Pneumonitis nach BCG-Instillation bei einem Patienten mit ... · Guder J1, Harbeck B1, Kruse V1,...

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Guder J 1 , Harbeck B 1 , Kruse V 1 , Süfke S¹, Steinhoff J¹, Lehnert H¹ ¹ Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Lübeck Fig. 1: CT-Thorax bei Aufnahme Fig. 2: CT-Thorax nach 2 Monaten Schlussfolgerung Eine Immuntherapie mit abgeschwächten Tuberkel-Bakterien (Bacillus Calmette-Guérin), wie sie bei Urothelkarzinomen häufig angewendet wird, kann in seltenen Fällen als Nebenwirkung eine BCG-Pneumonitis hervorrufen. Eine konsequente tuberkulostatische Therapie über sechs Monate sowie Kortikoidtherapie ist in der Folge notwendig. Eine Fortführung der BCG- Instillationen ist kontraindiziert. Ansprechpartner: J.Guder, Medizinische Klinik I, UKSH Campus Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck, Germany; email: [email protected] Fallbericht Ein 69-jähriger Patient stellte sich mit Fieber bis 40°C, Nachtschweiß sowie Reduktion des Allgemeinzustandes vor. Die Symptomatik habe vor 10 Tagen im Anschluss an eine BCG-Instillation begonnen. Vorbekannt war ein multifokales Urothelkarzinom der Harnblase (ED 02/2012, pT1G2-3, Z.n. TUR-B I-II-III 02+04/2012, Z.n. Mitomycin-Frühinstillation, Z.n. 6x intravesikalen BCG- Instillationen). Die körperliche Untersuchung ergab einen altersentsprechenden Normalbefund. Laborchemisch fielen bei Aufnahme deutlich erhöhte Infekt-und Nierenretentionsparameter auf (Tabelle 1) sowie eine respiratorische Partialinsuffizienz. Nativröntgenologisch zeigten sich initial retikuläre Zeichnungsvermehrungen beidseits basal, so das sich der V. a. fibrotische Veränderungen/DD: BCG-Pneumonitis ergab. Unter einer antibiotischen Therapie mit zunächst Ampicillin/Sulbactam bei Leukozyturie kam es weiterhin zu Fieberanstiegen bis 40°C. Urin- und Blutkulturen erbrachten keinen Erregernachweis. Das ergänzende CT Thorax (Fig.1) zeigte beidseits in den basalen Ober- sowie Unterlappen betonte Milchglasinfiltrate, gut vereinbar mit dem Bild einer Pneumonitis. Die Lungenfunktion erbrachte passend hierzu eine restriktive Ventilationsstörung (Tabelle 3). Mikrobiologisch konnte mittels bronchoalveolärer Lavage sowie Quantiferon-Test das Vorliegen einer aktiven Tuberkulose ausgeschlossen werden. Aufgrund der zeitlichen Korrelation der klinischen Symptomatik mit den BCG-Instillationen sowie dem radiologischen Befund ergab sich in der Zusammenschau die Diagnose einer BCG-Pneumonitis. Nach hochdosierter intravenöser Prednisolongabe sowie tuberkulostatischer Therapie mit Ethambutol, Isoniazid und Rifampicin kam es zu einer zügigen Besserung des klinischen Befindens und einer Regredienz der Infektparameter (Tabelle 1). Ein Verlaufs-CT-Thorax sowie Lungenfunktion nach 2 bzw. 5 Monaten nach Behandlung zeigten eine vollständige Remission. Die Therapie wurde nach knapp 6 Monaten beendet. Pneumonitis nach BCG-Instillation bei einem Patienten mit Urothel-Carcinom Einführung und Hintergrund Urothelkarzinome sind in Deutschland die vierthäufigste Krebsart und die siebthäufigste Krebstodesursache. Bei oberflächlichen Tumoren (Ta, Tis, T1) schließt sich nach endoskopischer transurethraler Abtragung zur Rezidivprophylaxe und Tumorreduktion ein intravesikales Instillationsverfahren an, z.B. mit dem attenuierten Lebendimpftstoff Bacille Calmette-Guérin. Seltener kann es zu lokalen oder systemischen BCG-Infektionen kommen; Inzidenzen von 10-15% sind beschrieben für Prostatitis/Epididymitis, Nephritis, Abzesse, Hepatitis, Osteomyelitis, Pneumonitis und Sepsis. Wir beschreiben hier den sehr seltenen Fall einer BCG-Pneumonitis. Laborparamter Bei Aufnahme Bei Entlassung Referenzwerte Hämatologie Hämoglobin 13,5 13,1 12,0-16,0 g/dL Thrombozyten 198 213 160-370/nl Leukozyten 9,5 8,8 4-9,5x10³/µL Gerinnung PTT 32 <35 sec INR 1,03 0,95 0,8-1,42 Serum Kreatinin 171 123 55-110 μmol/L Kalium 4,14 3,72 3,5-5,1 mmol/L Natrium 135 138 133-146 mmol/L Calcium 2,20 2,1-2,6 mmol/L Procalcitonin 0,698 0-0,05 µg/l AST/GOT 38 24 <38 U/L ALT/GPT 48 27 <41 U/L γGT 287 244 <60 U/L Bilirubin 17,4 10,5 <17,1 μmol/L LDH 203 140 <248 U/L AP 158 96 <155 U/L Creatinkinase 41 8 15-174 U/l CRP 87 16,8 <5.0 mg/L Urin Albumin/d α 1 -Mikroglobulin/d 280 196 <30 mg/d <18 mg/d Initial nach 5 Monaten pO 2 (mmHg) 52 85 pCO 2 (mmHg) 29 33 pH 7,47 7,47 VK (%) 70 79 FEV1 (%) 58 72 TLCO (%) 71 85 Fig. 3: Rö-Thorax bei Aufnahme Tabelle 2: Lungenfunktion Tabelle 1: Laborparameter

