Ofo Wei~gehend - infektio.de · Zeitschrift für Chemotherapie Gesundheitspolitik FDA begrenzt...

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ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722 / 5067 lnfonnationen für Jirzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie November/Dezember 19 94 -15.]ahrg. •• Ubers1cht Chronische Bronchitis: Antibiotika- ja oder nein? Atemwegsinfektionen sind die häufig- sten Infektionen in der ambulanten Pra- xis. geläufig ist den praktisch tätigen Arzten die virale Genese der mei- sten Tracheobronchitiden, die deshalb nur symptomatisch behandelt werden sollten. Im Zeitalter der verminderten Ressour- cen für eine kostspielige Pharmakathera- pie werden auch andere Krankheitsbilder einer kritischen Analyse unter z ogen, die durch a us üblicherweise mit Antibiotika behandelt wurden wie z. B. die Exazerba- tion der chronischen, mukopurulenten Bronchitis. Es muß bei diesem Krank- heitsbild angemerkt werden, daß selbst nach über 30 Jahren der wissenschaft- lichen Beschäftigung mit der Therapie dieses Krankheitsbildes die Auffassun- gen zum Stellenwert der Antibiotika durchaus kontrovers sind. Die Gegner einer antibiotischen Therapie dieser Erkrankung verweisen auf die klas- sische Analyse dieses Problems aus dem Jahre 1975 1 , in der die bis zum damali- gen Zeitpunkt verfügbaren prospektiven kontrollierten Studien zur antibiotischen Behandlung der chronischen Bronchitis analysiert wurden. Die Autoren kamen damals zu dem Ergebnis, daß von sechs Studien nur zwei einen Vorteil der anti- biotischen Therapie boten, drei zeigten keine Vorteile und in einer Untersuchung konnten keine Rückschlüsse gezogen werden. In der Zwischenzeit sind zwei weitere wichtige prospektive Studien zu diesem Problem publiziert worden 2,3 . In der ersten prospektiven Doppelblind- studie wurde bei 40 hospitalisierten Pa- tienten der Effekt von Tetrazyklin versus Placebo untersucht; es kam zwar zu einer signifikanten Verbesserung der primären Lungenfunktionsparameter (AaD0 2 und Peakflow) jedoch zeigten die übrigen Parameter keine wesentlichen Unter- schiede. In einer umfangreichen kanadi- schen Studie 3 über fünf Jahre bei nicht- hospitalisierten Patienten konnte ein signifikanter Effekt der antibiotischen Therapie gegenüber Placebo (68 Ofo versus 55%) bei über 350 Patienten gesehen werden. Besonders eindrucksvoll in die- ser Studie war die deutlich niedrigere Mißerfolgsrate in der Antibiotikagruppe gegenüber der Placebogabe. Es muß zu dieser Studie allerdings angemerkt wer- den, daß die Patientengruppe mit den drei wichtigsten Symptomen (vermehrte Luftnot, erhöhtes Sputumvolumen, ver- mehrte Sputumpurulenz) eindeutig am ausgeprägtesten von der antibiotischen Therapie profitierte. Ein weiterer Einwand der Gegner einer antibiotischen Therapie der Exazerba- tion der chronischen Bronchtitis ist die häufig virale Beteiligung, wobei aller- dings nicht unterschieden wird, ob die virale Infektion nicht doch in den mei- Inhalt sten Fällen über die Verminderung der bronchialen Clearance zur nachfolgen- den bakteriellen Superinfektion dispo- niert. Weitere Argumente gegen Antibio- tika sind die Überlegungen, daß es sich doch in der Mehrzahl um eine relativ gutartig verlaufende Erkrankun g handelt, zumeist keine Zeichen einer systemi- schen Infektion bestehen und die Mehr- zahl der Atemwege von chronischen Bronchitikern ständig mit Bakterien be- siedelt ist 4 Argumente für eine Antibiotikatherapie Die chronische Bronchitis ist zwar pri- mär keine Infektionskrankheit, dennoch spielen Infektionen in der Pathogenese eine bedeutsame Rolle. Primär ist die chronische Bronchitis die Folge einer Dysbalance zwischen l okalen Abwehr- 6'94 Übersicht Seite 41-42 - Chronische Bronchitis: Antibiotikabehandlung indiziert? Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (18) Seite 43 - Abschließende Zusammenfassung Gesundheitspolitik Seite 43 - Chinolone- Einsatz in der Veterinärmedizin - Vorläufig keine HIV-Vakzination in den USA Kongreßbericht Seite 44 - ICAAC / Oktober 1994 in Orlando Antimykotische Therapie Seite 44-45 - Omoconazol (Neueinführung) - Mykoseprophylaxe bei neutrapeniseben Patienten - Resistenz von Candida Spezies Interaktionen Seite 45-47 - Midazolam interagiert mit Azolderivaten und Erythromycin - Terfenadin-lnteraktionen mit Makroliden - Zopiclon und Erythromycin - Rifampicin mit Kortikoiden Neutropenische Patienten Seite 47-48 - Ceftazidim versus Piperacillin plus Tobramycin Fragen zu wichtigen Infektionen (6) Seite 47 - Resistente Enterokokken-Infektionen li Unverträglichkeitsreaktionen Seite 48 - Ototoxizität von Interferon - Schleimhautschwellungen nach Clindamycin - Sehnenruptur nach Enoxacin 41

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ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722 / 5067

lnfonnationen für Jirzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie November/Dezember 19 94 -15.]ahrg.

•• • Ubers1cht Chronische Bronchitis: Antibiotika- ja oder nein?

Atemwegsinfektionen sind die häufig­sten Infektionen in der ambulanten Pra­xis. Wei~gehend geläufig ist den praktisch tätigen Arzten die virale Genese der mei­sten Tracheobronchitiden, die deshalb nur symptomatisch behandelt werden sollten.

Im Zeitalter der verminderten Ressour­cen für eine kostspielige Pharmakathera­pie werden auch andere Krankheitsbilder einer kritischen Analyse unterzogen, die durchaus üblicherweise mit Antibiotika behandelt wurden wie z. B. die Exazerba­tion der chronischen, mukopurulenten Bronchitis. Es muß bei diesem Krank­heitsbild angemerkt werden, daß selbst nach über 30 Jahren der wissenschaft­lichen Beschäftigung mit der Therapie dieses Krankheitsbildes die Auffassun­gen zum Stellenwert der Antibiotika durchaus kontrovers sind.

Die Gegner einer antibiotischen Therapie dieser Erkrankung verweisen auf die klas­sische Analyse dieses Problems aus dem Jahre 1975 1

, in der die bis zum damali­gen Zeitpunkt verfügbaren prospektiven kontrollierten Studien zur antibiotischen Behandlung der chronischen Bronchitis analysiert wurden. Die Autoren kamen damals zu dem Ergebnis , daß von sechs Studien nur zwei einen Vorteil der anti­biotischen Therapie boten, drei zeigten keine Vorteile und in einer Untersuchung konnten keine Rückschlüsse gezogen werden. In der Zwischenzeit sind zwei weitere wichtige prospektive Studien zu diesem Problem publiziert worden2,3 . In der ersten prospektiven Doppelblind­studie wurde bei 40 hospitalisierten Pa­tienten der Effekt von Tetrazyklin versus Placebo untersucht; es kam zwar zu einer signifikanten Verbesserung der primären Lungenfunktionsparameter (AaD02 und Peakflow) jedoch zeigten die übrigen Parameter keine wesentlichen Unter­schiede. In einer umfangreichen kanadi­schen Studie3 über fünf Jahre bei nicht­hospitalisierten Patienten konnte ein signifikanter Effekt der antibiotischen

Therapie gegenüber Placebo (68 Ofo versus 55%) bei über 350 Patienten gesehen werden. Besonders eindrucksvoll in die­ser Studie war die deutlich niedrigere Mißerfolgsrate in der Antibiotikagruppe gegenüber der Placebogabe. Es muß zu dieser Studie allerdings angemerkt wer­den, daß die Patientengruppe mit den drei wichtigsten Symptomen (vermehrte Luftnot, erhöhtes Sputumvolumen, ver­mehrte Sputumpurulenz) eindeutig am ausgeprägtesten von der antibiotischen Therapie profitierte.

