.11.2009

19.30 Uhr

Ort:

Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen

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INFO 3/09 THEMAGottesdienste und Gedenkveranstaltungen

Die Katholische Akademie Berlin lädt ein:

Katholische Kirche und Friedliche RevolutionAkademieabend

Andacht mit Georg Kardinal Sterzinsky

Gespräche mit Zeitzeugenmit Domkapitular Dr. Karl-Heinz-Ducke,

Landtagspräsident; Erich Iltgen;Altbischof Dr. Martin Kruse;

Bundesministerin a.D. Claudia Crawford vorm. Nolte;Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky;

Dr. Wolfgang Thierse, MdB Vizepräsident des Deutschen Bundestages,Die Gespräche führt Joachim Jauer

Katholische Kirche und Friedliche Revolution –Lernschritte und Bewährungsproben

Tagung in der Katholischen Akademiemit Bischof Dr. Joachim Wanke;

Landtagspräsident a.D. Rainer Prachtl;Propst Dr. Gerhard Nachtwei;

Prof. Dr. Josef Pilvousek, Universität Erfurt;Sr. Maichaela Bank MMS;

Monsignore Georg Austen, Bonifatiuswerk Paderborn;Staatsminister a.D. Prof. Dr. Hans Joachim Meyer u.a.

Katholische Akademie BerlinHannoversche Str. 5, 10115 Berlin

Tel.: 030/28 30 [email protected]

Donnerstag, 19.11. 2009

18.00 Uhr19.00 Uhr

19. und 20.11. 2009

11.00 UhrAnmeldung erforderlich

Programm und Anmeldeunterlagen

Weitere Veranstaltungen aus Anlass des 20. Jahrestages des Mauerfalls finden Sie unter:

www.erzbistumberlin.de.

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THEMA INFO 3/09Motorradwallfahrt

von Pastoralreferent Peter Kloss

Seit der SINUS – Milieustudiebewegt den ehren- oder hauptamt-lich in der Pastoral engagiertenMenschen eine Frage: Brauchen wirjetzt für jede Wertorientierung undLebensästhetik ein eigenes pastora-les „Programm“ oder setzen wirgerade darauf, die durch die Studievorgestellten Milieugrenzen zu über-winden? Was geht dabei auf Ge-meindeebene, was geht dort nichtund welche anderen Möglichkeitenbestehen, Menschen für die Kirche zuinteressieren?

Am 29. August dieses Jahres starte-ten eine Pastoralereferentin und zweiPastoralereferenten, die selbst Mo-torrad – begeistert sind, einen Ver-suchsballon. Sie luden zu einerMotorradwallfahrt ein, die am letztenSamstag der Sommerferien vonChorin nach Lindow führte. DieSpannung war groß, wer sich auf diebloße E-Mail-Einladung hin auf denWeg zum Kloster Chorin machenwürde, um dann gemeinsam die ca.80 Kilometer durch die Uckermarknach Lindow zu fahren. DieWeggemeinschaft wurde schließlichvon 17 Personen zwischen 12 und70 Jahren gebildet. Drei davon nah-men - nach einer einführenden Statioam Klosterbrunnen – auf dem Sozius

(= Sitzbank, hinter dem Fahrer) Platzund genossen es gefahren zu wer-den. Gerade die Verbindung vonMotorrad und Wallfahrt lockte undmachte die Mitfahrenden neugierig.Im Unterschied zu der gängigenVorstellung, eine Wallfahrt müssteimmer an einen speziellen Ort füh-ren, der durch eine besondere Formder Verehrung ausgezeichnet ist,stand hier eher das Pilgern auf zweiRädern im Vordergrund. Pilgern istkein Urlaub. Pilger suchen zwar auchdie Unterbrechung, den Abstand zumAlltäglichen, um sich selbst und ihrLeben aus der Distanz betrachten zukönnen, sie suchen aber dazu häufignoch Antworten auf Fragen, die imalltäglichen Getriebe unmöglichgesucht und gefunden werden kön-nen.

