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Pilze im Innenraum Medizinische Aspekte Diagnostik und Bewertung Prävention und Sanierung Symposium Raiffeisenhof 24.-25. März 2006

Veranstalter: INSTITUT FÜR HYGIENE DER MEDIZINISCHEN UNIVERSITÄT GRAZ INSTITUT FÜR ANGEWANDTE HYGIENE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR MEDIZINISCHE MYKOLOGIE

Organisationsleitung: Ao.Univ. Prof. Mag. Dr. Franz F. REINTHALER Institut für Hygiene der medizinischen Universität Graz A-8010 Graz, Universitätsplatz 4 Tel.: (0316) 380-4386 E-Mail: [email protected]

Herausgeber: Ao.Univ. Prof. Mag. Dr. Franz F. REINTHALER Mag. Dr. Walter BUZINA Mag. Dr. Franz P. PICHLER-SEMMELROCK

© Graz (2006)

Alle verwendeten geschlechtsbezogenen Bezeichnungen gelten sinngemäß sowohl in der männlichen als auch in der weiblichen Form.

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REFERENTEN Univ. Prof. Dr. Hannes BRAUN Hals-Nasen-Ohren-Universitätsklinik, Medizinische Universität Graz Mag. Dr. Walter BUZINA Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz Dipl. Ing. Peter EUSTACCHIO Ingenieurbüro Eustacchio, Raaba Univ. Prof. DI. Dr. Horst GAMERITH Institut für Hoch- und Industriebau, Technische Universität Graz Susann HÜBNER, Engel KG, Wien Mag. Dr. Doris HAAS Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz Dr. Friederike LENK Landesgericht für ZRS, Wien Dr. Ing. Wolfgang LORENZ Institut für Innenraumdiagnostik, Düsseldorf, BRD Univ. Prof. DDr. Egon MARTH Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz Univ. Prof. Dr. Helmut MAYRHOFER, Institut für Pflanzenwissenschaften, KF-Universität Graz MMag. Johannes RAINER Institut für Mikrobiologie, LF-Universität Innsbruck Univ. Prof. Mag. Dr. Franz F. REINTHALER Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz Ludwig RÜDISSER Rüdisser RLT-Optimierung, Götzis Mag. Dr. Robert SCHLACHER FA17A, Amt der Stmk. Landesregierung, Graz Univ. Prof. Dr. Heinz STAMMBERGER Hals-Nasen-Ohren-Universitätsklinik, Medizinische Universität Graz Mag. Andrea STEITZ Holzforschung Austria, Wien Dipl. Ing. Peter TAPPLER Institut für Baubiologie, Wien Prim. Dr. Gert WURZINGER Pulmonologisches Zentrum LKH Hörgas-Enzenbach

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INHALTSVERZEICHNIS Seite Vorwort Schimmelpilze – Biologie und medizinische Bedeutung 1 Walter Buzina Die gesundheitlichen Auswirkungen von umweltassoziierten Pilzen bzw. Sporen 7 Egon Marth Pilzbedingte Erkrankungen der Nasennebenhöhlen 13 Heinz Stammberger Chronische Rhinosinusitis und Pilze – wo stehen wir heute 16 Hannes Braun, Heinz Stammberger Schimmelpilzbedingte Erkrankungen der Atemwege und deren Diagnostik 19 Gert Wurzinger Pilze im Innenraum – Systemische Pilzerkrankungen 25 Cornelia Lass-Flörl Gesundheitliche Beschwerden und mikrobielle Schäden in Innenräumen unter besonderer Berücksichtigung der möglichen Wirkung von Toxinen und MVOC 29 Wolfgang Lorenz Inspektion von Innenräumen bei Familien mit Kindern mit chronischen Atemwegserkrankungen 42 Uwe Enayat Untersuchung und Bewertung von Schimmelpilzwachstum im Innenraum 46 Franz F. Reinthaler Pilzsporenkonzentrationen der Luft von Wohnräumen mit und ohne sichtbaren Schimmelbefall 53 Doris Haas Materialuntersuchungen 58 Johannes Rainer Ortsbegehungen im Rahmen von Schimmelpilz-Schadensfällen 63 Robert Schlacher Ursachenermittlung und analytische Vorgangsweise bei Auftreten von Schwarzstaubbelastungen (Fogging) in Gebäuden 69 Peter Tappler, Bernhard Damberger, Felix Twrdik Holzzerstörende Pilze in Innenräumen 78 Helmut Mayrhofer

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Charakterisierung und Bestimmung von Hausfäulepilzen 82 Andrea Steitz Pilze im Innenraum - Bauphysikalische und konstruktive Betrachtung 87 Horst Gamerith Sanierung von Pilzschäden 94 Peter Eustacchio RLT – Anlagen als Nutzen für die Innenraumqualität 98 Ludwig Rüdisser Sanierungsleitfaden (Deutschland). Schimmelpilzsanierung in Wohnräumen - effektiv und nachhaltig 102 Susann Hübner Schimmel - wohnrechtlich betrachtet 111 Frederike Lenk

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Schimmelpilze - Biologie und medizinische Bedeutung W. Buzina Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz Vorkommen und Systematik Pilze kommen in der Umwelt ubiquitär, das heißt weltweit vor. Von den Pilzen wurden bereits 180.000 Arten beschrieben, vermutlich existieren 1,5 Mill. Pilzarten auf der Erde. Andere Schätzungen gehen von 3 bis 80 Millionen aus. Jährlich werden ca. 1000 Arten neu beschrieben.

Pilze gehören zu den Eukaryoten, das heißt sie unterscheiden sich in vielen Punkten wie Zellkompartimentierung, Aufbau der Zellwand bzw. -membran, Stoffwechsel etc. von den prokaryotischen Bakterien. Nach der Five-Kingdom Hypothese stellen die Pilze (Fungi) ein eigenes Reich dar, neben den Bakterien, Protisten, Pflanzen (Plantae) und Tieren (Animalia). Obwohl Pilze meist von Botanikern behandelt werden, der botanischen Nomenklatur unterliegen und lange bzw. in vielen Werken noch immer als niedere Pflanzen betrachtet wurden bzw. werden, sind sie genetisch den Tieren viel näher verwandt. Das betrifft vor allem die Ernährung. Während Pflanzen Kohlenstoff-autotroph (Stichwort Photosynthese) sind, sind Tiere und Pilze auf organische Kohlenstoffquellen angewiesen.

Die Pilze haben drei verschiedene Möglichkeiten um an die Nährstoffe, die sie zum Leben benötigen, heranzukommen:

1. Sie können als Symbion ten Lebensgemeinschaften mit Orchideen und auch mit vielen Bäumen eingehen (Mykorrhiza). Viele unserer „Waldschwammerl“ gehören zu letzteren. Eine sehr enge Lebensgemeinschaft stellen Flechten dar, die zumeist aus einem Pilz (Mykobiont) und einem Algenpartner (Photobiont) bestehen.

2. Eine andere Möglichkeit ist die Lebensweise als Saprophy ten . Das heißt die Pilze zersetzen totes organisches Material und sind so in der Natur für das Recycling oder die Remineralisierung abgestorbener Pflanzen und (weniger) Tiere zuständig.

3. Die dritte Strategie ist es als Paras i t en lebende Organismen zu besiedeln und sich die zum Leben nötigen Stoffe zu besorgen.

Natürlich gibt es, wie so oft in der Natur, Übergänge zwischen den einzelnen Strategien sowie etliche Pilze, die von der einen Lebensweise auf eine andere umsteigen können, wenn die Bedingungen dafür günstig sind. So kann es vorkommen, dass manche Schimmelpilze saprophytisch auf Gipskartonplatten genau so wachsen können wie im Lungengewebe oder andere

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Pilze, die normalerweise auf Pflanzen parasitieren, unter bestimmten Umständen subkutane Mykosen hervorrufen können.

Pilze werden nach ihrer geschlechtlichen Vermehrungsform eingeteilt. Die meisten der Pilze, die als Pathogene bzw. Allergene von Bedeutung sind, gehören zu den so genannten echten Pilzen oder Eumyzeten. Man unterscheidet hierin die zu den niederen Pilzen zählenden Zygomyzeten (Jochpilze) und die zu den höheren Pilzen gehörenden Basidiomyzeten (Ständerpilze) und Ascomyzeten (Schlauchpilze). Als Deuteromyzeten bzw. imperfekte Pilze werden diejenigen bezeichnet, die keine sexuellen Formen ausbilden bzw. diese (noch) nicht bekannt sind.

Rein nach der Wuchsform unterscheidet man zwischen den einzelligen Spross- bzw. Hefepilzen und den fadenartig wachsenden Faden- oder Hyphenpilzen. Die Bezeichnung Schimmel bzw. Schimmelpilze ist eine Sammelbezeichnung für Hyphomyzeten, die auf die eine oder andere Art einen Schaden verursachen. Genauso wie z.B. als Unkraut eine Reihe von Pflanzen aus den unterschiedlichsten phylogenetischen Gruppen bezeichnet wird, ist auch Schimmel keine verwandtschaftliche Bezeichnung.

Pilzbedingte Erkrankungen So vielschichtig wie das Reich der Pilze ist, sind auch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die von Pilzen hervorgerufen werden können. Je nach den biologischen Mechanismen unterscheidet man vier Gruppen von pilzbedingten Erkrankungen:

I. Pilzinfektionen (Mykosen)

II. Allergien bzw. hypersensitive Reaktionen

III. Irritationen

IV. Toxische Reaktionen

Was gesundheitliche Reaktionen auf Pilze in Innenräumen betrifft, gibt es viele beschriebene Fälle für Erkrankungen aus den ersten drei Gruppen, während die Rolle der toxischen Reaktionen bislang weniger klar ist.

Im Folgenden sollen die wichtigsten Krankheitsbilder im Zusammenhang mit einer Pilzbelastung in Innenräumen behandelt werden.

I. Pilzinfektionen, Mykosen Obwohl Infektionen durch Pilze zu den häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt zählen, spielen sie bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Innenraumbelastungen mit Schimmelpilzen nur eine untergeordnete Rolle.

Dies betrifft aber nur immunkompetente Personen, denn Patienten, die ein geschwächtes Immunsystem haben, sei es durch immunsuppressive Therapien, durch Immunschwäche-erkrankungen oder ähnliches, können durch Schimmelpilze sehr wohl schwere, lebensbedrohliche, invasive Infektionen entwickeln. Für diese Personengruppe müssen besondere Vorsichts-maßnahmen getroffen werden. Einzelheiten zu Pathogenese, Epidemiologie, Klinik, Diagnostik,

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Therapie und Prophylaxe sind im Beitrag „Systemische Pilzerkrankungen“ von C. Lass-Flörl in diesem Band zu finden.

Neben den schweren invasiven Mykosen können auch z.B. Onychomykosen (Nagelmykosen) mit bis zu 6% von Schimmelpilzen ausgelöst werden, in manchen Studien werden sogar über 20% Schimmelpilze als Onychomykose-Verursacher diskutiert.

II. Allergien und hypersensitive Reaktionen auf Pilze Immunologische Reaktionen auf Pilze sind spätestens seit dem 12. Jahrhundert beschrieben. Antigene (genauer antigenische Epitope) sind Makromoleküle, typischerweise Proteine oder Glycoproteine. In Pilzen können diese Makromoleküle strukturelle Komponenten der Zelle bzw. Zellwand sein, Enzyme oder metabolische Nebenprodukte. Die individuellen Immunantworten auf diese antigenischen Moleküle sind von genetischen und umweltbedingten Faktoren abhängig. Zu den letzteren gehören vor allem die Frequenz und die Intensität der Exposition gegenüber den Antigenen. Die Immunantworten auf eine Antigenprovokation können unterschiedlichste Ausprägungen haben.

Die Entwicklung einer Hypersensitivität erfordert meist mehrmaligen und/oder verstärkten Kontakt mit den jeweiligen Antigenen. Wenn eine Sensitivierung einmal stattgefunden hat, reicht oft eine geringe Konzentration bei einer Wiederexposition, um eine reaktive Phase hervorzurufen, die dann als klinische Manifestation in Erscheinung tritt. Allgemein kann man davon ausgehen, dass die Schwere einer Allergie oder immunologischen Antwort von der Exposition und dem Sensitivierungsgrad abhängen.

Allergische Rhinit is

Eine der häufigsten Erkrankungen in direktem Bezug zu Schimmelpilzen ist die zu den Typ-1 Allergien zählende allergische Rhinitis. Sie beginnt meist mit rinnender Nase, behinderter Nasenatmung, Niesreiz, postnasalem Drip mit Halsschmerzen, Husten und Heiserkeit.

Chronische Rhinosinusi t is , al lergische Pilzs inusi t is

Die chronische Rhinosinusitis (CRS) ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen der westlichen Welt. Zu den Hauptsymptomen dieser Entität zählen Gesichts- und Druckschmerz, Druckgefühl, behinderte Nasenatmung, rinnende Nase, postnasaler Drip, lokale Eosinophilie; oft bilden sich Polypen an der entzündeten Mucosa.

Lange Zeit glaubte man, dass die allergische Pilzsinusitis (AFS) eine seltene Sonderform der CRS ist. Neueste Untersuchungen zeigen aber, dass Pilze in fast allen CRS-Patienten gefunden werden können. Weitere Details sind im Kapitel „Chronische Rhinosinusitis – wo stehen wir heute?“ von H. Braun in diesem Band nachzulesen.

Asthma

Anfallsweises Auftreten von Atemnot infolge variabler und reversibler Bronchialverengung durch Entzündung und Hyperreaktivität der Atemwege. Kennzeichnend ist die Trias Bronchospasmus, Schleimhautschwellung und Dyskrinie, ausgelöst durch verschiedene Mechanismen.

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Asthma zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen und betrifft ca. 4-5% der Bevölkerung bei insgesamt zunehmender Inzidenz besonders des gemischtförmigen und infektbedingten Asthma bronchiale. Asthmaanfälle treten innerhalb weniger Minuten nach dem Kontakt mit Schimmelpilzen auf und gehören damit zum Reaktionstyp I.

Bei bereits sensibilisierten Personen können auch geringe Schimmelpilzkonzentrationen, wie sie in niedrig belasteten Innenräumen vorkommen können, ausreichend sein, um Asthmaanfälle auszulösen.

Exogen al lergische Alveol i t is (EAA)

Diese Hypersensitivitätspneumonitis wird durch eine allergische Reaktion der Alveolen vom Typ III u. IV durch wiederholte Exposition gegenüber sehr hohen Konzentrationen von Sporen (106 bis 1010 Sporen/m3) ausgelöst. Die EAA ist häufig berufsbedingt, z.B. als Farmerlunge, Vogelzüchterlunge oder Befeuchterlunge.

Klinik: Etwa 3-12 Stunden nach einer Allergenexposition Husten, Schüttelfrost, Fieber, zunehmende Dyspnoe und thorakales Engegefühl, Leukozytose, beschleunigte BKS, bei chronischem Verlauf Übergang in eine Lungenfibrose.

Allergische bronchopulmonale Aspergi l lose

Die allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) tritt vor allem bei Patienten auf, die an Asthma oder cystischer Fibrose leiden. Bei diesen können sich Pilze – allen voran Aspergillus sp. – ansiedeln, die Atemwege kolonisieren und zu einer Hypersensitivierung führen. Zuerst kann man eine periphere Eosinophilie und IgG sowie IgE Antikörper auf Aspergillus sp. feststellen, später entwickeln sich typischerweise zentrale Bronchiektasen. Patienten mit ABPA zeigen häufig eine eingeschränkte Lungenfunktion durch eosinophile Pneumonie, Schleimpfropfen oder Asthma Exazerbationen.

III. Irritationen Allergische Dermati t is

Verschiedene Irritationen der Haut als Ergebnis von Schimmelpilz-Expositionen sind beschrieben. Diese beinhalten Austrocknen der Haut, Jucken und Exantheme. Vereinzelte berufsbedingte Kontaktdermatitiden und -urtikarien nach Kontakt mit Speise- oder Schimmelpilzen zeigen, dass eine längere oder intensive Exposition zu immunologisch bedingter Dermatitis führen kann.

Kerat i t is , Konjunktivi t is

Irritationen und Entzündungen der Augen können als Folge einer Exposition auf Schimmelpilze bzw. einer Infektion durch Pilze auftreten.

Irri tat ionen durch Pilzmetabol i te

Das Wachstum von Schimmelpilzen in geschlossenen Räumen führt zu einer Produktion von so- genannten VOCs (Volatile Organic Compounds) bzw. MVOCs (Microbial VOCs). Die

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Zusammensetzung dieser VOCs hängt von der Pilzart und dem Feuchtigkeits- bzw. Nahrungsangebot ab. Diese VOCs können aus Alkoholen, Estern, Aldehyden und aromatischen Verbindungen bestehen. Schon geringe Spuren von VOCs machen den charakteristischen muffigen, modrigen, schimmligen Geruch einer befallenen Umgebung aus.

Obwohl diese Gerüche meist als eher lästig denn gesundheitsgefährdend betrachtet werden, können schon leichte Erhöhungen der VOCs Irritationen an Schleimhäuten verursachen. In ausreichender Konzentration können diese pilzlichen VOCs Irritationen der Augen, Konjunktivitis, Hautausschläge, Rhinitis, Laryngitis, Heiserkeit, Husten und Atembeschwerden bewirken. Auch Kopfschmerzen Müdigkeit und Mattigkeit wurden als Folge einer VOC-Exposition beschrieben.

Wachstum von Schimmelpizen kann auch Irritationen der Schleimhäute durch kleine, nicht flüchtige Zellbestandteile auslösen. Die betrifft vor allem das 1,3 beta-D-Glucan, ein Glucose-Polymer und Bestandteil der pilzlichen Zellwand mit starken immunmodulatorischen Eigenschaften. Das Einatmen dieses Stoffes kann die Produktion von Antikörpern reduzieren und die Infiltration von Eosinophilen in das Gewebe verstärken.

IV. Toxische Reaktionen Manche Pilze können komplexe sekundäre Stoffwechselprodukte, die Mykotoxine, produzieren. Die meisten sind heterozyklische organische Verbindungen, die in ausreichender Konzentration in jedem – im Gegensatz zu den Allergenen – eine Reaktion auslösen können. Es sind bereits hunderte Mykotoxine mit den unterschiedlichsten biologischen Eigenschaften beschrieben worden.

Die wichtigsten Substanzgruppen umfassen: Aflatoxine, Fumonisine, Ochratoxine, Gliotoxin und Trichothecene. Die meisten beschriebenen Fälle von Mykotoxikosen betreffen Vergiftungen nach dem Verzehr von verschimmelten Lebensmitteln, inwieweit Mykotoxine zu signifikanten Vergiftungen bei Bewohnern von schimmligen Innenräumen führen kann wird in der Literatur sehr kontroversiell diskutiert. Im Folgenden sind zwei Mykotoxin-abhängige Erkrankungen aufgeführt.

Organic Dust Toxic Syndrom (ODTS)

Eine Entität, die Beschwerden nach der Inhalation von bakteriellen Endotoxinen oder Mykotoxinen umfasst. Charakteristisch sind grippeähnliche Symptome mit Atembeschwerden, welche abrupt einige Stunden nach heftiger Exposition auf staubige, organische Materialien auftreten. Die Symptome ähneln denen einer Hypersensitivitäts-Pneumonie, werden aber nicht durch Immunantworten verursacht. Häufig ist das ODTS berufsbedingt bei Arbeitern zu sehen, die mit stark kontaminiertem Material hantieren (Landwirtschaft, Müllverarbeitung, Abbrucharbeiten).

Diffuse pulmonale Hämorrhagie bei Kindern

Vor allem in den USA sind etliche Fälle von pulmonalen Hämorrhagien bei Kindern, welche in Zusammenhang mit der Besiedelung der Innenräume mit Stachybotrys chartarum gebracht werden, beschrieben.

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Zusammenfassung Epidemiologische Studien geben Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Schimmelpilz-expositionen und Atemwegsbeschwerden. Wissenschaftlich abgesicherte Aussagen über eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen der Schimmelpilzexposition in Innenräumen und gesundheitlichen Beschwerden der Bewohner sind jedoch nicht möglich. Daher kann aus gemessenen Schimmelpilzkonzentrationen nicht unmittelbar auf gesundheitliche Wirkungen geschlossen werden.

In jedem Fall soll bei einem sichtbaren Schimmelbefall im Innenraum eine Sanierung erfolgen. Bei Verdacht auf versteckten Schimmelbefall kann eine quantitative Sporenmessung sinnvoll sein, es sollte jedoch immer auch eine Artendifferenzierung zur Abschätzung der gesundheitlichen Gefährdung durchgeführt werden.

Kontakt zum Autor: Mag. Dr. Walter BUZINA Institut für Hygiene der medizinischen Universität Graz 8010 Graz, Universitätsplatz 4 Tel: +43 (316) 380 - 7719 Email: [email protected]

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Symposium Pilze im Innenraum E. Marth Raiffeisenhof, 2006 Die gesundheitlichen Auswirkungen von umweltassoziierten Pilzen bzw. Pilzsporen

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Die gesundheitlichen Auswirkungen von umweltassoziierten Pilzen bzw. Pilzsporen E. Marth Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz Der Mensch nimmt über die Atemwege täglich zwischen 10.000 und 20.000 Liter Luft auf, ein Fünftel davon ist Sauerstoff. Über Mund und Nase gelangt die Luft in den Rachen und die Luftröhre. Letztere teilt sich im Brustkorb in einen rechten und linken Ast (Hauptbronchus). Beide verzweigen sich in den Lungenflügeln immer mehr in unzählige kleine Äste (Bronchien und Bronchiolen). Die Gesamtoberfläche der Lunge beträgt ca. 100 m2. Am Ende dieses Luftkanal-Systems befinden sich die Lungenbläschen (Alveolen). Erst hier findet der eigentliche Gasaustausch mit dem Blut statt - Kohlendioxid gegen frischen Sauerstoff. Die Atmung erfolgt über die Nase, wo die Luft vorgereinigt wird. Bei dieser Vorreinigung werden Keime wie Viren, Bakterien und Pilze und deren Zerfallsprodukte nur zum Teil zurückgehalten. Diese kleinen Partikel können weiter in das weit verzweigte System der Lunge gelangen und dort unterschiedliche Schleimhautzellen aber auch Zellen des Immunsystems belasten. Doch die gesunde Lunge kann eingeatmete Fremdstoffe noch loswerden. Die Bronchien sind nämlich mit einer speziellen Schleimhaut ausgestattet. Sie produziert einen zähflüssigen Schleim, an dem eingeatmete Partikel oder Staub kleben bleiben. Zusätzlich befinden sich in dieser Schleimhaut auch Milliarden kleinster Flimmerhärchen. Wie Getreideähren bewegen sie sich im Wind und befördern so Schleim und Dreck wieder aus der Lunge.

Abb.1: Je kleiner der Durchmesser der Partikel, desto weiter können die Partikel in das

Innere der Lunge vordringen. Partikel sind in der Lage neben Schleimhautzellen auch Zellen des Immunsystems zu beeinflussen.

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Mögliche Mögliche GesundheitsbeeinträchtigungenGesundheitsbeeinträchtigungen

++++++++++++++++PilzePilze++++++++++++++++BakterienBakterien

----++++++VirenViren++++++++TiereTiere++++++++--PflanzenPflanzen

IntoxikaIntoxika--tionentionen

AllergienAllergienInfektioInfektio--nennen

GesundheitsGesundheits--gefahrengefahren durch:durch:

Abb.2: Von den verschiedenen Keimen gehen auch unterschiedliche

Gefahren für eine Gesundheitsbeeinträchtigung aus.

Wirkpfade und biologische Resultate von Pilzen bzw.-sporen

Wirkpfad Resul-tat

Beispiel Krankheits-bilder

InhalationIngestionPenetration

Infektion Dermale, pulmonale und systemische Infektionen, Gastrointestinal-erkrankungen

Atemwegsinfekt, Pneumonie, Aspergillose, Soor, Hepatitis, Darminfektion, Hautinfektion

Allergie Respirationsallergie auf inhalierte Sporen, exogen-allergische Alveolitiden, Hauterkr.

Konjunkt.,Rhin., Asthma bronch., EAA,Kontakt-allerg. der Haut

ODTS, MMIIrritationToxikosen

Spezifische und unspezifische Reizerscheinungen an Haut und Schleimhäuten

Abb.3: Das Inhalieren von Pilzen bzw. Sporen kann bei empfänglichen Menschen zu verschiedenen Krankheitsbildern führen. Die Krankheitsbilder lassen sich in Infektionen, Allergien und Intoxikationen untergliedern.

Das Immunsystem Bei der Betrachtung oben angeführter Erkrankungen fällt sofort auf, dass die Krankheiten von einem ganz bestimmten Organ, dem Immunsystem, geprägt werden. Der Mensch lebt in einer Welt umgeben von einer großen Anzahl von infektiösen Mikroben wie Viren, Bakterien, Pilzen und Parasiten. Bei immunkompetenten Menschen ist die weitaus größte Mehrheit der Infektionen zeitlich begrenzt, und nur selten werden bleibende Schäden beobachtet. Dies ist einem sehr komplexen Immunsystem zu verdanken, welches in der Lage ist, mit den einzelnen Krankheitserregern zu interagieren und sie dadurch unschädlich zu machen. Es handelt sich um ein gut abgestimmtes System aus unterschiedlichen Zellen, die durch lösliche Glykoproteine (Zytokine) aktiviert und gesteuert werden. Neben der adaptiven Immunität, die sich zum Zeitpunkt der Infektion aktiv entwickelt, gibt es noch verschiedene andere Mechanismen, die den Organismus vor einer Infektion schützen sollen. Dieser Teil des Immunsystems spielt gerade bei der Abwehr von Pilzen eine zentrale Rolle. Die Pilze bzw.

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deren Produkte werden unschädlich gemacht, aber in der Folge der Abwehr treten Reaktionen auf, die zu klinisch manifesten Krankheiten führen können. Die Mechanismen gegen die Pilze sind unspezifisch, also nicht gegen ein bestimmtes Pathogen gerichtet. Dazu zählen einerseits die physikalisch-chemischen Barrieren, phagocytische Zellen, Eosinophile in Blut und Gewebe, sowie eine Art von Lymphocyten, die man als natürliche Killerzellen (NK-Zellen) bezeichnet. Diese Faktoren sind bereits vor der Exposition vorhanden und werden durch einen Kontakt mit einem Mikroorganismus nicht vermehrt. Diese Abwehr wird als natürliche oder angeborene Immunität bezeichnet. Ein immunologisches Gedächtnis, eine wesentliche Voraussetzung für einen langjährigen Schutz, kann nur das adaptive Immunsystem aufbauen, nicht aber das angeborene Immunsystem. Die Zellen des Immunsystems entstehen im Knochenmark, in dem viele heranreifen und dann entweder über das Blut oder lymphatische System zirkulieren und periphere Gewebe überwachen. Im Knochenmark befinden sich verschiedene Vorläuferzellen, aus denen sich unterschiedliche spezifische Zellen entwickeln. Aus der myeloiden Vorläuferzelle entstehen die Granulocyten, Makrophagen, dentritische Zellen und Mastzellen. Die Makrophagen kommen in vielen Geweben vor und stellen einen wichtigen Vertreter bei der angeborenen Immunität dar. Dentritische Zellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung (Präsentation) der Antigene. Die neutrophilen Granulocyten sind hauptsächlich verantwortlich für die Bekämpfung von Bakterien. Aus der lymphatischen Vorläuferzelle entstehen die B-Lymphocyten oder B-Zellen, die nach Aktivierung zu Plasmazellen proliferieren um Antikörper zu bilden und die T-Lymphocyten oder T-Zellen. Diese lassen sich in die Klasse der cytotoxischen T-Zellen, die für die Zerstörung der Virus-infizierten Zelle verantwortlich sind und in die T-Helfer-Zellen die für die Aktivierung der B-Zellen sowie Makrophagen von entscheidender Bedeutung sind, untergliedern. Angeborenes Immunsystem („innate immunity“) Mikroorganismen, die auf den Menschen treffen, führen nur gelegentlich zu einer manifesten Erkrankung. Meistens werden die Keime bereits innerhalb weniger Minuten bis Stunden durch unspezifische Mechanismen abgewehrt. Diese Barriere stellt gleichsam die erste Verteidigungslinie des Abwehrsystems des Menschen dar. Erst wenn diese Barriere überschritten wird, tritt das adaptive Immunsystem in Kraft. Demnach muss dem angeborenen nicht adaptiven Immunsystem eine große Bedeutung beigemessen werden. Unsere Körperoberfläche wird durch Epithelien vor dem Übergriff der Mikroorganismen geschützt. Die Epithelzellen sind durch feste Zell-Zellverbindungen vereinigt, wodurch die Haut gegenüber der Außenwelt dicht abgeschlossen ist. Die inneren Epithelien werden auch Schleimhautepithelien bezeichnet, da sie eine visköse Flüssigkeit (Schleim) absondern, die zahlreiche Glykoproteine enthält, die als Mucine bezeichnet werden. Die Schleimhautepithelien sind jedoch mehr als nur eine physikalische Barriere gegen Infektionen. Sie produzieren auch chemische Substanzen, die die Mikroorganismen töten oder deren Wachstum hemmen. Im Speichel und in der Tränenflüssigkeit wird zum Beispiel das antibakterielle Enzym Lysozym produziert. Der saure pH-Wert des Magens oder verschiedene antibakterielle Peptide des Dünndarms stellen ebenso antimikrobielle Faktoren dar.

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Symposium Pilze im Innenraum E. Marth Raiffeisenhof, 2006 Die gesundheitlichen Auswirkungen von umweltassoziierten Pilzen bzw. Pilzsporen

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Die Haut und die Schleimhäute des Menschen sind von einer komplexen Flora besiedelt, während die Gewebe hingegen frei von Mikroorganismen sind. Wenn Mikroorganismen die Epithelbarriere durchdringen und somit ins Gewebe gelangen, werden sie von Zellen, die wie Polizisten fungieren, wie den Phagocyten, den Makrophagen, die aus den kontinuierlich zirkulierenden Monocyten reifen, als körperfremd erkannt und abgewehrt. Diese beiden Phagocytentypen sind für die Zerstörung von Mikroorganismen ohne adaptive Reaktionen von entscheidender Bedeutung und nehmen somit eine zentrale Stellung in der angeborenen Immunität ein. Die Phagocyten erkennen Mikroorganismen über unterschiedliche Rezeptoren (Antennen), die an der Oberfläche der Zellen lokalisiert sind und sind in der Lage zwischen körpereigenen und körperfremden Zellen zu unterscheiden. Eine wichtige Gruppe von Rezeptoren stellen die Toll-like-Rezptoren (TLR) dar. Über diese Rezeptoren sind die immunkompetenten Zellen in der Lage Pilze, aber auch Pilzsporen, an ganz bestimmten Merkmalen zu erkennen. Wesentliche unspezifische Merkmale der Pilze sind in der Hauptsache drei Gruppen:

• ß-D-Glukane

• Glykoproteine

• Chitin.

„Innate immunity“ Adaptive Immunität

Physiko-chemische Barrieren Haut, Schleimhäute Immunsysteme von Haut und Schleimhäuten, Antikörper vom Typ IgG, IgA und IgM in Sekreten

Effektormoleküle Komplement Antikörper

Zellen Makrophagen, neutrophile Granulocyten, NK-Zellen

Lymphocyten

Lösliche Mediatormoleküle Cytokine (z.B. Interferone), TNF

Von Lymphocyten gebildete Cytokine, IFN-γ, IL-2, IL-4, IL-5, IL-10

Tab.1: Charakteristika der angeborenen und adaptiven Immunität

Für die Erkennung der Glukane, ein gemeinsames Charakteristikum der Pilze, besitzen Makrophagen Rezeptoren, die zu einer massiven Aktivierung der Zellen führen. Diese werden nach ihrem Musterbeispiel aus der Fruchtfliege Drosophila als Toll-ähnliche Rezeptoren (toll-like-receptors, TLR) bezeichnet. Einer der wichtigsten TLR ist TLR2, Korezeptor und signalübertragendes Molekül des CD14, des eigentlichen Glukan-bindenden Proteins und Makrophagenmarkers schlechthin. Diese wiederum bewirkt eine Alarmierung benachbarter Zellen wie auch eine Reaktion des Gesamtorganismus. TLR übertragen die Signale ins Zellinnere als Antwort auf Pilz-Bestandteile, welche von allen Prokaryonten exprimiert werden. Zwei unterschiedliche Signalkaskaden enden entweder bei der Aktivierung des Transkriptionsaktivators NF-κB (nukleärer Faktor-κB) oder in der Apoptose. Die Aktivierung von NF-κB führt in der Folge zur Produktion und Sekretion unterschiedlicher Cytokine, die in der weiteren Folge wiederum Zellen, hauptsächlich Lymphocyten aktivieren.

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Tab.2: Verschiedene TLR reagieren mit unterschiedlichen Molekülen von Mikroorganismen. Oft sind mehrere TLR gleichzeitig in einer Reaktion beteiligt.

Das Immunsystem der Schleimhäute Das Immunsystem kann insgesamt zwar als Organ angesehen werden, doch bestehen innerhalb des Immunsystems unterschiedliche Kompartimente, die auch unterschiedliche Reaktionen auf Pathogene zeigen können. Ein großes Kompartiment des adaptiven Immunsystems befindet sich in der Nähe der Epithelien, über die die meisten Mikroorganismen eindringen und wird als das Immunsystem der Schleimhäute bezeichnet, das man in der Regel mit MALT (mucosa-associated lymphoid tissues) abkürzt. Das Immunsystem ist in diesem Kompartiment vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sowohl die von Pathogenen ausgelösten Reaktionen als auch die Lymphocyten in diesem Kompartiment beschränkt bleiben. Die Reaktionen des Immunsystems lassen sich grob in zwei verschiedene Arten einteilen. Auf der einen Seite schützt das Immunsystem vor dem Eindringen von Mikroben und auf der anderen Seite werden auch überschießende Reaktionen beobachtet. Zu diesen überschießenden Reaktionen zählen zum Beispiel die allergischen Erkrankungen. Was ist eine Allergie und wie entsteht sie? Im Falle einer Allergie reagiert das Immunsystem unangemessen heftig auf eher harmlose Substanzen wie z. B. Pollen, Sporen, Fragmente von Pilzen und Bakterien, Tierhaare oder Nahrungsmittel. Warum das Immunsystem derart überreagiert, ist bis heute noch nicht völlig geklärt. Um mit unerwünschten und möglicherweise gefährlichen Eindringlingen wie Viren oder Bakterien fertig zu werden, hat der Körper verschiedene Abwehrstrategien. Eine davon ist, die Eindringlinge (= Antigene) mit Antikörpern einzufangen und sie dann unschädlich zu machen.