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Guder J1, Harbeck B1, Kruse V1, Süfke S¹, Steinhoff J¹, Lehnert H¹

¹ Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Lübeck

Fig. 1: CT-Thorax bei Aufnahme

Fig. 2: CT-Thorax nach 2 Monaten

Schlussfolgerung Eine Immuntherapie mit abgeschwächten Tuberkel-Bakterien (Bacillus Calmette-Guérin), wie sie bei Urothelkarzinomen häufig angewendet wird, kann in seltenen Fällen als Nebenwirkung

eine BCG-Pneumonitis hervorrufen. Eine konsequente tuberkulostatische Therapie über sechs Monate sowie Kortikoidtherapie ist in der Folge notwendig. Eine Fortführung der BCG-

Instillationen ist kontraindiziert.

Ansprechpartner: J.Guder, Medizinische Klinik I, UKSH Campus Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck, Germany; email: [email protected]

Fallbericht Ein 69-jähriger Patient stellte sich mit Fieber bis 40°C, Nachtschweiß sowie Reduktion des Allgemeinzustandes vor. Die Symptomatik habe vor 10 Tagen im Anschluss an eine BCG-Instillation

begonnen. Vorbekannt war ein multifokales Urothelkarzinom der Harnblase (ED 02/2012, pT1G2-3, Z.n. TUR-B I-II-III 02+04/2012, Z.n. Mitomycin-Frühinstillation, Z.n. 6x intravesikalen BCG-

Instillationen). Die körperliche Untersuchung ergab einen altersentsprechenden Normalbefund. Laborchemisch fielen bei Aufnahme deutlich erhöhte Infekt-und Nierenretentionsparameter auf

(Tabelle 1) sowie eine respiratorische Partialinsuffizienz. Nativröntgenologisch zeigten sich initial retikuläre Zeichnungsvermehrungen beidseits basal, so das sich der V. a. fibrotische

