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JÖRG ULRICH DIE ANFÄNGE DER ABENDLÄNDISCHEN REZEPTION DES NIZÄNUMS w DE G

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JÖRG ULRICH

DIE ANFÄNGE DER ABENDLÄNDISCHEN REZEPTION

DES NIZÄNUMS

w DE

G

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PATRISTISCHE TEXTE UND STUDIEN

IM A U F T R A G DER

P A T R I S T I S C H E N K O M M I S S I O N

DER AKADEMIEN DER WISSENSCHAFTEN

IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

H E R A U S G E G E B E N V O N

K . A L A N D UND E. MÜHLENBERG

BAND 39

WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK

1994

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DIE ANFÄNGE DER

ABENDLÄNDISCHEN REZEPTION

DES NIZÄNUMS

VON

J Ö R G U L R I C H

WALTER DE G R U Y T E R · BERLIN · NEW Y O R K

1994

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Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme

Ulrich, Jörg: Die Anfange der abendländischen Rezeption des Nizänums / Jörg Ulrich. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1994.

(Patristische Texte und Studien ; Bd. 39) Zugl.: Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-11-014405-0

NE: GT

ISSN 0553-4003

© Copyright 1994 by Walter de Gruyter & Co., 10785 Berlin

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Meiner Frau Sabine zum 26.5.1994

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Vorwort

Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 1993 von der ev.-theol.

Fakultät der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation

angenommen. Für die Drucklegung habe ich sie leicht überarbeitet und um einige

Literaturtitel sowie die Register ergänzt. Den Herren Prof. Dr. E. Mühlenberg

und Prof. Dr. A.M. Ritter als Gutachter für die Patristische Kommission danke

ich für die Aufnahme des Textes in die PTS, Herrn Prof. Dr. Karl Christian

Felmy für seine Sorgfalt bei der Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Tübinger

Kollege, Herr Dr. Christoph Markschies, gab freundlicherweise eine Anzahl

nützlicher Hinweise für die Überarbeitung.

Die Anregung zur Beschäftigung mit der abendländischen Nizäa-Rezeption

verdanke ich meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Hanns Christof Brennecke, an

dessen Lehrstuhl ich seit Januar 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig sein

durfte. Er hat die Entstehung der Arbeit jederzeit wohlwollend, freundlich, mit

gutem Rat und konstruktiver Kritik begleitet. Ich danke ihm sehr. Zugleich dank«

ich meinem angelsächsischen patristischen Lehrer, Gerald Bonner, für das im

Studienjahr 1985/6 an der University of Durham bei ihm Erlernte.

Den theologischen Lehrern, die während meines Studiums von 1981-1988 meine

Freude an der Theologie wachzuhalten und zu mehren verstanden, sage ich

hiermit aufrichtigen Dank. Stellvertretend für viele und doch mit besonderer

Dankbarkeit nenne ich hier Frau Prof. Dr. Luise Abramowski, Tübingen, und die

Herren Prof. Dr. Henning Paulsen, vormals Bethel, jetzt Hamburg, sowie Prof.

Dr. Dr. Michael Welker, einst Tübingen, nunmehr Heidelberg. Herrn Prof. Dr.

Jens-Uwe Schmidt, Bethel, danke ich für das Jahr, in dem ich als Tutor für

Griechischkurse bei ihm tätig sein durfte.

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VIII Vorwort

Die Entstehung der Arbeit ist von vielen Freunden mit Ermutigung, Rat und mit

der Bereitschaft zu allen erdenklichen, z.T. zeitaufwendigen Hilfestellungen

gefördert worden. Mein Dank hierfür gilt den Damen und Herren Thomas

Binder, Heidemarie Erlwein, Pastor Hartwig Ladda, cand. theol. Arne

Manzeschke, Angela Palmi und Christine Stang. Besonderer Dank gilt Herrn

Studienrat Ekkehard Weber, Erlangen, für die kritische Durchsicht des

Übersetzungsteils und Herrn cand. theol. Götz Häuser M.Th. (Durham) für seine

qualifizierte Arbeit bei der Drucklegung. Den Mitarbeitern der Universitäts-

bibliothek Bamberg, besonders Frau Waltraut Klostermeier, danke ich für ihr

Engagement.

Der Zantner-Busch-Stiftung Erlangen und meiner Hannoverschen Landeskirche

danke ich für namhafte, in einer Zeit knapp werdender Mittel gar nicht

selbstverständliche Druckkostenzuschüsse.

Meine Frau Sabine hat mich bei der Anfertigung dieser Arbeit unermüdlich

unterstützt; neben unzähligen kleinen Zuwendungen und Hilfen gilt dies vor

allem insgesamt für die Schaffung jener atmosphärischen Voraussetzungen, ohne

die ein solches Unternehmen nicht in Angriff genommen und erst recht nicht zu

einem guten Ende gebracht werden kann. Ich danke ihr für ihr Verständnis und

für die grenzenlose Geduld mit mir.

Bamberg, im März 1994 Jörg Ulrich

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Inhalt

Vorwort VII

Inhalt IX

Einleitung 1

ERSTER TEIL

1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 6

1.1 ομοούσιος = "una substantia" / "unius substantiae" ? 8

1.2 ομοούσιος als Lehrentscheidung Kallists über Hippolyt und Sabellius

sowie in der römischen theologischen Tradition des 3. Jahrhunderts? 12

1.3 Zur Rolle der westlichen Teilnehmer in Nizäa 19

2 Die Synode von Serdika 26

2.1 Vorgeschichte und Verlauf der Synode von Serdika 28

2.1.1 Die Vorgeschichte 28

EXKURS: Zur Datierung der Synode von Serdika 39

2.1.2 Der Verlauf der Synode von Serdika 44

2.2 Die Ekthesis der westlichen Synode von Serdika 47

2.2.1.1 Die Überlieferung des Serdicense 49

2.2.1.2 Der Text des Serdicense 51

2.2.1.3 Übersetzung 56

2.2.2 Analyse und Kommentierung des Serdicense 59

2.2.3 Zum Markellianismus des westlichen Serdicense 87

EXKURS: Zur Prosopographie der Teilnehmer der westlichen Synode

von Serdika und zur Frage nach der "Originalsprache" des

westlichen Serdicense 91

2.2.4 Späte lateinische Übersetzung signifikanter Begriffe im Serdicense:

Codex Veronensis LX (t) 96

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X Inhalt

2.2.5 Zur Debatte um die Authentizität des westlichen Serdicense . . . 98

2.3 Der dogmengeschichtliche Stellenwert der Synode von Serdika und

des westlichen Serdicense 106

ZWEITER TEIL

3 Ossius von Cordoba I l l

4 Hilarius von Poitiers und seine Interpretation des Nizänums im

"Liber 1 adversus Valentem et Ursacium" und in "De Synodis" 136

4.1 Die Ausbreitung des arianischen Streites nach Gallien 137

4.2 Hilarius Überlieferung und Interpretation von Ν im "Liber 1

adversus Valentem et Ursacium" 140

4.3 Die Debatte um Ν in "De Synodis seu Fide Orientalium" 147

5 Phoebadius von Agen 159

5.1 Phoebadius und die zweite sirmische Formel 159

EXKURS: Die 2. sirmische Formel von 357 161

5.2 Phoebadius: "Contra Arrianos" 166

5.3 Phoebadius von der Synode von Rimini bis zu seinem Tod 187

6 Gregor von Elvira: "De fide orthodoxa" 195

6.1 Die erste Fassung von "De fide orthodoxa" 198

6.2 Die zweite Bearbeitung von "De fide orthodoxa" 207

6.3 Spätere Luziferianer 212

7 Luzifer von Calaris 217

8 Liberius von Rom 231

9 Marius Victorinus 244

9.1 ομοούσιος = "eiusdem substantiae" 247

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Inhalt X I

9.2 ομοούσιος = "simul substantiate" / "consubstantiale" / "simul

consubstantiale" 252

9.3 Die neunizänische Lösung bei Marius Victorinus 254

9.4 Victorinus' Wirkung im Westen 261

10 Athanasius von Alexandrien: "Ad Afros" 264

10.1 Analyse von Athanasius, "Epistula ad Afros" 266

Exkurs: Zur Bestreitung der Echtheit von "Ad Afros" durch

KANNENGIESSER 274

Zusammenfassung und Schluß 281

Quellen- und Literaturverzeichnis 288

Register 309

Antike Autoren 309

Moderne Autoren 310

Stellen 313

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Einleitung

"Regeneraturus pridem, et in episcopatu aliquantisper manens, fidem Nicaenam

numquam nisi exsulaturus audivi: sed mihi homousii et homoeusii intelligentiam

Evangelia et Apostoli intimaverunt."1 Diese viel zitierte, jedoch dogmen-

geschichtlich nach wie vor kaum hinreichend gewürdigte Aussage des Hilarius von

Poitiers aus "De Synodis" ist gleichsam der Ausgangspunkt für die hier vorgelegte

Untersuchung zur Frage nach der abendländischen Rezeption des Nizänums (N),

das die erste ökumenische Synode von Nizäa (325) im Widerspruch gegen Arius

formuliert hatte. Die Tatsache, daß mit Hilarius einer der führenden Bischöfe des

Abendlandes bis unmittelbar vor seiner Exilierung im Jahre 356 durch Kaiser

Konstantius II., also über 30 Jahre nachdem der Text des Nizänums unter

Konstantin dem Großen doch immerhin offiziell und reichsweit und -einheitlich

verbindlich beschlossenen worden war, von Ν noch gar nichts gewußt hat, läßt die

wissenschaftliche Meinung, daß der Westen eben immer schon nizänisch gewesen

sei (etwa aufgrund der Kontinuität in der Verwendung der Formel "una

substantia")2, als höchst problematisch erscheinen und fordert dazu heraus, die

Frage nach den Anfängen der abendländischen Rezeption des Symbols von Nizäa

neu aufzurollen.

Während die wissenschaftliche Literatur zur Synode von Nizäa und ihrem

antiarianischen Bekenntnis mittlerweile selbst für Fachleute kaum noch zu

überblickende Ausmaße angenommen hat3, ist die konkrete Frage nach der

1 HU., Syn. 91 (PL 10, 545 A). 2 Siehe meine Auseinandersetzung mit dieser These in dieser Arbeit unten unter 1. 3 Die neuesten forschungsgeschichtlichen Entwicklungen zum Thema Arianismus behandelt RITTER, ThR 55 (1990), 153-187; für ein Verzeichnis der Literatur vor 1978 siehe ders., TRE 3 (1979), 718f. Ein ausführliches Literaturverzeichnis zum gesamten Themenkomplex Arianismus/Nizäa bietet die Gesamtdarstellung zum arianischen Streit von HANSON (siehe unten Anm. 5). Zum όμοοϋσιος-Thema siehe die Literaturliste des neuen RAC-Artikels von STEAD, RAC 16 (1992), 430-433. Bei STEAD noch nicht genannt sind die Beiträge von FEIGE, Markell von Ankyra und das Konzil von Nizäa, in: Denkender Glaube in Geschichte und Gegenwart. FS aus Anlaß der Gründung der Universität Erfurt vor sechshundert Jahren und aus Anlaß des vierzigjährigen Bestehens des Philosophisch-Theologischen Studiums, EThSt 63, Leipzig 1992,

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2 Einleitung

abendländischen lateinischen Rezeption von Ν überraschenderweise bislang kaum

so gestellt worden. BARDY hat in den Jahren 1939 und 1940 drei kleinere

Untersuchungen zu diesem Thema vorgelegt4, und HANSON hat in seiner neuen

Gesamtdarstellung des arianischen Streites einige Kapitel auf die "Western

Pro-Nicenes" verwendet5. Doch BARDYs Aufsätze folgen noch weitgehend

unkritisch der Sicht einer starken westlichen Beeinflussung des Nizänums von

jeher, worüber die Forschungsmeinung mittlerweile zu deutlich anderen

Ergebnissen gelangt ist6. Und bei HANSONs verdienstvoller Gesamtdarstellung

handelt es sich v.a. um ein Buch für die Hand des Studenten, das zwar einen

guten Überblick über die Entwicklung zwischen 325 und 381 gibt, das aber

wissenschaftliche Untersuchungen zu Detailproblemen der trinitätstheologischen

Debatte des vierten Jahrhunderts nicht ersetzen kann und will.

Die leitende Fragestellung der Arbeit nach den Anfängen der westlichen

Rezeption von Ν führte zu der methodischen Entscheidung, die Texte derjenigen

abendländischen Theologen genauer zu untersuchen, die sich in der zweiten

Hälfte der 50er und in der ersten Hälfte der 60er Jahre des vierten Jahrhunderts

als erste Lateiner mit dem Nizänum befassen, seinen Text referieren,

interpretieren und befürworten - in Opposition zu der zu jener Zeit

vorherrschenden, weil in der Gunst des Kaisers Konstantius II. stehenden,

homöischen Theologie. Auf diese Weise entstand eine kleine Sammlung von

Studien zu Theologen wie Ossius von Cordoba, Hilarius von Poitiers, Phoebadius

von Agen, Gregor von Elvira, Luzifer von Calaris, Liberius von Rom, Marius

Victorinus und schließlich zur 369 von Athanasius in den Westen geschickten

277-296; LOGAN, Marcellus of Ancyra and the Councils of A.D. 325: Antioch, Ancyra and Nicaea, in: JThS.NS 43 (1992), 428-446; PIETRAS, L'unita di Dio in Dionigi di Alessandria, in: Greg. 72 (1991), 459-490; SKARSAUNE, A neglected detail in the Creed of Nicaea, in: VigChr 41 (1987), 34-54. In der FS für L. ABRAMOWSKI (Logos. Berlin/New York 1993) erschienen einige weitere Beiträge zum Themenkomplex "arianischer Streit", von denen sich derjenige von TETZ, Zur strittigen Frage arianischer Glaubenserklärung auf dem Konzil von Nizäa (325), I.e., 220-238, direkt mit der Synode von 325 befaßt. 4 L'Occident en face de la crise arienne, in: Ir6nikon 16 (1939), 385-424; L'occident et les documents de la controverse arienne, in: ReSR 20 (1940), 28-63; Traducteures et adapteures au IVe siöcle, in: RechSR 30 (1940), 257-306. 5 The Search for the Christian Doctrine of God, Edinburgh 1988, 459-556. 6 Siehe zu dieser Frage unten unter 1.

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Einleitung 3

"Epistula ad Afros", die miteinander verbunden sind durch die übergeordnete

Frage nach dem in diesen Texten vorliegenden Verständnis des Symbols von

Nizäa in Auseinandersetzung mit anderen zeitgenössischen theologischen

Positionen.

Diesem kleinen Kreis von Studien zu den ersten abendländischen Texten, die sich

mit dem Nizänum befassen, ist in der vorliegenden Arbeit ein erster Teil

vorgeschaltet, der sich einerseits mit der dogmengeschichtlichen These der

abendländischen Herleitung des Nizänums kritisch auseinandersetzt und zweitens

eine ausführliche Darstellung der Vorgeschichte und des Verlaufs der Synode von

Serdika (342), v.a. aber einen Text, eine Übersetzung und eine ausführliche

Kommentierung der von der sogenannten westlichen Teilsynode von Serdika

erstellten Glaubens-Ekthesis bietet, ohne den, wie sich zeigen wird, die gesamte

Frage nach der abendländischen Rezeption von Ν völlig unverständlich bliebe.

Schon LOOFS hatte im Jahre 1909 auf einige Zusammenhänge zwischen dem

sogenannten westlichen Serdicense und der Trinitätstheologie der Abendländer

der 50er und 60er Jahre aufmerksam gemacht7, dabei allerdings auch

weitreichende Schlüsse für die Frage der Vorgeschichte abendländischer

Trinitätstheologie (Tertullian, Novatian) ziehen zu können gemeint, die sich so

m.E. nicht bestätigen lassen, und daneben auch - wohl zu Unrecht - diese "großen

Linien" der abendländischen Tradition bis hin zu Augustin weiterverfolgt.

Gegenüber dem von LOOFS durchgeführten Ansatz bietet die hier vorgelegte

Arbeit einen sehr viel enger umgrenzten, aber, wie ich hoffe, gerade deshalb vom

wechselseitigen Bezug her auch klarer nachvollziehbaren Kreis von einzelnen

Studien zu den ersten abendländischen Texten, in denen das Nizänum eine Rolle

spielt. Daß dabei kleinere genauere Untersuchungen auch zu Theologen wie

Phoebadius oder Gregor entstanden sind, von denen nur eine einzige Schrift bzw.

nur wenige kurze Texte auf uns gekommen sind und die, weil sie die theologische

Entwicklung in der Tat kaum selbständig weiterführten, bis auf den heutigen Tag

in der Dogmengeschichtsschreibung ein ausgesprochenes Schattendasein führen,

7 Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Sardica, in: AAWB (1909), 3-39.

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4 Einleitung

ist, wie ich meine, ein zusätzliches wichtiges Resultat dieses Ansatzes. Die

Rezeption von Ν kommt so viel authentischer in den Blick als bei der

Beschäftigung mit den "großen", die Entwicklung eigenständig vorantreibenden

Autoren.

Die Synodalgeschichte der zweiten und dritten Phase des arianischen Streites

habe ich bewußt nicht oder nur ganz am Rande mit behandelt, da hierzu mit den

neueren Arbeiten von DINSEN8, BRENNECKE9 und LOHR10 eigene

Untersuchungen vorliegen, auf die in dieser Arbeit jeweils verwiesen wird.

Die Frage nach der abendländischen Rezeption der sogenannten neunizänischen

Interpretation von N, die 362 in Alexandrien erstmals akzeptiert wird und sich

dann bis hin zu ihrer Festschreibung in Konstantinopel 381 allmählich durchsetzt,

bedürfte einer ganz eigenen ausführlichen Untersuchung, die mit einem

Theologen wie Ambrosius von Mailand (unter Berücksichtigung von dessen

Unterschieden etwa zu Damasus von Rom) einsetzen müßte11. Meinen

ursprünglichen Plan, beide Linien der N-Rezeption im Abendland in dieser

Arbeit aufzuarbeiten, habe ich angesichts des einer Dissertation gesetzten

äußeren Rahmens schon nach kurzer Zeit der Beschäftigung mit dem Thema

fallengelassen und mich stattdessen auf die Anfänge der westlichen N-Rezeption,

also auf die sogenannten Altnizäner, beschränkt.

8 Homoousios. Die Geschichte des Begriffs bis zum Konzil von Konstantinopel (381), Diss, theol. Kiel 1976. * Hilarius von Poitiers und die Bischofsopposition gegen Konstantius II. Untersuchungen zur dritten Phase des arianischen Streites (337-361), PTS 26, Berlin New York 1984. Ders., Studien zur Geschichte der Homöer. Der Osten bis zum Ende der homöischen Reichskirche, BHT 73, Tübingen 1988, hierin v.a. 5-40. 10 Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien. Studien zur Synodalgeschichte des vierten Jahrhunderts, Diss, theol. Bonn 1986. " Mittlerweile liegt bereits eine gründliche Neuverhandlung des Problems der Rezeption des Neunizänismus bei Ambrosius von Mailand vor: Kurz vor Drucklegung zu dieser Arbeit hat mein Tübinger Kollege MARKSCHIES seine Habilitationsschrift "Ganz Italien zum rechten Glauben bekehren". Kirchen- und theologiegeschichtliche Studien zu Antiarianismus und Neunizänismus bei Ambrosius und im lateinischen Westen, (masch.) Tübingen 1994, eingereicht. Die Arbeit wird in BHTh gedruckt werden. Da der Verfasser mir freundlicherweise ein Exemplar zur Verfügung stellte, konnten Argumente und Ergebnisse aus seiner Untersuchung bei der Drucklegung zu dieser Arbeit noch mit berücksichtigt werden.

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Einleitung 5

Einen forschungsgeschichtlichen Bericht, der angesichts der zunehmenden

Bedeutung forschungsgeschichtlicher Fragen im allgemeinen und der

komplizierten Forschungsgeschichte zum arianischen Streit im besonderen

zweifellos wünschenswert gewesen wäre, habe ich mich gleichwohl nicht in diese

Arbeit aufzunehmen entschließen können, weil die Darstellung nicht überfrachtet

werden durfte. In der hier vorgelegten Dissertation muß es daher mit einigen

wenigen forschungsgeschichtlichen Bemerkungen sein Bewenden haben.

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ERSTER TEIL

1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums

Eine Beschäftigung mit dem Problem der abendländischen Rezeption des

Nizänums muß sich zunächst der Frage stellen, ob und inwiefern Ν selbst

abendländischer Provenienz ist bzw. in welchem Maße westliche Einflüsse bei der

Erarbeitung der Formel wahrscheinlich gemacht werden können.

D i e Meinung, abendländische Einflüsse hätten bei der Aufstellung von Ν eine

wesentliche Rolle gespielt, geht bis auf Z A H N s Monographie über Markeil von

Ankyra aus dem Jahre 1867 zurück1. U m die Jahrhundertwende ist sie von

H A R N A C K , G U M M E R U S und K R Ü G E R , modifiziert von LOOFS,

aufgenommen und entfaltet worden2; über lange Zeit, z.T. bis auf den heutigen

Tag, hat sie sich daraufhin hoher Zustimmung erfreut3. V.a. hinter der Einfügung

des ομοούσιος in das Symbol meinten Z A H N , H A R N A C K , LOOFS und die

ihnen folgenden Dogmenhistoriker westliche Theologoumena wie etwa das

tertullianische "unius substantiae / eiusdem substantiae" wiederzuerkennen4; in

1 Marcellus von Ancyra. Ein Beitrag zur Geschichte der Theologie, Gotha 1867, 22f. 2 HARNACK, Lehrbuch der Dogmengeschichte 2,1887, 226 und 41909 (ND Darmstadt 1964), 230; GUMMERUS, Die homöusianische Partei bis zum Tode des Konstantius, Leipzig 1900. KRÜGER, Das Dogma von der Dreieinigkeit und Gottmenschheit, Tübingen 1905; LOOFS, Das Nicänum, in: Festgabe für K. MÜLLER, Tübingen 1922, 68-82. Zuvor schon im Jahre 1905 ders., Der authentische Sinn des nicänischen Symbols, Separatdruck aus dem "Neuen sächsischen Kirchenblatt", Leipzig 1905. - LOOFS (Nizänum, 81f.) meint, Ν sei zunächst im Sinne der abendländischen Trinitätslehre zu deuten, verweist aber daneben auf den absichtlich vieldeutigen Sinn, der der Politik des Kaisers entsprochen habe. - Die Varianten in der jeweiligen Entfaltung der These bei den verschiedenen Gelehrten sollen hier nicht im einzelnen berücksichtigt werden. 3 Vgl. unter den einschlägigen Gesamtdarstellungen, Lehrbüchern und Literaturgeschichten z.B. BARDENHEWER, Geschichte der altchristlichen Literatur III, Darmstadt 1962 (ND der 3. Aufl. Freiburg 1923), 393; SEEBERG, Lehrbuch der Dogmengeschichte II, Darmstadt 1959 (ND der 3. Aufl. Leipzig 1923); LOOFS / ALAND, Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte, Tübingen 19687, 189; KRETSCHMAR, Die Konzile der alten Kirche, in: Die ökumenischen Konzile der Christenheit, hg. von HJ . Marguli, Stuttgart 1961, 46f. 54ff. und ders., Studien, 17; LOHSE, Epochen der Dogmengeschichte, Stuttgart 19743, 59; BEYSCHLAG, Grundriß der Dogmengeschichte 1, Darmstadt 19882, 273 u.v.a. 4 LOOFS, FS K. Müller, 71. 73. Ders., Leitfaden, 189: "Das ομοούσιος ist das 'unius substantiae' der westlichen Tradition". Noch 1973 bemerkte STEAD in seinem Beitrag zu den "Actes du colloque de Chantilly 23-25 septembre 1973" (Homoousios, 233): "Peut-etre l'opinion la plus

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 7

der Person des kaiserlichen Beraters in Kirchendingen, Ossius von Cordoba,

erblickte man dann für gewöhnlich den Gewährsmann für eine relativ starke

Stellung der westlichen Traditionen auf dem Konzil von 3255. Die geistige

Verankerung des Spaniers in den trinitätstheologischen Positionen des Westens,

verbunden mit seinem starken Einfluß auf die Person des Kaisers, ohne den

wiederum auf dem Konzil "nichts ging", hätten dazu geführt, daß bei der

dogmatischen Erklärung über den im Osten ausgebrochenen und dort nunmehr

weit verbreiteten Streit Gedanken und Formulierungen westlicher Theologie in

besonderem Maße zum Zuge gekommen seien.

Dagegen ist jedoch in neuerer Zeit durch die Arbeiten von RICKEN6,

SIMONETTF und besonders von STEAD8 die Auffassung einer abendländischen

Herleitung des ομοούσιος und damit von Ν stark in Frage gestellt worden. Vor

allem die gewichtigen Argumente STEADs schienen es geraten sein zu lassen,

von jener These gänzlich Abschied zu nehmen'. Demgegenüber ist allerdings

BIENERT im Jahre 1979 abermals für die westliche Herleitung eingetreten10,

z.T. mit neuen Argumenten, die jedoch ihrerseits nicht ohne Widerspruch

geblieben sind". Es scheint angesichts dieser Forschungslage angebracht, die

bislang vorgetragenen Gesichtspunkte in aller gebotenen Kürze noch einmal

kritisch zu sichten und zu ergänzen.

largement re^ue est, (a) que le mot refletait, et itait suppose exprimer, une theologie occidentale d 1 'una substantia qui remonterait jusqu'ä Tertullien." (Kursivdruck STEAD). 5 Vgl. z.B. BARDY, Irfinikon 16 (1939), 386-389; KRAFT, ZKG 66 (1954/5), 13 (bei starker Betonung der Rolle Kaiser Konstantins, besonders I.e., 24); DE CLERCQ, Ossius, 250-264; modifizierend DINSEN, Homoousios, 86f. DINSEN hat die These von der abendländischen Herleitung des Nizänums zunächst etwas abgewandelt. Das ομοούσιος sei nicht selbst abendländischer Herkunft. Ossius und Konstantin hätten es im Orient aufgegriffen. Dies verwundere aber nicht; denn der Begriff entspreche der abendländischen Lehre von der "una substantia" (I.e. 86f. sowie Anm. 87,6; Kursivdruck Vf.). 6 Nikaia als Krisis des altchristlichen Piatonismus, in: ThPh 44 (1969), 321-341. 7 La crisi ariana nel IV seculo, StEA 11, Rom 1975, darin bes. 89-94. 8 Divine Substance, Oxford 1977. 9 Zusammenfassend STEAD: (This view) "is definitely to be discounted", I.e., 251. Bestätigend RITTER, HDThG 1, 169. 10 Das vornicaenische ομοούσιος als Ausdruck der Rechtgläubigkeit, in: ZKG 90 (1979), 151-175. 11 Vgl. SIMONETTI, VetChr 17 (1980), 85-98; RITTER, HDThG I, 169f. mit Anm. 214, und STEAD, RAC 16 (1992), 410f.

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8 Erster Teil

1.1 ομοούσιος = "una substantia" / "unius substantiae" ?

Nach übereinstimmender Auffassung der Dogmengeschichtsschreibung ist es

besonderes Kennzeichen westlicher Trinitätstheologie vor Nizäa, die Einheit

Gottes nachdrücklich zu unterstreichen12. Angesichts der angeblich überragenden

Bedeutung Tertullians für die Entwicklung der abendländischen Trinitätstheologie

und angesichts der Tatsache, daß seine Theologie auch lange nach Nizäa im

Westen noch rezipiert wurde13, lag es nahe, in seiner Terminologie nach einem

Äquivalent für das (angeblich ebenfalls die Einheit Gottes in besonderem Maße

betonende) ομοούσιος zu suchen, das den Vätern von Nizäa als Vorlage gedient

haben könnte. Da Tertullian mit den Begriffen "consubstantialis"14 und

"consubstantivus"15 (gnostische) Auffassungen seiner Diskussionsgegner

wiedergibt, die Worte sich bei ihm selber aber nirgends in positivem trinitarischen

Zusammenhang finden16, kommt, wie schon LOOFS17 meinte, für die These

eines Zusammenhangs zwischen Tertullians eigenen trinitätstheologischen

Vorstellungen und dem ομοούσιος vor allem die Wendung "una substantia" /

"unius substantiae" in Betracht, mit der Tertullian - allerdings in

antimonarchianischer Frontstellung (!)18 - die Einheit in der Gottheit

auszudrücken pflegte1'.

Besonders die Arbeiten STEADs haben jedoch deutlich gezeigt, daß diese

These mit unüberwindbaren Schwierigkeiten verbunden ist. Die lateinische

Übersetzung des griechischen Wortes ομοούσιος wäre demnach eben

"consubstantivus"/ "consubstantialis", also gerade jener Begriff, den Tertullian nur

12 BIENERT, I.e., 156. STEAD, I.e., 400f. 13 Allerdings sind hierbei durchaus Differenzierungen am Platze, vgl. dazu mein Phoebadiuskapitel unter Abschnitt 5 in dieser Arbeit, bes. S. 184ff. 14 Tert., Herrn. 44,3. 15 Tert., Val. 12,5; 18,1; 37,2. 16 Vgl. ausführlich BRAUN, Deus christianorum, 141ff.; KELLY, Glaubensbekennntisse, 242; DINSEN, I.e., 23; STEAD, RAC 16 (1992), 378. 17 Leitfaden, 189. 18 Tert., Adv. Prax. 3,lf.; 31,3. 15 So schon LOOFS 1922, vgl. I.e., 70f. - Bei Tertullian z.B. Adv. Prax. 2,4; 29,6; Apol. 21,11; vgl. GRILLMEIER, Jesus, 242f.

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizanums 9

aus dem Munde seiner (gnostischen) Gegner referiert. Umgekehrt wäre die

griechische Ausdrucksweise für die westliche Betonung der Einheit Gottes bzw.

die griechische Wiedergabe der tertullianischen Wendung "una substantia" oder

"unius substantiae" gerade nicht ομοούσιος, sondern vielmehr μ ία ουσία / μ ί α

ύπόστασις2 0 - jene Wendung findet sich jedoch wiederum im Nizänum nicht.

Tertullian selbst hat demnach keine positive trinitätstheologische Begrifflichkeit,

die sich auf ein griechisches ομοούσιος zurückführen oder sich damit sachgerecht

übersetzen ließe21.

Für die Zweifel an der Gültigkeit der Gleichung ομοούσιος = "una substantia"

lassen sich weitere Gründe namhaft machen: So ist zu beachten, daß die früheste

uns erhaltene lateinische Übersetzung von Ν den griechischen Terminus

ομοούσιος in Transliteration beibehält22, was doch bei e inem lateinischen

Ursprung des Begriffs kaum zu erwarten gewesen wäre. Und der römische Rhetor

Marius Victorinus diskutiert in seiner Schrift "Adversus Arium" verschiedene

Möglichkeiten einer Übersetzung des ομοούσιος ins Lateinische23, was bei einer

Herkunft des Wortes aus dem Lateinischen ebenfalls kaum erklärlich wäre.

20 Vgl. die folgende Anm. 21 Vgl. STEAD, RAC 16 (1992), 400f. und ders., Divine Substance, 253. 22 Hil., Coll. antiar. Paris. Β II, 10 (CSEL 65, 150, 11 Feder): "unius substantiae cum patre, quod Graeci dicunt 'omousion'"; Vgl. Greg. 111., Fid. orth., praef. 1 (CChr.SL 69, 221,5f. Bulhart): "unius substantiae cum patre - quod Graeci dicunt όμοούσιον". - Daß ομοούσιος in den westlichen Bezeugungen von Ν (neben der Transliteration) mit "unius substantiae" wiedergegeben wird, spricht nicht gegen die hier vertretene These einer Unmöglichkeit dieser Übersetzung vor bzw. in den Jahren unmittelbar nach Nizäa. Die bei Hilarius und Gregor belegte Übersetzung beruht ja auf der Interpretation des nizänischen Stichworts, wie sie nach dessen Wiederentdeckung in den späten 50er Jahren des 4. Jahrhunderts üblich wurde; inzwischen hatte das Nizänum in Serdika eine scharf markellische Interpretation im Sinne des μία ύπόστασις erfahren; vor diesem Hintergrund konnte nun (aber nicht eher!) auch das ομοούσιος mit "unius substantiae" wiedergegeben werden. Lateinische Versionen von Ν vor 357 (2. sirmische Formel!; vgl. mein Phoebadiuskapitel unten unter 5.) liegen nicht vor. - Zur Version von Ν in den Coli, antiar. Paris, vgl. auch Hilarius in Syn. 77: "unius substantiae, que graece homousion dicitur" (PL 10, 530B); "homousion, id est, unius substantiae" (I.e., 535C; vgl. 536A: N). Daneben Lucifer Cal., De non pare. 18. 24, Äthan. 11,11 und auch Rufin, Hist. X, 6. - Die lateinische Bezeugung von Ν ist übersichtlich aufgelistet bei DOSSETTI, Simbola, 91ff. - Über Gregor von Elvira vgl. mein Gregorkapitel unten unter Abschnitt 6 in dieser Arbeit. Zur Synode von Serdika s.u. Abschnitt 2. 25 Ar. II, 10. 12. Die Gegner des Victorinus verlangen, das Wort ins Lateinische zu übersetzen (Ar. II, 9); Victorinus will lieber am griechischen Begriff festhalten; er meint, daß das Wort ohnehin nur sehr schwer ins Lateinische übersetzt werden könne: "Latine, inquiunt, dicatur. Quia difficile dicitur, ideo expetitis;" Ar. II, 9 (CSEL 83,1183f., 13f. Henry/Hadot). Dies spricht gegen einen im Westen entstandenen Gebrauch des ομοούσιος - man hätte sonst auf bestehende lateinische Äquivalente zunickgreifen können.

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10 Erster Teil

Zudem ist zu bedenken, daß auch das Symbol der westlichen Synode von Serdika

34224 zwar in seinem lateinischen Text den Begriff "una substantia"25 hat, der

griechische Prä-Text26 aber eben nicht ομοούσιος", sondern μία ύπόστασις28

liest: Wiederum zeigt sich, daß die Gleichung ομοούσιος = una substantia aus

den Quellen nicht zu belegen ist29.

Die zunächst äußerst geringe Verbreitung des Nizänums im Westen des

Reiches (man denke an Hilarius' eingangs zitierten Ausspruch, er habe bis vor

dem Beginn seines östlichen Exils noch nie etwas vom nizänischen Bekenntnis

gehört30), spricht m.E. auch nicht eben dafür, in der Formel einen Sieg der

westlichen, auf Tertullian zurückgehenden Theologie zu erblicken31. Schließlich

ist zu beachten, daß Arius vor Nizäa ausdrücklich gegen das ομοούσιος

polemisiert32, dabei aber offenbar gerade nicht Vorstellungen entgegentreten will,

die die Einheit der trinitarischen Hypostasen (im Sinne eines "una substantia")

sabellianisierend betonen33. Und die Vorbehalte Eusebs in seinem berühmten

Brief an seine Gemeinde34 wollen ebenfalls gnostische Fehldeutungen des

24 Zur Synode und ihrer Vorgeschichte s.u. unter 2.1. - Eine ausführliche Analyse und dogmengeschichtliche Bewertung des Serdicense in dieser Arbeit unter 2.2.1. - 2.2.5. Zur Datierung vgl. meinen Exkurs S. 39ff. 25 "Nos autem hanc suscepimus et edocti sumus, hanc habemus catholicam et apostolicam traditionem et fidem et confessionem: unam esse substantiam..." (EOMIA 1/2, 651, 21-24 Turner). 24 Zur Frage der Verhältnisbestimmung von griechischem und lateinischem Text im westlichen Serdicense s.u. S. 91ff. 27 LOOFS' Titel seiner Edition und Kommentierung des westlichen Serdicense "Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Sardica", AAWB 1909, ist somit zumindest irreführend (Kursivdruck Vf.). 28 ήμείς δέ ταυτην παρειλήφαμεν καϊ δεδιδάγμε&α, ταΰτην εχομεν τήν κα&ολικήν και άποστολικήν παράδοσιν και πίστιν και όμολογίαν. μίαν είναι ΰπόστασιν... vgl. meinen Text des Serdicense Ζ. 19-21, s.u. 2.2.1.2. 29 Zu den späteren lateinischen Zeugnissen s.o. Anm. 19. 30 Hil., Syn. 91: "Fidem Nicaenam numquam nisi exsulaturus audivi" (PL 10, 545A). 31 STEAD, Divine Substance, 256: "It seems difficult to explain such an ignorance if the Council could really be regarded as an important victory for Western theology; Rome was not normally slow to celebrate such triumphs". Vgl. SIMONETTI, VetChr 17 (1980), 88. 32 Im Bekenntnis an Alexander (Opitz III, Urk. 6, 3.5), vgl. die "Thalia", Ath., syn. 15. Natürlich ist bei der Thalia immer der Faktor möglicher unvorteilhafter Interpretation im Athanasiusreferat mit zu berücksichtigen, vgl. METZLER, Beitrag, 11-45. 33 Vielmehr möchte Arius das ομοούσιος vermeiden, weil es (seines Wissens) manichäischen Ursprungs ist: οϋδ' ώς Μανιχαίος μέρος όμοοΰσιον τοΰ πατρός τό γέννημα είσηγήσατο, (Opitz III, 12, l lf .) . Er kritisiert nicht, daß das ομοούσιος eine Differenzierung der Hypostasen oder eine Aufhebung der Subordination mit sich bringe, an der er sich doch Urk. 6, 3f. so massiv interessiert zeigt; auch ist nicht davon die Rede, daß der Begriff modalistische oder sabellianische Tendenzen impliziere; das Argument entfaltet bei STEAD, I.e., 243f. 34 Opitz III, Urk. 22,10.

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 11

Begriffes vermeiden; hätte das ομοούσιος in Nizäa so viel wie "una substantia"

bedeutet, wären hier Abgrenzungen gegen den Sabellianismus zu erwarten

gewesen, wie Euseb sie dann in der späteren Diskussion gegen Markell

vornimmt35.

Diese Sicht wird durch weitere Beobachtungen gestützt: Im Werk des

Eustathius von Antiochien, soweit es uns erhalten ist, findet sich eine klare

Option zugunsten der Einheit der Hypostase / Ousia36, ομοούσιος als Ausdruck

hierfür findet sich hingegen nicht37. Und auch Markell von Ankyra, wohl der

energischste Vetreter der Lehre von der μία ύπόστασις / μία ουσία, verwendet

den Begriff ομοούσιος nirgends, auch nicht in seinem späteren, 340/1 verfaßten

Bekenntnis an Julius von Rom38, das doch gerade dem Erweis seiner

Rechtgläubigkeit im Westen (!) und vor einer rein westlichen (!) Synode dienen

soll; hätte die Aufnahme des ομοούσιος ins nizänische Symbol 325 auf

abendländischen Einflüssen im Sinne einer Gleichung ομοούσιος = una

substantia beruht, dann hätte sich Markell 340/1 mit seinem Verzicht auf diesen

Begriff ein Argument entgehen lassen, wie es stichhaltiger, klarer und für die

abendländischen Begutachter seiner Theologie überzeugender nicht hätte sein

können.

Die These einer Identifizierung des ομοούσιος mit dem westlichen, auf Tertullian

zurückgehenden "una substantia" / "unius substantiae" ist somit unhaltbar.