TLR Ligand Mikrobielle Herkunft

TLR2 Lipoproteine, Peptidoglycan, Zymosan, LPS, Lipoarabinomannan

Bakterien, gram-positive Bakterien, Pilze, Leptospiren, Mykobakterien

TLR3 dsRNA Viren

TLR4 LPS, Hsp60 gram-negative Bakterien Chlamydien

TLR5 Flagellin Bakterien

TLR9 CpG, DNA Bakterien, Protozoen

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Was sind Antikörper? Antikörper sind Eiweißkörper im Blut, die der Körper genau auf das jeweilige Antigen abstimmt. Bei einer allergischen Reaktion heißt das Antigen auch Allergen. Im Verlauf des ersten Kontaktes geschieht bis auf die Antikörperherstellung noch nichts. Angreifer und Verteidiger (das Immunsystem) müssen sich sozusagen erst kennen lernen. Beim zweiten Kontakt jedoch rollt eine heftige Verteidigungswelle an. Die Antikörper zirkulieren nicht nur im Blut, sie wandern auch in die Gewebe. Im Lymphsystem, in der Nasen- und Mundschleimhaut, in den Atemwegen und im Darm treffen sie auf eine weitere Art von Abwehrzellen, die Mastzellen. Sie enthalten zahlreiche Körnchen, in denen Botenstoffe wie z. B. Histamin gespeichert sind. Auf ihrer Oberfläche tragen sie Bindungsstellen für Antikörper (Rezeptoren). Auf einer einzigen Mastzelle finden bis zu 100.000 Antikörper Platz. Ein Antikörper sieht aus wie ein Ypsilon. Er besitzt ein Bein und zwei Arme. Das Bein bindet sich an eine Mastzelle, die Arme fangen Eindringlinge (= Antigene) und halten sie fest. Haben zwei Antikörper ein und denselben Eindringling gefangen, so dass er wie eine Brücke zwischen den beiden Antikörpern hängt, gibt die Mastzelle die in den Körnchen gespeicherten Botenstoffe frei. Diese Botenstoffe sind recht aggressiv. Gelangen sie aus den Mastzellen in das umliegende Gewebe, verursachen sie dort kleine Entzündungen. Zudem erweitern sich die Blutgefäße. Je nachdem, wo sich dieser Vorgang gerade abspielt, kommt es zu den unterschiedlichsten Beschwerden: Juckreiz, Niesreiz, laufende Nase, brennende, tränende Augen, Hautreaktionen usw. Allergene, die über die Luft in den Körper gelangen, wie z. B. Pollen, haben ihren ersten Kontakt mit den Atemwegen. In der Nase führen sie zu einem allergischen Schnupfen, einer Rhinitis. Die Nasenschleimhaut schwillt an, die Nase verstopft oder fängt an zu laufen. Gleichzeitig juckt sie unerträglich. Der Niesreiz ist unwiderstehlich und kann sich in regelrechten Niessalven entladen. Kontakt zum Autor: Univ. Prof. DDr. Egon MARTH Institut für Hygiene der medizinischen Universität Graz 8010 Graz, Universitätsplatz 4 Tel: +43 (316) 380 - 4361 Email: [email protected]

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Pilz-bedingte Erkrankung der Nasennebenhöhlen H. Stammberger Hals-, Nasen-, Ohren-Universitätsklinik , Medizinische Universität Graz Pilzsporen, wahrscheinlich auch Pilzhyphen, sind ein ganz normaler Bestandteil unseres „Aeroplankton“: Sie schweben in der Luft und werden mit dieser von uns eingeatmet. Je nach körperlicher Anstrengung, Atemfrequenz und Aufenthaltsort können wir bis zu 1,7 Millionen Sporen bzw. Pilzbestandteil pro Tag einatmen. Dabei kommt ein Grossteil in Kontakt mit den Nasen- und Nebenhöhlenschleimhäuten (bzw. der Luftröhren- und Bronchialschleimhaut), bleibt an dem dort konstant gebildeten Schleim haften und wird mit diesem über die Tätigkeit der Flimmerzellen in den Rachen transportiert und verschluckt. Die Anwesenheit von Pilzen auf unseren Atemschleimhäuten, wo sie „im Transit“ sind, ist also ein völlig normaler Befund und primär nichts Krankhaftes. Die meisten der so eingeatmeten Pilze sind völlig harmlos. Unsere Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass bereits ab dem 2., spätestens 4. Lebensmonat aus dem Nasenschleim die gleichen Pilze gezüchtet werden können wie bei Erwachsenen. Diese physiologische Pilzbesiedelung beginnt also praktisch mit unserem ersten Atemzug. Die Gesamtmasse von Pilzstrukturen auf der Erde wird auf 10 x 1012 Kilogramm geschätzt – das sind gut zwei TONNEN Pilze für jeden von uns … Unter bestimmten Umständen können jedoch vordergründig harmlose Pilze ernsthafte, ja sogar lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen, wobei besonders Menschen mit eingeschränktem oder unterdrücktem Immunsystem gefährdet sind, wie z.B. bei Chemotherapie bösartiger Erkrankungen, Aids, Tuberkulose, aber auch bei Diabetes. Bestimmte Pilzarten können invasiv werden und sich wie eine bösartige Geschwulst verhalten. Trotz verbesserter operativer und medikamentöser Möglichkeiten führen auch heute noch invasive Pilzerkrankungen in nahezu einem Drittel aller Fälle zum Tode der Betroffenen. Ein Problem stellt dabei die relativ enge phylogenetische Verwandtschaft von Pilzen und Tieren (also auch Menschen) dar: Alles was für Pilze schädlich ist (Antipilzmedikamente zum Beispiel), ist auch für den Menschen potentiell sehr gefährlich. Viele Antipilzmedikamente hatten und haben daher unter Umständen beträchtliche Nebenwirkungen. Bei Pilz-bedingten Erkrankungen der oberen und unteren Luftwege besteht offenbar eine direkte Relation zwischen der Menge und Dauer der eingeatmeten Pilze und den Krankheitssymptomen (z.B. Asthmaentstehung durch fortgesetzte Exposition in verpilzten Räumen bzw. Gebäuden). Für den Nasennebenhöhlenbereich kann man folgende Einteilung von Pilz-bedingten Erkrankungen vornehmen: Pilz-bedingte Rhinosinusitis – Kategorien:

1.) Nicht-invasive Formen

Saprophytische Form („Kolonisation“) Pilzkugel („Konkrement“)

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2.) invasive Formen

Fulminante/akute Form (lebensbedrohend) Chronische (indolente/granulomatöse) Form Aspergillom/Mycetom

3.) Eosinophilen-mediierte Formen

(systemische Reaktion) EFRS (Eosinophilic Fungal RhinoSinusitis) AFS (Allergic Fungal Sinusitis)

1.) Nicht-invasive Formen

Die sogenannte saprophytische Form stellt einen oberflächlichen Pilzbefall meist auf eingedicktem Sekret oder Krusten dar und ist völlig harmlos. Symptome kommen – wenn überhaupt – eher von den zugrunde liegenden Krusten als von den Pilzen selber. Die Therapie besteht in der einfachen Entfernung, eine spezielle Medikation ist nicht erforderlich. Allerdings muss immer eine eventuelle bösartige Erkrankung im Hintergrund ausgeschlossen werden. Die so genannten „Pilzkugeln“ stellen eine Sonderform dar, welche sich in den Nebenhöhlen selber entwickelt. Im Bereich der Kieferhöhle besteht ein Zusammenhang mit überschiessendem (aberrantem) Zahnfüllmaterial. Die Therapie ist die operative Entfernung, Medikamente sind nicht wirksam.

2.) Invasive Formen

Fulminante/akute/lebensbedrohliche Form Hier können entsprechend prädisponierte Menschen innerhalb von sogar nur Stunden und Tagen, längstens jedoch wenigen Wochen durch Gewebeinfiltration von Pilzen versterben. Die Pilze, meistens Mucorarten, gelangen hier von der Nase über die Nebenhöhlen in das Auge, die Blutgefässe und durch die Schädelbasis ins Hirn. Operation und massive medikamentöse Therapie können in 30 – 50 % bei rechtzeitiger Diagnose das Leben retten. Besonders gefährdet sind immunsupprimierte Patienten, wie z.B. bei Aids, unter Chemotherapie, Dehydrierte, Ketoazidotische Diabetiker und hier insbesondere Kinder. Chronisch indolente/granulomatöse Formen Hier liegt eine langsam fortschreitende Pilzinvasion meist im Bereich der Weichteile, aber auch des Knochens der Nasennebenhöhlen und der Schädelbasis vor. Aufgrund des langsamen Wachstums sind die therapeutischen Möglichkeiten meist sehr gut, wenn auch langwierig (und damit extrem kostenintensiv: Eine notwendige, mehrmonatige Antipilztherapie kann je nach erforderlichem Medikament mehrere hunderttausend Euro kosten).

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3.) Eosinophilen-mediierte Formen

Hier handelt es sich um Erkrankungen, welche durch generalisierte Reaktionen des Immunsystems auf eingeatmete Pilze entstehen. Ein grosser Prozentsatz von chronischen Nasenneben-höhlenerkrankungen, Nasenpolypen und auch Asthma sind auf diesen Mechanismus zurück zu führen. Die Therapie ist im Extremfall die (schwierige) Operation sämtlicher Nasennebenhöhlen und die Behandlung mit Cortison und Antipilzmedikamenten. Die Erforschung dieser Pilz-bedingten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege stellt einen Schwerpunkt der Grazer Arbeitsgruppe an der Hals-, Nasen-, Ohren-Universitätsklinik und dem Hygiene-Institut dar. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit haben dazu geführt, dass Graz zur Weltspitze auf diesem Sektor gezählt wird. Kontakt zum Autor: Univ. Prof. Dr. Heinz STAMMBERGER Hals-, Nasen-, Ohren-Universitätsklinik der medizinischen Universität Graz 8036 Graz, Auenbruggerplatz 26-28 Tel: +43 (316) 385 - 3448 E-Mail: [email protected]

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Chronische Rhinosinusitis und Pilze – Wo stehen wir heute? H. Braun, H. Stammberger Hals-, Nasen-, Ohren Universitätsklinik, Medizinische Universität Graz Die Rolle von Pilzorganismen bei der Pathophysiologie der chronischen Rhinosinusitis (CRS) ist seit nunmehr 6 Jahren ein Schwerpunktthema in der internationalen rhinologischen Forschung. Seit der ersten Publikation der an der Mayo Klinik tätigen Arbeitsgruppe um Ponikau zu diesem Thema [1] konnten einige der damals sehr kontroversiell angesehenen Postulate durchaus nachvollzogen und bestätigt werden [2, 3]. Was hat sich seither getan? Jeder hat Pilze in der Nase! Pilznachweis durch Kultur:

Bei Verwendung sensibler Techniken der Pilzkultivierung aus dem Nasensekret gelang ein positiver Pilznachweis bei nahezu allen an CRS leidenden Patienten. Interessanterweise zeigten aber auch nahezu alle Probanden der nasengesunden Kontrollgruppe dieses Ergebnis [4]. Der Nachweis von Pilzen im Nasensekret stellt nichts anderes dar, als eine Kontamination der Nase mit diesen ubiquitär vorkommenden Organismen. In einer soeben erschienenen Publikation unserer Arbeitsgruppe konnte gezeigt werden, dass diese Kontamination bereits in den ersten 5 Tagen nach der Geburt im Nasensekret von Säuglingen nachweisbar ist. Bereits im Alter von 4 Monaten zeigen sich Pilze in vergleichbarer Regelmäßigkeit und Variabilität wie bei Erwachsenen. Der Nachweis von Pilzen im Nasensekret gesunder Kinder unterstreicht ebenso, dass die inhalierten Pilze eine Kontamination des Nasensekretes darstellen, als normaler Bestandteil der Nasenflora anzusehen und per se nicht pathologisch sind [5]. Pilznachweis durch neue histologische Untersuchungstechniken:

Auch der histologische Nachweis von Pilzen konnte durch die Anwendung hochspezifischer Techniken in 100% bei CRS Patienten gezeigt werden. Taylor und Mitarbeiter verglichen die bis dato gebräuchliche Pilzfärbetechnik (GMS-Färbung) mit der sogenannten Chitinase-Färbung. Diese Immunfluoreszentechnik färbt ganz spezifisch nur Chitin - ein Bestandteil der Pilzwand - an. Chitin kommt im menschlichen Körper sonst nicht vor. In Serienschnitten gelang der histologische Pilznachweis mittels GMS in 76%, hingegen mit Chitinase-Färbung in 100% der untersuchten Patienten [6].

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Was unterscheidet nun Kranke von Gesunden? Morphologisch, dies konnte auch durch eigene Studien gezeigt werden [2], findet sich bei der CRS eine massive Eosinophilie im Gewebe und im Nasenschleim. Eosinophile Granulozyten durchwandern die Basalmembran um in den Nasenschleim zu gelangen, wo sie durch Freisetzung ihrer Proteine - insbesonders Major Basic Protein (MBP) - die Pilze zu zerstören versuchen. In einer soeben erschienene Publikation konnten die Forscher der Mayo Klinik zeigen, dass MBP nur im Nasenschleim, nicht aber im Gewebe der Patienten messbar ist - die Freisetzung dieses hochtoxischen Proteins aus den Eosinophilen also nur im Nasenschleim erfolgt. Die dort gemessenen MBP Konzentrationen waren vielfach höher als die für eine Schädigung des respiratorischen Epithels notwendige MBP Konzentration. Diese Reaktion der Eosinophilen findet bei Gesunden nicht statt [7]. Warum reagieren die Eosinophilen, das Immunsystem inadäquat?

Das Immunsystem der CRS Patienten reagiert offensichtlich "falsch" auf diese ubiquitär in jeder Nase vorkommenden Organismen. Die Mainzer Arbeitsgruppe um Gosepath konnte mit Hilfe der PCR Alternaria-Pilz-DNA in der Schleimhaut von CRS Patienten nachweisen. Bei gesunden Kontrollen war dies nicht der Fall. Möglicherweise kann diese Pilz-DNA als "Messenger" verstanden werden, der es dem Immunsystem der Patienten ermöglicht eine eosinophile Abwehrreaktion gegen extramuköse Pilze einzuleiten [8]. Die bei dieser T-Zell-Immunantwort stark erhöhte Freisetzung der Zytokine IL-5 (Aktivierung der Eosinophilen) und IL-13 (Rekrutierung der Eosinophilen) wurde insbesonders bei Alternaria beobachtet. Shin und Kita konnten zeigen, dass periphere Blutlymphozyten von CRS-Patienten nach in vitro Stimulation mit Pilzorganismen vermehrt die oben erwähnten Zytokine produzierten, während dies bei Lymphozyten aus dem peripheren Blut von Gesunden nicht der Fall war [9]. Was kann heute als gesichert angesehen werden? Sowohl bei CRS-Patienten, als auch bei Gesunden – ab dem 4. Lebensmonat – ist der Nasenschleim durch unterschiedliche Pilzspezies kontaminiert. Pilz-DNA findet sich in der Nasenschleimhaut – als Hinweis auf eine mögliche "Messenger"-Rolle? Eine verstärkte Eosinophilie im Schleim findet sich bei Erkrankten. Die Freisetzung von MBP findet nur im Schleim der CRS-Patienten statt. Die gemessenen Konzentrationen schädigen sekundär die Nasenschleimhaut von außen. Die erhöhte Freisetzung der Interleukine IL-5 und IL-13 bei Patienten zeigt sich besonders in der Gegenwart von Alternaria spp. Die CRS ist eine schwere Belastung für die Patienten (sinubronchiales Syndrom, massive Polyposis, Corticoid-Bedürftigkeit,…) und stellt eine therapeutische Crux dar. Es kann als gesichert gelten, dass den ubiquitär vorkommenden Pilzen eine Schlüsselrolle in der Auslösung der CRS zukommt, insbesondere Alternaria spp. Die immunologischen Mechanismen konnten in den letzten Jahren großteils erforscht werden und bieten so Aussichten auf neue Therapieansätze, wie z.B. antimykotische Maßnahmen.

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Auf das chirurgische Vorgehen haben diese Erkenntnisse bereits Auswirkungen: es ist offenbar weniger wichtig die entzündlich-polypöse Schleimhaut bei NNH-Operationen zu entfernen als das zähe, pathologische Sekret aus wirklich allen Nischen und "entlegenen Winkeln" z.B. durch intraoperative, multiple Spülungen zu beseitigen. Die, die (falsche) Immunantwort auslösende Reaktion wird offenbar primär im Schleim ausgelöst. Literatur [1] Ponikau et al. Mayo Clin Proc 1999;74:877-84 [2] Braun et al. Laryngoscope 2003;113:264-9 [3] Buzina et al. Med Mycol 2003;141:149-61 [4] Braun et al. Laryngo Rhino Otol 2003;82:330-40 [5] Lackner et al. Am J Rhinol 2005;19:125-9 [6] Taylor et al. Otolaryngol Head Neck Surg 2002;127:377-83 [7] Ponikau et al. J Allergy Clin Immunol 2005;116:362-9 [8] Gosepath et al. Am J Rhinol 2004;18:9-13 [9] Shin S. et al. J Allergy Clin Immunol 2004;114:1369-75

Kontakt zu den Autoren: Univ. Prof. Dr. Hannes BRAUN

Univ. Prof. Dr. Heinz STAMMBERGER Hals-, Nasen-Ohren Universitätsklinik der medizinischen Universität Graz 8036 Graz, Auenbruggerplatz 26-28 Tel: +43 (316) 385 - 3448 Email: [email protected] [email protected]

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Symposium Pilze im Innenraum G. Wurzinger Raiffeisenhof, 2006 Schimmelpilzbedingte allergische Erkrankungen der Atemwege und deren Diagnostik

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Akute Bronchitis Chronische Bronchitis Pilzpneumonie Aspergillom ODTS (Mykotoxikose) Bronchozentrische Granulomatose Chronisch nekrotisierende Aspergillose Pilzsepsis

Tab. 1: Durch Pilzsporen ausgelöste nicht allergische Erkrankungen der unteren Atemwege.

Schimmelpilzbedingte allergische Erkrankungen der Atemwege und deren Diagnostik G. Wurzinger Abteilung für Lungenkrankheiten LKH Hörgas/Enzenbach und Pulmonologische Tagesklinik des LKH Graz West

Von den weit über 200.000 bekannten Schimmelpilzen sind derzeit etwa 100 mit einer Inhalationsallergie assoziiert. Entsprechend der von Coombs und Gell geschaffenen Einteilung allergischer Reaktionen in 4 Typen können Schimmelpilze allergische Reaktionen vom Typ I (Immunglobulin E-vermittelt), vom Typ III (Immunglobulin G-vermittelt) und vom Typ IV (lymphozytär mediiert) verursachen.

Schimmelpilze vermögen jedoch auch eine Reihe von nicht allergischen Erkrankungen der Atemwege und der Lungen auszulösen. Diese umfassen ein Spektrum von banalen Bronchitiden bis hin zur lebensgefährlichen Sepsis (Tab. 1).

Trotz moderner Analyseverfahren können bestimmte Symptome, die durch Schimmelpilze ausgelöst werden auch heute noch nicht sicher allergischen Reaktionen zugeordnet werden. Zudem wissen wir heute, dass bestimmte allergische Erkrankungen des respiratorischen Systems immunologisch mehreren Typen zugeordnet werden müssen (Tab. 2). Der Grund liegt in den sehr komplexen Strukturen der Allergene.

Bedingt durch die große Zahl von Schimmelpilzen, die allergische

Reaktionen auslösen können und der fehlenden Nachweismöglichkeit beschränkt sich die Aufmerksamkeit derzeit auf rund 2 Dutzend Schimmelpilze, für die industriell gefertigte Allergene erhältlich sind.

Erkrankungsart Allergietyp Rhinoconjunctivitis allergica I Polyposis nasi ? Asthma bronchiale I Allergische bronchopulmonale Aspergillose I + III Exogen Allergische Alveolitis III + IV

Akute Urtikaria I Kutane Erkrankungen

Kontaktallergie IV Gastrointestinale Symptome (z.B. Koliken, Erbrechen, Diarrhoe) I ?

Anaphylaxie I

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Abb. 1: Gekreuzte Immunelektrophorese aus einem Extrakt von Cladosporium herbarum. [Aukrust L., Borch S.M: Purification of allergens in Cladosporium herb. Proc.Eur.Acad. Allergy 35, 206 (1979)]

Tab. 2: Durch Pilzsporen ausgelöste allergische Erkrankungen.

Die wichtigsten unter ihnen sind: Alternaria, Cladosporium, Aspergillus, Penicillium, Aureobasidium pullulans, Mucor racemosus, Botrytis cinerea, Neurospora sitophilia, Helminthosporium halodes, Fusarium monoliforme, Rhizopus nigricans, Phoma betae, Curvularia lunata, Trichoderma viride, Stemphylium botryosum. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die allergologische Bedeutung vieler Schimmelpilze derzeit noch unbekannt ist.

Schimmelpilzsporen bestehen aus einer großen Anzahl von Proteinen (Abb. 1), gut 2 Dutzend von ihnen können allergologisch wirksam sein. Dabei hängt die Zusammensetzung der Proteine von einer Vielzahl von Faktoren ab wie Untergrund, Luftkonvektion, Temperatur, Lichteinfall, Luftfeuchtigkeit u.v.m.

Aus diesem Grund weichen die im Handel erhältlichen Schimmelpilz-allergene im Proteingehalt und damit auch im Allergengehalt mitunter stark von jenen Schimmelpilzen ab, die für den Betroffenen relevant sind.

Dies betrifft sowohl die Schimmelpilzextrakte für die in-vivo- als auch für die in-vitro-Testung. Dabei gibt es große Unterschiede im Allergengehalt der Produkte verschiedener Hersteller (Abb. 2 und 3), da es keine einheitlichen Standardisierungen für Schimmelpilzallergene gibt.

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Erschwerend für die Diagnostik kommt hinzu, dass die potentiell allergen wirkenden Proteine unterschiedlich starke Sensibilisierungspotentiale aufweisen. Bei stark sensibilisierten Personen kann schon ein handflächengroßes schimmelpilzbefallenes Areal in einem Raum asthmatische Beschwerden verursachen. Dies ist nicht verwunderlich, können doch Pilze bis zu 25 Millionen Sporen pro Minute in die Luft schleudern.

Bestimmte Schimmelpilze haben – ähnlich den Pollen – in der freien Natur bestimmte Hauptsporulationszeiten. So liegt diese für Cladosporium und Alternaria in den Sommermonaten, für Aspergillus fumigatus und Penicillium in der kalten Jahreszeit. Die weitaus häufigsten Pilzsporen in der Natur stammen von Cladosporium herbarum. Dennoch besitzt Alternaria die höchste Allergenität unter allen Pilzen und ist ein besonderer Risikofaktor für schwere Asthmaanfälle.

In geschlossenen Räumen gibt es keine saisonalen Unterschiede, die Sporulation ist abhängig von der Tageszeit, von der Luftfeuchtigkeit und der Luftzirkulation.

Analysen von „standardisiertem Hausstaub-Extrakt“ zeigten, dass dessen Allergengehalt vorwiegend durch Schimmelpilze im Hausstaub und nicht durch den Kot der Hausstaubmilben bedingt ist (Abb. 2 und 3).

Abb. 3: Korrelation zwischen positivem Provokationstest auf Hausstaub-Extrakt, Schimmelpilzen und Hausstaubmilbe mit Allergenen von 4 verschiedenen Herstellern. [W. Jorde, M. Schata: Innenraum-allergene, Dustri Verlag München 1991]

83

147

38

69

124

27

104 2

9

0102030405060708090

1 2 3 4Hausstaubextrakt Schimmelpilze Hausstaubmilbe

Abb. 2: Korrelation zwischen positivem Hauttest und positivem Provokationstest auf Hausstaub-Extrakt mit Allergenen von 4 verschiedenen Herstellern. [W. Jorde, M. Schata: Innenraumallergene, Dustri Verlag München 1991]

109

3929

58

82

147

38

0

20

40

60

80

100

120

1 2 3 4Hauttest Provokation

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Abb. 4: Ergebnis des Intrakutantestes nach 20 min. Nr. 1 (rechts oben) Histamin-, Nr. 8 (links unten) die NaCl-Quaddel als Referenz.

Hausstaub ist ein „Sammelsurium“ von Sand- und Erdepartikel, Schimmelpilzmyzelien, Sporen, Tierhaaren und –epithelien, Russpartikeln, zerfallendem organischen Material wie Pflanzen-bestandteile und Nahrungsmittelreste, Bakterien, Milbenkot, Federnbruchstücken, Insektenteilen, Wollresten und…und…und…

Die Austestung von im Wohnbereich gesammeltem Hausstaub an der Haut durch Pricktest, Scratchtest oder ähnlichen Verfahren zum Nachweis einer Hausstaubmilbenallergie ist demnach widersinnig und obsolet.

Autoren verschiedener Publikationen zweifelten an IgE-vermittelten Immunreaktionen als Ursache für die Auslösung von Asthma bronchiale, da in epidemiologischen Studien in vielen Fällen der Nachweis von allergenspezifischem IgE auf Schimmelpilze nicht möglich war. Diesen Studien lagen jedoch durchwegs Nachweismethoden in Form von Pricktesten zugrunde.

Aufgrund der großen Variabilität der Allergene entsprechend den Herstellerfirmen und zudem noch der Diskrepanz zwischen dem Anteil der allergen wirkenden Proteine in den „standardisierten“ Testsubstanzen und den „Nativ-Allergenen“, welche die allergischen Symptome auslösen, ist unschwer zu begreifen, dass ein Pricktest in vielen Fällen mangels Konzentration der für die Allergie verantwortlichen Proteine negativ ausfällt. Auch bei höchsten Testkonzentrationen werden im Pricktest nur selten stärkere Quaddel- und Erythembildungen beobachtet. Daher sollten auch geringe Hautreaktionen als positiv gewertet werden.

Die Gepflogenheit, „Schimmelpilz-Mix-Allergene“ für Pricktestungen zu verwenden, macht durch die Verdünnung von ohnehin schon in niedrigen Konzentrationen vorhandenen Allergenen durch die Zumischung anderer Allergenlösungen den Nachweis einer Sensibilisierung auf einen bestimmten Schimmelpilz erst recht unmöglich. Derartige Mixallergene als „Suchtest“ für Schimmelpilzallergien zu verwenden zeigt von allergologischem Unverständnis.

Bei Verdacht auf eine schimmelpilzbedingte Allergie sollte bei negativem Pricktest auf die häufigsten allergen wirkenden Pilze ein Intrakutantest folgen (Abb.4). Er ist um 2 bis 3 Potenzen sensitiver als der Pricktest. Durch die Inokulation eines definierten Allergendepots in die Haut ist die Möglichkeit, dass die allergen wirkenden Proteine in ausreichender Konzentration eine Lokalreaktion verursachen, deutlich größer. Positive Reaktionen sollten nicht nur 15 – 20 Minuten nach Anlegen des Testes sondern auch nach 6, 12 und 24 Stunden kontrolliert werden. Nicht selten

ist eine Spätreaktion zu beobachten, die eventuell auf eine Typ-III-Reaktion hinweisen kann.

Unklare Untersuchungsbefunde oder Diskrepanzen zwischen Anamnese und Testergebnissen können mittels Radio-Allergo-Sorbenstest (RAST) weiter abgeklärt werden. Auch hier sind wie beim Pricktest niedrige RAST-Klassen ernst zu nehmen. Aus Kostengründen sollten jedoch nur gezielt jene Allergene untersucht werden, welche auch für die allergischen Symptome in Frage kommen. Durch Gewinnung von pilzbe-fallenem Material und Anzüch-tung auf geeigneten Nährböden

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Abb. 5: Heuprovokation zur Abklärung eines berufsbedingten Asthmas bzw. einer EAA in der Provokationskammer der Pulmologischen Tagesklinik des LKH Graz West. Neben Thermometer und Hygrometer liegen Saboreauplatten zur Schimmelpilzkultivierung. Am Zeigefinger der linken Hand ist die Klemme des Pulsoxymeters sichtbar.

(z.B. Saboreau-Platten) können die in Betracht kommenden Schimmelpilze eruiert werden. Ein Nachweis von IgE-Antikörpern im RAST oder ein positiver Intrakutantest auf den/die Schimmelpilze in der Kultur erhärten den diagnostischen Verdacht. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass durch den Prick- oder Intrakutantest, aber auch durch ein positives RAST-Ergebnis lediglich eine Sensibilisierung des Immunsystems auf das getestete Allergen festgestellt werden kann. 1 – 3 % der Bevölkerung und bis zu 20 % der Atopiker weisen einen positiven Hauttest auf Alternaria, Aspergillus oder Cladosporium auf. Ohne entsprechende Symptome am Erfolgsorgan ist dies jedoch nicht als Allergie zu werten.

Wenn die Asthmabeschwerden nicht mit der Anamnese und den bisherigen Allergietesten in Einklang gebracht werden können, sind weitere Untersuchungen zum Allergennachweis nötig. Dies ist besonders bei Fragestellungen zur Abklärung von berufsbedingtem Asthma der Fall. Aufwändige Testverfahren wie Basophilen-Histamin-Release-Test (BHRT) oder Cellular Allergen Stimulation Test (CAST) sind meist nur wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten und in Routinelabors derzeit noch nicht etabliert. Die am Arbeitsplatz vorhandenen Allergene werden nur zu einem kleinen Teil als standardisierte Testsubstanzen im Handel angeboten. In diesem Fall können die Substanzen in ansteigender Konzentration am Erfolgsorgan provoziert werden. Je nach Beschwerdesymptomatik kann dies konjunktival, nasal oder bronchial erfolgen.

Meist ist man jedoch darauf angewiesen, die Verdachtsallergene (Heu, Stroh, Holzstaub, Mehl etc.) nativ zu provozieren. Dies betrifft meist den Nachweis eines berufsbedingten Asthma bronchiale zur Feststellung einer eventuellen Berufsunfähigkeit. Vor der Austestung mit Nativsubstanzen sollte unbedingt die unspezifische bronchiale Hyperreaktivität festgestellt werden. Bei hochgradiger Überempfindlichkeit ist ein besonders vorsichtiges Vorgehen angezeigt. Da es dabei auch zu nicht vorhersehbaren, überschießenden Reaktionen kommen kann, sollten derartige Untersuchungen nur von erfahrenen Allergologen in pneumologischen Zentren durchgeführt werden.

Der Patient bringt ausreichend viel vom Verdachtsallergen von seinem Arbeitsplatz zur Untersuchung mit. Unter möglichst realistischen Bedingungen soll die Stauberzeugung am Arbeitsplatz imitiert werden. Dabei hat sich eine hermetisch abgeschlossene Kammer sehr bewährt (Abb. 5), um die hochempfindlichen Messgeräte (Bodyplethysmograf, Rhinomanometer etc.) zu schonen.

Vor Zerstäubung des Allergens erfolgt eine Placebobelastung mit Lactose oder physiologischer Kochsalzlösung zum Ausschluss einer unspezifischen Reaktion.

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Symposium Pilze im Innenraum G. Wurzinger Raiffeisenhof, 2006 Schimmelpilzbedingte allergische Erkrankungen der Atemwege und deren Diagnostik

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Während der Provokation wird die Sauerstoffsättigung des Patienten permanent mittels Pulsoxymeter festgehalten, Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufgezeichnet und der Atemfluss in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Sobald die ersten Anzeichen einer broncho-pulmonalen Einschränkung beobachtet werden, erfolgt eine Kontrolle mittels Bodyplethysmografie und Rhinomanometrie. Kommt es zu keiner positiven Reaktion, wird die Provokation nach 1 Stunde abgebrochen.

In allen Fällen werden die Asthmatiker über mehrere Stunden mittels Impulsoszillometrie, Bodyplethysmografie und Rhinomanometrie überwacht. Nachts erfolgen weitere Peakflowmetriekontrollen, um auch Spätreaktionen bis zu 24 Stunden nach der Provokation erfassen zu können. Aus diesem Grund erfolgt eine Bronchospasmolyse nur bei stärkeren, für den Patienten belastenden, Obstruktionen.

Das diagnostische Procedere zur Abklärung einer Farmerlungenerkrankung ist jenem des Asthmas sehr ähnlich, liegen nicht selten auch beide Erkrankungen gleichzeitig vor. In diesem Fall werden auch die IgG-Antikörper auf die für die jeweilige EAA-Form typischen Schimmelpilze und jene des Provokationsmediums bestimmt. Da diese Erkrankung auch irreversible Spätschäden in Form einer Kombination von Lungenfibrose und Lungenemphysem verursachen kann, umfasst die Diagnostik ein breiteres Spektrum von Untersuchungen. Mittels HR-CT können typische Veränderungen des Lungenparenchyms festgestellt werden, arterielle Belastungsblutgase geben Auskunft über Diffusionsstörungen.

Zur differentialdiagnostischen Abklärung gegenüber dem Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS), einer durch Toxine von Schimmelpilzen verursachten Alveolitis, ist der für die EAA typische Nachweis einer lymphozytären Alveolitis mehrere Tage nach Allergenexposition bzw. –provokation notwendig. Dies ist umso wichtiger, da beide Erkrankungen sehr ähnliche Symptome verursachen. Die Farmerlungenerkrankung wird jedoch als Berufserkrankung (mit all ihren rechtlichen Konsequenzen) gewertet, nicht jedoch das ODTS.

Aufgrund der Komplexität der Exogen Allergischen Alveolitis und ihrer differential-diagnostischen Abgrenzung zum ODTS, der Silofüllerkrankheit und der Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose sei auf G. Wurzinger: „Die Farmerlunge“ – State of the art; in PNEUMOLOGISCH-Fachmedium für Atemwegserkrankungen Teil 1 6/2005 und Teil 2 1/2006 verwiesen.

Abschließend möge in der Abklärung von schimmelpilzbedingten allergischen Atemwegs-erkrankungen nicht das Ziel verfolgt werden, positive Reaktionen zu erzeugen, sondern die Reaktionen richtig zu deuten!

Literatur beim Verfasser Kontakt zum Autor: Prim. Dr. Gert WURZINGER Abteilung für Lungenkrankheiten LKH Hörgas/Enzenbach und Pulmologische Tagesklinik des LKH Graz West 8112 Gratwein, Hörgas 68 Tel: +43 (3124) 501 - 0 Email: [email protected]

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Symposium Pilze im Innenraum C. Lass-Flörl Raiffeisenhof, 2006 Pilze im Innenraum – Systemische Pilzerkrankungen

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Pilze im Innenraum - Systemische Pilzerkrankungen Pathogenese, Epidemiologie, Diagnostik und Therapie C. Lass-Flörl Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck

Der Fortschritt der Medizin und die Verlängerung der Lebenserwartung führen dazu, dass immer mehr Menschen mit akuten oder chronischen humoralen und zellulären Immunstörungen ärztlich behandelt werden müssen. Insbesondere Patienten mit schwerer Immunschwäche können eine Vielzahl von akuten und chronischen Infektionen erwerben. In den letzten 20 Jahren ist eine Zunahme von opportunistischen Pilzinfektionen registriert worden. Die häufigsten Erreger in Europa sind Aspergillus spp. und Candida spp. Im Vergleich zu bakteriellen Infektionen kommen invasive Pilzinfektionen weniger häufig vor, allerdings ist die infektionsassoziierte Morbidität und Letalität deutlich höher als bei bakteriellen Infektionen. Pathogenese Während Pilze der Gattung Aspergillus bei Gesunden und Patienten ohne Immundefekt meist nur hyperergische Reaktionen der Lunge auslösen und in seltenen Fällen durch lokale saprophytäre Kolonisation ein Aspergillom verursachen, so sind sie bei Immunsupprimierten - vor allem granulozytopenischen Patienten - häufige invasive Pneumonieerreger. Das ubiquitäre Vorkommen der Schimmelpilze ist dabei von großer Bedeutung. Im Gegensatz zur systemischen Candidiasis entsteht eine Schimmelpilzinfektion in aller Regel aerogen. Dementsprechend rufen Aspergillus spp. überwiegend Infektionen der Luftwege, vor allem Pneumonien hervor. Je höher die Belastung der Luft durch Pilzsporen ist, desto eher kann es zu einer Infektion in der abwehrgeschwächten Lunge eines Immunsupprimierten kommen. Ein gehäuftes Auftreten von Aspergilluspneumonien wird beschrieben, wenn im Umfeld von granulozytopenischen Patienten Bauarbeiten stattfinden. Die wichtigsten Vertreter sind A. fumigatus, A. flavus und A. terreus. Epidemiologie Am häufigsten werden invasive Aspergillosen bei Patienten mit Chemotherapie-assoziierter Granulozytopenie im Rahmen der Behandlung einer akuten myeloischen Leukämie (AML) oder nach Knochenmarktransplantationen (KMT) (bis 20%) beobachtet. Seltener werden invasive Aspergillosen bei Patienten nach Lebertransplantation (5-15%), Herz-Lungentransplantation (10%) oder Nierentransplantation (< 5%) beschrieben. Die häufigste Präsentation einer invasiven Aspergillose ist die Pneumonie ohne Erregernachweis. Die Prävalenz von invasiven Pilzinfektionen stieg anhand von Autopsiebefunden zwischen 1978 und 1991 in Frankfurt/Main von 2,2% auf 5,1% bei nicht ausgewählt durchgeführten Autopsien an 8124 im Krankenhaus verstorbenen Patienten. Dieser Anstieg war vor allem durch die Zunahme von Aspergillosen von

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0,4% auf 3,1% bedingt. Überwiegend handelte es sich um Patienten mit hämatologischen oder onkologischen Erkrankungen (> 40%), die an einer Erkrankung im Endstadium litten. Die Inhalation der vermehrungsfähigen Sporen kann im Patientenzimmer, auf der Station, sowie beim Betreten von Krankenhausbereichen mit Baumaßnahmen stattfinden. Eine flüchtige Exposition gegenüber Aspergillussporen und die Aufnahme von Sporen vor Beginn einer Neutropenie können zu Infektionen führen. Die Inkubationszeit der Aspergillose ist bislang nicht geklärt, in der Literatur findet man Angaben von mehreren Tagen bis hin zu Monaten. Bei fast jedem zweiten Patienten, der ins Krankenhaus eingeliefert wird, konnte eine Besiedelung der tiefen Atemwege mit Aspergillen festgestellt werden. Dieses Faktum erklärt die Erfordernis des frühzeitigen Schutzes der Risikopatienten vor exogenen Streuquellen noch vor Eintritt in eine Neutropenie. Die Dauer einer Eliminierung endogener Aspergillen durch ein „defektes“ Immunsystem ist noch ungeklärt. Die Tragweite potentieller Streuquellen auch im häuslichen Bereich wird durch das Vorhandensein von ambulant erworbenen Aspergillital-Pneumonien gezeigt. Als wesentliche Infektionsquellen gelten auch hier Baustellen, Schimmelpilzbefall von Wänden, Topfpflanzen, Bioabfälle und auch Haustiere. Risikofaktoren Patienten mit hämato-onkologischen Neoplasien stellen derzeit die wichtigste Risikogruppe dar, an einer invasiven Mykose zu erkranken. Die wichtigsten patientenbezogenen Faktoren sind auf zelluärer Ebene:

• der „Immundefekt“ durch die erkrankungs-, oder therapiebedingte Granulozytopenie und

• die Abnahme der zellulären Immunantwort der T-Lymphozyten im Rahmen der Grunderkrankung oder Therapie.

Bei Patienten mit malignen Grunderkrankungen sind Grad und Dauer der Neutropenie der wichtigste Risikofaktor für das Auftreten einer systemischen Mykose. Das mögliche Erkrankungsrisiko wird von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie wie folgt unterteilt:

Risikofaktoren für systemische Pilzinfektionen in der Neutropenie Standardrisiko Neutropenie < 500 µl < 10 Tage

Hochrisiko Neutropenie < 500 µl > 10 Tage Allogene KMT/ PBSCT Frühere systemische Pilzinfektion Langdauernde Glukokortikoidmediaktion

Zusätzliche Faktoren Staubexposition (Schimmelpilze) Zentralvenöse Katheter (Candida spp.) Schwere Mukosaschäden Ausgedehnte Koloniation Diabetes mellitus Parenterale Ernährung Breitspektrumantibiotika Fludarabin, 2-CDA Deferoxamin Therapie

PBSCT = periphere Blutstammzellen-Transplantation

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Diagnostik Die Diagnostik basiert auf der zusammenfassenden Bewertung anamnestischer Hinweise, klinischer Symptome und mykologischer Befunde. Eine systemische Pilzinfektion ist klinisch ausgesprochen schwierig zu diagnostizieren. In den allermeisten Fällen bleibt es bei einer Verdachts-diagnose. Die Untersuchung umfasst die mikroskopische Beurteilung (Abb. 1a), die kulturelle Anzucht (Abb. 1b) und fallweise eine Serologie. Der Nachweis von Pilzen aus primär sterilem Gewebe gilt als beweisend für eine invasive Pilzinfektion. Über die serologische Pilzdiagnostik gibt es sehr viele Veröffentlichungen, ein Konsens zur allgemeinen Durch-führung serologischer Tests fehlt bislang aufgrund geringer Spezifität und Sensitivität (< 50%) der Tests. Für den Pilznachweis mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) gelten ähnliche Aussagen wie für die serologischen Tests, derzeit ist die PCR kein standardisiertes Verfahren. Antimykotika Neben Amphotericin B stellen die Zulassung von Caspofungin und die Verfügbarkeit aspergilluswirksamer Triazole wie Voriconazol und Itraconazol zur Primär- und Zweitlinientherapie invasiver Aspergillosen eine wesentliche Bereicherung dar. Diese neuen Antimykotika haben sich in der Wirksamkeit in randomisierten Studien gegen Amphotericin B als besser oder als gleichwertig erwiesen. Eine Erweiterung derzeitiger therapeutischer Möglichkeiten kann von den neuen Substanzen (Posaconazole, Liposomales Nystatin, Micafungin und Anidulafungin) erwartet werden.