Ein weiterer Einwand der Gegner einer antibiotischen Therapie der Exazerba­tion der chronischen Bronchtitis ist die häufig virale Beteiligung, wobei aller­dings nicht unterschieden wird, ob die virale Infektion nicht doch in den mei-

Inhalt

sten Fällen über die Verminderung der bronchialen Clearance zur nachfolgen­den bakteriellen Superinfektion dispo­niert. Weitere Argumente gegen Antibio­tika sind die Überlegungen, daß es sich doch in der Mehrzahl um eine relativ gutartig verlaufende Erkrankung handelt, zumeist keine Zeichen einer systemi­schen Infektion bestehen und die Mehr­zahl der Atemwege von chronischen Bronchitikern ständig mit Bakterien be­siedelt ist 4

Argumente für eine Antibiotikatherapie Die chronische Bronchitis ist zwar pri­mär keine Infektionskrankheit, dennoch spielen Infektionen in der Pathogenese eine bedeutsame Rolle. Primär ist die chronische Bronchitis die Folge einer Dysbalance zwischen lokalen Abwehr-

6'94 Übersicht Seite 41-42 - Chronische Bronchitis: Antibiotikabehandlung indiziert?

Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (18) Seite 43 - Abschließende Zusammenfassung

Gesundheitspolitik Seite 43 - Chinolone- Einsatz in der Veterinärmedizin - Vorläufig keine HIV-Vakzination in den USA

Kongreßbericht Seite 44 - ICAAC/ Oktober 1994 in Orlando

Antimykotische Therapie Seite 44-45 - Omoconazol (Neueinführung) - Mykoseprophylaxe bei neutrapeniseben Patienten - Resistenz von Candida Spezies

Interaktionen Seite 45-47 - Midazolam interagiert mit Azolderivaten und Erythromycin - Terfenadin-lnteraktionen mit Makroliden - Zopiclon und Erythromycin - Rifampicin mit Kortikoiden

Neutropenische Patienten Seite 47-48 - Ceftazidim versus Piperacillin plus Tobramycin

Fragen zu wichtigen Infektionen ( 6) Seite 47 - Resistente Enterokokken-Infektionen li

Unverträglichkeitsreaktionen Seite 48 - Ototoxizität von Interferon - Schleimhautschwellungen nach Clindamycin - Sehnenruptur nach Enoxacin

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Zeitschrift für C hemotherapie

mechanismen de r respirato rischen Sch leimhaut und inhalative n Noxen . Zahlreiche endogene und exogene Fakto­ren sind an der Entstehung der chro ni­schen Bron chitis beteiligt . Zu nennen sind in diesem Zusammenhang das In­h alationsrauchen , die Luftverunreini­gung, die fl ächenvermehrte Staubexpo­sition , kü hle und feuchte klimatische Einflüsse sowie genetische Faktoren oder all ergische Param eter. Die Bakterien­clearance in der Lunge ist hauptsächlich eine Funktion der Ph agozytoseaktivität der Alveolarmakrophage n und der bron­choa lveolären Clearance . Faktoren wie Al kohol, Zigare ttenrauchen , Hypoxie oder Azidose können d iese Phagozytose­mechanismen hemmen . D arüber hin aus bedingen die Veränderungen der Tracheo­bronchialmotorik und die Verminderu ng de r mukozilialen Fun ktionen eine we i­tere Schwächung der natürl ichen Abwehr. Die lokale Minderung von Lysozymen , Laktoferrin und sekretorischem Im mu n­globulin A, wie es be i chroni schen Infek­tionen der Bronchien nachgewiesen wurde, beinh altet ebenfa ll s eine Reduk­tion der unsp ez ifischen Infektabwe hr. Im gleichen Sinne wirken auch die mor­phologischen un d funktionellen Verän­derungen des Bronchialtraktes, die man­ge lh afte Durchblutung, chronische pe ri­bron chiale Bindegewebsvermehrung, die Produktion eines viskösen Bro nchial­sekretes sowie die Einschränkung des Husten stoßes irrfolge Emphysem bil­dung. H ieraus fo lgt , daß diese Pa tienten für endogene und exogene Reinfe ktion en anfä llig sind. Der endogen e Relaps be­inhaltet die Exaze rbation der Bronchitis durch Keime, die ständig in der geschädig­ten Bronchialm ukosa persist ieren kön­nen. Dieser pathogenetischen Vorstellung der Exaze rbation der chro nischen Bron­chititis entspricht am besten de r sogenannte Circulus vitiosus an der Bron­chialschleimhaut, wie er von P. Cole ent­wickelt wurde5

. Hinzuweise n ist in d ie­sem Zusammenhang auch darau f, daß die deutlich vermehrten Gran ulozyten und deren Mediato ren bei der puru­len ten Bronchi tis eine erhebliche Infl am­ma tion auslösen kö nnen. Auch ist be­kann t, das bestimm te H . infl uen zae­Stämme von Bron chi tikern in der Lage sind , Histami n selbständig zu produ zie­ren . Zusammen fassend ergeben sich daher d ie folgenden pathophysiologi­schen Veränderungen bei Exaze rbatio­nen der chro nischen obstruktiven Bro n­chitis :

- gestörte mukoziliäre Clearance,

- vermehrte Mukusproduktion,

- verminderte IgA-/ IgG-Produktion,

- zelluläre Inflammation: Granulozyten, Mediatorenfreisetzung

- bakterielle Histaminproduktion (H. influenzae)

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- daraus folgt: lokale Keimvermehrung und bronchiale Obstruktion.

Ne uere Befunde hinterfragen auch aus­drücklich die beschrieben e hohe virale Beteiligung (50 bis 60 %) bei der Exa­ze rbation der chronisch en Bronchitis; umfangreiche Stud ien der letzten Jahre deuten nur auf maxi mal 20 bis 30% vi rale Ätiologie hin . Bis zu 20% sollen Mykoplasma pneumoniae und Chlam y­dia pne umoniae ätio lo~isch bei der Exa­zerba tion beteil igt sein .

Ein weiterer wichtiger Befund in diesem Zusammen hang sind d ie Ergebnis se quantitativer Sputumuntersuch ungen bei über 1000 Patien ten mit unterschied­li chen Stadien der chronischen Bronchi­tis, d . h . in der stabilen Phase, während der akuten Exazerbation, während akuter al­lergischer Luftno tzustände sowie in der Heilungsp hase nach einer akuten Exa­zerbation. Die Autoren di eser Studie7

konnten bei gerra uer q~antitativer Ana­lyse ze igen, daß pro O limmersionsfeld nur zwei Bakterien im Grampräparat in der stabi len Bronchitisphase gezäh lt wer­den konnten. Hingegen fanden sich wäh­rend der Exazerbationsphase über 12 Hämophil us influenzae-Keime, über acht Streptococcus pneumoniae-Keime oder über 18 Moraxella cata rrhalis-Keime. Auch quantitative Bakteri enkeimzahl­bes timmungen in Materia l, das mittels de r "geschü tzten Bürs te" über die Fiber­bronchoskopie gewonnen wurde, er­brachten bei der Exazerbation der chro­nischen Bronchitis mit ei ner Keimzahl vo n > 103 CFU/ m l eine signifikante Keimzahlerhöhung.

Differentialdiagnostische Erwägungen Bei de r Ü berlegung zur antibiotischen Therapie einer puru lenten Bronchit is soll te zunächst der behandelnde Arzt den Patienten nach der Sputummenge, der Farbe des Sputu ms und der Veränderu ng gegenüber der normalen Situation befra-

. gen . Die Inspektion des puru lenten, zu­m eist gelblich oder grünlichen Sputums so llte durch den Arzt persön lich erfolgen. Eine mikroskopische Analyse so llte reich­lich bis massen haft Gran ul ozyten erge­ben und im G rampräparat bzw. in der bakterio logischen Kul tur is t zumeist eine dom inierende Keima rt nachweisbar. Dif­fe rentialdiagnostisch m uß sicherlich eine Allerge ninhalation mit möglicherweise eosinoph ilem Sputum bedacht werden. Weiterhin sind zu erwägen die Inhalat ion toxischer Gase oder Partikel, eine akute vira le Bronchitis , ein eingedicktes Sekret ins besondere bei älteren Patienten und natürlich die akute bakterielle Bronchitis bei Patienten ohne vorbestehende chro­nische Bronchiti s.

Antibiotika-Indikation Der junge erwachsene Nichtraucher bis etwa zu einem Leben sa lter von 45 bis 50

November/Dezember 1994 - 15. }ahrg.

Jahren, der n ich t an einer chronischen Bronchi tis leidet oder son stige Grund­erkran kungen aufwe ist, benö tigt im Rah­men einer bakteriellen Superinfektion (puru len te Bronchitis) nach einem vira­len Atemwegsin fe kt keine antibio tische Therapie.

Au f der Basis der zuvo r da rgelegten pathogenetischen Überlegunge n - insbe­sondere zur Unterbrechung des C irculus vitios us - erschein t dagege n eine an ti­bio tische Therapie bei der purulen ten Exazerbation der chro nischen Bronchi tis ind iziert . D ieses gilt aufgrund der sog. "Winnipeg-S tudie" 3 insbesondere dann, wenn di e drei fü hrenden Symptome (Luftnot, Sputumvol ume n , Sputum­purulenz) Ve ränderun ge n im Sinne einer eindeutigen Verschlech teru ng auf­weisen.