35 Euseb., e.th. 1,1; Aber in dieser Diskussion richtet Euseb sich wiederum nicht gegen das ομοούσιος (das Markell ja auch gar nicht benutzte), sondern gegen μία ύπόστασις bzw. gegen Markells angebliche Auffassung von Sohnvater - υίοπάτωρ, vgl. FEIGE, Markell und Nizäa, 289f. 36 Eustathius, Fragm. 38 (107, 27-30 Spanneut). 37 Vgl. LORENZ, TRE 10 (1982), 545; DINSEN, I.e., 73. 83; FEIGE, I.e., 282. 38 Das Bekenntnis Markells, fr. 129, bei Euseb (GCS Euseb IV, 214f. Klostermann/Hansen). Zu den Umständen vgl. ausführlich mein Kapitel über die Synode von Serdika und ihre Vorgeschichte, s.u. unter 2.1.

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12 Erster Teil

1.2 ομοούσιος als Lehrentscheidung Kallists über Hippolyt und Sabellius

sowie in der römischen theologischen Tradition des 3. Jahrhunderts ?

Ohne sich an die These von der Identifikation des ομοούσιος mit dem

westlich-tertullianischen "unius substantiae" direkt wieder anzuschließen, ist im

Jahre 1979 BIENERT erneut für eine abendländische (genauer: römische)

Herleitung des nizänischen Stichwortes eingetreten. Da BIENERTs These den

z.Zt. prominentesten Versuch einer abendländischen Herleitung des Nizänums

darstellt, soll sie im folgenden näher geprüft werden.

Nach BIENERT ist die Aufnahme des ομοούσιος in das Nizänum nur dann

denkbar, wenn "es eine rechtgläubige Tradition in der vornicaenischen Kirche

oder in einer der großen Regionalkirchen gegeben"3' habe, die sich mit dem

Begriff ομοούσιος verband. Neben einer hohen Einschätzung der Bedeutung, "die

die kirchliche Tradition nicht zuletzt bei der Entwicklung rechtgläubiger

Theologie gegenüber den 'Neuerungen der Häresie'(!) in der alten Kirche

spielt"40, sieht sich BIENERT in seiner These insbesondere durch die Bemerkung

des Euseb von Caesarea in dessen Schreiben an seine Heimatgemeinde bestärkt,

er, Euseb, habe erfahren, daß bereits unter den Alten einige gelehrte und

berühmte Bischöfe und Schriftsteller den Begriff ομοούσιος zur Bezeichnung der

Gottheit von Vater und Sohn gebraucht hätten41.

Spuren dieser Tradition erblickt BIENERT im sog. Streit der Dionyse, in dem

der Begriff ομοούσιος in der Tat einmal auftaucht42; Dionys von Alexandrien

39 BIENERT, ZKG 90 (1979), 167; vgl. auch Anm. 67. 40 BIENERT, I.e., 165. 41 Das Argument bei BIENERT, I.e., 164; Der Text bei Euseb lautet: φ και αϋτψ τοΰτον έρμηνευ9·έντι τον τρόπον καλώς έχειν έφάνη συγκατα9·έσται, έπεί και των παλαιών τ ίνας λογίους και έπιφανείς επισκόπους καϊ συγγραφείς εγνωμεν έπί της τοΰ πατρός και υΐοΰ 9-εολογίας τφ τοΰ ομοουσίου συγχρησαμενους ονόματι. (Opitz III, 46, 3-6). Vgl. Ath., ep. Afr. 6, der die Bemerkung mit dem Streit der Dionyse in Verbindung bringt. DINSEN, I.e., 85 mit Anm. 6 denkt daneben an Tertullian, was ich wegen des oben unter 1.1. Dargelegten für völlig unwahrscheinlich halte. 42 Dionys von Alexandrien hatte 260 gegen 'sabellianische' Trinitätstheologie in Libyen Stellung genommen und dabei die Unterscheidung von Vater und Sohn stark betont bzw. etwas unglückliche Bilder zur Illustrierung seiner Sicht gewählt. Seine libyschen Gegner wandten sich daraufhin nach Rom (Ath., sent. Dion. 18,1); der dortige Bischof Dionys intervenierte und Dionys von Alexandrien antwortete mit einem Schreiben, in dem er seine Position teilweise revidierte. In jenem Schreiben

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 13

schreibt seinem Namensvetter aus Rom, er habe den Begriff früher nicht benutzt,

da er unbiblisch sei, sei aber nun in der Sache durchaus damit einverstanden43.

Zwar ist das όμοούσιος im Munde des Dionys von Rom nicht belegt44, die

Wendung des Alexandriners lege aber, so BIENERT, nahe, zu vermuten, daß der

Römer es vertreten habe45. Aus der am Streit der Dionyse sichtbar werdenden

Beziehung des Begriffs zu Sabellius und aufgrund der lapidaren Kürze, mit der

Dionys von Rom das Thema behandele, hält BIENERT es jedoch für

wahrscheinlich, daß sich Dionys von Rom seinerseits auf eine Entscheidung eines

seiner Amtsvorgänger, also auf eine noch ältere Tradition der römischen Kirche

stütze46. Zusätzliche Argumente für diese Sicht erblickt BIENERT darin, daß das

Wort όμοούσιος im griechischsprachigen Raum angesiedelt sei47, was für Rom

auf die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts weise, zumal auch die fehlende

Ableitbarkeit aus der Heiligen Schrift für einen älteren Ursprung spreche48.

Wegen seiner im Streit der Dionyse erkennbaren Verbindlichkeit stamme der

Begriff offensichtlich aus einer kirchlichen Lehrentscheidung; die erkennbare

Verbindung des Wortes mit dem Sabellianismus spreche dafür, diese

Lehrentscheidung im Votum Kallists über Hippolyt und Sabell49 zu sehen50, in

der der Bischof von Rom mit der (allerdings im Referat Hippolyts über die

Entscheidung nicht eigens erwähnten) schillernden Formel ομοούσιος einen

"rechtgläubigen Weg der Mitte"51 zwischen den zum Ditheismus neigenden

Ansichten Hippolyts und den modalistischen Anschauungen Sabells gefunden und

findet sich auch das ομοούσιος. Vgl. BIENERT, I.e., 168ff. - Zum Dionys-Zitat bei Athanasius vgl. nächste Anm. 43 Ath., sent. Dion. 18,2: είτα τοις ικνουμένοις και προσφυεστέροις ένδιέτριψα καϊ πλέον διεξήλ&ον περί των άλη9·εστέρων ποικίλα προσεξευρων τεκμήρια, απερ καϊ [σοι] δι' άλλης επιστολής έγραψα, έν οίς ήλεγξα καϊ ο προφέρουσιν έγκλημα, κατ' έμοΰ ψεΰδος όν, ώς ού λέγοντος τόν Χριστόν όμοοΰσιον είναι τψ &εφ. εί γαρ και τό ονομα τοΰτό φημι μή εϋρηκέναι μηδ' άνεγνωκέναι που των άγιων γραφών, άλλά γε τα επιχειρήματα μου τα έξης, α σεσιωπήκασι, της διανοίας ταύτης ούκ ΰπάιδει. (Opitz II, 59, 5-10). 44 Der Textauszug des römischen Dionys bei Ath., decr. 26.; vgl. hierzu ABRAMOWSKI, ZKG 93 (1982), 240ff. 45 BIENERT, I.e., 172. 46 Ebenda. 47 Zu den Problemen einer Übersetzung aus lateinischer Vorlage siehe oben unter 1.1. 48 BIENERT, I.e., 172. 49 Das einzige erhaltene Zeugnis über diese Entscheidung: Hippolyt, Ref. IX, 11, 1-4; 12, 15-19. 50 BIENERT, I.e., 172ff. 51 BIENERT, I.e., 173.

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14 Erster Teil

festgelegt habe: "Dort, wo die Entscheidung der römischen Kirche unter Kallist

als rechtgläubig anerkannt wurde, konnte man später an die rechtgläubige

Tradition des ομοούσιος anknüpfen"52.

Der Begriff ομοούσιος sei allerdings kaum positiv gefüllt und verdanke sich

keiner spekulativ entwickelten Theologie, sondern sei vielmehr Ausdruck einer

"schlichten, 'sabellianischen' Gemeindefrömmigkeit auf kirchenamtlicher

Grundlage"53. Als solcher habe er sich auch im Osten schrittweise durchgesetzt54

bis hin zu seiner Einfügung in das Symbol von Nizäa 325. Die notwendige

theologische Denkarbeit und damit die positive Füllung der Formel sei erst lange

nach Nizäa erfolgt, und zwar dann in der Tradition derjenigen Origenisten, die

schon 325 bereit gewesen waren, das ομοούσιος anzuerkennen55. Soweit die

These BIENERTs.

Gegen die von BIENERT vorgetragene Auffassung erheben sich schwerwiegende

Bedenken.

Die Annahme einer der Aufnahme ins Nizänum vorangehenden rechtgläubigen

Tradition des ομοούσιος ist schon deshalb in Frage zu stellen, weil eine solche

Tradition während der Verhandlungen in Nizäa, soweit sie für uns

rekonstruierbar sind, offenbar keine Rolle gespielt hat. Vor, während und auch

nach der Synode56 erfahren wir von solchen Argumenten nichts. Der Bericht

Eusebs in dessen Brief an seine Gemeinde berichtet ausführlich über die von

Konstantin veranlaßte Einfügung des ομοούσιος in den Text von Ν und von der

52 BIENERT, I.e., 174. 53 BIENERT, I.e., 175. 54 BIENERT, I.e., 171f. mit Anm. 89. 55 BIENERT, I.e., 175. 56 Die erste von zahlreichen abendländischen Teilnehmern besuchte Synode während des arianischen Streites, die von Serdika 342, benutzt in ihrem Symbol, dem sog. westliche Serdicense, das ομοούσιος nicht, was stark gegen eine westliche Tradition des Begriffes spricht. Deshalb STEAD, Divine Substance, 255: "It seems to me incredible that if homoousion really were an established expression of Western theology, this council and these authors should have refrained from pressing it upon the Eastern bishops". Bei BIENERT, I.e. 171f. mit Anm. 89 hat sich hier ein Mißverständnis eingestellt, da er STEADs Kommentar fälschlich auf die Synode der Origenisten in Antiochien 268 bezieht. Seine Kritik an STEADs Votum ist insofern gegenstandslos. - Die bei STEAD vorausgesetzte dogmengeschichtliche Einordnung des westlichen Serdicense ist allerdings m.E. so auch nicht haltbar, vgl. unten meinen Kommentar zum Serdicense.

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 15

entsprechenden kaiserlichen Auslegung und Begründung57; doch finden sich hier

nur "negative" Argumente, d.h. es wird erklärt, wie das ομοούσιος nicht zu

verstehen sei58. Konstantin oder sein abendländischer kirchlicher Berater Ossius

können sich also kaum positiv auf westliche Tradition berufen haben, sonst hätte

Euseb, der ansonsten kein kaiserliches Argument mitzuteilen versäumt, uns dies

überliefert. Die von BIENERT stark hervorgehobene Mitteilung des Euseb, er

habe erfahren, daß bereits unter den Alten einige gelehrte und berühmte

Bischöfe und Schriftsteller den Begriff ομοούσιος zur Bezeichnung der Gottheit

von Vater und Sohn gebraucht hätten59, hat in dem Bericht des Euseb von der

Entstehung der nizänischen Formel nicht von Ferne den Stellenwert, den

BIENERT ihr zubilligen möchte. Sie erscheint merkwürdig beiläufig ganz am

Ende des Berichts60 (soweit er das ομοούσιος betrifft), gleichsam als letzter

zusätzlicher Gesichtspunkt. Insofern hat das von Euseb in der Tat häufig und

stets in exponierter Stellung vorgebrachte Traditionsargument, das z.B. bei der

Verteidigung seines eigenen Bekenntnisses vor Kaiser und Konzil eine so zentrale

Rolle spielt", hier bei der Verteidigung seiner Hinnahme des Nizänums

gegenüber seiner Gemeinde ein geradezu auffällig geringes Gewicht. Und es ist

hier auch keineswegs über jeden Zweifel erhaben; denn daß Euseb erst auf dem

Konzil (mehr oder minder überraschend) erfahren haben (εγνωμεν, Aor.!62) soll,

daß sich mit dem ομοούσιος eine längere rechtgläubige trinitätstheologische43

Tradition verband, ist außerordentlich zweifelhaft angesichts der Tatsache, daß

es sich beim Bischof von Caesarea und Verfasser der Kirchengeschichte doch

sicher um den "dogmengeschichtlich" (zumindest, was den Osten betrifft)

57 Opitz III, Urk. 22,7. 58 In Eusebs eigener Stellungnahme zu seiner Annahme von Ν interpretiert er das ομοούσιος so, daß der Sohn dem Vater κατά πάντα τρόπον άφωμοιώσ&αι (Opitz III, 46,2), eine mit Bedacht so offen gewählte Wendung, daß uns keine näheren Rückschlüsse erlaubt sind. * S.o. Anm 41. 60 Opitz III, Urk. 22,10. 61 Κα&ώς παρελάβομεν παρά των προ ήμών επισκόπων και έν τη πρώτη κατηχήσει... (Opitz III, 43,5); ώς έν τφ πρεσβυτερίψ και έν αύτη τη έπισκοπη έπιστεΰομεν τε και έδιδάσκομεν :.. (L.C., 43,6f.); ούτως φρονεΐν και πάλαι ό'υτως έσχηκέναι ... (L.c., 43,20). 62 Opitz III, 46,5. 63 Das wird im Eusebbrief ausdrücklich behauptet: έπί της τοϋ πατρός και uioü 9-εολογίας (Opitz III, 46, 5f.).

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16 Erster Teil

bestinformierten Mann seiner Zeit gehandelt hat6*. Die Vermutung, daß der

unter massivem Rechtfertigungsdruck stehende Euseb das Traditionsargument in

einer absichtlich allgemein gehaltenen Form seinen Ausführungen anfügte, ohne

dabei konkrete Belege nennen zu können oder zu kennen, ist m.E. nicht von der

Hand zu weisen. Euseb konnte so seine Hinnahme des Nizänums wenigstens noch

durch eine allgemein gehaltene Berufung auf Tradition ein wenig plausibler

erscheinen lassen. Konkrete Hinweise finden wir nirgends. Aus diesem Grunde

ist es äußerst fragwürdig, in Eusebs beiläufiger Bemerkung ein "entscheidendes

Argument"65 in seinem Gedankengang zu erblicken und darauf die These einer

langen rechtgläubigen Tradition des ομοούσιος zu gründen.

Auch BIENERTs Beurteilung des Streites der Dionyse ist m.E. nicht haltbar.

Dionys von Alexandrien bezeugt zwar das ομοούσιος indirekt, er hat es aber, wie

sein Zitat zeigt66, nicht selber übernommen. Das derartiges (etwa aus Rom) von

ihm verlangt worden sei, erfahren wir nirgends. Gegen BIENERTs Vermutung,

der römische Dionys habe den Begriff als gültige Lehrentscheidung vorausgesetzt

oder seine Annahme verlangt, spricht die Tatsache, daß das Wort im Schreiben

des Bischofs von Rom eben nicht vorkommt67. Dieses Argument erhält v.a. dann

besonderes Gewicht, wenn man bedenkt, daß es Athanasius ist, der uns den

"römischen Text" mitteilt68, und das in seiner Schrift "De decretis synodis", die

er ja in der Intention verfaßt hat, die Wendungen έκ της ούσίας τοΰ πατρός und

ομοούσιος in Ν zu rechtfertigen. Hierzu bietet er decr. 25-27 eine Begründung

aus der Tradition. Wenn er dabei im Schreiben des Dionys von Rom den Begriff

64 So auch ABRAMOWSKI, ZKG 93 (1982), 245 mit Arnn. 18. Sie findet das Unwissen Eusebs so merkwürdig, "daß damit alles ins Zwielicht gerät". Ebenso SIMONETTI, VetChr 17 (1980), 89 mit Anm. 20. - Zum Aufbau der Bibliothek in Caesarea unter Origenes, Pamphilos und Euseb vgl. jetzt WINKELMANN, Euseb, 23ff. 30ff. 65 So m.E. zu Unrecht BIENERT, I.e., 167. 66 S.o. Anm. 43. 67 Schon LOOFS, FS K. MÜLLER, 72f., folgerte aus dem Text bei Dionys von Alexandrien, daß Dionys von Rom das ομοούσιος verfochten habe, obwohl das erhaltene Fragment das Wort "zufällig" nicht biete. 68 Decr. 26.

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 17

όμοούσιος nicht zitiert, heißt das m.E., daß er ihn nicht zitieren kann, Dionys von Rom ihn also nicht benutzt hat®.

Seit ABRAMOWSKIs Neubewertung der Korrespondenz zum Streit der Dionyse und ihrer Umdatierung der meisten Passagen auf das Jahr 341™ ist die gesamte Bewertung dieser Episode zudem in ein völlig neues Licht getreten. Auch wenn an dieser Stelle nicht im einzelnen auf ABRAMOWSKIs (mir weithin einleuchtende) Argumente zur Umdatierung der Texte eingegangen werden kann71, bleibt festzuhalten, daß dem ohnehin unsicheren Postulat BIENERTs durch eine solche grundsätzliche Neubewertung natürlich vollends der Boden entzogen würde72.

Die auf Basis des Dionysfragments von BIENERT postulierte ältere römische Tradition des ομοούσιος (Lehrentscheidung Kallists) erscheint mir schließlich als völlig unglaubwürdig. Für seine These, Kallist habe bei der Entscheidung zwischen Hippolyt und Sabell den Begriff όμοούσιος als Kompromißformel eingebracht, kann BIENERT nicht einen einzigen Beleg beibringen73. In den bei Hippolyt von Kallist überlieferten Glaubenssätzen findet sich der Begriff nicht74. Und auch aus inhaltlichen Gründen ist BIENERTs Vermutung ganz unwahrscheinlich: Denn nach allem, was wir aus dem Hippolyt-Text (und damit aus dem einzig uns erhaltenen Bericht über die Angelegenheit) erfahren, scheint

® Gegen LOOFS, I.e., 72f. 70 Dionys von Rom ( t 268) und Dionys von Alexandrien ( t 264/5) in den arianischen Streitigkeiten des 4. Jahrhunderts, ZKG 93 (1982), 240-272. 71 Vgl. aber meine Notiz zum Serdicense s.u.S. 61 mit Anm. 214. - STEAD, RAC 16 (1992), 392, weist darauf hin, daß ABRAMOWSKIs These "bislang wenig Unterstützung gefunden hat", aber die Berufung auf die Mehrheitsmeinung ist sicher kein zwingendes Argument! - Eine kritische Auseinandersetzung mit ABRAMOWSKIs These bei FEIGE, Lehre Markells, 113ff.; vgl. auch PIETRAS, Greg. 72 (1991), 459ff. Zustimmung zu ABRAMOWSKI andererseits neuestens bei SEIBT, Markell, 145 (dort, I.e., 151f. mit Anm. 1245 auch eine kurze Auseinandersetzung mit der Sicht FEIGEs) und ders., Beobachtungen zur Verfasserfrage der pseudathanasianischen "Expositio fidei", in: Logos. FS für L. ABRAMOWSKI, Berlin/New York 1993, 281-296. 72 So ABRAMOWSKI, I.e., 254ff. mit Anm. 59, die BIENERTs These "von vornherein als unhaltbar" betrachtet. 73 Dies moniert auch SIMONETTI, VetChr 17 (1980), 87. - Basilius, ep. 9,2, spricht davon, daß Sabell das Wort auf das Verhältnis Vater /Sohn angewendet habe, doch davon wissen die älteren Zeugnisse nichts, wie BIENERT, I.e., 170f. selbst einräumt. 74 Hippolyt, Ref. IX, 12. - Vgl. SIMONETTI, VetChr 17 (1980), 87.

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18 Erster Teil

Kallist eine Position vertreten zu haben, die sich gegen den "Ditheismus"75

Hippolyts scharf abgrenzt und ihm gegenüber die göttliche Einheit betont76; die

Abgrenzung Kallists gegen Sabell scheint dagegen weit weniger scharf ausgefallen

zu sein77. Dies widerspräche BIENERTs Annahme eines (in den Quellen nicht

belegten) ομοούσιος als etwaiger Kompromißformel und "rechtgläubigen Weg(es)

der Mitte". Ist es aber richtig, Kallist auf Seiten derer zu sehen, denen an der

Betonung der Einheit Gottes in besonderem Maße gelegen ist ("schlichte

sabellianische Gemeindefrömmigkeit"), dann ist es in höchstem Maße

unwahrscheinlich, daß er sich zur Kennzeichnung seiner Position ausgerechnet des

Begriffes ομοούσιος bedient haben sollte. Denn im vortrinitarischen Gebrauch

der Neuplatoniker und Gnostiker meint das Wort ja gerade die Gleichartigkeit

oder Einheit mit dem gemeinsamen Ursprung zweier Subjekte oder Größen, wie

DINSEN78 ausführlich gezeigt hat. Dann aber hätten die Vertreter einer strengen

Einheit in der Trinität wie Kallist keinen Grund gehabt, ausgerechnet diesen

Begriff positiv in den kirchlichen Gebrauch einzuführen79.

Es sei hier am Rande auch noch einmal daran erinnert, daß auch der gegen

das ομοούσιος polemisierende Arius vor Nizäa gerade keinen Zusammenhang

zwischen dem von ihm verworfenen Begriff und der "Häresie Sabells" herstellt80.

Eine Koinzidenzzwischensabellianisierendentrinitätstheologischen Vorstellungen

und dem Begriff ομοούσιος ist weder bei Arius noch im Streit der Dionyse noch

im Konflikt um Hippolyt belegbar; auch ist sie nach dem wenigen, was wir aus

der Vorgeschichte des Wortes wissen, keinesfalls als wahrscheinlich anzusehen.

75 Hippolyt, Ref. IX, 11,3: άπεκάλει ήμας δι&έους (Hippolyt, Refutatio omnium haeresium, 350, 23 Marcovich); Ref. IX, 12,16: δί&εοί έστε (I.e. 353, 78). 76 Ref. IX, 12,17: εν και το αυτό (353, 85 Marcovich). Vgl. Ref. IX, 12, 16. Kommentierend BIENERT, I.e., 173. 77 Sojedenfalls die (allerdings ihrerseits von polemischen Verzerrungen durchsetzte) Sicht Hippolyts, der ihm Sabellianismus vorwirft: Ref. IX, 12,19: ποτέ μεν εις τό Σαβελλίου δόγμα εμπίπτων, ποτέ δέ είς τό Θεοδότου οϋκ αιδείται (354, 97f. Marcovich); vgl. Ref. IX, 11,1. 78 Homoousios, 4ff. - Zur Bandbreite möglicher Verständnisse des Begriffs vgl. auch STEAD, Divine Substance, 246ff. u.ö. 79 Das Argument bei ABRAMOWSKI, I.e., 254ff. mit Anm. 59, hierin unter b). 80 So sein Bekenntnis an Alexander, Opitz III, Urk. 6; die Stelle I.e. 12, l l f . - Vgl. oben S. lOf. mit Anm. 32f. Zur Kommentierung STEAD, Divine Substance, 243f.

Page 31: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 19

1.3 Zur Rolle der westlichen Teilnehmer in Nizäa

Fragt man schließlich nach den äußeren Kriterien, die für eine westliche

Herleitung von Ν sprechen könnten, so stellt sich zunächst die Frage nach den

Teilnehmern der Synode bzw. den durch sie vertretenen Provinzen und Regionen.

Die Zahl der am 20. Mai 325" in Nizäa zur Synode zusammengetretenen

Bischöfe ist nicht sicher auszumachen; Synodalprotokolle besitzen wir nicht. Nach

Angaben des Athanasius waren 318 Bischöfe zugegen82, doch ist diese Zahl mit

Sicherheit legendär®. Andere Quellen sprechen von über 25084, 27085 bzw.

300" und 31587 Bischöfen. Die Bischofslisten weisen 221 Teilnehmer aus88, sind

aber nur unvollständig erhalten8®. Vermutlich wird man von etwas über 250

Teilnehmern ausgehen können. Von diesen sind insgesamt nur 6 Bischöfe aus

dem Westen sicher bezeugt: Ossius von Cordoba90, Vicentius und Victor als

Vetreter des Bischofs von Rom", ein Bischof Markus aus Kalabrien92, Caecilian

von Karthago93, ein gewisser Domnus aus Pannonien94, und ein Nikasius aus

81 Anders BARNES, Constantine and Eusebius, 215 ("beginning of June"). 82 Ath., ep. Afr. 2; ebenso Hilarius, Syn. 68 und Liberius von Rom (siehe nächste Anm.). m Vgl. Gen 14,14ff. - Die Zahl ist offensichtlich der Zahl der Knechte Abrahams, die einst die Heere feindlicher Könige geschlagen und dabei Lot befreit hatten, legendarisch nachgebildet. Vgl. AUBINEAU, RHE 61 (1966), 5-43 und CHADWICK, RHE 61 (1966), 808-811. Die Verbindung zu Gen 14,14 wird schon im Liberiusbrief über die Kirchengemeinschaft mit den (366 das Nizänum akzeptierenden) Homöusianern ausdrücklich hergestellt, vgl. Socr., h.e. IV,12. 84 Euseb, V. C. 111,7. 85 Eustathius bei Thdt., h.e. I, 8,1-5. 86 Konstantin an die Gemeinde in Alexandrien (Opitz III, Urk. 25,5). Vgl. Hil., Coli, antiar. Paris. Β II, 9, 7. 87 Mar. Vict., Adv. Ar. 11,9. 88 So die Rekonstruktion einer griechischen Liste durch GELZER; Patrum Nicaenorum Nomina, ed. GELZER/HILGENFELD/CUNTZ, Leipzig 1898. Die rekonstruierte Liste LXff. HONIGMANN, Byz. 14 (1939), 44ff. mit einer Korrektur Byz. 16 (1942/3), 22, rekonstruiert gegenüber der Liste der 221 eine kürzere Liste von 194 Namen, die er für die ursprünglichere hält, doch ist dies zweifelhaft. SCHÄFERDIEK, ZKG 90 (1979), 287f. hat für das Beispiel des Theophilus von Gotien gezeigt, daß das Fehlen dieses Namens in der kürzeren Liste sekundär ist. 89 Vgl. v.a. Patrum Nicaenorum Nomina (vgl. vorige Anm.) und dazu EOMIA 1/1, ed. TURNER, Oxford 1899, 35ff. 90 In der von GELZER rekonstruierten Liste (I.e. LXff.) unter Nr. 1; Vgl. EOMIA 1/1, 36f., Nr. 1. 91 Bei GELZER, I.e., unter Nr. 1; vgl. EOMIA 1/1, 36f., Nr. 2. Sylvester ist nur durch seine zwei Presbyter vertreten, die zusammen mit Ossius von Cordoba unter Nr. 1 aufgeführt sind. Deren Rolle wird bei KÖTTING, Teilnehmer, 2, weit überschätzt. 92 Ebenda unter Nr. 206; vgl. EOMIA 1/1, 84f., Nr. 205. 93 Ebenda unter Nr. 208; vgl. EOMIA 1/1, 84f., Nr. 207.

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2 0 Erster Teil

Gallien95. Ob und wie viele weitere Teilnehmer aus dem Westen zugegen

gewesen sind, wissen wir nicht. BIENERT nennt eine Zahl von etwa 100

Vetretern aus dem Westen96, indem er sich auf die Notiz in den lateinisch und

syrisch überlieferten Bischofslisten beruft, daß auf der Liste die Namen der

westlichen Teilnehmer mit Absicht ausgelassen worden seien97. Doch ist diese

Bemerkung mit größten Vorbehalten zu betrachten, hat sie doch, wie

SCHÄFERDIEK98 gezeigt hat, deutlich die Funktion, die Differenz zwischen der

tatsächlichen Teilnehmerzahl und der idealisierenden Zahl 318 verständlich zu

machen99. Deshalb ist es methodisch fragwürdig, beim Versuch einer

Bestimmung der westlichen Teilnehmerzahl in Nizäa über die sicher bezeugte

Zahl von 6 erheblich hinauszugehen. Vielmehr ist als gesichert anzunehmen, daß

der Anteil der westlichen Bischöfe auf dem Konzil von 325 deutlich unter 10%

gelegen hat, zahlenmäßig also sehr gering zu veranschlagen ist.

Eine etwas andere Frage ist die nach dem theologischen und religionspolitischen

Gewicht der wenigen westlichen Teilnehmer auf der Synode in Nizäa. Während

man hierbei die Rolle der Abendländer generell eher gering wird veranschlagen

müssen (auch BIENERT spricht von einer "Statistenrolle"100), stellt sich doch

andererseits im Falle des Ossius von Cordoba101 in seiner Eigenschaft als

kaiserlicher Berater in Kirchendingen die Frage, inwiefern er bei den stark vom

Kaiser geprägten Verhandlungen und bei dem aus diesen Beratungen

hervorgegangenen Bekenntnis seine Hand mit im Spiel gehabt und dabei auch

westliche theologische Einflüsse zur Geltung gebracht haben könnte. Immerhin

94 Ebenda unter Nr. 217; vgl. EOMIA 1/1, 90f., Nr. 215. 95 Ebenda unter Nr. 218; vgl. EOMIA 1/1, 90f., Nr. 216. 96 L.c., 160. 97 Z.B. Patrum Nicaenorum Nomina, 57: "Occidentalium uero nomina ideo non sunt scripta, quia nulla apud eos heresis suspicio fuit". Die Notiz taucht so und ähnlich in einer größeren Anzahl der erhaltenen Listen auf und ist der nizänischen Liste wohl schon sehr früh zugewachsen, vgl. SCHÄFERDIEK, ZKG 90 (1979), 288. 98 L.c., 287f. (Exk. 1). 99 Die Kurzformen der erhaltenen Listen sind allerdings gegenüber den ausführlicheren sekundär, vgl. SCHÄFERDIEK, I.e., 288 gegen HONIGMANN, Byz. 14 (1939), 17ff. 44ff. 100 L.c., 160. 101 "Der führende Theologe des Westens auf dem Konzil von Nizäa", BIENERT, I.e., 156. - Zu Person und Werk des Ossius vgl. unten mein Kapitel 3 in dieser Arbeit.

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 21

bezeichnet Athanasius die fides nicaena ausdrücklich als Arbeit des Ossius von

Cordoba102. Allerdings erheben sich auch hiergegen einige Zweifel: Basilius

nennt Hermogenes, den späteren Bischof von Caesarea/Kapp. als Verfasser von

N'03. Und Eusebs Bericht von den Vorgängen in Nizäa weist ganz eindeutig den

Kaiser als diejenige Person aus, die das Wort ομοούσιος sowohl vorschlägt104 als

auch erläutert105; daß sich hinter dem Handeln des Kaisers die Initiative des

Ossius verbirgt, ist nach den von Euseb überlieferten Nachrichten eher

unwahrscheinlich106. Zudem ist es angesichts der Quellenlage generell höchst

problematisch, den spanischen Bischof auf irgendeine klare theologische Position

festzulegen; zu unterschiedlich sind die Bekenntnisformulierungen, die er im

Laufe seiner Karriere unterschrieben bzw. mitverfaßt hat. Sein unbestritten hohes

Ansehen gründete sich offenbar v.a. auf die Tatsachen, daß er in der

diokletianischen Verfolgung confessor gewesen war und daß er in unmittelbarer

Umgebung des Kaisers tätig war107. Eine invariable, etwa westlich geprägte

trinitätstheologische Position des Ossius ist jedoch nicht auszumachen. Ich

verweise hierzu auf meine ausführliche Argumentation unten in Kapitel 3 dieser

Arbeit.

Eine abendländische Herleitung des Nizänums von 325 einschließlich seines

Stichwortes ομοούσιος muß somit für ausgeschlossen gelten. Das Nizänum ist in

seiner Gesamtheit vielmehr als ein östliches Bekenntnis108 zu verstehen, in dem

102 H. Ar. 42,3: ούτος και την έν Νιχαί* πίστιν έζέ&ετο (Opitz II, 206, 31). 103 Darauf weist auch BIENERT, I.e., 155 Anm. 20, hin; Die Basiliusstelle ep. 81; vgl. ep. 263,3; 244,9. 104 ένός μόνου προσεγγπαφέντος ρήματος τοϋ ομοουσίου (Opitz III, 44, 3f.). 105 και αυτός ερμήνευε λέγων (Opitz III, 44, 4ff.). 106 Darauf hat STEAD, Divine Substance, 252f., aufmerksam gemacht. Euseb spricht offensichtlich abwertend von denen, οι δε προφάσει της τοϋ ομοουσίου προθήκης τήνδε τήν γραφήν πεποιήκασιν (Opitz III, 44, 8f.). Ossius dagegen stellt er höchst postitv als Friedensstifter dar: v.C. 2,63 (GCS Euseb 1/1, 73, 19f. Winkelmann): ανδρα λαμπρυνόμενον ευ μάλα ταΓς υπέρ εϋσεβείας ομολογίας ...; (I.e. 73,21): βραβευτήν ειρήνης. 107 Vgl. hierzu HANSON, Search, 170. 108 Das von Euseb selbst vorgelegte Bekenntnis aus Caesarea ist allerdings wohl nicht Vorlage für Ν gewesen, wie KELLY, Glaubensbekenntnisse, 216ff., gezeigt hat; bestätigend BIENERT, I.e., 166f. mit Anm. 66, kritisch HOLLAND, ZKG 81 (1970), 179. Die entsprechenden Bemerkungen Eusebs in seinem Brief an seine Gemeinde (Opitz III, Urk. 22,1.7) meinen nur, daß sein Symbol inhaltlich mit dem in Nizäa angenommenen in Einklang stehe. KELLY sah als Vorlage von Ν ein lokales "Taufbekentnnis syrisch-palästinensischer Provenienz (I.e., 229), bestätigend BEYSCHLAG,

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2 2 Erster Teil

sich die origenistischen Kreise um Alexander von Alexandrien und die Vertreter

einer Einhypostasenlehre wie Eustathius oder Markeil10® zu einer kurzfristigen

antiarianischen theologischen Koalition zusammenfanden110 bzw. auf kaiserliches

Ansinnen hin zusammenfinden mußten; abgesehen davon, daß es dem Arianismus

widersprach, bot das hierbei entstandene Formular jedoch durchaus noch ein

breites Interpretationsspektrum111 und ließ für den positiven trinitarischen

Gebrauch viele Fragen offen112. Für Alexander bedeutete die Annahme des

Nizänums den Verzicht auf die ihm sonst völlig geläufige Abbildtheologie und

Mehrhypostasenlehre, mit der er sich von Arius letztlich nicht deutlich genug

abzugrenzen vermocht hatte. Mit dem nizänischen Anathema έξ έτέρας

υποστάσεως η ουσίας war der Weg zu einer (im Grunde der breiten Mehrheit

der bisherigen theologischen Tradition entgegenlaufenden) Einhypostasenlehre

beschritten. Für deren genuine Vertreter, Eustathius und Markellus, war dies

jedoch noch nicht weitgehend genug113, da das Symbol von Nizäa den

Origenismus und damit die Lehre von der Mehrzahl der Hypostasen noch

keineswegs völlig ausschloß1". Noch konnten die Theologen aus dem Lager

Grundriß 1,272; SKARSAUNE ist 1987 (VigChr 41 [1987], 34-54) für eine alexandrinische Herkunft eingetreten, was mir nicht sehr wahrscheinlich vorkommt, da dies das jahrzehntelange Schweigen des Athanasius über Ν vollends unverständlich machen würde. Auch übergeht SKARSAUNE die Tatsache, daß in Ν die Abbildtheologie des (alexandrinisch geprägten) Antiochenums vom Frühjahr 325 gänzlich weggefallen ist. - STEAD, RAC 16 (1992), 410, erklärt zur Frage der Herkunft des Nizänums lapidar: "Sein Ursprung ist unbekannt." Ähnlich unentschieden GRILLMEIER, Jesus, 406. 109 Daß man jedoch auch Eustathius und Markeil nicht einfach auf ein und derselben Linie sehen darf, sondern auch hier Differenzierungen erforderlich sind, hat neuerdings SEIBT, Markell, gezeigt; I.e., 425f. mit Anm. 347 gibt er eine knappe Aufstellung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten der beiden Theologen. 110 Vgl. SIMONETTI, Crisi, 94f. 111 Vgl. STEAD, I.e., 246ff. - HANSON, Search, 172, mit Recht: "It was more like a drawn battle". 112 Vgl. PERSON, Mode, 113: "The bishops at Nicaea limited themselves to the rejection of a theology that saw the Son as less than God and the affirmation of the full divinity of the Son." Und I.e. 109: "The doctrine of the trinity was therefore not defined at Nicaea but left open for further development". 113 Dies geht aus der Bemerkung des Eustathius über das Konzil klar hervor: τινές έκ συσκευής, τοΐίνομα προβαλλόμενοι της ειρήνης, κατεσίγησαν μεν άπαντας τους άριστα λέγειν εϊω&ότας (Thdt., h.e. I, 8,3 [GCS Theodoret 34, 9-11 Parmentier]). Daß man demnach auch den (unbestritten vorhandenen) Einfluß Markells auf die Erstellung von Ν nicht zu hoch bewerten darf, hat jüngst FEIGE, Markell und Nizäa, 277ff., treffend dargelegt. LOGAN, JThS.NS 43 (1992), 445f. versteht demgegenüber Ν ganz als Triumph der Markell und Eustathius, geht aber dabei auf die Eustathiusstelle bei Theodoret nicht ein. 114 Über das Anathema έξ έτέρας υποστάσεως ή ουσίας vgl. ausführlich HANSON, I.e., 167; SIMONETTI, I.e., 136.

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 23

Eusebs von Caesarea das Verbot des έξ ετέρας υποστάσεως η ουσίας ganz

einfach mit έκ τοΰ πατρός deuten115, einer Wendung, die sich ja bekanntlich

auch bei Arius fand116.

Das ομοούσιος von Nizäa ist als ein - in der Tat nicht positiv gefüllter - Begriff

ohne klaren Bedeutungsgehalt anzusehen117, der seine Einfügung in das Symbol

durch die Person des Kaisers Konstantin wohl vornehmlich der Tatsache

verdankt, daß Arius ihn dezidiert abgelehnt hatte118. Dafür spricht v.a., daß das

Wort abgesehen von den Belegen bei Arius vor dem Konzil kaum belegt ist119

und auch lange Jahre nach Nizäa keinerlei erkennbare Rolle spielt. Die

Annahme einer längeren rechtgläubigen Tradition des ομοούσιος vor 325 führt

dagegen in die Irre. Entsprechende Vermutungen gar unter Hinweis auf westliche

theologische bzw. kirchenamtliche Entscheidungen sind nicht zu belegen und v.a.

aus den dargelegten Gründen sogar als höchst unwahrscheinlich anzusehen.

"The Western Church, before as well as after 325, remained blessedly aloof from

the bitter Arian Controversy. Even the decisions of the Council of Nicaea, despite

their tremendous importance for the future of Christianity, barely caused a stir

115 Opitz III, Urk. 22,13. 116 Opitz III, Urk. 6,4. 117 Vgl. jetzt STEAD, RAC 16 (1992), 411: "Die genaue Bedeutung von ομοούσιος im nizänischen Credo ist folglich nicht nur schwer auszumachen, sondern es ist auch vergeblich, sie zu suchen." 118 So schon Ambrosius, De Fide 111,15,125. Natürlich läßt sich hier keine völlige Sicherheit gewinnen. Schon LOOFS, Nicänum, 80, hielt die Ambrosiusstelle für einen "zu schwachen Haken", um an ihn "ein so wichtiges Geschehen aufzuhängen. Dennoch halte ich die These für die nach wie vor am wenigsten unwahrscheinliche. Sie wird ausführlich begründet bei BAYNES, Constantine, 21 mit Anm. 63; RICKEN, ThPh 44 (1969), 334; STEAD, Divine Substance, 251 in Kombination mit anderen Theorien. Zur ihrer Stützung sollte man m.E. auch auf das Argument der Homöusianer aufmerksam machen, das diese auf der 3. sirmischen Synode von 358 gegen das ομοούσιος vorbringen: "Quia in synodo, quae apud Nicaeam fuit, coacti patres nostri propter eos qui creaturam Filium dicebant, nomen homousii indidissent: quod non recipiendum idcirco sit, quia nusquam scriptum reperiretur"; Hil., Syn. 81 (PL 10, 534 B). Hilarius nimmt dieses Argument Syn. 83 voll auf. Vgl. hierzu unten unter 4.3. meine Ausführungen zu Hilarius. 119 Ausführlich hierzu DINSEN, I.e., 16ff. 57ff.; STEAD, RAC 16 (1992), 364ff. Zum Beleg bei Dionys von Alexandrien s.o. unter 1.2. und ABRAMOWSKI, ZKG 93 (1982), 240ff. Der Bericht von der Verurteilung des Paul von Samosata in Antiochien 268 wegen des ομοούσιος gehört in die späten 50er Jahre des 4. Jahrhunderts, wie BRENNECKE, ZNW 75 (1984), 270-290, gezeigt hat, bestätigend STEAD, I.e., 394ff.