Abb. 1 a.: Invasive Aspergillose: Gewebeschnitt und Silbermethenaminfärbung: septierte Pilzfäden.

Abb. 1 b.: Reinkultur von A. terreus. Inkubation bei 37°C für 5 Tage.

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Prophylaxe Prophylaktisch sollte, bei exponierten Patientengruppen neben intensiver Hygiene und exogener Expositionsminimierung frühzeitig eine antimykotische Therapie eingeleitet werden. Aspergillus-Sporen sind in der normalen Raumluft nachweisbar; daher sollte vordringlich die Sporenkonzentration in der Luft der Patientenumgebung gesenkt bzw. sporenfrei gehalten werden. Dies gilt vor allem für die Knochenmarkstransplantation. Hier werden Anlagen mit Spezialfiltern („high-efficiency air filtration“) und Zimmerbelüftung mit Überdruck bis hin zu abgeschlossenen Zimmereinheiten mit eingebauten „Laminar-air-flow“-Luftumwälzanlagen empfohlen. Die medikamentöse Prophylaxe bei Hochrisikogruppen ist nach wie vor nicht gelöst, eine Option scheint die orale Prophylaxe mit Itraconazol zu sein; die Gesamtrate an invasiven Pilzinfektionen konnte gesenkt werden. Literatur [1] Denning DW (1998) Invasive Aspergillosis. Clin Infect Dis 26: 781-805 [2] McNeil MM, Nash SL, Hajjeh RA et al. (2001) Trends in mortality due to invasive mycotic diseases in the United

States, 1980-1997. Clin Infect Dis 33:641-7 [3] Kern WV, Beyer J, Böhme A et al. (2000) Infektionsprophylaxe bei neutropenischen Patienten-Leitlinien der

Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Haematologie und Onkologie. Dtsch Med Wochenschr 125:1582-1595 [4] Lass-Flörl C, Salzer GM, Schmidt TH et al. (1999) Pulmonary Aspergillus colonization in humans and its

management of critically ill patients. Brit J Haemat 104:745-747 [5] Unterdorfer S, Blum G, Dierich M, Lass-Flörl C. (2005) Epidemiologie und Expositionsprophylaxe von

Aspergillosen. Hygiene und Medizin 30:404-408

Kontakt zur Autorin: Univ. Prof. Dr.med. Cornelia LASS-FLÖRL Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin der medizinischen Universität Innsbruck 6020 Innsbruck, Fritz Pregl Straße 3 Tel: +43 (512) 507 - 3425 E-mail: [email protected]

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Gesundheitliche Beschwerden und mikrobielle Schäden in Innenräumen unter besonderer Berücksichtigung der möglichen Wirkung von Toxinen und MVOC W. Lorenz Institut für Innenraumdiagnostik, Düsseldorf

Schimmelpilze in Gebäuden und deren Auswirkungen ist ein aktuelles, es ist zu befürchten ein weiter zunehmendes, aber kein neues Thema. Dies ist auch gar nicht möglich, da die erforderlichen Bedingungen für das Wachstum von Mikroorganismen in und auf Baumaterialien oder in und auf Materialien zur Innenraumausstattung schon seitdem die Menschheit in umschlossenen Behausungen lebt, in bestimmten Fällen gegeben waren. Mikroorganismen waren die ersten Lebewesen auf unserem Erdball und sind damit um Äonen älter als die Menschheit. Nährstoffe sind und waren in allen organischen Materialien vorhanden, aber auch auf anorganischen Baumaterialien können dünne Staubablagerungen zu einem mikrobiellen Befall führen und Feuchtigkeit ist keine Begleiterscheinung der Zivilisation. Bereits im Alten Testament, Drittes Buch Moses, Kapitel 14, Vers 33-57 (Gesetz über Aussatz an Häusern) steht eine Handlungsanleitung zur Sanierung von „Schimmelhäusern“. Da diese Stelle inzwischen mehrfach in Fachbüchern und Fachvorträgen zitiert wurde, wird an dieser Stelle darauf verzichtet. Will man die gesundheitlichen Aspekte im Zusammenhang mit „Schimmelpilzschäden“ beurteilen, muss man wissen, dass es sich bei „Schimmel(pilz)schäden“ in der deutlichen Mehrzahl der Fälle um Schäden handelt, bei denen neben Schimmelpilzen und Hefepilzen auch Bakterien wachsen. Die statistische Auswertung von mehr als 600 Proben zeigte, dass in ca. 80-85 % der analysierten mikrobiell befallenen feuchten Materialien Bakterien wachsen. Diese sind häufig in größeren Mengen vorhanden als die Pilze [2]. In zahlreichen wissenschaftlichen, meist epidemiologischen Studien, wurde nachgewiesen, dass mikrobielle Schäden in Gebäuden zu gesundheitlichen Symptomen führen. Insbesondere auf den internationalen Tagungen Indoor Air und Healthy Buildings wurde in den letzten 10 Jahren hierüber mehrfach berichtet. Häufig genannte gesundheitliche Symptome im Zusammenhang mit einem visuell erkennbaren, versteckten oder auch nur labortechnisch nachweisbaren (sog. nicht sichtbaren) mikrobiellen Befall, sind:

• Symptome der Atemwege, wie Husten, verstopfte oder laufende Nase, Niesen, Atemnot, chronische Bronchitis, chronische Sinusitis

• Allergische Rhinitis, gehäuft Asthmasymptome

• Augen- und Hautreizungen

• Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Erschöpfung

• Rheumatische Beschwerden

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Es sprengt den Rahmen dieses Beitrages, würde ich auf die bisher veröffentlichten Studien im Einzelnen eingehen. Sehr interessante Ergebnisse erbrachte eine eigene aktuelle und bisher noch nicht veröffentlichte Studie, die an dieser Stelle auszugsweise erstmals öffentlich dargestellt wird. Es wurden alle Fälle aus dem Jahr 2004 ausgewertet, in denen wir relevante mikrobielle Schäden im Wohnbereich feststellten und bei denen neben den am meisten genannten Atemwegsproblemen, Bewohner unter rheumatischen Beschwerden litten (n = 114). Mittels telefonischer Befragung in der 2. Jahreshälfte 2005 erhoben wir Daten, ob die Räume noch bewohnt werden, ob saniert wurde, teilweise saniert wurde, nicht saniert wurde, und wie sich anschließend die Beschwerden entwickelt haben.

Gesundheitliche Beschwerden bei den Exponierten

Maßnahme (in Klammer die Anzahl der Betroffenen)

keine Veränderung

spürbare bis deutliche Besserung

vollständiges Abklingen

Auszug (89) 9 (10%) 57 (64%) 23 (26%)

komplett saniert (48) 7 (15%) 36 (75%) 5 (10%)

teilweise saniert (32) 6 (19%) 22 (69%) 4 (12%)

ohne Materialentfernung* (30) 15 (50%) 10 (33%) 5 (17%)

nicht saniert (50) 38 (76%) 11 (22%) 1 (2%)

* nur Ursache beseitigt und feuchtes Material getrocknet.

Tabelle 1: Auswertung von Fällen (n = 114), in denen mindestes eine Person unter rheumatischen Beschwerden litt. Die Zahlen

beziehen sich auf die Anzahl der Bewohner mit Beschwerden (insgesamt 249) und nicht auf die Anzahl der Fälle.

Man kann anhand der Statistik erkennen, dass dann, wenn der Auszug oder nach Angaben der Befragten eine komplette Sanierung erfolgte, ca. 90 % der Patienten zumindest über eine deutliche Besserung der Beschwerden berichteten, während bei den Personen, die keine Sanierung durchführten, lediglich bei 24 % eine Besserung der Beschwerden eintrat. Erkennbar ist, dass bei den Personen, die das mikrobiell besiedelte Material nicht entfernten, deutlich weniger Personen über eine Besserung berichteten (33 % zu 75 %), wobei allerdings der Anteil der Personen mit einem vollständigen Abklingen der Symptome dann, wenn das Material nicht entfernt wurde, höher ist. Betrachtet man im Vergleich die einzelnen Beschwerdebilder, dann ist zu erkennen, dass eine Trocknung des Schadens und eine Kaschierung des mikrobiellen Befalls bereits zu einer Besserung oder einem Abklingen der Atemwegsprobleme führte, während die rheumatischen Beschwerden nicht in dem Maße abklingen, wie nach einem Auszug oder einer kompletten Sanierung, siehe Tabelle 2. Bei einer Sanierung ohne Entfernung des mikrobiell besiedelten Materials ist zwar „nur bei 50 %“ der Betroffenen keine Besserung eingetreten, während ohne Maßnahmen bei 83 % keine Veränderung auftrat, allerdings erzielt man durch eine schlechte Sanierung im Hinblick auf die rheumatischen Beschwerden das gleiche Ergebnis, als wenn gar nichts gemacht wurde (in beiden Fallen jeweils bei ca. 80 % keine Veränderung). Überlagert wird das Ergebnis dadurch, dass in den Fällen mit kompletter Sanierung das Durchschnittsalter der Patienten erheblich höher lag als bei den Personen mit Auszug oder mit einer teilweisen Sanierung. Dies hat zwei Gründe. Ältere Personen sind weniger bereit zu einem Wohnungswechsel als jüngere und außerdem sind diese häufiger Eigentümer und nicht Mieter. Mieter werden häufiger nur Teillösungen durchführen können, wenn der Vermieter die Notwendigkeit einer Sanierung nicht einsieht, als Eigentümer. „Altersbedingte rheumatische

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Beschwerden durch Verschleiß, werden in diesen Fällen vermutlich häufiger die tatsächliche Ursache der rheumatischen Beschwerden sein als bei den jüngeren Personen.

Besserung der rheumatischen Beschwerden

Besserung der Atemwegsbeschwerden und

Hautreizungen keine teilweise vollständig keine teilweise vollständig

Auszug 27 % 48 % 25 % 12,5 % 55 % 32,5 %

komplett saniert 53 % 40 % 7 % 13 % 63 % 24 %

teilweise saniert 46 % 23 % 31 % 26 % 48 % 26 %

saniert, aber kein Material entfernt 80 % 7 % 13 % 50 % 22 % 17 %

nicht saniert 81 % 16 % 3 % 83 % 15 % 2 %

Tabelle 2: Auswertung von 114 Fällen, in denen mindestes eine Person unter rheumatischen Beschwerden litt. Die Prozentzahlen beziehen sich auf die Anzahl der Bewohner mit Beschwerden (insgesamt 249) und nicht auf die Anzahl der Fälle.

Die praktische Erfahrung zeigte es wiederholt und auch diese Studie macht es deutlich, dass die Beseitigung der Feuchtigkeit in manchen Fällen nicht ausreicht, um die gesundheitliche Gefährdung zu beseitigen. Denn auch von den nach Beseitigung der Ursache und Trocknung der Bauteile übrig gebliebenen, evtl. sogar abgestorbenen Mikroorganismen, kann eine gesundheitliche Gefährdung ausgehen. So entwickelten sich z.B. in einer Büroetage erst nachdem ein Feuchtigkeitsschaden getrocknet war, bei fast allen Mitarbeitern massive gesundheitliche Beschwerden, die kontinuierlich zunahmen. Es wurden in Wänden und Fußböden Pilze und Bakterien nachgewiesen, aber vor allem auch eine Substanz, die mit Aflatoxin strukturverwandt ist und eine deutliche Giftwirkung bei Zelltests im Labor zeigte [10]. Auch wenn man seit mindestens 3000 Jahren weiß (siehe Hinweis in der Bibel unter Moses), dass Mikroorganismen in Gebäuden ein gesundheitliches Problem darstellen und Symptome verursachen können, ist es bis heute nicht gelungen, in zufrieden stellender Weise die Entstehung der Symptome zu erklären. Aus meiner Sicht kommt man allerdings in den letzten Jahren den tatsächlichen Noxen auf die Spur und der dichte Nebel, der den klaren Blick auf die kausalen Zusammenhänge behindert, fängt an, sich allmählich zu lichten. Ein Hemmnis beim angestrebten Erkenntnisgewinn ist, wie wir im Folgenden diskutieren werden, die durch nichts zu begründende Annahme, dass die luftgetragenen Keime ursächlich sind für die Beschwerden der Exponierten. Für manche beteiligten Fachleute ist diese wenig plausible Vermutung eine bekannte Tatsache. Dies führte und führt zu mannigfaltigen Fehleinschätzungen bei der Beurteilung mikrobieller Schäden. Um die möglichen Zusammenhänge gedanklich zu sortieren, betrachten wir als erstes die möglichen Noxen, analysieren das theoretisch mögliche Gefährdungspotential und vergleichen schließlich das Ergebnis dieser Analyse mit den bisher vorhandenen Erfahrungen.

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Noxe 1: Keime Gefährdungspotential Mikroorganismen, ob Pilze oder Bakterien, vermehren sich über so genannte Keime. Es kann sich um keimfähige Sporen handeln, um keimfähige Hyphenstücke oder auch um einzelne lebende vermehrungsfähige Zellen. Die Keime bestimmter Mikroorganismen sind in der Lage Infektionen auszulösen. Tötet man die Keime ab, ist die Infektionsgefahr beseitigt. Deshalb wird das gezielte Abtöten von Keimen als Desinfektion bezeichnet.

Mikroorganismen Gravesen 1997 72 Proben

750 Proben aus 1998 280 Proben aus 2002 Putz, Estrich, Mörtel

Penicillium spp. 68 62 80

Aspergillus versicolor in A. spp. enthalten 50 65

Aspergillus spp. 56 35 34

Cladosporium spp. 15 33 46

Acremonium spp. 14 28 31

Hefen - 20 8

Scopulariopsis spp. - 9 8

Ulocladium spp. 21 8 9

Stachybotrys chartarum 19 8 4

Wallemia spp. - 5 3

Phoma - 4 < 1

Trichoderma spp. 7 3 2

Chaetomium spp. 22 3 8

Mucor spp. 14 2 4

Paecilomyces spp. 10 1 < 1

Alternaria spp. 8 2 2

Verticillium spp. 8 2 2

Actinomyceten keine Angabe 33 50

Bacillus spp. keine Angabe 31 26

nicht identifizierte Bakterien keine Angabe nicht gezählt 95

Tabelle 3: Aus Hankammer, Lorenz 2002: Häufigkeit von Mikroorganismen in % (Eigene Auswertung sowie aus: Gravesen, S., Nielsen, P.A., and Nielsen K.F. Microfungi in Water Damaged Buildings, SBI Report No. 282, Danish Building Research Institut, Copenhagen, Denmark, 1997).

Betrachtet man sich die in der Regel in feuchten Baumaterialien wachsenden Mikroorganismen (Tab. 3), dann erkennt der auf diesem Gebiet kundige Fachmann, dass diese nach aktuellem Kenntnisstand nicht als infektiös gelten. In sehr wenigen Fällen treten Pilze auf, die bei Personen mit einer massiven Schwächung des Immunsystems zu lebensbedrohlichen Infektionen führen können. Dies sind die fakultativ

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infektiösen Pilze Aspergillus fumigatus (3 von 750 Proben aus 1998; 0 von 250 Proben aus 2002) und Aspergillus flavus (keine Nachweis in den ausgewerteten Proben). Allerdings wurden in zahlreichen Fällen Bakterien der Ordnung Actinomycetales nachgewiesen (sog. Actinomyceten), u.a. auch Vertreter von Gattungen, die fakultativ infektiöse Spezies umfassen, wie Nocardia, Nocardiopsis, Mycobacterium oder Pseudonocardia. Bisherige Erfahrung Obwohl wir seit mehr als 10 Jahren jedes Jahr ca. 1000 Fälle mit mikrobiellen Schäden in Gebäuden im Auftrag des jeweils behandelnden Arztes untersucht haben, wurde lediglich bei 2 Patienten eine Aspergillose diagnostiziert. Es waren in beiden Fällen in den Wohnräumen zwar mikrobielle Schäden lokalisierbar, aber eine Belastung mit Keimen einer fakultatitv pathogenen Aspergillus-Art war nicht nachweisbar. Der Kontakt müsste demnach andernorts stattgefunden haben. Messungen luftgetragener Keime in den Wohnungen ergeben nur geringe bis sehr geringe Mengen von maximal einigen hundert bis wenigen tausend Kolonie bildenden Einheiten pro m³ (= KBE/m²).

Monat der Untersuchung Jan Feb Feb März März April April Mai Juni

Außenluft KBE/m³ 10 50 0 0 40 10 10 0 0

Innenraumluft KBE/m³ 0 0 10 10 20 0 0 0 20

Materialanalyse KBE/g k.N. k.N. k.N. k.N. k.N. k.N. k.N. < 420 k.N.

Monat der Untersuchung Juli Aug Nov Nov Nov Nov Dez Dez Dez

Außenluft KBE/m³ 0 30 10 10 0 190 10 10 0

Innenraumluft KBE/m³ 10 0 10 10 0 10 10 0 10

Materialanalyse KBE/g k.N. k.N. k.N. < 150 k.N. k.N. < 25 k.N. k.N.

Tabelle 4: Nachweis von Asp. fumigatus in Außenluft, Innenraumluft oder im Schadensbereich (= bei

Materialanalysen) bei 18 von insgesamt 47 untersuchten Objekten. Bei den Materialproben wurde Aspergillus fumigatus in nur 3 von 47 Fällen mit Mengen unterhalb der statistisch abgesicherten Nachweisgrenze identifiziert (Untersuchungen des Dr. Lorenz- Institutes für Innenraumdiagnostik, Analytik durch Umweltmykologie GbR, Berlin).

Wie man anhand dieser statistischen Auswertung sehen kann, treten Keime von Aspergillus fumigatus in Innenraumluft selten auf, und wenn, dann in geringen Mengen, dafür etwas häufiger und in geringfügig höheren Mengen in der Außenluft. Aspergillus flavus tritt noch seltener auf.

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Betrachtete man dagegen die Luftbelastung in einer Kompostieranlage, dann erhält man völlig andere Größenordnungen einer Belastung.

Messort Werte in KBE / m³ Luft n Min. Median Max.

Umsetzen 48 1.400 370.000 18.000.000

Feinaufbereitung 36 920 2.200 520.000

Hintergrund 9 270 2.800 15.000 Tabelle 5: Gehalte an Aspergillus fumigatus im Funktionsbereich des Umsetzens und der Feinaufbereitung von

sechs unterschiedlichen Kompostwerken, gemessen mit Sartorius MD-8-Sammler. Auszug aus W. Philipp, T. Fack, R Haumacher, K.-K. Köhler. Repräsentative Keimgehalte an Arbeitsplätzen in Abfallbehandlungsanlagen Seite 167-184. Aus Stegmann (Hrsg.). Dokumentation des 2-BMBF-Statusseminars „Neue Techniken zur Kompostierung“, Hamburg Nov. 1996.

Actinomyceten sind auch nur selten in Innenraumluft nachweisbar, allerdings etwas häufiger als Aspergillus fumigatus [6]. Patienten mit einer diagnostizierten Actinomyceten-Infektion sind allerdings in unseren Fällen bisher nicht aufgetreten. Von anderer Stelle wurde berichtet, dass es in einer Universitätsklinik wiederholt zu postoperativen Infektionen mit Nocardia farcinica kam. Trotz umfangreicher Untersuchungen wurde keine Außenquelle lokalisiert und Luftuntersuchungen gaben Hinweise, dass die Quelle der Nocardien im OP-Vorraum gewesen sein muss (Schaal K 1991). Resümee Infektionen durch Mikroorganismen, die in feuchten Baumaterialen wachsen, dürften nur selten bis sehr selten vorkommen. Als relevante Quellen kommen in erster Linie nicht die Feuchtigkeitsschäden in Innenräumen in Frage, sondern eher Biotonnen, Komposthaufen, evtl. Außenbelastung durch nahe Kompostierwerke etc.

Bewertung der Ergebnisse der Luftkeimmessungen

Innenraumquelle ist unwahrscheinlich

Innenraumquelle ist möglich

Innenraumquelle ist wahrscheinlich

Einstufung des mikrobiellen Befalls n= % n= % n= %

Kategorie I 2 4 0 0 0 0

Kategorie II 3 6 2 4 1 2

Kategorie III 13 28 5 11 21 45 Tabelle 6: Vergleich der Ergebnisse von Luftkeimmessungen mit den nachgewiesenen mikrobiellen Schäden.

Einstufung der Ergebnisse nach den Empfehlungen im Leitfaden des LGA Baden-Württemberg 2001 und im Leitfaden des Umweltbundesamtes 2002. n= 47 (Aus: Bode C, Mehrer A, Lorenz W. 2005)

Da jedoch Personen mit einem stark geschwächten Immunsystem eine dieser lebensbedrohlichen Infektion bekommen könnten, sollte man in besonders kritischen Bereichen, wie Krankenhäusern, bestimmten Arztpraxen, evtl. Altenheimen, aber auch in Wohnungen mit bekanntermaßen immunsupprimierten Bewohnern (HIV-positive, Personen nach Organtransplantation, Leukämiekranke etc.), vorsorglich die Gefahr nicht von vorne herein ausschließen. Es ist nicht möglich, die bei Bewohnern von Innenräumen mit mikrobiellen Schäden typischerweise auftretenden Symptome, durch die geringen Mengen (einige hundert bis max. wenige tausend) an mikrobiellen Keime zu erklären, die bei Luftkeimmessungen feststellbar sind. Außerdem gibt die Anzahl, der in der Raumluft nachgewiesenen Keime auch nur relativ schlecht

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das Schadensbild wieder. In 28% der Fälle mit massiven, ausgedehnten mikrobiellen Schäden wurden keine Auffälligkeiten bei den Luftkeimmessungen festgestellt, obwohl die Bewohner unter typischen Beschwerden litten (Tab. 6). Noxe 2: Toxine Gefährdungspotential Bestimmte Pilze sind in der Lage Mykotoxine zu produzieren, Bakterien können Exotoxine freisetzen, Gram-negative Bakterien mit dem Zellzerfall auch Endotoxine, und einige Pilze und zahlreiche Actinomyceten sind im Stande antibiotische Stoffe zu produzieren, die zum Teil so giftig sind, dass sie pharmazeutisch nicht verwendet werden können. Betrachtet man die Pilze und Bakterien, die in feuchten Baumaterialien nachweisbar waren, dann ist erkennbar, potentielle Toxinproduzenten sind nicht selten, sondern sogar sehr häufig nachweisbar:

• Aspergillus versicolor ist in etwa der Hälfte der Proben nachweisbar. Dieser Pilz ist in der Lage Sterigmatocystin zu produzieren.

• Stachybotrys chartarum kann Satratoxin produzieren, das bisher stärkste bekannte Zellgift.

• Trichoderma- und Fusarium-Arten können Trichothecene produzieren, u.a. T-2 Toxin ein ebenfalls extrem starkes Zellgift.

• Weitere potentielle Toxinproduzenten sind verschiedene Arten der Gattungen Penicillium und Chaetomium.

Eigene Untersuchungen ergaben, dass aus feuchten Baumaterialien isolierte Actinomyceten zytotoxisch sind, wobei die Wirkstoffe nicht ermittelt wurden (Tab. 7). Erfahrung In einem Fall, der weiter oben bereits erwähnt wurde, erkrankten Mitarbeiter in einer Büroetage erst in den Jahren nach Trocknung eines Feuchtigkeitsschadens. Wir konnten in diesem Fall mit dem ELISA Test eine mit Aflatoxin verwandte (und wie Laborversuche zeigten sehr stark zytotoxische Substanz) im Hausstaub und im luftgetragenen Staub nachweisen, und aus der Trennpappe im Fußboden unter dem Estrich einen Aspergillus-Pilz isolieren, der als Produzent dieser Substanz in Frage kam [10]. Seit Jahren untersuchen wir speziell Fälle, in denen rheumatische Beschwerden auftreten. Sterile Eluate, gewonnen aus mikrobiell besiedelten Baumaterialien, zerstörten bei in vitro Experimenten humane Chondrozytenkulturen. Die Suche nach dem Wirkstoff ergab, dass die Zerstörung des Gewebes durch Endotoxine verursacht wurde [8]. In der Literatur wird von verschiedenen Stellen über das Auftreten von toxischen Substanzen im Hausstaub berichtet, und es werden mikrobielle Quellen für diese Substanzen verantwortlich gemacht. Andersson et al. [1] berichteten über den Nachweis von Valinomycin, einer toxischen antibiotischen Substanz in einer Kindertagesstätte in Finnland, und es wurde die Actinomyceten-Spezies Streptomyces griseus als Quelle ausfindig gemacht.

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E. Johanning beschrieb bereits verschiedentlich Fälle in denen von Stachybotrys chartarum Toxine ausgingen, die auch im Hausstaub nachweisbar waren.

No. Actinomycetenstamm gefunden in: Verdünnung IC 50 1 [cm2/ml]

Bewertung der

Zytotoxizität1a Nocardia carnea Tapete <1 <15.65 -

1b Nocardia carnea Beton <1 >31.25 -

2a Nocardiopsis sp. Tapete 5 0.98 +++

2b Nocardiopsis sp. Putz 2 15.62 +

3a Nocardiopsis exhalans Lehmputz, Raumluft 1 31.25 -

3b Nocardiopsis exhalans Putz 4 3.91 ++

4a Streptomyces griseus Putz 3 7.81 +

4b Streptomyces griseus Kunststoff-Tapete 2 15.62 +

5 Streptomyces violaceoruber

Hausstaub <1 >31.25 -

6 Streptomyces sp. Spanplatte, Tapete 1 31.25 -

7 Pseudonocardia sp. Tapete, Putz, Schaumstoff, Teppichboden

<1 >31.25 -

8 Promicromonospora sp. Tapete <1 <15.65 -

R1 - CASO-Agar 1 15.65 -

R2 - CASO-Agar 1 31.25 -

Tabelle 7: Zytotoxizität verschiedener Actinomyceten-Isolate. 1: IC50 = minimalste Konzentration, bei der die Zellaktivität um 50% gehemmt wird

Resümee Toxinbildende Mikroorganismen treten in Gebäuden auf. Unter welchen Bedingungen und in welchen Mengen Mikroorganismen diese Toxine produzieren, ist bisher nicht bekannt. Es ist zu vermuten, dass die emittierten Mengen an Toxinen für akute Vergiftungen bei weitem nicht ausreichen, und es sind Fälle, in denen es bei einer Kurzzeitexposition zu Vergiftungen kam, nicht bekannt. Ob es bei längerem Aufenthalt zu chronischen Vergiftungen kommt, ist noch nicht geklärt. Es gibt allerdings Hinweise, dass dies in wenigen Fällen der Fall ist. Eine synergistische Wirkung ist vorstellbar, wie im folgenden Teil des Manuskriptes noch besprochen wird. Noxe 3: PAMPs Gefährdungspotential Mikrobielle Stoffe, die das Immunsystem zu einer Reaktion animieren, nennt man in der Fachliteratur PAMPs bzw. Pathogen Associated Molecular Patterns. Wie der Name sagt, handelt es sich nicht um große Einheiten, sondern es reichen molekulare Muster aus. Verschiedene mikrobielle Stoffe sind für unser angeborenes Immunsystem bekannte Antigene. So sind Toll-Like Rezeptoren und Scavenger Rezeptoren, die in Immunzellen verankert sind und in den extrazellulären Raum ragen, Spezialsten für die Erkennung von LPS (= Lipopolysacchariden = Endotoxine) und anderen für Mikroorganismen spezifischen Substanzen. Nach der Identifizierung

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mikrobieller Strukturen durch diese Rezeptoren, kann es in Abhängigkeit von der Dosis, zur Produktion von Cytokinen kommen. Die Immunantwort auf PAMPs läuft im Normalfall ständig, aber unbemerkt, d.h. ohne Symptome ab. Man muss allerdings erwarten, dass es bei einem ständigen wiederholten Kontakt mit feinsten mikrobiellen Partikeln (Zellwandteile, etc.) zu einer sich steigernden Immunantwort kommt. Entzündungsreaktion mit Symptomen, evtl. auch die Ausbildung einer Allergie wären naheliegende Konsequenzen. Erfahrungen Die meist geschilderten Sympotme sind mit immunologischen Reaktionen erklärbar. Da nur bei einem geringem Teil der Patienten eine Allergie im Test nachweisbar war, müsste es sich um Reaktionen des Immunsystems handeln, die keine Typ 1 Allergie darstellen, evtl. eine Allergie vom Typ 3 oder 4 oder auch eine mit Symptomen begleitete Immunantwort, die nicht als Allergie zu werten ist. Resümee Die Frage ob feinste mikrobielle Partikel als PAMPs das Immunsystem derart „reizen“, dass es zu merklichen Reaktionen des Exponierten kommt, ist noch nicht beantwortet. Allerdings ist dies sehr nahe liegend und sollte mit höchster Intensität wissenschaftlich untersucht werden. Noxe 4: MVOC Gefährdungspotential Mikroorganismen produzieren beim Stoffwechsel flüchtige organische Verbindungen. Manche kann man sehr gut geruchlich wahrnehmen und Mikroorganismen zuordnen (muffiger Geruch), andere sind identisch mit typischen Lösemitteln (Ethanol, Aromatische KW, Terpene) und deshalb nicht spezifisch für eine mikrobielle Quelle. Mittels sog. MVOC-Messungen (= Microbial volatile organic compounds = Mikrobiell produzierte flüchtige organische Verbindungen) versucht man seit einiger Zeit spezifische Stoffe zu messen. Dies gelingt auch, allerdings nur eingeschränkt, denn nicht alle Stoffe sind messbar und von den gemessenen Stoffen sind nicht alle zweifelsfrei mikrobiellen Quellen zuzuordnen. Dennoch erzielt man in der Praxis mit dieser Messmethode sehr gute Erfolge [5]. Seit einigen Jahren wird die Frage diskutiert, ob die MVOC aus gesundheitlicher Sicht relevant sind. Betrachtet man die MVOC-Verbindungen, die man bei den Luftmessungen nachweisen kann (1-Octen-3-ol, 3-Methylfuran, Dimethyldisulfid, 3-Methyl-1-butanol, Pentanol, Octanon und andere), dann erkennt man, dass diese ein nur geringes toxisches Potential aufweisen. Dies wurde in wissenschaftlichen Studien untersucht und entsprechend bestätigt.

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Erfahrungen Die Praxis zeigt, dass nach Entfernen der mikrobiellen Quelle/n einerseits die gesundheitlichen Symptome rasch abklingen, während die MVOC nur langsam zurückgehen. Letzteres ist darauf zurückzuführen, dass diese Verbindungen von den Baumaterialen und Einrichtungsgegenständen adsorbiert werden und von diesen über lange Zeit an die Umgebung abgegeben werden. (Die messtechnisch erfassbaren) MVOC alleine führen offenbar nicht zu Symptomen Trotz dieser Ergebnisse und Beobachtungen sind Auswirkungen von flüchtigen mikrobiellen Verbindungen auf die Befindlichkeit oder die Gesundheit von Exponierten nicht auszuschließen. Zum einen ist es vorstellbar, dass bei Vorliegen einer geruchlich wahrnehmbaren MVOC-Belastung im Innenraum dieser unangenehme muffige Geruch zu Unwohlsein und evtl. auch zu Folgesymptomen führt. Mikrobieller Geruch ist genauso wie z.B. Brandgeruch für uns Menschen sehr gut wahrnehmbar, wahrscheinlich weil beide Geruchsarten bereits vor Urzeiten lebenswichtige Warnsignale waren. Die Evolution hat uns gelehrt, diese Gerüche wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Wessen Nase nicht gut genug war, um entscheiden zu können, aus welcher Richtung der Brandgeruch kam, und dies möglichst früh, ist entweder nicht oder zu spät weggelaufen oder in die falsche Richtung – eine natürliche Auslese ist die Folge. Bei Schimmel- oder Bakteriengeruch hat die Wahrnehmung sicher in einigen Fällen vor dem Verzehr verdorbener Lebensmittel geschützt. Evtl. hat „Schimmelgeruch“ auch dazu geführt, dass unsere Urahnen aus der mit Pilzen und Bakterien bewachsenen feuchten Höhle ausgezogen sind, wohingegen die „Konkurrenten“, die in muffigen Höhlen wohnten, aufgrund eines geschwächten Immunsystems nur geringe Überlebenschancen hatten. Infektionen, die für uns heutzutage harmlos sind, waren damals mangels Antibiotika und anderer medizinischer Therapeutika mit Sicherheit nicht selten tödlich. Es sind aber noch weitere Auswirkungen auf die Gesundheit vorstellbar. Bewohner von Gebäuden mit einem mikrobiellen Schaden berichten oft über Atemwegs-erkrankungen, Hautreaktionen, Kopfschmerzen, rheumatischen Beschwerden, aber auch über eine Häufung von Infekten. Das gehäufte Auftreten von Infektionen ist erklärbar durch eine Schwächung des Immunsystems. Es ist bekannt, dass Granzulozyten und Makrophagen in den Körper eingedrungene mikrobielle Keime nicht nur durch zufälligen Kontakt aufspüren, was nicht besonderes effektiv wäre, sondern diese im Rahmen einer Chemotaxis orten und sich gezielt zu diesen Partikeln hinbewegen. Diese Form der Chemotaxis wird bei Leukozyten auch Leukotaxis genannt. Die Leukotaxis beruht darauf, dass von der mikrobiellen Zelle in den extrazellulären Raum abgegebene Substanzen, auch als Leukotaxine bezeichnet, von den Immunozyten als „Signalstoffe“ genutzt werden. Bereits sehr geringe Konzentrationen dieser „Singalstoffe“ müssen ausreichen, um den Granulozyten und auch den Makrophagen die Richtung zum Eindringling zu weisen, denn die Konzentration dieser Stoffe muss mit dem Abstand vom Emittenten im Mittel in der 3. Potenz abnehmen. Aktuelle Laborergebnisse zeigten, dass auch eine Mischung verschiedener MVOC die Leukotaxis auslösen. Es ist zu klären, ob in vivo eine Anreicherung dieser Signalstoffe durch Inhalation und Aufnahme ins Blut die Effektivität der Immunozyten bei der Lokalisierung von mikrobiellen Eindringlingen beeinträchtigen kann und wie stark diese Beeinträchtigung ist. Evtl. könnte eine Überlagerung der von in den Körper eingedrungenen Mikroorganismen ausgehenden Signalstoffe durch eine erhöhte „Hintergrundbelastung mit MVOC“ zur Orientierungslosigkeit von Immunozyten führen.

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Abb. 8:

Eine derartige Orientierungslosigkeit bzw. verringerte Effektivität müsste zwar in der Folge nicht zwingend zu auffälligen Symptomen führen, könnte allerdings eine erhöhte Infektanfälligkeit verursachen, wie sie in „Schimmelwohnungen“ durchaus häufig beobachtet wird. Sollten MVOC als „Lockstoffe“ an einer Chemotaxis bei Immunozyten beteiligt sein, dann ist noch ein weiterer Effekt vorstellbar: Sobald kleine mit MVOC kontaminierte Partikel eingeatmet werden und eine gewisse Zeit in den Alveolen verbleiben, könnte es zu einer verstärkten Bewegung insbesondere von Granulozyten in Richtung dieser Partikel kommen. Bei chronischer Belastung mit MVOC-kontaminierten Partikeln könnte dies zu einer lokalen Ansammlung erhöhter Mengen an Granulozyten in den unteren Atemwegen führen. Die Folge könnten lokale Entzündungen und/oder verstärkte Schleimbildung sein, bzw. Symptome wie Hustenanfälle, Bronchitis oder Asthmaanfälle. Dies wird derzeit untersucht. Um zu überprüfen, ob MVOC die Leukotaxis beeinflussen können, wurden bisher folgende Versuche 1 durchgeführt: In einer mit mikrobiell besiedeltem und stark muffig riechendem Baumaterial befüllten Einweg-Prüfkammer in trockener Atmosphäre wurde ein steriles Stück Watte 1 Woche ohne direkten Kontakt zum belasteten Baumaterial aufgehängt und auf diese Weise mit mikrobiellen Emissionen beladen, ohne dass die Watte direkt mikrobiell besiedelt wurde. Ein „unbeladenes“ zweites Stück Watte aus derselben Charge wurde als Referenzprobe verwendet. Außerdem wurde ein Wattestück mit einer Mischung verschiedener synthetischer MVOC-Substanzen kontaminiert Aus diesen Proben wurde jeweils ein Extrakt hergestellt und mit diesen Extrakten wurde ein Chemotaxisassay mit humanen Granulozyten durchgeführt. Es zeigte sich beim Extrakt aus der MVOC-beladenen Probe und beim Extract aus synthetischen MVOC jeweils ein deutlicher Effekt, beim Extrakt der Referenzprobe dagegen kein Effekt. 1 Die Versuche wurden auf unsere Anregung hin im Wilhelm Leibnitz Institut, Abteilung für Molekulare Infektiologie in Borstel,

Schleswig-Holstein, unter Leitung von Herrn. Dr. Reiling, konzipiert und durchgeführt.