Wünschenswert wäre allerd ings, wenn in einer großangelegten m ul ti zentrischen prospektiven Studie mi t Erhebung mikrobio logischer, funktione ller und kli­nischer Parameter einige der bisher noch ungelösten Fragen bei diesem sehr häu­figen Krankheitsbild gelöst werden könn­ten.

ZUSAMMENFASSUNG: Der Patient mit einer chronischen Bronchitis ist auf der Basis unterschiedlicher Mechanis­men besonders disponiert fiir bakterielle bronchiale Infektionen. Der Anteil einer viralen Ätiologie bei diesen Exazerbatio­nen ist nach neueren Befunden deutlich niedriger als bisher angenommen. Zur Unterbrechung des Circulus vitiosus im Bronchialsystem mit der fortdauernden Schädigung der Mukosa erscheint eben­falls die antibiotische Therapie indiziert. In der einzigen umfangreichen Doppel­blindstudie (Winnipeg, Kanada) zu die­sem Problem konnte eine signifikante Überlegenheit der antibiotischen Thera­pie im Vergleich zu Placebo hinsichtlich der Heilungsfrequenz aber insbesondere hinsichtlich der Verminderung der Miß­erfolge nachgewiesen werden; dieses galt insbesondere fiir Patienten mit Ver­schlechterung der Symptome Sputum­volumen, Sputumpurulenz und Luft­not.

l. TAG ER, I, SPEIZ ER, F. E. N. Engl. J . Med. 292:563 - 571,1975

2. N ICOTRA, M. ß. et al. Ann. [nte rn .Med.97 : 18- 21,1982

3. ANT H ON ISEN, N . R. et al. Ann. Intern. Med. 106: 196- 204,1987

4. N ICOTRA, M. B , KRUSEN BERG , R. S. Sem. Respi rator. Infect. 8: 254- 258, 1993

5. COLE, P. C linical therapeutics 13: 194-198, 199 1

6. ISA DA, C.M. Sem. Respirato r.ln fec t. 8:243- 253, 1993

7. BAIGELMAN, W. et al. Lung 156: 265 - 270, 1979

Zeitschrift für Ch emotherap ie

Gesundheitspolitik FDA begrenzt Chinolongebrauch in der Veterinärmedizin In einer gem einsamen Aktion haben sich jen e Beratungskommissionen der FDA, die zuständig sind fü r die Veterinärmedi­zin sowie für Infektionstherapeutika, nach einge hender D iskuss ion en tschl os­sen , den Einsatz von Chin a ionen bei Rindererkranku nge n zu begrenzen. Diese Medikamentengruppe so ll in Zukunft n ur noch nach ve terin ärmediz in ischer Verordnung, fü r kurze Zeit und in opti­mierten therapeutischen Dosieru ngen verfü gbar sein . Weitere Empfehlu ngen dieser Kom miss ion beziehen sich auf die Überwachung vo n bakteriellen Isolaten von Tieren und Menschen sowie auf ein inten sives Monitaring derj en igen Erre­ge r, die über die Na hru ngsmit telke tte übertrage n werde n . Diese Empfehl ungen refl ektieren die Bedeutung, di e gegen­wärtig den Problem en der Übertragung von resistenten Erregern aus dem Veteri­n ärbere ich auf den Men schen beigemes­sen wird .

IDSA NEWS 4: 6, 1994

Pest-Epidemie in Indien Vom 26. August 1994 bis zum 18. Oktober 1994 wurd en insgesamt 693 Verdachts­fall e auf eine Bubonenpest bzw. eine pulmonale Pes terkranku ng m it positi­ve n Antikörperbefund en gegen Yers inia pestis aus In dien an die WH O gemeldet . Die Fä ll e waren in fün f Staaten und im Bundesdistrikt Neu-Delhi aufge treten . Insgesam t 56 tödlich verl aufen de Pest­fall e wurden an die W HO gemeld et, seit dem 11. Oktober 1994 sind keine Todes­fälle mehr mitgeteilt word en . Seit dem 19. Oktober 1994 hält die WHO die Epi­demie für beendet , da keine neuen Ver­dachtsfä ll e mehr aufge treten sind. Auch hält die WHO weitere Restri ktio nen für Indientouris ten ni cht mehr für n o twen­dig. In den USA wurden 12 Flugpassagiere identi fiz iert und untersucht , die mit Fie­ber oder anderen Gesundh eitsbeschwer­den aus Indien einreisten . Kanada mel­dete 40 Touristen und Englan d 27 aus Indien ; keiner dieser Reisenden litt an einer Pest.

FOLGERUNG DER AUTOREN : Offensichtlich handelte es sich nur um eine sehr umschriebene kurzzeitige Pestepidemie in Indien und ein wesent­liches Risiko für Indienreisende dürfte nicht mehr bestehen. MMWR43: 761,762 , 1994

Vakzinationsstudien gegen H IV werden nicht begonnen Di e medi zinische Fachwelt wa rtet se it

November/Dezember 1994 - 15. }ahrg.

Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (18) -Abschließende Zusammenfassung-In den vergange nen drei Jahren wurden in 17 Ausgaben der Zeitschrift für Chemo­therap ie die einze lnen Parameter zur Bewertung von bewährten und neuen Chemo­therapeutika besprochen . In di ese r letzten Ausgabe zu dieser Serie so llen nochmals summarisch die wesentlichen Aspekte einer rationalen und adäquaten Einschätzung von C hemotherapeu ti ka zusamm engefaß t werden.

Ausgehend von den mikrobiologischen Parametern (Spektrum , Wirkungsweise, Resistenz, Kombinationseffekte) müssen als weitere Basisparameter di e pharmaka ­kinetischen Charakteristika (Reso rpt ion, Biove rfügbarkeit, Verteilung mit Vertei­lungsvolumen, Metabo li sierung, Elimination , Proteinbindung, intrazelluläre Pene­tra tion u nd Kinetik) bewe rtet und eingestu ft werden . Die wesentli chen Interaktio­nen des einzelnen Präparates sollten bekannt se in , we iterhin chemisch-phys ikali sche Eigenschaften insbesondere bei parenteral zu verabreichenden Substanzen . Aus­sagekräftige Unverträglichkeitsdaten so llten an ein erausreichenden Zahl von Patien­ten gewonnen werden und Maßnahmen bei akuten und chroni sch en Unverträglich­ke itsreaktionen so llten empfo hlen we rden .

Bevor eine neu entwickelte un d eingeführte chemotherapeutische Substanz akzep­tie rt wird, so llte ge prüft werden , ob ein therapeutisch er Fortschritt vorliegt . Der zumeist hö here Pre is eines neueingeführten Chem otherapeutikums so llte kri tisch analysie rt werden hinsichdich se iner gesamtökonomischen Auswirkungen , d . h . zum Beisp iel ob mit einem neuen hochwirksam en o ralen Antibio tikum m ehr Patien ten ambu lan t behande lt we rden können , was natürlich eine sinnvolle therapeuti sche Weiterentwicklung dars tell en würde.

Auch d ie Mögli chkeit , ein neues C hemo therapeutikum in ni edrige r Dosis nur einmal täglich zu ve rab reichen und di e Behand lungsdauer zu verkürzen im Ver­gleich zu Standardth erapiefo rm en , sollte als therapeutischer Fortschritt beurteilt werden .