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24 Erster Teil

in the West"120. Diese Aussage DE CLERCQs trifft präzise die merkwürdige

Situation, daß der Westen auch in der Zeit nach 325 von den Wirren und

Streitigkeiten, die seit 318 in Windeseile den gesamten Ostteil des Imperium

Romanum erfaßt hatten, praktisch unberührt blieb.

Die Konflikte um die Rehabilitierung des Arius121 und um die Absetzung einiger

Bischöfe in der Phase nach dem Konzil von Nizäa122 schlugen sich im Westen

zunächst nicht nieder.

Auch der Fortgang der dogmatischen Streitigkeiten spielte sich in den

folgenden 15 Jahren weiterhin im Osten ab. Markell von Ankyra entfachte eine

breite literarische Auseinandersetzung mit der eusebianischen Theologie, die er

in Nizäa noch nicht völlig auszuschließen vermocht hatte123. Eustathius von

Antiochien verfaßte eine Homilie über Prov 8,22 (den locus classicus der

Arianer) und trat in schriftlichen Disput mit Euseb von Caesarea ein124.

Das Abendland blieb von alldem zunächst völlig unberührt. Von Sylvester von

Rom, der Vicentius und Victor nach Nizäa entsandt, aber damit natürlich auf

Verlauf und Entscheidungen des Konzils keinen weiteren Einfluß genommen

hatte, ist nichts Näheres bekannt; auch sonst war er offenbar nicht in Konstantins

Aktivitäten involviert125. Über seinen Nachfolger des Jahres 336, Markus, wissen

wir nichts.

120 DE CLERCQ, Ossius, 290. 121 Nach MARTIN, RHE 84 (1989) 297-333 wäre Arius bis 335 im Exil gewesen; Nach WILLIAMS, I.e., 74ff., könnte Arius dagegen von einer bithynischen Synode begnadigt worden sein und die Jahre 325-335 in Libyen verbracht haben. In den genannten Arbeiten finden sich ausführliche Bewertungen der für diese Fragen relevanten Quellen. - Die vielfältigen chronologischen Probleme können im Rahmen der Fragestellung dieser Arbeit nicht behandelt werden. Die Forschungslage ist, sonderlich nach dem o.g. Aufsatz von MARTIN, (abermals) als völlig offen zu betrachten. 122 Eustathius von Antiochien wohl 327 (Ath., hAr. 4; Philost., h.e., 11,7; Socr., h.e. 1,24; Soz., h.e. II,19,1; Thdt., h.e. 1,21,19; zur unsicheren Datierung vgl. LORENZ, TRE 10 (1982), 544); Asklepas von Gaza (Ath., apol. sec. 45,2; hAr. 5; Socr., h.e. 11,15; Soz., h.e. 111,8,1; das Absetzungsdatum ist unsicher; vgl. hierzu den Exkurs über die Datierung der Synode von Serdika in dieser Arbeit unter 2.1.1.); zu den späteren Absetzungsurteilen gegen Athanasius und Markell siehe unten unter 2.1.1. 123 Eine neue Anordnung, Übersetzung und ausführliche Kommentierung der aus dieser Auseinandersetzung erhaltenen Fragmente Markells bei SEIBT, Markell, 210ff. 124 Socr., h.e. 1,23,8; Soz., h.e. II,18,3f.; vgl. LORENZ, I.e., 544; SELLERS, Eustathius, 27. 31. 36. Die erhaltenen Eustathiusfragmente bei SPANNEUT, Recherches. 125 Vgl. STUDER, EECh 2 (1992), 802.

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1 Zur These der westlichen Herleitung des Nizänums 25

Ossius von Cordoba, kaiserlicher Berater und sicher die bedeutendste Figur

unter den wenigen westlichen Vertretern in Nizäa, verließ den kaiserlichen Hof

und kehrte nach Spanien zurück, ohne daß wir über die Gründe für diesen

Rückzug Aussagen machen könnten126. An der theologischen Debatte jedenfalls

ist Ossius für gut 15 Jahre nicht mehr beteiligt.

Bei Caecilian von Karthago ist die Nachricht über seine Teilnahme in Nizäa

das letzte, was wir überhaupt von ihm erfahren. Über Markus, Domnus und

Nikasius liegen keine Notizen vor.

So dauert es bis zur zweiten Hälfte der 30er-Jahre, bis der Westen, äußerlich

veranlaßt durch die Exilsaufenthalte des Athanasius und Markells sowie die durch

die Reichsteilung nach dem Tode Konstantins des Großen völlig veränderte

politische Situation1", deutlicher in die Auseinandersetzungen eintritt. Es sind

die Bischöfe Julius von Rom128 und Maximin von Trier129, und mit ihnen eine

größere Anzahl von Bischöfen aus Diözesen des Abendlandes, darunter dann

auch wieder in führender Position Ossius von Cordoba, die nun, praktisch als

erste Vertreter des Westens, massiv mit den dogmatischen und kirchenpolitischen

Entwicklungen konfrontiert werden.

Ihr Eintreten in den Streit gehört bereits in das weitere Vorfeld der Synode von

Serdika, auf der, immerhin 17 Jahre nach der Reichssynode von Nizäa, nun

endlich auch größere Teile des Westens unmittelbar in die im Osten bereits seit

318 währende Kontroverse eingreifen, besser gesagt hineingezogen werden

sollten.

126 Die Vermutung, er sei wegen seiner angeblich unbestechlichen Haltung zu Nizäa anläßlich der Wiederannäherungspolitik Konstantins an die theologischen Positionen Eusebs in Ungnade gefallen (vorsichtig vertreten bei DE CLERCQ, I.e., 289, dort, 286ff. auch die Auseinandersetzung mit der älteren Literatur) scheitert daran, daß Athanasius den Bischof von Cordoba bei seiner Aufzählung der Opfer arianischer Intrigen nach 325 (fug. 3; h. Ar. 4-7) nicht nennt. Vgl. ausführlich mein Ossiuskapitel unten unter 3. 1Z! Siehe hierzu unten unter 2.1. 128 Zu Julius vgl. CAVALCANTI, EECh 1 (1992), 460. 129 Zu Maximin vgl. SAXER, EECh 1 (1992), 546.

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2 Die Synode von Serdika

Ein theologischer Gegensatz zwischen Ost und West im (zunächst ganz im Osten

angesiedelten) arianischen Streit tritt anläßlich der gescheiterten Synode von

Serdika 342 und ihrer Vorgeschichte offen zutage. In Serdika wurden von Ost und

West1 zwei inhaltlich einander ausschließende theologische Erklärungen

formuliert2; die Vertreter der streitenden Parteien verdammten und

exkommunizierten die Meinungsführer der jeweils anderen Partei3. Auch wenn

das Schisma von Serdika nicht endgültig war, so sollte doch die sich aus der

gescheiterten Synode ergebende Konstellation im weiteren Verlauf des Streites

über längere Zeit eine entscheidende Rolle spielen4. Unabhängig von der Frage,

ob es sinnvoll ist, vom Schisma von Serdika aus eine gerade Linie zur endgültigen

Trennung in West- und Ostkirche im Jahre 1054 zu ziehen", hat doch zweifellos

1 Ich behalte die traditionelle Redeweise von Ost und West bzw. Morgen- und Abendland im Zusammenhang mit der Serdikasynode in Ermangelung einer besseren Terminologie bei, mache aber darauf aufmerksam, daß der Ausdruck "westlich" aus Gründen, die mit dem theologischen Hintergrund des Serdicense und mit der Herkunft der Teilnehmer der Synode zusammenhängen, nur eingeschränkt verwendbar ist, vgl. hierzu meine Ausführungen unter 2.2.3 und den anschließenden Exkurs. MARKSCHIES, Italien, 13, bezeichnet das Serdicense "klassisch" als "das erste westliche Bekenntnis im 'arianischen Streit'" (Kursivdruck MARKSCHIES), schränkt aber ebenfalls ein: Der Text sei theologisch von Markell geprägt, er zeige aber doch, "wie die Abendländer dachten". Insofern handele es sich "auch um ein 'klassisches Dokument westlicher Theologie' der Jahrhundertmitte" (MARKSCHIES, I.e., 13; Kursivdruck Vf.). Vgl. zum Problem auch die Warnung von TETZ, ZNW 76 (1985), 243: "Man weiß, daß sich nicht einfach Osten und Westen, nicht Morgen- und Abendländer oder Griechen und Lateiner, auch nicht Origenisten und Antiorigenisten schieden". 2 Siehe hierzu unten S. 45ff. 3 Vgl. das westliche Synodalschreiben mit Ekthesis sowie die östlichen Pendants, zum Ganzen s.u.S. 45ff. 4 Vgl. LOHR, Entstehung, 24. 5 LIETZMANNs zusammenfassende Wertung der Ereignisse von Serdika ist für diese Sichtweise gleichsam repräsentativ geworden: "Das kirchliche Schisma war Tatsache geworden. Zum erstenmal in der Kirchengeschichte schieden sich Osten und Westen durch feierliche Beschlüsse voneinander, und es waren nicht bloß kirchenpolitische Gegensätze, die in dieser Spaltung ihren Ausdruck fanden, sondern auch die in Formeln sich unklar ausdrückende Verschiedenheit des theologischen Denkens, und in mancher Beziehung auch des religiösen Empfindens, der abend- und der morgenländischen Christenheit. Von Serdika bis zu dem Trennungsakt des Jahres 1054 läuft eine gerade Linie." Geschichte der Alten Kirche III, 202. Vgl. in neuerer Zeit etwa FREND, Liberty, 7, oder BARNARD, HeyJ 20 (1979), 243.

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2 Die Synode von Serdika 2 7

Geltung, was die Kirchenhistoriker des 5. Jahrhunderts als Ausgang der Synode

von Serdika festgehalten haben: Διεσπατο ούν της ανατολής ή δύσις6.

Zum Verständnis der Konstellation von Serdika ist es unerläßlich, sich die

politischen, kirchenrechtlichen und kirchenpolitischen Voraussetzungen zu

vergegenwärtigen. Zwar kann die ein wenig einseitige Auffassung von

SCHWARTZ, daß auch die theologischen Verlautbarungen der Synode(n) rein

unter kirchenpolitischem Aspekt zu interpretieren seien7, heute als überholt

gelten8; gleichwohl liegt die particula veri dieser These in der Tatsache, daß die

politischen und kirchenpolitischen Aspekte der Entwicklung von 337-342

entscheidend zum Schisma von 342 beigetragen haben'. Aus diesem Grunde ist

es an dieser Stelle unverzichtbar, auf Vorgeschichte und Verlauf der Synode von

Serdika einzugehen. Da jedoch die Synode und ihre Vorgeschichte besonders

durch die Arbeiten von BARNARD10 erst vor kurzem eingehend behandelt

worden sind und sich zudem in einigen neueren Monographien (im Rahmen

weitergehender Untersuchungen) Darstellungen zur Vorgeschichte und

Geschichte der Synode finden11, sollen diese Fragen in der vorliegenden Arbeit

nur kurz und insoweit aufgenommen werden, wie es für das Verständnis der

entstehenden theologischen Differenzen zwischen Ost und West erforderlich ist.

6 Socr., h.e. 11,22,2 (240f. Hussey); Vgl. Soz., h.e. 111,13,1. 7 Vgl. SCHWARTZ, ZNW 30 (1931), 6 mit Anm.2. 8 Schon SCHNEEMELCHER, Serdika, GA, 354f., hat im Bück auf die den Synodalschreiben beigefügten Glaubenserklärungen darauf aufmerksam gemacht, daß der aufgebrochene Gegensatz nicht zuletzt ein theologischer Dissens war. Auch beziehen sich beide Seiten bei ihren Verdammungsurteilen auf dieselbe Schriftstelle Gal 1,9; Vgl. Hil., Coll. ant. Par. A IV,1,2,4 (Ost) bzw. Β 11,1,8,3 (West). 9 Daneben haben JUGIE, Le Schisme Byzantin, Paris 1949, hierin bes. 3-45 sowie W.H.C. FREND, I.e., 5-19 auch nachdrücklich auf die sich ständig verstärkenden Entfremdungsprozeß zwischen Ost und West im sprachlichen und kulturellen Bereich hingewiesen. Vgl. als beredtes Zeugnis hierfür die Briefe bei COURCELLE, Lettres. 10 Pope Julius, Marcellus of Ancyra and the Council of Sardica. A Reconsideration, RThAM 38 (1971), 69-79; East-West conciliatory moves and their Outcome in the Period 341-351 A.D., HeyJ 20 (1979), 243-256; The Council of Serdica: Some Problems re-assessed, AHC 12 (1980), 1-25; die vorangegangenen Studien aufnehmend und weiterführend v.a. die Monographie The Council of Serdica 343 A.D., Sofia 1983. 11 GIRARDET, Kaisergericht und Bischofsgericht, 106-154; BRENNECKE, Hilarius, 3-64; LOHR, I.e., 17-25.

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28 Erster Teil

2.1 Vorgeschichte und Verlauf der Synode von Serdika

2.1.1 Die Vorgeschichte

Der Tod Konstantins des Großen am 22. Mai 33712 brachte einen tiefgreifenden

Wandel der politischen Verhältnisse mit sich und stürzte das Reich in eine Krise;

es wird nunmehr unter den drei überlebenden Söhnen Konstantin II., Konstantius

und Konstans aufgeteilt: Konstantin II. erhielt Gallien, Spanien und Britannien,

Konstantius den Orient, Ägypten und die asiatischen Provinzen sowie Thrakien,

Konstans Italien, Afrika, Illyrien, Achaia und Mazedonien13.

Faktisch kann jedoch bereits im Jahre 337 nur von einer Zweiteilung des

Reiches ausgegangen werden, da Konstantin II. auch für das Territorium seines

noch minderjährigen Bruders Konstans die Gesetze erließ14; dabei ist zu

beachten, daß der Reichsteil, dem Konstantin II. faktisch vorstand, den des

Konstantius deutlich überwog (etwa drei Viertel des gesamten römischen

Reiches); und dieses Übergewicht kam umso deutlicher zum Tragen, als

Konstantius mit dem Orient auch noch die Herrschaft über das ständig von den

Persern bedrohte Gebiet übernommen hatte15.

Als der wohl von Anfang an nach der Alleinherrschaft strebende Konstantin II."

mit Hilfe militärischer Intervention17 versuchte, sich des Reichteils des Konstans

zu bemächtigen18, wurde er Ende März oder in den ersten Apriltagen 340 von

12 Euseb, v.C. IV,61,2; 64; Hieron., chron. ad 337; Socr., h.e. I, 39,2; 40,3; Vgl. KIENAST, Tabelle, 297; SEECK, Regesten, 184 und ders., GdU III, 390 mit Anm. 21. Konstantin hatte offenbar gerade vor, zu einem neuerlichen Feldzug gegen die Perser aufzubrechen, Vgl. Euseb, v.C. IV, 56,1. 13 So seit dem Treffen der Brüder vom August 337 in Pannonien. Zur geographischen Aufteilung vgl. KIENAST, I.e., 305-309 (hier ist das Kaisertreffen erst auf 338 datiert). Die anderen in Frage kommenden Thronanwärter waren durch die Verwandtenmorde an den Mitgliedern der Seitenlinie des konstantinischen Hauses aus dem Wege geräumt worden, vgl. Ath, hAr. 69. - Zu den Einzelheiten der Wirren um die Nachfolge Konstantins vgl. RADDATZ, Weströmisches Kaisertum, 17.f. und ausführlich KLEIN, ByF 6 (1979), 101-150. 14 Vgl. Zosim., Hist. II, 39; RADDATZ, I.e., 18. 15 Vgl. RADDATZ, I.e., 18. 16 Ausführlich hierzu DEMANDT, Spätantike, 82ff. und RADDATZ, I.e., 19ff. 17 Einmarsch in Oberitalien Frühjahr 340, vgl. Socr., h.e. 11,5; zum Ganzen RADDATZ, I.e., 31f. 18 Das Motiv für die militärische Intervention lag darin, daß Konstans seine Position spätestens seit seinem Sieg über die Sarmaten Ende 338 gestärkt sah und seine Selbständigkeit zu betonen begann. Die wachsenden Ansprüche des Konstans machten aus der Sicht Konstantins II. einen Konflikt

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2 Die Synode von Serdika 2 9

Soldaten des ihm entgegeneilenden Konstans in Aquileia getötet". Konstans, der

jüngste der Brüder, war nun Herrscher über den weitaus größeren Teil des

römischen Reiches, das gesamte Westreich; er war damit der erste christliche

weströmische Kaiser20.

Die Auswirkungen der Zweiteilung des Imperiums für die kirchenpolitischen

Verhältnisse können kaum hoch genug eingeschätzt werden21: An die Stelle der

der Alleinherrschaft im Imperium unter Konstantin dem Großen entsprechenden

Alleinherrschaft in der Reichskirche trat seit Mitte 337 die Situation, daß

plötzlich der "Widerstand gegen den einen Kaiser Unterstützung bei dem anderen

fand"22. Und dieser Tatsache waren sich nicht nur die Bischöfe, sondern auch die

Kaiser sehr wohl bewußt23. Der theologische Streit um das Problem der Trinität

und der kirchenpolitische Kampf um die Absetzungsurteile gegen einige

orientalische Bischöfe geht seit 337 einher mit dem politischen Machtkampf

zwischen den beiden Reichsteilen des Imperium Romanum. Während alle

kirchenpolitischen und theologischen Parteien bemüht sind, ihre Positionen durch

Erlangung der Gunst der Kaiser zu untermauern, sind umgekehrt die Kaiser

massiv daran interessiert, mit Hilfe der Loyalität von Bischöfen einerseits die

Machtposition im eigenen Herrschaftsgebiet zu stärken und andererseits im

jeweils anderen Reichsteil an Einfluß zu gewinnen.

unumgänglich; andernfalls hätte er die Oberherrschaft über das Westreich verloren und damit auch alle Chancen auf die Gesamtherrschaft. Vgl. hierzu RADDATZ, I.e., 31. " Zum Termin KIENAST, Tabelle, 305; SEECK, Regesten, 184; ders., GdU IV, 47. 20 RADDATZ, I.e., 31f. 21 Darauf hat besonders PABST in ihrer Erlanger Dissertation aufmerksam gemacht: Divisio regni: der Zerfall des Imperium Romanum in der Sicht der Zeitgenossen, Bonn 1986. 22 SCHWARTZ, GS III, 269. 23 Zu den Versuchen Konstantins II., die kirchenpolitische Situation als Instrument beim Versuch der Erlangung der Alleinherrschaft einzusetzen vgl. RADDATZ, I.e., 19ff. Auch Konstans' Engagement für die Wiedereinsetzung einiger im Osten abgesetzter Bischöfe läßt sich als Versuch verstehen, in den Reichsteil seines Bruders dadurch hineinzuwirken, daß er sich einflußreicher orientalischer Bischöfe versicherte, vgl. hierzu GIRARDET, I.e., 106.

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3 0 Erster Teil

Kirchenpolitisch stellte sich die Situation jener Jahre als Kampf um die Gültigkeit

des 335 in Tyrus gegen Athanasius ergangenen synodalen Absetzungsurteils dar24.

Während die östlichen Bischöfe25 völlig selbstverständlich von der

Verbindlichkeit ihres Urteils ausgingen24, hatte Athanasius schon vor seinem auf

die Verurteilung folgenden Trierer Exil bei Konstantin selbst (erfolglos)

Einspruch erhoben27. Als nun Konstantin II. unmittelbar nach dem Tode seines

Vaters in einem Brief an die Gemeinde in Alexandrien die bevorstehende

Rückkehr des Athanasius ankündigte28 und beim Treffen der Brüder in

Pannonien im August 337 von Konstantius die Rückkehr der unter Konstantin

aus dem östlichen Reichsteil vertriebenen Bischöfe erwirkte®, fühlten sich die

östlichen Bischöfe mit Recht düpiert und argumentierten gegenüber Konstantius,

24 Zu der Entscheidung von Tyrus vgl. Soz., h.e. 11,25,3-6 und 15-19 und das Synodalschreiben der östlichen Synode von Serdika, Hilarius, Coli, antiar. Paris. A IV,l,6f. Siehe auch in dieser Arbeit unten S. 46. - Eine neue, eingehende Untersuchung der gesamten Frühphase des Athanasius findet sich jetzt bei ARNOLD, The Early Episcopal Career of Athanasius of Alexandria, Notre Dame 1991; zur Synode von Tyrus I.e., 103ff. ARNOLDs Buch läßt sich allerdings, in offensichtlicher Opposition zur Sicht SCHWARTZ', jedoch dabei ins andere Extrem verfallend, eine moralische Ehrenrettung zugunsten des Athanasius angelegen sein, die m.E. so nicht haltbar ist. Mit Recht kritisch zu ARNOLDs Buch BARNARD, Studies, 10. In vielen Einzelheiten von ARNOLD abweichend und im ganzen vertrauenerweckender ist die Darstellung bei HANSON, Search, 246ff. Die Schilderung des Prozesses von Tyrus durch SCHWARTZ findet sich in den Gesammelten Schriften III, 246-258. 25 Zu der von der Synode entsandten Mareotiskommission, die die gegen Athanasius erhobenen Vorwürfe an Ort und Stelle prüfen sollte, zählten neben Theognius von Nizäa, Maris von Chalcedon, Theodor von Heraklea und Makedonius von Mopsuestia auch die späteren Führer der homöischen Partei, Valens und Ursacius, aus dem westlichen Teil des Reiches (Illyrien); Ath., apol. sec. 72, 4 (Opitz II, 151, 25f.); 73, 1 (I.e. 152, 10f.). Vgl. hierzu MESLIN, Ari?ns, 71f. 26 Immerhin konnten sie sich dazu auf Konstantin d.Gr. selbst berufen, der in seiner Eigenschaft als iudex des Prozesses die Bischöfe als seine consiliarii einsetzt, vgl. Euseb, v.C. IV 42,1 und 5; zum Ganzen GIRARDET, I.e., 68f. 27 Ath., apol. sec. 86,1. Der Alexandriner will den Eindruck erwecken, der Kaiser habe seinem Einspruch im Grunde genommen stattgegeben und seine Exilierung sei allein aufgrund zusätzlicher Verleumdungen durch die Gruppe um Eusebius von Nikomedien zustandegekommen (hier der Vorwurf, Athanasius habe gedroht, die Getreidezufuhr aus Ägypten zu sperren). Doch Konstantin selbst hat das Exil des Athanasius ausdrücklich mit dem Urteil der Synode von Tyrus begründet: In den Briefen an die Gemeinde von Alexandrien (Soz., h.e. 11,31,2) und an Antonius (Soz., h.e. 11,31,3). 28 Der Brief bei Athanasius, apol.sec. 87, 4-7. Als Grund gibt Konstantin den Wunsch seines verstorbenen Vaters an. Das ist unglaubwürdig, denn erstens war keiner der drei Söhne beim Tode Konstantins d.Gr. anwesend und zweitens hätte sich Konstantin, wenn er einen solchen Wunsch hätte äußern wollen, damit sicher an den designierten Nachfolger der östlichen Provinzen, also an Konstantius gewandt. Es kann kaum Zweifel daran sein, daß die wahre Motivation in dem Versuch Konstantins II. zu sehen ist, Einfluß auf die Reichshälfte des Konstantius zu gewinnen. Daß der in Trier exilierte Athanasius und der Residenzbischof der Stadt Maximin dem designierten Kaiser diese Vorstellung nahegelegt hatten, vermutet RADDATZ, I.e., 22. 29 Ath., h. Ar. 8; vgl. Philost., h.e. 2,18.

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2 Die Synode von Serdika 3 1

daß kein Bischofsgericht die ordnungsgemäße Verurteilung des Athanasius

aufgehoben habe30. Eine im Winter 338/9 in Antiochien versammelte Synode31

erhob den Kappadozier Gregorius zum neuen Bischof von Alexandrien, nachdem

zuvor Euseb von Nikomedien, jetzt Bischof von Konstantinopel, Konstantius von

der Unrechtmäßigkeit der Rückkehr des Athanasius auf den Bischofssitz der

ägyptischen Metropole überzeugt haben dürfte32. Es kam zu tumultartigen

Auseinandersetzungen in Alexandrien, in deren Verlauf Athanasius nach Rom

floh; hier traf er Ende 339 ein33.

Von dem kirchenpolitischen Kampf um Athanasius und um die Gültigkeit des

Absetzungsurteils von Tyrus muß der zeitlich parallele Fall des Markeil von

Ankyra unterschieden werden: Denn war es im Fall des Athanasius um die

kirchenrechtliche Frage der Anerkennung und Revision von Synodalurteilen

gegangen, stand bei Markeil die Ablehnung seiner Theologie durch die Synode

von Konstantinopel unter Konstantin d.Gr.34 im Vordergrund. Markeil hatte mit

Hilfe einer Konstantin persönlich übergebenen ausführlichen theologischen

Erklärung versucht, zunächst Asterius, dann aber auch die beiden Eusebe der

Häresie zu bezichtigen35; zur Beweisführung hatte er hierbei auch eine

Explikation seiner eigenen Theologie vorgelegt36, die jedoch unerwartet auf ihn

selbst zurückschlug: Markells Schrift wurde für häretisch erklärt, er selbst

exiliert37. Doch schon im Herbst 337 gehörte er zu den Bischöfen, die auf

30 Soz., h.e. 111,2,8; vgl. GIRARDET, I.e., 77. 31 Vgl. SCHWARTZ, GS III, 287f. 32 Ath., apol. sec. 3,2; Vgl. SCHWARTZ, I.e., 289; GIRARDET, I.e., 81. RADDATZ, I.e., 25, macht darauf aufmerksam, daß dieser Schritt im Klartext nichts anderes bedeutete, als daß Konstantius "die alleinige 'Kirchenleitung' und damit das Oberkaisertum Konstantins II. negierte". 33 Dies wird durch das östliche Synodalschreiben von Serdika Hil, I.e., A IV,1,10 nahegelegt. Vgl. SCHWARTZ, I.e., 291f. mit Anm. 2; KANNENGIESSER, RechSR 74 (1986), 600. - Unzutreffend GERICKE, Marceil, 13, der wohl aus Ath., apol. Const. 4 schließt, Athanasius habe sich von Alexandrien unmittelbar nach Rom begeben und sei schon im April 339 dort gewesen. Dagegen KLEIN, Constantius II., 37. 34 Hierzu SEIBT, TRE 22 (1991), 83f.; HANSON, I.e., 217f.; SCHWARTZ, GS III, 230-239. 35 Außerdem Narziß von Neronias, Paul von Tyrus: Euseb, Marceil. 1,4,1-3. 36 Euseb, Marcell. 1,1,3. 37 Hierzu das Schreiben der östlichen Synode von Serdika, Hil., I.e., A IV,1,9. Vgl. SCHNEEMELCHER, Kirchweihsynode, 117f. - Die Verurteilung Markells fand 336, spätestens Anfang 337 auf einer Synode in Konstantinopel statt, vgl. SEIBT, Markell, 202-204.

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32 Erster Teil

Betreiben Konstantins II. wieder auf ihre Sitze zurückkehren durften38. Auch in

Ankyra scheint es daraufhin zu tumultartigen Zwischenfällen gekommen zu

sein39. Markeil wurde abermals verurteilt und wieder vertrieben40. Fast

gleichzeitig mit Athanasius traf er Ende 339 oder Anfang 340 in R o m ein41.

Athanasius und Markell bewegten den römischen Bischof Julius dazu, die

Eusebianer (το ις περί Εύσέβιον)42 zu einer Synode nach R o m zu bestellen, die

die zu Unrecht gefällten Urteile von Tyrus bzw. Konstantinopel überprüfen

sollte43. Julius schickte die beiden römischen Legaten Elpidius und Philonexus

mit e inem entsprechenden Schreiben im Frühjahr 340 nach Antiochien44. Erst

im Frühjahr 3414S kehrten diese mit einem abschlägigen Bescheid46 wieder nach

R o m zurück, wo sich inzwischen die Synode schon ohne die Orientalen

konstituiert hatte47. Aus Athanasius h. Ar. 15 und apol. sec. 20,3 geht hervor, daß

etwa 50 Bischöfe aus Italien zusammengekommen waren. Sie erklärten

Athanasius und Markell für unschuldig und bestätigten die Kirchengemeinschaft

38 S.O.S. 30. 39 Vgl. das Schreiben der östlichen Synode von Serdika Hil., I.e., AIV,1,9,1. Die Stelle unterstreicht, daß es im Falle Markells um dogmatische Streitigkeiten gegangen sein muß, wie überhaupt der ganze östliche Synodalbrief diesen Tenor hat, z.B. IV,1,2 und IV,l,4,2f. Vgl. zur entgegengesetzten Perspektive den Juliusbrief an die Eusebianer in Ath., apol.sec. 33,3 (Opitz II, 111,26-28); außerdem auch Soz., h.e. II, 33. Zum Ganzen auch RADDATZ, I.e., 23. 40 Vgl. SEIBT, Markell, 9 mit Anm. 61. 41 SCHWARTZ, I.e., 293 mit Anm. 1; BRENNECKE, I.e., 6; SEIBT, TRE 22 (1991), 84 und ders., Markell, 9. 42 Fragment des Juliusbriefes im (erhaltenen) zweiten Brief des Julius nach Antiochien; Ath., apol.sec. 26,1 (Opitz II, 106, 23). 43 Zu den Vorverhandlungen der Jahre vor 340 zwischen den Eusebianern und Julius über eine solche Synode vgl. RADDATZ, I.e., 25-29; BARDY, Ir6nikon 16 (1939), 400ff. 44 Ath., apol.sec. 20,1. - Das zeitliche Verhältnis des Beginns dieser Mission zur Machtübernahme des Konstans nach dem Sieg über seinen Bruder ist nicht mehr klar zu ermitteln, vgl. hierzu RADDATZ, I.e., 32; SCHWARTZ, I.e., 295; GIRARDET, I.e., 82; BRENNECKE, I.e., 6 mit Anm. 12. 45 Zum Datum SCHWARTZ, I.e., 296 mit Anm. 1. - Für die auffällig lange Aufenthaltsdauer der Legaten in Antiochien gibt RADDATZ, I.e., 32, die einleuchtende, aus Ath., apol.sec. 25,3f. erschlossene Erklärung, daß Euseb seine Antwort erst mit Konstantius vorbesprechen wollte; dieser befand sich aber im Lauf des Jahres 340 wieder auf einem Perserfeldzug. 46 Die östlichen Bischöfe machen geltend, daß sie den in Julius' Aufforderung enthaltenen Entscheidungsprimat Roms über östliche Synoden nicht anerkennen. Eine genaue Analyse des antiochenischen Briefes, der sich aus dem Juliusbrief von 341 und dem Referat des Sozomenos, h.e. 111,8,5 erschließen läßt, bei GIRARDET, I.e., 82ff. und 157-162. 47 Auch hier ist das zeitliche Verhältnis vom Wiedereintreffen der Legaten in Rom und dem Zusammentreten der Synode nicht ganz genau zu ermitteln, vgl. SCHNEEMELCHER, Kirchweihsynode, 225; etwas anders GIRARDET, I.e., 87.

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2 Die Synode von Serdika 3 3

mit ihnen. In einem langen Antwortschreiben teilt Julius daraufhin die Ergebnisse

der römischen Synode den Orientalen mit und gibt zugleich seiner Enttäuschung

über ihr Nichterscheinen Ausdruck4*.

Es ist für das Verständnis der Entwicklung jener Jahre von fundamentaler

Bedeutung, zu sehen, daß sich im Laufe der Jahre 337-340 de facto eine

Verquickung des kirchenpolitisch und kirchenrechtlich relevanten Falles des

Athanasius mit dem Fall des v.a. dogmatisch umstrittenen Markell von Ankyra

vollzog. Der Antwortbrief des Julius an die Orientalen spricht hier eine klare

Sprache:

ή μεν γαρ των Άρειομανιτών αίρεσις ύπό πάντων των απανταχού επισκόπων

κατεγνώδ-η και άπεκηρύχ&η, °Α9·ανάσιος δε και Μάρκελλος οΐ έπίσκοποι

πλείονας εχουσι τοϋς υπέρ εαυτών λέγοντας και γράφοντας. Μάρκελλος μεν

γάρ έματυρή9·η ήμϊν και έν τη κατά Νίκαιαν συνόδφ τοις τα 'Αρείου φρονοΰσιν

άντειρηκώς, Ά9-ανάσιος δέ έμαρτυρή9·η μηδέ έν Τυρφ καταγνωσ9-είς, έν δέ τω

Μαρεώτη μή παρείναι, εν&α τά υπομνήματα κατ' αύτοϋ γεγενήσ9·αι λέγεται.49

Die Verquickung der Fälle von Athanasius und Markell findet sich auch sonst im

Brief des Julius50. Sie entspricht im übrigen ziemlich genau der Auffassung der

Orientalen, wie aus Äthan., apol. sec. 34,3 hervorgeht. Dieser Zusammenhang von

kirchenpolitischen und dogmatischen Streitigkeiten bildet genau jene

unauflöslichen Differenzen ab, wie sie in Serdika endgültig zu Tage treten

sollten51.

Athanasius wird von den gegen ihn in Tyrus erhobenen Vorwürfen entlastet, die

nicht dogmatischer Art waren. Markell hingegen wird vom Verdacht der Häresie

48 Der Brief bei Ath., apol. sec., 21-35. Zur Interpretation vgl. RADDATZ, I.e., 33-36 und GIRARDET, I.e., 88-105. Zu den Problemen der Chronologie siehe BRENNECKE, I.e., 5ff.

Ath., apol.sec. 23,3 (Opitz II, 104, 31-36). 50 Z.B. Ath., I.e., 27,1; 33,1; 35,2. 51 So sowohl der okzidentale Synodalbrief Ath., apol. see. 42,4. 5; 43,5 parr. Thdt., h.e. 11,8,3. 6. 17; Hil., Coli, antiar. Paris. Β 11,1,2,3; 1,3,3; 1,4,2; als auch der der Orientalen Hil., I.e., A IV,1,15,2; 1,23,2 u.ö.

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34 Erster Teil

entlastet, und zwar unter Berufung darauf, daß er bereits in Nizäa den Arianera

widerstanden habe52. Der Synode wird eine von Markeil verfaßte, an Bischof

Julius gerichtete Glaubenserklärung vorgelegt; zugleich wird Markells strenge

Haltung gegenüber dem Arianismus53 betont. D i e Presbyter Vincentius und

Victor, die ihrerseits auch in Nizäa dabeigewesen waren54, bestätigen daraufhin

die Orthodoxie des Markeil55. D ie Synode schließt sich diesem Votum an56.

Damit bezieht zum erstenmal eine westliche, von 50 italienischen Bischöfen

besuchte Synode im arianischen Streit dogmatisch Position: Die von ihnen als

antiarianisch und nizänisch und damit als orthodox anerkannte theologische

Position57 ist die des östlichen Antiorigenisten Markell von Ankyra!

Die von Markell an Bischof Julius gerichtete Glaubenserklärung, die auf der

römischen Synode zur Anerkennung seiner Orthodoxie im Westen führte und

aller Wahrscheinlichkeit nach dem Synodalschreiben beilag, ist bei Epiphanius

52 S.o. Ath., I.e., 23,3. 53 Ath., I.e., 32,2. 54 S.O.S. 19. 55 Ebenda. - Markell selbst betont ausdrücklich seine aktive Rolle bei der Widerlegung der Arianer in Nizäa sowie die Übereinstimmung seiner Ansichten mit dem Symbol des Konzils, Epiph., haer. 72,2. = Markell, fr. 129: Επειδή τίνες των καταγνωσ9ίντων πρότερον επί τω μή όρ9-ώς πιστεύειν, ους έγώ έν τη κατα Νίκαιαν συνόδψ διήλεγξα, GCS Euseb IV, 214, 13f. Klostermann/Hansen. - Daß Bischof Julius das Votum seiner Presbyter heranziehen muß, um eine begründete Entscheidung in der Frage nach der Orthodoxie Markells treffen zu können, wirft auf die Frage nach dem Kenntnisstand der westlichen Bischöfe zur trinitätstheologischen Debatte ein bezeichnendes Licht! 56 Ath., I.e., 32,3. - Markell ist wohl auf dieser Synode gar nicht selber zugegen gewesen, wie aus seinem Brief an Julius von Rom bei Epiph., I.e., 72,2 = Markell, fr. 129 hervorgeht (214,24 Klostermann/Hansen), vgl. SCHWARTZ, I.e., 303f. BARNARD, RThAM 38 (1971), 74, bezweifelt gar, daß Markells Erklärung überhaupt auf der Synode von Rom vorgetragen wurde. Dies scheint sich aber nach meiner Meinung aus Ath., apol. sec. 20,3 in Verbindung mit 32, 2 klar zu ergeben. Auch hatte Markell selbst verlangt, daß dem Synodalschreiben seine Erklärung beigegeben würde, um die irreführende Polemik gegen seine Person widerlegen zu können und die Bischöfe vor einer etwaigen Täuschung durch Schriftstücke der Orientalen zu warnen, fr. 129: και άξιώ τό αντίτυπόν σε τούτου τη προς τους επισκόπους έπιστολή έγγράψαι, ίνα μή τίνες των ακριβώς μή είδότων ήμας κακείνοις τοις ύπ' αυτών γραφεΐσι προσέχοντες άπατη&ώσιν. (215, 36-38 Klostermann/ Hansen). Da Markell für orthodox erklärt wurde, wird man seinem Wunsche entsprochen haben, vgl. dazu SCHWARTZ, I.e., 306 Anm.3. Zur Rehabilitierung Markells durch die Synode der 50 Bischöfe siehe SEIBT, TRE 22 (1991), 84. 57 Ath., I.e., 32,3; 36,1. - Die Bedeutung von Lehrfragen auf westlicher Seite im Vorfeld der Synode von Serdika wird von BRENNECKE, I.e., 31f., unterschätzt.

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2 Die Synode von Serdika 35

erhalten58. BARNARD hat in diesem Zusammenhang die Ansicht geäußert, daß

Markell Julius, u.U. auch Athanasius und damit die römische Synode über seine

wahre (nach BARNARD häretisch-sabellianisierende) Theologie getäuscht und

sich die Anerkennung seiner Orthodoxie gleichsam erschlichen habe59. Doch

abgesehen davon, daß BARNARDs These einem methodisch hochproblema-

tischen Verfahren entspringt60, ist sie auch sachlich ganz unwahrscheinlich61.