Links: Granulozyt (unten) „ortet“ mittels Chemotaxis eine Bakterienzelle (oben)

Rechts: Überlagerung der bakteriellen Signalstoffe durch eine erhöhte Hintergrundbelastung mit mikrobiellen Signalstoffen

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Die Versuche werden fortgeführt. Als nächstes soll untersucht werden, welche der einzelnen Substanzen, aus denen der MVOC-Mix hergestellt wurde, den Effekt auslösen. Resümee MVOC werden in den Konzentrationen, wie sie im Innenraum vorkommen, keine toxische Wirkung auf die Exponierten haben. Sollten die bisher positiv verlaufenden Laborversuche mit Immunozyten zeigen, dass eine Chemotaxis durch freigesetzte MVOC und/oder durch nicht lebende (evtl. mit MVOC kontaminierte) mikrobielle Partikel ausgelöst wird, dann ist eine Beeinträchtigung des Immunsystems durch diese Stoffe vorstellbar. Zusammenfassung Eine abschließende Erklärung, wie es durch mikrobielle Schäden zu den geschilderten Beschwerden kommt, ist derzeit und vermutlich auch mittelfristig, nicht lieferbar. Es ist zu vermuten, dass es sich um einen komplexen Vorgang handelt, bei dem verschiedene Stoffe beteiligt sind, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung potenzieren. Besonderes Augenmerk sollte man bei den erforderlichen wissenschaftlichen Arbeiten auf die feinen bis sehr feinen mikrobiellen Partikel richten (PAMPs) und gleichzeitig auf den Grad der Kontamination dieser Partikel mit mikrobiellen Toxinen. Ein kumulativ-immunotoxischer Prozess ausgelöst durch ein Zusammenwirken von PAMPs und Toxinen würde die meisten der berichteten Symptome sehr gut erklären. Sollte sich bestätigen, dass MVOC zu einer „Orientierungslosigkeit“ von Immunozyten führen, und auf diese Weise die Effektivität des Immunsystems in relevantem Ausmaß beeinträchtigen, dann hätte man eine plausible Erklärung für das gehäufte Auftreten von Infektionen. Literatur (alphabetisch) [1] Andersson M.A., Mikkola R., Kroppenstedt R.M.: The Mitochondrial Toxin Produced by Streptomyces griseus

Strains isolated from an Indoor Environment is Valinomycin. Applied an Environmental Microbiology, p.4767-4773,1998

[2] Hankammer, Lorenz. Schimmelpilze und Bakterien in Gebäuden. Rudolf Müller Verlag Köln, 2003. [3] Landesgesundheitamt (LGA) Baden-Württemberg (Hrsg.): Handlungsempfehlung für die Sanierung von mit

Schimmelpilzen befallenen Innenräumen, Stuttgart 2004 [4] Landesgesundheitsamt (LGA) Baden-Württemberg (Hrsg.): Schimmelpilze in Innenräumen – Nachweis,

Bewertung, Qualitätsmanagement, Stuttgart 2001 [5] Lorenz: MVOC-Bestimmungen zur Erkennung mikrobieller Schäden in Gebäuden. Handbuch für Bioklima und

Raumlufthygiene, Hrs. Moriske, Turowski, Kap. III-4.4.5, S. 1-18, bereits angenommener Beitrag zur nächsten Ergänzungslieferung. ecomed-Verlag, Landsberg, 5. Erg.Lfg. 4/2001

[6] Lorenz, Hankammer, Lassl, Sanierung von Feuchte- und Schimmelpilzschäden, Rudolf Müller Verlag Köln, 2005 [7] Lorenz, W., Mehrer, A.: MVOC-Untersuchungen in der Praxis und mögliche anthropogene Einflüsse. VIII.

Lübecker Fachtagung für Umwelthygiene. Sept. 2004, Lübeck. [8] Lorenz W, Sigrist G, Shakibaei M, Schulze-Tanzil G, Mobasheri A, Trautmann C.: Moist Buildings And

Rheumatoid Diseases. Proceedings of Indoor Air Conference 2005. Bejing, China 2005.

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[9] Lorenz W., Trautmann C., Dill I.: Nachweis und Bedeutung von Actinomyceten und sonstigen Bakterien in Innenräumen. Handbuch für Bioklima (Hrsg. Moriske, Turowski), Kap. III-4.4.14 ecomed Verlag, Landsberg am Lech, 10. Erg. Lfg, 12/2003.

[10] Lorenz, Trautmann, Dill, Gareis: Detection Of An Aflatoxin-like substance in an office building. Healthy Buildings Conference 2003, Singapore.

[11] Schaal K.P.: Medical and microbiological problems arising from airborne infection in hospitals. Journal of Hospital infection (1991) 18 (Supplement A), 451-459).

[12] Umweltbundesamt (UBA) (Hrsg.): Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzwachstum in Innenräumen („Schilmmelpilz-Sanierungsleitfaden“) Dessau 2005

[13] Umweltbundesamt (UBA) (Hrsg.): Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen, Berlin, 2002

[14] Virnich, Lorenz, Trautmann: MVOC aus neuen Materialien. Zeitschrift für Umweltmedizin. 4/2003. S. 180-184. Kontakt zum Autor: Dr. Wolfgang LORENZ Institut für Innenraumdiagnostik 40589 Düsseldorf, Marconistraße 23 Tel: +49 (211) - 999 581 60 Fax. +49 (211) - 999 581 77 E-Mail: [email protected] www.innenraumdiagnostik.de

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Ergebnisse der Inspektion von Innenräumen bei Familien mit Kindern mit chronischen Atemwegserkrankungen U. Enayat Kinderarzt, Graz

Einleitung Chronische Erkrankungen der Atemwege (Asthma) und Allergien sind die häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter in den Industriestaaten dieser Erde. Der Innenraum scheint eine große Rolle für die Incidence und Prevalence dieser Erkrankung zu spielen und scheint vor allem für die Exacerbation von Asthma von Bedeutung zu sein. Eine Reihe von multidisziplinären Studien weist auf Zusammenhänge zwischen Innenraumbelastungen und Asthma hin. Alle Studien stimmen darin überein, dass die Innenraumluftqualität neben Veränder-ungen unserer gesamten Umwelt für allergische Erkrankungen u./o. Asthma verantwortlich sind. Während in Europa die Erkrankung häufig bei sozial und ökonomisch besser gestellten Gesellschaftsgruppen anzutreffen ist, konnte in Amerika das Gegenteil gezeigt werden. Es ist nicht bekannt, ob der beobachtete Anstieg in jenen Faktoren zu finden ist, die als Trigger für Asthma bekannt sind, wie Allergene von Haustieren, Hausstaubmilben, Schimmelpilzen oder Pollen, oder ob die beobachtete Zunahme in Faktoren zu suchen ist, die Infektionen im frühen Kindesalter (RS-Virus Infektionen), Impfungen, sowie hygienischen oder Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung zuzuschreiben sind. Innenraumfaktoren können bei der Entwicklung von Asthma u.a. folgende mögliche Rollen spielen:

1. Sensibilisierung: durch Aktivierung des Immunsystems auf verschiedene Faktoren der Umwelt zu reagieren.

2. Induktion: Auslösung oder Verschlechterung eines bereits bestehenden Asthmas

3. Aufrechterhaltung eines entzündlichen Prozesses in den Schleimhäuten der Atemwege, mit dem Ergebnis einer erhöhten Sensibilität gegen andere irritierende oder provozierende Faktoren wie Oxydantien, ätzende Luftschadstoffe, kalte Luft, physikalische Anstrengung u .a.

Ziel der Untersuchung war es festzustellen, inwieweit der behandelnde Arzt durch bloße Inspektion der Wohnungssituation von Kindern, die an Asthma leiden, Zusammenhänge zwischen Erkrankung der Atemwege und der Wohnsituation erkennen kann. Methodik Zu diesem Zweck haben wir in einem Zeitraum von einem Jahr im Rahmen eines kinderärztlichen mobilen Notdienstes bei 125 Familien, bei denen ein oder mehrere Kinder an Asthma leiden, die

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Wohnungen inspiziert und mittels eines Fragebogen-Programms den Innenraum belastende Faktoren berücksichtigt. Um den Einfluss der Wohnsituation auf das Auftreten von Asthma zu ermitteln, wurden folgende Variablen einbezogen:

I. Ökologische und technische Raumbedingungen: • Lage der Wohnung im Wohngebiet • Art der Wohnung (Einfamilienhaus, Wohnung in mehrstöckigem Zinshaus

mit oder ohne Balkon / Terrasse) • Alter der Wohnung • Art der verwendeten Baumaterialien • Wärmedämmmaßnahmen (außen / innen) • Heizungsanlage • Art der Fenster • Klimaanlage • Luftbefeuchter • Lage des Bettes der Kinder (Außen- Innenwand, Fenster, Heizung)

II. Produkte, die im Haus verwendet werden: • Wand- und Deckenverkleidungen • Einbaumöbel • Textilmöbel • Tapeten, Farben, Kleber • Lösemittel • Kosmetika, Hygieneartikel

III. Biologische Allergene: • Haustiere • Pflanzen • Schimmelpilze (Feuchtstellen an raumbegrenzenden Flächen)

IV. Lebensgewohnheiten der Bewohner: • Rauchverhalten der Familienangehörigen • Lüftungsverhalten • Anzahl der Hausbewohner • Anzahl der Kinder im Kinderschlafzimmer • sportliche Betätigung • täglicher Aufenthalt im Freien

Um den Einfluss der Wohnungsbeschaffenheit auf das Asthma der Kinder zu finden, haben wir Parameter der Wohnung einzeln oder kombiniert der Atemwegssymptomatik gegenübergestellt und ihre statistische Signifikanz mit dem EPI – Info Programm berechnet.

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Ergebnisse

Wohnsituation

40% der Kinder leben im Zentrum von Graz. 60% in der Peripherie. Etwa die Hälfte in verkehrsarmer Lage. Mehr als die Hälfte der Kinder lebt in Ein- oder Zweifamilienhäusern mit eigenem Garten oder Terrasse. Der Rest der Kinder lebt je zur Hälfte in Mietshäusern mit angeschlossenem Garten oder Balkon, bzw. in Zinshäusern ohne Garten oder Balkon. Ein gutes Drittel der Häuser ist aus Beton gefertigt. Ca. 40% der Gebäude haben eine zusätzliche Wärmedämmung an der Außenwand. 56% der Gebäude haben Doppelglasfenster mit Holzrahmen, 30% Verbundglas mit Kunststoff- oder Alurahmen. In 14% der Häuser sind noch alte Holzfenster, so genannte Wiener Fenster zu finden. Die Studie zeigte, dass Ein- oder Zweifamilienhäuser mit eigenem Garten, in der Peripherie von Graz, in subjektiv verkehrsarmer Lage signifikante Risikofaktoren für das Auftreten von Asthma darstellen. Zusätzliche Wärmedämmmaßnahmen und luftdichte Fenster scheinen einen negativen Einfluss auf die Qualität der Innenraumluft zu haben.

Beschaffenheit der Innenräume

Die Wohnungen sind relativ klein. 25% der Wohnungen haben zusätzliche Innenraumisolierungen. 25% werden mit Einzelöfen, Feststofftherme in der Wohnung oder Öleinzelöfen beheizt. Ein Großteil der Wohnungen verfügt über ein eigenes Kinderzimmer, aber nur ein Drittel der Kinder mit Asthma schläft allein im Raum. In 43% der Wohnungen in denen Kinder mit Asthma leben, findet man sichtbaren Schimmelpilz an raumbegrenzenden Flächen, von vereinzelt punktförmigen Ansiedlungen bis zu flächenhaften Myzelrasen an typischer Stelle. Informative Messungen in einzelnen Haushalten, in denen kein Schimmelbewuchs sichtbar war, zeigten einen deutlichen Anstieg der Sporenkonzentration in zwei Fällen im jeweiligen Schlafzimmer der Kinder. Es zeigte sich, dass Schimmelpilzbewuchs in Kombination mit anderen Faktoren, wie Isoliermaßnahmen innerhalb der Wohnung, Wand- und Deckenverkleidungen aus Kunststoff, PVC oder Tapeten im gesamten Wohnbereich ein Risiko für die Atemwege darstellen. Stellt man Relationen zwischen einzelnen Faktoren oder Faktorengruppen her, so zeigt sich, dass erst durch Verquickung verschiedener Parameter ein Risiko für chronische Atemwegserkrankungen geradezu provoziert wird. So stellt die Lage des Kinderbettes ein Risiko dar, auch wenn die Wandflächen zusätzlich innen und außen isoliert sind. 40% der Kinder schlafen an einer Außenwand, 38% der Außenwände sind mit zusätzlichen Wärmedämmmaßnahmen behandelt. Es konnten weitere Zusammenhänge zwischen Anzahl der Personen im Kinderzimmer, der Art der Bezüge von Sitzgarnituren (Textil, Leder) und Asthma in der Gesamtfamilie gefunden werden.

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Zusammenfassung Eine Reihe von Faktoren im Wohnbereich scheinen einen direkten Einfluss auf die Innenraumluftqualität aus zu üben und können insbesondere auf die Atemwege von Kindern einen negativen Einfluss haben. Zusammenhänge zeigen sich mit Gebäuden, die durch moderne Wärmeschutzmaßnahmen saniert wurden sowie mit der Art der Fenster und der Beheizung der Räume. Andere Faktoren wiederum werden erst in Kombination mit anderen Parametern zum Atemwegsrisiko. Dazu zählen Wand- und Deckenverkleidungen, zusätzliche Isolationsmaßnahmen im Innenraum sowie die Lebensweise und das Nutzungsverhalten der Bewohner. Ein direkter Einfluss von biogenen Allergenen konnte bei Kindern mit chronischen Atemwegserkrankungen nachgewiesen werden. Kontakt zum Autor: Dr. med. Uwe ENAYAT 8046 Graz, St. Veiterstraße 63 Tel.: +43 (316) 69 15 12 Email: [email protected]

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Untersuchung und Bewertung von Schimmelpilzwachstum im Innenraum F. Reinthaler Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den Möglichkeiten zur Untersuchung und Bewertung von Schäden durch Schimmelpilze, die in der Regel mit folgenden Zielen eingesetzt werden:

• Überprüfung eines verdeckten Schimmelpilzbefalls (ob ein aufgrund von Feuchteschäden, Geruchsbelästigungen, gesundheitlichen Beschwerden, baulichen Mängeln usw. vermuteter, aber nicht sichtbarer Schimmelpilzbefall vorliegt)

• Überprüfung des Erfolges von Schimmelpilz-Sanierungsmaßnahmen

Schimmelpilze sind in großer Vielfalt überall in der Umwelt vorhanden. Von bisher vielen tausend bekannten Schimmelpilzarten kommen bis zu 200 Arten regelmäßig in unserer Umgebungsluft und im Innenraum vor. Das Vorkommen bestimmter Arten kann oft Hinweise auf mögliche Quellen und Wachstums-bedingungen geben (nach Gabrio):

Vorkommen Arten

Vegetation Cladosporium cladosporioides Alternaria alternata Botrytis cinerea

Verrottung von organischem Material (Pflanzen) Aspergillus fumigatus

Abfälle, verderbende Lebensmittel zahlreiche Penicillium-Arten

Sehr feuchte cellulosehaltige Baumaterialien Stachybotrys chartarum Acremonium spp.

Feuchter Putz Phialophora spp. Engyodontium album Scopulariopsis spp.

Cellulosehaltige Materialien mit leicht erhöhter Feuchtigkeit:

Aspergillus penicillioides Aspergillus restrictus Eurotium spp. Wallemia sebi

Feuchtes Leder (Schuhe u.a.): Wallemia sebi

Wegen der Komplexität der Schimmelpilzproblematik ist beim gegenwärtigen Wissensstand keine allgemeine gesundheitliche Beurteilung der durch Innenraumschäden bedingten Schimmelpilz-belastung möglich.

Sinnvoll ist meist nur eine hygienische Beurteilung im Sinne der Vorsorge. Bis heute gibt keine einheitlichen Erfassungsmethoden und Bewertungsmaßstäbe für Schimmel-pilzkontaminationen in Innenräumen. Es gibt zahlreiche Untersuchungsmethoden mit unterschiedlicher Aussagekraft und im Einzelfall wird es erforderlich sein, mehrere Methoden parallel anzuwenden, d. h. für ein aussagekräftiges Ergebnis zur Belastung eines Raumes durch

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Schimmelpilze sollten einzelnen Verfahren in Abstimmung auf die jeweilige Raumsituation und den Zweck der Untersuchung in Kombination angewendet werden. Untersuchung von Materialproben1 Grundsätzlich ist anzuführen, dass eine Untersuchung von Schimmelpilzen auf oder in Materialien Hinweise auf die Schimmelpilzquelle gibt. Damit wird die Gefahr einer Fehlinterpretation verringert, die bei ausschließlicher Luftbeprobung entstehen kann. Einige Schimmelpilzarten lassen sich nämlich nur sehr schwer in der Luft nachweisen. Materialproben wie z.B. Tapete, Putz, Holz, aber auch Wasser aus dem Befeuchter raumluft-technischer Anlagen werden untersucht, wenn sichtbarer Schimmel vorhanden ist, bzw. ein gezielter Verdacht für eine Belastung vorliegt. Von befallenen oder verdächtigen Flächen werden Materialproben entnommen. Diese werden nach Zerkleinerung im Labor in verschiedenen Verdünnungsstufen auf verschiedene Nährmedien aufgebracht und kultiviert. Die koloniebildenden Einheiten (KBE) werden ausgezählt und hochgerechnet (Bestimmung von mindestens 10-20 KBE und höchstens 100 KBE). Eine Bestimmung der Gattungen bzw. Arten der vorhandenen Schimmelpilze ist möglich. Dabei sollte berücksichtigt werden, ob auffällige Mengen und auffällige Arten nachweisbar sind. Sollten mittels Kultivierung keine Ergebnisse erzielt werden, ist auch an nicht kultivierbare und/oder abgestorbene Mikroorganismen zu denken und das Material sollte zusätzlich mikroskopisch untersucht werden. Orientierende Ergebnisse können auch Oberflächenkontaktproben mittels Abklatsch- und Klebefilmpräparat ergeben. Abklatschprobe

Bei der Abklatschprobe wird ein geeignetes präpariertes Nährmedium auf eine Fläche gedrückt, von der vermutet wird, dass Schimmelpilzbefall vorliegt. Bei der direkten Kultivierung eines Abklatsches kann es sein, dass die Vermehrungsbedingungen für eine Pilzart besonders gut sind und andere am Wachstum gehindert werden oder sie können auch an sich unzureichend sein. Klebefilm Für die Probe unter Zuhilfenahme eines Klebefilms werden die Schimmelpilze vom Material direkt auf eine durchsichtige Klebefolie auf Objektträger überführt. Der Nachweis der Schimmelpilze kann anschließend mikroskopisch erfolgen. Bei beiden Methoden ist eine Artendifferenzierung nur teilweise möglich und es kann auch keine Aussage gemacht werden, ob das Material an sich, insbesondere in tieferen Schichten mikrobiell besiedelt ist. Materialanalysen können auch, allerdings mit eingeschränkter Aussagekraft, mittels verschiedener Toxizitätstests durchgeführt werden. Staubprobe Eine definierte Menge des vorhandenen Hausstaubes wird in dem betroffenen Raum aufgesammelt und im Labor in verschiedenen Verdünnungsstufen auf verschiedene Nährmedien aufgebracht und kultiviert. Die koloniebildenden Einheiten werden ausgezählt und hochgerechnet. Eine 1 Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Methoden finden sie im Beitrag von MMag. Reiner (Seite 58) und im Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen, herausgegeben vom Umwelt-Bundesamt Berlin. Links: www.umweltbundesamt.de und www.umweltbundesamt.org/fpdf-l/2951.pdf

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Bestimmung der Gattungen bzw. Arten der von sedimentierten, anzüchtbaren Schimmelpilzen ist möglich. Für die Probennahme ist es erforderlich, bis zu 7 Tagen zuvor keine Reinigung der untersuchten Räume durchzuführen. Die Probenahme kann mittels spezieller Filtersysteme über Staubsauger erfolgen (1m2 ca. 5min), empfehlenswerter sind jedoch spezielle Probeahmesysteme, mit denen definierte Flächen abgesaugt werden. Zusätzlich kann Hausstaub auch auf Toxine untersucht werden. Ein Nachteil aller Hausstaubuntersuchungsverfahren ist jedoch, dass andere Quellen als mikrobielle Schäden in Betracht gezogen werden müssen. Es sind zahlreiche Ursachen für das Vorhandensein von Sporen möglich (z.B. Eintrag von außen u.a.). Anderseits ist ein negatives Ergebnis auch nicht beweisend dafür, dass kein mikrobieller Befall vorliegt. Insgesamt betrachtet haben Hausstaubuntersuchungen eine geringere Aussagekraft als Luftuntersuchungen. Luftkeimmessung Die Luftkeimmessung ermöglicht eine Aussage darüber, ob bei nicht sichtbarem Schimmelpilzbefall, aber vorliegenden Indizien (Geruch u. a.) eine Schimmelpilzquelle wahrscheinlich ist oder nicht. Die Bestimmung von kultivierbaren Schimmelpilzen in der Luft ist das derzeit am häufigsten angewandte mikrobiologische Untersuchungsverfahren, das bei vermuteten Schimmelpilzschäden in Innenräumen eingesetzt wird. Voraussetzung dafür sind allerdings eine sachgerechte Durchführung und Erfahrungen in der Probennahme, der mykologischen Identifizierung sowie in der Bauphysik. Sammlung der Luftkeime Bei der Luftkeimsammlung werden die Sporen in der Raumluft mit einem Luftkeimsammler (Impaktion oder Filtration: beide Systeme haben Vor- und Nachteile) aktiv bei einem definierten Probenvolumen auf einem oder mehrere Nährmedien bzw. Filter "gesammelt". Bei der direkten Methode werden die Nährmedien im Labor kultiviert, die koloniebildenden Einheiten ausgezählt und über das Probeluftvolumen hochgerechnet. Die Ergebnisse einer Luftkeimsammlung werden als „koloniebildende Einheiten“ (KBE) pro Kubikmeter Luft angegeben. Das bedeutet, dass eine Kolonie aus einer einzelnen oder aus einem Cluster vieler Sporen entstanden sein kann. Eine Bestimmung der Gattungen bzw. Arten der vorhandenen Schimmelpilze ist möglich. Auch relativ leichte und kleine Sporen werden bei dieser Messung berücksichtigt. Kultivierung Um eine Kultivierung des Pilzes zu optimieren, muss die Spore noch lebensfähig sein. Ein weiterer wichtiger Faktor ist auch die Zusammensetzung des angebotenen Nährmediums. Hierbei müssen die unterschiedlichen Ansprüche einzelner Pilzarten bedacht werden. Gerade bei Innenraumbedingungen kommen häufig Pilze vor, die bevorzugt oder ausschließlich Substrate mit einer niedrigen Wasseraktivität verwerten, so genannte xerophile Pilze. Mit dem bekannten Standardnährmedium wie z.B. Malzextrakt-Agar sind solche Pilze schwer nachweisbar. Deshalb hat sich für Innenraumuntersuchungen das Nährmedium DG 18-Agar bewährt. Eine ausschließliche Verwendung von DG 18-Agar ist aber nicht ausreichend, da Pilze wie z.B. Chaetomium spp. und der toxinbildende Stachybotrys chartarum sowie diverse Acremonium-Arten nicht oder nicht ausreichend erfasst werden. Für den Nachweis von speziellen Schimmelpilzarten wie zum Beispiel Stachybotrys chartarum empfiehlt sich der Einsatz eines auf diese Pilze optimierten Nährmediums.

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Für ein aussagekräftiges Ergebnis ist eine Differenzierung der verschiedenen Schimmelpilze unbedingt erforderlich. Die mykologische Auswertung und Bewertung ist jedoch oft mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. Die Identifizierung im Labor sollte nur von erfahrenem Personal durchgeführt werden. Die Teilnahme an qualitätssichernden Maßnahmen (z.B. Ringversuche) ist zu empfehlen. Interpretation der Ergebnisse Die Interpretation von Schimmelpilzkonzentrationen in der Luft setzt immer einen Bezug zu einer unbelasteten Situation voraus, die für die konkrete Untersuchung relevant ist. In der Regel wird hierfür bei Innenraumuntersuchungen die Außenluft genutzt, wobei stets zu bedenken ist, von wie vielen Zufälligkeiten die Schimmelpilzkonzentration in beiden Bereichen abhängig ist. Die Bewertung wird durch die starken jahreszeitlichen und witterungsabhängigen Schwankungen der Schimmelpilzkonzentration in der Außenluft erschwert. Im Sommer kann der Einfluss der Außenluft sehr hoch sein, so dass eine sichere Quantifizierung von Schimmelpilzarten, die für einen Feuchteschaden im Innenraum sprechen, häufig nicht möglich ist. Aufgrund der Komplexität der Schimmelpilzproblematik reicht die alleinige Ermittlung einer „Gesamt-KBE“ in den meisten Fällen nicht aus, um einen verdeckten Schimmelpilzschaden zu ermitteln. Ebenso wichtig sind die Gattungs- bzw. /und Artbestimmungen. Keinesfalls kann von den Ergebnissen ein kausaler Zusammenhang mit gesundheitlichen Wirkungen abgeleitet werden. Auch sind aus den genannten Gründen die immer wieder geforderten „Grenzwerte“ für die Sporenanzahl unrealistisch. Zurzeit existieren weltweit keine gültigen Grenzwerte für Schimmel-pilze in der Wohnraumluft, welche gesetzlich festgelegt wären. Verschiedene Autoren oder Institutionen schlagen jedoch Richtwerte vor, die sie auf der Basis von Erfahrungswerten bestimmt haben. Diese „KBE-Angaben“ können jedoch nur bedingt miteinander verglichen werden, wenn unterschiedliche Messsysteme eingesetzt wurden. Die meisten Autoren geben als grundsätzliche Richtgröße an, dass die Konzentration in der Innenraumluft nicht über jener in der Außenluft liegen sollte, oder besser noch darunter. Außerdem sollen im Innenraum nur die typischen Außenluft-Pilze in ihren natürlichen Mengenverhältnissen zueinander vorkommen. Diese Einschätzung berücksichtigt, dass alle Menschen, wenn sie sich in der Außenluft bewegen, einem natürlichen Maß an Schimmelpilzen ausgesetzt sind. Sofern das Immunsystem intakt ist, wird dabei die Gefahr einer Infektion oder gesundheitlichen Beeinträchtigung als sehr gering eingestuft. Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass Luftkeimmessungen in geschlossenen Gebäuden geeignete Indikatormessungen sind, die bei positivem Befund zeigen, dass eine Quelle vorhanden sein muss, jedoch bei negativem Befund nur sehr eingeschränkte Aussagen erlaubt. Die folgende Tabelle enthält einen Auszug aus dem Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen vom Umwelt Bundes Amt Dessau und stellt eine Bewertungshilfe für Luftproben dar:

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Bewertungshilfe für Luftproben – kultiverbare Schimmelpilze (Modifiziert aus: Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzwachstum in Innenräumen. Umweltbundesamt Dessau, 2005)

Innenluft- Parameter

Innenraumquelle unwahrscheinlich

Innenraumquelle nicht auszuschließen

Innenraumquelle wahrscheinlich

Cladosporium, sowie andere Gattungen, die in der Außenluft erhöhte Konzentrationen erreichen können (z.B. sterile Mycelien, Hefen, Alternaria)

Wenn die KBE/m3 einer Gattung in der Innenraumluft unter dem 0,7 bis 1-fachen der Außenluft liegen

Wenn die KBE/m3 einer Gattung in der Innenraumluft nicht über dem 1,5 ± 0,5-fachen der Außenluft liegen

Wenn die KBE/m3 einer Gattung in der Innenluft über dem 2-fachen der Außenluft liegen

Summe der KBE aller untypischen Außenluftarten

Wenn die Differenz zwischen der KBE-Summe Innenraum-luft minus Außenluft der untyp. Außenluftarten nicht über 150 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen der KBE-Summe Innenraumluft minus Außenluft der untypischen Außenluftarten nicht über 500 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen der KBE-Summe Innenraumluft minus Außenluft der untypischen Außenluftarten über 500 KBE/m3 liegt.

Eine Gattung (Summe der KBE aller zugehörigen Arten) der untypischen Außenluftarten

Wenn die Differenz zwischen der KBE-Summe Innenraum-luft minus Außenluft der Gattung nicht über 100 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen der KBE-Summe Innenraumluft minus Außenluft der Gattung nicht über 300 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen der KBE-Summe Innenraumluft minus Außenluft der Gattung über 300 KBE/m3 liegt.

Eine Art der untypischen Außenluftarten mit gut flugfähigen Sporen

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft nicht über 50 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft nicht über 100 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft über 100 KBE/m3 liegt.

Eine Art der untypischen Aussen-luftarten mit geringer Sporenfreisetzungsrate (Stachybotrys chartarum, Phialophora sp. ua)

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft nicht über 30 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft nicht über 50 KBE/m3 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft über 50 KBE/m3 liegt.

Diverse Pilzsporen, die nicht dem Typ Basidiosporen oder Ascosporen angehören

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft der div. Pilzsporen nicht über 400 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft der div. Pilzsporen nicht über 800 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft der div. Pilzsporen 800 übersteigt.

Mycelstücke Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft der Mycelstücke nicht über 150 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft der Mycelstücke nicht über 300 liegt.

Wenn die Differenz zwischen Innenraumluft und Außenluft der Mycelstücke 300 übersteigt.

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Partikelsammlung bzw. Gesamtzellzahlen Bei dieser Art von Raumluftmessung werden die partikulären Bestandteile eines definierten Luftvolumens über einen Partikelsammler angesaugt und auf einem Objektträger mit einer speziellen Beschichtung abgeschieden (Schlitzdüsenimpaktion). Diese Luftpartikel enthalten neben lebenden Sporen auch abgestorbene Schimmelpilzsporen und andere Bestandteile der Raumluft (z. B. Fasern, Staubpartikel u.ä.). Die Partikelsammlung sollte nur ergänzend zur Luftkeimmessung durchgeführt werden. Auch hier sind negative Befunde kein Beweis für die Abwesenheit mikrobieller Schäden. MVOC Messung Bei einer MVOC- (microbial volatile organic compounds) Messung werden gasförmige Stoffe, die beim Wachstum von Schimmelpilzen und Bakterien entstehen, gemessen. In machen Fällen sind diese Stoffe sogar geruchlich wahrnehmbar. Diese Geruchsentwicklung entsteht dadurch, dass von verschiedenen Mikroorganismen eine stark riechende Verbindung produziert wird, das so genannte Geosmin. Diese Verbindung wird insbesondere von den Vertretern der Pilzgattung Chaetomium produziert. Diese Geruchsverbindung Geosmin ist häufig verantwortlich für den „muffigen“ Geruch in Gebäuden. Die wichtigsten Vertreter von MVOC sind:

Dimethyldisulfid 3-Octanon Isobutanol 2-Pentanol 1-Octen-3-ol 2-Hexanon 3-Methyl-1-Butanol 2-Heptanon 3-Methylfuran

Gut geeignete Messverfahren dieser mikrobiell produzierten flüchtigen organischen Verbindungen sind die Sammlung mittels Aktivkohleröhrchen und einer anschließenden Analyse im Gaschromatographen oder die Probenahme mit Tenaxröhrchen in Verbindung mit einer Thermodesorption. Die MVOC-Messung ist dann zu empfehlen, wenn verdeckte Schäden (Schimmelbefall) zu befürchten sind, es aber nicht möglich ist diese zu lokalisieren. Von MVOC-Messungen in Neubauten sollte jedoch in den ersten 24 Monaten abgesehen werden, da fast immer erhöhte Konzentrationen gemessen werden, auch wenn kein Feuchteschaden oder mikrobieller Schaden vorliegt. Um mögliche Fehlerquellen zu minimieren, sollte man einen Tag vor der Messung andere Emissionsquellen (z.B. Pflanzen, Abfallbehälter) aus der Wohnung entfernen. Danach sollten die Räume gut durchlüftet und anschließend Fenster und Türen mindestens 6 Stunden geschlossen gehalten werden. Nach dem Lüften darf in den zu messenden Räumen weder gekocht, gebacken noch geraucht werden. Bei aktuellen (jungen) Schäden mit geringer Ausdehnung und bei leeren Räumen (wenig adsorbierbare Materialien) kann es zu negativen Befunden kommen und ist in diesen Fällen eine MVOC-Messung nicht empfehlenswert.

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Schimmelpilz-Spürhund Spürhunde sind auf ausgewählte Geruchsquellen trainiert und können ein wertvolles zusätzliches Hilfsmittel sein, um verdeckte Schäden zu lokalisieren. Der Sachverständige hat zu entscheiden, ob es sich bei den vom Hund markierten Stellen um einen Befall handelt. Jedenfalls sind die Materialien auch mikrobiologisch zu untersuchen. Literatur [1] Gabrio T. et al: Aussagekraft von Luft- und Hausstaubuntersuchungen im Zusammenhang mit

Schimmelpilzproblemen im Innenraum. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 65 (3) 2005

[2] Hankammer G. und W. Lorenz: Schimmelpilze und Bakterien in Gebäuden. ISBN 3-481-01953-X; Rudolf Müller Verlag 2003

[3] Lorenz W., G. Hankammer und K. Lassl: Sanierung von Feuchte- und Schimmelpilzschäden. Diagnose, Planung und Ausführung. ISBN 3-481-02159-3; Rudolf Müller Verlag 2005

[4] Umweltbundesamt Berlin: Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen. Berlin 2002

[5] Umweltbundesamt Dessau: Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzwachstum in Innenräumen. Dessau 2005

Kontakt zum Autor: Univ. Prof. Mag. Dr. Franz F. REINTHALER Institut für Hygiene der medizinischen Universität Graz 8010 Graz, Universitätsplatz 4 Tel: +43 (316) 380 - 4386 Email: [email protected]

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Symposium Pilze im Innenraum D. Haas Raiffeisenhof, 2006 Pilzsporenkonzentration der Luft in Wohnräumen mit und ohne sichtbaren Schimmelpilzbefall

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Pilzsporenkonzentration in der Luft von Wohnräumen mit und ohne sichtbaren Schimmelpilzbefall D. Haas Institut für Hygiene, Medizinische Universität Graz

Einleitung Pilzsporen der verschiedensten Schimmelpilzarten können überall in der Luft nachgewiesen werden. In der freien Luft ist die Lebensdauer der Pilzsporen von der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit, der Luftgeschwindigkeit und der Sonneneinstrahlung abhängig. Bedingt durch die jahreszeitlichen Schwankungen in Mitteleuropa ist der Sporengehalt in der Luft in den Wintermonaten verhältnismäßig gering und steigt in den Sommermonaten deutlich an. In den Innenräumen unterscheiden sich die Sporenkonzentrationen und die Zusammensetzung der Pilzarten nicht wesentlich von denen der umgebenden Außenluft. Wohnräume, die jedoch einen sichtbaren Schimmelpilzbefall an Oberflächen aufweisen, können mitunter sehr hohe Konzentrationen an luftgetragenen Pilzsporen erreichen. Bisher gibt es aber noch keine standardisierten Nachweismethoden und keine verbindlichen Bewertungskriterien zur Beurteilung einer Schimmelpilzbelastung in Innenräumen. Die meisten Studien beziehen das Ergebnis einer Pilzsporenkonzentration in der Innenraumluft auf die Pilzsporenkonzentration in der entsprechenden Außenluft. Durch die Bestimmung des Artenspektrums der Schimmelpilze in den Raumluftproben können Feuchtigkeitsschäden anhand spezifischer Indikatorarten ermittelt. Die Ergebnisse liefern eine Aussage über die Exposition, ein gesundheitsbezogener Richtwert kann daraus nicht abgeleitet werden. In den letzten Jahren sind in der Steiermark in Österreich die Schäden durch Schimmelbildung in Innenräumen von Gebäuden vermehrt aufgetreten. Häufig klagten die Bewohner über gesundheitliche Beschwerden im Zusammenhang mit Schimmelpilzbefall. Ziel der Studie war es, Wohnräume in steirischen Haushalten mit und ohne sichtbaren Schimmelpilzbefall auf die Sporenkonzentration der Raumluft zu untersuchen, und das Ergebnis mit der Sporenkonzentration der Außenluft zu vergleichen. Die im Innenraum gemessene Sporenkonzentration der Luft wurde der Größe der Befallsfläche gegenübergestellt. In einem weiteren Schritt wurde die Identifizierung der kultivierbaren Pilzgattungen vorgenommen, um feststellen zu können, welche Schimmelpilze unter den jeweiligen Bedingungen am häufigsten in der Innenraumluft auftreten. Methodik Die Bewohner von 66 Privathaushalten in der Steiermark hatten dem Institut für Hygiene der Medizinischen Universität Graz den Verdacht auf Schimmelpilzschäden in ihren Wohnräumen mitgeteilt und ersuchten um eine wohnungshygienische Begutachtung. Bei der Ortsbesichtigung wurde das Vorhandensein eines Schimmelpilzbefalls visuell beurteilt. In 29 Wohnungen (44%) konnte kein sichtbarer Schimmelpilzbefall nachgewiesen werden. In 37 Wohnungen (56%) wurde ein sichtbarer Schimmelpilzbefall an Wandoberflächen festgestellt. Für

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Symposium Pilze im Innenraum D. Haas Raiffeisenhof, 2006 Pilzsporenkonzentration der Luft in Wohnräumen mit und ohne sichtbaren Schimmelpilzbefall

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die Einstufung in vier Befallskategorien wurde die Bezeichnung „kein“ für Wohnungen ohne sichtbaren Schimmelpilzbefall festgelegt. Bei einem „leichten“ Befall hatten die Wohnungen kleine punktförmig zusammenhängende Flecken. Bei einer „mittleren“ Befallsfläche handelte es sich um Schimmelpilzflecken unter 1 m². Die über dieses Maß hinausgehende Befallsfläche wurde der Kategorie „schwer“ zugeordnet. Mit den Bewohnern wurde vereinbart, sechs Stunden vor der Messung nicht zu lüften. Begleitend zur örtlichen Begehung wurden in einem Begehungsprotokoll 60 Fragen über die Wohnsituation, das Wohnverhalten, den Gebäudezustand, die bautechnischen Daten wie z.B. eventuelle Bauschäden oder Mängel, verwendete Baumaterialien etc., sowie das gesundheitliche Befinden der Bewohner in einem Fragebogen erfasst. Messtechnisch wurden Raum- und Außenklimadaten wie Innenraumlufttemperatur, Raumluftfeuchte, Außentemperatur und Außenfeuchte (testo®445, TESTO GmbH, Wien) sowie jahreszeitlich bedingte Witterungsverhältnisse (Regen, Schnee etc) protokolliert. Im Zeitraum von Oktober 2002 bis September 2003 wurden in 66 steirischen Haushalten Luftkeimmessungen durchgeführt. Zur Erfassung der Pilzsporenkonzentration in der Luft wurde der einstufige Merck® MAS100 Luftkeimsammler mit einem Ansaugvolumen von 100 Liter pro Minute (90 mm Standardpetrischalen) verwendet. Der Impaktor wurde mit den Nährmedien Malzextrakt-Agar (MEA) bzw. Dichloranglycerol-Agar (DG18) bestückt und in einer Höhe von 1,50 m über Bodenniveau positioniert. Die Dauer der Probennahme betrug eine Minute. Als Referenz zu jeder Wohnraummessung wurde eine Messung der entsprechenden Außenluft vorgenommen. Nach Inkubation der Luftkeimplatten für 7-10 Tage bei 25 ±1°C wurde die Gesamtkolonienzahl pro Kubikmeter (KBE/m³) Luft berechnet. Die Identifizierung der Schimmelpilze erfolgte morphologisch und mikroskopisch nach Anfärbung mit Lactophenolblau anhand vorgegebener Bestimmungsschlüssel bis zur Gattungsebene (Samson et al. 1996, G.S. de Hoog et al. 2002, Larone 2002, Kilch et al. 1988, Pitt 1985). Die Daten wurden tabellarisch erfasst und mittels SPSS® Version 11.0 statistisch ausgewertet. Zur Datenauswertung wurden der Kruskal Wallis H-Test, der Mann-Whitney U-Test und der Spearman Rangkorrelationstest herangezogen. Ergebnisse In nachstehender Tabelle sind die gemessenen Pilzsporenkonzentrationen in KBE/m³ Luft für die Wohnungen mit und ohne Schimmelpilzbefall sowie für die Außenluft angeführt.