Le tztlich so ll te all erdings der Antibio tika-vero rdnende Arzt auch durchaus an bewährten Präparaten - mögli chst unter Kenntnis der lokalen Res istenzsituation - fest halten und neue Substanzen mit Augenm aß und kritisch auf der Basis der dargeste llten naturwisse nschaftli chen Param eter bewerten.

mehreren Jahren auf di e Entwicklun g und Erprobung eines wirksamen Impfstoffes gegen die HIV-Infektion fü r Gruppen mit hohem Infektionsrisiko. In den U SA ins­besondere am "Nationalen Institut für Allergie und Infe ktionserkrankungen" sind in den letzten Monaten kon trove rse Diskussion en gefüh rt worden , die letzt­lich zu der Entscheidung führ ten , die bis­her entwickelten Impfs toffe zumindes t zu r Ze it noch nicht in Studien zu erp ro­ben . Die Impfstoffkandidate n bestand en aus den Hüllpro teinen vo n HIV-Labor­stämmen , d ie an Lym phozyten ze llinien adap tiert wa ren . In Expertenkreisen war es ums tritten , ob de rartige Pro teine in der Lage sind , Ant ikörper zu induzieren , die auch Makro phage n-infizierende Virus­va rian ten neutralisie ren können . N ach­dem zu nächst im April 1994 eine Impf­stoffa rbeitsgrup pe des nationalen Institu­tes die Einlei tung der Studie vorgeschla­ge n hatte, kam einige Mo nate später ein anderes Expertengremium zu der Auffas ­sung, daß noch zuviele Unklarheiten und ungelöste Prob leme vo rhanden wären , um diese Impfstoffe schon einzuse tzen . D as Dilemma diese r Impfstoffe ntwick­lung spiegelt sich auch darin, daß für den wa hrscheinlichen Wirksamkeitsnachweis eine Te ilnehmerza hl von 8000 bis 10.000 no twendig ist un d ein e derartige Wirk-

samkeitsstudie mindes tens über einen Zeitraum von drei Jahren laufe n müß te, um eine Schutzwirkung in Höhe von 60 bis 80 % statistisch eindeutig zu belegen . Auch die Mitführung ein er Placebo­gruppe birgt erhebliche Unsicherheiten, da di ese Gruppe durch ein en HIV-Anti­körpertest jederzeit überprüfen kann , ob sie mit dem Impfstoff immunisiert wurde oder ni cht. Ein weiteres ungelöstes ethi­sches Problem besteht auch darin, wie intensiv den Teilnehmern einer Impf­studie Verhaltensä nderungen zur Vermei­dung von Infektionsri siken nah ege legt werden sollten . D arüber hinaus gab es auch Bedenken dahingeh end , daß bei Teilnehmern der bisher erfo lgten Impf­sto ff-Erprobun gss tudien gan z vereinze lt auch einige HIV-Infektion en mani fes t wurden .

FOLGERUNG: Zur Zeit sind die Er­folgsaussichten einer Impfstoffwirksam­keitsstudie mit den bisherigen Vakzinen gering und zahlreiche Probleme sowohl hinsichtlich der Wirksamkeit wie auch des Studiendesigns noch ungeklärt, so daß zur Zeit derartige Studien dem Natio­nalen Gesundheitsinstitut (NIH) noch nicht sinnvoll erscheinen. Science 264: I 072- 1074 , 1994 Na tu re 369: 593 , 1994

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Zeitschrift für Chemotherapie

Kongreßbericht 34. lnterscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemo­therapy (ICAAC) D ie allj ährl ich größte Konferenz zu neuen Infektionstherapeutika fa nd dies­mal vom 4. bis 7. Oktober 1994 in Or­lando, Florida , statt. Diese Konferen z wurde wiederum von 12.000 Teilnehmern besucht und hat damit ihren Platz als die größte Konferen z zu diesem Thema be­stätigt. Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen stand diesmal ohne Zweifel die zunehmende Resistenz von bedeut­samen Infektionserregern wie Entero­kokken , Pneumokokken , Staph yloko k­ken und Mykobacterium tuberculosis .

Mehrere amerikanische Forschergruppen aus New York, aber auch aus San Antonio in Texas , berichteten über den Anstieg von Infektionen mit Penicillin-resistenten Pneumokokken. Bei bakteriämisch ve r­laufenden Pneumokokkenerkrankungen konnten zwischen 12 bis 30 % Penicillin­resistente Pneumokokken iso liert wer­den. Insbesond ere bei HIV-infizierten Patienten wurden vermehrt res istente Pneumokokken beobachtet. Diese Stämme wiesen in Texas darüber hina us auch eine Resistenz gegen alternative Substanzen wie C hloramphenicol [(PA­RAXIN u. a.), 40 %.], Tetrazykline [(div. Handelsnam en), 50 %), Co-trimoxazol [(BACTRIM u. a. ), 40 %] sowie auch ge­gen Cefo taxim [(C LAFORAN), 8 %] au f.

In Island ist in den letzten Jah ren eine besondere Situation hinsich tlich der Penicillin-resistenten Pneumokokken einge treten - b is zu 20 % der iso lierten Pneumokokken insbesondere bei Klein­kindern we isen eine Penicillinresistenz auf. Autoren aus Reijkj avik untersuchten die Risikofakto ren für die Entwicklung dieser Penicill inres istenz. Insgesamt 887 Kinder im Alter unter sieben Jahre n wurden in dem zugehö rigen Gesundhei tszen­trum untersucht. 484 Kinderwaren Träge r von Pneumokokken und vo n diesen waren 9,7% gegen Pen icillin resis tent. Interessan te rwe ise h atten d ie Kinder mit Pen ici llin-res istenten Pne umokokken im Mittel 3,3 antibio tische Vorbehand lun­gen pro Jahr abso lvie rt , im Gegensa tz zu im Mittel 1,4 Behand lungen bei den Kin­dern , die sensitive Pneumoko kken auf­wiesen . Insbesondere der Ve rbrauch vo n Co-trimoxazol wa r doppelt so häufig bei den Kindern mit resiste nten Penumokok­ken im Vergleich zur Kontro llgruppe.

40 große Krankenhäuse r in den USA untersuchten prospektiv die von Intensiv­patienten iso lierte n Errege r aus Blutkul­turen, Se kreten des Respi ra tionstraktes, des Urins sowie aus H aut- und Wund­abstrichen . Insgesam t wurde n 1.648

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E. co li-Stämme, 1.408 S. aure us-, 1.003 P. aeruginosa-, 792 Klebsiella- und 684 Enterokokken-Stäm me analys iert. D as breiteste Aktivitätsspektrum gegen alle isolierten Errege r (mehr als 8.500 Stämme) wiesen die Fluoroch inolone [Ofloxac in (TARIVID), 83% sow1e Ciprofl oxacin (C IPROBAY), 82 %] auf. Unter den gramnega tiven Erregern waren Gentamiein (REFO BAC IN u . a.) m it 91 ,1% und Imipenem (ZIENAM) mit 94,9% Aktivität am güns tigs ten ; unter den grampos itiven Kokken erwies sich Va nco mycin (VANC OMYC IN CP LI LLY) mit 98% Aktivität am wirku ngs­vo ll sten. Vancomycin-res istente Entero­kokken , üblicherweise E. faecium , konn­ten in 7,9% nachgewiesen werden. D ie Rate an Methicillin-resistenten Staphylo­kokken lag im Mittel bei 21 %; 19,8% der Pneumokokken hatte n eine n Pen icill in­MHK-Wert von~ 0,12 mg/ 1. C iprofloxa­cin-resis tente P. ae ruginosa konn te n in 14,9% registriert werden , E. co li-/ Kleb­siella pneumonia-lsolate erwiesen sich in 32,5% als resistent gegenüber Drittgene­rationscephalosporinen. Ein ige H ospitä­ler berichteten über Klebsiella pneumo­nia-S tämme mit Resistenzen gegenü ber Ceftaz id im (FORTUM) vo n über 50 %. D ie Au to ren weise n nachdrücklich auf das zunehmende ernste Problem der deutlichen Res istenzen tw icklung gegen­über den häufigsten Errege rn vo n schwe­ren In fektionen bei Intensivpatienten h in.

Aus Barcelona wurde über einen Aus­bruch von Methicillin-resistenten Sta­phylococcus aureus-Pneumonien bei in tu bierten Patienten berich tet. 78 diese r Pati ente n entwicke lten eine Staphylokok­ken-Pneumonie, vo n denen 31 sich als MRSA erwiesen . Mittels schrittweiser Regress ion sanalyse konnten für derartige Pneumonien fo lgende Risikofaktoren herausgearbe itet werden: In tubation län­ger als drei Tage, vorangegangene Bron­choskopie und mehr als zwei Antibiotika wä hrend der vorange henden Behand­lung.

Bedingt durch ne uere pharmakadynami­sche Erkenntnisse de r letz ten Jahre und auch durch d ie Kos tenzwä nge der Ge­sund heitsgesetzgebung in den wes tl ichen Industrienationen we rden vermehrt mo­derne pharmakadynamische Prinz ipien auch in de r Dosie ru ng von Antibiotika untersuch t. So verfügen ß-Laktamanti­b iotika über eine Konze ntrat ions-unab­hängige Abtötung der Bakterien und die­se r bakterizide Effekt ist eine Funktion der Ze it, in der sich d ie Seru m konzentration oberhalb des M H K-Wertes befindet.