„Ich bin dann mal weg“, der Be-stseller von Hape Kerkeling hat dieSehnsucht der Menschen nachUnterbrechung und Neuorientierungzum Thema gemacht. Viele habenseither das Pilgern für sich entdeckt.Für alle Pilger gilt: ich muss mich aufden Weg machen, ich kann nichtalles so lassen, wie es ist. Ich mussmich bewegen. Ich setze michbewusst den Mühen eines Wegesaus (auch Motorradfahren ist körper-lich anstrengend!), aber ich setzemich dabei auch Gott und seinemHandeln an mir aus. Ich werde zumGefährten von Menschen, die ichvorher nicht kannte. Ich begebe michauf einen Weg, den ich vorher nichtgefahren bin und der mirAufmerksamkeit und Rücksicht aufdie Mitfahrenden abnötigt. Alleszusammen kann Überraschungenbergen, die mich weiterführen. BeimPilgern kommt es neben dem äuße-

Erste Motorradwallfahrt im ErzbistumS T I C H W O RT M I L I E U S E N S I B L E PA S TO R A L :

ren auch auf den inneren Aufbruchan: der theologische Begriff der Me-tánoia, den wir gewöhnlich mitUmkehr übersetzen, heißt imGriechischen wörtlich eigentlich um-oder anders denken. Er fordert unszum Perspektivwechsel, heilsamerDistanz, Revision und manchmal zurVeränderung auf: Verlier dich nicht inden Kleinigkeiten des Lebens - WeiteDeinen Blick – Fahr nicht fest in denSackgassen von Schuld und Hoff-nungslosigkeit – Löse Dich aus derVerkrümmung Deiner Vorurteile –Sieh Dich und die Welt anders an.

Nach glücklichem Erreichen desZieles wurde auf dem einladendenGrundstück der St. Josephskirche inLindow bis zur abschließenden Ves-per in der Kirche noch gegessen undgefachsimpelt. Jugendliche aus St.Hildegard in Reinickendorf hattenden Wallfahrern liebevoll den Tischgedeckt. Fazit: Pilgern geht gut mitMotorradfahren zusammen, viel-leicht ja auch mal länger und viel-leicht ja auch mal weiter.

Überhaupt wurden einige Ideen füreine umfangreichere pastorale Arbeitfür und mit Motorradfahrern gespon-nen: Vielleicht im nächsten Jahr eineMotorradwallfahrt nach Alt-Buch-horst, vielleicht auch mit WeihbischofDr. Heinrich, von dem gemunkeltwird, er würde selbst gern fahren, ...wer weiß!

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INFO 3/09 THEMAKinder und Familienliturgie

Wir können's ja mal probieren“ –mit diesem Satz beginnt wohl in

vielen Gemeinden die „Ära vonKinder- und Familiengottesdiensten“.Und es beginnt das Überlegen undVorbereiten, das Ausprobieren undnatürlich das Feiern.Fragen nach dem Wie und Wer, Ortund Zeit und vieles mehr müssenbeantwortet werden. Und es müssenimmer wieder Mitarbeiter bereitste-hen und gefunden werden, die Spaßund Freude an dieser wichtigenAufgabe haben.Schnell wird den meisten bei ihremTun deutlich, dass ein gründlichesWissen für diesen seelsorglichenDienst von Vorteil ist und Bücherallein dies nicht vermitteln können.Aus diesem Grund hat das DezernatII – Seelsorge und die Liturgiekom-mission des Erzbistums einen Fortbil-dungskurs für Ehrenamtliche in derKinder- und Familienliturgie kon-zipiert und diesen von Oktober 2008bis April 2009 erstmalig angeboten.Für ein Wochenendseminar und dreiTagesseminare kamen 27 Männerund Frauen in diesem Zeitraumzusammen und ließen sich ein aufeine anstrengende und zeitintensiveArbeit.Insgesamt sieben Referenten über-nahmen die Gestaltung der einzelnen

Veranstaltungen. Die Inhalte reichtenvon Aufbau und Ablauf der Liturgie,über biblisches Grundwissen undGlaubensbekenntnis bis hin zu denBedürfnissen der „Zielgruppe Kind“:was können und wollen unsereKinder, was brauchen sie und wie ver-stehen sie Bibel und Glauben? Undall das wurde eingebettet in ange-nehme Atmosphäre und viel Gesang.Den Teilnehmenden war es wichtig,dass die Praxis nicht vernachlässigtwurde. „Was kann ich für meine kon-krete Situation gebrauchen und vonall dem Erfahrenen umsetzen“, daswar eine entscheidende Frage.