Ort Pilz-befall Wohng. Mittel Median Standard deviation Range

Anzahl MEA DG18 MEA DG18 MEA DG18 MEA DG18

nein 29 4.7x10² 6.7x10² 2.6x10² 3.5x10² 7.2x10² 7.8x10² 20 - 2.860 10 - 020 Indoor

ja 37 2.2x10³ 2.5x10³ 1.5x10³ 1.7x10³ 2.2x10³ 2.3x10³ 60 - 8000 60 - 8060

Outdoor 66 5.8x10² 6.5x10² 3.3x10² 2.9x10² 5.7x10² 6.8x10² 40 - 2460 20 - 3040

In der Außenluft lag die natürliche Pilzsporenkonzentration im Jahresmittel im Median bei 3,3x10² KBE/m³ für MEA und bei 2,9x10² KBE/m³ für DG18 Agar. Im Sommer war die Sporenkonzentration für MEA (p<0,001) und für DG18 (p<0,01) signifikant höher als im Frühjahr und Herbst. In den Wintermonaten konnten die geringsten Werte ermittelt werden. Im Jahresmittel wurde die Gattung Cladosporium mit bis zu 60,8% auf beiden Nährmedien am häufigsten

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nachgewiesen. Die Gattungen Penicillium und Aspergillus waren vor allem im Frühjahr mit 26% bzw. 21% und im Winter mit 40% bzw. 14% vermehrt in der Außenluft vorhanden. Die Artenvielfalt der Schimmelpilze in der Außenluft war im Frühjahr und im Winter geringer als im Sommer und Herbst. Bei den 37 Wohnungen ohne Schimmelpilzbefall (56%) konnten bei den Ergebnissen der Innenraumluft sowohl für das Nährmedium MEA mit 2,6x10² KBE/m³ Luft als auch DG18 mit 3,5x10² KBE/m³ Luft (Median) keine signifikanten Unterschiede zur Außenluft festgestellt werden. Im Jahresmittel konnten in der Innenraumluft am häufigsten die Gattungen Cladosporium und Penicillium mit 34,8% bzw. 31,8% ermittelt werden. Die Gattung Penicillium war im Frühjahr mit 43%, im Herbst mit 66% und im Winter mit 47% besonders hoch. Die Gattungen Cladosporium und Alternaria traten verstärkt im Frühjahr und im Sommer auf, wohingegen die Gattung Aspergillus im Vergleich zu den anderen Jahreszeiten am häufigsten im Winter mit 29% in der Innenraumluft vorhanden war. Im Sommer war die Artenvielfalt der Gattungen in den Innenräumen geringer als in der Außenluft. Bei den 29 Wohnungen mit Schimmelpilzbefall (44%) lagen die Sporenkonzentrationen im Median für das Nährmedien MEA bei 1,5x10³ KBE/m³ Luft und für DG18 bei 1,7x10³ KBE/m³ Luft um eine Zehnerpotenz höher als die Werte der Außenluft. Die Pilzsporenkonzentration in den Wohnungen mit Schimmelbefall ergaben keine signifikanten Unterschiede bei den vier Jahreszeiten. Am häufigsten wurden im Jahresmittel die Gattungen Penicillium (53,4%) und Aspergillus (28,4%) nachgewiesen. Gegenüber der Außenluft sowie den Wohnungen, die keine Probleme mit Schimmelpilzen hatten, zeigte die Gattung Cladosporium in Wohnungen mit Schimmelbefall geringere Sporengehalte in der Luft. Die Sporenkonzentration in der Luft von Innenräumen stieg mit dem Ausmaß des Schimmelpilzbefalls auf Oberflächen bei beiden Nährmedien hoch signifikant (p<0,001) an. Bei den 29 Wohnungen ohne Schimmelpilzbefall waren die Sporenkonzentrationen signifikant (p<0,01) geringer als bei Wohnungen mit einem leichten, mittleren und schweren Schimmelpilzbefall. In Wohnungen mit einer Befallsfläche über 1 m² unterschied sich die Sporenbelastung bei MEA mit 2,4x10³ KBE/m³ Luft signifikant (p<0,05) von der Sporenbelastung in Wohnungen mit einer leichten Befallsfläche. Die Sporenkonzentration in der Außenluft hatte keinen Einfluss auf das unterschiedliche Ausmaß des Schimmelpilzwachstums in Innenräumen. Bezogen auf die flächenmäßige Ausdehnung des Schimmelpilzbefalls anhand der 4 Befallskategorien zeigte sich, dass die Sporenkonzentration in der Raumluft (Mittel) bei den Gattungen Penicillium (p<0,001) und Aspergillus (p<0,05) mit der Größe der Befallsfläche signifikant zunahm. Bei einem starken Schimmelpilzbefall war die Sporenkonzentration in der Luft um das 18- bzw. das 13-fache höher als die Sporenkonzentration der Luft in Wohnräumen ohne Schimmelpilzwachstum. Keine signifikanten Anstiege der Sporenkonzentration wurden für die Gattung Cladosporium und für alle anderen identifizierten Gattungen festgestellt (Abb. 1).

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Abb.1: Identifizierte Schimmelpilze in Bezug auf die vier Befallskategorien.

Zusammenfassung Diese Studie zeigte klare Unterschiede zwischen luftgetragenen Pilzsporen in Wohnungen ohne sichtbaren bzw. mit sichtbarem Schimmelpilzbefall. Die Konzentration der in der Luft getragenen Pilzsporen war signifikant höher in Wohnungen mit sichtbarem Schimmelpilzwachstum als in Wohnungen ohne Befall. Weiters zeigte der Sporengehalt in der Luft von Wohnungen ohne Schimmelpilzbefall ähnliche Ergebnisse wie der Sporengehalt in der Außenluft. Kein Zusammenhang konnte zwischen der Raumluft in Wohnungen mit Schimmelbefall und der Außenluft festgestellt werden. Die Konzentration der Schimmelpilzsporen in der Außenluft dürfte in verstärktem Maße von der Jahreszeit, der Vegetationsperiode und vom Wetter abhängig sein. Im Innenraum dürften die vorherrschenden Bedingungen wie z.B. trockenes Klima, die Artenvielfalt der Pilze in der Raumluft beeinflussen. Die Sporenkonzentration in der Luft von Innenräumen stieg mit dem Ausmaß des Schimmelpilzbefalls auf Oberflächen bei beiden Nährmedien hoch signifikant an. Je größer das Problem des Schimmelpilzwachstums an Oberflächen ist, desto höher ist die Sporenkonzentration in der Raumluft. Mit der Zunahme des Schimmelpilzbefalls konnte auch ein signifikanter Anstieg der Sporenkonzentration der Gattungen Penicillium und Aspergillus in der Raumluft nachgewiesen werden. Ein sichtbarer Schimmelpilzbefall weist somit auf eine erhöhte Raumluftbelastung hin. Um die Sporenbelastung der Luft in Wohnräumen beurteilen zu können, wurden bisher stets die Gesamtsporenkonzentration der Raumluft in Bezug gesetzt zur Gesamtsporenkonzentration in der Außenluft. In der vorliegenden Studie wurde nun ein Bezug hergestellt zwischen der flächenmäßigen Ausdehnung eines Pilzwachstums und der Gesamtsporenkonzentration bzw. der Konzentration von Penicillium und Aspergillus in der Raumluft.

0

500

1000

1500

2000

2500 KBE/m³ Luft (Mittel)

kein 118 95 143 134leicht 874 208 165 65mittel 1105 597 202 122schwer 2118 1283 292 192

Penicillium sp. Aspergillus sp. Cladosporium sp. andere

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Für die Erfassung des Pilzsporengehalts in der Luft von Wohnungen ohne sichtbaren bzw. mit sichtbarem Schimmelpilzbefall wird empfohlen, die Gesamtsporenkonzentration der Gattung Penicillium und Aspergillus ebenso zu bewerten. Literatur (alphabetisch)

[1] De Hoog GS. and Guarro J. (1995): “Atlas of clinical fungi”, Centraalbureau voor Schimmelcultures, Delft and

Universitat Rovira i Virgili Reus (Spain), 720 pages.

[2] Kilch MA. (1988): “A laboratory guide to common Aspergillus species and their teleomorphs”, Commonwealth Scientific and Industrial Research Organization, Division of Food Processing, North Ryde, Australia.

[3] Larone D. H. (2002): medically important fungi, a guide to identification. 4th edition, ASM Press, American

Society for Microbiology, Washington, 409 sides.

[4] Pitt JI. (1985): “A laboratory guide to common Penicillium species”, Commonwealth Scientific and Industrial Research Organization, Division of Food Processing, North Ryde, Australia.

[5] Samson RA., Hoeckstra ES., Frisvad JC. and Filtenborg O. (1996): “Introduction to food-borne fungi. 5th ed.

Centraalbureau voor Schimmelcultures Baarn, Delft, Wageningen: Ponsen & Looyen 389 pages.

Kontakt zur Autorin: Mag. Dr. Doris HAAS Institut für Hygiene der medizinischen Universität Graz 8010 Graz, Universitätsplatz 4 Tel: +43 (316) 380 - 7716 Email: [email protected]

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Materialunterschungen J. Rainer Institut für Mikrobiologie, LF-UNI-Innsbruck

Einsatz und Analyse von Materialproben Außergewöhnliche Pilzbelastungen sind in vielen Fällen auf kontaminierte Materialien zurückzuführen. Je nach Wachstumsbedingungen, Schadensart und Raumnutzung können verschiedene Pilze auf bzw. in diesen Materialien vorkommen. Einerseits ist es aus gesundheitlichen Gründen (für Nutzer und Sanierer) notwendig festzustellen, welche Pilzarten gehäuft auftreten. Andererseits ist eine genaue Lokalisierung des Pilzbefalls im Bereich des aufgetretenen Schadens notwendig um eine erfolgreiche Sanierung zu gewährleisten. Zu diesem Zweck können verschiedene Materialproben entnommen und im Labor von qualifiziertem Personal analysiert und bewertet werden. Materialuntersuchungen können auch zur Beurteilung des Erfolges einer Sanierung eingesetzt werden. Je nach Schaden, befallenem Material und Fragestellung können verschiedene Formen von Materialproben zur Untersuchung herangezogen werden. Die Unterscheidung des Schimmelbefalls nach folgenden Kriterien gibt eine erste Orientierung bei der Wahl der Probe mit der meisten Aussagekraft.

• Sichtbarer Befall • Nicht sichtbarer, aber vermuteter Befall • Oberflächlicher Befall • Befall tieferer Schichten wird vermutet • Ausmaß des Befalls • Ursache des Pilzbefalls

Prinzipiell kann jedes Material untersucht werden (Tapeten, Verputz, Holz, Wasser, Blumenerde, Bodenbeläge, etc.). Die Schwierigkeit besteht in erster Linie darin, eine adäquate Form der Probenentnahme und Aufbereitung zu finden. Grundsätzliche Einschränkungen bezüglich der Probenentnahme und Analyse ergeben sich aus folgenden Gegebenheiten: Inhomogenes Probematerial Das Wachstum der Pilze ist nicht immer gleichförmig, daher können punktuelle Unterschiede im Wachstum und in der Artenzusammensetzung aufgrund von Mikrohabitaten auftreten. Wahl der Sammelmethode (Staubsaugerbeutel vs. Partikelsammler, Bohrmehl vs. Bohrkern, etc.). Die Wahl der Nährmedien und Inkubationsbedingungen wirkt sich aufgrund der verschiedenen Umweltansprüche der Pilze sehr stark auf das Ergebnis aus.

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Bei Suspensionsmethoden sind mehrere Verdünnungsstufen notwendig, um eine gegenseitige Hemmung der Pilze auf den Nährmedien zu verhindern. Oft kann die zu erwartende Keimzahl im Vorhinein schlecht abgeschätzt werden. Streuungen der Ergebnisse bezüglich der Pilzkeimzahl von 30 – 50 % sind die Regel. Aus diesem Grund sind mehrere Parallelen notwendig um eine gesicherte Aussage treffen zu können. Die Zahl der vermehrungsfähigen Partikel entspricht nicht der Gesamtsporenzahl. Diese kann jedoch aufgrund des allergenen Potentials von nicht kultivierbaren und nicht lebensfähigen Pilzpartikeln relevant sein. Im Folgenden werden gängige Formen von Materialproben vorgestellt und auf die Einsatzmöglichkeiten, Vor- und Nachteile eingegangen:

• Abklatschprobe • Abstrich • Abrisspräparate • Kultivierung einer suspendierten Materialprobe • Direkte Kultivierung einer Materialprobe • Direkte Mikroskopie der Materialprobe

Ad 1: Abklatschprobe Für Abklatschproben werden speziell gefertigte Nährmedien benützt, die wie ein Stempel auf die zu untersuchende Oberfläche gedrückt werden. Nach dem Kontakt werden die Platten bei geeigneten Bedingungen inkubiert. Vorteile: Die angewachsenen Pilzkolonien können in Reinkultur gebracht und auf Artniveau identifiziert werden. Bei entsprechendem Know-how des Personals können die Pilze auch direkt von der Abklatschplatte auf Gattungs- und in manchen Fällen auch auf Artniveau identifiziert werden. Es kann die Keimdichte bezogen auf eine bestimmte Fläche ermittelt werden; so ist ein Vergleich von verschiedenen Flächen möglich. Nachteile: Die Wahl des Nährmediums wirkt sich sehr stark auf das Ergebnis aus. Bei sehr hohen Keimzahlen können sich die einzelnen Kolonien in ihrem Wachstum hemmen. Weiters kann keine Unterscheidung zwischen „Anflugsporen“ und echtem Pilzbefall getroffen werden. Einsatz: Abklatschplatten werden eingesetzt, wenn eine Artdifferenzierung von sichtbaren Pilzen sinnvoll ist oder ein oberflächlicher Befall vermutet wird aber kein regelmäßiger Rasen sichtbar ist. Bei Sanierungskontrollen können Abklatschproben ebenfalls eingesetzt werden. Es ist darauf zu achten, dass eine Referenzprobe von offensichtlich nicht befallenen Stellen aus der Umgebung genommen wird. Ad 2: Abstrich Mit einem sterilen Wattetupfer wird eine Probe von einer Oberfläche entnommen und auf Agarplatten aufgetragen. Diese werden entsprechend inkubiert. Vorteile: Über die Kultur kann man zu einer Artdiagnose kommen. Abstriche können an für andere Methoden unzugänglichen Stellen (enge Hohlräume, Bohrlöcher, etc.) zum Einsatz kommen.

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Nachteile: Koloniebildende Einheiten können in der Wattematrix hängen bleiben und so nicht oder schlecht nachgewiesen werden. Durch direkte Inkubation des Tupfers in flüssigen Nährlösungen können die Ergebnisse verbessert werden. Quantitative Analysen sind nicht möglich. Einsatz: Bei sichtbarem Befall, wenn eine Artdifferenzierung sinnvoll ist, bei der Beprobung von schlecht zugänglichen Flächen und bei der Sanierungskontrolle stellen Abstriche eine gute Möglichkeit zur Probenahme dar. Ad 3: Abrisspräparate Ein transparenter Klebestreifen wird bei der Probennahme auf eine sichtbare oder vermutete Befallsstelle aufgedrückt und danach auf einen Objektträger geklebt. Die Untersuchung erfolgt lichtmikroskopisch unter Einsatz von geeigneten Färbemitteln. Vorteile: Abrisspräparate stellen eine gute Möglichkeit dar nicht oder schwer kultivierbare Pilze nachzuweisen. Dazu gehören die im Innenraum relevanten Arten Cladosporium sphaerospermum und Stachybotrys chartarum. Auch nicht mehr lebensfähige Pilzpartikel können so nachgewiesen werden. Da auch diese ein allergenes Potential besitzen ist dies in vielen Fällen sinnvoll. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Probennahme und – aufbereitung relativ unkompliziert ist. Mycophage Arthropoden wie manche Milbenarten können nachgewiesen werden. Nachteile: Ein hoher Sachverstand und umfassende Kenntnis der Pilze ist Grundvoraussetzung für eine gute Analyse. Pilze können nur teilweise auf Artniveau bestimmt werden. Einsatz: Diese Methode kann bei allen Oberflächen angewandt werden um den aktuellen Zustand und die Gattungszusammensetzung eines Pilzbefalls zu untersuchen. Ad 4: Kultivierung von suspendierten Materialproben Materialproben wie Verputz, Bohrmehl, Staub etc. wird entnommen und in sterile Behältnisse verpackt. Im Labor wird die Probe bei Bedarf zerkleinert und/oder gesiebt und die Pilzpartikel in einer geeigneten Suspensionslösung extrahiert. Von dieser Suspension werden Verdünnungsreihen hergestellt und auf geeigneten Nährmedien ausgespatelt und inkubiert. Vorteile: Eine quantitative Aussage für jeden auf Artniveau differenzierten Pilz kann getroffen werden. Wird eine Referenzprobe entnommen kann der Zustand des Materials (z. B. Verputz) gut beurteilt werden. Fraktioniert man die Proben entsprechend, so kann auch ein Befallsprofil nach der Materialtiefe erstellt werden. Nachteile: Die Methode ist relativ arbeitsaufwändig. Die Wahl der Extraktionsmethode und der Kulturbedingungen wirkt sich sehr stark auf das Ergebnis aus. Auf den Nährmedien ist eine Hemmung der Kolonien untereinander möglich, was eine große Anzahl von Verdünnungsstufen der Suspension notwendig macht. Ohne Referenzprobe ist eine Beurteilung nur bedingt möglich. Einsatz: Der Nachweis von Pilzen in tiefer liegenden Materialschichten (Verputze etc.) oder bei nicht sichtbarem aber vermutetem Befall ist möglich (z. B. Verbaute Wandflächen). Auf diese Weise kann auch die Ausdehnung von befallenen Arealen eingegrenzt werden. Suspendierte Materialproben eignen sich auch für die Sanierungskontrolle. Die Analyse von Staubproben wird in erster Linie eingesetzt, um einen Eindruck von der Pilzbelastung der Luft über einen längeren Zeitraum zu gewinnen.

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Ad 5: Direkte Kultivierung einer Materialprobe Hier wird das zu untersuchende Material direkt auf Nährmedien, am Besten auch auf ein nährstoffarmes wie SNA, aufgelegt und inkubiert. Die Auswertung erfolgt indem man die Anzahl der Partikel mit Pilzwachstum zu denen ohne Pilzwachstum in Beziehung setzt. Vorteile: Sehr grobkörnige Materialien können untersucht werden, die Aufbereitung ist relativ unaufwändig. Nachteile: Dieses Verfahren ist für feinkörnige Materialien nicht geeignet und ist auch nur sinnvoll, wenn die Partikelgröße nicht zu sehr variiert. Außerdem ist eine Artdiagnose nur bedingt möglich, da einzelne Partikel auch von mehr als einem Pilz befallen sein können und Reinkulturen u. U. nur schwer herstellbar sind. Einsatz: Diese Methode eignet sich, wenn Materialien nur grob zerkleinert werden können oder das Material selbst aus relativ groben Partikeln besteht. In der Bodenbiologie wird dieses Verfahren häufig eingesetzt, kann also auch für Blumentopferde und Ähnliches herangezogen werden. Zusätzlich zu Standardnährmedien wie MEA und DG18 sollte noch ein nährstoffarmes Medium, z. B. SNA, verwendet werden. Ad 6: Direkte Mikroskopie von Materialproben Von Materialproben werden mikroskopische Präparate in entsprechenden Färbelösungen angefertigt und lichtmikroskopisch analysiert. Bei porösen Stoffen können Pulver, bei zäheren Stoffen (z. B. Bodenbeläge aus Kunststoff, Markisen, etc.) Schnitte als Objekte herangezogen werden. Steht ein gutes Auflichtmikroskop zu Verfügung so kann in manchen Fällen auch eine zerstörungsfreie Analyse erfolgen. Vorteile: Es können alle Pilze, auch nicht kultivierbare, nachgewiesen werden. Die Eindringtiefe der Pilze in das Material kann festgestellt werden wenn Dünnschnitte eingesetzt werden. Nachteile: Bei geringer Pilzdichte ist es schwer den Nachweis zu erbringen, eine Differenzierung der Pilzarten bzw. Gattungen ist nur bei hohem Sachverstand möglich. Einsatz: Vor allem bei Materialien, die sich schlecht homogenisieren und suspendieren lassen (Kunststoffe, Holz) kann mit direkter Mikroskopie ein Pilznachweis erbracht werden. Zur Unterscheidung zwischen Pilzbefall und bloßer Kontamination kann diese Methode eingesetzt werden. Bei oberflächlichem Befall und der Verfügbarkeit entsprechender Ausrüstung kann auch eine zerstörungsfreie Analyse erfolgen (z. B. Kunstgegenstände) Für die Beurteilung der Pilzbelastung von Materialproben gibt es keine allgemeingültigen Richtlinien oder Grenzwerte. Es obliegt hier dem/der Sachverständigen eine Einordnung vorzunehmen. Ein wichtiger Parameter ist die Belastung einer Referenzprobe gegenüber Proben aus dem zu beurteilenden Schaden. Der Referenzprobe kommt eine besondere Bedeutung zu, weil prinzipiell jedes Material eine gewisse Pilz“belastung“ aufweist. Die Unterschiede zwischen Referenz und Schadprobe können sich sowohl in der Gesamtkeimzahl als auch im Artenspektrum manifestieren. Es kann vorkommen, dass sich die Referenzprobe von der Schadprobe in der pilzlichen Gesamtkeimzahl kaum unterscheidet, dort aber Indikatorarten für Feuchtigkeit (v. a. Stachybotrys chartarum, Aspergillus versicolor, Acremonium spp., Chaetomium spp.) nachgewiesen werden. Bei der Beurteilung ist auch darauf zu achten ob opportunistisch

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Symposium Pilze im Innenraum J. Rainer Raiffeisenhof, 2006 Materialuntersuchungen

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pathogene oder allergologisch und toxikologisch relevante Pilzarten wie z. B. A. fumigatus, A. terreus, S. chartarum, Alternaria alternata, Fusarium spp. etc. nachgewiesen werden. Das bedeutet auch, dass eine ausreichende Artenkenntnis beim Begutachter vorhanden sein muss, um eine qualitativ hochwertige Analyse und Beurteilung vornehmen zu können. Ein weiteres Kriterium ist die Ausdehnung des Befalls. Hier werden in der Literatur Kategorien vorgeschlagen die sich auf die Ausdehnung der befallenen Flächen beziehen (< 20 cm², < 0,5 m², > 0,5 m²). Ob solche Unterscheidungen angewendet werden hängt von den Einzelfällen und den dazugehörigen Fragestellungen ab. Im Vortrag werden die hier dargestellten Proben anhand von Beispielen dargestellt. Kontakt zum Autor:

MMag. Johannes RAINER Institut für Mikrobiologie, LF-UNI-Innsbruck A-6020 Innsbruck, Technikerstraße 25 Tel. +43 (0)512 507 6024 Fax: +43 (0)512 507 2938 E-Mail: [email protected] www.uibk.ac.at/microbiology

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Symposium Pilze im Innenraum R. Schlacher Raiffeisenhof, 2006 Ortsbegehungen im Rahmen von Schimmelpilz-Schadensfällen

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Ortsbegehungen im Rahmen von Schimmelpilz-Schadensfällen R. Schlacher LUIS – Landes-Umwelt-Information Steiermark, Amt der Steiermärkischen Landesregierung

Schimmelpilze stellen einen wohnhygienischen Missstand dar. Um eine Beurteilung der Raumluftsituation vor Ort durchführen bzw. eine Empfehlung zur Verbesserung dieser abgeben zu können, ist eine Ortsbegehung samt ausführlicher Befundaufnahme erforderlich. Die Dienstelle LUIS - Landes-Umwelt-Information der FA 17A beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung nimmt jährlich zwischen 300 und 400 Anrufe im Zusammenhang mit Schimmelpilzwachstum im Innenraum entgegen. Der Großteil der InteressentInnen kann am Telefon zufriedenstellend beraten werden. Bei rd. 25% der InteressentInnen stellt sich das Problem so komplex dar, dass eine Ortsbegehung in den betroffenen Wohnräumen erforderlich erscheint. Im Rahmen dieser Ortsbegehungen gilt es zu klären, ob eine Belastungssituation vorliegt bzw. wenn eine vorliegt, wie hoch diese ist. Zusätzlich werden bauphysikalische Messungen durchgeführt, die darauf abzielen, die Ursachen für die Misere zu eruieren. Ortsbegehung Die Ortsbegehung, die im günstigen Fall in der Heizperiode stattfindet, kann bei geübten Sachverständigen viele Zusammenhänge des Schimmelpilz-Problems offenbaren. Die Ortsbegehung findet bei worst-case Bedingungen statt. Das bedeutet, dass die betroffenen Räume 6–8 Stunden vor der Ortsbegehung nicht mit Frischluft versorgt wurden. Damit ergibt sich automatisch eine Anreicherung der Luft mit Sporen und es stellt sich ein dem Raum entsprechendes Raumklima ein. Ein adaptiertes Begehungsprotokoll, das im Grunde jenem des Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen des UBA Berlin entspricht, ist die Grundlage der schriftlichen Aufzeichnungen vor Ort. Darin werden vor allem alle wesentlichen Parameter im Benutzerverhalten erhoben. Gleichzeitig werden wesentliche Raumluftparameter wie Raumluft-Temperatur und rel. Luftfeuchtigkeit gemessen, die zur Bestimmung des Taupunktes herangezogen werden. Eine Messung der Oberflächentemperatur im Bereich bzw. in der Umgebung des Schimmelpilzbefalls bzw. an kritischen Bauteilen ermöglicht in der Heizperiode die Lokalisierung und die flächenhafte Eingrenzung von Wärmebrücken. Zusätzlich können noch Messungen der Feuchtigkeit von Bauteilen durchgeführt werden. Sommerbegehungen sind schwieriger anzulegen, da der bauphysikalische Nachweis von Wärmebrücken nicht möglich ist.

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Bei sommerlichem Schimmelpilz-Wachstum spielen andere Aspekte wie Kapillartransport von Wasser, anstehendes Hangwasser etc. eine entscheidende Rolle. Gerade nach niederschlagsreichen Sommermonaten können auch innenliegende Konstruktionsteile von Wasserschäden geprägt sein. Hier zeigen undichte bzw. mangelhaft ausgeführte Feuchtigkeitsisolierungen ihre Auswirkungen. Wenn es im Bereich der Zwischenwände zu Schimmelpilz-Wachstum kommt, so sind die Schäden umfangreich und deren Beseitigung erfordert aufwändige Maßnahmen. Diesen Problemen ist mit angepasstem Benutzerverhalten nicht mehr beizukommen. Da im Rahmen des Lokalaugenscheines nur Verdachtsmomente aufgenommen werden können, kann dieser in komplexen Fällen eine detaillierte bauphysikalische Untersuchung nicht ersetzen. Bei der Ortsbegehung sind auch die Geruchswahrnehmungen von Bedeutung. Schimmelpilz-assoziierte Belastungen können olfaktorisch wirksam werden. Typische Moder- oder Schwammerlgerüche (MVOCs) können ein Hinweis auf z.B. verdecktes Pilzwachstum im Bereich von Böden bzw. Verkleidungen sein. Nutzerverhalten contra Bausubstanz – Trends bei der Ursache von Schimmelpilz-Problemen Aus den zahlreichen Ortsbegehungen der letzten Jahre zeichnen sich folgende Trends ab: Immer häufiger kommt es zu Überbelegungen von Wohnräumen, was sich in einem Missverhältnis zwischen angebotenem Raum und Anzahl der Raumnutzer äußert. Wenn 35 m² große Garconnièren an 4-köpfige Familien vergeben werden, kommt es an den kalten Außenbauteilen auch bei normaler Raumnutzung rasch zu Taupunktunterschreitungen. Sind die betroffenen Gebäudehüllen noch von einem höheren Wärmeverlust geprägt, wird dieser Taupunkt rasch erreicht und Schimmelpilzwachstum stellt sich ein. Eine hohe Raumluftfeuchtigkeit und wassergesättigte Bauteile können durch normales Lüften und Heizen der Räume nicht mehr kompensiert werden. Im sozialen Wohnbau sind zahlreiche Wohnungen am Markt, die nicht mit Zentral- oder Etagenheizungen ausgestattet sind. Einzelöfen – meist Öl- oder Gasöfen – versorgen von einem zentralen Raum aus auch die peripheren Räume. Dies führt in den einzelnen Räumen zu unterschiedlichsten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsniveaus. Gerade die peripheren Schlafräume sind dann von einem kühlen und feuchten Raumklima geprägt. Hier wird oft unzureichend versucht, die Raumtemperatur mit Hilfe von elektrisch betriebenen Heizgeräten zu heben, jedoch wird dieser Versuch nach kurzer Zeit aus Gründen zu hoher Heizkosten wieder eingestellt. Diese schlechte Heizungs-Grundausstattung der Wohnungen verursacht gerade bei sozialschwachen Mitgliedern unserer Gesellschaft hohe Heizkosten und fördert indirekt auch das Schimmelpilzwachstum. Es kommt hinzu, dass dieser soziale Wohnbau durch Gebäude geprägt wird, die in der Nachkriegszeit bis Mitte der 1970er Jahre errichtet wurden und sich dadurch auszeichnen, dass sie einen hohen Wärmeverlust aufweisen. Deren Außenbauteile sind oft dünnwandig und ungedämmt, was raumseitig zu niedrigeren Oberflächentemperaturen führt. Im Zusammenhang mit der unzureichenden Beheizungsmöglichkeit kommt es an diesen rasch zu Kondenswasser-Erscheinungen und zu Schimmelpilz-Wachstum. In diesen Gebäuden kommt es in den letzten Jahren durch eine geänderte Struktur innerhalb der dort lebenden Familien zu Lebensbedingungen, die von höheren Luftfeuchtigkeitswerten begleitet werden. Einst war in den meisten Familien ein Mitglied für den Haushalt zuständig. Damit war auch die Aufgabenverteilung puncto Heizen und Lüften vergeben. Gerade der Lüftungsvorgang nach dem morgendlichen Duschen sorgt für ein behagliches Wohnraumklima. Wenn es erforderlich war, wurden diese Wohnungen mehrmals am Tag gelüftet.

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Heute sind dieselben Wohnungen von Familien bewohnt, deren beide erwachsene Erhalter berufstätig sind und die Kinder zumindest den halben Tag in der Schule verbringen. Somit käme dem morgendlichen Lüftungsvorgang eine besondere Bedeutung zu, in der Praxis wird jedoch diesem essentiellen Lüftungsvorgang kaum bzw. nur in unzureichendem Maße nachgekommen. Die Folge sind Gebäude, die über 30-40 Jahre ohne Schimmelpilzwachstum waren, jedoch heute vermehrt von diesem Problem heimgesucht werden. Der Lokalaugenschein, die Auswertung des Begehungsprotokolls und die vor Ort durchgeführten Messungen sind Grundlage für eine mögliche Adaptierung des Benutzerverhaltens bzw. für weitere bauliche Sanierungsmaßnahmen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass nur ein geringer Anteil der Schimmelpilz-Probleme entweder allein benutzerbedingt oder allein gebäudebedingt verursacht werden. Meist liegen die Ursachen der Probleme sowohl nutzer- als auch gebäudebedingt vor. Dabei gilt es die primären Ursachen festzustellen und diese entsprechend abzustellen. Eine solide Dokumentation der Tatsachen die im Rahmen der Ortsbegehung erhoben werden, ermöglichen es dem Sachverständigen ein treffsicheres Ergebnis zu liefern. Ursachen für Schimmelpilzwachstum in Innenräumen

durch die Beschaffenheit des Gebäudes

durch die Nutzung des Gebäudes

durch innere Einwirkungen

konstruktiv vorhanden

durch äußere Einwirkungen

im Neubau

Entstehung von Feuchtigkeit in Wohnräumen

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Benutzerbedingte Ursachen

Unzureichendes Beheizen: Räume werden bewusst auf niedrigem Temperaturniveau gehalten (Schlaf- u. Nebenräume) Räume sind nur mit Einzelöfen unzureichend beheizbar Unbeheizte Abstellräume bzw. Speisen, aufgrund der Lage ergibt sich ein Kondensatproblem

Unzureichendes Belüften der Räume: Das morgendliche Lüften wird unzureichend gehandhabt Ineffizientes Kipplüften statt effizientem Stoßlüften Räume in denen geschlafen, Wäsche getrocknet, gekocht, gewaschen etc. wird, werden

unzureichend gelüftet

Einrichtungsgegenstände: Außenbauteile mit hohem Wärme-Durchgangsverlust werden mit Mobiliar verstellt Großflächige Wandverbauten im Bereich von Außenbauteilen Dichte Vorhänge schirmen Außenwandecken bzw. Fenster ab Heizkörperverkleidungen verhindern Luftzirkulation

Gebäudebedingte Ursachen: Bauschäden an der Gebäudehülle/Dach Rohrbruch, Haarrisse in der Wasserinstallation Unzureichende Feuchtigkeitsisolierung Konstruktive Wärmebrücken Nach Sanierung mit Wärmeverbundsystem, neue Fenster etc. Neubaufeuchte Überbelegung von Wohnräumen

Letztendlich kann nur eine systematische Ortsbegehung als Grundlage für die Ursachenfindung und Beseitigung komplexer Schimmelpilzprobleme dienen. Nach Auswertung sämtlicher Messungen wird für jeden Beratungsfall ein Dossier abgefasst, wobei alle Details zur Ursachenfindung aufgelistet werden. Zusätzlich werden sämtliche Messergebnisse ausgewiesen und fachlich interpretiert. Darauf aufbauend werden Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtsituation empfohlen. Kontakt zum Autor: Mag. Dr. Robert SCHLACHER LUIS – Landes-Umwelt-Information Steiermark FA17A – Amt der Steiermärkischen Landesregierung 8010 Graz, Landhausgasse 7 Tel: +43 (316) 877 - 2129 Email: [email protected] www.umwelt.steiermark.at

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Anhang Bilder:

Abb. 1: Ineffizientes Lüften in der Heizperiode durch Kipplüften statt Stoßlüften.

Abb. 2: Einzelraumheizung: unmittelbar warme Umgebung, kalte Peripherie.

Abb. 3: Verstellen kalter Außenbauteile führt zu massivem Schimmelpilz-Wachstum.

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Abb. 4: Konstruktive Wärmebrücke an nachträglich eingebauter Norm-Balkontür.

Abb. 5: Schäden am Dach als Ursache für Schimmelpilzschäden.

Abb. 6: Unzureichende Feuchtigkeitsisolierung gegenüber Hangwässer.

Abb. 7: Messung wesentlicher Umgebungsparameter.