Eine amerikanische Arbeitsgruppe aus H artford vergli ch unter diesem Ansatz die dreima l tägliche App li ka tion von jeweil s 1 g Ceftazidim bzw. d ie zwe imal tägliche 1 g D osis mit einer kontinuierl ichen Infusion von 3 g bzw. 2 g Ceftaz id im über

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24 Stunden . Es wurden sowohl die Seru m­kon zentration en des Antibiotikums wie auch d ie bakterizide Aktivität gegenüber jeweils zwe i Stämmen von Pseudomonas ae ruginosa und E. coli gemessen. Bei den be iden E. coli-Stäm men konnten keine Unterschiede zwischen der intermit tie­renden und der kontin uierlich en Gabe von Ceftazidim gesehen werden, überdie gesamten 24 Stunden wurden Serumbak­teriz idietiter von über 1:2 gemessen und die Konzentrationen lagen durchweg oberhalb der MHK-Werte . Bei der Ana­lyse der Wirkungen gegen Pseudomonas wurden die gleich günstigen Ergebnisse mit ausreichend hohen Serumbakteriz i­die-Werten und Serumkonzentrationen nur in der kontinuierlich en Gabe mit 2 bzw. 3 g Ceftazidim gesehen. D ie Autoren kommen auf der Basis ih rer Ergebnisse zu der Folgerung, daß mittels kon tinuier­licher Infusion von ß-Laktamantibiotika eine D osisred uktion und damit auch eine Kostenersparnis be i mindestens gleicher Wirksamkeit zu erzielen ist. Eigenrecherche (w ird fortgesetzt)

Antimykotische Therapie Omoconazol (FUNGISAN)- ein weiteres, lokal anwendbares Azol­Antimykotikum Für die topische Behandlung von Der­matomykosen stehen inzwischen sehr viele Antimykotika aus unterschied lichen Substanzklassen zur Verfügung. D ie m it Abstand größte Gruppe stellen die Azol­Antimykotika dar, die mit Omoconazol einen weiteren Zuwachs erleben.

Wie die anderen Azo l-Antimykotika auch inhibiert Omoconazol Cytochrom P450-abhängige Monooxyge nasen der Pi lzzelle und inhibiert damit die Biosynthese des Zellmembranbestandteiles Ergosterol.

Omoconazal wirkt fungistatisch auf Hefen, Dermatophyten und em ige Aspergill usspezies.

Das Antimykotikum wird nur lokal in Form einer 1% igen Creme angewandt, Angaben zur Pharmakakinetik liegen daher nicht vor.

Die therapeutische Wirksamkeit bei Dermatomykosen ist vergleichbar mit der von Clotrimazol, Bifonazol und an­deren Azo l-Antimykotika .

Hautrötungen und Juckreiz sind als uner­wünschte Wirkungen beschrieben wor­den . Das in der Creme enthaltene Kon­servierungsmittel Benzoesäure kann in seltenen Fällen allergische Reaktionen auslösen.

ZUSAMMENFASSUNG: Omocona­zol (FUNGISAN) ist ein weiteres, lokal anwendbares Azoi-Antimykotikum. Es

Zeitschrift für Chemotherapie

kann zur Behandlung von Dermatomy­kosen angewandt werden, wobei die Wirksamkeit der anderer Azol-Antimy­kotika entspricht. Vorteile des neuen Antimykotikums sind bislang nicht er­kennbar.

Fachinformation des Herstellers (GALDERMA), 1994

Mykose-Prophylaxe bei neutro­penischen Patienten: Fluconazol versus Amphotericin B

Lokalisierte und systemische Pilzinfektio­nen sind unverändert ein bedeutsames Problem bei neutrapeniseben Patienten mit akuten Leukosen oder auch nach Knochenmarktransplantation. In einer randomisierten, kontrollierten multi zen­trischen Studie wurde bei afebrilen er­wachsenen Patienten mit einer akuten Leukämie und einer Chemotherapie­induzierten Neutropenie geprüft, ob die orale Gabe von Amphotericin B (AM­PHO-MORONAL) mit der oralen Appli­kation von Fluconazol (DIFLUCAN) gleichwertig ist. Insgesamt 420 Patienten erhielten Fluconazol und 400 Amphote­ricin B. Sämtliche Patienten standen dar­über hinaus unter einer antibakteriellen Prophylaxe mit Ciprofloxacin (CIPRO­BAY) in einer Dosis von zweimal 500 mg täglich. Die mittlere Dauer der Prophylaxe betrug 26 Tage, die mittlere Dauer der Granulozytopenie 19 bzw. 18 Tage. Eine eindeutige systemische mykotische Infek­tion wurde bei 2,6% der Patienten in der Fluconazolgruppe und in 2,5 % in der Amphotericin B-Gruppe registriert. Eine vermutete systemische Pilzinfektion mit der Notwendigkeit einer intravenösen Amphotericin B-Behandlung wurde bei 16 % in der Fluconazolgruppe und bei 21% in der Amphotericin B-Patienten­gruppe beobachtet. Schleimhautmyko­sen traten in 1,7% unter Fluconazol auf und in 2,7% in der Amphotericin B-Gruppe. Die nachgewiesenen Pilziso­late (11 in der Fluconazolgruppe, 10 in der Amphotericin B-Gruppe) unterschie­den sich nicht: es konnten sowohl Asper­gillus- wie auch Candida-Spezies ange­züch tet werden. Bei fünf mykotischen Infektionsepisoden kam es zu einem töd­lichen Verlauf unter Fluconazol , drei töd­liche Episoden wurden unter Amphoteri­cin B gesehen. Hinsichtlich der Compli­ance und der Verträglichkeit ergaben sich deutliche Unterschiede: 90% der Patien­ten boten unter Fluconazol eine exze l­lente Compliance, hingegen nur 72% der Patienten unter Amphotericin B. Bei 7% der Patienten , die Amphotericin B ein­nahmen, traten Unverträglichkeiten ins­besondere gastrointestinaler Art auf, die in 3% zur Beendigung der Amphotericin B-Gabe zwangen. Unter Fluconazol wur­den 1,4 % Unverträglichkeitsreaktionen gesehen, die jedoch in keinem Fall zur Beendigung der Therapie zwangen.

FOLGERUNG DER AUTOREN: In dieser umfangreichen prospektiven Stu­die zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Fluconazol (DIFLUCAN) im Ver­gleich zu Amphotericin B (AMPHO­MORONAL) bei neutropenischen Pa­tienten konnten hinsichtlich der Wirk­samkeit keine Unterschiede gesehen wer­den. Manifeste systemische mykotische Infektionen traten gesichert nur in 2,6% bzw. 2,5% auf. Fluconazol war allerdings deutlich besser verträglich und brauchte in keinem Fall wegen Nebenwirkungen abgesetzt zu werden . In der Amphoteri­cin B-Gruppe traten in 7% gastrointe­stinale Symptome auf, die bei 3% der Patienten zum Abbruch zwangen.

MEN ICHETTI , F. et al. Ann.lntern . Med. 120: 91 3- 91 8, 1994

Fluconazol-resistente Candidiasis bei HIV-Patienten

Eine oropharyngeale Candidiasis gehört zu den häufigsten Infektionskrankheiten bei HIV-infizierten Patienten. Die Be­handlung, z. B. mit Ketoconazol (NIZO­RAL), Fluconazol (DIFLUCAN) bzw. oralem Amphotericin B (AMPHO­MORONAL) ist im allgemeinen unpro­blematisch. Allerdings wurde in den letz­ten Jahren gehäuft über resistente Can­dida-Stämme berichtet.

In einer retrospektiven Untersuchung an 155 HIV-positiven Patienten mit CD4-Zellzahlen unter 300/ J-Ll wurde jetzt die Häufigkeit von Fluconazol-resistenten Candida-Stämmen untersucht. Eine "kli­nische Fl uconazolresistenz" lag dann vor, wenn trotz einer Behandlung mit mehr als 100 mg Fluconazol täglich innerha lb von zehn Tagen keine Sanierung des Mundsoors erreich t werden konnte.

Bei neun der 155 Patienten (5,8 %) fand sich eine Fluconazol-Resistenz . Eine gleichzeitig durchgeführte in vitro-Emp­find lichkeitstestung bestätigte die verrin­gerte Sensitivität der isolierten Candida spp .. In allen Fällen konnte die intrave­nöse Verabreicherung von Amphotericin B (AMPHOTERICIN B SQUIBB) eine Heilung herbeiführen. Acht der neun Patienten hatten in den vorhergehenden 12 Monaten eine wöchentliche Dosis von im Mittel 386 mg Fluconazol erhal­ten. Im Vergleich hierzu betrug die wö­chentliche Fluconazoldosis bei 28 Patien­ten mit Helferzellen unter 50/ J-Ll und Fluconazol-responsiblem Mundsoor nur 79 mg.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Mundsoor ist ein häufiges infektiologi­sches Problem bei HIV-infizierten Pa­tienten. Im allgemeinen ist die Behand­lung mit Azolderivaten wie Ketoconazol (NIZORAL) oder Fluconazol (DIFLU­CAN) unproblematisch. In der vorlie­genden Untersuchung fanden sich bei 6% der HIV-infizierten Patienten Fluco-

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nazol-resistente Candida-Stämme. Ursa­chen fiir die Induktion der Fluconazol­resistenz sind nicht klar. Als Alternative kann Amphotericin B (AMPHOTERI­CIN B SQUIBB) parenteral verabreicht werden.

