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Professur für Soziologie des Rau Institut für Soziolo Seminar: Stadt- und Regionalsoziologie: urbane Lebensstile Dozentin: Prof. Dr. Christine Weiske Referent: Tom Seidel 26. Juni 2008 Wandel der Lebenslagen Wandel der Lebenslagen im ländlichen Raum im ländlichen Raum

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Professur für Soziologie des Raumes

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Seminar: Stadt- und Regionalsoziologie: urbane LebensstileDozentin: Prof. Dr. Christine WeiskeReferent: Tom Seidel 26. Juni 2008

Wandel der LebenslagenWandel der Lebenslagen

im ländlichen Raumim ländlichen Raum

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Seminar: Stadt- und Regionalsoziologie: urbane LebensstileDozentin: Prof. Dr. Christine WeiskeReferent: Tom Seidel 26. Juni 2008

Wie wird das Leben auf dem Lande in der soziologischen Literatur

dargestellt?

Welche ideologischen Verklärungen werden über welche Medien vermittelt?

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Gliederung

1. Definition des Dorfbegriffes

2. Grundlagen der Dorfentwicklung

2.1 Kontinuität und Wandel in der Dorfkultur

2.2 Erfahrungsstruktur und Regelsysteme

2.3 Werte, Beziehungen und Bindungen

3. Aktuelle Lebenslagen im ländlichen Raum

4. Kurzer Überblick

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1. Definition des Dorfbegriffes

nach dem Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft in Deutschland

Dorf definiert sich aus:

• äußerer Form: Art und Stellung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Straßen, …,

topografischer Lage, Größe

• infrastruktureller und ökonomischer Ausrichtung

• Arten der Grundversorgung, Arbeitsplätze und Berufe

• endogenen Kräften: soziale Organisation, politische Selbstverantwortung und -verwaltung

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2. Gundlagen der Dorfentwicklung

• Dörfer in ständiger Veränderung hinsichtlich Strukturen, Werten, Normen,

Bevölkerung, etc.

• Lebensverhältnisse in ständigem Wandel

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2.1 Kontinuität und Wandel in der Dorfkultur

Arbeitsethos: Historisches Überlebensprinzip und soziale Legitimationsstrategie

• Tugenden: Fleiß, Geschäftigkeit, Arbeitsamkeit

• Untugenden: spätes Aufstehen, undurchsichtiges Berufsverhalten, demonstratives Nichtstun

(intellektuelle oder beamtete Neubürger: oft irritierend)

• Doppelcharakter eines spezifischen Arbeitsbegriffes:

physisches Existenzgebot (1) und soziale Legitimationsstrategie (2)

(1) Überlebensprinzip: harte, ausdauernde Arbeit der familiären Arbeitskraft

(2) Formung des Sozialcharakters: Produzentenmentalität, Arbeitsdisziplin, Arbeitsethos,

Berufsprestige „Ich tue, was ich bin“ – „Ich bin, was

ich tue“ (Max Weber)

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Arbeitsethos: Historisches Überlebensprinzip und soziale Legitimationsstrategie

• öffentliche Arbeitsstätten

• „Arbeitssyndroms“: für ältere Dorfgemeinschaft kommen soziale und staatliche

Versorgungsleistungen ohne Arbeits-Gegenleistung einem Almosencharakter gleich

• Wert- und Generationenkonflikte vorprogrammiert

2.1 Kontinuität und Wandel in der Dorfkultur

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Dörfliche Moral: Werte als Normen

• dörfliche Wertordnungen und Moralvorstellungen: Unerbittlichkeit gegenüber allem Neuen,

Fremden, Abweichenden

• „Moralwächter“: Moral- und Familienbegriff beinhaltet die Themen Liebe, Ehe, Familie,

vorwiegend unter besitz- und heiratsstrategischen Gesichtspunkten

• „herrschende“ Dorfmoral Instrument der der „Herrschaft“: soziale Disziplinierung der eigenen

und Abgrenzung von anderer, ärmerer Gesellschaft

• Dorfgemeinschaft und dem Gemeinschaftsdenken kommt (unter Älteren auch heute noch)

besondere Bedeutung zu

2.1 Kontinuität und Wandel in der Dorfkultur

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2.1 Kontinuität und Wandel in der Dorfkultur

