Praxis des Blocktrainings im Ausdauersport

4
Planänderung Die Idee hinter dem Konzept des Blocktrainings ist simpel: Statt mehrere Trainingsmethoden miteinander zu vermischen, konzentriert man sich phasenweise auf einzelne motorische Fähigkeiten. In Teil 2 unserer Serie erfahren Sie, wie Sie die Theorie in die Praxis umsetzen. Holger Lüning D ie Liste der Sportler, die schon in den 80er- und 90er-Jahren nach dem Prinzip der Blockperiodisierung trainiert haben, kann sich sehen lassen: Langstreckenschwimmer Vladimir Salni- kow war damit ebenso erfolgreich wie der legendäre Stabhochspringer Sergej Bubka oder Schwimm-Olympiasieger Alexander Popov. Russische Forscher, die im klassi- schen Modell Schwachpunkte sahen, ha- ben dieses Trainingssystem entwickelt. Der Initiator Vladimir Issurin kritisierte die klassische Periodisierungstheorie vor al- lem, weil sie verschiedene Trainingsmetho- den vermischte. Zudem förderte sie durch die enorme Länge der einzelnen Trainings- phasen eine falsche Belastung. Issurin war sich sicher: Kürzere Trainingsphasen mit klarem Fokus sind erfolgreicher. Sein Modell der Blockperiodisierung basiert deshalb auf kurzen, fokussierten Trainingsblöcken von zwei bis vier Wo- chen Dauer und mit einer minimalen Anzahl an Trainingszielen. 60 bis 70 Pro- zent des Gesamtumfangs sind innerhalb eines Blocks auf maximal zwei klar defi- nierte Trainingsziele ausgerichtet, der Rest besteht aus Aufwärm-, Erholungs- und Cool-down-Maßnahmen. In zehn Wochen zur Topform Eine klassische Blockperiodisierung dau- ert acht bis zehn Wochen. Innerhalb dieses Abschnitts unterscheidet man drei Meso- zyklen. Der erste Zyklus (Auau) besteht aus zwei Trainingsblöcken, die zusammen 12 bis 30 Tage dauern. Er dient der Ent- wicklung allgemeiner und spezifischer Foto: Skinfit / Dominik Hartmann Die Phasen des Erfolgs: Ein Trainingsjahr nach der Blockperiodisierung Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Block I Block II Block III Block IV Block V blocktraining 1 triathlon

description

Die Idee hinter dem Konzept des Blocktrainings ist simpel: Statt mehrere Trainingsmethoden miteinander zu vermischen, konzentriert man sich phasenweise auf einzelne motorische Fähigkeiten. In Teil 2 unserer Serie erfahren Sie, wie Sie die Theorie in die Praxis umsetzen.

Transcript of Praxis des Blocktrainings im Ausdauersport

Page 1: Praxis des Blocktrainings im Ausdauersport

PlanänderungDie Idee hinter dem Konzept des Blocktrainings ist simpel: Statt mehrere Trainingsmethoden miteinander zu vermischen, konzentriert man sich phasenweise auf einzelne motorische Fähigkeiten. In Teil 2 unserer Serie erfahren Sie, wie Sie die Theorie in die Praxis umsetzen.

ጫHolger Lüning

D ie Liste der Sportler, die schon in den 80er- und 90er-Jahren nach dem Prinzip der Blockperiodisierung

trainiert haben, kann sich sehen lassen: Langstreckenschwimmer Vladimir Salni-kow war damit ebenso erfolgreich wie der legendäre Stabhochspringer Sergej Bubka oder Schwimm-Olympiasieger Alexander Popov. Russische Forscher, die im klassi-schen Modell Schwachpunkte sahen, ha-ben dieses Trainingssystem entwickelt. Der Initiator Vladimir Issurin kritisierte die klassische Periodisierungstheorie vor al-lem, weil sie verschiedene Trainingsmetho-den vermischte. Zudem förderte sie durch die enorme Länge der einzelnen Trainings-phasen eine falsche Belastung. Issurin war sich sicher: Kürzere Trainingsphasen mit klarem Fokus sind erfolgreicher.

Sein Modell der Blockperiodisierung basiert deshalb auf kurzen, fokussierten Trainingsblöcken von zwei bis vier Wo-chen Dauer und mit einer minimalen Anzahl an Trainingszielen. 60 bis 70 Pro-zent des Gesamtumfangs sind innerhalb eines Blocks auf maximal zwei klar defi-nierte Trainingsziele ausgerichtet, der Rest besteht aus Aufwärm-, Erholungs- und Cool-down-Maßnahmen.

In zehn Wochen zur TopformEine klassische Blockperiodisierung dau-ert acht bis zehn Wochen. Innerhalb dieses Abschnitts unterscheidet man drei Meso-zyklen. Der erste Zyklus (Aufbau) besteht aus zwei Trainingsblöcken, die zusammen 12 bis 30 Tage dauern. Er dient der Ent-wicklung allgemeiner und spezifischer Fo

to: S

kinfi

t / D

omin

ik H

artm

ann

Die Phasen des Erfolgs: Ein Trainingsjahr nach der Blockperiodisierung

Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept.

