Planung von Niederspannungs- Schaltanlagen nach DIN EN...

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SCHALTEN & STEUERN 2 building & automation I Heft 6 – 2011 Die neue Normenreihe besteht aus einem allgemeinen Teil (DIN EN 61439-1) und aus produktspezifischen Teilen (DIN EN 61439-2 bis 61439-6) [1]. Die bisher verwendeten Begriffe typgeprüfte Schaltgerätekombination (TSK) und partiell typgeprüfte Schaltgerätekombination (PTSK), die immer wieder zu Diskussionen geführt haben, ersetzt die neue Normenreihe durch Energie-Schaltgerätekombination bzw. Power Switchgear Combination (PSC). Neue Begriffsdefinitionen Die neue Normreihe behandelt unter anderem die oben genannten PSC auch konzeptionell anders: In einem soge- nannten Blackbox-Modell müssen die Schnittstellen der PSC explizit definiert werden. Der Planer muss dabei jetzt für alle Stromkreise den tatsächlich erforderlichen Strom I nc vor- geben. Dieser muss dann vom Schaltanlagenhersteller be- rücksichtigt werden, insbesondere unter den gegebenen Planung von Niederspannungs- Schaltanlagen nach DIN EN 61439 Normen und andere Vorschriften sollen bei Niederspannungs-Schaltanlagen den Schutz von Personen und auch der Anlagen selbst sicherstellen. Seit 1993 gilt hierfür die DIN EN 60439 Teil 1, die jetzt durch die neue Normenreihe DIN EN 61439 mit einer Übergangsfrist bis zum 1. November 2014 abgelöst wird. Schaltanlagen- bauer sollten aber bereits jetzt die Anforderungen der neuen Normreihe in ihren Anlagen umsetzen. Unterstüt- zung dabei bietet die Planungssoftware Power Engineering von Rittal, die aktuell in Version 6.0 erschienen ist. Michael Schell Autor: Michael Schell ist Abteilungs- leiter Produktmanagement Power Solutions bei Rittal in Herborn.

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Die neue Normenreihe besteht aus einem allgemeinen Teil (DIN EN 61439-1) und aus produktspezifischen Teilen (DIN EN 61439-2 bis 61439-6) [1]. Die bisher verwendeten Begriffe typgeprüfte Schaltgerätekombination (TSK) und

partiell typgeprüfte Schaltgerätekombination (PTSK), die immer wieder zu Diskussionen geführt haben, ersetzt die neue Normenreihe durch Energie-Schaltgerätekombination bzw. Power Switchgear Combination (PSC).

Neue Begriffsdefinitionen

Die neue Normreihe behandelt unter anderem die oben genannten PSC auch konzeptionell anders: In einem soge-nannten Blackbox-Modell müssen die Schnittstellen der PSC explizit definiert werden. Der Planer muss dabei jetzt für alle Stromkreise den tatsächlich erforderlichen Strom Inc vor-geben. Dieser muss dann vom Schaltanlagenhersteller be-rücksichtigt werden, insbesondere unter den gegebenen

Planung von Niederspannungs- Schaltanlagen nach DIN EN 61439

Normen und andere Vorschriften sollen bei Niederspannungs-Schaltanlagen den Schutz von Personen und auch der Anlagen selbst sicherstellen. Seit 1993 gilt hierfür die DIN EN 60439 Teil 1, die jetzt durch die neue Normenreihe DIN EN 61439 mit einer Übergangsfrist bis zum 1. November 2014 abgelöst wird. Schaltanlagen-bauer sollten aber bereits jetzt die Anforderungen der neuen Normreihe in ihren Anlagen umsetzen. Unterstüt-zung dabei bietet die Planungssoftware Power Engineering von Rittal, die aktuell in Version 6.0 erschienen ist. Michael Schell

Autor:

Michael Schell ist Abtei lungs-leiter Produktmanage ment Power Solutions bei Rittal in Herborn.

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Einbaubedingungen, wie Schutzart, Umgebungstem-peratur, Klimatisierung usw. Er muss dabei nachweisen, dass die ausgewählte Gerätezusammenstellung den gefor-derten Strom führen kann, ohne die zulässigen Grenzüber-temperaturen an den Teilen der Schaltgerätekombination zu erreichen.Auch den Begriff des Herstellers definiert die DIN EN 61439 neu: Unterschieden wird nun zwischen dem ursprünglichen Hersteller und dem Hersteller der Schaltgerätekombinati-on. Der ursprüngliche Hersteller ist dabei definiert als: „Or-ganisation, die die ursprüngliche Konstruktion und den zu-gehörigen Nachweis der Schaltgerätekombination nach der zugehörigen Schaltgerätekombinationsnorm durchgeführt hat.“ Der Hersteller der Schaltgerätekombination ist dage-gen die „Organisation, die die Verantwortung für die fertige Schaltgerätekombination übernimmt.“ Eine weitere Neuerung betrifft die Definition des Bemes-sungsstroms InA der Schaltgerätekombination. Dieser ent-spricht der Summe der parallel eingespeisten Ströme bzw. dem Gesamtstrom, der über das Hauptsammelschienen-system verteilt wird. Da der Strom eines Sammelschienen-systems als separater Strom Inc eines Stromkreises zu defi-nieren ist, ist es zulässig, zum Beispiel bei einer Mittenein-speisung einer Schaltanlage aufgrund der nach links und

nach rechts verteilten Ströme den Bemessungsstrom des Sammelschienensystems darauf anzupassen und kleiner als den Bemessungsstrom InA der Schaltgerätekombination zu dimensionieren.