Und auch Erfahrungsaustausch un-tereinander war ein wichtiger Semi-narbaustein: Wie macht ihr das, wiegeht es bei euch, habt ihr eine Ideezum Thema XY…

Bei jedem neuen Treffen wurde deut-lich, dass das Seminar nicht aus-reicht, um alle Seiten zum Tages-thema zu beleuchten, so brauchte esimmer wieder „Mut zur Lücke“ – so-wohl bei den Referenten als auch beiden Seminarteilnehmern. In derAbschlussreflexion gab es viel Lobund Anerkennung für diesen Kurs.

Die 27 Teilnehmer erhielten am Endeein Zertifikat. Aufgrund der positivenResonanz beim ersten Kurs und wei-

terer Nachfragenwollen wir vonNovember 2009 bisApril 2010 einenneuen Grundkurs„Kinder- und Fami-lienliturgie“ anbie-ten. Der Kurs um-fasst vier Seminareund eine Praxisein-heit.

ReginaHarzdorf, GR

„Wir feiern heut' ein Fest“ Fortbildungskurs für Ehrenamtliche

Seminar 1„Gottesdienst ist dort, wo MenschenGott begegnen“ – Einführung in dieKinder- und Familienliturgie13.-15.11.009, Fr. 18.00; So. 13.00IN VIA-Center, Berlin-Karlshorst

Seminar 2„Und er stellte ein Kind in ihreMitte“ (Mk 9,36)Wie Kinder heute sind – was Kinderheute brauchenPraxiseinheiten zum KirchenjahrSa. 16.01. 2010, 9.30-17.00Tagungsraum Kathedralforum

Seminar 3„Ich glaube in Gott – Credo in unumdeum“Glaubenszeugnis in Gottesdienstund KirchenraumSa. 06.03.2010, 9.30-17.00Tagungsraum Kathedralforum

Seminar 4„Er nahm die Kinder in seine Armeund segnete sie“ – MK 10,16Die Bibel in unseren GottesdienstenSa. 17.04.2010, 9.30-17.00Tagungsraum Kathedralforum sowie St. Hedwigs-Kathedrale/Unterkirche

LeitungRegina Harzdorf, Gemeindereferentin/Beate Münster-Zorn, Referentin EAJ

Referent/innenWeihbischof Wolfgang Weider,Pfarrer Martin Kalinowski, AmaliaChristl, Annette Edenhofer, ElisabethEichert, ikola Banach

Info und Anmeldung Erzbischöfliches OrdinariatDezernat II – Seelsorge - Katechese -Niederwallstraße 8-9, 10117 BerlinTel.: 030/32684-526Fax: 030/32684-276

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Quiring, Christel;Heckmann, Christian (Hg.):Graffiti, Rap & Kirchenchor.

Jugendpastorale Herausforderungender Sinus-Milieu-Studie U27. –

Düsseldorf: Verlag Haus Altenberg,2009 [1. Aufl.].

ISBN 3-7761-0234-5

THEMA INFO 3/09Hinweise – Impulse

Als die Sinus-Milieu-Studie U27 imvergangenen Jahr erschien, ging

mehr nur als ein Raunen durch dieReihen der jugendbewegten undJugend bewegenden Kollegen undMitarbeiter: Endlich, endlich gab esda etwas handfestes, gab es Zahlen,Fakten, Informationen – so also „ticken“ sie, unsere Jugendlichen!Doch was genau steht da drin? Stehtzwischen den Zahlen, Aussagen,Informationen über die Lebenswirk-lichkeit der jungen Menschen „vonheute“, über ihr Engagement, überihre Pläne, über ihre Ideen?