Block I Block II Block III Block IV Block V

blocktraining

1 triathlon

Page 2: Praxis des Blocktrainings im Ausdauersport

Fähigkeiten. Es folgt der zweite Me-sozyklus (Umwandlung), der 12 bis 25 Tage dauert und ebenfalls zwei Blöcke enthält. Der abschließende Me-sozyklus (Umsetzung) beinhaltet 8 bis 15 Tage und lediglich einen Block, der zur Festigung des Leistungsvermögens und zur Entwicklung der Wettkampf-form dient.

Grundlage dieser zeitlichen Ein-teilung sind Issurins Forschungs-ergebnisse zu den sogenannten Rest-effekten von Training (siehe triathlon Nr. 88, S. 66). Anhand dieser können Sie nicht nur erkennen, wie lange Ihr Körper Training „speichert“, sondern auch, wann Sie eine bereits erarbeitete Eigenschaft durch einen weiteren Trai-ningsreiz neu ansprechen sollten. Mit diesem Wissen können Sie wirksam Überlastungen vorbeugen und den optimalen Zeitpunkt für Trainings-reize präzise bestimmen. Aus den ge-nannten Zeitspannen ergeben sich pro Trainingsjahr bis zu fünf Trainings-abschnitte. Je nachdem wie lang Ihre Off-Season sein soll, können sich dabei ganz individuelle Unterschiede erge-ben. Das Trainingsjahr eines ambitio-nierten Sportlers mit zwei Saisonhö-hepunkten finden Sie auf Seite 68.

Rückwärts rechnenWenn Sie Ihr Trainingsjahr nach der Blockperiodisierung planen möch-ten, müssen Sie zunächst Ihren Wett-kampfhöhepunkt festlegen. Von die-sem Tag an rechnen Sie zurück und definieren die einzelnen Abschnit-te. Dann erkennen Sie sehr schnell, wann Sie wahrscheinlich nicht in Höchstform antreten können und zu welchem Zeitpunkt ein weiteres Top-Ergebnis zu erwarten ist. Sie werden sehen: So können plötzlich auch zwei

Wettkämpfe innerhalb von zwei Wo-chen sehr gut in Ihre Saisonplanung passen. Vor allem, wenn Sie in erster Linie auf der Sprint- und olympischen Distanz starten, können Sie mithilfe der Blockperiodisierung ganz gezielt mehrere sehr gute Ergebnisse erzie-len. Dass das möglich ist, zeigen vie-le Profi- Athleten aus dem Weltcup-Zirkus – und das ist keine Frage der Leistungsfähigkeit sondern die eines durchdachten Saisonaufbaus!

Haben Sie Ihren Jahresplan entwor-fen, können Sie die verschiedenen Trai-ningsabschnitte mit Inhalten füllen. Da sich die Wettkämpfe auf die Sommer-monate verteilen, bietet sich eine Auf-teilung an, wie sie in der Abbildung auf Seite 70 dargestellt ist. Ein Trainingsab-schnitt besteht, wie erwähnt, aus drei Mesozyklen. Deren inhaltliche Gestal-tung folgt klaren Vorgaben:

1. AufbauDauer: 12–30 TageZiel: Anhäufung von TrainingsreizenSchwerpunkt: Entwicklung grund-legender motorischer und techni-scher Fähigkeiten (aerobe Ausdauer, Maximalkraft, Technik, koordinative Fähigkeiten, Beweglichkeit) Inhalte: extensives Intervall-training, Dauermethode, alter-native Sportarten wie Skilanglauf, Trainingslager-Aufenthalt

2. Umwandlung Dauer: 12–25 TageZiel: Umwandlung zu spezifischem Leistungsvermögen Schwerpunkt: Entwicklung spezi-fischer motorischer, konditioneller und technischer Fähigkeiten (anaero-bes Leistungsvermögen, spezifische Kraftausdauer)

In Balance: Be- und Entlastungsstruktur innerhalb einer Woche

Wochentag anforderung Inhalte

Montag gering regenerativ (oder Ruhetag)

Dienstag mittel vorbereitend

Mittwoch hoch Schlüsseleinheit

Donnerstag gering regenerativ

Freitag mittel vorbereitend

Samstag hoch umfangsorientiert

Sonntag hoch Schlüsseleinheit

triathlon 289/März 2011 www.tri-mag.de

Nach 2 Jahren Entwicklung und zahlreicher Tests präsentiert das Team von ZEROD die

brandneuen Neoprenanzüge.Sie sind ein Mix aus Technologie, den

besten Materialien und den innovativsten Ideen* - damit du schon an der Startlinie

den entscheidenten Vorsprung hast.