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Das Verwandtschaftsprinzip: Materielle Hilfe und emotionale Bindung

• historisch: bäuerliche Kernfamilie und Mehrgenerationenfamilie meist nicht genug, um für alle

Familienmitglieder und folgende Generationen ausreichende Lebenschancen zu ermöglichen

• Einbindung eines weiter gespannten Netzwerkes fester sozialer Beziehungen mit Austausch-

und Hilfsmöglichkeiten

• Verwandtschaftssystem: Unterstützung nicht bezahlt, sondern ausgeglichen

• daher: Familie als soziales Sicherungsnetz

• innere dörfliche Beziehungssystem an traditioneller Bedeutung verloren

2.1 Kontinuität und Wandel in der Dorfkultur

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2.2 Erfahrungsstruktur und Regelsysteme

• Herrschaft, Regiert-Werden

wichtige historische Erfahrung, tief mental eingeprägt, häufig

Misstrauen/Skepsis

• Dörfliches Wirtschaften

Kooperation, meist in verwandtschaftlichen sozialen Verband

• Selbsthilfeprinzip

Familie, Verwandtschaft, Nachbarn, danach erst staatliche öffentliche Einrichtungen

• Familiäre Identität

Dörfliches Leben durch Grundbesitz, Hausbesitz, familiäre Nähe, Arbeits- und

Freizeitzusammenhänge bestimmt, materielle Dorfkultur

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2.3 Werte, Beziehungen und Bindungen

• Dörflicher Sozialcharakter

als Folge historischen Überlebensprinzips (Fleiß, Geschäftigkeit, Arbeitsamkeit),

Mitwachsen des dörflichen Wertehorizonts führt zu Werte- und Generationskonflikten

• Dörfliche Wertordnungen und Moralvorstellungen

aus historischen Gründen sehr rigide, sehr eng, unterlagen umfassender sozialer

Kontrolle

• Verwandtschaftsprinzip

Überleben durch weit gespanntes Netzwerk verwandtschaftlicher, sozial enger

Beziehungen, garantierte materielle Hilfe und emotionale Bindung

• lineare Generationenfolge

angestammter familiärer Platz im Wirtschafts- und Sozialgefüge durch Folgegenerationen,

aufgrund zunehmend individueller Entscheidungsmöglichkeiten große Brüche in Struktur

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3. Aktuelle Lebenslagen im ländlichen Räumen

Literaturgrundlage

Studie von Katja Zierold aus dem Jahr 1997

Veränderungen von Lebenslagen in ländlichen Räumen der neuen Bundesländer

Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft in Deutschland

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3.1 Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes Ländlicher Raum

in Wissenschaft und administrativer Praxis Vielzahl von Konzepten:

• Negativdefinition: Gebiet außerhalb von Verdichtungsräumen; Restraum, der zu

entwickeln ist, um Lebensniveau von Stadt zu erreichen; Problemgebiet; Fördergebiet

• Abgrenzung anhand von sozioökonomischen und wirtschaftsstrukturellen Kriterien

(Berufs-, Erwerbsstruktur, Bevölkerungsdichte, etc.)

• Abgrenzung anhand funktionaler Kriterien: Komplementärfunktion für Verdichtungsräume

(als Erholungsraum, für Abfallbeseitigung, etc.)