Denn Markells theologische Erklärung, die bekanntlich auch die erste Bezeugung

des altrömischen Symbols bietet62, enthält beinahe alle Bestandteile der auch

sonst von ihm bekannten Lehre und antiorigenistischen Polemik: Der Angriff

gegen die, die sagen, der Sohn Gottes sei nicht wahrhafter Logos; die Polemik

gegen die Lehre von der Dreiheit der Hypostasen; die Polemik gegen das

κτισθείς und ποιηθείς, den Angriff auf die, die Vater und Sohn trennen

(χωρίζειν), die aufgrund der Trennung folgern," δύο 9-εούς είναι (...) ή τον λόγον

μή είναι 9-εόν". Positiv die Lehre von der Einheit Gottes, die Lehre von der

ewigen Koexistenz des Logos mit dem Vater, die Aussage "αδιαίρετον είναι τήν

9-εότητα του πατρός και τοΰ υΐοΰ" und "αδιαίρετος και αχώριστος έστιν ή

δύναμις τοϋ πατρός, ό υιός"63, die Bezeichnung des Logos als Sohn", Kraft und

58 Epiph., haer. 72,2f. (GCS Epiphanius III, 256-259 Holl) = Markell, fr. 129 (214f. Klostermann/Hansen). Es ist die einzige vollständig erhaltene Schrift des Markell von Ankyra, die durch die Überlieferung als solche ausgewiesen ist. 55 BARNARD, I.e., 74. Eine solche Täuschung wäre jedoch in der aktuellen Situation überhaupt nicht erforderlich gewesen. BARNARDs These scheint auf einem völlig anachronistischen Orthodoxieverständnis zu fußen. - Auch SCHWARTZ, I.e., 304-306, denkt an eine "Verschleierung seiner (sc. Markells; Vf.) Lehre" als einem "Zugeständnis, zu dem Athanasius und Julius ihn überredet hatten, damit sie auf der römischen Synode für ihn eintreten konnten". 60 Neuerdings hat in diesem Zusammenhang TETZ, ZNW 75 (1984), 111, mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß aufgrund der textlichen Integrität und Authentizität des Dokumentes die Bemühungen um die Theologie Markells eigentlich beim Juliusbrief einsetzen müßten; denn die Fragmente sind, wenn auch zweifelsfrei echt (vgl. zuletzt SEIBT, TRE 22 [1991], 84f.), so doch von Euseb deutlich in antimarkellischer Intention exzerpiert. Schon für ZAHN, Marcell, 181, enthielt die ep. ad Iul. die eigentliche, echte Theologie Markells. Zum Problem vgl. auch FEIGE, Lehre Markells, 217ff. - BARNARD bringt seine Untersuchungen schon dadurch in Mißkredit, daß er die aus der Ketzerpolemik geläufige Verbindung von Häresie und charakterlicher Verdorbenheit unbefangen übernimmt: Markell als "arch-intriguer", I.e., 72 oder "arch trimmer", I.e., 74; wiederholt in HeyJ 20 (1979), 249. 250. Scharf hiergegen TETZ, I.e., llOf. 126f. 61 Vgl. TETZ, TRE 4 (1979), 338f. 62 Fr. 129 (215, 19-24 Klostermann/Hansen). Ausführlich hierzu TETZ, ZNW 75 (1984), 107ff. 63 Den Satz lese ich mit Holl, 258,20f. gegen Klostermann/Hansen, 215, 31, (dort das Komma vor τοΰ πατρός). 64 Zum Problem der Verwendung des Sohnestitels bei Markell s.u. unter 2.2.3.

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3 6 Erster Teil

Weisheit und schließlich die Berufung auf Joh 10,38, 10,30 und 14,9®. Dies alles

sind geläufige Gedanken aus der von Markell bekannten antiorigenistischen

Theologie, die er als einzig wirksame Form der Zurückweisung des Arianismus

ansah. Von einer Verschleierung kann nicht die Rede sein. Allein wenn Markell

in diesem Bekenntnis sagt, daß "sein Reich kein Ende haben werde" und dabei

nicht ganz eindeutig ersichtlich wird, ob er dies auf den Vater oder auf den Sohn

bezieht66, könnte ihm der Versuch unterstellt werden, antimarkellische Polemik

der Eusebianer zu "umgehen"67. Doch ist das Problem, in welchem Sinne Markell

in seinen frühen Texten vom Ende der Herrschaft Christi gesprochen hat, und

damit auch die Frage, ob er nicht doch eine endlose Herrschaft des Logos-Sohnes

lehren konnte, ohne seine früheren Ansichten dabei zu revidieren oder zu

verbergen, durchaus umstritten68. SEIBT hat in seiner Tübinger Dissertation von

1992 m.E. mit Erfolg zu zeigen versucht, daß sich an keiner Stelle bei Markell die

Vorstellung nachweisen läßt, daß der Logos im Vater aufgehe und seine

Königsherrschaft verliere. Tatsächlich lehre Markell in seiner Auslegung von 1.

Kor 15, 24-28 ein Ende der Königsherrschaft des "Menschen des Retters", wobei

"sich (...) nur der angenommene Mensch für die ganze Schöpfung (...) und in ihm

die ganze zurechtgebrachte Menschheit und Schöpfung unterwerfe"69. Nach

diesem Ende der Ökonomie des Logos nach dem Fleisch ist der Logos wieder so

in Gott, wie er vor der Erschaffung der Welt war70. Markell hätte demnach die

Wendung, daß "sein Reich kein Ende haben werde", in Ep. ad Iul. ohne weiteres

auf den Sohn beziehen können und wäre dabei völlig in Kontinuität zu der sonst

bei ihm geläufigen Theologie geblieben.

65 Markell, Fr. 129 (214f. Klostermann/Hansen) - Zu den Lieblings-Schriftstellen Markells siehe GERICKE, Marcell, 178f. - Ich werde auf die einzelnen Kernsätze dieses Bekenntnisses des Markell in Zusammenhang mit meiner Interpretation des "Serdicense" zurückkommen, s.o.S. 59ff. 66 Fr. 129 (215, 4-8 Klostermann/Hansen). 67 So SCHWARTZ, I.e., 305 und SCHENDEL, Herrschaft und Unterwerfung, 139. 68 Zur Frage der Berechtigung des Vorwurfs der Eusebianer gegen Markell siehe HÜBNER, Soteriologie, 187-190; FEIGE, Lehre Markells, 235-237 und, mit einer grundlegenden Neubewertung jüngst SEIBT, Markell (siehe nächste Anm.). Ich werde auf das Problem im Zusammenhang meiner Kommentierung des Serdicense zurückkommen, siehe unten zu §10 der theologischen Erklärung von Serdika (West). ® SEIBT, Markell, Exkurs IV (354-363, hier auch die Auseinandersetzung mit der gesamten Literatur); das Zitat I.e., 362. 70 Vgl. SEIBT, I.e., 352.

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2 Die Synode von Serdika 3 7

Nach den Untersuchungen SEIBTs sind alle Versuche, das ganze Bekenntnis

Markells als Versuch einer Täuschung gegenüber Julius oder Athanasius oder der

römischen Synode zu interpretieren, weniger denn je hinreichend zu begründen.

Eine solche Täuschung wäre nebendem auch kaum erforderlich gewesen: Im

Westen waren die umstrittenen Einzelheiten der theologischen

Auseinandersetzungen ohnehin noch weitgehend unbekannt71; und was

Athanasius betrifft, scheint dieser in jener Zeit theologisch mit Markell vieles

gemeinsam gehabt zu haben72.

Zeitlich noch etwas früher als die römische Synode von 341 hatten die östlichen

Bischöfe in Antiochien ebenfalls eine Synode abgehalten73, die sog.

Kirchweihsynode. Die dieser Synode in der Dogmengeschichtsschreibung

zugeordneten Symbole, Ant I - Ant IV74 genannt, haben sich in der neueren

Forschung großer Beachtung erfreut75. Die Bekenntnisse können demnach

gedeutet werden als Versuch der orientalischen Theologen, sich auf der

Grundlage des Origenismus mit dem Vorwurf des Arianismus auseinander-

71 Markell selbst äußert sich im Brief an Julius zweimal in dieser Richtung: fr. 129 (214,26-28 und 215,37f. Klostermann/Hansen). 72 Auf markellische Einflüsse auf Athanasius in Ar. I und II verweist TETZ, ZKG 75 (1964), 236. 238. sowie TRE 4 (1979), 337. Zur dritten Arianerrede ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 392 u.ö. Vgl. auch BARNARD, Council, 75 und GRILLMEIER, Jesus, 416. - Dieser Befund, den ich in meiner Kommentierung des Serdicense (s.u. unter 2.2.2.) zu erhärten versuchen werde, spricht, nebenbei bemerkt, deutlich gegen die von KLEIN, Constantius II., 37. 39. u.ö. vertretene Sicht, die, ganz in der Linie von SCHWARTZ, bei Athanasius in jeder seiner theologischen Äußerungen nur Instrumente zur Durchsetzung seiner kirchen- und machtpolitischen Interessen erblicken will. 73 Zum Termin Epiphanias 341 vgl. ELTESTER, ZNW 36 (1937), 255; SCHNEEMELCHER, Kirchweihsynode, 104ff.; BRENNECKE, Hilarius, 7f. 74 Ant I: Ath., syn. 22; Ant II: Ath., I.e. 23; Socr., h.e. II, 10,10-18 und lat. bei HU., Syn. 29; Ant III: Ath., I.e. 24; Ant IV: Ath., I.e., 25; Socr., h.e. II, 18. — Ant II ist als die Glaubenserklärung der Synode von Antiochien anzusehen, veranlaßt durch die Aufnahme Markells in Rom und durch die von Julius und Athanasius erhobenen Vorwürfe, Arianer zu sein. Ant I ist, wie SCHNEEMELCHER, I.e., 328ff. und BRENNECKE, I.e., 8f. gezeigt haben, Schlußteil des die Einladung nach Rom ablehnenden Briefes der Eusebianer an Julius. Ant III ist ein persönliches Glaubensbekenntnis des Bischofs Theophronius von Tyana, der sich vom Verdacht reinigen mußte, theologisch Markell nahezustehen, hierzu TETZ, Kirchweihsynode, 199ff. - Ant IV gehört nicht in den direkten Zusammenhang der Synode, sondern ist die regula fidei einer (erfolglosen) östlichen Delegation vom Sommer 341 an den Hof des Konstans nach Trier, die das Ziel hatte, die geplante Reichssynode in Serdika noch zu verhindern, s.u.S. 39. 75 KELLY, Glaubensbekenntnisse, 260-272; SCHNEEMELCHER, I.e.; SIMONETTI, La crisi, 153ff.; LONEGRAN, Way, 78ff.; DINSEN, Homousios, lOOff.; KLEIN, I.e., 42ff.; BRENNECKE, I.e., 7ff.; BARNARD, HeyJ 20 (1979), 246f.; LOHR, I.e., 4ff.; die angegebenen Arbeiten von TETZ.

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3 8 Erster Teil

zusetzen, sich (v.a. über die Rezeption der Anathematismen) an Ν anzunähern,

sich jedoch gleichzeitig dezidiert gegen die als sabellianisch angesehene Theologie

des Markell von Ankyra (und des eigentlichen Nizänums) auszusprechen76. Diese

östlichen Texte aus dem Jahre 341 und ihre Differenzen zur markellischen

Erklärung in Rom vom selben Jahre sind als Explikate jener grundlegenden

theologischen Unterschiede zu verstehen, die nur ein Jahr später auf der Synode

von Serdika die (auch theologisch) unversöhnliche Lage zwischen Osten und

Westen kennzeichnen sollten.

Athanasius und Markell konnten sich mit dem römischen Urteil natürlich nicht

zufriedengeben, sondern drängten auf eine Reichssynode, die die im Osten gegen

sie ergangenen Urteile endgültig aufheben sollte. Noch im Frühjahr 341 wurde

Konstans, seit einem knappen Jahr neuer Herrscher über das gesamte Abendland,

über die Ergebnisse der Synode von Rom informiert77 und beauftragte den

Comes Gabianus, den von Julius verfaßten Brief an die Orientalen78 nach

Antiochien zu überbringen. Es ist wahrscheinlich, daß Gabianus auch eine

Aufforderung des Konstans an Konstantius zur Zustimmung zu einer

Reichssynode bei sich hatte75. Damit war der Forderung des Athanasius,

Markells und der abendländischen Bischöfe politisch erheblicher Nachdruck

verliehen worden.

Unmittelbar nach Eintreffen der von Gabianus überbrachten Briefe brach eine

von einer neuerlichen Synode in Antiochien®' und wohl von Konstantius selbst81

beauftragte Delegation an den Hof des Konstans nach Trier auf, um durch

76 Antimarkellische Wendungen in Ant I-IV: Ath., syn. 22,6; 23,6; 24,5; 25,3. - Daß sich die theologischen Vorbehalte der östlichen Bischöfe v.a. gegen die Lehre Markells richteten, zeigt sich auch daran, daß der gesamte Text Ant III dadurch motiviert ist, daß sich Theophronius des Verdachts erwehren mußte, Markell nahezustehen. Vgl. TETZ, Kirchweihsynode, 199ff. TETZ hat auch gezeigt, daß Ant III an den Beginn der antiochenischen Synode gehört. Markell kennt den Text schon, als er selbst im Schreiben an Julius seine Glaubensüberzeugung darlegt, und greift mehrfach auf ihn zurück. 77 Ath., h. Ar. 15,2. 78 S.O.S. 33. 79 Ath., apol. Const. 4,3f. Vgl. BRENNECKE, I.e., 20 mit Anm. 14. Etwas anders GIRARDET, I.e., 109 mit Anm. 19. 80 Ath., syn. 25,1. 81 Vgl. BRENNECKE, I.e., 21.

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2 Die Synode von Serdika 3 9

Übergabe einer theologischen Erklärung ("Ant IV")82 die Arianismus-Vorwürfe

des Athanasius und Markell zu entkräften" und dadurch die Nicht-

Notwendigkeit einer Reichssynode zu erweisen. Doch befand sich Konstans wohl

schon auf dem Feldzug gegen die Franken84, und vom Hofbischof Maximin

wurden die östlichen Bischöfe gar nicht erst empfangen85. Das Unternehmen

endete mit einem Fiasko.

Konstantius hat schließlich der von seinem Bruder erhobenen Forderung nach

einer Reichssynode zugestimmt. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß das starke

Engagement des politisch und militärisch ohnehin überlegenen Konstans bei der

Einberufung der Synode ähnlich motiviert war wie die von Konstantin II. erwirkte

Amnestie aus dem Jahre 337: Der Versuch, mit Hilfe der Kirchenpolitik

(Loyalität der im Orient wieder installierten Bischöfe) Einfluß auf das östliche

Reichsgebiet zu gewinnen86.

EXKURS: Zur Datierung der Synode von Serdika

Die Datierung der Synode von Serdika schwankt in der Forschung noch immer zwischen 342 und 343s7. Nachdem in neuerer Zeit sich v.a. durch die Arbeiten von RICHARD88, GIRARDET" und BRENNECKE90 die Argumente für 342 das Übergewicht zu erhalten schienen, ist jüngst BARNARD91 im Rahmen seiner Studien zur Synode mit ausführlicher Argumentation für 343 eingetreten; ihm folgen KANNENGIESSER92 und HANSON93. ALBERT hat in ihrer Kommen-

82 Die Formel gehört also nicht direkt zur Kirchweihsynode, s.o.S. 37 mit Anm. 74. - Die Bezeichnung Ant IV ist deshalb irreführend "und allenfalls noch aus Gründen der Gewohnheit zu akzeptieren", TETZ, I.e., 206. 10 Zur bewußten Anlehnung von Ant IV an das Nizänum siehe BRENNECKE, I.e., 22 mit Anm. 24. 84 Nach GIRARDET, I.e., 110. Anders BARNARD, I.e., 248. 85 HU., coli, antiar. Paris. A IV, 1,27,7; Soz., h.e. III, 10,6. 86 Vgl. RADDATZ, I.e., 39; BRENNECKE, I.e., 25. 87 Sokrates, h.e. 11,20,4 und Sozomenus, h.e. 111,12,7 nennen ids Datum das 11. Jahr nach dem Tod Konstantins d.Gr. Das ist aber ganz unmöglich (so die communis opinio der Forschung seit dem Bekanntwerden der syrischen Übersetzung der Festbriefe des Athanasius Mitte des 19. Jahrhunderts). BRENNECKE, I.e., 26 Anm. 40 erklärt den Irrtum des Sokrates und Sozomenus damit, daß Index 15 den Widerruf des Valens und Ursacius aus dem Jahr 347 direkt mit der Synode in Verbindung bringt (SC 317, 242f. Albert). Die Kirchenhistoriker hätten demnach auch die Synode von Serdika in das Jahr 347 gelegt. 88 Museon 87 (1974), 307-339. 89 Kaisergericht, 108f. 90 Hilarius, 25-29. 91 AHC 12 (1980), 1-25; Council, 49-55. 92 RechSR 74 (1986), 575-614.

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40 Erster Teil

tierung der syrischen Festbriefe in MARTINs neuer Ausgabe der Historia Acephala und der syrischen Festbriefe in den Sources chrdtiennes für 343 optiert und die Diskussion kurzerhand für beendet erklärt".

Im folgenden sollen die von BARNARD neuerdings vorgetragenen Argumente für 343 kurz kritisch gesichtet werden. Auf eine Auseinandersetzung mit der älteren Literatur und den Beiträgen bis 1980, die weitgehend in BARNARDs Texten verarbeitet sind, kann hier verzichtet werden95.

BARNARD diskutiert zunächst die beiden direkten Bezeugungen des Datums der Synode. In einer Notiz des Cod.Ver.LX fol. 71b wird die Versammlung der Synode auf das dritte Konsulat des Konstantius bzw. das zweite des Konstans gelegt96, damit eindeutig auf 342. Andererseits: Der Vorbericht zu den Festbriefen des Athanasius notiert c. 15 (Ostern 343): "Cette (annee) - lä il y eut synode ä Sardique".97 - dies würde, wenn man den ägyptischen Kalender zugrunde legt, auch auf 342 weisen; nachdem jedoch MARTIN wahrscheinlich gemacht, daß für die Jahreszählungen im Index der Festbriefe der römische Kalender zugrunde liegt98, muß man diese Notiz als Evidenz für 343 akzeptieren, allerdings einschränkend konstatieren, daß die Angaben in den Indices chronologisch oft recht unzuverlässig sind99. BARNARD sieht dieses Problem (wobei er allerdings die eindeutige Aussage aus Cod.Ver. LX deutlich unterbewertet) und schlägt deshalb vor: "The question of date should therefore be studied in the light of other considerations".100

Einen Beweis dafür, daß das Treffen zwischen Konstans und Athanasius erst im Mai/Juni 342 stattgefunden haben kann, erblickt BARN ARD in Ath., apol. Const. 4: Τριών τοίνυν ετών παρελθόντων, τετάρτφ101 ένιαυτφ γράφει κελεύσας απαντησαι με προς αυτόν ήν δέ έν τη Μεδιολάνψ102. Da Athanasius Alexandrien im März 339 verlassen hat, könne das Treffen mit Konstans frühestens im Frühjahr 342 stattgefunden haben. Dann aber sei in Anbetracht der zur Vorbereitung einer Synode erforderlichen Zeit der Termin Herbst 342 für die

93 Search, 293f. mit Anm. 64. 94 SC 317, 289 mit Anm. 42; Sie beruft sich jedoch i.w. auf die Mehrheitsmeinung und auf die älteren Argumente von HESS, Canons, 140-144; PIETRI, Roma Christiana, 212; BARNES, Phoenix 34 (1980), 160-166. 95 Sie findet sich ausführlich bei BRENNECKE, I.e. 25-29. 96 "Tunc temporis ingerebantur molestiae imperatoribus synodum conuocare, ut insidiarentur Paulo epicopo Constantinupolitano per sugestionem Eusebii Acacii Theodori Valentis Stephani et sociorum ipsorum, et congregata est synodus consolat. Constantii III et Constantis II aput Sardicam", EOMIA 1/2, 637 Turner. Der Text des codex bietet Constantini et Constantini, die Konjektur von SCHWARTZ, GS III, 11. 56. 326, übernommen in EOMIA, I.e. 97 SC 317, 243. 98 L.c., 73f. Bestätigend KANNENGIESSER, I.e., 95f. Der Sache nach schon LOOFS, ThStK 82 (1909), 294f. 99 So schon SCHWARTZ, I.e., 30ff. 100 L.c., 50. 101 τφ handschriftlich bezeugt von ΚΡΟβ, τετάρτφ von B. 102 SC 56, 92,10-12 Szymusiak [Szymusiak: τψ). Vgl. dazu Opitz II, 281,22ff. mit nota.

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2 Die Synode von Serdika 41

Serdikasynode ausgeschlossen103. Jedoch ist die Zeitangabe aus apol. Const. 4 auf den ersten Briefwechsel des Athanasius mit Konstans104 zu beziehen und weist somit auf das Jahr 341 für das Mailänder Treffen105. Dann aber wäre der Termin 342 für die Synode in Serdika sehr wahrscheinlich.

BARNARDs zweites Argument besteht darin, daß aus Index 15 der Osterfestbriefe hervorgeht, daß in Serdika eine gemeinsame Osterberechnung beschlossen wurde106. Da Ostern aber 343 in Rom am 3.4., in Alexandrien dgg. am 27.3. gefeiert wurde, müsse das Konzil nach Ostern 343 stattgefunden haben107. Dieses Argument ist jedoch nicht schlüssig. Denn es ist ja nicht gerade zu erwarten, daß Bischof Gregor von Alexandrien eilends die Beschlüsse einer Synode durchgeführt hätte, die ihn soeben abgesetzt hatte108.

BARNARD macht zudem geltend, daß die östliche Synode von Serdika eine Liste jüdischer Passadaten angenommen habe, die im christlichen Cyclus Paschalis enthalten ist109; sie soll insofern ein Indiz für die 343-Datierung sein, als das erste Jahr der Berechnung auf 328 zu legen ist110, die Liste aber 16 Jahre umfaßt, wodurch BARNARD auf 343 kommt111. Jedoch hat demgegenüber zuletzt RICHARD gezeigt, daß die Berechnungen üblicherweise nach demjenigen Jahr aufhören, in dem die Liste ausgearbeitet wurde112. Man käme dann wieder auf 342. Daß BARNARDs Deutung mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat, wie er selbst sagt113, wird von ihm nicht weiter begründet.

BARNARD argumentiert weiter, daß der Index der Osterfestbriefe nur drei Osterfeste nach Serdika bis zur Rückkehr des Athanasius nach Alexandrien 346 kennt114. Indes hat RICHARD115 gezeigt, daß Athanasius sowohl Ostern 343 als

103 Die Vorbereitungszeit für solche Synoden sollte man jedoch m.E. nicht zu hoch veranschlagen, man denke nur an die kurze Vorbereitungszeit für Nizäa! 104 Dies geht aus Ath., apol. Const. 4 eindeutig hervor: Τφ αδελφψ σου οϋκ έγραψα, η μόνον οτε οί περί Εϋσέβιον έγραψαν αΰτψ κατ' έμοϋ, και ανάγκην εσχον έτι ων έν τη Άλεζανδρείςι άπολογήσασ&αι (...). Τριών τοίνυν ετών παρελθόντων... (SC 56, 92, 5-11 Szymusiak). Anders DE CLERCQ, Ossius, 315f. 105 Dies hat GIRARDET, I.e., 108, gezeigt. Auch schon SCHWARTZ, I.e., 326. BARNARD diskutiert deren Gründe leider nicht. 106 Index 15 (SC 317, 242f. Albert). Zu vergleichen ist hier und im folgenden die alte Übersetzung und Kommentierung der Athanasius-Festbriefe von LARSOW, Leipzig 1852. 107 BARNARD, I.e., 51 und 94. 108 SCHWARTZ, I.e., 333, weist noch darauf hin, daß die Serdika-Beschlüsse betr. Ostern auch später nicht immer eingehalten wurden (z.B. im Jahre 350). 109 EOMIA 1/2, 641-643 Turner. 110 Mit Hilfe der Einleitung TURNERS, I.e., 341. 111 BARNARD, I.e. 51f. 95. 112 RICHARD, I.e., 320. 113 BARNARD, I.e., 95. 114 BARNARD, I.e., 52. - Index 16 (SC 317, 242f. Albert) zeigt mit Äthan., apol. Const. 4,5, daß Athanasius Ostern nach Serdika in Naissos verbracht hat. Index 17 (244f. Albert) gibt für 345 Aquileia an; Index 18 (244f. Albert) nennt für 346 keinen Ort. 115 L.c. 325f. - Aufgenommen von BRENNECKE, I.e., 28.

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42 Erster Teil

auch Ostern 344 in Naissos verbracht haben kann; außerdem ist nicht von einer Vollständigkeit der Osterfestbriefe von 340-346 auszugehen116.

In Auseinandersetzung mit TELFERs Rekonstruktion der Biographie des Paul von Konstantinopel117 bringt BARNARD das Argument auf, daß zwischen der Hermogenesaffäre in Konstantinopel118 und dem Konzil von Serdika eine (offenbar längere) Zeit vergangen sein muß11', was auf einen Synodentermin 343 deute. Ist BARNARD auch in seiner Auseinandersetzung mit TELFERs Datierung zuzustimmen120, so erscheint das Postulat einer (größeren) "period elapsed" keineswegs zwingend: Die Erregung der Orientalen von Serdika über die Vorfälle ließe sich bei einem kürzeren Abstand noch besser erklären als bei einer zeitlichen Differenz von immerhin ΡΔ Jahren121. Das Schweigen der Okziden-talen zu den Vorfällen ist ohnehin nicht überraschend122.

BARNARD nennt schließlich noch das Argument, daß nach dem östlichen Synodalschreiben von Serdika die Absetzung des Asklepas von Gaza "ante decern et Septem annos"123 geschehen sei. Da die Absetzung des Asklepas in das Jahr 326 falle, sei für Serdika 343 anzunehmen. Dieses Argument beruht jedoch auf einem Zirkelschluß, denn die einzige wirkliche Evidenz für die Absetzung des Asklepas ist das östliche Synodalschreiben von Serdika. SCHWARTZ rechnet gar bei den 17 Jahren das Jahr der Synode und das Jahr der Absetzung Asklepas' mit und kommt so (von 342 für Serdika ausgehend) auch auf 326 für die Absetzung des Bischofs von Gaza124. Das Argument ist also für die Frage nach dem Datum der Synode von Serdika unbrauchbar; zudem hat jüngst HANSON im Zusammen-hang seiner Gesamtdarstellung des arianischen Streites noch einmal darauf aufmerksam gemacht, daß der Zeitpunkt der Absetzung des Asklepas insgesamt ganz unsicher ist125.

BARNARD weist schließlich noch darauf hin, daß nach Ath., h. Ar. 20 das westliche Konzil von Serdika eine Delegation von Bischöfen (Vicentius von Capua und Euphrates von Köln, dazu der magister militum Flavius Salia) nach

116 SCHWARTZ, I.e., 331. Hier auch zu den chronologischen Unsicherheiten. 117 TELFER, HThR 43 (1950), 31-92. 118 Paul war nach dem Tod Eusebs in die Stadt zurückgekehrt und hatte mit der Inbesitznahme des dortigen Bischofsstuhls bürgerkriegsähnliche Verhältnisse ausgelöst. Konstantius hatte daraufhin seinen magister equitum Hermogenes nach Konstantinopel geschickt, um für Ruhe zu sorgen. Hermogenes wurde jedoch von fanatischen Anhängern Pauls ermordet. Socr., h.e. II, 13; Soz., h.e. 111,7. 119 "A period had elapsed between the events in Constantinople and the assembly of the Council in Serdica and accordingly this must have occured in 343 and not in 342", BARNARD, I.e., 54. 120 Die Hermogenesaffäre gehört in den Winter 341/2, vgl. SCHWARTZ, I.e., 320; SEECK, Regesten, 190. - Zum Ganzen jüngst ausführlich MARTIN, I.e., 35-48. 121 Hil., Coll. antiar. Paris., A IV,1,9; A IV,1,27,2. 122 Gründe bei BARNARD, I.e., 53. 123 Hil., I.e., A IV, 1,11,1 (56,19ff. Feder). Zur Absetzung des Asklepas auch Ath., h. Ar. 5; apol. sec. 45,2; Socr., h.e. 11,15; Soz., h.e. 111,8,1. 124 L.c., 238 mit Anm. 1. 125 HANSON, Search, 2771.

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2 Die Synode von Serdika 43

Antiochien entsendet, um Briefe der Synode und des Konstans126 zu übergeben, die die Beschlüsse der westlichen Synode im Osten durchzusetzen helfen sollen. Diese Delegation, die BARNARD zutreffend in das Frühjahr 344 datiert127, könne nicht gut über 1 volles Jahr nach der Synode stattgefunden haben. Demzufolge sei die wahrscheinliche Datierung für Serdika 343. Jedoch bezeugt Ath., h. Ar. 19,3, daß nach dem verheerenden Ausgang der Synode der Kontakt zwischen den Reichsteilen eine Weile lang unterbrochen gewesen ist. Konstantius scheint versucht zu haben, durch Schließung der Grenzen weitere Versuche der Vereinnahmung durch den Westen zu unterbinden128. Gleich nach der gescheiterten Synode von Serdika wäre eine vom Westen entsandte Delegation nach Antiochien somit ein ganz aussichtsloses Unterfangen gewesen. Es müssen Vorverhandlungen stattgefunden haben. Auch aus westlicher Sicht war es sicher sinnvoll, zunächst etwas Beruhigung einkehren zu lassen129.

Für die Datierung der Synode von Serdika in das Jahr 342 sprechen meiner Ansicht nach folgende Gründe:

1. Die Nachricht des Cod.Ver. LX, die eindeutig auf 342 weist, ist in ihrem historischen Wert klar höher zu bewerten als die Notiz aus Index 15 der Osterfestbriefe.

2. Ath., apol. Const. 4 spricht dafür, daß das Mailänder Treffen Athanasius-Konstans wie im ganzen die Vorbereitungen zur Synode bereits 341 stattfanden; die Synode muß man V/2 Jahre später ansetzen130: 342.

3. Bei einer Datierung der Synode auf 343 besteht m.E. die ernstliche Schwierigkeit, den sehr langen Zeitraum von den ersten Vorbereitungen zur Synode bis zu deren tatsächlichem Stattfinden zu erklären131. BARNARD meint: "The Eastern bishops were travelling with deliberate slowness"132. Doch widerspricht dies dem, was wir aus dem östlichen Synodalschreiben wissen133. Und außerdem hätte Athanasius sich dies Argument einer absichtlich zögerlichen Anreise der Orientalen als Beleg für deren "schlechtes Gewissen" nicht nehmen lassen; indes hören wir von ihm dergleichen nicht.

4. Die scheinbare Schwierigkeit, daß bei einer Datierung auf 342 zwischen dem Ende der Synode und der Delegation nach Antiochien 344 zu viel Zeit

126 Hil., I.e., Appendix (126ff. Feder). 127 BARNARD, I.e., 54; mit RICHARD, I.e., 321; für 344 auch GIRARDET, I.e., 146-149 und BRENNECKE, I.e., 47 mit Anm.137. - Anders SCHWARTZ, GS IV, 13f. 128 Mit GIRARDET, I.e., 143 gegen BARDY, Irenikon 16 (1939), 411. 129 RICHARD, I.e., 322. 130 Socr., h.e. 11,20,6 spricht von einem Jahr und sechs Monaten. 131 Vgl. HANSON, Search, 293f. mit Anm.64. 132 BARNARD, I.e., 50. Das gleiche Argument schon bei DE CLERCQ, Ossius, 336. 133 "Occurimus ad Serdicam litteris imperatoris conuenti", Hil., I.e., A IV, 1,14,1 (CSEL 65, 58,3 Feder).

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44 Erster Teil

verstreichen würde134, ist mit Hinweis auf die massiven militärischen Defensivmaßnahmen des Konstantius im Jahre 343 gut zu erklären.

Alle anderen Argumente (Zahl der Osterfeste, Beschlüsse von Serdika über gemeinsamen Ostertermin, Aufruhr um Paul von Konstantinopel, Asklepius von Gaza-Absetzung, Liste jüdischer Passadaten) sind mehr oder minder frei konvertibel und tragen für eine begründete Entscheidung in der Datierungsfrage nichts aus.

2.1.2 Der Verlauf der Synode von Serdika

Von der Synode von Serdika sind reichhaltig Dokumente erhalten, v.a. die

beiderseitigen Synodalschreiben, zudem einige Briefe der westlichen

Teilsynode135, einige Briefe des Athanasius, ein Brief des Ossius und Protogenes

sowie die von den Bischöfen um Ossius beschlossenen Kanones. Athanasius hat

außerdem die Ereignisse aus größerem zeitlichem Abstand noch einmal

dargestellt; auch Ossius geht in einem späteren Brief an Konstantius136 noch

einmal darauf ein137. Die Gesamtheit dieser Dokumente erlaubt es, ein halbwegs

zuverlässiges Bild vom Ablauf der Synode und vom Gegenstand der

Verhandlungen zu gewinnen.

Die westliche Delegation traf im Herbst 342 etwas eher in Serdika ein als die

östliche. Ihrem Beschluß von Rom folgend nahmen die Okzidentalen Athanasius

und Markeil gleich in die sakramentale Gemeinschaft auf38. Als die Orientalen

eintrafen, betrachteten sie diese Maßnahme der Abendländer verständlicherweise

als Mißachtung ihrer Synodalurteile und forderten die Gegenseite auf, die

Verbannten einstweilen aus der Gemeinschaft und von den Verhandlungen zu

suspendieren139. Als dieser Aufforderung von westlicher Seite nicht entsprochen

134 So etwa auch HANSON, I.e., 293f. mit Anm.64. 135 Hierunter ein Brief an Julius von Rom (der auf der Synode nicht selbst anwesend, sondern durch Legaten vertreten war), in dem sich die Tagesordnung der Synodalverhandlungen findet, Hil., I.e., Β II, 2,2,2f. 136 Zum Brief des Ossius an Konstantius s.u. S. 127ff. 137 Die Dokumente sind übersichtlich aufgeführt bei DE CLERCQ, I.e., 401ff., GIRARDET, I.e., I l l , SIMONETTI, La crisi, 178ff. und bei BARNARD, I.e., 78ff. Letzterer bietet zudem noch knappe Inhaltsangaben der Texte. 138 HU., coU. antiar. Paris., A IV, 1,14,If. 139 Zu den rechtlichen Hintergründen vgl. GIRARDET, I.e., 116ff.

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2 Die Synode von Serdika 4 5

wurde, brachen die Orientalen die gemeinschaftlichen Beratungen ab140. An eine

gemeinsame Synode war nicht zu denken, solange der Westen die eucharistische

Gemeinschaft mit Athanasius und Markell vollzog, der Osten aber deren Ex-

kommunikation aufrechterhielt. Die Synode von Serdika war damit in zwei

Teilsynoden gespalten, ehe sie überhaupt begonnen hatte.

Zunächst scheint es von beiden Seiten noch Versuche gegeben zu haben, einen

Kompromiß zu finden und die Beratungen doch noch aufzunehmen. Aus dem

Synodalbrief der Orientalen erfahren wir, daß fünf der sechs Mitglieder der

ehemaligen Mareotiskommission141 vorschlugen, eine neue, paritätisch besetzte

Kommission in die Mareotis zu entsenden, um die Vorwürfe gegen Athanasius

erneut zu prüfen142. Die Kommission solle dann dem Konzil berichten, das

daraufhin entscheiden solle. Aber der Vorschlag wurde von westlicher Seite

abgewiesen. Über die Gründe schweigen die Quellen leider143.

Von westlicher Seite wurden ebenfalls Vorschläge unterbreitet, die das Ziel

hatten, wieder ins Gespräch zu kommen144. Ossius von Cordoba bot wiederholt

an, die Orientalen sollten vor ihm allein erscheinen und ihre Vorwürfe gegen

Athanasius begründen: Sollten sie sich als zutreffend erweisen, würde Athanasius

aus der Gemeinschaft ausgestoßen145. Doch dieser Vorschlag wurde von östlicher

140 So die Orientalen in ihrem Synodalschreiben: Hil., I.e., A IV, 1,16,2. - DE CLERCQ, I.e., 338, folgt naiv der athanasianischen Polemik und meint, daß die östlichen Bischöfe angesichts der Anwesenheit von Athanasius, Markell und Asklepas von ihrem schlechten Gewissen überwältigt worden seien. 141 Zu der Kommission s.o.S. 30 mit Anm. 25. - Theognius von Nizäa, das sechste Mitglied der Kommission, war inzwischen verstorben, vgl. LOHR, Entstehung, 19. 142 Hü., I.e., A IV, 1,18,If. 143 LOHR, I.e., 19f., vermutet wohl mit Recht, daß die westlichen Bischöfe den Ausgang einer solchen Untersuchung fürchteten; Gregor als gegenwärtiger Inhaber des Bischofssitzes von Alexandrien hätte gewiß für entsprechende "Informationen" gesorgt, vgl. BARNARD, I.e., 67. Auch ist der Vorschlag der östlichen Bischöfe nur dann vorstellbar, wenn sie wußten, daß sie ihrer Sache absolut sicher sein konnten. Ob man den Vorschlag als aufrichtig bezeichnen sollte, ist mir deshalb eher zweifelhaft, anders LOHR, I.e., 20. 144 Ath., apol.sec. 36,3f.; hAr. 16; hAr. 44 (Brief des Ossius von Cordoba an Konstantius). 145 HAr . 44, 2f.

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46 Erster Teil

Seite abgelehnt144: Der Versuch, die kirchliche Einheit mit Hilfe der

Reichssynode wiederherzustellen, war endgültig gescheitert.

Ehe die orientalischen Bischöfe Serdika verließen, begaben sie sich in ihr

Quartier, das kaiserliche Palatium und hielten dort eine Synode ab147, auf der

sie auch den östlichen Synodalbrief verfaßten148. Hierin sprachen sie die

Exkommunikation der führenden Bischöfe der Gegenseite aus149 und besiegelten

damit das Schisma. Dann reisten sie ab.

Die westlichen Delegierten tagten in Serdika wohl noch eine Zeitlang weiter.

Auch sie verfaßten einen Synodalbrief: Die führenden Persönlichkeiten der

Orientalen werden exkommuniziert und abgesetzt150. Die Synodalen verfaßten

auch noch einige weitere Schriftstücke151, ehe auch sie sich auf den Heimweg

begaben. Wohl noch vor Wintereinbruch 342 ist die Synode von Serdika beendet

gewesen152.

Ost und West hatten sich in zwei unterschiedliche Lager gespalten, wobei die

Differenzen machtpolitischer (Konkurrenz der beiden Kaiser), kirchenpolitischer

und kirchenrechtlicher (Frage der Berechtigung der Revision und ggf. Aufhebung

146 Auch hier erfahren wir über die Gründe nichts. Die Auskunft, daß die östlichen Synodalen ihrer eigenen Sache nicht mehr sicher waren (Ath., apol.sec. 42,8), ist westliche Polemik. Das Mißtrauen der Orientalen "έκεϊνοι δέ προς πάντα μή 9-αρροϋντες ίσως άνένευον", Ath., hAr. 44,3 (Opitz II, 207,35 - 208,1) wird jedoch nicht ganz unangebracht gewesen sein. Denn daß des Ossius Vorschlag ernst gemeint war, wie DE CLERCQ, I.e., 346, meint, glaube ich nicht. Das zusätzliche Versprechen, er, Ossius, werde, falls die Vorwürfe nicht zuträfen, Athanasius mit nach Spanien nehmen (hAr. 44,3), klingt allzu unwahrscheinlich (vgl. Opitz II, 209 mit nota) und ist wohl auch von den östlichen Synodalen sofort als unseriöses Lockmanöver durchschaut worden. 147 Nicht in Philippopolis, wie Socr., h.e. 11,20,9 meinte, zur Diskussion ausführlich BARNARD, I.e., 70. m Hil., coli, antiar. Paris. A IV,1 (CSEL 65, 48-67 Feder). Dem Brief ist eine Glaubenserklärung angehängt, I.e., A IV, 2 (68-73 Feder), die übrige Überlieferung des Bekenntnisses in Feders Apparat. Es handelt sich um Ant IV, ergänzt um einige, z.T. direkt gegen Markell gerichtete Anathematismen, vgl. hierzu besonders BRENNECKE, Hilarius, 35ff. 149 Julius von Rom, Ossius von Cordoba, Gaudentius von Naissus, Maximin von Trier; Hil., I.e., A IV,1,27,2. 150 Theodor, Narzissus, Akakius, Stephan, Ursacius, Valens, Menophantus, Georg; Hil., I.e., Β 11,1,8,2. 151 Siehe hierzu oben S. 44. 152 RICHARD, I.e., 325f.