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Ursachenermittlung und analytische Vorgangsweisen bei Auftreten von Schwarzstaubbelastungen (Fogging) in Gebäuden P. Tappler, B. Damberger, F. Twrdik INNENRAUM Mess- & Beratungsservice/ Österreichisches Institut für Baubiologie und –ökologie, Wien Einleitung Das Phänomen plötzlich aufgetretener Ruß- und Staubablagerungen in Wohnungen, bei denen von teilweise großflächigen Verfärbungen und Belegen auf Wand-, Fenster- und Möbelflächen berichtet wird, wird immer wieder in der Fachliteratur erwähnt. In manchen Fällen wird die Belastung mit Schimmelbefall verwechselt. Die Bewohner werden durch diese Staubablagerungen in ihrer Wohnqualität stark beeinträchtigt, in manchen Fällen sind die betroffenen Wohnungen nicht mehr benutzbar. Weiters wird in der Regel befürchtet, dass die Ablagerungen möglicherweise gesundheitsschädlich wirken könnten. In fast keinem der geschilderten Fälle konnte eine einfache Ursache dieser Staubimmissionen aufgefunden werden. In zahlreichen Fällen lagerte sich der schwarz gefärbte Staub vor allem an kälteren Flächen, wie Außenwänden sowie an elektrostatisch aufgeladenen Oberflächen wie Bildschirmen oder Kunststoffflächen ab. Eine Umfrage des UBA-Berlin zeigte, dass fast immer eine Renovierung der Wohnung in der letzten Zeit vorgenommen wurde. Eine Hypothese war, dass bei dieser Renovierung verschiedene Lösemittel (leicht- und schwerflüchtige organische Verbindungen) verstärkt eingesetzt worden sein, die in der Folgezeit in die Raumluft freigesetzt werden. Die schwerer flüchtigen organischen Verbindungen und die längerkettigen Kohlenwasserstoffe könnten dabei auch noch längere Zeit nach erfolgter Anwendung in die Raumluft abgegeben werden. Derartige Verbindungen lagern sich aufgrund ihres Dampfdruckverhaltens zudem zu einem Großteil an vorhandene Staubpartikel in der Luft an, rekondensieren also an diesen und scheiden sich mit den Staubpartikeln insbesondere auf kälteren Wand- und Fensterflächen ab (Fogging-Effekt). Die Staubablagerung bzw. -abscheidung wird dabei vermutlich durch zusätzliche Wärme- und Isoliermaßnahmen, die den natürlichen Luftwechsel in der Wohnung beeinträchtigen, unterstützt. Ebenso kann ein zusätzliches Abbrennen von Kerzen und der Gebrauch von Öllämpchen in der Winterzeit zu einer Verstärkung der Staubablagerungen beitragen, der Staub kann dann als "schmierig/ölig" bezeichnet werden [8]. Neben Luftströmungen in Gebäuden werden folgende weitere Ursachen (in unterschiedlicher Kombination) angegeben [10]:

• bauliche Mängel, wie etwa kalte Wandbereiche oder Wärmebrücken, an denen sich bevorzugt Staubpartikel absetzen,

• ein verstärkter Gebrauch von Öllämpchen und rußenden Kerzen während der Winterzeit,

• ein erhöhtes elektrostatisches Potenzial in der Raumluft,

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• ungünstige strömungstechnische Einflüsse, wie etwa Verwirbelungszonen aufsteigender Luft im Raum,

• eine erhöhte Staubkonzentration in der Raumluft durch Tabakrauch usw.,

• das Abschalten der Heizung während Abwesenheit der Wohnungsnutzer. Das meint nicht die Drosselung der Heizkörperthermostaten, sondern deren völliges Abschalten – was übrigens auch aus energetischen Gründen oft gar nicht vorteilhaft ist,

• ein ungenügender Luftaustausch, zum Beispiel durch unzureichendes Lüften.

Gezielte und vor allem wirksame Maßnahmen zur Verringerung der plötzlichen Staubablagerungen wurden bisher nur in wenigen Fällen dokumentiert. Danach war in zwei Fällen ein kräftiges Lüften und Heizen der betroffenen Räume und eine rigorose Entfernung aller möglichen Quellen, auch von Zusatzquellen, wie Öllampen, Vinylschaumtapeten etc., die allesamt schwer flüchtige organische Verbindungen in die Raumluft emittieren können, erfolgreich [8]. Obiges Erklärungsmodell ist jedoch für einen Teil der in der Praxis auftretenden Fälle nicht anwendbar. Emissionen von Kunststoffen, die sich am Hausstaub niederschlagen, können hier die auftretende Schwarzfärbung nicht erklären. Untersuchungen des Feinstaubes von foggingfreien Wohnungen ergaben in vielen Fällen nicht abweichende Zusammensetzungen bezüglich mehrerer leicht- und schwerflüchtiger Bestandteile [9]. Die Möglichkeit der Undichtheit innerhalb des Rauchgassystems wird ebenfalls diskutiert, es wurde eine derartige Undichtheit jedoch noch in keinem Fall dokumentiert. Ursachenermittlung In allen unten beschriebenen Fällen traten die Nutzer der Räume respektive Vermieter an das INNENRAUM Mess- & Beratungsservice heran, um die Ursache der auftretenden Staubablagerungen in den betroffenen Wohnungen zu finden. In nahezu allen Fällen fasste sich der Staub als "schmierig/ölig" an, der schwarz gefärbte Staub lagerte sich vor allem an kälteren Flächen, wie Außenwänden sowie an elektrostatisch aufgeladenen Oberflächen ab. Es wurden in der überwiegenden Zahl der Fälle Tracergasuntersuchungen durchgeführt, in mehreren Fällen Untersuchungen des PAH-Spektrums von Wischproben bzw. Proben der Wandoberfläche sowie Hausstaubuntersuchungen. Fallweise wurde die Raumluft zur Absicherung auf flüchtige Kohlenwasserstoffe (VOC) und Schimmelpilzsporen untersucht. In etwa der Hälfte der Fälle konnte die Ursache der auftretenden schwarzen Staubablagerungen durch eine Kombination der nachfolgend beschriebenen Methoden gelöst werden.

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Analytik Zur Untersuchung des interzonalen Massentransfers wurde eine Tracergastechnik eingesetzt. Als Tracergas wurde das in der Umwelt praktisch nicht vorkommende Gas Schwefelhexafluorid (SF6) eingesetzt, das sich in ähnlichen Fragestellungen bewährt hat. Die Detektion erfolgte mittels photoakustischer Infrarotspektroskopie (Bruel & Kjær, Single-gas Monitor Typ 3425). Die Methode wurde bereits für die unterschiedlichen Anwendungsbereiche vorgestellt [3,4]. Tracergastechniken wurden in Einzelfällen erfolgreich dazu verwendet, Luftströmungen in Gebäuden zu quantifizieren [6] bzw. interzonalen Massentransfer zu charakterisieren [1,2,5]. Die bei den Untersuchungen durchgeführten Analysen auf flüchtige Kohlenwasserstoffe erfolgten analog der VDI-Richtlinie VDI 3482 Blatt 4. Die Analyse der Einzelverbindungen erfolgte mittels Kapillargaschromatographie mit gekoppeltem Massenspektrometer (Shimadzu QP 5000) unter Verwendung einer DB 624 fused silica Kapillarsäule (J&W Scientific), wobei die Einzelverbindungen unter Verwendung externer und interner Standards bestimmt wurden. Die Analyse der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAH) erfolgte mittels Kapillargas-chromatographie mit gekoppeltem Massenspektrometer (Fisons MD 800) unter Verwendung einer DB 5 fused silica Kapillarsäule (J&W Scientific). Als interne Standards wurden deuterierte Einzelsubstanzen eingesetzt. Der Keimgehalt der Luft (Schimmelpilzsporen) wurde mittels Impaktationsverfahren bestimmt. Als Luftkeimsammler wurde das Gerät RCS der Fa. BIOTEST eingesetzt. Bei den verwendeten Nährmedien handelte es sich um YM-Luftkeimindikatoren, die zur Unterdrückung des Bakterienwachstums die Substanzen Bengalrot sowie Streptomycin enthalten. Fallbeispiele Im Folgenden werden die Fälle, in denen die Ursache der Schwarzstaubablagerungen aufgefunden werden konnte, in Gruppen zusammengefasst.

Ursache: Luftströmung von einer Garage in Wohnräume

Wohnungen in mehrstöckigen Wohngebäuden befinden sich in vielen Fällen über meist von den Wohnungsmietern frequentierten Garagen. In vier Fällen konnten unkontrollierte Luftströmungen von der Garage in die Wohnungen nachgewiesen werden, wobei in zwei Fällen die Wohnung unmittelbar über der Garage lag. Zur Abklärung, ob ein Stofftransfer von der Garage in die Wohnräume möglich ist, erfolgte in der Garage eine stoßweise Freisetzung von Tracergas. Unmittelbar nach der Freisetzung konnte Tracergas in der Raumluft der Wohnungen nachgewiesen werden.

In den Fällen, in denen die Wohnung direkt über der Tiefgarage angeordnet waren, wurden in der Trittschalldämmung jeweils deutlich höhere Konzentrationen als in der Raumluft detektiert. Durchtrittswege waren Undichtigkeiten in der Deckenkonstruktion (Leitungs-durchführungen, Abflusskanäle, Wasserleitungen). Ein permanent betriebener Abluftventilator in einer der Wohnungen, der verbunden mit einer sehr geringen Fugenlüftung (dicht

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schließende Fenster) Unterdruck in der Wohnung erzeugte, verstärkte den Transfer von Feinstaubpartikeln aus der Tiefgarage.

Im Fall einer Wohnung im 3. Geschoß erfolgte der Eintrag von schwarzem Staub aus einer Tiefgarage über einen nicht in Benützung stehenden Notkamin. Eine rein optische Inspektion des Notkamins ergab keinerlei Hinweise auf schwarzen Staub im Kamin, mittels der angewandten Tracergastechnik konnte jedoch die Luftströmung neben dem Verschlussdeckel eindeutig nachgewiesen werden. Nach sorgfältiger Abdichtung des Deckels und Deaktivierung des Abluftventilators konnte kein weiterer Eintrag von Schwarzstaub beobachtet werden.

In einem weiteren untersuchten Fall erfolgte der Eintrag von schwarzem Staub in die Wohnung im 4. Geschoß über einen Liftschacht, aus dem die Luft in die Trittschalldämmung der Wohnung strömte. Auch hier verstärkte ein Abluftventilator, der in der Wohnung Unterdruck erzeugte, den Transfer von Feinstaubpartikel aus der Tiefgarage.

Ursache: Verbrennungs- oder Verschwelungsprozesse in der Wohnung

Mittels Untersuchung des PAH-Spektrums des Schwarzstaubes konnte der Abbrand von Kerzen als Quelle von in einer Dachgeschoß-Wohnung plötzlich auftretenden Schwarzstaubbelastung festgemacht werden. Der Schwarzstaub zeigte ein ähnliches PAH-Spektrum wie der im Labor durch eine Versuchsanordnung gewonnene Kerzenruß, jedoch ein deutlich unterschiedliches Spektrum als der ebenfalls schwarz gefärbte Straßenstaub vor den Fenstern der Wohnung (siehe Abb. 1 - 3). Die charakteristischen Verteilungen der einzelnen PAK des Staubes im Bereich des Heizgerätes und des im Zuge eines Laborversuchs gewonnenen Kerzenrußes stimmten weitgehend überein.

Als Leitsubstanzen wurden in diesen Proben die Substanzen Phenanthren, Fluoranthen und Naphtalin detektiert. Eine Versuchsanordnung mit der aus der Wohnung stammenden Kerze, bei der der Abgasstrom der Kerze durch ein vertikales, zylindrisches Rohr geleitet wurde, an dessen Oberseite sich eine Steingutplatte befand, zeigte, dass schon bei leichten Luftbewegungen eine relevante Rußbildung gegeben war, der Ruß setzte sich dabei an der kühleren Steingutplatte ab.

In einer weiteren Wohnung in einer zweigeschossigen Villa trat extrem starke Schwarzstaubbelastung auf. Die Ursache, die mittels vergleichender PAH-Analytik gefunden wurde, waren Verschwelungsvorgänge hinter einem Kühlschrank in der Küche.

In mehreren Fällen konnte ein Zusammenhang zwischen dem Abbrand von Kerzen, Tabakrauchen und auftretender Schwarzstaubbelastung festgestellt werden.

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Abb. 1: PAH-Spektrum Rußteilchen im Bereich Heizgerät

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Abb. 2: PAH-Spektrum Ruß von Abgasungsversuch Kerze

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Abb. 3: PAH-Spektrum Ruß von Balkon Wohnung.

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Ursache: Stillgelegter Kamin In einer Wohnung im obersten Geschoß eines dreigeschossigen Wohngebäudes traten insbesondere in der Küche und im Wohnraum Schwarzstaubbelastungen an den Zimmerwänden auf. Die an bestimmten Stellen der Wohnung sowie im Kamin entnommenen Staubproben wurden auf polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) untersucht. Insbesondere sollte festgestellt werden, ob sich die Quelle des Schwarzstaubes im Bereich der Warmwassertherme befindet. Weiters sollte festgestellt werden, ob die im Wohnraum verwendete Kerze als Quelle des Schwarzstaubes in Frage kommt. Der Spektrenvergleich zeigte keinerlei Übereinstimmung des Schwarzstaubes mit den Spektren einer Kerze sowie der Ablagerungen im Abgasrohr der Warmwassertherme (siehe Abb. 4 - 5). Die Vermutung des Wohnungsnutzers, dass die im Dachboden in größerer Menge vorhandenen Rußansammlungen in die Wohnung vertragen werden, konnte durch eine Tracergasmessung als unwahrscheinlich ausgeschlossen werden.

Eine genaue Inspektion des Küchenbereichs der Wohnung ergab, dass ein vertikaler, stillgelegter Kamin, in dem sich große Mengen Ruß befanden, die Quelle des Schwarzstaubes darstellte. Es konnte ein Luftstrom vom Kamin in die Wohnung nachgewiesen werden. Neben dem Verschlussdeckel des Kaminanschlusses strömte vor allem bei Tiefdruckwetterlage mit Ruß angereicherte Luft in die Küche, wurde dort von der Konvektionsströmung des Kühlschrankes erfasst und weitertransportiert. Folgerichtig konnten über dem Kühlschrank auch die stärksten Ablagerungen mit dem höchsten Anteil stärker flüchtiger Komponenten festgestellt werden.

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Abb. 4: PAH Spektrum Wischprobe Küche.

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Abb. 5: PAH Spektrum Kaminstaub.

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Diskussion In der überwiegenden Zahl der untersuchten Fälle mit Schwarzstaubablagerungen konnte eine im Gebäude befindliche Garage als Quelle der Staubablagerungen identifiziert werden. Weitere Quellen waren stillgelegte Kamine, Verbrennungs- bzw. Verschwelungsprozesse in der Wohnung selbst, Abbrand von Kerzen und Tabakrauch (starkes Rauchen). Es zeigte sich, dass die

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Verwendung weichmacherhaltiger Produkte nicht zwangsläufig zu den schwarzen Ablagerungen führen muss, sondern in der Regel erst im Zusammenwirken mit den genannten anderen Faktoren dazu führen kann [10].

Die in mehreren Fällen eingesetzte Tracergasmethode erweist sich als aussagekräftiges und hilfreiches Instrument, gebäudediagnostische Probleme in Zusammenhang mit schwarzen Staubbelastungen zu lösen. Die Methode ist leicht anzuwenden und liefert sofort verfügbare Ergeb-nisse.

VOC-Analysen, die häufig bei derartigen Problemen angewendet wurden, führen dagegen unserer Meinung nach nicht zu eindeutigen Ergebnissen, vor allem lassen sie keine Rückschlüsse auf die Durchtrittswege der Staubpartikel von der Quelle in die betroffenen Wohnungen zu.

Zusammenfassung Bei der Diagnose von Schimmelbelastungen werden in manchen Fällen Schwarzstaubablagerungen mit Schimmelbefall verwechselt. An mehreren Fallbeispielen werden Vorgehensweisen zur Lösung von auftretenden Ruß- bzw. Schwarzstaubablagerungen in Wohnungen dargestellt. Berichtet wird über das Auffinden der oft komplexen Ursachen der Belastungen an Wänden und Einrichtungsgegenständen mittels unterschiedlicher analytischer Techniken. Ursachen waren in etwa der Hälfte der bisher behandelten Fälle interzonaler Massentransfer aus Garagen, in anderen Fällen Verschwelungserscheinungen bei Elektrogeräten, Abbrand von Kerzen sowie Rußeinträge aus stillgelegten Kaminen. Es werden die Ursachenermittlung, gegebenenfalls der Ablauf der Schadstoffmessungen, sowie die Sanierungsstrategien dargestellt. In den berichteten Fällen führten insbesondere die Anwendung einer Tracergastechnik, Hausstaubuntersuchungen sowie PAH-Spektrenvergleiche zu den erwünschten Aussagen. Literatur [1] Kvisgaard B; Schmidt L (1991): Interzonal airflow measurement – a tool to solve pollution problems.

12th AIVC Conference, Ottawa, Canada. [2] Tappler P, Damberger B (1996) Interzonal airflow from garages to occupied zones as one reason for building

related illness: three case studies using tracer gas measurements. In INDOOR AIR '96 – Proc. 7th Internat. Conf. of Indoor Air Quality and Climate, Nagoya Japan, Vol. 4. 119-124

[3] Raatschen W (1995): Tracergasmessungen in der Gebäudetechnik Teil 2. In: Gesundheits-Ingenieur-Haustechnik-Bautechnik-Umwelttechnik 116/ 1995, Heft 3. 129-138

[4] Tappler P, Sulzner M, Burtscher I, Scheidl K (1996): Indoor formaldehyde concentrations and air exchange rates in austrian prefabricated houses. In: INDOOR AIR '96 – Proc. 7th Internat. Conf. of Indoor Air Quality and Climate, Nagoya Japan, Vol. 2. 103-108

[5] Tappler P, Damberger B (1996): Interzonaler Schadstofftransfer in Gebäuden als Ursache von Geruchsproblemen; Vorgehensweise, Einsatz der Tracergastechnik, Sanierung. VDI-Berichte 1373 „Gerüche in der Umwelt, Innenraum- und Außenluft“, Tagung Bad Kissingen, 4.-6.3.1998. 489-500

[6] Haghighat F, Fazio P, Rao J (1990): Experimental Analysis of Air Flow in a Residential Building. In: INDOOR AIR '90 – Proc. 5th Internat. Conf. of Indoor Air Quality and Climate, Toronto, Canada, Vol. 4. 373-378.

[7] Breum N.O (1992): Diagnosis of Ventilation by Single-Tracer Gas Techniques. Indoor Air Supplement No 1/93.

[8] Moriske HJ (1996): Mitteilung des Instituts für Wasser-, Boden- und Lufthygiene, Umweltbundesamt, zit. in Umweltdatenbank.

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Symposium Pilze im Innenraum P. Tappler, B. Damberger, F. Twrdik Raiffeisenhof, 2006 Ursachenermittlung - Fogging

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[9] Maes W (1997): Fogging – Plötzliche Staubablagerungen in Innenräumen. Wohnung und Gesundheit 6/97. 36-37

[10] UBA (2001): Wenn die Wände in der Wohnung plötzlich schwarz werden. Internet vom 15.01.2006. www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/presse-informationen/pd4501.htm

Kontakt zu den Autoren: Dipl.Ing. Peter TAPPLER Dipl.Ing. Bernhard DAMBERGER Dipl.Ing. Felix TWRDIK INNENRAUM Mess- & Beratungsservice Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie Arbeitskreis Innenraumluft am BMLFUW 1150 Wien, Stutterheimstraße 16-18/2 Tel: +43 (664) 300 80 93 Email: [email protected] Web: www.innenraumanalytik.at

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Symposium Pilze im Innenraum H. Mayrhofer Raiffeisenhof, 2006 Holzzerstörende Pilze in Innenräumen

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Holzzerstörende Pilze in Innenräumen H. Mayrhofer Institut für Pflanzenwissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz

Die Holz zerstörenden Pilze beeinträchtigen die mechanischen Eigenschaften des Holzes durch den Abbau von Lignin, Cellulose und Hemicellulosen. Man unterscheidet Moderfäule-, Braunfäule- und Weißfäulepilze entsprechend ihrer Fähigkeit, die genannten Bestandteile des Holzes abzubauen. Die Moder- und Braunfäulepilze bauen Cellulose und Hemicellulosen ab; Weißfäulepilze verwerten zusätzlich Lignin. Bei einer Braunfäule lässt sich das Holz zwischen den Fingern zu einem braunen Pulver zerreiben, eine Weißfäule zeichnet sich durch fasrig-fransiges, gebleichtes Holz aus. Im Folgenden werden die wichtigsten Pilze vorgestellt, die auf bzw. im Holz in Gebäuden (Balken, Böden, Sparren, etc.) vorkommen. Moderfäule

Die Moderfäule verursachenden Pilze sind auf sehr hohe Materialfeuchte angewiesen und befallen Hölzer, die in ständigem Wasserkontakt stehen (z. B. in nassem Erdreich). Diese Pilze wachsen hauptsächlich innerhalb der verholzten Zellwand. Beispiele: Chaetomium globosum (Ascomycetes), Paecilomyces spp. (Deuteromycetes).

Weißfäule Dieser Fäuletyp tritt bevorzugt an Laubholz in der Natur auf. Weißfäulepilze bauen Cellulose, Hemicellulosen und Lignin ab. Sie treten in Gebäuden vergleichsweise selten auf. Der bekannteste Vertreter ist Donkioporia expansa, der Eichenporling. Der deutsche Name ist irreführend, weil auch häufig Nadelhölzer wie Fichte, Kiefer und Tanne befallen werden. Dieser Pilz ist auf feuchtes bis nasses Holz angewiesen und kommt bevorzugt in Feuchtebereichen wie Küchen und Bädern vor [3]. Der Eichenporling konnte in Innenräumen in der Steiermark bisher nicht nachgewiesen werden. Braunfäule Braunfäulepilze bauen Cellulose und Hemicellulosen ab. Das Lignin bleibt in modifizierter Form erhalten. Nadelhölzer werden vor allem besiedelt. Die Braunfäule ist der häufigste Fäuletyp im Innenbau. Der würfelförmige Zerfall des Holzes ist charakteristisch für den Befall durch einen Braunfäulepilz. Zu den wichtigsten Braunfäulepilzen im Wohnbereich gehören Gloeophyllum-Arten, Antrodia vaillantii, Coniophora puteana und Serpula lacrymans.

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Symposium Pilze im Innenraum H. Mayrhofer Raiffeisenhof, 2006 Holzzerstörende Pilze in Innenräumen

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Blättlinge Die Blättlinge (Gloeophyllum spp.) sind die gefährlichsten Holzzerstörer des im Freien verbauten Nadelholzes; vom Zaunblättling wird auch Laubholz befallen. In Gebäuden sind sie wichtig als Zerstörer von Holzfenstern („Fensterholzpilz“), wo sie leicht nach Verletzen der Lackschicht eindringen können; außerdem kommen sie nach Wasserschäden im Dachbereich vor. Sie befallen das Holz von innen heraus (Innenfäule). Die Pilzsporen dringen über Holzrisse ein, keimen dort aus und bilden braun gefärbte Fäulnisnester. Die Holzoberfläche bleibt intakt, während das Innere bereits weitgehend zerstört ist. Der Befall tritt unabhängig von einer Feuchtigkeitsquelle auf, auch in freier Luft- und exponierter Sonnenlage. Bei starker Austrocknung des Substrates können diese Pilze in eine Trockenstarre verfallen. Nach erneuter Befeuchtung setzen sie den Holzabbau fort. Ein Oberflächenmycel tritt normalerweise nicht auf. Die häufig auftretenden Fruchtkörper brechen aus Spalten des bereits weitgehend zerstörten Holzes hervor. Sie sind lederartig korkig und sehr vielgestaltig, konsolen- oder leistenartig, je nach Lage der Holzoberfläche. Auf der Unterseite findet man parallel gestellte, lederartige Lamellen oder Balken, die je nach Art unterschiedlich weit voneinander entfernt stehen. Blättlinge sind in der Steiermark weit verbreitet. Porenschwämme Die Porenschwämme umfassen Braunfäulepilze aus den Gattungen Antrodia und Oligoporus. Die einzelnen Arten sind schwer anzusprechen, in der Praxis spricht man daher pauschal von einem „Weißen Porenschwamm“. Sie brauchen zum Wachstum eine hohe Holzfeuchtigkeit und können wie die Blättlinge nicht auf trockenes Holz übergreifen. Sie bilden ein weißes Oberflächenmycel, das an Eisblumen erinnert. Die sich im Mycel bildenden weißen Stränge sind verhältnismäßig dünn, ziemlich glatt und auch im trockenen Zustand biegsam (wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Echten Hausschwamm). Sie können auch durch Mauern hindurch wachsen. Die Fruchtkörper sind weißliche, im Alter cremefarbene Polster mit nach oben gerichteter Porenschicht, die durch weite, eckige Mündungen der Poren auffällt. Sie sind korkig-wergartig zäh und verfaulen nicht, sondern vertrocknen und sind auch bei einem bereits erloschenen Befall noch zu finden. Sie können bei fehlender Feuchtigkeit ebenfalls in eine Trockenstarre verfallen. Das Strangmycel des Weißen Porenschwamms wurde in zwei Gebäuden in Graz gefunden; Fruchtkörper wurden nicht beobachtet. Kellerschwämme Die Kellerschwämme umfassen mehrere Arten, die an Hand äußerer Merkmale schwierig zu unterscheiden sind. Die häufigste Art ist Coniophora puteana, die gemeinhin als Kellerschwamm bezeichnet wird. Der Name Kellerschwamm ist irreführend, weil dieser Pilz an allen feuchten Stellen eines Hauses vorkommen kann. Er befällt bevorzugt Nadelholz mit einer hohen Feuchtigkeit. Die braun-schwarzen Stränge des Oberflächenmycels sind ein typisches Merkmal, die dem Substrat (Holz oder Mauer) fest anheften. Die krustenförmigen, filzig-ledrigen Fruchtkörper

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haften der Unterlage fest an und weisen an ihrer hell- bis dunkelbraunen, faltenlosen Oberfläche oft warzige Erhebungen auf. Der Zuwachsrand ist weißgelblich und im Alter nur noch schmal. Bei Austrocknung sind sie sehr brüchig und schwer von der Unterlage abzulösen. Die braunen Sporen sind elliptisch und breiter als beim Echten Hausschwamm. Auf trockenem Holz kann der Pilz nicht wachsen. Bisher sind mir nur zwei Fundorte aus Gebäuden in der Steiermark bekannt (Graz und Bez. Deutschlandsberg), wobei der zweite Fund aus einer verfallenen Mühle stammt. Hausschwämme In der Gruppe der Hausschwämme ist der Echte Hausschwamm (Serpula lacrymans) der bei weitem gefährlichste Braunfäulepilz in Gebäuden Mitteleuropa. Er ist bevorzugt in Altbauten anzutreffen, wo Keller- und Erdgeschossbereiche mit relativ hoher Luftfeuchte bevorzugt werden. Der Befall wird in den Anfangsstadien oft nicht bemerkt, wegen der versteckten Lebensweise (hinter Wandverkleidungen, unter Dielenbrettern, etc.). Das Luftmycel ist weiß und watteartig, das bald von den typischen Strängen durchsetzt ist. Älteres Mycel bildet abziehbare, schmutziggraue bis silbrige Häute. Die oft meterlangen Mycelstränge sind an ihrer Oberfläche faserig aufgerauht und lassen sich in trockenem Zustand mit einem deutlich hörbaren Knacken brechen (Diagnosemerkmal). Bei der mikroskopischen Untersuchung dieser Stränge fallen sofort die Faserhyphen (Diagnosemerkmal) auf, die die Hauptmasse des Stranges ausmachen. Sie sind charakterisiert durch starke Wandverdickungen, sodass die Lumina nur noch strichförmig erscheinen oder oft streckenweise verschwinden. Ihre Färbung ist meist grünlich-gelb bis gelb-bräunlich. Im Längsverlauf machen sie einen starren Eindruck und zeigen Knicke, wodurch ein knorriges Aussehen vermittelt wird [2]. Neben den 4-5 µm breiten Faserhyphen treten noch verschiedene Gefäßhyphen auf, die wesentlich breiter sind. Die Fruchtkörper sind meist fladenartig-dick und in frischem Zustand fleischig-weich mit einem rostbraunen, faltig bis grubigen Zentrum (Sporen bildende Schicht) und einem weißen, scharf begrenzten Zuwachsrand. Ihr Durchmesser kann bis zu 1,5 m betragen [1]. Frische Fruchtkörper riechen angenehm pilzlich. Sie können leicht faulen und haben dann einen penetranten Geruch. Alte Fruchtkörper sind dunkel gefärbt. Die Sporen sind in der Seitenansicht bohnenförmig, von der Vorderseite erscheinen sie mehr oder weniger elliptisch. Die Sporenwand ist relativ dick und immer deutlich gelb bis gelb-bräunlich gefärbt. In der Mehrzahl der Sporen sind Reservestoffe in Form von ein oder zwei großen Öltropfen vorhanden. Ihre Größe beträgt 9-12 x 4,5-6 µm. In befallenen Räumen fällt auch das Sporenpulver auf, das alle Gegenstände mit einer dünnen braunen Schicht überzieht. Die besondere Gefährlichkeit des Echten Hausschwamms liegt darin, dass die Mycelstränge poröse Mauern und andere nicht Nährstoffe liefernde Substrate über weite Strecken hinweg durchwachsen können (vom Keller in die oberen Stockwerke, vom Dach nach unten oder in das Nachbarhaus), um an Holz zu gelangen. Neben Holz (Nadel- und Laubholz) werden alle Holzprodukte und holzhaltige Baustoffe, aber auch Bücher, Teppiche und Papier zerstört [1]. Der Echte Hausschwamm ist in der Steiermark weit verbreitet; bislang liegen Funddaten aus folgenden Bezirken vor: Bruck an der Mur, Deutschlandsberg, Feldbach, Fürstenfeld, Graz, Graz Umgebung, Hartberg, Judenburg, Knittelfeld, Leibnitz, Leoben, Liezen, Murau, Voitsberg. Neben dem Echten Hausschwamm treten auch andere Hausschwammarten gelegentlich in Gebäuden als Braunfäulepilze auf, die lokal erhebliche Zerstörungen hervorrufen können [4]. Der Wilde Hausschwamm (Serpula himantioides) besitzt krustenförmige, membranartige Fruchtkörper ohne wulstige Ränder und dünnere Faserhyphen als der Echte Hausschwamm.

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Der Gelbrandige Hausschwamm (Leucogyrophana pinastri), der Kleine Hausschwamm (Leucogyrophana pulverulenta) und Leucogyrophana mollusca gehören zu den kleinsporigen Hausschwämmen mit Sporen, die nur 5-7 x 3,5-6 µm groß sind. Sie besitzen keine Faserhyphen. Von den anderen Hausschwammarten ist nur der Gelbrandige Hausschwamm in der Steiermark in zwei Gebäuden gefunden worden (Pernegg und Garanas). Literatur [1] Bavendamm, W. (1969): Der Hausschwamm und andere Bauholzpilze. – Stuttgart: Gustav Fischer Verlag.

[2] Gistl, R. (1946): Einführung in die Biologie des Bauens. – Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag.

[3] Kleist, G. & Seehann, G. (1999): Der Eichenporling, Donkioporia expansa – ein wenig bekannter Holzzerstörer in Gebäuden. – Zeitschrift für Mykologie 65: 23–32.

[4] Schmidt, O. (1994): Holz- und Baumpilze. – Berlin: Springer Verlag.

Kontakt zum Autor: Univ. Prof. Mag. Dr. Helmut MAYRHOFER Institut für Pflanzenwissenschaften Karl-Franzens-Universität Graz 8010 Graz, Holteigasse 6 Tel. +43 (316) 380 - 5654 E-Mail: [email protected]

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Charakterisierung und Bestimmung von Hausfäulepilzen A. Steitz Holzforschung Austria

Einleitung Der Echte Hausschwamm (Serpula lacrimans) und der Kellerschwamm (Coniophora puteana) verursachen gemeinsam mit den Porenhausschwämmen die meisten Schäden in Gebäuden. Die korrekte Identifizierung des Befallorganismus ist von hoher wirtschaftlicher Bedeutung, da bei nicht eindeutig identifizierbarem Pilzbefall nach ÖNORM B 3802-3 [1] (wie auch nach DIN 68 800 Teil 4 (1992) [2] so zu verfahren ist, als ob ein Befall durch den Echten Hausschwamm vorläge. Für die Praxis bedeutet das, dass mindestens 1,5 m (in Deutschland mindestens 1 m) über den erkennbaren Befall hinaus das befallene Holz, Putz und Beschüttung entfernt und das Mauerwerk chemisch behandelt werden muss. Diese Sanierungsmaßnahmen sind umfangreicher und daher eindeutig finanziell aufwändiger, als die Sanierung bei Befall von anderen Hausfäulepilzen, den so genannten Nassfäulepilzen. Eine zuverlässige Differenzierung der Schadenspilze ist daher von wesentlichem Interesse. Lebensbedingungen und Befallsbilder Voraussetzung für die Entwicklung von Hausfäulepilzen ist eine ausreichend hohe Holzfeuchtigkeit. Erst bei einer Holzfeuchte über 20%, die über längere Perioden gegeben ist, ist ein Wachstum der Holzfäulepilze möglich. Die meisten Bauholzpilze finden bei Holzfeuchtig-keiten zwischen 35 und 60% ideale Befallsbedingungen vor und können bei Temperaturen zwischen 3 und 38 °C wachsen. Unter Einsatz pilzspezifischer Enzyme wird das Holz als Nahrung verwertet, wobei grundsätzlich zwischen zwei Typen der Holzzerstörung unterschieden wird: Braunfäule und Weißfäule. Braunfäule

Die Braunfäule wird durch Basidiomyceten hervorgerufen, die die Kohlenhydrate Cellulose und Hemicellulosen der verholzten Zellwand abbauen und das Lignin nahezu unverändert zurücklassen, wodurch die Braunfärbung und durch das Auftreten von Längs- und Querrissen zusätzlich ein charakteristischer Würfelbruch entstehen. Weißfäule

Als Weißfäule bezeichnet man den Abbau von Lignin, Hemicellulosen und Cellulose, der zumeist durch Basidiomyceten aber auch durch Ascomyceten durchgeführt wird [3]. Sie erfolgt eher bei Hölzern, die direkt der Witterung ausgesetzt sind, als in Innenräumen. Weißfaules Holz wird faserig weich und im Verlauf des Abbauprozesses heller, es erfolgt keine Rissbildung zur Faserrichtung wie bei Braunfäule.

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Abb. 1: Würfelbruch (Braunfäule) Abb. 2: Marmorfäule (Weißfäule)

Häufig beobachtete Hausfäulepilze, also Pilze, die Weißfäule oder Braunfäule verursachen können, sind:

Echter Hausschwamm (Serpula lacrimans) Kellerschwamm (Coniophora puteana) Porenschwämme (Poria sp.) Blättlinge (Gloeophyllum sp.) Ausgebreiteter Hausporling (Donkiopora expansa)

Nachfolgend werden der Echte Hausschwamm und der Braune Kellerschwamm näher charakterisiert. Echter Hausschwamm Größtes Augenmerk wird auf den Echten Hausschwamm (Serpula lacrimans) gelegt, da er im Gegensatz zu den anderen Hausfäulepilzen in der Lage ist, auf Holz mit einer Feuchte von unter 20% überzugreifen. Dabei transportiert er nach anfänglicher Entwicklung auf feuchtem Holz das benötigte Wasser mit seinen Strangmycelien über weite Distanzen und ist so auch in der Lage über holzfreie Bereiche wie Mauerwerk, aber auch durch Fugen im Mauerwerk hindurch zu wachsen. Auf diese Weise kann er unbemerkt mit einem hohen Zerstörungspotenzial von Bereichen erhöhter Feuchte (z.B. Keller) in an sich trockene, darüber liegende Etagen gelangen. Der Echte Hausschwamm bildet häufig Fruchtkörper aus, die im frischen Zustand angenehm nach Pilz riechen, während alte Fruchtkörper faulen und nach Ammoniak riechen. Der ausgebildete Mycelrasen ist zunächst schneeweiß und wattig, jedoch wird er mit fortschreitendem Alter schmutzig- bis silbriggrau. Im trockenen Zustand ist das Mycel starr und brüchig und zerbricht mit einem hörbaren Knacken, was als wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Weißen Porenschwamm gilt, der im frischen Zustand oft ein Mycel mit großer Ähnlichkeit ausbildet.

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Brauner Kellerschwamm Der Name des Braunen Kellerschwammes (Coniophora puteana) ist insofern irreführend, als der Pilz nicht nur in Kellern, sondern bis zum Dachgeschoss überall an feuchten Stellen auftreten kann. Er ist auch an verbautem Holz im Freien zu finden, vor allem an verbautem Holz, das mit dem Erdreich in Kontakt steht, wie z.B. Masten, Pfähle, Schwellen und Brückenpfeiler. Das von ihm befallene Holz zeigt einen für eine Braunfäule charakteristischen Würfelbruch, der allerdings kleiner als beim Echten Hausschwamm ist. Die Mycelstränge haften fest auf Holz und Mauerwerk und lassen sich im Unterschied zum Echten Hausschwamm nicht abziehen. Zunächst ist das Mycel weiß, es wird aber bald dunkel bis braunschwarz und sieht „zwirnsfadenartig“ aus. Der Kellerschwamm bildet eher selten Fruchtkörper aus, die wenige Zentimeter bis zu mehreren Dezimetern groß sind und warzenförmige Erhebungen darstellen. Sie liegen dem Substrat fest an, sind kaum vom Untergrund abzulösen und zerbrechen im trockenen Zustand.

Abb. 3: Fruchtkörper des Echten Hausschwammes.

Abb. 4: Strangmycel des Echten Hausschwammes

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Bestimmungsmethoden Pilze sind anhand ihres zum Teil typischen Schadbildes, ihres Mycels und Fruchtkörpers voneinander unterscheidbar. Ist eine Bestimmung vor Ort aufgrund fehlender deutlicher Ausbildung von Mycel oder Fruchtkörper nicht möglich, können mikroskopische Untersuchungen im Labor (mikroskopische Myceldiagnostik) zielführend sein. Vor Ort kann weiters eine bautechnische Endoskopie angewandt werden, dabei wird ein Loch (Ø 10 mm) gebohrt, in das das Endoskop eingeführt wird. Auf diese Weise kann eine Schadensbegutachtung auch in uneinsichtigen Bereichen durchgeführt werden. Weiters kann über die Bohrspäne (Geruch, Festigkeit, Feuchtigkeit) ein Rückschluss auf den Befall gemacht werden. Bohrspäne und geringes Probenmaterial, aufgrund dessen keine eindeutige Bestimmung oder einen Ausschluss des Echten Hausschwammes gemacht werden kann, kann mittels der DNA-Analyse untersucht werden. Dabei wird die DNA direkt aus dem Probenmaterial extrahiert, gereinigt und ein bestimmter DNA-Abschnitt (ITS Region) mit pilzspezifischen Primern untersucht.