BA ILY, G. G. et al. AIDS 8: 787-792 , 1994

Interaktionen Midazolam-lnteraktionen mit Ketoconazol, ltraconazol oder Erythromycin Interaktionen zwischen verschiedenen Arzneistoffen können teilweise lebens­bedrohende Folgen und vielfältige Ursa­chen haben . Die Hemmung arzneistoff­metabolisierender Enzyme in der Leber ist eine wichtige Möglichkeit, hier sind die Cytochrome P450 (CYP) von besonderer Bedeutung.

Midazolam (DORM ICUM), ein Benzo­diazepin-Präparat, das häufig z. B. bei Kurzzeitnarkosen und Prämedikationen Anwendung findet, wird hauptsächlich von Cytochromen P450 der Gruppe CYP3A metabolisiert. Diese Enzyme sind auch am Metabolismus von Erythromy­cin (PAEDIATHROCIN u. a.) beteiligt und sie werden sowohl von Ketoconazol (NIZORAL) als auch von Itraconazol (SEMPERA) inhibiert. Um die Möglich­keit von klinisch relevanten Interaktio­nen zu prüfen, wurden Studien mit die­sen drei antimikrobiellen Wirkstoffen und Midazolam durchgeführt; neben der Erhebung von pharmakakinetischen Daten wurden auch verschiedene psycho­motorische Aktivitäten getestet.

In der ersten Studie nahmen gesunde Probanden über eine Woche dreimal täg­lich 500 mg Erythromycin ein, bevor 15 mg Midazolam oral verabreicht wur­den; die Ergebnisse wurden verglichen mit denen nach einer einwöchigen Pla­cebobehandlung. Die Halbwertzeit von Midazolam stieg von 2,4 Stunden nach Placebo auf 5,7 Stunden nach Erythromy­cin an, vergleichbare Ergebnisse gab es für die AUC (Fläche unter der Konzentrati­ons-Zei t-Kurve) von Midazolam, hier betrug der Anstieg 12-53 %. Auch ver­schiedene psychomotorische Tests zeig­ten eine deutl'iche Beeinträchtigung der Probanden , wenn sie mit Erythromycin vorbehandelt waren.

In der zweiten Studie wurden Probanden über vier Tage einmal am Tag entweder mit Placebo oder 400 mg Ketoconazol oder 200 mg Itraconazol behandelt, am vierten Tag wurde dann zusätzlich 7,5 mg Midazolam oral gegeben. Die Beeinträch­tigung der Midazolamkinetik war noch deutlicher als nach Gabe von Erythromy­cin, die Halbwertzeiten stiegen auf 7,9 Stunden (+Itraconazol) und 8,7 Stunden

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Zeitschrift für Chemothe rap ie

(+Ketoconazol) im Vergleich zu 2,8 h nach Placebogabe . Die AUC von Mida­zolam nach Itraconazolvorbehandlung war elfma l größer und nach Ketocona­zolvorbehand lung sogar sechzehnmal größer als nach Placebo.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Eine gleichzeitige Medikation mit Midazolam (DORMICUM) und Erythromycin (PAEDIATHROCIN u. a.) sollte ver­mieden werden oder die Midazolam­dosis muß um SO bis 75 OJo reduziert wer­den. Eine gleichzeitige Behandlung mit Midazolam und Ketoconazol (NIZO­RAL) oder ltraconazol (SEMPERA) sollte auf jeden Fall vermieden werden.

0 LKKO LA, K. T. et al. Cl in. Pharmaco l. Ther. 53: 298- 305, 1993 OLKKOLA, K. T. et al. Clin. Pharmacoi.Ther. 55:481-485,1994

Interaktion zwischen Terfenadin und den Mak.roliden Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin

Terfenadin (TELDANE), ein H 1-Hista­minantagonist, ist herzwirksam und muß im Organismus erst zur wirksamen und nicht kardiatoxischen Substanz metabo­lisiert werden . Bei gleichzeitiger Ein­nahme von Erythromycin (ERYTHRO­CIN u. a.) wird der Metabolismus des Arzne istoffes inhibiert und kardiatoxi­sche Reaktionen sind die Folge (siehe "ZCT" 14: 16, 1993). Neben Erythromy­cin werden heute verstärkt auch neuere Makrolidantibiotika wie Clarithromycin [(KLACID) vgl. "ZCT" 12: 12- 13 , 1991] und Azithromycin [(ZITHROMAX) vgl. "ZCT" 14 :38, 1993 ] eingesetzt.

Das Interaktionspotential dieser Makro­lide mit hepatischen Monooxygenasen, die im wesentlichen für den Arzneistoff­metabolismus verantwortlich sind , soll geringer sein als das von Erythromycin. Um diese Frage bezüglich des Interakti­onspoten tials mit Terfenadin zu klären, wurde eine vergleichende Studie mit den drei Makro liden und Terfenadin durch­geführt .

Drei Gruppen von je sechs Probanden erhielten über einen Zeitraum von sieben Tagen zweimal täglich 60 mg Terfenadin . Am achten Tag der Studie wurde die Kine­tik des Antihistaminikums und des Hauptmetaboliten bestimmt, danach begann d ie zusätzliche Einnahme der Makrolide. Übereinen Zeitraum von fünf Tagen wurde entweder Erythromycin (dreimal täglich 800 mg Erythro mycin­base) , Clarithromycin (zweimal täglich 500 mg) oder Azithromycin (500 mg Ini­tialdosis, dann täglich 250 mg) eingenom­men. Täglich wurden sowohl ein EKG ab­geleitet als auch die Talspiegel für Terfe­nadin und seine Metaboliten bestimmt. Nach 14 Tagen wurden zum Abschluß der Komedikation wieder die Terfenadinkon­zentrationen gemessen. Zu Kontroll-

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zwecken wurden - nach einer zweiwöchi­gen Auswaschphase - EKGs nach einer entsprechend langen Makrolidbehand­lung vorgenommen.

Am Ende der einwöchigen Terfenadin­behandlung konnte bei keinem der 18 Probanden Terfenadin bestimmt werden, es wurde ausschließlich der Metabolit nachgewiesen . Der Einfluß der zusätz­lichen Makrolideinnahme war unter­schied lich, sowohl Erythromycin als auch Clarithromycin fuhrten zu signifikanten Anstiegen der AU C (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve)-Werte des Terfenadinmetaboliten von 110 % bzw. 15 6 %, die allerdings pharmakologisch nicht relevant sind . Von Bedeutung ist aber die Tatsache, daß bei 3 von 6 Proban­den aus der Erythromycingruppe und bei 4 von 6 Probanden aus der Clarithromy­cingruppe Terfenadinspuren im Plasma bes timmt werden konnten. Die Azithro­mycineinahme hingegen hatte keinen Einfluß auf den Terfenadinmetabolis­mus.

Die EKG-Untersuchungen zeigten ein vergleichbares Bild : nach zusätzlicher Behandlung mit Erythromycin oder Clarithromycin wurde eine signifikante Verlängerung des QT-Intervalls gemes­sen , während Azithromycin keinen Ein­fluß hatte.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Komedikation von Terfenadin (TEL­DANE) mit Erythromycin (ERYTHRO­CIN u. a.) bzw. Clarithromycin (KLA­CID) muß vermieden werden. Azithro­mycin (ZITHROMAX) zeigt keinerlei Interaktionen mit Terfenadin.

HONIG, P. K. et al. Drug lnves t . 7: 148- 156, 1994

Interaktion zwischen Zopiclon und Erythromycin

Zopiclon (XIMOVAN) ist ein neuartiges Hypnotikum, das zur Behandlung von Einschlafstörungen eingesetz t wird . Die Substanz wird intensiv metabolisiert. Das Interaktionspotenti al mit Erythromyc in (ERYTHROCIN u. a. ) wurde in einer doppelblinden C ross-over-S tudie unter­sucht.

Gesunde Probanden erhielten über fünf Tage dreimal täglich 500 mg Erythromy­cinbase oder Place bo, am sechsten Tag wurden zusammen mit 500 mg Erythro­mycin 7,5 mg Zopiclon eingenommen und die Pharmakakinetik des Hypnoti­kums bestimmt. Zusätzlich wurden noch psychomotorische Tests durchgeführt.