Problem bei Abgrenzung:

• oft nur über Landwirtschaft definiert

• oft als homogene Einheit betrachtet

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3.2 Transformationsbedingungen seit 1989: Wandel der Lebenslagen

• Rückgang in Erwerbsbeteiligung

• Landwirtschaft als Arbeitgeber drastisch abgenommen

• größtenteils De-Industrialisierungsprozess

• Bauwirtschaft als Arbeitgeber erheblich an Bedeutung gewonnen

• tertiäre Bereich bedeutender geworden, jedoch kaum mehr absolute Arbeitsplätze

• Gewerbeentwicklung durch selbstständige Dorfbewohner oder Investoren

• Arbeitsplatz oft mit Pendeln verbunden

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3.3 Eigentum und Einkommen

erhöhter Anteil an Wohneigentum

• Hauseigentum = hohes Maß an Sicherheit, starker wohnortbindender Faktor

Problem des Erhalts bei älterer Bevölkerung (verfallende Bauerngehöfte)

• Mieter: oftmals gestiegene Mieten & Wohnnebenkosten wer Arbeit findet zieht oftmals

in Stadt zurück bleiben u.A. sozial Schwächere (ziehen in Mietwohnblocks

Segregierung möglich

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3.4 Soziale und technische Infrastruktur

• teilweise Verbesserung der technischen Infrastruktur

• bestimmte Infrastruktureinrichtungen (z.B. Konsum, Poststelle) weggefallen weniger

Frauenarbeitsplätze und öffentliche Räume teilweise Gegenwirken durch private Läden

• Bedeutung des Öffentlichen Nahverkehrs zurückgegangen (Individualverkehr als

Grundvoraussetzung)

• in Dörfern ab ca. 1500 Einwohnern: relativ dichtes Netz an medizinischer Grundversorgung

• soziale Grundversorgung nicht immer im Dorf gegeben (z.B. Mittelpunktkindergärten, Schulen)

Durch Wegfall vieler kommunikativer Zentren setzte Veränderung des Privatlebens ein

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3.5 Veränderungen in der Struktur der Kontakte

• Nachbarschaft als Arbeits-, Aus- und Nothilfe verliert an Bedeutung und wird durch

„emotionale“, offene Nachbarschaften ersetzt von „Notnachbarschaft“ zu „distanzierter

Vertrautheit“

• mit steigender Mobilität und zunehmender Unsicherheit des Arbeitsplatzes werden

bestehende Kontakte zu Nachbarn geringer

• Kontakte unmittelbarer Nachbarschaft sinken außernachbarschaftliche Kontakte steigen

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3.6 „Dorfleben“

• traditionelles Zentralkriterium des dörflichen Lebens, die sozialisatorische und kulturelle

Überschaubarkeit und Geschlossenheit“ (Becker) hat sich aufgelöst

• Differenzierung und Individualisierung des Soziallebens stellt sich ein

• Bewohner orientieren sich mehr an überlokalen Normen und Werten der Industriegesellschaft

• soziale Nähe und Beziehungsaktivitäten in Nachbarschaft nehmen ab liegen jedoch noch

höher als in der Stadt

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3.7 Bürgerschaftliches Engagement

• Ehrenämter in Vereinen, Freiwilligenarbeit, Genossenschaften, etc. haben auf Land lange

Tradition und große Bedeutung Ursachen: oft Mangel oder geringe Ausdifferenzierung von

Dienstleistungen oder anderen Infrastrukturen

• Vielfalt des dörflichen Lebens von Vereinen und Interessengruppen geprägt

• Auf Land deutlich mehr Engagement als in Stadt

• Aber: Ziele der Vereine und Gruppen gehen weg von traditionsorientierten, kollektiv-

verbindlichen, hin zu individualisierten, spezialisierten Freizeitvereinen unverbindlicher,

Verpflichtungspotential und Beteiligungsnorm nehmen ab

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3.8 Dörfliches Erwerbsleben

Westdeutschland

• berufliche Tätigkeiten größtenteils außerhalb der Landwirtschaft

• „Tertiärisierung“ der dörflichen Wirtschaft

• ausdifferenzierte Sozialstruktur der Dörfer

• differenzierte Wirtschaftsstruktur wichtige Gewerbestandorte oder Standorte für

Dienstleistungsunternehmen

Ostdeutschland

• De-Agrarisierung mit deutlichen Arbeitsplatzverlusten Stabilisierung durch

produzierendes Gewerbe und dörflichen Dienstleistungsbereich

• „erfolgreiche Dörfer“: deutliche Ähnlichkeiten mit westdeutschen Dörfern

vs.