* Patent Pending

C

M

Y

CM

MY

CY

CMY

K

Page 3: Praxis des Blocktrainings im Ausdauersport

Inhalte: intensives Intervalltraining, Wiederholungsmethode, Technikverfei-nerung, Koppeltraining, Tempoläufe, Trainingslager-Aufenthalt

3. Umsetzung Dauer: 8–15 TageZiel: Festigung des Leistungsvermögens und Formzuspitzung Schwerpunkt: unmittelbare Wettkampf-vorbereitung und Tapering (Schnellig-keit, Aufmerksamkeit, Leistungswillen) Inhalte: Erholung, intensives Intervall-training, Wiederholungsmethode, Wettkampfteilnahme

Theoretisch steht das Blocktraining da-mit der klassischen Trainingsorganisation entgegen. Bei der inhaltlichen Gestaltung bedient man sich jedoch der definierten Trainingsbereiche aus der Trainingswis-senschaft. Auch die Trainingsmethoden (Dauermethode, extensives und intensives Intervalltraining, Wiederholungsmetho-de, regeneratives Training, ...) entsprechen denen der bekannten Literatur. Wenn Sie Ihr Training umstellen wollen, können Sie es also durchaus wie gewohnt fortführen – lediglich die zeitliche Einteilung erfährt dann eine deutliche Änderung.

Belastung in BalanceHaben Sie Ihre grobe Trainingsplanung vorgenommen, geht es beim Feintuning

um die Wochengestal-tung. Gerade innerhalb dieser kurzen Zeiträu-me von sieben Tagen ist es wichtig, dass Sie eine gute Balance aus Be- und Entlastung finden. Die meisten Berufstätigen trainieren verstärkt am Wochenende. Für sie ist eine Aufteilung sinnvoll, wie sie in der Tabelle auf Seite 69 dargestellt ist. Den Begriff „Anforderung“ sollten Sie darin als Hin-weis auf die Schwerpunk-te der Woche verstehen. Das können beispielswei-se hohe Trainingsum fänge (Grundlagenausdauer) oder sehr intensive Belas-tungen (anaerobe Ausdau-er) bei hoher Anforderung sein. Für die Gestaltung ei-ner Trainingswoche mit anderem Verlauf sollten Sie zuerst die wichtigste Schlüsseleinheit platzie-

ren – an einem Tag, an dem Sie ausrei-chend Zeit haben. Die zweite Schlüssel-einheit setzen Sie mit einem Abstand von mindestens zwei bis drei Tagen, dann fül-len Sie den Zwischenraum mit geringeren Anforderungen.

Dieser gezielte Wechsel der Anforde-rungen (Trainingsbelastungen) ist die Voraussetzung für effektive Anpassungs-erscheinungen, den Erfolg von Training. Planen Sie deshalb am Tag vor einer Schlüsseleinheit lediglich ein vorbereiten-des Training mit geringen Anforderungen ein. Das Training nach einer Schlüsselein-heit bestimmt die Regeneration wesent-lich und ist deshalb ebenfalls ein wichti-ges Element im Wochenverlauf.

Drei Tipps für mehr ErfolgTipp 1: Ein Ruhetag senkt oft die mentale und physiologische Bereitschaft zu hohen Belastungen. Die erste Trainingseinheit nach einem Ruhetag sollte deshalb keine Schlüsseleinheit sein, sondern eher vorbe-reitenden Charakter haben.Tipp 2: Schlüsseleinheiten mit hohen Belastungen führen häufig zu großer Ermüdung und verzögern die Regene-ration. Planen Sie deshalb innerhalb ei-ner Woche auf keinen Fall mehr als drei Schlüsseleinheiten.Tipp 3: Schlüsseleinheiten sollten gut überprüfbar sein. Wählen Sie deshalb Methoden, Strecken oder Intervall-serien, die Sie objektiv erfassen können (durch Tempoaufzeichnung, Kraft- oder Herzfrequenzmessung und der zusätzli-chen Dokumentation Ihres subjektiven Empfindens).Sicher benötigt diese Planung Zeit. Doch diese Zeit ist gut investiert, denn am Ende steht der Plan für Ihre Saison mit allen wichtigen Elementen für einen erfolgrei-chen Sommer. Und Sie werden sehr schnell spüren: Geplantes Training macht auch noch viel mehr Spaß!

Jahrestrainingsplan (modifiziert nach Issurin) n Aufbau n Umwandlung n Umsetzung

VorbereItungsperIode WettkampfperIode

Trainingsabschnitt IWoche 1–10

Trainingsabschnitt IIWoche 11–20

Trainingsabschnitt IIIWoche 21–30

Trainingsabschnitt IVWoche 31–38

Trainingsabschnitt VWoche 39–46

Laufwettkampf, Duathlon Laufwettkampf, Duathlon, Saisoneinstieg Triathlon

Quali-Wettkampf, bzw. Testrennen

1. Saisonhöhepunkt 2. Saisonhöhepunkt

Freizeitbeschäftigung: Schlüsseleinheiten

sollten Sie nur an Tagen mit viel Zeit absolvieren

blocktraining

3 triathlon

Page 4: Praxis des Blocktrainings im Ausdauersport

triathlon 489/März 2011 www.tri-mag.de

Anzeige