Veränderungen/DD: BCG-Pneumonitis ergab. Unter einer antibiotischen Therapie mit zunächst Ampicillin/Sulbactam bei Leukozyturie kam es weiterhin zu Fieberanstiegen bis 40°C. Urin- und

Blutkulturen erbrachten keinen Erregernachweis. Das ergänzende CT Thorax (Fig.1) zeigte beidseits in den basalen Ober- sowie Unterlappen betonte Milchglasinfiltrate, gut vereinbar mit

dem Bild einer Pneumonitis. Die Lungenfunktion erbrachte passend hierzu eine restriktive Ventilationsstörung (Tabelle 3). Mikrobiologisch konnte mittels bronchoalveolärer Lavage sowie

Quantiferon-Test das Vorliegen einer aktiven Tuberkulose ausgeschlossen werden. Aufgrund der zeitlichen Korrelation der klinischen Symptomatik mit den BCG-Instillationen sowie dem

radiologischen Befund ergab sich in der Zusammenschau die Diagnose einer BCG-Pneumonitis. Nach hochdosierter intravenöser Prednisolongabe sowie tuberkulostatischer Therapie mit

Ethambutol, Isoniazid und Rifampicin kam es zu einer zügigen Besserung des klinischen Befindens und einer Regredienz der Infektparameter (Tabelle 1). Ein Verlaufs-CT-Thorax sowie

Lungenfunktion nach 2 bzw. 5 Monaten nach Behandlung zeigten eine vollständige Remission. Die Therapie wurde nach knapp 6 Monaten beendet.

Pneumonitis nach BCG-Instillation bei einem Patienten mit Urothel-Carcinom

Einführung und Hintergrund Urothelkarzinome sind in Deutschland die vierthäufigste Krebsart und die siebthäufigste Krebstodesursache. Bei oberflächlichen Tumoren (Ta, Tis, T1) schließt sich nach endoskopischer

transurethraler Abtragung zur Rezidivprophylaxe und Tumorreduktion ein intravesikales Instillationsverfahren an, z.B. mit dem attenuierten Lebendimpftstoff Bacille Calmette-Guérin. Seltener

kann es zu lokalen oder systemischen BCG-Infektionen kommen; Inzidenzen von 10-15% sind beschrieben für Prostatitis/Epididymitis, Nephritis, Abzesse, Hepatitis, Osteomyelitis,

Pneumonitis und Sepsis. Wir beschreiben hier den sehr seltenen Fall einer BCG-Pneumonitis.

Laborparamter Bei Aufnahme

Bei Entlassung Referenzwerte

Hämatologie

Hämoglobin 13,5 13,1 12,0-16,0 g/dL Thrombozyten 198 213 160-370/nl Leukozyten 9,5 8,8 4-9,5x10³/µL Gerinnung

PTT 32 <35 sec

INR 1,03 0,95 0,8-1,42 Serum

Kreatinin 171 123 55-110 µmol/L Kalium 4,14 3,72 3,5-5,1 mmol/L Natrium 135 138 133-146 mmol/L Calcium 2,20 2,1-2,6 mmol/L Procalcitonin 0,698 0-0,05 µg/l AST/GOT 38 24 <38 U/L ALT/GPT 48 27 <41 U/L γGT 287 244 <60 U/L Bilirubin 17,4 10,5 <17,1 µmol/L LDH 203 140 <248 U/L AP 158 96 <155 U/L Creatinkinase 41 8 15-174 U/l CRP 87 16,8 <5.0 mg/L

Urin

Albumin/d α1-Mikroglobulin/d

280 196 <30 mg/d

<18 mg/d

Initial nach 5 Monaten

pO2 (mmHg)

52 85

pCO2 (mmHg)

29 33

pH 7,47 7,47

VK (%)

70 79

FEV1 (%)

58 72

TLCO (%)

71 85

!

! Fig. 3: Rö-Thorax bei Aufnahme

Tabelle 2: Lungenfunktion

Tabelle 1: Laborparameter