Erythromycin bee influßte sowohl die Resorption als auch die Elimination; die Zeit bis zum Erreichen der Spitzenkon­zentration wurde signifikant von zwei Stunden auf eine verkürzt. Als Erklärung wurde eine Beschleunigung der Magen­entleerung unter Erythromycingabe her-

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angezogen. D as Makrolidantibiotikum verlängerte aber auch die Eliminations­halbwertzeit von Zopiclon signifikant von 5 auf 7 Stunden. Auch einige psy­chomotorische Tests zeigten einen frühe­ren Wirkungseintritt des Hypnotikums.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Interaktion zwischen dem Hypnotikum Zopiclon (XIMOVAN) und Erythromy­cin (ERYTHROCIN u. a.) fuhrt sowohl zu einer beschleunigten Resorption als auch zu einerverlangsamten Elimination des Hypnotikums. Für junge Patienten mag diese Interaktion keine Relevanz besitzen; Vorsicht ist aber bei älteren Patienten angeraten und bei Patienten, die noch weitere zentral wirkende Arz­neistoffe einnehmen. ARANKO, K. et al. Br. J. Cl in . Pharmacol. 38: 363-367, 1994

Interaktion zwischen Rifampicin und Kortison

Rifampicin (RIFA, RIMACTAN) gehört zu den Medikamenten, die das P-450-Cytochrom-System der Leber aktivieren und hierdurch zu einer Induktion der Monooxygenasen führen . Über diesen Mechanismus wird auch die Rifampicin­induzierte beschleunigte Elimination von ve rschiedenen Medikamenten wie Steroiden, oralen Antikoagulantien , Bar­bituraten und Digita li s erklärt .

Über eine pharmakologische Interaktion zwischen Rifampicin und Kortison wurde jetz t bei zwei Patienten beri chtet, die wegen einer Riesenze ll-Arteriit is mit Steraiden in einer Dosierung von 0,9 bis 1,1 mg/ kg KG behandelt wurden. Der erste Patient erhielt neben einer Predni­solon (PREDNI-H)-Behandlung (60 mg pro Tag), wegen eines suspekten Lungen­befundes gleichzeitig Rifampicin, Isonia­zid (ISOZID) und Ethambu tol (MYAM­BUTOL). Nachdem eine vierwöchige Behandlung zu keiner Besse rung der kli­nischen Symptomatik mit Fieber und Kopfschmerzen sowie Normalisierung der Akut-Phase-Proteine geführt hatte, wurde Rifampicin abgesetzt. Danach kam es zu einer dramatischen Besserung der klinischen Symptomatik innerhalb von zwei Tagen und zu einer raschen Norma­lisierung des C-reaktive n Protei ns und der Blutsenkung.

Im zweiten Fall wurde ei ne 79jährige Pa­tientin zunächst mit Steraiden in einer Dosie rung von 40 mg pro Tag behandelt. Wegen einer offenen Lungentu berkulose erhielt die Patientin nach 12 Tagen und deutlicher klinischer Besserung der Sym­ptome von Seiten der Riesenze ll-Arterii­tis eine Behand lung mit Rifampicin, INH und Ethambutol. Eine Woche später traten erneut Kopfschmerzen und Arthralgien verbunden mit Fieber und einem erhöhten C-reaktiven Protein auf. Nach Abse tzen von Rifampi cin kam es

Zeitschrift für Chemotherapie

zu einer raschen Besserung der klinischen Symptomatik und Normalisierung der Akut-Phase-Proteine.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Rifampicin (RIFA, RIMACTAN) gehört zu den Medikamenten, die zu einer Induktion von Cytochrom-P-450 in der Leber und damit zu einer Aktivierung von Monooxygenasen fuhren. Bei zwei Patienten konnte nun eine Interaktion zwischen Rifampicin und Kortison beob­achtet werden. Dies fiihrte zu einem Nichtansprechen der klinischen Sympto­matik einer Riesenzell-Arteriitis auf die Steroid-Behandlung. Die Autoren emp­fehlen daher eine erhöhte Kortisondosis, wenn gleichzeitig eine Rifampicin­Behandlung durchgefiihrt werden muß.

CARRI E, F. et al. Arch .lntern .Med.l54: 1521 - 1524,1994

Neutropenische Patienten Ceftazidim versus Piperacillin plus Tobramycin zur empirischen Therapie von Fieber bei neutro­penischen Patienten Zur Behandlung von Fieber unbekannter Herkunft bei neutropenischen Tumor­patienten ist di e Kombination aus einem ß-Laktam- mit einem Aminoglykosid­antibiotikum als Standard zu bezeichnen. Als Alternative wurde von den zuständi­gen Fachgesellschaften bzw. von erfahre­nen Studiengruppen wie der EORTC in bestimmten Situationen auch die Kom­bination von zwei ß-Laktamantibiotika empfoh len. Einzelne Autoren haben schon seit mehreren Jahren die Auffas­sung vertreten, daß die Monotherapie mit einem ß-laktamasefesten Cephalosporin möglicherweise zumindest in der An­fangsphase der Behandlung ausreichend wirksam sein könnte. Dieser Frage­stellung wurde in einer großen interna­tiona len kontrollierten Studie nachge­gangen, in der Cefta zidim (FORTUM) mit Piperacillin (PIPRIL) plus Tobramy­cin (GERNEBCIN) bei insgesamt 696 Patienten (davon 83 OJo mit akuten Leuko­sen oder nach Knochenmarktransplanta­tionen) mit insgesamt 876 febrilen neu­tropenischen Episoden eingeschlossen wurden. Die Patienten erhielten entweder achtstündlich 2,0 g Ceftazidim i.v. oder Piperacillin in einer Dosis von 12 bis 18 g täglich plus Tobramycin in einer Dosis von 1,7 bis 2,0 mg/ kg/ KG alle acht Stun­den. Als Zielkriterien wurden die Besei­tigung der klinischen Infektionssymp­tome, die Elimination des Infektions­erregers, die Manifestation von Super­infektionen und die Zahl der Unverträg­lichkeitsreaktionen erfaßt. Zu beachten ist bei den Auswertungskriterien in die-

November/Dezember 1994 - 15.}ahrg.

Fragen zu wichtigen Infektionen (6) Resistente Enterokokken-Infektionen II

4. Soll man minimale bakterizide Konzentrationen (MBK) oder Serum-Bakterizi­die-Titer (SBT) bei der Monotherapie einer schwerwiegenden Enterokokken-Infek­tion bestimmen lassen?

Die Wertigkeit von in vitro Tes ten wie der MBK- und SET-Bestimmung bei Entero­kokken- Infektionen ist kritisch zu sehen. Das Kriterium der MBK (99 ,9 Ofoige Keim­abtötung) wird zwar bei der in vitro Tes tung von Enterokokken mit Ampicillin (BINOTAL u. a.) in der Rege l erreicht, ein großer Teil dieser Stämme zeigt jedoch bei der Prü fung der MBK von Vancomycin (VANCOMYCIN CPLILLY) defin itions­gemäß Toleranz (Abtötung < 99,9%). Dies schränkt den Wert der MBK stark ein. Aus vergleichbaren Gründen gelten ähnliche Vorbehalte auch gegen den Serum­Bakterizidie-Test, da hi er trotz einer 99,9 OJoigen Abtötungsrate in vitro klinisch durchaus Therapi eversager beschrieben worden sind. Die wohl günstigste, wenn auch aufwendigste Labormethode zur Bestimmung der Effektivität einer Mono­therapie li egt in der Erstell ung von Abtötungs-Zeit-Kurven , weil aus so lchen Unter­suchungen sowohl die Abtötungsrate als auch die summarische Abtötungskapazität abgelesen werden kann.

Der Serumbakterizidie-Test hat trotzdem bei der Evaluation neuer Kombinations­therapien Bedeutung, da mit ihm überprüft werden kann, ob eine Kombinatio ns­therapie synergistische oder antagonistische Effekte hat.

5. Spielt die Art und Weise der Applikation von Betalactam-Antibiotika eine Roll e bei der Behandlung von Enterokokken- Infektionen ?

Die Behandlung hat parenteral zu erfolgen. Strittig ist die Frage , ob eine inter­mittierende Infusion oder eine kontinuierliche Infusion der Betalactam-Antibio­tika vorzuziehen ist . Bisher liegen keine Studien vor, die die Überlegenheit der einen oder anderen Methode eindeutig beweisen . In Anbetracht der Praktikabili­tät hat die intermittierende Gabe der Arzneimittel eindeutig Vortei le. Um jedoch sicher die Selektion toleranter Klone bei Enterokokken-Infektionen zu verhind­ern, sollten di e Dosierungsintervalle kurz gewählt werden.

6. Spielen Betalaktaminhibitoren für die Behandlung von Infektionen durch Penicillin- oder Ampicillin-resistente Enterokokkenstämme eine Roll e?