Die Software Rittal Power Engineering unterstützt den Schaltanlagenbauer schrittweise bei der Planung und Konfiguration

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Bauartnachweis statt einer Typprüfung

Die bisherigen Typprüfungen werden zusammen mit den Begriffen TSK und PTSK abgeschafft. An ihre Stelle treten in der neuen Norm Bauartnachweise. Diese erbringt üblicher-weise der ursprüngliche Hersteller, indem er an Mustern einer Schaltgerätekombination demonstriert, dass die Bau-art die Anforderungen der zutreffenden Schaltgerätekom-binationsnorm erfüllt. Der Bauartnachweis kann durch Prü-fung, Berechnung oder die Anwendung von Konstruktions-regeln erbracht werden. Allerdings darf man nicht jedes Merkmal mit jeder Methode nachweisen. Zum Beispiel muss die Wärmebeständigkeit eines Isolierstoffs immer durch Prüfung nachgewiesen werden, während beispielsweise die Luft- und Kriechstrecken dagegen auch berechnet werden können.Das „Blackbox“-Modell berücksichtigt auch die Einbaubedin-gungen der Schaltgerätekombination. Insbesondere die Er-wärmung wird dabei stärker berücksichtigt. Dies kann dazu führen, dass durch den Einbau eines Schaltgeräts in das Gehäuse einer Schaltanlage der zulässige Bemessungs-strom Inc des Stromkreises geringer ist, als er in den Bemes-sungsdaten des Schaltgeräts ausgewiesen ist. Der ursprüng-liche Hersteller hat daher entsprechend der neuen Norm für jeden Stromkreis den zulässigen Bemessungsstrom Inc zu benennen, den der Stromkreis unter den gewählten Be-dingungen führen kann.

Umfangreichere Dokumentationspflichten

Die Schaltanlagenbauer müssen sich auch auf neue Anfor-derungen bezüglich der Dokumentation einstellen, da die in der Norm DIN EN 61439-1 geforderte Dokumentation um-fangreicher ist als nach der alten Norm. Neben der Doku-mentation der Bauartnachweise, die üblicherweise der ur-sprüngliche Hersteller zur Verfügung stellt, muss der Schalt-anlagenbauer auch einen ausführlichen Stücknachweis erstellen.Rittal bietet mit der Version 6.0 der Planungssoftware den Schaltanlagenbauern eine umfassende Unterstützung [2]. Die Software hilft sowohl bei Planung und Konfiguration von Schaltanlagen mit dem „Ri4Power“-System als auch bei der normgerechten Dokumentation und bietet dem Anwen-der darüber hinaus weitere umfangreiche Hilfen an. Bei der Dokumentation erleichtert die Software dem Schaltanlagen-bauer die Arbeit. Auf Knopfdruck erstellt sie die entspre-chenden Bauartnachweise inklusive der benötigten Prüf-berichte. Zusätzlich sind in dem Engineering-Werkzeug Prüf-

listen enthalten, die der Anwender einfach drucken kann. Mithilfe dieser Listen kann der Schaltanlagenbauer überprü-fen, ob alle Erfordernisse bei der Planung und Ausführung der Schaltanlage gemäß der neuen Norm eingehalten sind. Bereits während der Planung weist die Software den Anwen-der darauf hin, welche zulässigen Bemessungsstromkreise eine ausgewählte Schaltgerätekombination führen kann.Die Software erstellt automatisch einen Vordruck für den abschließenden Stücknachweis. Damit lassen sich die erfor-derlichen Prüfungen systematisch vornehmen und doku-mentieren. Auch eine Berechnung der Erwärmung der Schaltanlage ist in „Power Engineering“ integriert. Auf diese Weise kann der Schaltanlagenbauer direkt entsprechende Maßnahmen treffen und gegebenenfalls gleich Komponen-ten zur Schaltschrank-Klimatisierung in seine Planung inte-grieren.

Neue Norm schnell umsetzen

Schaltanlagenbauer sollten die neue Norm trotz der gelten-den Übergangsfrist möglichst zügig umsetzen. Denn für alle Anlagen, die nach dem 1. November 2014 in Betrieb genommen werden, muss die Planung und Dokumentation der neuen DIN EN 61439 entsprechen. Rittal unterstützt seine Kunden daher schon heute mit der Version 6.0 des Engineering-Tools „Power Engineering“, in die sämtliche Neuerungen aufgenommen wurden.

Literatur

[1] (E) DIN EN 61439 (VDE 0660-600) Niederspannungs-Schaltge-rätekombinationen – Teil 1 – 6. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG

[2] Rittal-Software: www.rittal.com/de-de/software

Rittal Power Engineering erstellt die notwendige Dokumentation gemäß der neuen Norm auf Knopfdruck; Checklisten und Vordrucke erleichtern die Erstellung des Stücknachweises