„monostrukturierte Agrardörfer“: sehr geringe Gewerbestruktur, auf Landwirtschaft

angewiesen jedoch keine deutlichen Erwerbsperspektiven

• hohe Arbeitslosigkeit und Spaltung der dörflichen Gesellschaft in Erwerbstätige und Erwerbslose

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3.8.1 Bedeutung der Landwirtschaft

• keine Gleichsetzung von Dorf und Landwirtschaft mehr

• kontinuierlicher Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe

• Landwirtschaft geringe Bedeutung für dörfliches Erwerbsleben und relative kleine Anzahl

landwirtschaftlicher Betriebe

• für Mehrheit nicht-landwirtschaftlicher Dorfbevölkerung stellt Landwirtschaft

selbstverständlichen Teil des Dorfbildes dar andererseits Landwirtschaft nicht mehr stark

sozial in Dorf verankert in modernen „Wohndörfern“: Landwirtschaft sogar

Belästigungspotential

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3.9 Familienstruktur

• drei zentrale Verschiebungen der Familienformen auf dem Land seit dem Zweiten Weltkrieg

1. landwirtschaftliche nicht-landwirtschaftliche berufliche Tätigkeit

2. selbstständige/mithelfende Tätigkeit abhängige Beschäftigung

3. sozial niedrigere sozial höher bewertete Berufsstellung

Veränderung hin zu urbanen Familienfromen

• Mehr Familien mit ledigen Kindern und weniger kinderlose Ehepaare als in Stadt

• Haushaltsgrößen nehmen ab

• Geringere Scheidungsquoten

• Kaum Großfamilien

• Kontakthäufigkeit und Kommunikationsdichte zwischen Generationen höher

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3.9.1 Jugend

• stark auf Großstadt und Industriegesellschaft orientiert, aber um positive Einstellung

gegenüber Landleben bemüht

• weniger Freizeit

• geringe Freizeit- und Kulturangebote

• geringes Arbeitsplatzangebot (Ausbildungsplätze)

nach Shell-Studien prognostiziert: gegenüber Jugend in Stadt benachteiligt hinsichtlich

Bildung, Selbstständigkeit, Protestbereitschaft, etc.

jedoch:

• verbinden Vorteile ländlichen mit Aspekten des städtischen Lebens

• haben „individuellen Pragmatismus“ entwickelt

• Bildung an Verdichtungsräume angenähert

• mehr Vereinsmitgliedschaften als in Städten

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3.10 Lebensqualität

Neue Länder: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbedingungen(Mittelwerte einer 7er-Skala von 1 „sehr unzufrieden“ bis 7 „sehr zufrieden“)

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3.11 Muster des Wandels ländlicher Lebensverhältnisse

Studie - „Ländliche Lebensverhältnisse im Wandel 1952, 1973, 1993/95“

Zwei Muster des Wandels ländlicher Lebensverhältnisse

1. Wandel der Dörfer zu segregierten Siedlungseinheiten (alle west- und Großteil ostdeutscher

Dörfer)

• Ökonomische Basis nicht mehr traditionell (Gewerbe und Dienstleistungen als Basis)

• Bevölkerungsanstieg durch Zuzug keine „Entleerung der Dörfer“

• Annäherung des Dorf- und des Stadtlebens

2. Wandel der Lebensverhältnisse durch Landwirtschaft als Träger (restliche ostdeutsche

Dörfer)

• Monostrukturelle Abhängigkeit von Landwirtschaft

• Relativ geringe gewerbliche Entwicklung

• Abwanderung und Rückgang der Einwohnerzahlen

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René König (1906 – 1992): Grundformen der Gesellschaft: Die Gemeinde. Von 1958.