Die Resistenz von Enterokokken gegenüber Betalaktam-Antibiotika beruht in der Regel nicht auf der Produktion von Betalaktamasen, sondern auf einer Herabsetzung der Antibiotikabindung an die sogenannten "peni illinbindenden Proteine". Selbst­verständlich hat die App likation von Betalaktamase-Inhibitoren bei solchen Stäm­men keinen Effekt. Bei Hochresistenz gegenüber Ampicill in empfiehlt sich daher in der Regel die Gabe von Glykopeptiden. In jüngster Zeit wurde jedoch vereinzelt über Beta laktamase-produzierende E. faeca lis Stämme berichtet. Die Mehrh eit dieser Keime zeigte gleichzeitig eine Hochresistenz gegenüber Aminoglykosiden. Diese Stämme produzieren aberoffensichtlich nurgeringe Mengen Betalaktamasen, die in der Regel nicht ausreichen, die MHK-Werte für Betalaktame- im Vergleich zu nicht-Betalaktamase-produzierenden Stämmen- wesentlich zu verändern. Sicher­heitshalber sollten jedoch alle Enterokokkenstämme mit Hochresistenz gegen Gentamiein (REFOBACIN u. a.) mittels Screening-Untersuchung auf die Produk­tion von Betalaktamasen geprüft werden. Beim Vorliegen einer Betalaktamase­Produktion sollte dann jedoch eher auf Nichtbetalactam-Antibiotika ausgewichen werden, da bisher keine Daten über di e klinis che Wirksamheit von Betalaktamase­Inhibitoren bei Enterokokken-Infektionen vorliegen .

ser Studie, daß eine Modifikation der primären Therapie für jeden behandeln­den Arzt in den 35 beteiligten Zentren möglich war und auch erfolgreiche Be­handlungen mit Modifikation der Pri­märtherapie als klinischer Erfolg doku­mentiert wurden. Die Monotherapie mit Ceftazidim führte bei 62,7 % der auswertbaren 367 Patien­tenepisoden zu einem zufriedenstellen­den klinischen Erfolg, bei den 355 aus­wertbaren Patienten in der Vergleichs­gruppe konnte in 61 ,1 OJo ein Erfolg regi­striert werden. Übereinstimmende Ergeb­nisse konnten ebenfalls bei Patienten mit ausgeprägter Neutropenie mit ~eniger als

100 Granulozyten / j.LI Blut (50 OJo in der Ceftazidimgruppe/ 57 % in derKombina­tionsgruppe) gesehen werden. Eine Besei­tigung des Erregers wurde bei Bakte­riämien in 79 OJo mit Ceftazidim erreicht und in 68 OJo mit der Kombination . In beiden Gruppen wurden 38 mal Super­infektionen gesehen. Unverträglichkeits­reaktionen traten nur bei 8 OJo der Cefta­zidimpatienten auf, hingegen bei 20 OJo der Patienten in der Vergleichsgruppe. Im Vordergrund standen all ergische Haut­reaktionen (5 Ofo Ceftazidim, 9 OJo Pipera­cillin plus Tobramycin) sowie n ephroto­xische Reaktionen (1 OJo Ceftazidim, 9 OJo Piperacillin plus Tobram ycin).

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Zeitschrift für Chemotherapie

FOLGERUNG DER AUTOREN: In einer statistisch überzeugenden Studie mit einer ausreichend hohen Anzahl von neutropenischen Patienten mit der Dia­gnose "Fieber unbekannter Herkunft" konnte gezeigt werden, daß Ceftazidim (FORTUM) allein genauso wirksam war, wie die Kombination aus Piperacillin (PIPRIL} plus Tobramycin (GERNEB­CIN). Die therapeutische Gleichwertig­keit bestand auch bei ausgeprägter Neu­tropenie mit Granulozyten-Zahlen von weniger als 100 pro I-li Blut. Die Mono­therapie mit Ceftazidim erwies sich hin­sichtlich der Verträglichkeit als deutlich günstiger (8% Unverträglichkeitsreak­tionen im Vergleich zu 20% in der Kom­binationsgruppe}, wobei unter der Korn­binationstherapie nephrotoxische Reak­tionen mit einer Inzidenz von 9% im Vordergrund standen.

PAUW, B. E. de et al Ann. Intern . Med. 120:834-844,1994

Unverträglich­keils· reaktionen Ototoxizität von Interferon

Die Anwendung von Interferon alpha (ROFERON, INTRON) hat in den ver­gangenen Jahren kontinuierlich zuge­nommen. Ein therapeutischer Nutzen ist bei mehreren Erkrankungen nachgewie­sen, so zum Beispiel bei der chronischen Hepatitis, bei der Haarzell-Leukämie so­wie beim Kaposi-Sarkom . Zu den wich­tigsten unerwünschten Wirkungen zäh­len Fieber und Schüttelfrost, Ubelkeit, Erbrechen, Durchfälle, sowie Kopf- und Muskelschmerzen. Die Liste der uner­wünschten Wirkungen des "Immunsti­mulators" wird jetzt ergänzt durch neue Meldungen aus Japan, in denen ototoxi­sche Reaktionen beschrieben werden. Bei 49 Patienten, die langfristig Interferon erhielten, wurde prospektiv eine Punk­tionsprüfung des Gehörs durchgeführt. Bei 22 Patienten (= 45 %) wurde während der Behandlung mittels Audiometrie eine Funktionsstörung des Sinnesorgans dia­gnostiziert : entweder bestand ein Hör­verlust oder ein Tinnitus oder es wurden beide Symptome festgestellt. Innerhalb von einer bis zwei Wochen nach Ende der Behandlung war die Symptomatik reversibel.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Ototoxische Reaktionen treten bei fast jedem zweiten Patienten unter einer Therapie mit Interferon (ROFERON, INTRON) auf. Über diese Nebenwir­kung ist bisher nicht berichtet worden, da sie überwiegend subklinisch verläuft und nach Absetzen des Interferons rever-

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sibel ist. Die Gehörfunktion von Patien­ten, die langfristig mit Interferon behan­delt werden, sollte mittels Audiometrie überprüft werden.

KANDA, Y. et al. Lancet 343: 1134- 1135, 1994

Schleimhautschwellung nach Clindamycin

Bei einem 34-jährigen Diabetiker, der wegen einer Osteomyelitis mit Clinda­mycin (SOBELIN) behandelt wurde, trat eine seltene, unerwünschte Reaktion auf. Innerhalb von 5 Minuten nach Beginn der Infusion begann der Patient zu niesen und nach weiteren 5 Minuten trat eine Schwellung der Lippen und der Nasen­schleimhäute auf. Am Ende der Infusion­nach 20 Minuten- waren die Symptome deutlich ausgebildet, jedoch bestand keine Atemnot. Es wurde kein Exanthem bemerkt. Die Reaktion wurde nicht phar­makologisch behandelt und die Sym­ptome waren innerhalb von 24 Stunden spontan reversibel.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Schwellung der Lippen und Nasen­schleimhäute nach Clindamycin (SOBE­LIN) ist eine seltene unerwünschte Reak­tion. Da ernste Komplikationen durch­aus denkbar sind, sollte die Möglichkeit dieser Nebenwirkung beachtet werden.

SEGARS , L. W, THRELKELD , K. R. Ann. Ph armaco ther. 27 : 885-886 , 1993

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Gebühr bezahlt

Ruptur der Achillessehne nach Einnahme von Enoxacin

Eine Tendinitis oder sogar Ruptur einer Sehne wird nur selten als unerwünschte Arzneimittelwirkung erkannt. Zuneh­mend häufiger erscheinen jedoch Be­richte über solche Komplikationen im Zusammenhang mit der Einnahme von Chinolonen. Kürzlich wurde aus den USA über einen 85-jährigen Patienten berichtet, der während der Einnahme von Enoxacin (GYRAMID) zunächst über Schwellungen der unteren Extremitäten und Schmerzen in den Füßen klagte. Der Mann hatte 7 Tage lang 2 mal täglich 400 mg der Substanz wegen einer Harn­wegsinfektion eingenommen. Zwölf Tage nach Beginn der Beschwerden trat an einem Bein eine komplette Ruptur der Achilles-Sehne auf. Ähnliche Berichte liegen seit längerem aus Europa und Neuseeland vor. Bis 1992 wurden allein aus Frankreich mehr als 40 Fälle gemel­det .

FOLGERUNG DER AUTOREN: Ob­wohl in einschlägigen Büchern im allge­meinen nicht auf diese ungewöhnliche Nebenwirkung hingewiesen wird, soll­ten die verschreibenden Ärzte wachsam sein und beim Auftreten von Sehnen­beschwerden an einen möglichen Zusam­menhang mit der Einnahme eines Chino­lon-Päparates denken.

H USTO N, K. A. N . Engl.J. 33 1: 748, 1994