Der vorliegende Band, vielleicht alsKommentar zur Sinus-Studie sowieals Beitrag zum Zukunftsdialog ver-stehbar, versucht, die Vielzahl vonSeminaren, Vorträgen und - vor allem– Materialien, die im Rahmen derVeröffentlichung der vom BDKJ undMisereor herausgegebenen Studiedes Heidelberger Sinus-Sociovison-Institutes zu ergänzen bzw. zu erwei-tern. Und bereits der Verweis aufGaudium et Spes – „Zur Erfüllungihres Auftrags obliegt der Kirche all-zeit die Pflicht, nach den Zeichen derZeit zu forschen und sie im Licht desEvangeliums zu deuten“ (GeS 4) – zuBeginn, (er)klärt die Sinnhaftigkeitund den Nutzen, den die umfangrei-che Studie zu bieten versucht.

In insgesamt 14 Beiträgen kommenhier Praktiker zu Wort, die sehen, dieverstehen und die deuten wollen,was die Zahlen vielleicht nicht direktoffenbaren – jene Lebenswirklichkeiteben, auf die die Pastoral derKirche(n) eine Antwort geben will.Und kann.

So macht sich etwa Hans Hobels-berger, Mitautor der Studie, „Auf dieSuche nach biografischer und sozia-

ler Nützlichkeit“ und setzt die wich-tigsten Ergebnisse der Studie inBezug zu einer ästhetisch gewende-ten Jugendpastoral. Auch ChristelQuiring wendet sich der sozialen undbiografischen „Nützlichkeit“ kirchli-cher Angebote zu. Klaus Farin, Leiterdes Berliner Archivs für Jugendkul-turen, widmet sich der Pluralität vonJugendkulturen und versucht eineDifferenzierung der Freizeitkulturenvorzunehmen; in einem weiterenBeitrag untersucht er das Engage-mentverhalten von Jugendlichen.

Aber auch die gelingende Kommuni-kation zwischen Jugendlichen undErwachsenen (Beitrag von Ralf PiusKrämer), Glaubensvermittlung undKatechese (Oliver Wolff), die Plurali-tät von Lebensstilen und Sinn-Syste-men (Thorsten Hoffmann), Welt-,Selbstinterpretation und die eigeneunterscheidbare Identität (BernhardFresacher), Chancen von Jugendkir-chenprojekten vor dem Sinus-Hinter-grund (Marc-Ansgar Seibel), Musikund ihre Funktion in religiösen Bil-dungsprozessen (Patrick Höring)oder die Verzahnung jugendpastora-ler Angebote mit Chor- bzw. Sing-Projekten (Matthias Balzer, Bundes-vorsitzender des Jugendchorverban-des Pueri Cantori) werden aufgegrif-fen und thematisiert.

Ein Literaturverzeichnis sowie kurzebiografische Notizen zu den Autorenrunden diese Sinus-Ergänzung ab –sofern man sich darauf einzulassenversteht, kann dieses Buch alsogewiss eine Ergänzung sein, die denBlick auf die Realitäten klärt undschärft und deren großes Interessesehr deutlich ist: „Unsere“ heutigenJugendlichen – wie auch immer sietatsächlich „ticken“ mögen…

Robert Gerke

Graffiti, Rap & Kirchenchor

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INFO 3/09 THEMABuchvorstellung

NEUGEBORENENTASCHE

Herzlich willkommen, kleiner Erden-bürger!“ – Mit dieser neuen

Tasche des Bonifatiuswerkes, die spe-ziell für die Begrüßung eines Neuge-borenen und für die Beglückwün-schung der Eltern konzipiert wurde,können Pfarrgemeinden, Verbände undInstitutionen ein ganz besonderes„Willkommensgeschenk“ überreichen.Das Aktionsmotto „Ein Engel für dich“verdeutlicht auf sympathische Weise:Jesus leibt die Kinder. Gerade dieKleinen und Schwachen sollen wissenund spüren, dass sie für immer vonguten Mächten umgeben und wunder-bar geborgen sind.