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2 Die Synode von Serdika 4 7

von östlichen Synodalurteilen durch westliche Synoden) und dogmatischer Natur

waren (Arianismus-Vorwurf gegen die Orientalen; Unannehmbarkeit der

Theologie Markells aus Sicht der östlichen, der Tradition des Origenes

verpflichteten Bischöfe). Diese Konstellation sollte die Lage für die nächsten

Jahre prägen und auch für die Rezeption der Diskussion des trinitarischen

Problems im Westen die entscheidende Weichenstellung bedeuten. Aus diesem

Grunde wollen wir uns nun mit dem von der westlichen Synode verabschiedeten

Synodalschreiben, besonders mit der ihm in Teilen der Überlieferung angefügten

Glaubenserklärung153 befassen. Es handelt sich um das erste "westliche"154

"Bekenntnis"155 im arianischen Streit.

Auf die vieldiskutierten Kanones von Serdika kann im Zusammenhang dieser

Untersuchung nicht eingegangen werden156. Nur am Rande sei vermerkt, daß die

Synodalen mit dem Kanon III157 die kirchenrechtliche Grundlage für die

Entscheidung schufen, die sie zuvor de facto und ohne gemeinsame

Verhandlungen getroffen hatten, nämlich die Aufhebung der Urteile einer

Provinzialsynode durch eine (römische) Appellationsinstanz158.

2.2 Die Ekthesis der westlichen Synode von Serdika

Die Glaubenserklärung der westlichen Synode von Serdika findet sich am Schluß

des Synodalschreibens der Abendländer, allerdings nur in Teilen der

153 Hierzu unten S. 47ff. 154 Zum Ausdruck "westlich" s.o. Anm. 1. 155 Wenn hier der in der Literatur gebräuchliche Ausdruck "Bekenntnis" zur Kennzeichnung des westlichen Serdicense fällt, so ist dabei darauf hinzuweisen, daß der Text nicht dem (ohnehin nur in Grundlinien feststehenden, ansonsten eher frei und lose angeordneten; vgl. hierzu RITTER, TRE 13 [1984], 402-405) Aufbau einer regula fidei folgt (so schon LOOFS, AAWB 1909,11). Es handelt sich um eine aus aktuellem Anlaß ad hoc entstandene theologische Erklärung mit polemischen, apologetischen und bekenntnishaften Elementen. Aus diesem Grunde wird in dieser Arbeit die Bezeichnung Ekthesis (= Thdt.) oder theologische Erklärung bzw. Glaubenserklärung bevorzugt. 156 Vgl. hierzu CASPAR, ZKG 47 (1928), 162-177; HESS, Canons, 22ff. 71ff.; GIRARDET, Kaisergericht, 120ff.; BARNARD, Council, 97ff. 157 Der Text EOMIA 1/2, 455,8 - 458,43; 460,1 - 461,27 Turner; eine Übersetzung bei GIRARDET, I.e., 120ff. 158 Vgl. hierzu GIRARDET, I.e., 120-132.

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4 8 Erster Teil

Überlieferung: Athanasius bietet den abendländischen Synodalbrief mit

Unterschriften, aber nicht die theologische Erklärung1®; auch Hilarius hat das

Synodalschreiben ohne das Symbol160. Dem Schreiben läßt er den Brief der

Synode an Julius folgen, sodann die Namen der verurteilten Bischöfe der

Orientalen und dann eine Subskriptionsliste, die 60 Namen umfaßt161. Theodoret

hat in seiner Kirchengeschichte das Synodalschreiben mit Ekthesis, aber ohne

Unterschriften162. Der Codex Veronensis LX bietet das Synodalschreiben mit

expositio fidei ohne die Unterschriften163.

Dieser heterogene Überlieferungsbefund ist (neben der Bemerkung des

Athanasius in Tom. ad Ant. 5, die Synode habe keinen solchen Text

angenommen164) seit jeher ein Grund für die Zweifel der Gelehrten an der

Authentizität dieser theologischen Erklärung gewesen165. In dieser Untersuchung

soll hierzu am Ende der Analyse des Serdicense Stellung genommen werden,

wobei auch die Frage nach seiner Rezeption im Westen zu berücksichtigen ist166.

Die erste befriedigende Edition der westlichen theologischen Erklärung von

Serdika hat im Jahre 1909 LOOFS vorgelegt167, verbunden mit einer

ausführlichen Interpretation. Seither hat jene Edition allen Untersuchungen zum

Thema zugrunde gelegen168, bis hin zur englischen Übersetzung in HANSONs

159 Apol. sec. 42-50 (Opitz II, 119-132). 160 Coll. antiar. Paris., Β 11,1 (CSEL 65, 103-126 Feder). 161 Hil., I.e., Β 11,2-4 (126-139 Feder). 162 Thdt., h.e. II, 8,1-52 (GCS Theodoret, 101-118 Parmentier/Scheidweiler). Von Theodorets Text abhängig sind noch Theodoras lector, Historia ecclesiastica tripartita (codex Marcianus gr. 344, keine Edition) sowie Cassiodor, Historia ecclesiastica tripartita IV,24,42-57 (CSEL 71, 188,234 -191,321 Jacob/Hanslik). 163 Fol. 81a-88a, EOMIA 1/2 (645-653 Turner). - Namenslisten als Unterschriften zweier Schreiben der Synode bzw. des Athanasius an den Klerus der Mareotis (Turner 658. 660-662). 164 PG 26, 800C. Der Text in dieser Arbeit unten S. 99 Anm. 457. 165 So schon GWATKIN, Studies, 724-727; BARDY, Irdnikon 16 (1939), 409; ReSR 20 (1940), 28ff. GELZER, ZNW 40 (1941), 24, meinte, daß die Schlußpassage des Synodalschreibens "inhaltlich wie formal alle Zeichen eines Abschlusses" aufweise und daher die theologische Erklärung erst sekundär mit dem Synodalbrief verbunden worden sein könne. 166 S.U.S. 143ff. 178ff. 204ff. 225ff. 167 LOOFS, Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Sardica, AAWB 1909, 3-39. Die Edition hierin 7-11. 168 Ich nenne SCHNEEMELCHER, Serdika, 356ff. mit Anm. 40; KELLY, Glaubensbekenntnisse, 275ff.; DINSEN, Homousios, 105ff., BARNARD, Serdica, 88 mit Anm. 13; LOHR, Entstehung, 22ff.

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2 Die Synode von Serdika 4 9

neuer Gesamtdarstellung zum arianischen Streit1®, auch wenn gelegentlich auf

die Revisionsbedürftigkeit des Textes von LOOFS hingewiesen worden ist™.

Es ist das Verdienst von TETZ, im Jahre 1985 eine neue Edition des

Serdicense vorgelegt zu haben171, die, auch wenn in einigen Einzelheiten m.E.

durchaus noch Diskussionsbedarf besteht172, den Text von LOOFS grundlegend

verbessert hat. Zweifellos sind für den Versuch einer theologischen Interpretation

des Serdicense nunmehr neue Voraussetzungen gegeben; TETZ selbst hat in

seinem Aufsatz hierzu erste Vorschläge unterbreitet173. Auch HALL hat jüngst

auf einige wichtige Aspekte zur Interpretation des Serdicense hingewiesen174,

wobei er sich, noch ohne die Edition von TETZ zu kennen175, v.a. an der in der

Theodoretüberlieferung gegebenen Textgestalt orientierte176.

Ich werde bei meiner Interpretation des Serdicense zunächst kurz auf die

Überlieferung eingehen und sodann den Text und eine deutsche Übersetzung

geben. Beim griechischen Text beziehe ich mich auf die von TETZ

vorgenommene Edition und gehe lediglich in Anmerkungen auf diejenigen Stellen

besonders ein, an denen ich mich von der TETZschen Rekonstruktion abgrenze

und einer anderen Textgestalt den Vorzug gebe.

2.2.1.1 Die Überlieferung des Serdicense

Die Überlieferung des Serdicense ist übersichtlich aufgeführt bei TETZ177. Im folgenden bezeichnen demnach: π die Gesamtheit der Theodorethandschriften (welche besteht aus Β, Α [mit Ac aus anderer Tradition], r [N+GS(s)] und ζ [L+FV(v); V beginnt erst in 4 mit πατέρα μή γεγεννήσ9·αι]), Τ die von Theodoret abhängige Überlieferung bei Theodoras lector (nicht ediert) und c die

1W HANSON, Search, 299-302 mit Anm. 92. 170 SCHWARTZ, ZNW 35 (1936), 6 mit Anm. 5; TETZ, ZNW 66 (1975), 201 mit Anm. 22; BARNARD, I.e., 88. 171 ZNW 76 (1985), 252-258. 172 SEIBT, Markeil, 118 Anm. 998 äußert die Ansicht, daß "die Frage(n) der Sprache des Originals, der handschriftlichen Überlieferung und der Fülle der vorgenommenen Konjekturen (...) neu aufgerollt werden müßten". Einige Korrekturvorschläge gegenüber der TETZschen Textrekonstruktion bei ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 398ff., einige weitere, allerdings nur einen Halbsatz aus 4 sowie den gesamten 12 betreffend bei SEIBT, I.e., 143f. 314. 173 ZNW 76 (1985), 243ff. 174 StPatr 19 (1989), 173-184. 175 Vgl. I.e., 173 mit Anm. 1. 176 HALL bietet hierzu auch eine englische Übersetzung des Textes, I.e., 175-177. 177 L.c., 251.

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50 Erster Teil

gleichfalls von Theodoret abhängige Überlieferung bei Cassiodor178. Der in der Überlieferung eigenständige Cod. Ver. LX179 wird mit t bezeichnet.

Die Frage nach der Originalsprache des westlichen Serdicense wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Für ein griechischsprachiges Original optierten v.a. FEDER180 und GELZER181, für ein lateinisches SCHWARTZ182 und OPITZ10. Letzteren folgten bis jüngst die meisten Gelehrten184. BARNARD ist im Zusammenhang seiner Monographie zur Synode von Serdika nach ausführlichen Analysen dafür eingetreten, daß der Text von vornherein zweisprachig abgefaßt gewesen ist185.

Entgegen der Mehrheitsmeinung der Forschung halte ich einen griechischen Prä-Text, den man m.E. angesichts der Tatsache, daß das Dokument noch an Ort und Stelle ins Lateinische übersetzt sein muß, nur bedingt "Original" nennen kann, für wahrscheinlich; meine Gründe hierfür hängen mit der theologischen Provenienz des Textes zusammen; ich verweise dazu auf meine Kommentierung des Serdicense und die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen. (Siehe unten unter 2.2.3. und den anschließenden Exkurs).

Bei dem nun folgenden Prä-Text des Serdicense kann es sich natürlich nur um eine möglichst sorgfältig rekonstruierende Näherung handeln. Wir besitzen leider weder den griechischen Text noch seine lateinische Übersetzung von 342. Die von Turner edierte, späte und ziemlich verderbte lateinische Fassung aus dem Cod. Ver. LX gebe ich hier nicht mit bei (vgl. aber die kleine ausgewählte Gegen-überstellung unter 2.2.4). Zur Frage einer möglichen lateinischen Übersetzung des hier vorgelegten griechischen Prä-Textes und von dessen Verhältnis zur Fassung des Cod. Ver. LX hoffe ich, mich in nicht allzu ferner Zukunft an anderer Stelle äußern zu können.

178 Historia ecclesiastica tripartita IV, 24,42-57 (CSEL 71, 188,234 - 191,321 Jacob/Hanslik). 179 EOMIA 1/2, 651,1 - 653,123 Turner. 180 Studien I, 83-88. 181 ZNW 40 (1941), Iff. - GELZER entfaltet seine These anhand des westlichen Synodalschreibens, ist allerdings der Meinung, daß die expositio fidei nicht ursprünglich dazugehört. Zur Authentizitätsdebatte um das westliche Serdicense s.u. unter 2.2.5. 182 ZNW 30 (1931), Iff. 183 Opitz II, 119 mit nota. 184 Z.B. BARDY, Irfenikon 16 (1939), 409f.; FLEMING, Commentary, 273ff.; BRENNECKE, Hilarius, 29f. Anm. 56 (Brennecke ist allerdings mittlerweile für ein zweisprachiges Original eingetreten, vgl. ABRAMOWSKI, ZKG 102 [1991], 400 Anm. 22); LOHR, I.e., 22 mit Anm. 142; TETZ, ZNW 76 (1985), 252. 259. 185 Council, 59. 98-101. Vgl. schon HESS, Canons, 41-45.

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2 Die Synode von Serdika 51

2.2.1.2 Der Text des Serdicense

(§1) Άποκηρύττομεν δέ έκείνους και έξορίζομεν της

καθολικής εκκλησίας τους διαβεβαιουμένους, δτι 9-εός

έστιν δηλονότι ό Χριστός, αλλά μήν άλη9·ινός 9-εός ούκ

εστίν, δτι υιός έστιν.

(§2) άλλα και αληθινός υιός ούκ εστίν, δτι γεννητός 5

έστιν αμα και γενητός. οΰτως γάρ έαυτους νοεϊν τον

γεγεννημένον όμολογοϋσιν, οτι ούτως186 ειπον τό

γεγεννημένον γεγενημένον έστίν. και τοϋ Χρίστου προ

αιώνων οντος διδόασιν αύτφ άρχήν και τέλος187, δπερ ούκ

έν καιρφ, άλλά πρό παντός χρόνου έ'χει. 10

(§3) και ύπόγουν δέ δύο έ'χεις άπό της άσπίδος της

Άρειανής έγεννή9·ησαν, Ούάλης και Ούρσάκιος· οι τίνες

καυχώνται και ούκ άμφιβάλλουσι λέγοντες εαυτούς

Χριστιανούς είναι και δτι ό λόγος και δτι τό πνεύμα και

έτρώ&η και έσφάγη και άπέ9·ανεν και άνέστη καί, δπερ 15

τό τών αιρετικών σύστημα φιλονεικεϊ, διαφόρους είναι

Ι«6 TETZ, I.E., 252. 254 liest den ganzen Passus m.E. völlig zu Recht mit J ITC, konjiziert dann aber glättend ώσ< περ> nach t (sicut supra) statt οτι οϊίτως TIC (καί οτι ούτως Τ). Der griechische Text ist sicher holprig; aber das gilt auch sonst für das Serdicense, und die Bezeugung ist hier relativ so gut, daß ich dazu neige, οτι οΰτως zu belassen. is? T E T Z i C j 252. 254, konjiziert αρχήν <τοΰ είναι >, einen Vorschlag von LOOFS, I.e., 14, aufgreifend, den dieser selbst allerdings nicht in seiner Edition aufgenommen hatte. Aber αρχήν καί τέλος wird von der Überlieferung ohne Ausnahme geschrieben (π, Τ, c und t [initium et finem]). Auch eine auf Textähnlichkeiten o.ä. beruhende Begründung für die Konjektur ist nicht in Sicht. Inhaltlich ist άρχήν τοϋ εΓναι leichter, denn von dem Vorwurf, die Eusebianer hätten Christus ein Ende zugeschrieben, wissen wir sonst nichts. Er findet sich vielmehr umgekehrt in deren antimarkelüscher Polemik. Dennoch ist auch der durch die Textüberlieferung gegebene Sinn nicht unmöglich. Schon SCHEIDWEILER, ZNW 44 (1952/3), 249, hatte die Erwähnung des τέλος damit erklärt, daß es ein beliebtes Mittel der Polemik sei, den Gegner auf eine von ihm selber nicht bemerkte, absurde Konsequenz (die hier durch das Wortpaar Anfang-Ende gegeben wäre) seiner Lehre hinzuweisen und so zu widerlegen: Die Eusebianer, die Christus einen Anfang vor aller Zeit gaben, müssen ihm konsequenterweise auch ein Ende zuschreiben (vgl. Phoebadius, C. Ar. 2,5: "puto autem cui initium sie adscribitur, fini obnoxius non negetur", CChr.SL 64, 24, 16f. Demeulenaere; LOOFS, I.e., 14; ähnlich auch Luzifer von Calaris, Äthan. II, 34). Die westlichen Synodalen von Serdika waren so in der Lage, die vom Osten erhobenen Vorwürfe gegen Markells Verständnis von l.Kor 15,24-28 gleichsam zurückzugeben. SCHEIDWEILER will seine Sicht durch umfängliche Konjekturen abstützen, die m.E. nicht nötig und nicht zu akzeptieren sind. HALL, I.e., 179, geht ebenfalls mit der Textüberlieferung, erklärt den Text aber ein wenig dunkel: "Mention of the end is due to Marcellan preoccupations".

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5 2 Erster Teil

τάς υποστάσεις τοϋ πατρός και τοϋ υΐοϋ και τοΰ αγίου

πνεύματος και είναι κεχωρισμένας.

(§4) ήμεϊς δέ ταύτην παρειλήφαμεν και δεδιδάγμε&α,

ταύτην έ'χομεν τήν κα8·ολικήν και άποστολικήν παράδοσιν 20

και πίστιν και όμολογίαν μίαν είναι ύπόστασιν, ην

αύτοί οί αιρετικοί188 και ούσίαν προσαγορεύουσι, τοΰ

πατρός και τοΰ υίοΰ και τοΰ άγιου πνεύματος, και

εϊ ζητοίεν, τίς τοΰ υίοΰ ή ύπόστασις188", εστίν

ομολογουμένως αυτη, ή ήν189 μόνου τοΰ πατρός· όμοΰ 25

λέγομεν μηδέ ποτε πατέρα χωρίς υίοΰ μηδέ υίόν χωρίς

πατρός190 γεγενήσ&αι μηδέ είναι δύνασ9·αι, δτι εστι

188 ABRAMOWSKI, I.e., 400, sieht οί αιρετικοί als Glosse (t: graeci). Dies scheint mir nicht erforderlich zu sein. Der Text ist sachlich gut zu verstehen. Dem Mißverständnis, der Text halte die Synonymität von ουσία und ύπόστασις für häretisch (so etwa TETZ, I.e., 261), wird auch durch die Streichung des οί αιρετικοί nicht wirksam begegnet; es liegt im αύτοί (t: ipsi). Vgl. meine Kommentierung zu 4 und ABRAMOWSKI, I.e., 401. iss» T E T Z , i C j 252. 255 liest και εί ζητοίεν τ ι ς τοΰ υίοΰ τήν ύπόστασιν, nach t et si qaerit quis fili substantiam. Aber dies ist nur in seiner sehr problematischen Voraussetzung eines lateinischen "Orginals" begründet - zudem müßte man dann doch wohl den griechischen Text noch in ζητοίη oder ζητοί statt ζητοίεν ändern. Ich folge mit LOOFS T. 189 ήν ή π; esse c; quam t. - TETZ, I.e., 255, konjiziert hier ein μή und liest: εστίν ομολογουμένως αυτη μή μόνου τοϋ πατρός. Er meint: "Daß hier eine Negation stehen muß, hat etwas überraschendes für den, der nicht wie die Verfasser den Heiligen Geist einbezieht und konsequent trinitarisch denkt". Doch ist TETZ' Konjekturvorschlag durchaus auch überraschend für den, der - wie die Verfasser - den theologischen Gedankenschwerpunkt des Passus wie des ganzen Serdicense in der Einhypostasenlehre erblickt. Der Satz über die Hypostase des Sohnes soll ja gerade das vorangegangene μίαν είναι ύπόστασιν (...) τοΰ πατρός και τοϋ υίοΰ και τοϋ άγίου πνεύματος entfalten. Und auch die Fortsetzung des Gedankens Z. 25ff. (zum Text vgl. die folgenden beiden Anmerkungen) ist nicht "konsequent trinitarisch", sondern beantwortet weiter die Frage nach der Hypostase des Sohnes und ihrer Beziehung zum Vater im Sinne der Einhypostasentheologie. Aus diesen Gründen erscheint mir die von TETZ vorgeschlagene Konjektur μή ganz unmöglich; sie stellt den Sinn geradezu auf den Kopf. - Statt ήν ή wie π ist ή ήν zu lesen, zur Begründung vgl. LOOFS, I.e., 17. IM TETZ, I.e., 254f. liest hier υίόν χωρίς πνεύματος statt υίόν χωρίς πατρός. Doch die Überlieferung hat übereinstimmend πατρός (t: patre). Die Notwendigkeit, hier eine Konjektur einzusetzen, ergibt sich für TETZ, weil er den Gesamtpassus "konsequent trinitarisch" verstehen will. Dies ist jedoch weder vom Sinn der Stelle her (vgl. vorige Anm.) noch vom folgenden Begründungssatz her (siehe folgende Anm.) zu vertreten. Auch die Fortsetzung des Passus Z. 28ff. mit den Schriftzitaten Joh 14,10 und 10,30 zeigt, daß die Verfasser ganz die Aussage der hypostatischen Einheit von Vater und Sohn in den Vordergrund stellen. - Meine eigenen Bemühungen um diese Stelle im Text des Serdicense hatten bereits zu dem in dieser und der vorigen Anmerkung vertretenen Ergebnis geführt, ehe mir im Januar 1992 der Aufsatz von ABRAMOWSKI bekannt wurde, der (I.e., 398) in diesem Punkte mit meinen Analysen übereinstimmte.

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2 Die Synode von Serdika 53

λόγος πνεύμα"1, άτοπώτατον γάρ έστι λέγειν ποτέ

πατέρα μή γεγενήσ&αι πατέρα δια τοϋτο, οτι δήλόν έστι

πατέρα χωρίς υίοΰ μήτε όνομάζεσ&αι μήτε είναι 30

δύνασ9·αι. εστίν αύτοϋ τοΰ υίοΰ μαρτυρία "εγώ

έν τω πατρί και ό πατήρ έν έμοί" και "έγώ και ό

πατήρ εν έσμεν".

(§5) ουδείς ημών αρνείται τό "γεγεννημένον", άλλα κτίσ-

μα"2 γεγεννημένον παντάπασιν ωσπερ αόρατα και όρατά 35

προσαγορεύειν γεννηθέντα τεχνίτην και αρχαγγέλων και

αγγέλων και κόσμου και τοΰ ανθρωπίνου γένους, δτι

φησίν "ή πάντων τεχνϊτις έδίδαζέ με σοφία" και "πάντα

δι' αϋτοΰ έγένετο". ουδέποτε γάρ τοΰ είναι ήδύνατο

άρχήν λαβείν, οτι ό πάντοτε ών άρχήν ούκ εχει λόγος 40

S-εός ούδέ ποτε υπομένει τέλος.

(§6) ού λέγομεν τον πατέρα υίόν είναι ούδέ πάλιν τον

υίόν πατέρα είναι- άλλ' ό πατήρ πατήρ έστι και ό υιός

πατρός υιός. όμολογοΰμεν δύναμιν είναι τοΰ πατρός τον

υίόν. όμολογοΰμεν τον λόγον 9-εοϋ πατρός, παρ' ο ν ετερος 45

ουκ έ'στιν, και τον λόγον άλη9·ή 9-εόν και σοφίαν και

δύναμιν. άλη&ή δέ υίόν παραδιδόαμεν άλλ' ούχ ώσπερ οϊ

λοιποί υίοί προσαγορεύονται, τον υίόν λέγομεν, οτι

έκείνοι ή διά υίο&εσίαν ή τοΰ γεννάσ9·αι χάριν ή διά τό

καταξιω9·ήναι υίοί προσαγορεύονται, ου διά τήν μίαν 50

191 Die Überlieferung dieses Satzes ist heterogen: quod est Verbum Spiritus t; δ έστι λόγος πνεΰμα cBF; ο έστι λόγος πνεύματος Ν; δς έστι λόγος πατρός GS; φ έστι λόγος πνεΰμα ούκ έχων Α (φ auf Rasur) DP; Auslassung Τ. - Der Sinn spricht für einen Begründungssatz, δτι έστι kann in δ έστι verlesen sein. Der Sohn wird als Logos prädiziert (vgl. 5f.); die Begründung für die hypostatische Einheit liegt darin, daß der Logos wesenhaft Pneuma und somit Gott ist. Joh 4,24 steht im Hintergrund: πνεΰμα ö &εός. Also sind auch die Hypostase des Vaters und des Sohnes als eins zu betrachten. ABRAMOWSKIs (I.e., 398f.) Annahme einer falsch erklärenden und falsch in den Text geratenen Glosse ist somit m.E. nicht erforderlich. SEIBT, Markell, 143, entscheidet sich für die Lesart der Hss G, S, ohne eine Begründung zu geben [statt "Serdicense §5 ist bei ihm zu lesen "Serdicense §4"]. 192 Die Konjektur (τισιν BN; τισίν G; τισί S; τισι V; τίσι FT; quibus c; quibusdam t) begründet bei TETZ, I.e., 255f. Sie ist an dieser Stelle unabdingbar und erleichtert wesentlich das Verständnis dieser ohnehin schwierigen Passage.

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54 Erster Teil

ύπόστασιν, ήτις έστι τοΰ πατρός και τοϋ υΐοϋ.

(§7) όμολογοϋμεν και μονογενή και πρωτότοκον, άλλα

μονογενή τον λόγον, δς193 πάντοτε ήν και εστίν έν τφ

πατρί- τό πρωτότοκος δέ τφ άν&ρώπφ διαφέρει και τή

καινή κτίσει, δτι και πρωτότοκος έκ νεκρών, όμολογοϋμεν 55

ενα είναι 9-εόν- όμολογοϋμεν μίαν πατρός και υΐοϋ

9-εότητα.

(§8) ούδέ τις αρνείται ποτε "τον πατέρα τοΰ υΐοϋ

μείζονα", οΰ δι' άλλην ύπόστασιν ούδέ τινα διαφοράν,

αλλ' δτι αύτό τό δνομα τοϋ πατρός μείζον έστι τοϋ υίοΰ. 60

(§9) ανίτη δέ έστιν αύτών ή βλάσφημος και διεφθαρμένη

ερμηνεία, δτι εϊρηκέναι αύτόν φιλονεικοΰσιν "εγώ και ό

πατήρ εν έσμεν" δια τήν συμφωνίαν και τήν όμόνοιαν.

κατέγνωμεν πάντες οι καθολικοί τής μώρας και οίκτράς

αύτών διανοίας* ώσπερ άν&ρωποι 9-νητοί επειδή 65

διαφέρεσ&αι ήρξαντο προσκεκρουκότες διχονοοΰσι και εις

διαλλαγήν έπανίασιν, ούτως διαστάσεις και διχόνοιαι

μεταξύ πατρός 9-εοΰ παντοκράτορος και τοϋ υίοΰ είναι

ήδύναντο, δπερ άτοπώτατον και νοήσαι και ύπολαβείν.

(§10) ήμεϊς δέ και πιστεύομεν και διαβεβαιούμεθ-α και 70

ουτω νοοΰμεν, δτι ή ιερά φωνή έλάλησεν "εγώ και ό

πατήρ εν έσμεν" διά τήν της υποστάσεως ένότητα, ή'τις

έστι μία τοϋ πατρός και τοϋ υίοΰ. και τοϋτον

πιστεύομεν πάντοτε άνάρχως και άτελευτήτως μετά τοΰ

πατρός βασιλεύειν και μή εχειν μηδένα χρόνον μήτε 75

έκλείπειν αύτοΰ τήν βασιλείαν, δτι δ πάντοτε έ'στιν

ούδέ ποτε τοΰ είναι ήρξατο ούδέ έκλείπειν δύναται.

(§11) πιστεύομεν και παραλαμβάνομεν τον παράκλητον τό

m λόγον δς π; Verbum, qoud t; der Sinn legt m.E. einen Relativsatz nahe, der den eingeborenen Logos näher bestimmt. TETZ, I.e., 256, plädiert für δτι (t: quod) und vermutet ein Mißverständnis aller Theodoret-Überlieferung aufgrund lateinischer Vorlage. Aber ob es eine solche lateinische Vorlage überhaupt gab, ist mir sehr zweifelhaft. Zur Frage der Originalsprache" des Serdicense s. unten meinen Exkurs S. 91ff.

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2 Die Synode von Serdika 55

αγιον πνεϋμα, δπερ ήμίν αυτός ό κύριος έπηγγείλατο και

έπεμψε. και τοϋτο πιστεύομεν πεμφθ-έν. και τοΰτο οΰ 80

πέπον9·εν, άλλ' ό άνθρωπος"4, δν ένεδύσατο, δν άνέλαβεν

έκ Μαρίας της παρθένου, τόν άν9·ρωπον τον πα9·εΐν

δυνάμενον δτι άν&ρωπος 9-νητός, 9-εός δέ αθάνατος,

πιστεύομεν δτι τη τρίτη ήμέρφ ανέστη ούχ ό 9-εός έν τφ

άν&ρώπφ, άλλ' ό άν&ρωπος έν τφ θΐώ ανέστη, δντινα και 85

προσήνεγκε τφ πατρί έαυτοϋ δώρον, δν ήλευ&έρωσεν.

πιστεύομεν δέ δτι εύ9·έτφ καιρώ και ώρισμένφ πάντας και

περί πάντων αυτός κρίνει.

(§12) τοσαύτη δέ έστιν αυτών ή άνοια και οϋτω παχεϊ

σκότφ ή διάνοια αυτών έκτετύφλωται, ίνα μή δυνη9-ώσιν 90

ϊδεΓν τό φως της άλη9-είας· ού συνιάσιν φ λόγφ εΓρηται

"Ινα αυτοί έν ήμΐν εν ώσι". σαφές έστι δια τί ε ν δτι

οί απόστολοι πνεϋμα άγιον τοΰ 9-εοϋ έλαβον, άλλ' δμως

αύτοί ούκ έκλή9ησαν195 πνεϋμα, ουδέ τις αύτών η .

λόγος η σοφία η δύναμις ήν ουδέ μονογενής ην. 95

"ώσπερ" φησίν "έγώ και σύ εν έσμεν, οΰτως και

αυτοί έν ήμΐν εν ώσιν". άλλ' ακριβώς διέστειλε ή

9-εία φωνή· "έν ήμΐν εν19ί ώσιν" φησίν ούκ είπεν

ώσπερ ήμεΐς έν έσμεν, έγώ και ό πατήρ· άλλ' οί197

194 TjjTZ, I.e., 253, Begründung 257, liest den Passus: και τοϋτον πιστεύομεν παθόντα, άλλ' άν9ρωπο<ν>, δν ένεδΰνατο ..., d.h. er bezieht die Stelle auf den κύριος, nicht auf das πμεΰμα. Hierzu beruft er sich in Auseinandersetzung mit LOOFS auf eine Parallele bei Gregor von Elvira, Fid. orth. 8. Diese Rekonstruktion unterbewertet jedoch die hinter 11 stehende Anschauung, daß das Göttliche in dem geschichtlichen Christus das πνεϋμα gewesen ist. LOOFS führt hierfür nicht Elllein Gregor von Elvira, Fid. orth. 8 an, sondern auch noch eine Fülle weiterer Belege aus markellischer und abendländischer Tradition. Ihnen gemeinsam ist der Gedanke der Wesensbestimmung des Logos-Sohnes als Geist, wie er ja auch im Serdicense selbst (§4, Z. 27f.) begegnet. Ich gebe daher an dieser Stelle dem Text von LOOFS, der mit der von PARMENTIER erstellten Theodoret-Version übereinstimmt, den Vorzug. Zum Überlieferungsbefund siehe LOOFS, l.c, 10; PARMENTIER/SCHEIDWEILER, GCS Theodoret, 117; TETZ, I.e., 257. 195 TETZ, I.e., 257 folgt hier t (vocati sunt) als schwierigerer Lesart. Anders LOOFS, I.e., 10, SEIBT, I.e., 314. 196 T E T Z , I.C., 257, streicht εν (πΤ) als Angleichung an den Bibeltext, durch die die Perspektive verschoben werde. Aber der Gedanke liegt hier in der Unterscheidung des "In-uns-eins-seins" gegenüber dem "Wie-wir-eins-sein" (Z. 98f.), so daß das εν erforderlich ist. 197 TETZ, I.e., läßt den Artikel ohne Begründung weg (t: diseipuli).

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56 Erster Teil

μα&ηταϊ έν έαυτοΐς198 σύζυγοι και ηνωμένοι εν ώσι 100

τη πίστει και τη ομολογία"9 , ί να και έν τη χάριτι200

και ευσεβείς τη τοΰ 9-εοΰ πατρός και τη τοϋ

κυρίου και σωτηρος ήμών συγχωρήσει και α γ ά π η εν ε ίναι

δυνη9·ώσιν.

2.2.1.3 Übersetzung

Für den Text des Serdicense biete ich die folgende deutsche Übersetzung:

(§1) Wir sagen uns öffentlich los und verbannen aus der katholischen Kirche

jene, die behaupten, daß Christus in der Tat Gott sei, aber nicht wahrer

Gott, weil er Sohn sei.

(§2) Aber er sei auch nicht wahrer Sohn, weil er zugleich gezeugt und geworden

sei. D e n n so bekennen sie ja, das "gezeugt" für sich zu verstehen, weil sie

folgendermaßen gesagt haben: "'Gezeugt' ist 'geworden'". Und obwohl

Christus vor den Äonen sei, geben sie einen Anfang und ein Ende, welches

er nicht in dieser Zeit, sondern vor aller Zeit habe.

(§3) U n d nun sind kürzlich zwei Vipern aus der arianischen Giftschlange

erzeugt worden, Valens und Ursacius. Sie rühmen sich und finden nichts

dabei, zu sagen, daß sie Christen seien und: "Der Logos und der Geist

wurde verwundet und getötet und ist gestorben und auferstanden" und, was

198 LOOFS, I.e., 11 und PARMENTIER/SCHEIDWEILER, I.e., 118, lesen hier m.E. richtig mit BFvtc έαυτοΓς. TETZ, I.e., 258, meint, daß mit TLAr αύτοίς zu lesen sei. Seine Begründung, die Lesart έαυτοΓς "verpatz(e) die Pointe von 12" [Relativierung der Kirche], leuchtet mir nicht ein. Der Gedanke ist, daß das Untereinander-eins-sein der Jünger im Glauben und Bekenntnis gründet (und zwar hier konkret in dem Bekenntnis zur einen Hypostase, vgl. §4 des Serdicense, Z. 21). 199 LOOFS, der im folgenden Nebensatz m.E. richtig mit Iva anschließt (vgl. nächste Anm.), meint, daß, wer "diese Einfügimg gutheißt, (...) auch die dem Sinne nach gewiß empfehlenswerte Änderung des τη πίστει, τη ομολογία in τη πίστεως ομολογία billigen" müsse (I.e., 36); TETZ, I.e., 257, hat dargelegt, daß dies den Charakter einer modernisierenden Konjektur hat, "die auf 'Glaubensbekenntnis' aus ist"; auch ist die einzige handschriftliche Lesart, die für LOOFS' Text zu sprechen schien, durch die Cassiodor-Edition von Jakob/Hanslik (CSEL 71) praktisch weggefallen. 200 π bietet έν τη, t ut in, c in; LOOFS, I.e.,11, liest ίνα και έν τη, was PARMENTIER, I.e., 118, übernimmt, dabei aber das ίνα als Konjektur kennzeichnet. TETZ, I.e., 258 und schon ZThK 81 (1984), 199 Anm. 11, konjiziert πάντες und liest και πάντες χάριτι, "weil andernfalls eine unsinnige Sequenz herauskäme, nach der die Jünger zuerst verbunden und geeint sind, dann eins sein sollen und schließlich eins sein können". Die Sequenz ist aber so unsinnig nicht: Zu unterscheiden ist das Eins-sein der Jünger in Glaube und Bekenntnis, das das Eins-sein in der Liebe erst ermöglicht (δυνη&ώσιν; Ζ. 104). Vgl. SEIBT, I.e., 315, der allerdings das von LOOFS vorgeschlagene ίνα, das den Zusammenhang glänzend klärt, nicht übernimmt.

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2 Die Synode von Serdika 5 7

die Gruppe der Häretiker vertritt, daß die Hypostasen des Vaters und des

Sohnes und des Heiligen Geistes verschieden seien und getrennt.

(§4) Wir haben aber übernommen und sind gelehrt worden, wir haben diese

katholische und apostolische Überlieferung und Glauben und Bekenntnis:

Es ist eine Hypostase, die selbst die Häretiker auch Usia nennen, des

Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und falls sie fragen,

welches die Hypostase des Sohnes ist: Es ist offenkundig dieselbe wie die

des alleinigen Vaters. Zugleich sagen wir, daß niemals der Vater ohne den

Sohn und nicht der Sohn ohne den Vater gewesen ist und auch nicht sein

kann, weil der Logos Geist ist. Ganz unsinnig ist es, zu sagen, daß der

Vater einmal nicht Vater war, denn es ist deutlich, daß der Vater ohne

Sohn weder Vater genannt werden noch sein kann. Das ist das Zeugnis des

Sohnes selbst: "Ich bin im Vater und der Vater in mir" und "Ich und der

Vater sind eins".

(§5) Niemand von uns leugnet das "gezeugt". Aber (wir leugnen) freilich, ihn

gleich den sichtbaren und unsichtbaren Dingen "als Geschöpf gezeugt" zu

bezeichnen, (ihn) der gezeugt ist als Bildner auch der Erzengel und Engel

und der Welt und des Menschengeschlechtes, weil es heißt: "Die Weisheit,

Bildnerin von allem, lehrte mich" und "Alles ist durch ihn geworden". Nie

könnte er einen Anfang des Seins genommen haben, weil der Logos Gott,

der immer ist, keinen Anfang hat und keinem Ende unterliegt.

(§6) Wir sagen nicht, daß der Vater Sohn ist und auch nicht, daß der Sohn

Vater ist. Sondern der Vater ist Vater und der Sohn Sohn des Vaters. Wir

bekennen, daß der Sohn die Kraft des Vaters ist. Wir bekennen den Logos

Gottes, des Vaters, neben dem ein anderer nicht ist; und der Logos ist

wahrer Gott und Weisheit und Kraft. Wir lehren ihn als wahren Sohn:

Aber wir bezeichnen ihn nicht als Sohn, wie die übrigen (Söhne) Söhne

genannt werden, weil jene entweder durch Adoption oder Dank der

Geburt oder dadurch, daß sie für würdig befunden wurden, Söhne genannt

werden, nicht aber aufgrund der einen Hypostase, welche die des Vaters

und des Sohnes ist.

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58 Erster Teil

(§7) Wir bekennen ihn als Eingeborenen und Erstgeborenen, aber als

Eingeborenen den Logos, der immer im Vater war und ist. "Erstgeborener"

bezieht sich demgegenüber auf den Menschen und auf die neue Schöpfung,

da er auch Erstgeborener von den Toten ist. Wir bekennen, daß Gott einer

ist. Wir bekennen die eine Gottheit von Vater und Sohn.

(§8) Keiner leugnet je das "Der Vater ist größer als der Sohn", aber nicht

aufgrund einer anderen Hypostase und nicht aufgrund irgendeines

Unterschiedes, sondern weil der Name selbst des Vaters größer ist als der

des Sohnes.