„Er versteht unter Gemeinde die ‚lokale Einheit einer Gruppe von Menschen,

die ihr soziales, wirtschaftliches und kulturelles Leben gemeinsam fristen

und bestimmte Werte und Bindungen gemeinsam anerkennen.‘ Diese 'lokale

Einheit' ist am ehesten das Dorf. Es könnte auch der Stadtteil sein, die wie ein Dorf

in der Stadt funktioniert – aber bei R. König dient das Dorf als Musterbeispiel für

die Gemeinde‘.“

(Folien – WS 2006/07: Prof. Dr. Weiske – Theorien und Geschichte der Stadt- und

Regionalsoziologie)

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Quellenverzeichnis

Literatur

Beetz, S./Brauer, Kai/Neu, Claudia (Hrsg. 2005): Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft in

Deutschland. 1. Auflage, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften

Zierold, Katja (1997): Veränderungen von Lebenslagen in ländlichen Räumen der neuen Bundesländer. In: Becker, Annette

(Hrsg.): Regionale Strukturen im Wandel. 1. Auflage, Opladen: Leske + Budrich

Rückert-John, Jana (2001): Dörfliche Lebensverhältnisse im Wandel. Wiederholungsstudien der Forschungsgesellschaft für

Agrarpolitik und Agrarsoziologie „Lebensverhältnisse in klein bäuerlichen Dörfern“ und „Ländliche Lebensverhältnisse im

Wandel 1952, 1973, 1993/95“. In: Vonderach, Gerd (Hrsg.): Landbewohner im Blick der Sozialforschung. Münster: LIT

Planck, Ulrich (1990): Soziologische Aspekte der Dorferneuerung und Dorfentwicklung. In: Vonderach, Gerd

(Hrsg.):Sozialforschung und ländliche Lebensweisen. Bamberg: WVB

Deutsches Institut für Fernstudien an der Universität Tübingen (1988): Grundlagen der Dorfentwicklung. 1. Auflage, Tübingen:

Tübinger Chronik

Deutsches Institut für Fernstudien an der Universität Tübingen (1989): Soziokultur des Dorfes. 1. Auflage, Tübingen:

Tübinger Chronik

Internet

http://www.tu-chemnitz.de/phil/soziologie/institut/Theorien_und_Geschichte_der_Stadt_und_Regionalsoziologie-192.html

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Welche ideologischen Verklärungen werden über welche Medien vermittelt?

Samstagnacht auf dem Land Von Andrea Jeska | © DIE ZEIT, 05.07.2007 Nr. 28

…Samstagnacht in Steinhorst, einem Dorf in Schleswig-Holstein. »Beschaulich« heißt das Wort

dafür.

…Auf langen Landstraßen staut sich der Verkehr zur Erntezeit hinter Mähdreschern und

Treckern.

…Wer hier zwischen Seen und Wiesen lebt, der wurde hier geboren. Oder zog her, weil ihm der

Rhythmus der großen Städte zu schnell ist. Weil er dafür zu langsam ist – oder sich zu schade

dafür. Ja, man kann sein Glück finden in diesem sommerduftenden Utopia von Raum und

Ruhe.

…Einst gegründet, um sich um den Erhalt von Traditionen und landwirtschaftlicher Kultur zu

kümmern, geht es der Landjugend heute um Spiel und Partys.

…Stefanie D. …Wenn sie sitzt, sitzt sie sehr aufrecht, die schmalen Hände liegen sittsam auf

dem Tisch. Eine von diesen sauberen, positiven, aufrechten jungen Frauen, die sich in der

dörflichen und familiären Geborgenheit den Dreck vom Halse halten konnten, den es hier

draußen auch gibt.

…Ein Leben in der Stadt? Undenkbar. »Das ist ein einsames Leben. Im Dorf steht jeder für

jeden. Es ist ein Geben und Nehmen.«

…Auf dem Dorf kennst du jeden, vielleicht magst du nicht jeden, aber du musst mit allen

klarkommen, auch wenn es soziale Unterschiede gibt.

…Was an Bildungsniveau fehlt, macht es durch Lebensqualität wett, durch eigenen Grund und

Boden.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!