Die Glaubenstasche enthält folgendeMaterialien: Engel-DC, Engel-Büchlein,Kinderbibel, Babylätzchen, Baby-T-

Shirt, Segensfächer zu Geburt undTaufe, Info zum Elternbrief der DBK,Begrüßungsbrief von Bischof Dr.Joachim Wanke (...) Eltern-Informationdes Sozialdienstes katholischer Frauen(SkF)Schon sehr früh hat die Kirche davongesprochen, dass mit der Geburt jedemMenschen ein Schutzengel zur Seitegestellt wird, der ihn begleitet undbehütet.

Diesen Gedanken greifen wir mit derAktion gerne auf und wünschen allenNeugeborenen mit ihren Eltern, Paten,Familien und Freunden, dass sie ihrLeben lang erfahren: Ich bin von gutenMächten geborgen und umgeben.Mein Leben wird im Letzten gelingen,auch wenn der Weg vielleicht durchDunkelheit und Leid führt.

Herzlich willkommen, Weggefähr-te!“ – der neue Glaubensrucksack

des Bonifatiuswerkes ist nicht nuroptisch ein wirklicher Hingucker. Mitdiesem besonderen Willkommensge-schenk für neu getaufte Jugendlicheund Erwachsene reichen Sie einemneuen Mitchristen die Hand zurGlaubensgemeinschaft.Der Glaubensrucksack lädt dazu ein,den eigenen Glauben auf demLebensweg zu vertiefen und seineFähigkeiten in unserer Kirche einzu-bringen. Er ist somit eine unaufdringli-che und sympathische Hilfestellung fürPfarrgemeinden, Verbände undInstitutionen bei dem Bemühen, Men-schen für Jesus Christus zu begeistern.Der neue Glaubensrucksack desBonifatiuswerkes und die Internetseitewww.mein-glaubensweg.de wolleneines deutlich machen: Wir freuen uns, dass Sie als junger Christ in unse-re Weggemeinschaft, in die Gemein-

GLAUBENSRUCKSACKschaft der Kirche, gefunden haben.Der „Glaubensrucksack“ will eine ArtWegbegleiter sein, ein Symbol für denneuen Aufbruch, den Sie alsNeugetaufter gewagt haben, für dasspannende Unterwegs-Sein mit Gott,der Kirche, den Mitmenschen und derSchöpfung.Der Glaubensrucksack zur Aktion„Mein Glaubensweg“ enthält je eineBibel-Mini-CD-ROM, einen Zollstock„Maßstab Mensch“, ein Buch „Durch-kreuztes Land“, das Stundenbuch„Zeit mit Gott“, einen Begrüßungsbriefvon Bischof Dr. Joachim Wanke undeine gepackte „Wegzehrung" Nutzen Sie den Glaubensrucksackzugleich für die Beilage Ihrer pfarrge-meindlichen Informationen, die denNeugetauften eine gute Hilfestellungauf dem neuen Glaubensweg sein kön-nen.Bitte setzen Sie sich jederzeit undgerne mit uns in Verbindung!

Bestellung:Bonifatiuswerk der deutschenKatholikenKamp 22, 33098 PaderbornTel.:05251/2996-0;Fax: 05251/2996-88E-Mail: [email protected]

Page 36: Nr. 97 3/09 INFORMATIONEN · THEMA INFO 3/09 Inhaltsverzeichnis Vorwort Dompropst Dybowski „Eine Verweigerung bewirkt zwar unpolitisches Verhalten, ist aber nicht a-politisch.“

Herausgegeben vom Dezernat II – Seelsorge des Erzbischöflichen Ordinariats Berlin,Postfach 040406, 10062 Berlin, Tel.: 030/32 684-526, Fax: 32 684-75 26,

E-Mail: [email protected]: Ordinariatsrat Dr. Stefan Dybowski

Redaktion: Hermann Fränkert-Fechter, Roswita BebleinLayout: Wilfried Läpke, Druck: Rainer Breuer