(§9) Dies aber ist ihre lästerliche und verderbte Auslegung, daß sie behaupten,

er habe das "Ich und der Vater sind eins" gesprochen wegen der

Übereinstimmung und Meinungsgleichheit. Wir Katholiken haben aber alle

diese ihre törichte und klägliche Ansicht verdammt. Wie sterbliche

Menschen, nachdem sie begonnen haben, sich zu entzweien, Anstoß

nehmen und uneins sind und (dann wieder) zur Versöhnung

zurückgelangen, so könnten wohl (ihrer Meinung nach) auch zwischen Gott

Vater dem Allmächtigen und dem Sohn Entzweiungen und Uneinigkeiten

sein, was zu denken und anzunehmen absurd ist.

(§10) Wir aber glauben und bekräftigen und denken so, daß die heilige Stimme

gesagt hat: "Ich und der Vater sind eins" aufgrund der Einheit der

Hypostase, welche eine (Hypostase) des Vaters und des Sohnes ist. Wir

glauben, daß der Sohn immer und ohne Anfang und Ende mit dem Vater

regiert und keiner Zeit untersteht und seine Herrschaft nicht vergeht, weil

das, was immer ist, weder einen Anfang des Seins hatte noch vergehen

kann.

(§11) Wir glauben und nehmen an den Paraklet, den Heiligen Geist, den uns der

Herr selbst verkündet und gesandt hat. Von ihm glauben wir, daß er

gesandt worden ist. Er ist aber nicht der, der litt, sondern der Mensch, den

er angezogen hat, den er aus der Jungfrau Maria angenommen hat, der

Mensch, der leiden konnte. Denn der Mensch ist sterblich, Gott aber

unsterblich. Wir glauben, daß am dritten Tage nicht Gott im Menschen

auferstanden ist, sondern der Mensch in Gott ist auferstanden, den er auch

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2 Die Synode von Serdika 5 9

seinem Vater als Gabe dargebracht hat, den er befreit hat. Wir glauben,

daß er selber zur rechten und festgesetzten Zeit alle Menschen und über

alle Dinge richten wird.

(§12) So groß aber ist ihre Unkenntnis und mit so tiefer Finsternis ist ihre

Wahrnehmung verdunkelt, daß sie das Licht der Wahrheit nicht sehen

können. Sie begreifen nicht, in welchem Sinne gesagt ist: "damit sie in uns

eins seien". Es ist aber klar, warum (gesagt ist) "eins": Weil die Apostel den

Heiligen Geist Gottes empfingen; aber dennoch wurden sie nicht Geist

genannt, und es war auch keiner von ihnen Logos, Weisheit oder Kraft und

auch nicht Eingeborener. Es heißt: "Wie ich und du eins sind, so sollen

auch sie in uns eins sein." Aber die göttliche Stimme unterschied genau:

"Sie sollen in uns eins sein", heißt es. Sie sagte nicht: "Wie wir eins sind, ich

und der Vater"; sondern die Jünger sollen, miteinander verbunden und

vereint, eins sein im Glauben und im Bekenntnis, damit sie auch in der

Freundlichkeit und Demut, die von Gott dem Vater ist, und in der

Vergebung und Liebe, die von unserem Herrn und Retter ist, eins sein

können.

2.2.2 Analyse und Kommentierung des Serdicense

Für die Kommentierung des Serdicense behalte ich, wie schon in der Wiedergabe

des Textes und der Übersetzung, die Paragrapheneinteilung bei, die auf LOOFS

zurückgeht. TETZ201 hat darauf hingewiesen, daß "sich andere Abgrenzungen

nahelegen mögen", die Einteilung von LOOFS aber beibehalten, um "keine

Konfusionen heraufzubeschwören". Dem schließe ich mich hier an. HALL hat in

seinem Aufsatz zum Serdicense202 eine stärker an der Argumentationsstruktur

des Textes orientierte Gliederung gegeben und damit einige Passagen wesentlich

aufgehellt. Ich werde im folgenden auf HALLs Einteilung an den Stellen

hinweisen, an denen sie inhaltlich von Belang ist.

201 ZNW 76 (1985), 252. 202 StPatr 19 (1989), 175ff.

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60 Erster Teil

§1 Die Synodalen beginnen ihren Text mit der Verwerfung gegnerischer

Lehren (§§1-3). Ihre Kontrahenten konzedieren zwar, daß Christus Gott ist,

streiten aber ab, daß er wahrer Gott ist203, δτι υιός έστιν ist Begründungssatz

hierzu204. Zwar haben die Eusebianer in Ant II und Ant IV bekannt "9-εόν έκ

9-εοΰ"205 und damit den Sohn als Gott prädiziert, doch ist dies nach Ansicht der

westlichen Synodalen nicht weitgehend genug, um die wahre Gottheit· Christi

hinreichend auszusagen. Es fehlt das αληθινό ν 9-εόν, dessen Gültigkeit im

Bekenntnis des Arius und seiner Genossen allein für den Vater reserviert worden

war206, jedoch laut Ν auch für den Sohn gelten muß (9-εόν αλη9-ινόν έκ 9ΐοΰ

άληθ-ινοΰ)207. In dem Brief des Markell an Julius von Rom aus dem Jahre 340/1

war den Gegnern ähnlich vorgeworfen worden: φασΐ γαρ μή ϊδιον και άλη9·ινόν

λόγον είναι τοϋ παντοκράτορας 9-εοΰ τόν υίόν, τόν κύριον ημών Ίησοΰν

Χροστόν208, wobei der markellische Gedanke von der ewigen Herrschaft des

Logos mit Gott dem Vater im Hintergrund steht205.

§2 Den "Arianern" wird weiter vorgeworfen, daß sie die wahre Sohnschaft

Christi bestreiten (Z. 5). Dieser Vorwurf hat eine genaue Parallele im Bekenntnis

des Markell an Julius von Rom. Auch hier heißt es von den Gegnern: μή είναι

αύτόν αλη9·ώς υίόν έκ τοΰ 9-εοΰ210. Laut Serdicense begründen die Gegner aber

nun ihre Bestreitung der wahren Sohnschaft Christi ausdrücklich mit der

203 Man vergleiche schon den Brief Eusebs von Caesarea an Euphration von Belaneae aus der frühesten Phase des Streites: έπεϊ και αυτός 9ΐός μεν ό υιός, άλλ' οϋκ αληθινός 9-εός. (Opitz III, 5, 7f.) 204 Man könnte in dem Satz (einschl. des Beginns von 2) auch zwei gegnerische Behauptungen angegriffen sehen, nämlich daß die "Arianer" sagen: 1. Christus ist Gott, aber nicht wahrer Gott und 2. Er ist Sohn, aber nicht wahrer Sohn; so etwa HANSON, Search, 301, in seiner Übersetzung, quia in t spricht für eine kausale Übersetzung des δτι υιός έστινίη 1, so auch TETZ, I.e., 252; LOOFS, I.e., 7; HALL, I.e., 175. 205 Ath., syn. 23,3 [Opitz II, 249,14] (Ant II); 25,3 [Opitz II, 251,4] (Ant IV). 206 Urk. 6,2 (Opitz III, 12,4). - Der Text ist auch deshalb hier von Belang, weil er im Westen bekannt wurde (HU., Trin. IV,12f. (CChr.SL 62, 112-114) und VI,5f. (Ebd. 199-202). 207 Hierauf hat TETZ, I.e., 259 aufmerksam gemacht. 208 Markell, fr. 129 (GCS Euseb IV, 214, 28f. Klostermann/Hansen). 209 L.c. (215, 4f. Klostermann/Hansen). Die Identifikation von Sohn und Logos hat in der Ep. ad. Iulium (und in den Fragmenten Markells! Vgl. SEIBT, Markell, 210. 217) gerade die Funktion, die Gottheit Christi zu wahren, vgl. FEIGE, Lehre, 221. Sie spielt auch im Serdicense eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Markell vorgeworfene Interpretation von 1. Kor 15, 24-28 als Ende der Herrschaft Christi zu entkräften (s.u. zu §10 des Serdicense). 210 L.c. (214, 34 Klostermann/Hansen).

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2 Die Synode von Serdika 61

Identifikation der Begriffe γεννητός und γενητός (Ζ. 5-8). Dieser Gedanke ist,

wenn ich recht sehe, aus der Argumentation der Eusebianer vor 342 nicht

bekannt2"; zwar waren bis dahin von allen Seiten γενναν und γίννεσ9-αι nicht

differenziert und demnach ununterschieden gebraucht worden; aber von einer

ausdrücklichen begrifflichen Identifikation durch die Eusebianer erfahren wir vor

Serdika nichts. Die Voraussetzung einer solchen Identifizierung könnte im

Versuch der Gegenseite bestanden haben, die Begriffe zu unterscheiden.

Immerhin erfahren wir an einer Stelle von einem solchen Versuch212: Im

"römischen Text" aus dem Streit der Dionyse, der zwar nach der einhelligen

Forschungsmeinung ins 3. Jhdt., den eingehenden Analysen von

ABRAMOWSKI213 zufolge aber in das Vorfeld der Synode von Serdika zu

datieren ist214. Die Unterscheidung von γεννάν und γίννεσ&αι durch den

"römischen Dionys", einen Anonymus aus dem Jahre 340, muß Valens und

Ursacius geradezu dazu provoziert haben, die Begriffe bewußt zu identifizieren.

Aus der Identifikation von γεννητός und γενητός folgern die östlichen Theologen,

daß Christus ein Anfang "vor den Äonen" zuzuschreiben sei (Gen.abs. τοϋ

Χρίστου προ αιώνων οντος Ζ. 8f. ist nicht westliche Position, sondern Referat

gegnerischer Sicht)215; wir wissen aus dem im Cod. Ver. LX fol. 80b-81a

erhaltenen Brief des Ossius und Protogenes aus Serdika an Julius von Rom216,

211 Markell, I.e., weiß von den Gegnern, sie lehrten einen γενόμενον Χόγον (214, 31 Klostermann/Hansen), aber von γεννασ&αι ist keine Rede. Für die Benutzung von αγέννητον und γέννητον bei Athanasius vgl. CHRESTOU, Aug. 13 (1973), 399-409. 212 Anders HANSON, Search, 303; er meint, daß es sich in Serdika (West) um die erste Differenzierung der Begriffe handelt, zu der die Synodalen aufgrund der Identifizierung durch Valens und Ursacius gebracht wurden. 213 ZKG 93 (1982), 240ff. 214 Siehe auch oben unter 1.2. - Ath., decr. 26,6: πολλαχοϋ δέ των &είων λογίων γεγεννησ&αι, αλλ' οϋ γεγονέναι τον υϊόν λεγόμενον είίροι τ ι ς αν (Opitz II, 23, IL). Der ganze Text (decr. 26, 2-7) ist primär 2m der Unterscheidung von Zeugung und Geschaffensein des Sohnes interessiert. Vor diesem Hintergrund halte ich die von Valens und Ursacius in Serdika vertretene Identifikation der Begriffe für ein zusätzliches Argument für ABRAMOWSKIs Datierung des Streites der Dionyse in das Vorfeld von Serdika. 215 Dies haben TETZ, I.e., 254 und HALL, I.e., 179, gegen LOOFS, I.e., 13 gezeigt. 216 Der (verstümmelt überlieferte) Brief EOMIA1/2,644 Turner. Eine neuere, der Sache nach aber eher an der älteren Edition in PL 56, 839 Β - 840 Α orientierte Edition des Briefes findet sich auch bei TETZ, I.e., 247f. Ich benutze hier die Edition von Turner, weil die Ergänzung der Lücken im Brief nach Ant IV, die TETZ vornimmt, mich nicht recht überzeugt; vgl. hierzu unten S. 65ff., bes. 66 mit Anm. 248. - Eine an Turner orientierte englische Übersetzung des Briefes bei DE CLERCQ,

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6 2 Erster Teil

daß in den Verhandlungen de fide drei Fragen aufgeworfen wurden217; diese

reagieren auf neu vorgebrachte Argumente der "Arianer"218; eine davon

behandelte den arianischen Satz: quod erat quando non erat21' (die anderen

zwei Fragen sind leider in der Überlieferung ausgefallen220). Es ist mir sehr

wahrscheinlich, daß bereits hier in §2 des westlichen Serdicense auf eben diesen

Punkt gezielt wird221: Auch wenn die Gegner den Anfang Christi "vor den

Äonen" bzw. "vor aller Zeit"222 sehen, müssen sie ihm aufgrund der Identifikation

von γεννητός und γενητός (neu vorgebrachtes Argument!) doch einen Anfang des

Seins beilegen und, so folgern die westlichen Synodalen, somit sagen: ήν ποτέ δτε

ούκ ήν. Dann aber ist Christus nicht wahrer Sohn und nicht wahrer Gott, da Gott

selbst wesenhaft "anfangslos" ist. Diese Argumentation sah nicht einfach daran

vorbei, daß die Anathematisierung des Satzes ήν ποτέ οτε ούκ ήν von den

Eusebianern voll rezipiert worden war (etwa Ant IV)223; aber durch die

Identifikation von γεννητός und γενητός waren derlei Aussagen in ein

zusätzliches Zwielicht der Unglaubwürdigkeit224 geraten und standen umso

stärker unter dem Verdacht, bloße Beteuerungen zu sein, mit denen die

"arianische Häresie" verdeckt werden sollte.

Eine besondere Pointe der Argumentation in §2 besteht darin, daß der

anderen Seite unterstellt wird, sie lehre nicht nur einen Anfang, sondern auch ein

Ende Christi. Es handelt sich bei letzterem Punkt ja um genau die Auffassung,

die die Eusebianer stets Markeil vorgeworfen hatten225, von der Markeil sich

Ossius, 366; eine neuere bei HALL, I.e., 174; hier auch andere Vorschläge zur Rekonstruktion der "drei Fragen". 217 "Tres enim quaestiones motae sunt", Turner, I.e., 644,6f. 218 "Quoniam post hoc diseipuli Arrii blasphemias commouerunt", Turner, I.e., 644,5f. 219 Turner, I.e., 644,7f. 220 Turner, I.e., 644,8 mit nota. Zu den Versuchen einer Ergänzung s.u.S. 65ff. 221 Vgl. HALL, I.e., 178f. - Daß es sich beim Serdicense tatsächlich um das von Ossius und Protogenes im Brief an Julius erwähnte Bekenntnis handelt, hat HALL, I.e., 177ff., klar erwiesen. 222 προ παντός χρόνου, Ζ. 10. Vgl. Arius! 223 Ath., syn. 25,5 (Opitz II, 251,15f.); vgl. KELLY, Glaubensbekenntnisse, 271f. 224 Markeil, fr. 129 (Ep. ad Iulium) zeigt, daß der Ankyrener ohnehin allen eusebianischen Theologen unterstellte, sie lehrten das ήν ποτε δτε ούκ ήν (215,1 Klostermann/Hansen). 225 Z.B. Euseb, e. th. 111,15 (172, 8-14 Klostermann/Hansen) u.ö.; Ant I: Ath., syn. 22 (Opitz II, 249); Ant IV: I.e. 25 (Opitz II, 251,11). Markell selbst hat diese Lehre vertreten, z.B. fr. 113 (209, 8ff. Klostermann/Hansen), 115 (209, 25f. Kl./H.), 117 (210,15ff. K1./H.) u.ö. [Ich behalte hier und im folgenden die Klostermannsche Zählung der Markell-Fragmente bei, was mir wegen der leichteren Greifbarkeit des GCS-Textes sinnvoll erscheint; SEIBTs Arbeit (Markell von Ankyra als

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2 Die Synode von Serdika 63

aber in seinem Brief an Julius vorsichtig236 und auf der Synode von Serdika

dezidiert227 abzusetzen bemüht gewesen ist. Daß hier der eusebianischen Lehre

unterstellt wird, sie vertrete (indem sie einen Anfang Christi lehre) selbst ein

Ende Christi, gibt den gegen Markell erhobenen Vorwurf der Gegenseite

gleichsam zurück. Dies stellt natürlich die tatsächliche Auffassung der Orientalen

völlig auf den Kopf22" und ist nur als polemischer Schachzug zu verstehen. Auch

ist dieser Vorwurf an die Adresse der Eusebianer sonst nirgends belegt und ganz

singular229.

§3 Unter namentlicher Nennung der Häretiker wird nun ein weiterer Punkt

ihrer Lehre angegriffen: Valens und Ursacius230 sagen, daß der Logos und der

Geist litt, getötet wurde, starb und auferstand (Z. 14f.). In Verbindung mit der

Anschauung, daß der Logos/Geist auch als Subjekt der Leiden Christi angesehen

wird231, steht die Folgerung, daß der Leidende nicht wahrer Gott sein kann (vgl.

§1). §11 der Ekthesis der westlichen Synodalen von Serdika wird zeigen, daß sie

demgegenüber die Leidensaussagen ausschließlich auf den Menschen Christus

beziehen wollen232. Daß demgegenüber die Arianer die Affekte des Leidenden,

Weinenden und Hungernden, dem Logos-Sohn zuschrieben und eben damit

aufzeigen wollten, daß er nicht an die Einzigkeit des Vaters heranreiche,

behauptet (ganz parallel zu den Vorwürfen gegen die Eusebianer im Serdicense)

Reichstheologe, Diss.theol. Tübingen 1992), die eine neue und inhaltlich besser begründete Zählung gibt (einschließlich einer Synopse beider Zählweisen im Anhang), liegt noch nicht im Druck vor], - Die Frage, in welchem Sinne Markell diese Lehre vom Ende der Königsherrschaft Christi vertreten hat, ist jüngst durch SEIBT, I.e., 354-362 einer differenzierteren Untersuchung unterzogen worden, hierzu unten zu §10 des Serdicense. Zum Problem vgl. auch SCHENDEL, Herrschaft, 122f.; FEIGE, I.e., 51f. 226 Markell, fr. 129 (215, 7f. Klostermann/Hansen). 227 Im Synodalbrief West, Ath., apol. sec. 45,1 (Opitz II, 121,37-122,3) parr. - Zum Ganzen s.u. in meiner Kommentierung des Serdicense zu §10. 228 "Kein Arianer (hat) Christo "ein τέλος gegeben". LOOFS, I.e., 14. Das trifft so apodiktisch sicher zu. Vgl. aber für doch zumindest in diese Richtung gehende Vorstellungen Origenes (nach Rufin), z.B. Princ. 1,6,4 (GCS Orig. 5,85,10-20 Koetschau). 229 Dieser Befund hat immer wieder zu Konjekturvorschlägen der Editoren Veranlassung gegeben, s.o. Anm. zu Z. 9 des Serdicense; man vgl. aber 15 Jahre später die ähnliche Wendung bei Phoebadius, CAr. 2,5. 230 Zu Valens und Ursacius vgl. MESLIN, Ariens, 71-84. 231 Von einer "Ein-Naturen"-Christologie spricht TETZ, I.e., 260. 232 S.U.S. 81.

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64 Erster Teil

auch Athanasius233. Da wir jedoch vor 342 von einer solchen Polemik gegen die

östlichen Theologen nichts hören, spricht m.E. alles dafür, diesen Streitpunkt zu

den (lt. Schreiben des Ossius und Protogenes an Julius von Rom) "post hoc"

aufgebrachten Blasphemien zu zählen234. HALL*5 hat aufgrund dieser

Beobachtung den erhellenden Vorschlag gemacht, das im Brief des Ossius und

Protogenes ausgefallene Material entsprechend zu ergänzen. Demnach wäre die

Auseinandersetzung mit den Behauptungen des Valens und Ursacius über das

Leiden des Logos und Pneuma der zweite derjenigen drei Punkte, die den

Synodalen von Serdika unter dem Tagesordnungspunkt de fide zur Behandlung

vorlagen236.

Der letzte der Vorwürfe in §§1-3 richtet sich direkt gegen die

Dreihypostasentheologie der origenistischen Theologen (Z. 16-18), der unterstellt

wird, Vater, Sohn und Geist zu trennen (κεχωριμένας, Ζ. 18)237. Dies ist aus der

antiorigenistischen Polemik vollkommen geläufig und hat z.B. eine direkte

Parallele im Brief des Markeil an Julius von Rom: και δια τό ούτως αυτούς

φρονεϊν άλλην ύπόστασιν διεστώσαν του πατρός είναί φασιν238 wie auch sonst

in der Theologie Markells23®. An dieser Dreihypostasenlehre aber hatten die

origenistisch geprägten Orientalen in ihren Bekenntnisformulierungen stets

festgehalten240.

233 Ar. 111,27: Άρειανοϊ (...) φάσκουσιν ήμίν' Πώς τολμάτε λέγειν Λόγον ίδιον εΓναι της τοΰ Πατρός ουσίας τον έχοντα σώμα, ώστε τοΰτο ύπομεΓναι; und: έκ τών ανθρωπίνων, ών ύπέμεινεν ό Σωτήρ δι' ην εΓχε σάρκα, άπνοϋνται τήν άίδιότητα και 9-εότητα τοϋ Λόγου (PG 26, 381 Α / Β). Auf Parallelen im Abendland (Hilarius, in Matth. 31,2) und bei dem Markeil nahestehenden Eustathius von Antiochien hat schon LOOFS, I.e., ISf., aufmerksam gemacht. 234 Vgl. TETZ, I.e., 260; HALL, I.e., 177. 181. 235 L.c., 181f. Zur sich aus dieser Entscheidung ergebenden Neufassung der Gliederung des Serdicense siehe I.e., 175f. 0 6 Die Tagesordnung der Synode bei Hilarius, Coli, antiar. Paris. Β 11,2,3 (CSEL 65, 128, 4-11 Feder); eine Kommentierung bei BRENNECKE, Hilarius, 30ff., der allerdings die Bedeutung von Lehrfragen auf okzidentaler Seite unterbewertet, vgl. oben S. 38 mit Anm. 57. 237 Der Vorwurf der Trennung der Hypostasen auch im Synodalschreiben; Hil., Coli, antiar. Paris. Β II 1,8 (CSEL 65, 124,5-7 Feder). 238 Fr. 129 (214, 31-33 Klostermann/Hansen). Interessant ist, daß Markeil diesen Vorwurf daraus erklärt, die Gegner lehrten einen γενόμενον λόγον (214, 31 Klostermann/Hansen), vgl. das westliche Serdicense §2. 239 LOOFS, I.e., 16, verweist auf Fragm. 63, 66, 76, 77; TETZ, I.e., 260, auf die Fragmente 63, 69, 74. 240 Explizit noch in Ant II (Ath., syn. 23 [Opitz II, 249, 33]), implizit im stärker vom Zwang zur Konzession geprägten Ant IV (Ath., syn. 25 [Opitz II, 251, 15]).

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2 Die Synode von Serdika 65

Der Angriff auf die Dreihypostasentheologie ist der letzte Aspekt in den §§1-3,

ehe das Serdicense zur positiven Darstellung der eigenen Lehre übergeht (ohne

darin die polemische Auseinandersetzung zu vernachlässigen). Es liegt daher

nahe, zu vermuten, daß die Dreihypostasenlehre der dritte der drei

Diskussionspunkte de fide gewesen ist, der lt. Brief des Ossius und Protogenes

auf dem Konzil behandelt worden ist. Allerdings müßte in diesem Falle die Frage

beantwortet werden, was der "post hoc" aufgebrachte neue Aspekt in dieser

altbekannten Diskussion gewesen sein soll. HALL hat aus der Tatsache, daß das

Thema hier im Zusammenhang mit der Lehre des Valens und Ursacius von der

Passibilität des Logos und Pneuma auftritt, schließen wollen, daß eine

Auseinandersetzung mit einem Angriff der Illyrer gegen die (angeblich)

markellische Identifikation von Logos und Pneuma241 vorläge. Die neuen

Argumente des Valens und Ursacius hätten dann den Impetus gehabt, die

Eigenständigkeit des Geistes mit Hilfe der Dreihypostasenlehre zu wahren242,

was wiederum den westlichen Bischöfen als zusätzlicher Beweis für den

Arianismus ihrer Gegner erschienen sei. Dies scheint immerhin möglich, da die

Rede vom Logos-Pneuma auch sonst im Serdicense eine Rolle spielt (§4; §11).

Doch kommt man hier über Vermutungen nicht hinaus. Über die Einzelheiten

der durch Valens und Ursacius neu angefachten Diskussionslage erfahren wir

leider durch unsere Quellen nirgends etwas Konkretes243.

ZUSAMMENFASSUNG §§1-3:

Das Serdicense beginnt mit einer Darstellung und Verwerfung gegnerischer

Lehre. Mit diesem für bekenntnisartige Texte eher ungewöhnlichen Aufbau folgt

es ziemlich genau der Struktur des Schreibens des Markell von Ankyra an Julius

von Rom244; der Grund für diesen Aufbau dürfte in der Aktualität der

m SEIBT, Markell, 306, hat gezeigt, daß es sich nicht einfach um eine Gleichsetzung handelt. Das Wesen des Logos ist Geist, wodurch er auch als Menschgewordener mit Gott eins ist. 242 HALL, I.e., 182. 243 Daß die theologischen Sätze des Valens und Ursacius allerdings eine dezidiert antimarkellische Stoßrichtung gehabt haben, ist aufgrund der Vorgeschichte der Synode von Serdika angesichts des Aufbaus und Inhalts des östlichen Synodalschreibens zweifelsfrei. 214 Markell, fr. 129 (214f. Klostermann/Hansen); die Verwerfung der gegnerischen Lehre ebenda 214,28-215,3; erst danach folgt Markells eigenes, "positives" Bekenntnis (215,4ff. Klostermann/Hansen).

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66 Erster Teil

polemischen Auseinandersetzung245, vor allem aber in der Absicht liegen, die

nunmehr in den Streit hineingezogenen, in den Einzelheiten der Diskussion aber

noch recht unbedarften Bischöfe des Abendlandes vor der häretischen Lehre der

Gegner zu warnen und zu bewahren246.

Der Hauptvorwurf an die Gegner lautet, daß sie Christus nicht als wahren

Gott anerkennen (§1). In diesem Zusammenhang sind offenbar drei neue

Argumente von gegnerischer Seite her vorgebracht worden247:

1. Durch die bewußte Identifikation von γεννητός und γενητός versehen die

"Arianer" ihre Lehre, daß Christus nicht wahrer Gott sei und der Logos einen

Anfang vor aller Zeit habe, mit einem neuen Argument.

2. Durch die Zuordnung der biblischen Niedrigkeits- und Leidensaussagen zum

Logos und Geist untermauern die "Arianer" ihre Sicht, daß der Logos-Sohn

nicht an die Einzigkeit des wesenhaft leidenslosen Vaters heranreichen kann.

3. Durch die Dreihypostasentheologie geben die "Arianer" zu erkennen, daß sie

Vater, Sohn und Geist als drei verschiedene Wesenheiten auffassen. Über das

"neue Argument" zu diesem Diskussionspunkt sind nur Vermutungen möglich:

Vielleicht hatten sich Valens und Ursacius speziell gegen die markellische

Identifikation von Logos und Pneuma gerichtet.

Diese Rekonstruktion der drei quaestiones zum Tagesordnungspunkt de fide in

Serdika zeigt, daß es möglich ist, den verstümmelt überlieferten Text des

Ossiusbriefes an Julius direkt anhand des polemischen Anfangsteils des

Serdicense zu ergänzen248; es ist dabei jedoch zu beachten, daß alle drei Fragen

245 Rom: Briefe gegen Markeil (214,14f. Klostermann/Hansen); Serdika: Drei quaestiones (EOMIA 1/2, 644 Turner). 246 So ausdrücklich Markell in Rom (215, 37f. Klostermann/Hansen); auch in Serdika geht es darum, zu verhindern, daß einige unwissend den gegenerischen Irrlehren zum Opfer fallen: "ne quis ex Ulis tribus argumentis circumuentus rennuerit fidem...", Turner, I.e., 644, 9f. 247 Vgl. den Brief des Ossius und Protogenes an Julius von Rom (vorige Anmerkung). 248 Diese Rekonstruktion, die i.w. HALL, I.e., folgt, hat den Vorzug, daß sie den Text direkt aus den erhaltenen Quellen des Konzils zu erklären versucht. Ob der Befund ausreicht, um auf den Inhalt eines verlorenen Dokuments zurückzuschließen, dessen Verfasser Valens und Ursacius waren, wie HALL, I.e., 173 mit Anm. 1 und 183f., meint, muß offen bleiben. Das Serdicense wäre dann ein "polemical guide to clergy, designed to counter a lost statement directed to their western colleagues by Valens and Ursacius, which criticized specifically Marcellan ideas and arguments" (ebenda). U.U. könnte aus dem Brief der westlichen Synode an Konstantius II auf die Existenz solcher Texte des Valens und Ursacius geschlossen werden (Hil., coll. antiar. Par. II Β / Appendix; CSEL 65, 184,

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2 Die Synode von Serdika 67

inhaltlich eng miteinander zusammenhängen, wie auch an ihrer nun folgenden

Behandlung im Serdicense deutlich wird. Nach der Verwerfung der Lehrsätze

ihrer Gegner wenden sich die Synodalen nun der positiven Darstellung der

eigenen Lehre zu; dabei bleibt die Auseinandersetzung mit den "Arianern" stets

voll im Blick.

§4 Die positive Darstellung des Glaubens der Synodalen von Serdika (West)

beginnt mit dem eindeutigen Bekenntnis zur Lehre von der einen Hypostase des

Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (Z. 21-23). Damit knüpfen sie

zunächst an die dritte quaestio an. Der gegnerischen Dreihypostasenlehre stellen

sie, gleichsam als Überschrift über die ganze Darlegung ihres Glaubens, die

Einhypostasenvorstellung entgegen. Nur so kann ihrer Ansicht nach das

entscheidende Anliegen gewahrt sein, Christus als wahren Gott auszusagen. Zwar

hatten auch die Eusebianer das <χλη9·ώς von den drei Hypostasen ausgesagt249,

doch war diese Interpretation von Markell schon gegenüber Asterius bekämpft

worden230. Die Einhypostasentheologie ist für die Synodalen von Serdika wie für

Markell notwendige Bedingung für das Bekenntnis zum einen Gott251. Von zwei

bzw. drei Hypostasen zu reden, bedeutet dagegen, den Sohn Gottes und den

7f. Feder). - TETZ, I.e.,248, will die drei Argumente aus dem Ossiusbrief nach den Anathematismen von Ant IV rekonstruieren und schreibt: tres enim quaestiones motae sunt: (1) quod de non exstantibus est filius dei vel ex alia substantia et (2) non ex deo et (3) quod erat aliquando, quando non erat [Ant IV nach der Hilarius-Version CSEL 65, 72]. Die Verurteilung der arianischen Kernsätze durch die Orientalen in Ant IV sei in den Augen des Ossius für manche eine Verlockung gewesen, "sich mit diesem Kompromiß zu begnügen und den Glauben von Nicaea abzulehnen" (TETZ, I.e., 250), wogegen das Serdicense die nizänische Theologie kompromißlos beibehalte (so etwa auch Soz., h.e. 111,10). Doch ist dies eine Rückprojektion aus späterer Zeit, in der sich dann das Nizänum tatsächlich als Norm der Orthodoxie durchgesetzt hatte. 342 behält das Serdicense m.E. keinewegs einfach die nizänische Theologie bei, sondern vertritt ein bestimmtes, nämlich markellisches Verständnis jener Theologie (s.u.S. 87ff. 106f.). In diese Richtung weisen jedenfalls die zahlreichen Parallelen zwischen der Ep. ad Iulium Markells und dem Serdicense. Auch der Juliusbrief von 341 zeigt, daß im Westen in jener Zeit die Theologie Markells mit der fides nicaena nahezu identifiziert wurde (Zeugnis der Vincentius und Victor; vgl. Ath., apol. sec. 23,3 [Opitz II, 104, 34f.]). Und auch der östliche Synodalbrief von Serdika legt nahe, zu sehen, daß es unter de saneta fide primär um die östlichen Angriffe gegen Markell ging (Hil., I.e. A IV,1,2; [CSEL 65, 49, 22ff. Feder]). 249 Z.B. Ant II (Opitz II, 249,30-31). 250 Markell, fr. 65 (197,20-22 Klostermann/Hansen): εφη γαρ τόν μεν πατέρα δείλι άλη&ώς πατέρα είναι νομίζειν και τόν υ ιόν αλη9·ώς υίόν και τό αγιον πνεΰμα ωσαύτως; Vgl. fr. 69 (198, 15f. Klostermann/Hansen). 251 Markell, fr. 61 (196, 17-21 Klostermann/Hansen); fr. 66 (197, 23-26 Klostermann/Hansen).

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68 Erster Teil

Vater zu trennen252. Die eusebianisch-origenistische Dreihypostasenlehre gilt als

Ditheismus und somit als (arianische) Ketzerei™.

Der Satz ην αυτοί οΐ αιρετικοί και ούσίαν προσαγορεύουσι (Ζ. 21f.) zeigt, daß

die Begriffe Hypostase und Usia noch synonym verwendet werden (vgl. N)254. In

diesem Punkte scheint zwischen beiden Seiten durchaus Einigkeit bestanden zu

haben255. Die Differenzierung von ουσία und ύπόστασις die die neunizänische

Lösung bringt, hatte 342 noch niemand im Blick!256 Athanasius akzeptiert sie

362257, benutzt aber selbst auch später noch die Begriffe ουσία und ύπόστασις

synonym258.

Die Lehre von der einen Hypostase wird nun weiter präzisiert259: Die

Hypostase des Sohnes ist dieselbe wie die des alleinigen Vaters. Hier wird also

ein "ταΰτουσιος" (αυτη [ύπόστασις] Ζ. 24) vertreten, das der Sache nach schon

vorher bei Markeil auftritt260, und man wundert sich nicht, daß die Synodalen

sich im Serdicense mit dem gegnerischen Vorwurf des Sabellianismus

252 Serdicense Z. 16-18; Markeil fr. 63 (196, 29 - 197,2 Klostermann/Hansen). Die Argumentation wird gut deutlich im Brief an Julius (fr. 129): Wer den Sohn, d.h. den Logos, von dem allmächtigen Gott trennt, muß notwendig entweder zwei Götter annehmen (was nach allgemeiner Überzeugung der göttlichen Lehre ganz fremd ist) oder aber den Logos nicht als Gott bekennen (was offenbar ebenfalls dem rechten Glauben entgegensteht wg. Joh 1,1.3) (215, 26-30 Klostermann/Hansen). 253 Vgl. vorige Anmerkung. 254 TETZ, I.e., 261, meint, daß hier Narzissus im Blick sei, der auf Befragung durch Ossius gesagt hatte, daß er an drei Usien glaube, Markell, Fragm.81 (202,33 - 203,2 Klostermann/Hansen). Aber das scheint mir das Verständnis des Satzes eher zu erschweren. Denn häretisch ist ja sicher nicht die Identifikation von ουσία und ΰπόστασις sondern die Differenzierung dreier Usien = dreier Hypostasen! Das gilt sowohl für das Serdicense wie auch für Ossius in seiner Befragung des Narzissus. Es ist daher kaum hilfreich, in der Narzissus-Befragung "ein Stück persönlicher Vorgeschichte des Serdicense" zu erblicken; auch richtet sich die Kritik der Verfasser des Serdicense nicht dagegen, daß in Ant IV in der Verwerfung des Satzes έξ ετέρας υποστάσεως das ή ουσίας aus Ν fortgelassen wurde und damit eine "klare Lücke im nicaenischen Verständnis der Gegner" aufgetan wurde, wie TETZ, I.e., 261, meint; der Anstoß besteht doch hier vielmehr darin, daß die Rezeption des έζ έτέρας υποστάσεως in Ant IV für die Eusebianer mitnichten einen Verzicht auf ihre (aus markellischer Sicht arianische) Dreihypostasentheologie implizierte. 2,5 Das αυτοί vor οί αιρετικοί macht nur dann Sinn, wenn ein "selbst" im Sinne von "sogar" gemeint ist. Vgl. hierzu und zur vorigen Anm. ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 400f. 256 Vgl. hierzu BRENNECKE, Erwägungen zu den Anfängen des Neunizänismus, in: Oecumenica et patristica, FS W. SCHNEEMELCHER, Genf 1989, 241-257. 257 Ath., torn. 5f. (PG 26, 801 A - 804 Β). 258 Ath., ep. Afr. 4 (PG 26, 1036 B). Siehe hierzu in dieser Arbeit unten unter Kapitel 10, S. 264f.. 259 Ich verweise hier auf die Textabgrenzung von HALL, I.e., 175, die zeigt, daß hier ein neuer Gedanke einsetzt, der den Glaubenssatz von der einen Hypostase entfalten will. 260 Fr. 71 (198,19f. Klostermann/Hansen); vgl. GERICKE, MarceU, 108-110. SEIBT, Markell 118f. Anm. 998 u.ö. spricht von "Selbigkeit der Hypostase". - TETZ, ZNW 64 (1973), bes. 104, hat gezeigt, daß auch die späteren Markellianer in diesem Sinne einhypostatisch dachten.

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2 Die Synode von Serdika 6 9

auseinandersetzen müssen (§6; §8). Auch Euseb von Caesarea hat in dieser Lehre

den Beweis dafür gesehen, daß Markeil Sabellianer sei2".

In Zusammenhang mit der Lehre von der Einheit der Hypostase wird nun die

Gleichewigkeit von Vater und Sohn behandelt (Ζ. 23-30)262; der zunächst

merkwürdige Begründungssatz οτι εστι λόγος πνεϋμα (Ζ. 211.), der schon in der

Überlieferung und erst recht in der Interpretation des Serdicense für Verwirrung

sorgte263, wird nur verständlich, wenn man sich klarmacht, daß Joh 4,24 πνεϋμα

ό 9-εός mitgedacht ist: Weil der Logos Geist (und der Geist Gott) ist, ist die

hypostatische Einheit erwiesen, in der Gott allein mit Logos und Geist verbunden

ist. Joh 4,24 begründet also die wesenhafte Ungetrenntheit von Vater und

Logos-Sohn (!); auch dies ist ein durchaus geläufiger markellischer Gedanke264,

den sich die Synodalen von Serdika hier zueigen gemacht haben. Die so

formulierte Auffassung der Trinität schließt jede Form von Subordinatianismus

aus.

Die Argumentation zur Einheit der Hypostasen wird schließlich mit den

Schriftzitaten Joh 10,30 und Joh 14,9 untermauert (Ζ. 31-33)265.

§5 Die Verfasser des Serdicense gehen nun auf das Problem des Gezeugtseins

des Sohnes ein und nehmen damit Fragen auf, wie sie in der ersten "quaestio"

unter dem Tagesordnungspunkt de fide eine Rolle gespielt haben. Die

Eingangsformulierung ουδείς ημών αρνείται τό "γεγεννημένον" (Ζ. 34) zeigt, daß

ein derartiger Vorwurf gegen sie ergangen sein muß: Valens und Ursacius, die

γεγενημένον und γεγεννημένον ausdrücklich gleichsetzen (Z. 7f.), haben den

Bischöfen um Athanasius und Markeil, die das γεγενημένον ablehnten, offenbar

261 Vgl. hierzu ausführlich FEIGE, Lehre Markells, 33f. 48f. 57. 262 Zur Verbindung des Bekenntnis zum einen Gott mit der Lehre von der Gleichewigkeit des Logos-Sohnes mit dem Vater vgl. auch das Bekenntnis Markells an Julius von Rom, fr. 129 (215, 4f. Klostermann/Hansen). 263 S.o. den Text des Serdicense Z. 28 mit Anm. 191. 264 Markeil, fr. 57 (194, 22-25 Klostermann/Hansen). Zur Sache vgl. TETZ, ZKG 83 (1972), 161-163 (hier auch weitere Stellen). - Für Euseb ist eben dies ein weiterer Beweis für den Sabellianismus Markells, e. th. 11,1,1-2 (99, 9-25 Klostermann/Hansen). 2 0 Besonders Joh 10,30 spielt sowohl im Serdicense (§4; §9; §10) als auch bei Markell (vgl. GERICKE, I.e., 178) die entscheidende Rolle; ich nenne hier nur den Schluß der Ep. ad Iulium [215, 32f. Klostermann/Hansen].