Abb. 5: Brauner fest anhaftender Fruchtkörper mit warzenför-migen Erhebungen des Braunen Kellerschwammes.

Abb. 6: Zwirnsfadenartiges Oberflächenmycel des Braunen Kellerschwammes.

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Beispiel zur DNA-Analyse:

Literatur [1] ÖNORM B-3802-3 (2003): Holzschutz im Hochbau – Bekämpfungsmaßnahmen gegen Pilz- und Insektenbefall. [2] DIN 68 800 Teil 4 (1992): Bekämpfungsmaßnahmen gegen holzzerstörende Pilze und Insekten. [3] Schmidt, 0. (1994): Holz- und Baumpilze. Biologie, Schäden, Schutz, Nutzen. Springer-Verlag

Kontakt zur Autorin: Mag. Andrea STEITZ HOLZFORSCHUNG AUSTRIA A-1030 Wien, Franz Grill-Strasse 7 E-Mail:[email protected] http://www.holzforschung.at

Abb. 7: Häutiges Oberflächenmycel auf Mauerwerk. Vermuteter Pilz aufgrund der makroskopischen Untersuchungen: Echter Hausschwamm

Ergebnis:

Aufgrund der DNA-Analyse konnte der Verdacht auf Echten Hausschwamm ausgeschlossen werden. In L1 ist eine Positivkontrolle zu sehen. In L5 wurde der Braune Kellerschwamm diagnostiziert. Die gesamte Analyse beinhaltete Probennahmen an verschiedenen Stellen des betroffenen Objektes.

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Symposium Pilze im Innenraum H. Gamerith Raiffeisenhof, 2006 Pilze im Innenraum - Bauphysikalische und konstruktive Betrachtung

Pilze im Innenraum - Bauphysikalische und konstruktive Betrachtung H. Gamerith Institut für Hoch und Tiefbau, TU Graz

Noch nie hatten wir einen vergleichbar hohen Dämmstandard der Gebäudehülle, wie sie heutige Konstruktionen aufweisen, und dennoch war das Auftreten von Schimmelproblemen im Hochbau noch nie so akut wie jetzt. Woran liegt das? Grundsätzlich können dafür 3 Mechanismen angeführt werden:

Der gesellschaftliche Wandel hat eine Änderung im Nutzerverhalten hervorgebracht •

Neue Baustoffe und schnelllebige Konstruktionen in Verbindung mit ungeeigneter und nachlässiger Ausführungsqualität verursachen Bauschäden

Waghalsige Entwürfe, komplexe Geometrien, risikoreiche Raumanordnungen sowie die Erschließung immer exponierterer Lagen schaffen schlechte Randbedingungen zur Gewährleistung bauphysikalischer Grundsätze.

Grundsätzlich geht jedem Schimmelproblem ein Feuchtigkeitsproblem voran:

Feuchtigkeit Problem

Physikalische Ursache

Oberflächenkondensat Bauteildurchfeuchtung

Baumangel i.A. Baumangel Nutzer Verursachung

Unzureichende Wärmedämmung Falsches Lüftungsverhalten Oberflächenwasser Wärmebrücken Falsche Nutzung Regenwasser

Beispiel Falsche Materialien Unzureichende Raumtemperierung

Unzureichende Abdichtung im Dach und Kellerbereich Bauteildurchfeuchtung

etc. Möblierung Durchströmung etc.

Abb.1. Möglicher Feuchtigkeitseintrag bei Schimmelproblem (Gamerith)

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Feuchtigkeitseintrag durch Bauteildurchfeuchtung In erster Linie ist zwischen Oberflächenkondensat und Bauteildurchfeuchtung zu unterscheiden. Während ersteres vorwiegend bauphysikalischer Natur ist, wird die Bauteildurchfeuchtung durch eine lokale konstruktive Schwachstelle in der Gebäudehülle hervorgerufen. Diese Schwachstelle kann folgende Ursachen haben:

• Schadhafte Abdichtung

• Falsches Konstruktionsprinzip

• Geometrische bedingte Undichtigkeit

• Fehler in der Ausführung.

Bei den bevorzugten Bereichen für eine Bauteildurchfeuchtung ist zwischen Innen- und Außenbauteil zu differenzieren. Während es im äußeren Bereich alle exponierten Teile des Bauwerkes wie beispielsweise der Sockel und die Traufe sind, ist im Inneren ein besonderes Augenmerk auf Nassbereiche, Installationswände, Schächte, Küche u. dgl. zu legen. Ein Punkt, der besonders bei den in Mode geratenen Holzkonstruktionen besonders berücksichtigt werden muss. Denn merke: „Prof. Gamerith hat im Holzbau mehr Angst, vor dem Wasser als vor dem Feuer!“ Feuchtigkeitseintrag durch bauphysikalische Ursachen Bauphysikalische Ursachen haben einen großen Anteil an Feuchteschäden von Konstruktionen, bei denen ein Schimmelproblem vorliegt. Diese Ursache ist tückischer als jene der Bauteildurch-feuchtung, weil sie langsam aber stetig fortschreitet und daher nicht gleich erkannt werden kann. Hauptursache ist Oberflächenkondensat, das durch das Wechselspiel aus Oberflächentemperatur und Luftfeuchtigkeit beschrieben werden kann. Wie bekannt, ist die maximal aufnehmbare Wassermenge eines definierten Luftvolumens von der Temperatur abhängig. In der Technik ist es üblich, für die Beschreibung eines Raumluftzustandes den wenig gebräuchlichen Begriff der absoluten Feuchtigkeit (= absolute Wassermenge in g/m3) zu verwenden. Der Antrieb für den Feuchtigkeitseintrag in die Konstruktion ist der, mit der absoluten Wassermenge affinen, Wasserdampfteildruck. Den maximal möglichen Wasserdampfteildruck p einer Raumluft beschreibt der Sättigungsdampfdruck ps. Wird dieser erreicht, befinden wir uns im Taupunktbereich (gesättigte Luft) und die überschüssige Wassermenge fällt an der Oberfläche aus. Wir sprechen von Kondensat.

Abb.2.: Feuchtigkeitsausfall bei Abkühlen von 1 m3 Luft (Gamerith)

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Daher müssen bei der Beurteilung einer Konstruktion in Hinblick auf Kondensat zwei Parameter untersucht werden:

1. Die Raumluftfeuchte

2. Die Oberflächentemperatur

Raumluftfeuchte Die Raumluftfeuchte wird durch zwei Einflüsse gesteuert, und zwar durch das vorherrschende Außenklima sowie die im Gebäudeinneren produzierte Feuchtigkeit. Diese, absolutbezogen, liegt im Gebäudeinneren nicht selten 3-4 g/m3 über jener der Außenluft. Die ÖNorm 8110–2 schreibt: „In Wohnungen treten infolge der Wohnvorgänge (ausgeatmete Luft der Bewohner, Kochen und Waschen, Aufstellen von Luftbefeuchtern u.a.m.) immer Feuchtigkeitsquellen auf, die den Wassergehalt der Innenluft erfahrungsgemäß um 3 g/m3 bis 7 g/m3 (in manchen Fällen auch mehr) über den Wassergehalt der Außenluft erhöhen. Eine stark erhöhte Luftfeuchtigkeit in Innenräumen (z.B. um mehr als 8 g/m3) kann zu

verstärkter Geruchsbildung (mit Folgen für die Atmungsaktivität der Bewohner bis zu bewussten Befindlichkeitsstörungen)

Kondensation an kalten und/oder von der Luftbewegung abgeschirmten inneren Oberflächen von Außenbauteilen

Schimmelbildung, Sporenbelastung des Innenraumes (mit gesundheitlich negativen Folgen) führen.“

Diese Überschreitung des absoluten Wasserdampfgehaltes der Raumluft gegenüber der Außenluft lässt sich durch nutzerbedingte Prozesse erklären. So gibt eine 4-köpfige Familie im Laufe eines Tages 14000g (14 Liter) Wasser an die Raumluft ab, die zur Erhaltung der Raumluft im Feuchtegleichgewicht abtransportiert werden müssen. Bei einem Innenklima von 20°C/50% r.F. würde das einem Volumen von 1622 m3 feuchter Luft entsprechen. Mit kurzzeitigem Stosslüften wird man den Feuchtigkeitsmengen nicht mehr Herr. Deswegen, weil sich mit der Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen der letzten Jahrzehnte ein Wandel im Nutzerverhalten abgezeichnet hat: In der Früh verlässt der „moderne Haushalt“ das Zuhause, um erst am Abend wieder heimzukehren. Tagsüber wird die Konstruktion sich selbst überlassen, dichte Fenster und Bauteilanschlüsse unterbinden eine natürliche Lüftung. Die Feuchtigkeit kumuliert, bis sie an den kühleren Oberflächen ausfällt. Zweiter wesentlicher Punkt: Kurzzeitiges Stoßlüften führt lediglich dazu, die feuchte Raumluft mehr oder weniger mit nachströmender (trockener) Außenluft zu vermischen. Dieser Prozess reduziert in erster Linie die Raumluftfeuchtigkeit, was geschieht aber mit dem Feuchtepotential raumumschließender Oberflächen, Einbauteilen und Möbelstücken?

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Abb.3.: Feuchtigkeitsproduktion einer 4-köpfigen Familie (Hauser) Wird ein Material einer Raumluft ausgesetzt, wird es stets danach streben, im Feuchtigkeitsgleichgewicht mit dieser zustehen. Man spricht von der Sorptionsfähigkeit eines Materials, beschrieben durch Sorptionskurven, die den massebezogenen Wassergehalt eines Materials in Abhängigkeit der relativen Luftfeuchte bei definierter Temperatur angeben. Diese Sorptionsfähigkeit ist ein charakteristisches Maß für die Feuchtespeicherung. Wie der Name schon sagt führt diese Eigenschaft dazu, dass sich die im Gebäude kumulierende Feuchtigkeit nicht nur in der Raumluft, sondern auch in den umgebenden Materialien ansammelt. Beispielsweise nehmen Gipskartonwänden eines 5 x 6 x 2,5 m großen Raumes bei einer Änderung der Raumluft von 60% r.F. auf 70% r.F. in zwei Stunden 4 Mal soviel Feuchtigkeit auf wie die Raumluft. Während jedoch die Feuchtigkeit des Raumvolumens durch Stoßlüften abgeführt werden kann, trocknen die Wandbaustoffe nur mäßig auf. Dieses Phänomen wirkt verstärkt, wenn sich die raumumschließenden Oberflächen im Feuchtigkeitsgleichgewicht hoher Luftfeuchtigkeiten befinden. Ein Austrocknen ist durch stetiges Lüften bei warmen Oberflächentemperaturen und trockener nachströmender Luft (i.A. Kaltluft im Winter) am effizientesten. Die im Allgemeinen hohe Luftfeuchtigkeit der Sommerluft (Absolutgehalt) ist hingegen als nachströmende Luft für Entfeuchtungsprozesse ungeeignet. Somit ist als Abhilfe gegen kumulierende Feuchtigkeit nur ein bewusstes und gezieltes Lüftungsverhalten, eine möglichst geringe Feuchtebelastung sowie eine Zwangslüftung heranzuziehen, um die Raumluftfeuchtigkeit in tolerierbaren Grenzen zu halten. Unter Bedachtnahme des günstigen Bereiches der relativen Luftfeuchtigkeit unter üblichen Heizbedingungen von rund 22 °C Raumtemperatur, der weder überschritten noch unterschritten werden sollte, um physiologische oder bauphysikalische Nachteile zu vermeiden, werden in der ÖNorm B 8110 folgende Werte definiert:

oberer Grenzbereich: 50 % bis 55 % relative Luftfeuchtigkeit; diese obere Grenze sollte im Verhältnis zur Außentemperatur kontrolliert und unter Bedachtnahme auf den Wärmeschutz der Außenwand (normgemäß) beurteilt werden

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unterer Grenzbereich: 30 % bis 35 % relative Luftfeuchtigkeit (als bauhygienische Grenze zur Vermeidung von Störungen der Befindlichkeit der Bewohner, wie Reizung der Atemwege, störende elektrische Aufladung u.a.)

Oberflächentemperatur Der zweite wichtige Einflussparameter der Bauteildurchfeuchtung aus bauphysikalischer Sicht ist die Oberflächentemperatur. Sinkt diese unter die Taupunkttemperatur, fällt die überschüssige Wassermenge in Form von Kondensat aus. Das Absinken einer Oberfläche unter die Taupunkttemperatur kann zweierlei Ursachen habe:

Großer Wärmestrom vom Bauteil

Geringer Wärmetransport zum Bauteil

Wärmebrücken

Herrscht in einem beschränkten Bereich einer Konstruktion ein gegenüber der umgebenden Konstruktion vermehrter Wärmestrom vom Bauteil vor, spricht man von einer Wärmebrücke. Diese kann je nach Ursache eine

Geometrische Wärmebrücke oder •

• Stoffbedingte Wärmebrücke

sein. Führt bei einer geometrischen Wärmebrücke ein ungünstiges Außenoberfläche- zu Innenoberflächevolumen zu einem verstärkten Wärmestrom (z. B. Kühlrippen), ist bei der materialbedingten Wärmebrücke der Wärmewiderstand der Konstruktion durch die hohe Wärmeleitfähigkeit eines Materials lokal herabgesetzt. Eingeschränkter Wärmetransport zum Bauteil

Der eingeschränkte Wärmetransport kann drei Ursachen haben:

Zu geringe Raumtemperierung •

Falsches Heizungssystem

Nutzer verursacht (Möblierung)

Bei der Auslegung der Heizung muss darauf geachtet werden, dass Wärme auch zu exponierten Bereichen des Gebäudes gelangt. Dies kann durch Konvektion derart erfolgen, dass die vorgeheizte Zuluft an den kritischen Bereichen vorbeistreicht und zur Anhebung der Oberflächentemperatur führt. Eine Alternative wäre der direkte Strahlungsaustausch zu warmen Oberflächen. Häufig weisen neuartige Heizungssysteme nur geringe Vorlauftemperaturen auf, was sowohl die Konvektion als auch den Strahlungsaustausch einschränkt.

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Abb 4.: Temperatureinfluss eines Bolzenquerschnittes von 0,25 cm² (� 6 mm) durch eine 8 cm dicke Mineralwolle mit Rondelle - 10 cm², t= 1 mm Aber auch der Nutzer kann durch ungeschickte Möblierung wesentlich in die Oberflächen-temperierung eingreifen. Das Maß für den Wärmeübergang von der Raumluft zur Oberfläche wird durch den Wärmeübergangskoeffizienten ai beschrieben. Dieser gibt an, inwieweit die Wärme aus der Raumluft auf die Oberfläche übertragen werden kann und wird neben dem Oberflächenmaterial, der Oberflächenbeschaffenheit und Farbe auch von der Luftgeschwindigkeit beeinflusst. Wird diese durch Möblierung gehindert, wird der Wärmeübergangswiderstand wesentlich erhöht, ein Erwärmen der Oberfläche durch die Raumluft eingeschränkt.

Abb.4.: Einfluss eines Einbaukastens auf die Oberflächentemperatur (Gamerith)

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Die ÖNorm B 8110-2 Beiblatt 4 schreibt: „Die Anordnung von Möbeln, insbesondere von Einbaumöbeln, oder die Anbringung dichter Vorhänge an Außenwänden führt in der Regel zur Behinderung der Erwärmung der Wandoberflächen. Sofern dabei die Oberflächentemperatur im Winter unter 15 °C absinkt, kann es an diesen Stellen zur Schimmelbildung und damit zu Geruchs- und Sporenbelastung des Raumes führen. Es ist daher zweckmäßig, Außenwände nicht zu verstellen oder einen Hinterlüftungs-Abstand von 5 cm oder mehr einzuhalten oder eine Heizverteilleitung im Sockelbereich zu führen, deren Wärmeabgabe den Temperaturabfall verhindert.“ Zusammenfassung Nach der Frage, warum jetzt so viele Schimmelschäden bekannt werden und das, obwohl der Dämmstandard so hoch ist wie noch nie, seien folgende Punkte zusammengefasst: Die hohen Dämmdicken haben zwar zu einer generellen Anhebung der Oberflächentemperaturen geführt, die gilt jedoch im Wesentlichen für die Fläche. An den kritischen Bereichen sind die Temperaturen annähernd konstant geblieben. In der Folge konzentriert sich das Feuchtepotential auf diese Punkte (Fensteranschlüsse, Kanten, Ecken etc.) und führt zu vermehrten Schimmel-häufigkeiten. Ein weiterer Grund liegt in der angeführten veränderten gesellschaftlichen Struktur, wodurch Wohnungen über weite Teile des Tages ungenutzt und somit unkontrolliert und ungelüftet bleiben. Ein Problem, das durch die gestiegene Dichtheit der Konstruktionen (Fenster, Anschlüsse etc.) verstärkt wird. Nicht zuletzt aber auch die Änderung in den Heizungssystemen, die zusehendes mit geringeren Vorlauftemperaturen arbeiten und Konvektion bzw. Strahlungsleistung der temperierten Oberflächen herabsetzten. Kontakt zum Autor: Univ. Prof. BM. Arch. Dipl.Ing. Dr. techn. Horst GAMERITH Institut für Hoch- und Industriebau Technische Universität Graz A-8010 Graz, Lessingstraße 25/III Tel: +43 (316) 873 – 1310; -6240 Email: [email protected]

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Symposium Pilze im Innenraum P. Eustacchio Raiffeisenhof, 2006 Sanierung von Pilzschäden

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Sanierung von Pilzschäden P. Eustacchio Ingenieurbüro Eustacchio, Graz

Allgemeines Menschen halten sich heute zu rund 90% der Zeit in Innenräumen auf, weshalb der Raumluftqualität eine besondere Bedeutung zukommt. Wesentlich für das Erreichen eines behaglichen Raumklimas sind die Faktoren Raumtemperatur und relative Luftfeuchtigkeit. Neben dem persönlichen Behaglichkeitsgefühl beeinflusst die relative Luftfeuchtigkeit die Mobilität von Staubpartikeln. Sie ist der wesentliche Wachstumsfaktor für Schimmelpilze. Schimmelpilze bauen biologisch inaktives Material ab. Sie benötigen neben Feuchtigkeit noch organisch gebundenen Kohlenstoff, welchen sie in Wohnungen in zellulosehaltigen Tapeten, Klebern, Holzkonstruktionen, Staubbestandteilen sowie in Anteilen von Kunststoffen (z.B. in Duschvorhängen) reichlich vorfinden. Die Hauptmasse der Schimmelpilze bevorzugt mittlere Werte der rel. Luftfeuchtigkeit von etwa 70–90 % und Temperaturen um etwa 10-30 °C. Weder in der Luft noch auf trockenen Oberflächen finden Pilzsporen Voraussetzungen für ein Wachstum. Werden jedoch geeignete Oberflächen feucht (durch Kondenswasser, eindringendes Regenwasser, Spritzwasser in Bädern etc.), so beginnen Pilzsporen ein üppiges Wachstum und bilden den sichtbaren Schimmelrasen. Im Gegensatz zur Bakterienspore ist die Schimmelpilzspore jedoch keine Dauerform und kann durch Austrocknung abgetötet werden. Bauliche Voraussetzungen Die Bauzeiten von Wohnungen betragen heute meist nur mehr 8 bis 9 Monate. Diese Zeitspannen reichen meist nicht aus, um die erforderliche Ausgleichsfeuchte zu erreichen, was bedeutet, dass solche Gebäude zum üblichen Bezugstermin vor Weihnachten noch beträchtliche Mengen Wasser in sich gespeichert haben. Der Hinweis auf den hohen Feuchtigkeitsgehalt des Bauwerks wird den Erstbeziehern heute vielfach nicht mehr gegeben, bzw. er wird von diesen ignoriert. So passiert es, dass eine Familie in diese Räumlichkeiten einzieht, in der beide Erwachsene ganztägig berufstätig sind. Üblicherweise wird am Morgen das Gebäude verlassen und in vielen Fällen daher erstmals am Abend gelüftet. So kann tagsüber die hohe Luftfeuchtigkeit ihre Wirkung voll entfalten. Erfahrungsgemäß entsteht dann innerhalb weniger Monate ein zum Teil massives Schimmelpilz-problem, wobei der auftretende Schimmelpilzbefall nicht selten zu einem Rechtsstreit zwischen Mietern bzw. Wohnungseigentümern auf der einen Seite und Vermietern bzw. Wohnbauge-nossenschaften auf der anderen Seite führt. Werden Mieter bzw. Wohnungseigentümer über die höhere Baurestfeuchte im Gebäude oder in der Wohnung informiert und über die Folgen aufgeklärt, so sollte sich ein besser angepasstes

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Benutzerverhalten erzielen lassen. In vielen Fällen sind alleine damit Schimmelpilzschäden zu verhindern. Feuchte Wohnungen mit „schwülem“ Raumklima hat es schon immer gegeben. Vor allem in sanierten Altbauwohnungen treten diese Erscheinungen heute wieder vermehrt auf. Hier sind es vor allem neue Fenster mit dichten Fugen und ein nicht an das veränderte Innenraumklima angepasstes Benutzerverhalten, die zur Anhebung der rel. Luftfeuchte im Innenraum führen. Im Fensterbau fand eine Entwicklung statt, die das Feuchtigkeitsproblem in Wohnungen verschärfte. Einst war die Einfachverglasung bzw. das Kastenfenster der kälteste Bauteil, Kondenswasserbildung war an den Fensterscheiben üblich. Durch den Einbau von isolierverglasten Fenstern kommt es bei Gebäuden mit hohen Wärmedurchgangskoeffizienten der Außenbauteile dazu, dass nicht mehr die Fenster die kältesten Bauteile sind, sondern die an Fensterstock angrenzenden Leibungen, Außenwandecken und -kanten. An diesen kommt es häufig zur Kondensatbildung und bei Vorhandensein von geeigneten Materialien zu Schimmelwachstum. Feuchtehaushalt Ein 4-Personen Haushalt kann im Lauf des Tages zwischen 10 und 15 Liter Wasser an die Raumluft abgeben. Größere Dampfmengen sollten möglichst sofort nach außen abgeführt und Wasserspritzer im Bad aufgewischt werden. Mit einer "Stoßlüftung" (5-10 Minuten) kann je nach Temperatur und Feuchtegehalt der Außenluft eine Menge von bis zu ½ Liter Wasser abtranspor-tiert werden. Dauerlüften durch Kippen von Fenstern sollte während der Heizperiode aus Energiespargründen unterbleiben. Empfehlungen zum Heizen und Lüften in unbelasteten Wohnungen:

• Der Raumlufterneuerung ist besonderes Augenmerk zu schenken! • Der Lüftungsvorgang ist kurz zu halten! (Stoßlüftung: Fenster ganz offen halten;

empfohlene Dauer: 5-10 Minuten) • Täglich mehrmals (3-4 mal) lüften! • Die Wärmeabgabe von Heizkörpern nicht durch Möbel oder Vorhänge behindern!

Lüftungstechnik Die hygienische Luftwechselrate sollte für Wohnräume 0,5-0,8 h-1 betragen. Dies ergibt sich vor allem aus der Notwendigkeit, ausgeatmetes Kohlendioxid sowie die aus dem Stoffwechsel stammenden Geruchsstoffe aus der Raumluft zu entfernen. Lüften zum Abtransport von Feuchtigkeit bedeutet im Winter den Austausch der warmen und feuchten Raumluft gegen kühlere und trockenere Außenluft. Ein solcher Luftaustausch sollte im Winter schnell und effizient durchgeführt werden, damit möglichst wenig Wärmeenergie verloren geht.

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Sinn des gezielten Lüftens ist eine rasche Raumlufterneuerung, die Raumumschließungsflächen und Einrichtungsgegenstände sollten hingegen nicht durch langes Einwirken von Außenluft auskühlen.

Lüftungsart Fensterstellung Lüftungsdauer zur Erzielung eines vollständigen Luftwechsels

Fenster und gegenüberliegend Tür oder Fenster ganz offen "Querlüftung" 1 bis 5 Minuten

Fenster ganz offen "Stoßlüftung" 5 bis 10 Minuten

Fenster halb offen 10 bis 15 Minuten

Fenster gekippt und gegenüberliegende Tür ganz offen 15 bis 30 Minuten

Fenster gekippt 30 bis 60 Minuten

Zusätzliche Maßnahmen in feuchtebelasteten Wohnungen Ist anzunehmen, dass die Wohnräume baulich bedingt mit mehr Feuchtigkeit belastet werden, wie z. B. bei aufsteigender Feuchtigkeit im Mauerwerk, Kondenswasserbildung in den Außenwandbe-reichen etc., so muss noch viel achtsamer mit dem Wasserhaushalt der Wohnung umgegangen werden.

Türen von Räumen, in denen viel Wasserdampf freigesetzt wird, sind geschlossen zu halten, damit sich die Feuchtigkeit nicht in der gesamten Wohnung verteilt. Dort sollte jedoch vermehrt gelüftet werden!

Türen zu kühleren Räumen geschlossen halten, damit sich nicht feuchte Luft an kalten Wänden niederschlagen kann!

Auch Schlafräume sollten tagsüber temperiert werden (ca. 16-18°C), damit die Raumluft genügend Feuchte aufnehmen kann!

Zusätzliche Luftbefeuchtung über Verdunster an den Heizkörpern oder über elektrische Luftbefeuchter sollte unterbleiben!

Wäschetrocknen sowie das Aufstellen von Zimmerpflanzen sollte in schimmelbelasteten Räumen vermieden werden!

Möbelstücke, vor allem mit geschlossenem Sockel, sollten nicht an Außenwänden stehen. Wenn das unvermeidlich ist, dann sollten diese mit ca. 5 cm Abstand zur Wand aufgestellt und mit Lüftungsöffnungen im Sockel versehen werden!

Schimmelpilzbekämpfung Die Verwendung von Bekämpfungsmitteln mit fungiziden Wirkstoffen auf Basis von Chlor-, Schwefel-Stickstoff- und organischen Zinnverbindungen ist kurzfristig zwar hochwirksam, jedoch wegen geringer Gesundheitsverträglichkeit und relativ hoher Umweltbelastung in Wohn- und Schlafräumen aus umwelthygienischer Sicht nicht zu empfehlen. Bei entsprechenden Arbeitsvorkehrungen (Atemmaske, gute Raumbelüftung) kann die Belastung durch Aerosole stark minimiert werden.

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Poröse Bauteile sind mit 80%igem Ethanol oder Isopropanol zu behandeln. Andere sog. Hausmittel wie z. B. 30%iges Wasserstoffperoxid, 5%ige Essigessenz oder 5%ige Sodalauge etc. sollten nur zum Reinigen von befallenen Gegenständen verwendet werden. Diese Mittel enthalten einen hohen Wasseranteil und man sollte deshalb damit keine feuchten Bauteile behandeln. Weiters ist zu bedenken, und das gilt für alle Bekämpfungsmittel, dass nach Abklingen der fungiziden Wirkung das Schimmelpilzproblem erneut entstehen kann, wenn nicht die primäre Ursache der Feuchtigkeit im Bauteil bzw. eine zu geringe Oberflächentemperatur beseitigt wird. Aus diesen Gründen ist in den meisten Fällen die Schimmelpilzbekämpfung mit chemischen Mitteln nur als kosmetischer Akt zu sehen. Bauliche Maßnahmen Wirkt die Bekämpfung gegen Schimmel nicht dauerhaft und führt auch das richtige Benutzerverhalten (Heizen, Lüften, Freistellen befallener Bauteile etc.) zu keiner Verbesserung, sollte die Bausubstanz einer adäquaten Sanierung unterzogen werden.

• Als erste Maßnahme muss der Feuchtigkeitszustrom zum betroffenen Bauteil gestoppt werden. Zusätzlich ist das befallene Material zu entfernen und durch anorganische Materialien (Kalkputz, Kalk- und Mineralfarbanstrich - z.B. Silikatinnenraumfarbe) zu ersetzen.

• Wird der Verputz nicht bis zum Mauerwerk entfernt, so bleibt bei kritischen Bauteilen das Risiko eines neuerlichen Befalles sehr hoch. An solchen Wand- und Deckenbereichen sollte keine Tapete geklebt und keine Verkleidung angebracht werden.

• Ältere Gebäude sollten wenn möglich wärmetechnisch saniert werden, um den Wärmeverlust der Bauteile nach Außen zu verringern. Die Gefahr der Kondenswasserbildung verringert sich dadurch drastisch.

Ziel des gesamten Aufwandes sollte sein:

ZUFRIEDENE RAUMNUTZER

IN EINER GESUNDHEITLICH UNBEDENKLICHEN RAUMLUFT UND

IN EINEM NACHHALTIG SANIERTEN GEBÄUDE

Kontakt zum Autor: Dipl.-Ing. Peter EUSTACCHIO Ingenieurbüro Eustacchio 8074 Raaba, Hochfeldweg 8 Tel: +43 (316) 40 12 830 Email: [email protected]

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RLT – Anlagen als Nutzen für Innenraumqualität L. Rüdisser RLT Optimierung, Götzis Befindlichkeit und Innenraum Innenraumbedingte Befindlichkeitsstörungen, gesund-heitliche Beeinträchtigungen (Krankheitsbilder SBS, BRI, ...) und div. Legionellenfälle lösen immer wieder Diskussionen und Kritik über Nutzen oder Schaden raumlufttechnische Anlagen (RLT Anlagen) aus. Vernachlässigte, „versiefte“ RLT-Anlagen wurden zu Recht zum Negativimage einer ganzen, teilweise sorglosen und von Billigpreisen orientierten (Klima) Branche. Die Versprechungen der Gebäudetechniker im Zusammenhang mit der 1. Energiekrise in den 70er Jahren waren ausschließlich energetisch orientiert (Zunahme von UMLuftgeräten bzw. Systemen)! Die Beachtung der hygienischen Aspekte/Schwachstellen waren reduziert/zuwenig beachtet und die Folgererscheinungen sind noch heute spürbar (z. B. Montagsfieber in öffentlichen Gebäuden, kontaminierte Anlagen). Dabei sind Lüftungssysteme hochbelastete Anlagen, die wesentlich zur Erhaltung der

• Raumluftqualität bzw. • Behaglichkeit und Wohlbefinden, • Produkt- und Produktionsqualität, • sowie zur Anlagensicherheit

beitragen. Aber auch die Klimatechnik ist lernfähig: Während früher zur Auslegung Produktionsprozesse Priorität hatte, steht nun die Gesundheit des Menschen im Mittelpunkt., Emissions- und Imissions-Gesetze, Innenraumqualität geraten als Maßnahmen und Normen in Bewegung! Forschungs-Arbeiten über Luftverunreinigungen, Schimmelproblematik usw. im Innenraum (80-90% verbringen wir in Innenräumen) werden zum Thema! Leider zuwenig in Österreich. Spätestens seit der aktuellen Feinstaubdiskussion und dem allgemeinen Verständnis auch des Laien für PM10 Partikel bekommt jedoch die Diskussion des Allheilmittels „offenes Fenster“ eine andere Denkart. Raumlufttechnik und Luftqualität haben wieder einen anderen Stellenwert! Und die hygienische Betrachtung der Innenraumhygiene wird plötzlich der energetischen Auslegung (zumindest) gleichgestellt. Sicherheit bedeutet neuerdings nicht nur Brandschutz, sondern auch Hygiene.

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Raumlufttechnik in Zukunft Der Faktor Gesundheit und ein starkes Immunsystem wird mit den reduzierten Sozialleistungen neuen Stellenwert bekommen. Die Kernaufgabe der Architektur besteht ja darin, Gebäude zu bauen, in denen sich die Menschen wohlfühlen und außerdem in Harmonie mit der Umwelt stehen! Energiehäuser und Passivhaus-Bauwerke werden unsere Wohnkultur langfristig und nachhaltig prägen. Grundvoraussetzung für diese Baukonstruktionen sind/wären? funktionierende, allgemein verständliche (für den Nutzer) Gebäudetechnik und RLT Anlagen. Sie müssen aber richtig gebaut und hygienisch sorgfältig konstruiert (auf Jahre!) sein. RLT ist kein Experimentierfeld oder Spielwiese für Bastler. Zum Beispiel richtige Materialien-verwendung im Erdkollektorbau. Mit Taupunktberücksichtigung in den Sommermonaten und deren Folgererscheinungen, also ev. Schimmelbildung oder Alternativsysteme. Die richtige Anordnung der Außenluftansaugung bzw. die generellen Reinigungen der Komponenten. Lernen wir auch aus den Fehlenr der energetisch sanierten, nachisolierten und nachgedichteten Gebäude (z.B. Fenstererneuerungen) der letzten (geförderten) Remodlingphasen?.Und den bekannten Folgen der z.B. unerwarteten Schimmelerscheinungen! Versäumnisse zwingen uns zum Lernen, zum Umdenken. Zukünftig werden (hoffentlich) Generalunternehmer, Gebäudenutzer oder Wohnraumbauer mit Verantwortung gefordert. Nicht GU-Pauschalpreise und Verträge mit max. 3 Jahren Garantie für Gebäudetechnik, Sondern langfristiges Wohlbefinden und Behaglichkeit sind Kunden-/Mieteransprüche. Verantwortbare Gebäudezyklen sind gefordert Im Spannungsfeld zwischen Investition, Ökonomie und Ökologie. Sorgfältige Planung, interdisziplinäre Zusammenarbeit mit klaren Vorgaben, fachliche Ausführung (bis ins Detail) der Gebäudetechnik sind unabdingbar das Gebot der Zukunft. Und natürlich regelmäßige, fachmännischer Inspektion und Wartung. RLT-Anlagen sollen:

schädliche Luftinhaltsstoffe der Außenluft verringern. in den Räumen entstehende Stoffe ausreichend abtransportieren. durch ihre Funktion Wohlbefinden erzeugen

RLT-Anlagen dürfen nicht:

• Ursprungsort hygienisch bedenklicher Substanzen sein, • Nährboden für Schimmel + Mikrorganismen sei, • hygienisch bedenkliche Substanzen aus einem Raum in andere übertragen (UML), • durch ihre Funktion gesundheitsschädlich wirken.

Eine allergene und mikrobielle Belastung im Innenraum, wo auch immer die Quelle zu suchen ist, ist sehr spezifisch zu bewerten, da die Reaktion der betroffenen sensibilisierten Menschen eher konzentrationsunabhängig verläuft. Hier gibt es für die betroffenen Personen individuelle Schwellenwerte, ab denen eine Reaktion erfolgt. Diese verläuft unterschiedlich heftig und kann ihre Lokalisation und damit ihre Ausprägung im menschlichen Organismus verschiedenartig zeigen.

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Allergene in RLT – Anlagen Die Kontamination einer RLT-Anlage mit Allergenen, Schimmelpilzen, Pollen als Allergen-träger und -produzenten ist auf verschiedenen Wegen möglich. Die Konfiguration und der Wartungszustand der Anlage spielt dabei eine wesentliche Rolle. Zum einen gelangen die Allergene selbst durch Außenluft oder Umluft in das System, zum anderen findet eine Kontamination durch Allergenträger oder -produzenten statt. Diese können nicht nur luftgeführt, sondern bei der Montage der Anlagenteile oder durch deren unsachgemäße Behandlung im Vorfeld eingetragen werden. Handelt es sich dabei um lebende Organismen, wie Schimmelpilze, findet bei entsprechend optimalen Umgebungsbedingungen eine Besiedlung und Vermehrung statt. Das Vorhandensein von organischem Material wie Stäuben oder Ölen und Fetten begünstigt diesen Prozess zusätzlich. Die wesentlichen Grenzen der Allergenabscheidung selber liegen in der geringen Größe der Allergene und in deren Vermehrungspotential auch innerhalb der RLT - Anlage begründet. Viele Filtermedien sind nur begrenzt in der Lage Allergene nachhaltig abzuscheiden. Findet eine Abscheidung statt, muss das abscheidende Medium rechtzeitig erneuert werden, bevor es selbst zur Allergenquelle wird. Um diese Kontamination zu vermeiden, bedarf es einer sorgfältigen Planung, Ausführung und Wartung der RLT-Anlage, wie in Richtlinien (VDI 6022) beschrieben. Hierbei sind Anlagenteile zu vermeiden oder zu begrenzen, die einer Besiedlung Vorschub leisten, unerwünschte Speicherung von organischem Material zulassen oder nicht reinigungsfähig sind. Die Realisierung, Anlagenübergabe und besonders Istanalyse einer solchen Anlage ist deshalb unverzichtbar. Nur eine fachliche und mikrobiologische Erfahrung hilft hier, in der Folge kostspielige Fehler zu erkennen und zu beseitigen. Eine im Betrieb befindliche und stark kontaminierte Anlage ist nur mit großem Arbeits- und Kostenaufwand zu reinigen oder gar zu verändern. Ob alle Maßnahmen erfolgreich im Sinne einer Allergenreduktion waren, zeigt sich spätestens bei der ersten großen Hygieneinspektion. Ein erfahrener RLT-VDI-Spezialist kann in Zusammenarbeit mit einem akkreditierten/erfahrenen Labor mit Richtlinien-Vorgaben bei der Erstinspektion an der Anlage herausfinden, ob alle Kriterien zur Realisierung einer signifikanten Reduktion biogener Schadstoffe erfüllt sind oder nicht. Zu diesem Zeitpunkt ist es im Vergleich zu den nachfolgenden Inspektionen noch nicht zu spät, eventuelle Anlagenteile zu verändern und zu verbessern, da unter Umständen bereits eine Kontamination stattgefunden hat, die schwer zu beseitigen ist. Hilfreich ist hier auch eine zusätzliche, qualifizierte Raumluftmessung, um eine von der Anlage unabhängige Bewertung der Innenraumluft tätigen zu können! Häufig sind auch klassische Innenraumquellen für erhöhte Allergenexposition verantwortlich. Zusammenfassung Raumlufttechnische (RLT) Anlagen, die nach dem aktuellen Stand der geltenden Normen und Richtlinien konstruiert und überwacht werden, sind in der Lage, relevante Mengen von Schadstoffen aus der Luft zu reduzieren bzw. Schaden in Innenräumen und Gebäudeteilen durch kontrollierten Luftwechsel und andere Parameter zu verhindern / reduzieren!