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7 0 Erster Teil

vorgeworfen, sie verneinten demzufolge auch das biblisch bezeugte γεγεννημένον.

Jedenfalls gehört der Vorwurf, die westlichen Bischöfe leugneten das "gezeugt",

zu den Anathematismen im Bekenntnis der östlichen Delegierten266, die diese

in Serdika zu dem von ihnen bekräftigten Ant IV noch eigens (gegen Markell)

hinzugefügt haben - ein sicheres Indiz für die Aktualität des Problems. Auf Seiten

der Bischöfe der westlichen Synode von Serdika jedoch, so Z. 34 des Serdicense,

lehnte keiner das γεγεννημένον ab - auch Markell nicht267. Abgelehnt wird

vielmehr allein das γεγενημένον268, wohl weil es Vorstellungen vom Anfang (und

Ende)2® Christi impliziert und ihn damit in den Bereich des Geschöpflichen

einordnet. Das κτίσμα γεγεννημένον ist demzufolge (anders als das

γεγεννημένον) abzulehnen (Z. 34f.), denn der Logos hat keinen Anfang und ist

immer (ό πάντοτε ών αρχήν ούκ εχει λόγος 9-εός; Ζ. 40f.). Dies entspricht

inhaltlich wiederum genau dem Bekenntnis Markells an Julius von Rom, wo

Markell die gegnerische Aussage κτίσμα αύτόν και ποίημα270 verwirft und

selbst bekennt: ου κτισθείς, ού ποιηθείς, αλλά αεί ών271 (also anfangslos).

TETZ272 hat hierzu auch auf eine wichtige inhaltliche Parallele in der zweiten

Arianerrede des Athanasius aufmerksam gemacht273.

266 Hilarius, coli, antiar. Paris. A IV,2,29,4 (CSEL 65, 73,3 Feder). Vgl. den Synodalbrief der Orientalen, Hü., I.e., A IV,l,2,2f. - Vgl. zur Sache HALL, I.e., 180. 267 Dies ist zunächst etwas überraschend, da Markell den Gedanken einer Zeugung des präexistenten Logos nach gängiger Meinung der Dogmengeschichtsschreibung scheinbar ablehnt, vgl. ZAHN, Marcellus, 133-136; RICHARD, MSR 9 (1949), 27f. mit Anm. 1. Doch kann er andererseits durchaus den μονογενής als κύριος γεννηθείς bezeichnen (fr.96; 206, lf. Klostermann/Hansen) oder gar vom ö τούτου μονογενής υιός λόγος (Ερ. ad Iul. = fr. 129, 215, 4f. K1./H.) sprechen; und gegenüber Asterius konzediert er: τό μεν ουν προ των αιώνων αυτόν γεγεννήσ^αι φησαι, άκολοΰδ-ως εϊρηκέναι δοκεΓ γέννημα γαρ τό προελ&όν τοϋ προεμένου γίννεται πατρός (Fragm. 36 [190, 29-31 Κ1./Η.]). Der Begriff der Zeugung wird also akzeptiert, wenn damit gemeint ist, daß der Logos zum Zwecke der Schöpfung und Erlösung aus dem Vater "hervorgeht". Dabei müssen aber alle Affinitäten zur geschöpflichen Zeugung ausgeschlossen bleiben (Fragm. 36; 190, 31-34 K1./H.). Vgl. auch SCHENDEL, Herrschaft und Unterwerfung, 119 und neuerdings SEIBT, TRE 22 (1991), 86; ders., Markell, 366. - Markell unterscheidet daher auch scharf zwischen μονογενής und πρωτότοκος, so auch das Serdicense (s.u. zu §7). Vgl. hierzu v.a. TETZ, ZNW 75 (1984), 123-125 und ZNW 76 (1985), 261f. sowie FEIGE, Lehre Markells, 219; SEIBT, TRE 22 (1991), 85 und ders., Markell, 301. 268 Dies geht m.E. aus §2 klar hervor. 269 Siehe §2, Z. 8-10. In §5 wird dazu in Z. 39-41 nochmals deutlich Position bezogen. 270 Fr. 129 (215,1 Klostermann/Hansen). 271 Ebenda (215,6 Klostermann/Hansen). 272 ZNW 76 (1985), 262. 273 Ath., Ar. II, 57f. (PG 26,269B).

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2 Die Synode von Serdika 71

Mit der Aussage über die Anfangslosigkeit des Logos korrespondiert (wie

schon §2) die über die Endlosigkeit; doch ging es §2 noch darum, die gegnerische

Lehre ins Absurde zu ziehen, steht hier, bei der positiven Darstellung eigener

Lehre, die Abgrenzung gegen die seitens der Eusebianer erhobenen Vorwürfe

gegen Markeil im Vordergrund.

Dieses Verständnis der Gedankenführung in §5 voraussetzend, ist es nun auch

möglich, die sehr schwierige Passage Z. 34-39 aufzuhellen. Denn angesichts des

unklaren Überlieferungsbefundes ist es nicht leicht auszumachen, ob die

westlichen Synodalen die Zeugung des Präexistenten als Schöpfungsmittler

bejahen oder verneinen. LOOFS274 hatte diese Frage positiv beantwortet,

allerdings ist seine Textrekonstruktion zur Stelle ("Keiner von uns leugnet das

'gezeugt' (...); aber für wen gezeugt? Für alle, die als sichtbar und unsichtbar

bezeichnet werden, gezeugt als Bildner der Erzengel...") mehr als problematisch.

HALL275 hat dagegen, auf der Theodoretüberlieferung fußend, vorgeschlagen,

den Text genau andersherum zu verstehen: Die Synodalen leugneten demnach

das Gezeugtsein des Präexistenten im Blick auf seine Schöpfungsmittlerschaft276;

doch ist HALLs Interpretationsvoraussetzung "Their eastern critics took them (sc.:

die westlichen Synodalen) to deny his pretemporal origin from the father"

durchaus fragwürdig277; zudem ist die Akzeptanz des Begriffes der Zeugung im

Sinne eines Hervorgehens des ewigen Logos aus dem Vater zum Zwecke der

Schöpfung und Erlösung als markellische Anschauung immerhin erwiesen278; und

schließlich entsteht bei HALLs Interpretation das Problem, daß der Satz "ουδείς

274 L.c., 22-24. 275 L.c., 180. 276 Ich zitiere hier HALLs paraphrasierende Wiedergabe und Interpretation vollständig: "We do not reject "begotten" altogether, but we reject it in certain connexions: clearly for the visibles and unvisibles which constitute creation, as if he were a journeyman to fabricate archangels, angels and the world, or for mankind, because the text says: "Wisdom the artificer of all has taught me", implying that Wisdom was begotten to make the world and to teach men, or "Everything came about through him", which could apply to the teaching work of the divine Word in the Old Testament as well as to his creative action. If you argue that the preincarnate Logos is "begotten", you attribute to him temporal finitude, beginning and end, which is absurd". L.c., 180. 277 S.o. zu Ζ. 34. Vgl. TETZ, ZNW 75 (1984), 123-125. 278 Zu den Stellen s.o. Anm. 267. In der Literatur vgl. GERICKE, I.e., 130; SCHENDEL, I.e., 119; FEIGE, I.e., 219; SEIBT, TRE 22 (1991), 85; ders., Markell, 301. - GERICKE, I.e., 133, weist hierzu mit Recht auf einen Berührungspunkt Markells mit dem ansonsten von ihm strikt abgelehnten Origenes hin: "Wenn Origenes von einer ewigen Zeugung redet, so steht Markell diesem Theologoumenon wohlwollender gegenüber als anderen Anschauungen des Alexandriners."

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7 2 Erster Teil

ήμών αρνείται τό γεγεννημένον" jeder positiven Entfaltung in §5 entbehrt, was

angesichts des im Serdicense sonst üblichen Argumentationsverfahrens™ seltsam

wäre. Naheliegender ist es daher, die Position der westlichen Synodalen so zu

verstehen, daß sie aus der Diskussion gegen Valens und Ursacius um γεγενημένον

und γεγεννημένον heraus die Zeugung des Sohnes als Geschöpf (gleich den

unsichtbaren und sichtbaren Dingen)2™ energisch ablehnen, seine (ewige,

anfangslose) Zeugung als Schöpfungsmittler aber akzeptieren und vertreten281.

§6 Die westlichen Bischöfe wenden sich nun wieder dem gegen sie erhobenen

Sabellianismusvorwurf zu. Die schon §4 energisch vertretene Lehre von der einen,

selben Hypostase des Vaters und des Sohnes soll gegen den Verdacht geschützt

werden, Vater und Sohn seien nun überhaupt nicht mehr zu unterscheiden282.

Aber nach ihrer Lehre, so die westlichen Synodalen, ist der Vater Vater und der

Sohn Sohn des Vaters (Z. 43f.). Doch es wird für diese These keine nähere

konzeptionelle Entfaltung geboten283 (mit Ausnahme der Übernahme der

Weisheitsprädikation für den Logos, Z. 46). Hierin liegt die unverkennbare

Schwäche der serdicensischen Theologie, was ja auch von den östlichen Kritikern

klar zum Ausdruck gebracht wurde.

Mit der Aufrechterhaltung der Unterscheidung von Vater und Sohn ist von der

Aussage ihrer Einheit nichts zurückgenommen. Der Sohn ist (ungetrennte und

279 §6, Z. 42-45; §8, Z. 58-60. 280 LOOFS, I.e., 22, beanstandet, daß der "Gedanke, der so hier vermutet wird, schon Z. 3ff. [in dem in dieser Arbeit abgedruckten Serdicense Z. 5ff.; Vf.] zurückgewiesen ist". Doch ist gerade diese zutreffende Beobachtung m.E. ein Indiz dafür, den Passus im genannten Sinn zu verstehen; denn §§1-3 des Serdicense verwerfen ja zunächst grundsätzlich die gegnerischen Irrlehren anhand der neuen "drei Argumente", während die §§4ff. demgegenüber zur positiven Darstellung der eigenen Lehrbildung übergehen, ohne dabei die vorab verworfenen gegenerischen Sätze auch nur einen Moment aus den Augen zu verlieren. 281 So auch Athanasius, Ar. III, 9 (PG 26, 340 C). 282 Vgl. die Anathematismen der östlichen Synodalekthesis von Serdika in aktualisierender Erweiterung von Ant IV: aut ipsum patrem et filium et spiritum sanctum, Hil., I.e. A IV, 2,29,4 (CSEL 65, 73,3f. Feder). Direkte Sabellianismusvorwürfe gegen Markell im östlichen Synodalbrief A IV,1,2 (50,10-12 Feder), A IV,1,4 (52, 12-14 Feder), A IV,1,28 (67, 14-16 Feder). - Markell wird schon von Euseb in de e.th. 11,5 polemisch gefragt, wer denn Vater und wer denn Sohn sei, wenn doch (seiner Lehre nach) beide eins seien. In Markells Lehre meint Euseb Beweise dafür zu finden, daß der Ankyrener den häretischen Begriff υίοπάτωρ dem Inhalt nach vertrete, e.th. 1,1; 1,5; 11,5; 11,12; vgl. hierzu FEIGE, Lehre Markells, 33f. 283 Etwas anders §8, siehe zur Stelle, Z. 59-61.

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2 Die Synode von Serdika 73

ungeteilte)2*1 Kraft des Vaters (Z. 44f.). Er ist Logos Gottes des Vaters, neben

dem ein anderer Logos nicht ist, und als solcher ist er wahrer Gott, Weisheit und

Kraft, wahrer Sohn (Z. 44-47). Dies ist die positive Entgegnung auf die in §§lf.

verworfenen gegnerischen Lehrmeinungen. Die Argumentation entspricht präzise

dem Brief Markells an Julius von Rom. Denn auch dort behaupten die Gegner:

ετερον αΰτοϋ λόγον είναι και έτέραν σοφίαν και δύναμιν* τοϋτον γενόμενον ύπ'

αϋτοΰ ώνομάσ&αι λόγον και σοφίαν και δύναμιν285 und Markeil hält dem

entgegen: (ό τούτου μονογενής υίός λόγος) ούτος υιός, ούτος δύναμις, ούτος

σοφία, ούτος ίδιος και αλη9·ής τοΰ 9-εοϋ λόγος ,..286.

Unter ausdrücklicher Berufung auf die Einhypostasenlehre wird dann die

Sohnesprädikation noch gegen das Mißverständnis einer Vergleichbarkeit mit

menschlichen Sohnesverständnissen abgesichert (Z. 47-50). Wie schon §5 Z. 34-39

spielt das (rechte) προσαγορεύειν eine Rolle. Während die menschlichen Söhne

aus verschiedenen Gründen Söhne genannt werden können, beruht die

Benennung Christi als des wahren Sohnes auf seiner "hypostatischen Einheit" mit

dem Vater. Sie verleiht der Sohnschaft des λόγος υίός ihren einzigartigen und

unverwechselbaren Charakter.

§7 Hatte §6 den Logos als wahren Gott, Weisheit, Kraft und wahren Sohn

bekannt, so wird er hier als μονογενής prädiziert (Z. 52-54). Demgegenüber wird

der πρωτότοκος-Titel dem Menschen Christus beigelegt (Z. 54f.). Der Sohn ist

Eingeborener und Erstgeborener: Eingeborener als Logos, der immer war und

ist, Erstgeborener als Menschgewordener, der der Erstgeborene von den Toten

284 So darf man hier zweifellos nach Markeil, Ep. ad Iulium, sinngemäß ergänzen: αδιαίρετος και αχώριστος έστιν ή δΰναμις τοΰ πατρός, ό υίός (fr. 129; gegen Klostermann/Hansen, 215,30f. bevorzuge ich hier den Text aus Holls Epiphaniusausgabe, GCS 37, 258,20f.). 285 Fr. 129 ( 214, 30f. Klostermann/Hansen). 286 Ebenda (215, 9f. Klostermann/Hansen). Auf diese Stellen in der Ep. ad Iulium hatte bereits LOOFS, I.e., 25f. aufmerksam gemacht, ihm folgend TETZ, ZNW 76 (1985), 263. - Auf den Fragenkomplex der "Mär von den zwei Logoi" kann hier nicht näher eingegangen werden. Sie kommt möglicherweise aus dem Kreis um Asterius. Vgl. MARKSCHIES, Mär, 193-219, der zumindest die Zuschreibung des Stückes Cl. Alex. Fragm. 23 an Clemens durch Asterius wahrscheinlich gemacht hat. Die Asteriusfragmente sind jetzt vorzüglich ediert, übersetzt und kommentiert durch VINZENT, Asterius, Leiden u.a. 1993.

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74 Erster Teil

genannt wird287. Der Sinn dieser Differenzierung wird deutlich, wenn man

beobachtet, daß die eusebianische Theologie stets die Prädikate μονογενής und

πρωτότοκος koordiniert und unterschiedslos dem Präexistenten beigelegt

hatte288. Demgegenüber hatte Markeil in der Debatte mit Asterius zwar den

μονογενής-Titel für den Sohn ausdrücklich gebilligt289, die Koordinierung von

μονογενής und πρωτότοκος aber scharf abgelehnt290. Im Serdicense

differenzieren die westlichen Synodalen nun ganz im Sinne Markells: μονογενής

bezieht sich auf den im Vater befindlichen, präexistenten Logos, πρωτότοκος

hingegen auf den Inkarnierten291. Dies entspricht der Grundtendenz

markellischer Inkarnationslehre, die Hoheitsprädikate dem Logos, die

Niedrigkeitsaussagen aber dem Menschgewordenen zuzuteilen292: Nur dadurch,

so Markell und mit ihm die Synodalen von Serdika, kann die Einheit Gottes

gewahrt werden293. Der μονογενής-Titel ist für den Präexistenten zu reservieren

(vgl. Joh Ι,ΐδ)294, vgl. auch §12, Z. 95). Der πρωτότοκος-Titel aber beinhaltet,

so Markell, den Gedanken der fleischlichen Geburt ("πρωτότοκος" ουν "άπάσης

κτίσεως" δια τήν κατά σάρκα γένεσιν ώνομάσ&η, ού δια τήν πρώτην, ως αυτοί

ο'ι'ονται, κτίσιν. Markell, fr. 5 [186, 14f. Klostermann/Hansen]), der nicht dem

präexistenten Logos, sondern allein dem Menschgewordenen zuzuteilen ist295;

287 Zur Interpretation jener Wendung siehe SEIBT, Markell, 229 mit Anm. 377; DINSEN, Homoousios, 106. 288 So schon Euseb in seinem in Nizäa vorgelegten Bekenntnis Urk. 22,4 (Opitz III, 43,11); Asterius nach Markell, fr. 3 (186, 4-6 Klostermann/Hansen); fr. 96 (205, 28 Kl./H.); Das Bekenntnis der Enkainiensynode "Ant II": Ath., syn. 23,3 (Opitz II, 249,13.18). In Ν ist die Koordinierung von μονογενής und πρωτότοκος nicht übernommen, wohl aufgrund des Einflusses von Markell, vgl. hierzu TETZ, Kirchweihsynode, in: Oecumenica et patristica, FS W. SCHNEEMELCHER, Genf 1989, 212f. 289 σφόδρα αποδέχομαι... fr. 65 (197, 9-22 Klostermann/Hansen). Markell wehrt sich hier nur, wie sonst auch, gegen ein Verständnis nach menschlicher Analogie. So auch das Serdicense §6 Z. 47-50; §9 Z. 64-68. Vgl. auch TETZ, ZNW 75 (1984), 124f. 290 Fr. 3 (186, 4-10 Klostermann/Hansen); fr. 5 (186, 14f. Kl./H.). Vgl. SEIBT, Markell, 233f. 291 Vgl. hierzu auch LOHR, Entstehung, 23. 292 Vgl. hierzu GRILLMEIER, Jesus, 426 (hier auch weitere Literatur). 293 Asterius hatte andererseits den Logos gerade deshalb als πρωτότοκος und als εϊκών bezeichnet, um damit die Verschiedenheit der Hypostasen sicherzustellen, vgl. Markell, fr. 3 (186, 5-7 Klostermann/Hansen); fr. 96 (205, 27-31 Kl./H.), vgl. hierzu kommentierend TETZ, ZKG 83 (1972), 164. 2,4 Dies vermutet HALL, I.e., 181. 295 Für Markell ist in diesem Zusammenhang aber auch zu notieren, daß durch die Beilegung des Titels "Erstgeborener aller Schöpfung" (nach Kol 1,18) zum Inkarnierten die Menschheit Jesu Christi eine "kosmisch-universelle Würde erlangt", worauf SEIBT, I.e., 231, hingewiesen hat.

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2 Die Synode von Serdika 75

erneut tut sich eine Parallele zu Athanasius auf, der auch πρωτότοκος als

Prädikat des Inkarnierten begreift296: Nur indem man die Niedrigkeitsaussagen

vom Präexistenten fernhielt, konnte man die Einheit des Logos-Sohnes mit dem

Vater unzweifelhaft aussagen. Daß es auch bei den christologischen

Ausführungen in §7 im Grunde um das Problem der hypostatischen Einheit

Gottes geht, zeigt darüberhinaus auch die Fortsetzung (Z. 56f.), die das

Bekenntnis zum einen Gott und der einen Gottheit des Vaters und des Sohnes

bekräftigt (vgl. die Parallelen in Markells Brief an Julius von Rom)2".

Nur am Rande sei vermerkt, daß in §7 im Gebrauch von διαφέρει + Dativ

auch stilistisch ein Hinweis auf markellische Urheberschaft298, zumindest aber

für starke markellische Orientierung des Passus und darüberhinaus ein Indiz für

einen griechischen Prä-Text des westlichen Serdicense299 vorliegt.

Bereits LOOFS hatte mit Recht darauf hingewiesen, daß §7 des Serdicense

"rein markellisch"300 ist301. Dies kann im Blick auf Ath., Ar. II dahingehend

ergänzt werden, daß auch Athanasius in diesem Punkte ganz auf seiten der

Verfasser des Serdicense und Markells stand302.

§8 Das entschiedene Festhalten an der Lehre von der einen Hypostase hat den

westlichen Synodalen offensichtlich den Vorwurf eingetragen, sie leugneten die

Aussage von Joh 14,28. Z. 58-60 müssen sie sich gegen diese Anschuldigung

verwahren. Doch beziehen sie die biblische Aussage nicht auf eine Differenz in

der Hypostase oder sonst irgendeinen Unterschied (Z. 59). Jedes Subordinations-

denken ist ausgeschlossen. Der Vater ist allein insofern größer als der Sohn, als

er dem Namen nach von ihm unterschieden ist (Ζ. 60)303. Auf diese Unter-

294 Ar. II, 62 (PG 26, 280A). 297 Markell, fr. 129 (215,4 und 215,25 Klostermann/Hansen). 298 So schon LOOFS, I.e., 28; GERICKE, I.e., 18. 299 Vgl. ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 400. Zur Diskussion um die "Orginalsprache" vgl. meinen Exkurs unten S. 91ff. 300 L.c., 26f. 301 Zustimmend TETZ, ZNW 76 (1985), 263 und SEIBT, I.e., 234. 302 Zur Frage des Verhältnisses des Athanasius zum westlichen Serdicense s.u. unter 2.2.3. und 2.2.5. sowie 10. 303 Von hier aus erklärt sich das massive Interesse der westlichen Synodalen am rechten προσαγορεύειν (§§5; 6).

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76 Erster Teil

Scheidung von Vater und Sohn nur dem Namen nach richtete sich die Kritik der

Eusebianer, die aus dem Unterschied in der Benennung auch auf eine je eigene

Hypostase, einen je eigenen Rang und Herrlichkeit von Vater, Sohn und Geist

schlossen304. Für sie war es ganz unannehmbar, die Aussage von Joh 14,28 allein

auf die Verschiedenheit der Benennung zu beziehen305. Euseb beschuldigt

Markell dann auch, zu sagen, daß Vater, Sohn und Geist nur drei Namen ein und

derselben Hypostase seien306. Dies sei ein neuerlicher Beweis dafür, daß Markell

der Häresie des Sabellius, des Paul von Samosata und der Juden zuzurechnen ist:

Μάρκελλος δε πάντα φύρας, ποτέ μεν εις αυτόν ολον τον Σαβελλίου βυθ-όν

χωρεί, ποτέ δέ Παύλου τοΰ Σαμοσατέως άνανεοΰσδ-αι πειράται τήν αίρεσιν,

ποτέ δέ Ιουδαίος ών άντικρυς άπελέγχεται- μίαν γαρ ύπόστασιν τρισπρόσωπον

ώσπερ και τριώνυμον εισάγει, τον αυτόν είναι λέγων τον 9-εόν και τον έν αύτφ

λόγον και τό άγιον πνεϋμα307. Ähnlich könnte die Argumentationslinie des

Valens und Urasacius zur dritten quaestio ausgesehen haben308. Und man wird

zugestehen müssen, daß die Differenzierung dem Namen nach die einzige

terminologische Kategorie zur Unterscheidung von Vater, Sohn und Geist ist, die

sich im gesamten Serdicense findet (abgesehen von dem behauptenden Satz Z.

42-44). Das Interesse an der Einheit und der Widerstand gegen die origenistische

Dreihypostasenlehre war offenbar so beherrschend, daß die Differenzierung von

Vater, Sohn und Geist in der Trinität auf eine antisabellianische Beteuerung (Z.

42-44), auf die Übernahme der Weisheitsprädikation für den Logos (Z. 46) und

- terminologisch - auf den Unterschied in der Benennung (§8) reduziert war309.

304 TETZ, I.e., 264, verweist hierzu auf Ant II (Ath., syn. 23,6 [Opitz II, 249,29-33]) und meint, daß die Synodalen von Serdika sich kontradiktorisch gegen die dort vetretene Sicht stellen wollten, aus dem Unterschied der Benennungen auf einen Unterschied in der Hypostase, in Rang und Ehre zu schließen. 305 Hiergegen Ant II: των ονομάτων οίιχ απλώς οϋδέ άργώς κειμένων (Opitz II, 249, 31). 306 Euseb, e. th. III, 4,5 (159,1-4 Klostermann/Hansen). 307 Euseb, e. th. III, 6,4 (164,23-28 Klostermann/Hansen). TETZ, I.e., 264, macht auf e. th. I, 11,4; II, 6,7; II, 6,10; aufmerksam. 308 Vgl. auch HALL, I.e., 182. 309 Etwas anders hier Athanasius, worauf TETZ, I.e., 264 hingewiesen hat. Für ihn bezieht sich Joh 14,28 auf die γέννησις aus dem Vater: Ar. 1,58 (PG 26, 133 B/C.). Auch in Ar. III, 7, setzt Athanasius sich mit Joh 14,28 auseinander. Die Unterscheidung macht er deutlich, indem er den Sohn im Verhältnis zum Vater γέννημα έκ τοΰ πατρός (im Gegensatz zu κτίσμα) nennt (Ar. III, 9; PG 26, 340 C). Vgl. auch die Analyse von CHRESTOU, Aug. 13 (1973), 399-409.

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2 Die Synode von Serdika 7 7

§9 Der gegnerischen Argumentation mit Joh 14,28 stellen sich die westlichen

Bischöfe nun mit Joh 10,30 entgegen (Z. 62f.). Diese Schriftstelle durchzieht das

gesamte Serdicense310 und ist der Hauptschriftbeweis der Okzidentalen für ihre

Einhypostasentheologie. Die Orientalen, die die Einhypostasenlehre ablehnen,

beziehen Joh 10,30 auf die Übereinstimmung (συμφωνία) und Gleichheit der

Gesinnung (ομόνοια) zwischen Vater und Sohn (Z. 63). Doch mit diesen

Begriffen, so die westlichen Bischöfe, kann die Einheit von Vater und Sohn nicht

hinreichend beschrieben werden. Markell hatte die Lehre von der Gesinnungs-

übereinstimmung schon gegenüber Asterius scharf angegriffen311. Und

Athanasius wendet sich in der dritten Arianerrede gleichfalls ausdrücklich gegen

solche, die sagen: Έπεί α 9-έλει ό Πατήρ, ταϋτα 9-έλει και ό Υιός (...), αλλ' έν

πασιν έστιν σύμφωνος αύτφ312. Die Lehre von der Einheit in συμφωνία und

ομόνοια gehörte zum dogmatischen Grundbestand der Origenisten313 und findet

sich durchgängig in deren Bekenntnisformulierungen314 wie auch bei Origenes

selbst315. Die westlichen Synodalen lehnen sie deshalb so vehement ab, weil

durch sie zwei (gesinnungsmäßig zwar übereinstimmende, aber doch seinsmäßig

getrennte) Wesenheiten angenommen werden können. Dies sehen sie in der

Dreihypostasenlehre tatsächlich auch gegeben. Zudem kritisieren die westlichen

Bischöfe, daß mit dem Verständnis von Joh 10,30 als Gesinnungsgleichheit

unweigerlich menschliche Vorstellungen in die Lehre von Gott Vater, Sohn und

Geist eingetragen werden316. Gerade dagegen haben sie sich aber schon oben

310 §4, Z. 32f.; §9, Z. 62f.; §10, Z. 70f.; §12, Z. 94f. 311 Markell, fr. 72 (198, 23-27 Klostermann/Hansen). 312 Ar. III, 10 (PG 26, 314 A). - Auf die von KANNENGIESSER vertretene Bestreitung der Echtheit der dritten Arianerrede (Athanase d'Alexandrie, eveque et 6crivain. Une lecture des traites Contre les Ariens, Paris 1983) kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht eingegangen werden; die (m.E. überzeugenden) Gegenargumente bei STEAD, JThS.NS 36 (1985), 220-229 und bei ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 389-413. Nach ABRAMOWSKI wäre die dritte Arianerrede in das Vorfeld der Synode von Serdika zu datieren, also auf 341/2. 313 Vgl. LOOFS, l.c, 29. 314 Vgl. Ant II, Ath., syn. 23,6: ώς εΓναι τη μεν ϋποστάσει τρία, τη δέ συμφωνία εν (Opitz II, 249,33). 315 Cels. 8,12 (Koetschau II, 229f.). Vgl. HALL, I.e., 183 und ABRAMOWSKI, I.e., 390 mit Anm. 12. 316 Markell, fr. 73 (199, 3-17 Klostermann/Hansen), weist gegen Asterius auf die Willensdifferenzen zwischen Vater und Sohn nach Mt 26,39, Lk 22,42 und Joh 5,30 hin. Diese Willensdifferenz ist der Schwachheit des Fleisches des Inkarnierten zuzuschreiben, das der Logos vorher nicht hatte (fr. 74 [200, 6-8 Kl./H.]).

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7 8 Erster Teil

Ζ. 47-51 im Zusammenhang der Sohnschaft Christi ausdrücklich verwahrt. Z.

64-68 bekräftigen sie diese Haltung noch einmal. Ausdrücklich konstatieren sie

den Konsens aller Beteiligten (Z. 64f.); sie formulieren eine Verballhornung der

gegnerischen Sichtweise, die deren Absurdität offensichtlich machen soll (Z.

67-69).

§10 Die Synodalen wiederholen noch einmal den zentralen Gedanken ihres

trinitätstheologischen Ansatzes, daß Joh 10,30 auf die Einheit der Hypostase von

Vater und Sohn ziele317. Diese Grundentscheidung wird damit klar als Haupt-

aussage des Serdicense kenntlich. Doch wird hier darüberhinaus auch der enge

Zusammenhang der Fragen nach der Dreihypostasenlehre und nach dem ήν ποτε

οτε ούκ ήν deutlich318. Denn als Konsequenz aus der Einhypostasenlehre ergibt

sich der Satz von der Gleichewigkeit des Sohnes und damit der Anfangs- und

Endlosigkeit seiner Herrschaft mit dem Vater. Damit folgen die Synodalen genau

der Argumentationsstruktur, die auch schon §4 ihren Formulierungen zugrunde

lag31' und in Markells Brief an Julius vorgebildet war320. Im Zusammenhang der

Lehre von der Gleichewigkeit des Sohnes mit dem Vater wird natürlich sogleich

der Kritik an Markell und der ihm zugeschriebenen Auslegung von l.Kor 15,

24-28 entgegengetreten321 bzw. die den Gegnern in §2 unterstellte absurde

Konsequenz ihrer Lehre vom Anfang Christi προ παντός χρόνου aufgegriffen322.

Für die Verfasser des Serdicense ist es der in der hypostatischen Einheit mit dem

Vater verbundene (λόγος) υιός, dessen Herrschaft weder durch einen Anfang

noch durch ein Ende zeitlich begrenzt ist (Z. 72-77).

Mit Sichtung dieser letzten die Frage vom Ende der Herrschaft Christi

betreffenden Stelle im Serdicense kann nun auch zum Verhältnis Markells zu

dieser Lehre Stellung genommen werden. Nach dem Serdicense sind Christus323,

317 δια. την της υποστάσεως ενότητα, ητις έστί μία τοϋ πατρός και τοΰ υίοϋ; Ζ. 121. 318 Vgl. TETZ, I.e., 264; HALL, I.e., 181. 319 S.o. zu Ζ. 23ff. 320 S.O.S. 69 Anm. 262. 321 Vgl. LOHR, Entstehung, 23. 322 S.o. zur Stelle. Vgl. auch §5, Z. 41f. 323 §2, Z. 8-10.

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2 Die Synode von Serdika 7 9

dem λόγος 9-εός™ und dem in der hypostatischen Einheit mit dem Vater

befindlichen υιός325, kein Anfang und kein Ende beizulegen. Dies entspricht der

markellischen Sicht der Dinge aus seinem Brief an Julius326 und seiner

Rechtfertigung auf der Synode von Serdika (West)327. Doch hat Markeil zuvor

ein Ende der Herrschaft Christi durchaus vertreten, wie seine Texte zeigen328.

Muß man also von einer plötzlichen grundlegenden Wandlung seines Denkens

oder gar von einer Täuschung gegenüber den westlichen Theologen32® sprechen?

Ehe man zu derlei Erklärungsversuchen greift, die oft allzu schnell auch die

moralische Integrität Markells in Zweifel zu ziehen geneigt sind330, sollte man

sich verdeutlichen, daß schon in Markells früheren Texten, soweit sie uns

fragmentarisch erhalten sind, der Sohnestitel nicht allein dem vom Logos

angenommenen Menschen bzw. dem inkarnierten Christus vorbehalten ist331. Fr.

20 bezeichnet den (anfangs- und endlosen) Logos eindeutig als wahrhaftigen

Sohn332. Fr. 36 macht deutlich, welche Bedingung für Markell dafür erfüllt sein

muß: Es muß gewährleistet werden, daß menschliche Sohnesverständnisse

ausgeschlossen bleiben333, denn damit wäre der Gedanke an zwei getrennte

Hypostasen impliziert (was wiederum entweder den Logos zu einem zweiten Gott

oder aber zum von Gott getrennten Geschöpf mache). Dies entspricht aber genau

der Einschränkung, die nun auch das Serdicense für die Verwendung des

Sohnestitels für den Logos macht334.

324 §5, Z. 39-41. 325 §10, Z. 72-76. 326 μονγενής υιός λόγος, ό άεί συνυπάρχων τφ πατρί, fr. 129 (215, 4f. Klostermann/Hansen). Ob sich Kl./H. 215, 7f. (1. Kor. 15,24) auf den Sohn oder den Vater bezieht, ist nicht mit letzter Sicherheit zu entscheiden. 327 Ath., apol. sec. 45,1 (Opitz II, 122,1-3). 328 Etwa fr. 113 (209, 8-13 Klostermann/Hansen) oder fr. 114 (209, 14-16 Kl./H.). S.o.S. 39f. 329 So etwa SCHWARTZ, GS III, 305; SCHENDEL, Herrschaft und Unterwerfung, 139, BARNARD, RThAM 38 (1971), 77. 330 So etwa BARNARD, I.e., 72. 74. 331 Gegen KELLY, Glaubensbekenntnisse, 274. 332188, 19 Klostermann/Hansen. - Gleichwohl ist anzumerken, daß die Verwendung des Sohnestitels bei Markell zunächst recht heterogen ist (SEIBT, TRE 22 [1991], 86) und erst mit der Zeit Klarheit im Sinne der Verwendung in der ep. ad Iul. findet. 333 190, 32-34 Klostermann/Hansen. Vgl. SEIBT, Markell, 217 und GRILLMEIER, Jesus, 420. -Euseb von Caesarea hat genau dies zum Anlaß genommen, Markell vorzuwerfen, daß er den Sohnestitel für den Präexistenten preisgebe, Marc. I, 4, 7f., eine Polemik, die die dogmengeschichtliche Beurteilung Markells bis auf den heutigen Tag beeinflußt hat. 334 §6, Z. 47-51.

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8 0 Erster Teil

Ein Ende der Herrschaft Christi nach l.Kor 15, 24-28 war für Markeil vom

Menschen auszusagen, wie ja dem Inkarnierten grundsätzlich die Niedrigkeits-

prädikationen zugeordnet werden, dem Logos aber die Hoheitsaussagen335.

Dadurch, daß der Sohnestitel dem Logos beigelegt werden konnte, wenn gesichert

war, daß menschliche Sohnesverständnisse dabei ausgeschlossen blieben, war es

Markell aber zugleich möglich, die Anfangs- und Endlosigkeit des Sohnes zu

vertreten. Neuerdings hat SEIBT überzeugend nachgewiesen, daß auch der

Markell der Fragmente keineswegs ein Ende Christi als des Logos-Sohnes lehrt,

sondern "ein Ende des Zusammenseins des Logos mit dem von ihm ange-

nommenen individuellen Fleisch"334. Dies bedeute zwar ein Ende der

Inkarnation, in dem sich der Menschgewordene "stellvertretend für seine Glieder

und der angenommene Mensch für die ganze Schöpfung unterwirft"337, aber

keineswegs ein Ende der Herrschaft des Logos-Sohnes, der nach dem Ende der

Ökonomie nach dem Fleisch nach markellischer Anschauung wieder so in Gott

ist, wie er vor der Erschaffung der Welt war.

Auf Basis der grundlegenden Neubewertung der Markell-Fragmente durch

SEIBT läßt sich dann aber sagen, daß sich Markells Aussagen im Brief an Julius

(und im Serdicense) durchaus im Rahmen dessen bewegen, was auch zuvor

theologisch von ihm vertreten worden ist338. Von einer Kehrtwendung oder gar

einer arglistigen Täuschung darf man also nicht sprechen339.

§11 Schon in §3 war (zu quaestio 2) Valens und Ursacius die Anschauung

vorgeworfen worden, der Logos und der Geist seien verwundet und getötet

worden, gestorben und auferstanden (Z. 13-15). Demgegenüber wird hier

335 Vgl. GRILLMEIER, I.e., 246 und das Serdicense §11. 336 So SEIBT, TRE 22 (1991), 86f. - Ausführliche Begründung anhand der Markell-Fragmente 113-121, 60 und 41 (ich benutze weiter die Klostermannsche Zahlung; vgl. oben S. 62 Anm. 225) in der Tübinger Dissertation aus dem Jahre 1992 "Markell von Ankyra als Reichstheologe", hier besonders 339ff. 337 SEIBT, Markell, 362. 338 SEIBT, I.e., 354, diagnostiziert auf Basis seines ausführlichen Beweisgangs, der hier nicht im einzelnen referiert werden soll, eine exakte Entsprechung. 339 Gegen BARNARD, RThAM 38 (1971), 74; SCHWARTZ, GS III, 304-306. HANSON, Search, 223. 231, spricht behutsamer, aber auch nicht ganz zutreffend davon, daß Markell seine Lehre modifizierte. Grundsätzlich anders SEIBT, I.e., 354.

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2 Die Synode von Serdika 81

verdeutlicht, daß nicht das Göttliche in Christus gelitten hat, sondern der Mensch,

mit dem sich das Logos-Pneuma umkleidet hat. Wie schon §7 (Z. 52-57) werden

Leidens- und Herrlichkeitsaussagen auf Gottheit und Menschheit verteilt. Die

Besonderheit der Argumentation der westlichen Synodalen von Serdika besteht

aber nun darin, daß das Göttliche im geschichtlichen Christus eben das πνεύμα

9«οϋ gewesen ist340. Die hier zugrunde liegende Vorstellung hat LOOFS trotz

der wenig sicheren Textbasis durch eine Fülle von Parallelstellen aus der

abendländischen Tradition deutlich gemacht341: Demnach zieht der Logos-Sohn,

der auch spiritus ist342, einen leidensfähigen Menschen an, wobei er aufgrund

seines Geistseins mit Gott eins bleibt. Auch im Serdicense selbst findet sich diese

Vorstellung von Logos und Pneuma (§4, Z. 27f.). Und bei Markell ist der Geist

sowohl als Gott343 als auch als Wesen des Sohnes344 gesehen345, wobei Markell

dem Asterius und mit ihm der Mehrhypostasentheologie ausdrücklich vorwirft,

daß dort der Ausgang des Geistes aus dem Logos und der Ausgang des Geistes

aus dem Vater nicht mehr zusammengedacht werden könnten346. Unter diesen

Voraussetzungen ist die von TETZ aufgeworfene Alternative, daß es im

Serdicense §11 um das Leiden des dominus, nicht um das des Geistes gehe347,

m.E. nur eine scheinbare; das Serdicense trifft sie ebensowenig wie Markell und

(der von LOOFS für die Bezeugung der "Geistchristologie"34*, von TETZ für die

Auseinandersetzung mit dem Leiden des κύριος349 herangezogene) Gregor von

Elvira: Das Leiden des Logos, der als Pneuma auch in der Inkarnation mit Gott

eins bleibt, so die Synodalen von Serdika gegen die von Valens und Ursacius neu

340 So bereits LOOFS, SPAW (1902) l.Halbbd., 772 und AAWB (1909), 30. SEIBT, I.e., 306 formuliert: "Markell bezeichnet das Wesen des Logos (wie auch Gottes ganz allgemein) als Geist (...). Im Blick auf sein Geistsein ist der Logos auch als menschgewordener eins mit (wie) Gott". 341 AAWB (1909), 30-35. LOOFS verwendet den etwas unglücklichen Ausdruck "Geistchristologie". 342 Vgl. das Serdicense §4, Z. 27f. 343 Fr. 54 (194, 22-25 Klostermann/Hansen) nach Joh 4,24. Vgl. die Argumentation in §4 des Serdicense. 344 Fr. 71 (198, 19-22 Klostermann/Hansen). 345 Vgl. GRILLMEIER, I.e., 419: "Weil das eine "Pneuma-Wesen" Gottes ungetrennt im Vater, Sohn und Geist ist, ist deren Einheit garantiert". 346 Et δέ το Εϋαγγέλιον ό'τι έμφυσήνας τοις μα&ηταΐς "λάβετε πνεϋμα άγιον" εφησεν, δήλον δτι έκ τοΰ λόγου το πνεϋμα έξήλ9-εν. πώς οδν, ει έκ τοΰ λόγου το πνεΰμα προήλ&εν, πάλιν τό αυτό έκ τοΰ πατρός εκπορεύεται; fr. 68 (198, 12-14 Klostermann/Hansen). 347 ZNW 76 (1985), 257. 344 AAWB (1909), 31ff. 349 ZNW 76 (1985), 257. 265.