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Symposium Pilze im Innenraum L. Rüdisser Raiffeisenhof, 2006 RLT – Anlagen als Nutzen für Innenraumqualität

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Die Vernachlässigung der Hygiene kann:

♦ zu Erkrankungen führen! Die Effektivität der Hygienemaßnahmen zur Krankheitsverhinderung ist ausreichend belegt.

♦ zu wirtschaftlichen Einbussen führen! Schlechte Raumluftqualität korreliert mit krankheitsbedingten Fehltagen und schlechterer Effizienz der Mitarbeiter. Weiters wird das Wohlbefinden des Kunden gestört.

♦ juristische Folgen haben! Bei gesundheitlichen Schäden wird häufig der für die Hygiene Verantwortliche verklagt.

Die Zusammenarbeit qualifizierter, erfahrener RLT-Hygieniker, Mikrobiologen und RLT-Planer ist deshalb bereits in der Entstehungsphase der Anlagen notwendig! Fachliche Übergabe und permanente Wartung bzw. hygienische Inspektionen von RLT-Anlagen sind Bausteine der Behaglichkeit und des Wohlbefindens in Innenräumen. Nicht der häufige Techniker-Leitsatz „der Mensch ist Mittel“ gilt - sondern Mittelpunkt ist der Mensch.

„Saubere Luft ist unser wichtigstes, notwendigstes Lebensmittel“ Schimmelbildung kennt keine Grenzen Kontakt zum Autor: Ludwig RÜDISSER Rüdisser RLT Optimierung A-6840 Götzis, Rütte 46 Telefon: +43 (0) 5523 5 67 56 Telefax: +43 (0) 5523 5 42 52 E-Mail: [email protected]

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Symposium Pilze im Innenraum S. Hübner Raiffeisenhof, 2006 Sanierungsleitfaden (Deutschland)

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Sanierungsleitfaden (Deutschland) Schimmelpilzsanierung in Wohnräumen - effektiv und nachhaltig S. Hübner Engel KG Schadstoffanalytik, Wien

Schimmelpilzbelastungen in Wohnräumen, ein zunehmendes Problem: Schimmelpilzbefall in Wohnräumen stellt ein hygienisches Problem dar, das aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden kann. Bei nachweislichem Schimmelpilzwachstum müssen fachgerechte Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung von Schimmelpilz durchgeführt werden. Eine Beseitigung von Schimmelpilzbefall hat aber nur dann Sinn, wenn zuvor die Ursachen geklärt werden. Ohne Klärung und Behebung der Ursachen, die zum Wachstum geführt haben, ist ein neuer Befall vorprogrammiert. Modernisierungsmaßnahmen, Leitungshavarien, falsche Bauausführungen, nicht angepasstes Nutzungsverhalten, lässt die Zahl der befallenen Objekte steigen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen von Atemwegserkrankungen, Allergien über Mykosen bei speziellen Risikogruppen und auch Mykotoxikosen, sind heute keine Seltenheit mehr und werden immer mehr Gegenstand der wissenschaftlichen und der öffentlichen Diskussion. Neben der Beseitigung der Schäden und Trocknung wird immer stärker von Mietern, Vermietern, Versicherungen und Eigentümer, ein Nachweis über einen hygienisch unbedenklichen Zustand der sanierten Räume gefordert. Über Weg und Sanierungsziel gibt es noch immer stark voneinander abweichende Vorstellungen und Durchführungen. Somit gewinnen Untersuchungen auf Pilze/Schimmelpilze zunehmend an Bedeutung. Deshalb ist eine Standardisierung von Verfahrensvorschriften, die Erarbeitung von Kriterien für die Befundbewertung und eine ausreichende Qualitätssicherung erforderlich. Arbeitskreis „Qualitätssicherung – Schimmelpilze in Innenräumen Seit über 6 Jahren gibt es einen Arbeitskreis „Qualitätssicherung – Schimmelpilze in Innenräumen“, am Landesgesundheitsamt Baden Württemberg, der im Auftrag des UBA, Empfehlungen zur Vereinheitlichung des Vorgehens bezüglich des Nachweises, der Beurteilung und der Sanierung von Schimmelpilzschäden in Innenräumen erarbeitet. Des weiteren ist das LGA Baden Württemberg vom UBA beauftragt, eine externe Qualitätssicherung in Form von Ringversuchen durchzuführen. Hierbei werden 6 Stämme versendet, von denen mindestens 4 Stämme bis auf die Art richtig erkannt werden müssen. Seit dem 3. Ringversuch wird zusätzlich eine reale Probe zur fakultativen Bearbeitung versendet. Die Ergebnisse der teilnehmenden Labore zeigten eine große Streuung. Fakt ist aber, dass diejenigen Labore, die regelmäßig an den Ringversuchen teilnehmen, eine Qualitätssteigerung in der Identifizierung und Quantifizierung verzeichnen können. Mit der Veröffentlichung des „Leitfaden für die Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzen in Innenräumen 1 “, herausgegeben vom UBA im Dezember 1 Links: www.umweltbundesamt.de

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Symposium Pilze im Innenraum S. Hübner Raiffeisenhof, 2006 Sanierungsleitfaden (Deutschland)

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2001, ist es erstmalig gelungen, einheitliche Empfehlungen für die Erfassung und Bewertung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen zu geben. Mit der Veröffentlichung des „Schimmelpilz-Sanierungsleitfadens“ im Sommer 2005 wurden nunmehr auch die Vorgehensweisen hinsichtlich des notwendigen Sanierungsumfanges konkretisiert. In diesen Leitfäden sind eine Abfolge von Begutachtungs- und Sanierungsschritten beschrieben, die bei wirtschaftlich vertretbaren Kosten einen hygienisch einwandfreien Zustand nach der Sanierung gewährleisten und einen erneuten Befall verhindern. Sanierung Die grundlegenden Schritte der Sanierung sind:

• Erfassung der Belastungssituation in Wohnräumen, primär über die Ermittlung des Feuchtezustandes, sekundär über Luftkeimmessungen und Anzucht von Pilzen aus Materialproben auf entsprechende Nährböden

• Abschottung des belasteten Bereiches gegen die Umgebung

• Entfernung des belasteten Materials unter Staubschutz

• Desinfektion, um eventuell verbliebenes Mycel abzutöten

• Wiederaufbau mit mineralischem Putz, Wasserglas- oder Kalkfarbe, um durch den hohen pH-Wert eine lebensfeindliche Umgebung für Schimmelpilze zu schaffen

• Überprüfung des Sanierungserfolges durch Luftkeimmessungen

Das hier vorgestellte Verfahren hat sich seit Jahren in der Praxis bewährt. Es ist eine Wahl aus altbekannten Verfahren, die jedoch in ihrer Kombination und Abfolge die Herstellung dessen ermöglichen, was wir als „hygienisch einwandfreien Zustand“ bezeichnen. Der hygienisch einwandfreie Zustand bedeutet, die Entfernung und dauerhafte Verhinderung der Ansiedlung von Organismen, die auf den Menschen toxisch oder Allergen wirken. Sicher sind andere Verfahren möglich und zu diskutieren. Hier wird nur vorgestellt, was zum heutigen Zeitpunkt Stand der derzeitigen Wissenschaft und Technik ist und sich in der Praxis erfolgreich bewährt hat. Faktum ist: Wurde Schimmelpilz festgestellt, besteht dringender Handlungsbedarf, denn

Schimmelpilzwachstum in bewohnten Innenräumen kann, abhängig von der individuellen Disposition der Bewohner sowie der Sporenkonzentration und Expositionsdauer, gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Allergien, Atemwegs-erkrankungen oder Mykosen zur Folge haben. Die fachgerechte Sanierung eines Schimmelpilzbefalls ist daher stets angeraten.

Doch als Sofortmaßnahme greift die resolute Hausfrau zum Putzlappen, tränkt ihn mit diversen Hausmittelchen wie Spiritus, Essig und Salmiak und rückt dem Pilz zu Laibe. Dabei gibt es allerdings einen entscheidenden Haken. Der Schimmelpilz wird nur oberflächig weggewischt aber nicht entfernt. Das gleiche gilt für die handelsüblichen Fungizide (Schimmelfresser, Schimmel ex).

www.umweltbundesamt.org/fpdf-l/2951.pdf

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Keines hat eine andauernde Wirkung. Dazu kommt, dass die angebotenen Mittel auch Gesundheitsrisiken mit sich bringen, enthalten sie doch i. d. R. Chlorverbindungen, Metallhydro-xide, Oxide, organische Schwefel/Stickstoffverbindungen oder Phenolverbindungen. Das Schimmelpilzwachstum wird nur vorübergehend gestoppt. Bei vergleichenden Untersuchungen wurde festgestellt, dass keines dieser Mittel eine Langzeitwirkung hat. Beseitigung eines Befalls kleinerer Flächen Kleinere Schimmelpilzschäden können vom Raumnutzer, solange er nicht allergisch auf Schimmelpilze reagiert, chronisch krank oder immungeschwächt ist, selbst beseitigt werden. Aber auch hier ist es wichtig, dass die Ursachen, die zum Schimmelpilzbefall geführt haben, abgeklärt und beseitigt werden. Bei der Beseitigung befallener Materialien ist darauf zu achten, möglichst staubarm zu arbeiten. Staubentwicklung kann dadurch eingedämmt werden, dass die zu bearbeitenden Flächen z. B. mit Wasser benetzt werden. Grundsätzlich sollten mit Schimmelpilz befallene Flächen nie trocken abgerieben werden, um eine Erhöhung der Konzentration in der Raumluft durch Schimmelpilzsporen und die Entstehung von Sekundärquellen zu vermeiden Die entfernten Materialien werden staubdicht verpackt und können über den normalen Hausmüll entsorgt werden. Anschließend die bearbeiteten Flächen mit 70 bis 80%igem Alkohol reinigen und desinfizieren. Alle Materialien, die mit Schimmelpilzen befallen sind, müssen gründlich gereinigt werden. Befallene Polstermöbel oder Teppichbeläge sollten vollständig entfernt werden, hier besteht selten eine Möglichkeit der Sanierung mit vertretbarem Aufwand. Achtung !: Eine bloße Abtötung von Schimmelpilzkeimen ist nicht ausreichend, da auch von

abgetöteten Schimmelpilzen allergische und reizende Wirkung ausgehen kann. Sofortmaßnahmen bei Befall größerer Flächen Ist ein größerer Schimmelpilzschaden (>0,5m², Befall auch in tieferen Materialschichten) vorhanden), kann oftmals aus rechtlichen oder technischen Gründen nicht sofort mit der Sanierung begonnen werden. Allerdings sollten im Vorwege unverzüglich Sofortmaßnahmen ergriffen werden, um eine Gefährdung der Raumnutzer und die Ausbreitung von Schimmelpilzen, bzw. der Sporen auf andere Räume zu verhindern. Folgende Sofortmaßnahmen können vom Raumnutzer, sofern er nicht allergisch auf Schimmelpilze reagiert, chronisch krank oder immungeschwächt, ist selbst durchgeführt werden:

• Der betroffene Bereich sollte räumlich abgetrennt werden (z.B. Ab-schottung mit Plastikfolie)

• Die befallenen Flächen können mit Klebefolie bedeckt oder mit einem Bindemittel vernetzt werden, um eine Freisetzung von Sporen in die Raumluft zu unterbinden.

• Stark mit Schimmelpilz befallene Räume sollten nicht mehr benutzt werden.

• Lebensmittel oder andere Gegenstände, wie Kinderspielzeug sollte aus den betroffenen Räumen entfernt werden.

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• Schwer zu reinigende, noch nicht von Schimmelpilz befallene Gegenstände, wie Polstermöbel oder Textilien sollten abgedeckt oder aus dem Schadensbereich entfernt werden. Vor Wiederverwendung sollten diese Gegenstände gereinigt werden.

• gezieltes Heizen und Lüften, um Feuchtigkeitsquellen zu minimieren, um Schimmelpilzwachstum einzuschränken. Hierbei ist darauf zu achten, dass andere Bereiche dadurch nicht mit Schimmelpilzsporen belastet werden.

• Abrücken von Möbeln von Außenwänden, um die Gefahr einer Taupunkt-unterschreitung im Raum zu verringern und so wiederum Schimmelpilz-wachstum vorzubeugen.

Sanierung bei Befall größerer Flächen Um langfristige Schimmelpilzbeseitigung erfolgreich durchführen zu können ist das Auffinden und Beseitigen der Ursachen, die zum Schimmelpilzwachstum geführt haben, die einzige Möglichkeit, der Entstehung von Schimmel dauerhaft zu verhindern. Dies ist natürlich leichter gesagt als getan. Objekte, die einen größeren Umbau hinter sich haben oder Neubauten können schließlich nicht jahrelang leer stehen, bis sie getrocknet sind. Manche dieser Bauten müssen regelrecht trocken gewohnt werden. Ein bei einer Sanierung frisch angebrachter Wandaufbau braucht seine Zeit zum Austrocknen, trotzdem muss die Wohnung weiterhin nutzbar sein. Nach einer Trocknung sind Räume und Inventar noch mit den Dauerformen des Schimmels befallen, die weiterhin ihre gesundheitsschädigenden Wirkungen haben können. Es kommt zum Wiederbefall schon bei geringen Durchfeuchtungen. Bleibt doch die Frage, wie können Räume, neben der Bautrocknung in einen hygienisch einwandfreien Zustand versetzt und Wiederbefall verhindert werden? Ziele von langfristigen Maßnahmen sind:

• Auffinden und Beheben des Bauschadens mit anschließender Trocknung

• Wiederherstellung eines hygienisch einwandfreien Zustandes

• Schutz von Bausubstanz und Inventar bei Nutzung bis zur vollständigen Trocknung ohne Wiederbefall

Für die Feststellung von Baumängeln und die Behebung von Bauschäden und Trocknung existieren langjährige Erfahrungen, Verfahren und Fachfirmen und wird deshalb hier nicht weiter erläutert. Die Wiederherstellung eines hygienisch einwandfreien Zustandes dagegen, ist eine neuere Anforderung. In den bisher gehaltenen Vorträgen wurde bereits aufgezeigt, auf welch vielfältige Weise Schimmelpilze zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können und wie schwierig es ist, die Belastung zu erfassen. Das Prüfkriterium für die gesundheitliche Situation muss gesetzt werden. Wie schon erwähnt gibt es noch keine allgemein anerkannten oder gesetzlich festgelegten Bezugsgrößen. Es gibt bisher nur Handlungsempfehlungen und Leitwerte.

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Sanierungsleitwert Stand heutiger Wissenschaft und Technik ist, dass oberhalb von 100 KBE Schimmel/m³ Raumluft nach Abzug der Außenluftwerte, Allergien auftreten können. Somit hat eine Mietsache, die stärker belastet ist einen Mangel. Mieter haben das Recht fristlos zu kündigen, die Miete zu mindern und Abhilfe zu verlangen. Das gleiche gilt für Auseinandersetzungen im Schadensfall mit Versicherungen. Diese 100 KBE/m³ Raumluft nach Abzug der Außenluftwerte ist ein unterer Grenzwert, da gesundheitliche Beeinträchtigungen erst bei deutlich höheren Konzentrationen auftreten können. Es ist ein Richtwert, der bei der wirtschaftlichen Betreibung eines Gebäudes beachtet werden muss. Für die Bezugsgröße KBE/m³Luft gibt es standardisierte Meßmethoden. Auf diese Bezugsgröße fußt auch die Diskussion um gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die Beurteilungskriterien werden weiter differenziert:

• Pathogene oder toxische Pilze dürfen im Innenraum nur in relevanter Menge vorkommen (bis zu 30KBE).

• Bis zu 50 KBE/m³ einer einzigen Pilzart in der Raumluft sind akzeptabel.

• Für eine ausgewogene Mischpopulation werden 150 KBE pro m³ Raumluft über der Außenluft akzeptiert.

• Bis zu 500 KBE pro m³ Raumluft über der Außenluft werden akzeptiert, wenn es sich hauptsächlich um Cladosporium-Arten oder andere pflanzen-assoziierte Pilze handelt.

Erfahrungen bei der Begutachtung und Sanierung zeigen:

• Für gemessene Werte oberhalb 100 KBE/m³ vor Sanierung konnte eine Schimmelpilzquelle gefunden werden

• Ohne Staubschutz bei der Bearbeitung und Reinigung befallener Flächen kann der Sanierungsleitwert nicht eingehalten werden

• Bei Überprüfungsmessungen nach 1 und 3 Jahren wird der Sanierungsleitwert in sanierten Wohnungen, auch wenn sie noch nicht vollständig abgetrocknet sind, nicht überschritten

Wiederherstellung eines hygienisch einwandfreien Zustandes Anhand dieses Richtwertes ergeben sich entsprechende Anforderungen an die Sanierung und die zu verwendenden Materialien, die eine Auswahl aus der Vielzahl der Möglichkeiten der Schimmelpilzsanierung zulassen. Das im nächsten Punkt in Zusammenfassungsform vorgestellte Sanierungsverfahren ergab sich aus den Notwendigkeiten der Sanierung einer Großsiedlung und wurde mittlerweile mit gutem Erfolg auf andere Objekte übertragen. Des weiteren basiert diese Sanierungsmethode auf die Anforderungen und Vorgaben des Schimmelpilzsanierungsleitfaden, der in Deutschland vom UBA

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2005 herausgegeben wurde. Diese Methode führt zu einem messbaren Erfolg, sie ist ausschreibbar und abnehmbar und ganz wichtig, ihre Anwendung führt für alle Beteiligten zur Sicherheit. Dieses Verfahren stellt einen hohen Standard dar und bei Sanierungsmaßnahmen größeren Umfanges ist sie durchaus mit dem Aufwand einer Asbestsanierung (geringeren Umfanges) vergleichbar. Dieses Verfahren mag zunächst sehr aufwendig erscheinen, aber man muss bedenken:

Dass die Leistung ausgeschrieben und überprüft wird

Dass bei diesem Vorgehen ein ausdauernder Erfolg garantiert werden kann

Dass während der Sanierungszeit die Wohnungen weiter genutzt werden können, es also zu keinem Mietausfall kommt

Dass die Erfolgskontrolle nach der Sanierung bei Streitigkeiten gerichtsverwertbar ist (z. B. um zu beweisen, dass weiterhin vorhandene allergische Beschwerden nicht auf immer noch vorhandenen Pilzbefall zurück geführt werden können)

Somit kann dieses differenzierte und effizientere Verfahren gegenüber herkömmlichen Vorgehensweisen durchaus zu deutlichen Einsparungen führen. 1. Schritt:

Erfassung der Belastungssituation Sichtbarer Schimmelpilzbefall sollte grundsätzlich beseitigt werden und dem Wiederbefall die Basis entzogen werden. Sanierungsmaßnahmen bei größerem Befall sollten nicht vom Raumnutzer selbst, sondern von einer Fachfirma durchgeführt werden. Ziel einer Sanierung ist es, einen hygienisch einwandfreien Zustand herzustellen. Dafür ist es notwendig, dass größere belastete Flächen unter Staubschutz saniert werden. Die Eingrenzung des Sanierungsumfanges auf das nötige Maß erfolgt durch eine gezielte Beprobung und Aufnahme der Belastungssituation. Messungen und Analysen haben daher das Ziel, Schaden und Befall einzugrenzen, sie sollen nicht zum Nachweis dienen, dass saniert werden muss! Zur Schadenseingrenzung wird primär ein Feuchtigkeitsprofil der Räume erstellt, denn nur dort, wo die Feuchtigkeit hoch genug ist, ist ein aktives Wachstum von Schimmelpilzen möglich. Feuchte Stellen, ohne sichtbaren Befall, werden durch Entnahme von Materialproben und Anzucht auf Nährböden beprobt, weil auch feuchte Stellen ohne sichtbaren Schimmelpilz befallen sein können. Bei Verdacht auf verdeckten Befall, z. B. hinter Paneelen oder abgehängten Decken, sollten diese grundsätzlich für eine optische Überprüfung zugänglich gemacht werden. Ist dies nicht möglich, kann mit Messungen KBE/m³ (Kolonie Bildende Einheiten pro m³ Luft), MVOC (Mikrobiell produzierte flüchtige organische Stoffe) oder anderen Hilfsmitteln geprüft werden, ob ein versteckter Schaden übersehen wurde.

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Ist bei Verdacht kein Befall erkennbar oder belegbar, so kann als Bestätigung eine Raumluftmessung als Abschlussmessung herangezogen werden. Sachgerechte Bewertung und Interpretation der Laborergebnisse Bei der Beurteilung und Interpretation von Laborergebnissen sind gute fachliche Kenntnisse über die Biologie und Artenspektrum von Schimmelpilzen Voraussetzung. Wie inzwischen bekannt ist, sind die Gewohnheiten und Ansprüche der einzelnen Schimmelpilzarten mindestens genauso unterschiedlich wie bei uns Menschen. Bei der Wahl der Institution, die mit den Untersuchungen beauftragt wird sollte auf die entsprechende Qualifikation geachtet werden. Diese Institution sollte den Nachweis bringen, dass es regelmäßig an Seminaren und erfolgreich an Ringversuchen teilnimmt. Die quantitative Bewertung gibt uns Hinweise über die Größe des Schadens. Mit der qualitativen Bewertung können Quellen und Ursachen des Schadens herausgefunden werden. Hierzu muss man wissen, welche Pilze eine besonders hohe Indikation für Feuchteschäden haben, welche Pilze für den Innenraum spezifisch sind, welche sind eher Lebensmittel relevant oder Pflanzen assoziiert, welche Pilze sind typische Außenluftpilze und vieles mehr. Neben der Bewertung von Schimmelpilzen hat auch die Bewertung von Bakterien, wie z. B. den Actinomyceten eine Bedeutung. In sehr feuchten Materialien kommt es des Öfteren vor, dass sie keine auffälligen Mengen an Schimmelpilze vorweisen, dafür aber eine enorme Anzahl von Bakterien. Bei der Bewertung von Materialien muss klar unterschieden werden, ob ein aktiver Befall vorliegt oder es sich nur um Anflugsporen (Liegestäube) handelt. Für die vorhandenen Materialien ist eine getrennte Beurteilung über die verschiedenen Sanierungsmöglichkeiten erforderlich. Es ist also für eine Gesamtbewertung der Situation grundsätzlich notwendig, die qualitative Zusammensetzung der gefundenen Mikroorganismen zu bestimmen, sowie zwischen aktiven Befall oder Anflugsporen (Liegestäube) zu unterscheiden. Anhand der erhobenen Daten erfolgt eine Zusammenstellung der belasteten Flächen und Hohlräume und die Festlegung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen. Neben der Festlegung der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen muss auch eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden. Sie muss folgende Punkte beinhalten:

• Die Beurteilung der Gefährdung der Bewohner/Nutzer durch den vorliegenden Schimmelpilzbefall mit der Beurteilung aus hygienischer Sicht und der Dringlichkeit der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen.

• Die Beurteilung der Gefährdung bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen für die Sanierer und der Personen, die sich in dem zu sanierenden Objekt aufhalten, bzw. wohnen

Ist auch eine medizinische Bewertung erforderlich, sollte hierzu unbedingt ein Arzt hinzugezogen werden. Für die Einstufung eines mikrobiellen Schadens gibt es keine absoluten Vorgaben. Hier sind grundsätzlich der Einzelfall oder ggf. besondere Umstände maßgeblich.

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2. Schritt:

Abschottung des belasteten Bereiches Da der Staub die Hauptbelastungsquelle der Räume mit Schimmelpilzsporen ist, ist eine Abschottung der belasteten Bereiche während der Sanierung notwendig, um eine Kontamination angrenzender Bereiche zu vermeiden, was ansonsten zum raschen Wiederbefall führen würde. Bei lokal begrenzten Schäden kann diese Abschottung z. B. durch Staubschutzwände oder andere geeignete Hilfsmittel erfolgen, so dass eine Sanierung auch in bewohntem Zustand der Wohnung möglich ist. 3. Schritt:

Entfernung des belasteten Materials Befallene Materialien, z. B. Tapeten, Putz werden mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 20 bis 50 cm um die Befallstelle entfernt. Der bei den Arbeiten anfallende Staub wird mit einem Sauger K1/1H vollständig abgesaugt, um eine zusätzliche Verschleppung der Pilzsporen und keimfähigen Mycelreste zu verhindern. 4. Schritt:

Desinfektion Schwach befallene Flächen bzw. unter dem entfernten Material liegende, freigelegte Flächen sollen desinfiziert werden, um verbliebene Mycelreste abzutöten. Die Desinfektion zielt nicht (!) auf das Abtöten von Schimmelpilzsporen. Diese können, siehe Schritt 3, nur mechanisch entfernt werden. Die Desinfektion erfolgt mit 70 – 80%igem Alkohol, da dies kostengünstig und einfach durchzuführen ist und keine toxischen Nebenwirkungen auf die Bewohner zu befürchten sind, außerdem hat sich Alkohol gegenüber anderen Desinfektionsmitteln zur Abtötung von Schimmelpilzmycel bewährt. 5. Schritt:

Wiederaufbau Solange der Trocknungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, sollte der Wiederaufbau ein alkalisches Milieu schaffen, bei dem es nicht zu einem erneuten Auskeimen von Schimmelpilz kommt. Dafür sollte ein mineralischer Putz verwendet werden und anschließend mit einer Beschichtung mit Silikatfarbe oder mit einer Kalkfarbe versehen werden. Diese Farben haben in den ersten Monaten nach Auftragen einen sehr hohen pH-Wert, der die Lebensbedingungen von Pilzen einschränkt. Wasserglasfarben schließen die Oberflächen zudem dicht ab, ohne stark diffusionshemmend zu sein. Wenn möglich, sollten die Wände bis zur vollständigen Trocknung untapeziert bleiben. Wenn der Trocknungsprozess abgeschlossen ist, ist ein beliebiger Wiederaufbau möglich. Es sollte jedoch grundsätzlich ohne stark diffusionshemmende Materialien (z. B. Vinyltapete, Latexfarbe etc.) erfolgen.

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6. Schritt:

Überprüfung des Sanierungserfolges Zur Überprüfung des Sanierungserfolges werden Luftkeimmessungen eingesetzt. Luftkeim-messungen sind derzeit die einzige arbeitsmedizinisch anerkannte Methode zur Erkennung der Keimbelastung in Räumen, da die Anzahl der lebensfähigen Keime in der Luft eine quantitative Aussage über die Raumbelastung zulässt. Zudem existieren mit dieser Methode ermittelte Richtwerte, oberhalb derer gesundheitliche Beschwerden beobachtet wurden. Diese Richtwerte können als Sanierungsleitwerte herangezogen werden. Somit eignet sich die Methode der Luftkeimmessung zur Qualitätssicherung in der Sanierung. Kontakt zur Autorin: Susann HÜBNER Engel KG Schadstoffanalytik A-1010 Wien, Parkring 10 Tel: +43 (1) 516 333 811 Email: [email protected]

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Symposium Pilze im Innenraum F. Lenk Raiffeisenhof, 2006 Schimmel – Wohnrechtlich betrachtet

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Schimmel – Wohnrechtlich betrachtet F. Lenk Landesgericht für ZRS, Wien

Brauchbarkeit eines Objektes im Sinne des § 1096 ABGB Gemäß § 1096 ABGB ist der Vermieter verpflichtet, dass Bestandobjekt auf eigene Kosten im brauchbaren Zustand zu übergeben und zu erhalten. Ein Mietobjekt ist brauchbar, wenn es vertragsgemäß benützt werden kann, also eine Wohnung zum sofortigen Bewohnen geeignet ist. Der Benützung dürfen keine gröberen Mängel entgegenstehen. Gröbere Mängel liegen vor, wenn der Behebungsaufwand über € 1.500.-- liegt.

Bei der Beurteilung der Brauchbarkeit ist auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, eben dieser bei Vertragsabschluss bestehende Zustand ist vom Vermieter aufrecht zu erhalten. Die laufende Instandhaltung bzw. Erhaltung des Mietobjektes kann im Bereiche der freien Mietzinsbildung und im Teilanwendungsbereich des MRG – hier gelten ja nur die Auflösungsgründe – auf den Mieter überwälzt werden. Der bei Vertragsabschluß bestehende Zustand ist auch für den gesetzlichen Mietzins des MRG maßgeblich. Mietzinsminderung Ist das Bestandobjekt bei Übergabe derart mangelhaft bzw. wird es während der Bestandzeit derart mangelhaft, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht taugt, so steht dem Bestandnehmer für die Dauer und im Ausmaß der Unbrauchbarkeit ein Mietzinsminderungsrecht zu. Die Mietzinsminderung erfasst alle Mietzinsbestandteile und soll dem Grad der Unbrauchbarkeit entsprechen. Eine gänzliche Mietzinsminderung kommt nur bei völliger Unbrauchbarkeit des Objektes für den vereinbarten Vertragszweck in Frage. Feuchtigkeits- und Schimmelflecken können zur Unbrauchbarkeit des Bestandobjektes führen, wenn schwere Schäden an Verputz und Mauerwerk vorliegen. Der Mieter leistet im Umfang der Mietzinsminderung eine gemäß § 1431 ABGB nicht bestehende Schuld. Erbringt er diese Zahlung in Kenntnis des Minderungstatbestandes und ohne Rechtsirrtum, so ist in dieser Zahlung ein Verzicht auf Mietzinsminderung zu ersehen (vgl. wobl 1991/151). Die Mietzinsminderung als gesetzliche Gewährleistungsfolge des § 1096 ABGB tritt ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Bestandgebers ex lege vom Beginn der Gebrauchs-

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beeinträchtigung bis zu deren Behebung ein. Ausgeschlossen ist diese Minderung jedoch dann, wenn der Mieter die Umstände, die seinen Gebrauch hindern akzeptiert. Schließt der Mieter daher in Kenntnis des Mangels den Vertrag ab und übernimmt er das Mietobjekt trotz Kenntnis der Befreiungsgründe vorbehaltlos zu dem vereinbarten Mietzins, so ist darin ein konkludenter Verzicht auf die Mietzinsminderung zu ersehen. Ein Verzicht auf die Minderung des Mietzinses ist auch anzunehmen, wenn der Mieter die Behebung des beeinträchtigenden Mangels hindert, er z.B. vereinbarte Behebungstermine nicht einhält (wobl 2001/91). Eine durch Schimmelpilz befallene Wohnung weist keinen nennenswerten Wohnwert auf. Es besteht daher ab Beginn des Mietverhältnisses kraft Gesetzes ein Anspruch auf Zinsminderung bzw. Zinsbefreiung. Das Ausmaß der Mietzinsminderung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Trifft den Vermieter an der Schimmelbildung Verschulden, etwa weil er seine Erhaltungspflichten verletzt hat, so kann der Mieter über die Mietzinsminderung hinaus Schadenersatz begehren (MietSlg 53.259). Erhaltungspflicht des Vermieters gem. § 3 MRG Im Einzelnen sind die Erhaltungspflichten des Vermieters im § 3 Abs. 2 MRG taxativ aufgezählt. Es können daher andere Tatbestände nicht der Erhaltung zugeordnet werden; auf die Erhaltungspflicht des Vermieters kann auch nicht verzichtet werden.

Erhaltungspflicht des Vermieters an den allgemeinen Teilen des Hauses (§ 3 Abs. 2 Z 1 MRG)

Die allgemeinen Teile des Hauses umfassen alles, was sich außerhalb des eigentlichen Bestandobjektes befindet und nicht nur einem Objekt dient, daher auch Zwischenwände, Zwischendecken, die Außenbegrenzung des Hauses, aber auch Zu- und Ableitungen, die funktionell nicht nur eine Wohnung versorgen ebenso durchgehende Leitungen nicht jedoch Stichleitungen. Diese allgemeinen Teile hat der Vermieter im jeweils ortsüblichen Zustand zu erhalten, dass heißt auch wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten vorzunehmen. Liegt die Ursache der Schimmelbildung am Zustand der allgemeinen Teile, so hat der Vermieter auch diese gem. § 3 Abs. 2 Z 1 MRG zu sanieren.

Erhaltungspflicht des Vermieters im Bestandobjekt Zif. 2 Die Erhaltungspflicht des Vermieters im Objekt umfasst zwei Tatbestände:

1. Die jederzeitige Behebung von ernsten Schäden des Hauses.

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2. Die Brauchbarmachung eines erst zu vermietenden Objektes anlässlich der

Neuvermietung. Ein ernster Schader des Hauses greift die Bausubstanz an, verschlechtert diese und gefährdet den Bestand des Hauses; er liegt insbesondere vor, wenn bei einem Weiterbetrieb die Gefahr von Feuer-, Explosions- oder Wasserschäden besteht. Für die Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 MRG ist es grundsätzlich nicht maßgeblich, ob die zu behebenden Schäden vom Mieter verursacht oder gar schuldhaft herbeigeführt wurden. Bei der Entscheidung kommt es ausschließlich auf den Zustand des Hauses, nicht aber auf die Ursachen an, die diesen Zustand herbeigeführt haben. Alle Ursachen, die im Zustand des Hauses, also in der Bausubstanz gelegen sind, lösen daher die Erhaltungspflicht des Vermieters aus. Dem Vermieter ist daher gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 MRG, § 6 MRG die Beseitigung aller Ursachen aufzutragen, die zur Behebung der Schimmelbildung erforderlich sind. Es ist daher durch ein Sachverständigengutachten zu klären, welche konkreten Erhaltungsarbeiten notwendig sind, um die Schimmelbildung zu beseitigen (5 Ob 155/01 g = MietSlg 53.261). Ein ernster Schaden des Hauses liegt vor, wenn die Schimmelbildung großflächig ist und auch den Verputz angreift. Dann besteht dann nämlich Gefahr für die Substanz. Ist die Schimmelbildung jedoch nicht großflächig, greift sie auch den Verputz nicht an, kann sie vielmehr durch einfache Pflegemaßnahmen beseitigt werden, etwa durch einen desinfizierenden Anstrich, so fällt seine Beseitigung in die Erhaltungspflicht des Mieters gem. § 8 MRG. Wurden die Schäden vom Mieter nicht absichtlich, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise herbeigeführt, so ist im Rahmen der Erhaltungspflicht nicht zu prüfen, ob die zu behebenden Schäden vom Mieter verursacht oder schuldhaft herbeigeführt wurden (MietSlg 48.216). Ernste Schäden des Hauses im Sinne des § 3 Abs. 2 Z 2 MRG sind nur solche, die den bedungenen Gebrauch der Bestandsache nicht ermöglichen bzw. einschränken. Die fehlende Repräsentationsfähigkeit der Räume müsste, damit sie berücksichtigt werden kann, vertraglich zugesichert sein. Dafür ist der Mieter behauptungs- und beweispflichtig.

Erhaltungspflicht des Mieters gem. § 8 MRG: Gemäß § 8 Abs. 1 MRG hat der Hauptmieter den Mietgegenstand und die dafür bestimmten Einrichtungen, wie im Besonderen die Lichtleitungs-, Gasleitungs- Wasserleitungs-, Beheizungs- und Sanitäranlagen zu warten und so weit es sich nicht um ernste Schäden des Hauses handelt, so instand zu halten, dass dem Vermieter und den anderen Mietern des Hauses kein Nachteil erwächst.

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Die Erhaltungs- und Instandhaltungspflicht des Mieters ist danach zweifach begrenzt. Es darf sich nicht um einen ernsten Schaden des Hauses handeln. Dies muss ja der Vermieter im Rahmen seiner unabdingbaren Erhaltungspflicht gemäß § 3 beheben, andererseits ist der Mieter gemäß § 8 MRG zur Wartung und Instandhaltung nur insoweit verpflichtet, als dem Vermieter und einem anderen Mieter kein Nachteil erwachsen darf. Daraus folgt, dass der Mieter zwecks Vermeidung einer Schimmelbildung verpflichtet ist, das Mietobjekt soweit zu belüften bzw. zu beheizen, dass weder der Vermieter noch andere Mieter durch eine so verursachte Schimmelbildung beeinträchtigt sind. Es kann aber vom Mieter nur eine regelmäßige durchschnittliche, übliche Belüftung und Beheizung verlangt werden; diesbezügliche Pflichten können auch im Mietvertrag statuiert werden. Eine Schimmelbildung, die durch Desinfektion und einfache Pflegemaßnahmen beseitigt werden kann, fällt in die Erhaltungspflicht des Mieters, der auch kleinere Verputzarbeiten durchzuführen hat. Kündigung gemäß § 30 Abs. 2 Zif. 3 1. Fall MRG bzw. § 1118 ABGB 1. Fall Macht der Bestandnehmer vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch, entweder durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjektes oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen und erfolgte dadurch eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietobjektes bzw. droht eine solche, so kann der Vermieter kündigen bzw. auf Räumung klagen. Der Kündigungsgrund stützt sich neben dem objektiven Nachweis der Substanzgefährdung auf den Verlust der Vertrauenswürdigkeit, was voraussetzt, dass sich der Mieter der Schädlichkeit seines Verhaltens bewusst war bzw. bewusst sein musste. Bei dieser Beurteilung ist von einem durchschnittlichen Mieter auszugehen. Wird mangels durchschnittlicher Belüftung oder Beheizung vom Mieter daher eine Schimmelbildung verursacht und konnte ihm die Schädlichkeit seiner Unterlassungen auch bewusst sein, so erfüllt sein Verhalten, sofern eine erhebliche Verletzung der Substanz droht, den Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 3 1. Fall bzw. berechtigt dieses Verhalten den Vermieter zur Räumungsklage gemäß § 1118 1. Fall ABGB. Kontakt zur Autorin: Dr. Friederike LENK Landesgericht für ZRS Wien Tel: (+ 01) 99 425-0 Email: [email protected]