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8 2 Erster Teil

aufgebrachten Argumente350, ist dem angenommenen Menschen beizulegen. Der

Widerspruch des Serdicense gegen die §3 referierte Position des Valens und

Ursacius ist also ein zweifacher: Er besteht in der Beilegung der

Niedrigkeitsaussagen zum Menschen (gegen die Vorstellung, der Logos und Geist

habe gelitten) und in der Betonung der Einheit von Logos und Geist (gegen die

"Trennung" der Hypostasen)351. Dies entspricht präzise dem markellisch-

serdicensischen Verständnis der Einhypostasenlehre und ist auf der anderen Seite

Hauptgrund für den von eusebianischer Seite vorgebrachten Sabellianis-

musvorwurf352. Daß Valens und Ursacius demgegenüber mit Hilfe der Dreihypo-

stasenlehre v.a. die Eigenständigkeit des Geistes betonen wollten, hat HALL353

vermutet. Doch geht es hier nicht primär um die Frage der hypostatischen

Eigenständigkeit, sondern um das Problem der Gottheit: Denn die Synodalen von

Serdika West können dadurch, daß sie die Leiden des Inkarnierten dem

Menschen beilegen, Logos und Pneuma als leidenslos und somit im Sinne des

Apathieaxioms als göttlich begreifen. Dies zeigt die Fortsetzung mit dem

allgemeingültigen Satz δτι αν9·ρωπος θνητός, 9-εός δέ αθάνατος (Ζ. 83). Die

östlichen Synodalen dagegen sehen gerade dadurch, daß sie das Leiden dem

Logos und Pneuma beilegen, ihre subordinatianische Differenzierung der

Hypostasen begründet, denn der leidende Logos-Sohn bzw. das leidende Pneuma

können gemäß dem Satze δτι αν9-ρωπος 9-νητός, 9-εός δέ α&άνατος nicht dem

wesenhaft leidenslosen Gott Vater in jeder Hinsicht gleichgestellt sein.

Im selben Zusammenhang steht auch die Aussage über die Auferstehung τη

τρίτη ήμέρςο ανέστη οΰχ ό 9-εός έν τφ άν&ρώπω, αλλ' ό άνθρωπος έν τφ 9εω

ανέστη (Ζ. 84f.). Interessant ist dabei, daß die Fortsetzung δντινα και

350 Serdicense 3§, Z. 14f. 351 Anders ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 398-400, die aufgrund der Singularformen έτρώ&η etc. (Z. 15) schließt, Valens und Ursacius hätten das Göttliche in Christus als Logos und Geist bezeichnet, während dgg. das Serdicense vom Geist "nicht christologisch, sondern pneumatologisch" (I.e., 399) rede. Doch wäre dann die Position von Valens und Ursacius kaum mit der differenzierenden Wendung δτι ό λόγος και δτι τό πνεϋμα (Ζ. 14) referiert worden und hätte auch schwerlich mit dem Vorwurf der Trennung dreier (!) Hypostasen (Z. 16ff.) in Verbindung gebracht werden können. ABRAMOWSKIs Deutung erfordert zudem die Einführung eines angeblich ausgefallenen Kolons in den Text von §11 (I.e., 399f.), die mich nicht recht überzeugt. 352 Vgl. zum Serdicense §6. 353 StPatr 19 (1989), 182f.

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2 Die Synode von Serdika 83

προσήνεγκε τφ πατρί έαυτοϋ δώρον, δν ήλευ&έρωσεν (Ζ. 85f.) in der von TETZ

Markell zugeschriebenen Ep. ad Liberium354 eine inhaltlich genaue Parallele

hat335. Der Gedanke ist hier wie dort, daß der Mensch, der bisher dem Tod

Untertan war, vom inkarnierten Logos, der den Tod besiegt hat, nun durch die

Auferweckung in den Herrschaftsbereich des Vaters gebracht wird (TETZ)356,

wodurch das Ende der Königsherrschaft des Menschgewordenen (nicht des Logos-

Sohnes!) bezeichnet wird.

§12 Die Verfasser des Serdicense wenden sich zum Abschluß ihrer Erklärung

den Folgen des bisher Festgestellten für die Ekklesiologie zu. Anhand von Joh

17,21 soll nun der Geist"besitz" des Logos-Sohnes vom Geistbesitz der Jünger

deutlich unterscheiden werden. Z. 91f. zeigt, daß es auch hier um die

Auseinandersetzung mit einer gegnerischen Position geht. TETZ hat in diesem

Zusammenhang auf die Auseinandersetzung Eusebs mit Markell über die

Interpretation von Joh 17,21 in e. th.357 aufmerksam gemacht. Euseb vertritt

dabei die Auffassung, daß die Johannesstelle aussage, die Jünger würden durch

den Empfang des Geistes derselben Einheit teilhaftig, die Vater und Sohn auch

untereinander haben. Genau aus diesem Grunde sieht Euseb sich auch in seiner

Ablehnung der Lehre von der Einheit der göttlichen Hypostase bestätigt358 und

geht stattdessen von einer Einheit der δόξα359 oder der αρετή3® aus, die

zunächst unter den drei Hypostasen der Gottheit besteht und an der mit dem

Geistempfang auch die Jünger Anteil gewinnen361. Euseb interpretiert dabei mit

Hilfe von Joh 17,21 gerade diejenigen Schriftstellen, auf die sich Markell zum

354 Vgl. zum Ganzen TETZ, ZKG 83 (1972), 145ff. Die Edition des Textes I.e., 150-154. Die Zuschreibung zu Markell bestätigt SEIBT, I.e., 57. 355 T E T Z ι c 1 5 2 ; 22f. - Auf die Parallele zum Serdicense §11 hat zuerst SCHEIDWEILER, ZNW 44 (1952/3), 240 aufmerksam gemacht. 356 L.c., 173. 357 E. th. III, 18,4 - 19,4 (179, 30 - 180, 32 Klostermann/Hansen). 358 ούχ οτι κα9·' ίιπόστασιν μίαν είς ών τυγχάνει αυτός και ό πατήρ, άλλ' 8τι τοϋ πατρός μεταδεδωκότος αϋτφ της οικείας δόξης, και αυτός ομοίως τοίς οίκείοις, τόν πατέρα μιμούμενος, μεταδίδωσιν, Euseb, e. th. III, 19,3 (180, 24-27 Klostermann/Hansen). 339 Siehe vorige Anmerkung. 300 E. th. 111,18,3 (179, 30 Klostermann/Hansen). 361 Vgl. TETZ, ZNW 76 (1985), 266.

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8 4 Erster Teil

Beweis seiner Einhypostasentheologie beruft und die auch im Serdicense die

zentrale Rolle spielen, besonders Joh 10,30**.

Gerade von dieser exegetischen Auffassung setzt sich das Serdicense in §12

nun dezidiert ab. Denn nach Auffassung der Synodalen kann Joh 17,21 nicht dazu

herangezogen werden, die nach ihrer Meinung in Joh 10,30 u.ö. belegte Theologie

der einen Hypostase in Frage zu stellen. Vielmehr ist in Joh 17,21 gar nicht

davon die Rede, daß die geistbegabten Jünger in der gleichen Weise mit Gott

eins seien wie der Vater mit dem Sohn (ούκ ειπεν "ώσπερ ήμεϊς εν έσμεν, έγώ

και ό πατήρ"; Ζ. 98f.). Genau dies hatte Euseb aber behauptet: ώσπερ ό πατήρ

και ο υιός εν είναι λέγονται, οίίτω και πάντες έσονται <οί> άγιοι.343 Für die

Synodalen von Serdika-West gilt dagegen: Die wesenhafte Einheit in der Gottheit

einerseits und die Einheit des Logos-Sohnes mit den Jüngern andererseits, die

durch die Übertragung des Geistes geschieht, sind sorgfältig voneinander zu

unterscheiden3". Gegenüber der eusebianischen Position wird hier die Einzig-

artigkeit der Einheit der Gottheit nochmals betont. Gleichzeitig erfährt die

Kirche im Verhältnis hierzu eine Relativierung (die bei Euseb so nicht gegeben

war): Die Jünger haben zwar den Geist empfangen, sind aber nicht Geist, Logos,

Weisheit, Kraft oder Eingeborener365 (Z. 92ff.).

Dieser Befund macht es überaus wahrscheinlich, daß auch die Interpretation

von Joh 17,21 in §12 des Serdicense auf der Theologie Markells beruht, die

Euseb in seinen Schriften angegriffen hatte. Darüberhinaus ist aber auch bei

Athanasius ein ganz ähnliches Verständnis jener Johannesstelle zu finden, und

zwar in der dritten Arianerrede306: Das leitende Interesse des Alexandriners in

seiner Interpretation von Joh 17,21 besteht darin, daß zwischen der Einheit in

362 Euseb, e. th. 111,19,1-3 (180, 1-27 Klostermann/Hansen). 3 0 Kephalaion zu e. th. 111,19 (180 Klostermann/Hansen). - Selbst wenn diese Überschrift nicht unbedingt "Originalton Euseb" ist, gibt sie jedenfalls dessen Sicht völlig repräsentativ wieder. 364 Siehe oben zum Serdicense Z. 98 mit Anm. 196. 365 Vgl. auch §6 und §7 des Serdicense, wo es gerade um die exklusive Beilegung dieser Prädikationen für den Logos-Sohn im Unterschied zu menschlichen Vorstellungen ging. 366 Ar. III, 20f. (PG 26, 365 C - 368 C). L.c. III, 25 (PG 26, 376 A - 377 Α). Die ganze Passage Ar. III, 22-25 widmet sich der Interpretation von Joh 17, 20-23 als Antwort auf eine Auslegung der Gegner. ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 390f. meint, daß sich Serdicense §12 gegen dieselbe Auslegung richtet, die auch Athanasius vor sich hatte.

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2 Die Synode von Serdika 85

Gott und der Einheit der Jünger mit dem Sohn ein fundamentaler Unterschied

besteht367.

Der Schluß der Glaubenserklärung von Serdika zieht aus der Exegese von Joh

17,21 die Konsequenz der Forderung nach der Einheit der Kirche in Glauben

und Bekenntnis: Hier sollen die Jünger eins sein, damit sie auch in der Liebe eins

sein können. Daß die westlichen Bischöfe diesen Gedanken trotz des faktischen

Auseinanderbrechens der Synode formulieren, darf keinesfalls als irenische

Schlußbemerkung gegenüber den Gegnern von Serdika mißverstanden werden:

Die Einheit der Jünger beruht auf dem gemeinsamen Glauben und Bekenntnis,

wie es die westlichen Synodalen mit ihrer Einhypostasenlehre formuliert haben

(§4, Z. 21). Die verlorengegangene Einheit der Kirche ist aus ihrer Sicht nur

unter dieser Voraussetzung wiederherzustellen.

ZUSAMMENFASSUNG §§4-12:

Kernpunkt des Serdicense ist die Lehre von der einen Hypostase der Trinität,

basierend v.a. auf Joh 10,30 und 14,10. Anliegen dieser Lehre ist es, den Sohn als

wahren Gott, der in der Einheit mit dem Vater ist, auszusagen und verständlich

zu machen. Die Hypostase des Logos-Sohnes ist dieselbe wie die des Vaters und

des Geistes. Jedwede Subordination ist ausgeschlossen. In Verbindung mit dieser

Konzeption wird auch die Gleichewigkeit des Sohnes gelehrt (§4) und jede Rede

vom Ende der Herrschaft Christi verworfen. Gleichzeitig wird die Interpretation

von Joh 10,30 im Sinne einer Willensübereinstimmung abgelehnt (§8).

Die Einhypostasentheologie des Serdicense richtet sich gegen die Dreihypo-

stasenauffassung der Eusebianer und des Origenismus mitsamt deren subordina-

367 Ath., Ar. III, 20f. (PG 26, 365C): "Ινα και αυτοί έν ήμΓν εν ώσιν, όρ$ήν πάλιν έχει τήν διάνοιαν. Εί γοϋν δυνατόν ήν γενέσθαι ήμας ώς ό Υιός έν τφ Πατρί, έδει λέγειν, "Ινα και αυτοί έν σοι εν ώσιν, ώσπερ έστίν ό Υιός έν τφ Πατρί' νΰν δε τοϋτο μεν οΰκ είρηκε" λέγων δέ τό, έν ήμΐν, έδειξε τήν διάστασιν και τήν διαφοράν οτι αυτός μεν μόνος έν μόνφ τφ Πατρί έστιν, ώς μόνος Λόγος και Σοφία, ήμεΐς δέ έν Υϊφ, και δι' αϋτοΰ τφ Πατρί. - Vgl. dazu auch 111,21 (PG 26, 368B/C): ö δέ λέγων, κα&ώς, ού ταυτότητα δείκνυσιν, αλλ' εικόνα και παράδειγμα τοϋ λεγομένου. - Vgl. dazu wiederum III, 25 (PG 26,376 Α): οϋ τήν ταυτότητα ήμας αϋτφ μέλλοντας έχειν σημαίνει. - Eine (unvollkommene) Abbildung der göttlichen Einheit durch die Menschen gesteht Athanasius zu (Ar. III, 20; PG 26, 364C). Vgl. SEIBT, Markeil, 312f. und kommentierend LAMINSKI, Geist, 47ff.

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86 Erster Teil

tianischem Gefälle in der Trinität. Die Annäherung der Eusebianer an Ν in Ant

II und Ant IV war den Synodalen von Serdika nicht ausreichend, weil sie in der

Lehre von den drei Hypostasen noch immer eine Trennung der Wesenheit von

Vater und Sohn und damit eine arianisierende Unterordnung des Sohnes unter

den Vater sahen, auch wenn die nizänischen Theologoumena und v.a. Anathema-

tismen inzwischen von den Eusebianern akzeptiert worden waren. In diesem

Punkte liegt die Notwendigkeit für die Synodalen, der theologischen Linie von Ν

folgend, über dieses Bekenntnis hinauszugehen368.

In der Einhypostasentheologie des westlichen Serdicense wird die

Unterschiedenheit von Vater und Sohn behauptet (§6) und eine Identifikations-

theologie wie bei Sabellius abgelehnt. Konzeptionell wird dies als Namens-

unterschiedenheit entfaltet (§8).

Gegen die von Valens und Ursacius aufgebrachten Diskussionspunkte werden

"Zeugung" und "Gewordensein" des Sohnes unterschieden. Während der Begriff

der Zeugung im Sinne eines Hervortretens zur Schöpfung akzeptiert wird, wenn

geschöpfliche Analogien dabei ausgeschaltet bleiben, wird das Gewordensein

verworfen, weil es eben den Sohn dem Bereich des Geschöpflichen zuordnen

würde (§5).

Gegen Valens und Ursacius werden die Leidens- und Niedrigkeitsaussagen

nicht dem Logos oder Pneuma, sondern dem von diesem bei der Inkarnation

angenommenen Menschen zugeschrieben (§11). In diesen Zusammenhang gehört

auch die Unterscheidung von μονογενής (ewiger Logos) und πρωτότοκος

(Menschgewordener) [§7]. Durch diese pneumatologische und christologische

Grundentscheidung kann der Logos-Sohn und das Pneuma, der Gesamtintention

des Serdicense entsprechend, ganz in der Einheit mit dem wesenhaft leidenslosen

Vater verstanden werden.

In der ekklesiologischen Konsequenz jener Konzeption wird das Einssein von

Vater, Sohn und Geist vom Geistbesitz der Jünger bzw. der Kirche deutlich

unterschieden (Interpretation von Joh. 17,21) [§12]. Gegenüber der

hypostatischen Einheit von Gott Vater, Sohn und Geist erfährt die durch den

348 Vgl. den Brief des Ossius und Protogenes an Julius von Rom, EOMIA 1/2, 644 Turner.

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2 Die Synode von Serdika 87

Geistbesitz der Jünger sowohl mit Gott als auch untereinander und vereinte

Kirche eine Relativierung.

2.2.3 Zum Markellianismus des westlichen Serdicense

Daß es Parallelen zwischen der Theologie Markells und der des Serdicense gibt,

ist seit jeher in der Forschung vermerkt worden; solche Zusammenhänge liegen

angesichts der kirchenpolitischen Konstellation zur Zeit der Synode auf der

Hand. Gleichwohl wird der Grad der Abhängigkeit durchaus unterschiedlich

eingeschätzt: Die Bandbreite reicht von der Aussage, daß das Serdicense ganz

markellisch sei369 über die These, daß sich hier markellische und Markeil

ursprungsverwandte abendländische Traditionen miteinander verbunden

hätten370 bis hin zu der Meinung, das Serdicense folge zwar in wesentlichen

Punkten Markeil, widerspreche diesem jedoch auch, namentlich an den Stellen,

die schon durch die Eusebianer in das Zentrum der antimarkellischen Kritik

gerückt worden seien371.

An der hier vorgelegten Kommentierung des Serdicense wurde deutlich, daß alle

theologischen Streitpunkte, die im Serdicense angesprochen werden, aus der

kontroversen Diskussion Euseb-Markell, besonders auch aus dem Markell-Brief

an Julius von Rom, herzuleiten sind, die durch von Valens und Ursacius neu

aufgebrachte Gesichtspunkte eine Aktualisierung erfahren hatte. Die dezidiert

antimarkellische Stoßrichtung aller eusebianischen Äußerungen372 jener Zeit

legen zudem nahe, zu sehen, daß es bei den Streitigkeiten de fide um die

Theologie Markells ging; sie war Gegenstand des ersten Punktes der von den

Kaisern befohlenen Tagesordnung373. Es ist davon auszugehen, daß auf beiden

** ABRAMOWSKI, ZKG 93 (1982), 254; SEIBT, TRE 22 (1991), 84. 370 So LOOFS, I.e., 38. 371 So wohl gegenwärtig die Mehrheitsmeinung, z.B. KELLY, Glaubensbekenntnisse, 275; DINSEN, Homousios, 106f. mit Anm. 106,10.107,4; BARNARD, Council, 88f.; FEIGE, Lehre Markells, 139f.; HALL, I.e., 178ff.; HANSON, Search, 303f.; 372 Die Texte Eusebs; Ant II und Ant IV; Ant III ein persönliches Bekenntnis des Theophronius, der sich vom Markellianismus-Verdacht reinigen muß. 373 ABRAMOWSKI, I.e., 254; BRENNECKE, Hilarius, 23. 33.

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8 8 Erster Teil

Teilsynoden zum Tagesordnungspunkt Glaubensfragen die Theologie Markells

im Mittelpunkt stand374.

Im Aufbau erinnert das Serdicense an die markellische Ep. ad Iul. von 340. In

beiden Fällen handelt es sich nicht um Bekenntnisse im Sinne einer regula fidei,

sondern um Texte, die den Charakter einer kurzen theologischen Abhandlung mit

bekenntnishaften, polemischen und apologetischen Elementen haben375. Auffällig

ist, daß hier wie dort mit einer Verwerfung gegnerischer Theologoumena

eingesetzt wird376. Der Grund hierfür liegt in beiden Fällen darin, daß plötzlich

weitere (abendländische) Kreise in die Kontroverse hineingezogen werden.

Markeil377 wie die Verfasser des Serdicense378 fürchten, daß die weniger gut

informierten Abendländer durch die Äußerungen der "Arianer" irregeführt

werden könnten und stellen deshalb ihren eigenen Glaubensaussagen die

Verwerfung gegnerischer Kernsätze voran.

Inhaltlich stimmen Markell und das Serdicense an folgenden Punkten überein:

1.) Die Entgegensetzung einer Einhypostasenlehre gegen die Dreihypostasen-

lehre der Eusebianer3™.

2.) Die Ablehnung jeder Form des trinitätstheologischen Subordinatia-

nismus380.

3.) Die Interpretation der Wesenseinheit Gottes des Vaters, Sohnes und

Geistes im Sinne eines ταΰτούσιος381.

4.) Die Lehre von der Gleichewigkeit des Sohnes3"2.

374 Dies erfährt durch die beiden erhaltenen Synodalbriefe eine Bestätigung: Ost: Hil., Coli, antiar. Paris. A IV,1,2-5; West: Ath., apol. sec. 45,1 parr. 375 S.O.S. 47 Anm. 155. 376 Serd W §§1-3; Ep. ad Iul. (214, 28ff. Klostermann/Hansen). 377 Ep. ad Iul. (215, 37f. Klostermann/Hansen). 378 Ossius und Protogenes an Iulius: "ne quis illis tribus argumentis circumuentus rennuerit fidem" (EOMIA 1/2, 644, 9f. Turner). 379 S.o. zu §4. 380 S.o. zu §4 und §8. 381 S.o. zu §4. - SEIBT, I.e., 118f. mit Anm. 998 spricht von "Selbigkeit der Hypostase". 382 S.o. zu §4.

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2 Die Synode von Serdika 89

5.) Die Prädikation des Logos als wahren Gottes, Weisheit, Kraft und wahren

Sohnes383.

6.) Die christologische Differenzierung von μονογενής und πρωτότοκος384.

7.) Die exklusive Beilegung der Niedrigkeitsaussagen für den Mensch-

gewordenen im Zusammenhang mit der Vorstellung, daß der Logos-Sohn,

der auch Pneuma ist, einen leidensfähigen Menschen annimmt385.

8.) Die Ablehnung jeder Interpretation von Joh 10,30 im Sinne einer

Willensgleichheit oder einer Gesinnungsübereinstimmung386.

9.) Die Ablehnung jeder Interpretation von Joh 17,21 in dem Sinne, daß die

Jünger durch den Geistempfang derselben Einheit teilhaftig werden, die

auch Vater und Sohn untereinander haben387; damit die Unterscheidung

des "Wie-Vater-und-Sohn-eins-sein" vom "In-Gott-Vater-und-Sohn-eins-sein".

Zum Erweis angeblicher Differenzen zwischen Markells Lehre und der des

Serdicense sind in der Forschung besonders folgende Punkte genannt worden:

1.) Das westliche Serdicense lehre eine Präexistenz des Sohnes, während

Markell den Sohnestitel allein dem Inkarnierten beilege388.

Dem ist jedoch zu entgegnen, daß Markell in der Ep. ad Iul. sehr wohl

vom λόγος υιός spricht3*' und auch in den Fragmenten bisweilen den

vorinkarnierten Logos als "wahrhaftigen Sohn" tituliert390.

2.) Markell lehne den Gedanken einer Zeugung des Präexistenten ab3",

anders das Serdicense392.

383 S.o. zu §6. 384 S.o. zu §7. - SEIBT, I.e., 118f. mit Anm. 998 sieht in der Übereinstimmung einen Beweis dafür, daß zumindest §7 des Serdicense "von niemand anders als von Markell selbst verfaßt sein kann". Vgl. aber meine Anm. 399. 385 S.o. zu §7 und §11. 386 S.o. zu §9. 387 S.o. zu §12. 388 So LOOFS, SPAW 1902,778; HANSON, I.e., 304; ABRAMOWSKI, I.e., 251f., basierend auf den Vorwürfen Eusebs. 389 215, 4f. Klostermann/Hansen. 390 Fr. 20 (188,19 Klostermann/Hansen). Vgl. fr. 36 (190, 32-34 Kl./H.). Zum Ganzen vgl. SEIBT, TRE 22 (1991), 86 und ders., Markell, 301. 391 Entsprechend der Polemik Eusebs, vgl. SEIBT, Markell, 301. 392 So RICHARD, MSR 9 (1949), 27f. mit Anm. 1.

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90 Erster Teil

Dem ist entgegenzuhalten, daß Markell sehr wohl den Begriff der

Zeugung unter bestimmten Voraussetzungen akzeptiert393, nämlich dann,

wenn damit das Hervortreten des Logos aus dem Vater gemeint ist und

jegliche menschliche Analogie ausgeschlossen bleibt3*1.

3.) Markells Lehre vom Ende der Königsherrschaft Christi werde vom

westlichen Serdicense abgelehnt395.

Doch hier ist, v.a. auf der Basis der Untersuchungen SEIBTs, zu

bedenken, daß Markell durchaus nicht einfach ein Ende Christi als des

Logos-Sohnes lehrt, sondern ein Ende des Zusammenseins des Logos mit

dem von ihm angenommenen Fleisch396. Ep. ad Iul. lehrt er anscheinend

eine Endlosigkeit der Herrschaft des Logos-Sohnes397. Das Serdicense

stimmt mit diesen seinen Äußerungen überein.

Das westliche Serdicense ist demnach dogmengeschichtlich als eine in allen

wesentlichen Punkten mit der Lehre Markells übereinstimmende theologische

Erklärung einzustufen. Darüberhinaus zeigen die Berührungspunkte mit der

zweiten und dritten Arianerrede des Athanasius, daß auch der Alexandriner in

den Jahren um 342 in weiten Teilen mit der Theologie Markells und des

westlichen Serdicense übereinstimmte398. Daß beide an der Entstehung des

393 Ep. ad Iul. 215, 4f. (Klostermann/Hansen); fr. 36 (190, 29-31 Kl./H.); fr. 96 (206,1 Kl./H.). 394 S.o. zu §5 des Serdicense. Vgl. fr. 36 (190, 29-31 Klostermann/Hansen). Vgl. SEIBT, TRE 22 (1991), 86. 395 DINSEN, I.e., 106; BARNARD, I.e., 89; HANSON, I.e., 304; FEIGE, I.e., 140. 396 SEIBT, TRE 22 (1991), 86f. und ders., Markell, Exkurs VI (354-362). - Vgl. oben zu §10 des Serdicense. 397 215, 4f. 7f. Klostermann/Hansen. 398 Athanasius stimmt mit dem Serdicense überein in dem Hauptinteresse an der Gottheit des Sohnes; im Gedanken der Zeugung des Sohnes als Schöpfungsmittler; in der Verwerfung der Lehre von der Gesinnungsgleichheit; in der Differenzierung von μονογενής und πρωτότοκος und der Beilegung letzteren Prädikats zum Inkarnierten; in der Verwerfung der Interpretation von Joh 17,21, wie sie die Eusebianer vorgelegt hatten. - Der entscheidende Unterschied zwischen Athanasius und dem westlichen Serdicense besteht darin, daß Athanasius sich in der Hypostasenfrage praktisch nicht äußert. Er lehrt natürlich nicht die Lehre von den drei Hypostasen (aber er bekämpft diese Lehre auch nicht ausdrücklich!). In den Arianerreden ist er nicht als Vetreter einer dezidierten Einhypostasenlehre erkennbar, anders als Markell und das Serdicense. ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 401ff. hat gezeigt, daß Athanasius die Vokabel ϋπόστασις in der dritten Arianerrede regelrecht vermeidet. In der Sache zeigt er sich aber in den Arianerreden (ενάτης της ουσίας; Ar. 111,4) wie im Tomus ad Antiochenos (tom. 3. 4; vgl. LAMINSKI, Geist, 134f.) an den Vertretern der Einhypostasenlehre orientiert, wie er ja auch stets mit der Paulinergemeinde in Antiochien in Gemeinschaft blieb. Die Begriffe ουσία und ύπόστασις benutzt Athanasius auch nach 362

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2 Die Synode von Serdika 91

Serdicense bis in die Formulierungen hinein mitgewirkt haben, ist im Falle

Markells als sicher399, im Falle des Athanasius als wahrscheinlich anzusehen. Es

ergibt sich aber damit für die dogmengeschichtliche Einstufung des Dokumentes

ein auf den ersten Blick überraschendes Ergebnis: Das "westliche" Serdicense ist,

ein wenig überspitzt formuliert, in Inhalt und Intention ein ganz von den östlichen

Emigranten im Westen bestimmter Text! Auf der westlichen Teilsynode von

Serdika geben die Emigranten aus dem Osten theologisch klar den Ton an.

Dieses Resultat findet eine zusätzliche Bestätigung durch einen kurzen Blick auf

die Prosopographie der Teilnehmer der Synode.

EXKURS: Zur Prosopographie der Teilnehmer der westlichen Synode von Serdika und zur Frage nach der "Originalsprache" des westlichen Serdicense

Die Teilnehmerzahl der westlichen Teilsynode von Serdika ist auf etwas mehr als 90 zu bestimmen400. Athanasius geht von 170 Teilnehmern für die Gesamtsynode aus401, die orientalische Teilsynode zählt nach deren eigenen Angaben 80^2 und bietet eine Liste mit 73 Namen403. Demnach bleiben für die westliche Synode zwischen 90 und 97 Teilnehmer.

Die Überlieferung der Teilnehmerliste und der zugehörigen Herkunfts-provinzen ist disparat. Bei Hilarius sind am Ende des Schreibens an Julius von Rom 59 Bischöfe aufgeführt, die den Brief unterzeichnet haben404. Im Codex Veronensis LX ist fol. 94b-99a eine Liste ausgefallen405 und fol. 103a ff.406

finden sich Unterschriftenlisten am Ende der Schreiben der Synoden bzw. des Athanasius an die Kirchen in der Mareotis. Athanasius bietet schließlich in der

(Anerkennung der Differenzierung der Begriffe aus der Meletianererklärung im tom.) synonym, vgl. ep. Afr. 4 (zur Theologie des Athanasius in der [369 an den Westen gerichteten ep. Afr. siehe unten unter 10.]. In der Frage der Differenzierung von Vater und Sohn geht er einen Schritt weiter als das Serdicense: Er unterscheidet den Sohn nicht nur durch den Namen, sondern auch durch die γέννησις vom Vater (etwa Ar. I, 58; III, 9). Diesen Schritt tut das Serdicense nicht (er fehlt in §6 und §8, obwohl er den Synodalen von dem her, was sie §5 sagen, durchaus möglich gewesen wäre). 399 Ob dieser Befund ausreicht, um Markell als alleinigen Verfasser des Serdicense zu erweisen, wie SEIBT, I.e., 118f. mit Anm. 998 (Kursivdruck Vf.) meint, sollte m.E. besser offen bleiben. 400 TURNER, EOMIA 1/2, XII; BARNARD, Council, 58; HESS, Canons, 9; OPITZ II, 123f. nota; FEDER, Studien II, 61f. 401 H. Ar. 15,3. 402 HU., Coli. Antiar. Paris. A IV,1,16. 403 HU., I.e., A IV,3. 404 HU., I.e., Β 11,4. Bei Nr. 58 und 59 handelt es sich um eine Person, s.u. Anm. 415. TO TURNER, EOMIA 1/2,3,XII. Die Liste könnte, so Turner, knapp 100 Namen umfaßt haben. 406 EOMIA 1/2, 657ff. Turner.

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92 Erster Teil

apol.sec. 284 Namen, wobei die ersten 78 zu den Teilnehmern zählen; die anderen 206 sind erst später den Beschlüssen beigetreten401.

Hilarius' Namen begegnen alle bei Athanasius, im Codex Veronensis LX finden sich Namen über Athanasius hinaus. Die zugehörigen Bischofssitze und Provinzen sind in der Hilariusliste ganz, im Athanasiusbrief an die Gemeinden der Mareotis teilweise genannt; im Brief der Synode an die Gemeinden der Mareotis und in der apol.sec. fehlen die Herkunftsbezeichnungen leider.

Bereits im Jahre 1911 hat FEDER in seinen Studien zu Hilarius von Poitiers eine ausführliche Untersuchung zu den bei Hilarius aufgeführten Bischofsnamen und -sitzen vorgelegt40*. Auf FEDER fußend bestimmten HESS409 und BARNARD410 das Verhältnis der griechischsprachigen Bischöfe gegenüber den lateinischsprechenden auf 38:33; bei den restlichen Teilnehmern seien die Herkunftsorte bzw. die Namen wegen fehlender Angaben bzw. Textunsicher-heiten nicht mehr identifizierbar.

Betrachtet man die Teilnehmerliste von Serdika West nun etwas genauer, so lassen sich die folgenden Bischöfe eindeutig dem griechischen Sprachraum zuordnen:

Von der in den Coli, antiar. Paris, überlieferten Liste411: Bassus a Machedonia de Dioclecianopoli Porfirius a Machedonia de Filippis Marcellus de Ancyra Galatiae Euterius a Tracia de Gannos Asclepius a Palestina de Gaza Museus a Tessalia de Thebis Dioscorus de Terasia412

Himeneus a Tessalia de Ypata Lucius a Tracia de Cainopoli Euagrius a Machedonia de Eraclia Linci Iulius ab Acaia de Tebe eptapilos Zosimus a Macedonia de Lignido Athenodorus ab Achaia de Elatea Diodorus ab Asia de Tenedos Alexander a Thessalia de Larissa Aethius a Machedonia de Tessalonica

407 Die Liste Opitz II, 123ff. - Zur Prosopographie der afrikanischen Teilnehmer in Serdika vgl. MANDOUZE, Prosopographie, 1305 (Register). 408 Studien zu Hilarius von Poitiers II. Bischofsnamen und Bischofssitze bei Hilarius. Kritische Untersuchungen zur kirchlichen Prosopographie und Topographie des 4. Jahrhunderts. SAWW 166,5, Wien 1911. 409 L.c., 46. 410 L.c., 59. 411 Ich folge bei der Zitierung der CSEL-Ausgabe (133ff. Feder). Zu vergleichen ist Turners Edition der Teilnehmerliste in EOMIA 1/2, 545ff. 412 Zur Lokalisierung siehe FEDER, Studien II, 32.

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2 Die Synode von Serdika 93

Trifon ab Acaia de Macaria413

Athanasius ab Alexandria Ionas a Machedonia de Particopoli Alypius ab Acaia de Megara Plutarcus ab Acaia de Patras Eliodorus a Nicopoli Arius a Palestina Asterius ab Arabia Socras ab Acaia de Asopofoebiis414

Ireneus ab Acaia de Sciro Martyrius ab Acaia de Naupacto Dionisius ab Acaia de Elida Palladius a Machedonia de Dio Geroncius a Machedonia de Bereu Alexander ab Acaia de Ciparissia Euticius ab Acaia de Motonis415

Alexander ab Acaia de Coronis416,

also 33 von 59 Personen der Hilariusliste.

Aus Cod. Ver. LX lassen sich folgende Bischöfe auf griechischsprachiger Seite ergänzen:

Seuerus de Calciso Thessaliae417

Hermogenes de Syceono418

Antigonus Pallenensis Macedoniae4" Olympius de Eno Rodope420

Eucarpus Oponsius Achaiae421

Helianus de Tyrtanis422

Synphorus de Herapythis Cretae423

Mosinius Heracleae424

Eucissus Chisamensis425

Cydonius Cydonensis426

413 Zu den Schwierigkeiten der Identifizierung der Stadt siehe FEDER, I.e., 37f. 414 Zu den Lokalisierungsproblemen siehe FEDER, I.e., 40f. 415 Zu den Überlieferungsproblemen und der Dittographie ticius ab acaia (asia) siehe FEDER, I.e., 47. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Person. 416 Es handelt sich wohl um die Stadt Corone, zu den Lokalisierungsproblemen FEDER, I.e., 48f. 417 EOMIA 1/2, 661, no. 28. 418 Ebd. no. 34. 419 L.c. 662, no. 48. 420 Edb. no. 50. 421 Ebd. no. 54. 422 Ebd. no. 56. Es handelt sich wohl um die Stadt Gortyna auf Kreta, vgl. FEDER, Studien II, 56f. und Opitz II, 126, no. 68 mit nota. 423 EOMIA 1/2, 662, no. 57. 424 Ebd., no. 58. 425 Ebd., no. 59. 426 Ebd., no. 60.

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94 Erster Teil

Weitere Namen lassen sich als griechisch identifizieren und (allerdings unter erheblichen Vorbehalten)427 zur Liste der griechischsprachigen Teilnehmer von Serdika West ergänzen; man steht hier auf unsicherem Grund, da die Bistumsnamen nicht überliefert sind:

Aus dem Brief der Synode an die Gemeinden der Mareotis: Iohairnes42"

Aus dem Brief des Athanasius: Ammonius42' Zosimus430

Appianus Eulogius Eugenius431

Martyrius432

Eucarpus433

Aus der Athanasiusliste434 sind über Hil. und Cod. Ver. LX hinaus (aber natürlich gleichfalls unter dem oben Anm. 427 genannten Vorbehalt) schließlich zu nennen:

Πέτρος Ευτυχος Φιλολόγιος Σπουδάσιος Πατρίκιος Άδόλιος Σαπρίκιος

Vielleicht ist diesen Bischöfen noch ein gewisser Rheginos von Skapelos hinzuzurechnen, von dem griechische Martyrologien berichten, er sei in Serdika dabeigewesen435; in den Subskriptionslisten findet sich sein Name allerdings nicht.

427 Es ist natürlich nicht möglich, mit Sicherheit von einem griechischen Namen auf einen griechischen Bischofssitz zu schließen; so finden wir z.B. in der Athanasiusliste aus der apol.sec. unter den gallischen Bischöfen, die 346 den Beschlüssen von Serdika beigetreten sind, auch einen Eulogios und einen Eusebios (zur Lokalisierung vgl. Opitz II, 127 nota); man denke auch an den griechischen Namen des Bischofs Euphrates von Köln. 428 EOMIA 1/2, 658, no. 4, vgl. FEDER, Studien II, 50. 429 Ebd. 660, no. 4. - Der Name weist nach Ägypten, vgl. FEDER, I.e., 51. 430 Zosimus ist weder mit dem bei Hilarius erscheinenden Zosimus a Macedonia de Lignido, der auch am Ende des Athanasiusbriefes erscheint, noch mit Zosimus Orreomargensis, I.e., no. 51 identisch. Auch die apol. sec. hat dreimal den Namen Zosimus. 431 Nicht identisch mit EOMIA 1/2, no. 31, vgl. FEDER, I.e., 52. 432 Nicht identisch mit EOMIA no. 40, vgl. FEDER, I.e., 54. 433 Nicht identisch mit EOMIA no. 54, vgl. FEDER, I.e., 54. 434 Apol. sec. 48 (Opitz II, 123ff.). 435 ActaSS Febr. 25, 495. Vgl. FEDER, I.e., 50. 61.

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2 Die Synode von Serdika 95

Man käme dann auf 60 dem griechischen Sprachraum zuzurechnende Bischöfe.

Trotz der verbleibenden Unsicherheiten, die auf das teilweise Fehlen der Bischofssitze und auf die Möglichkeit von Doppelnennungen zurückzuführen sind, kann man m.E. davon ausgehen, daß gut über 50 Teilnehmer der Synode und damit etwa 60% der Anwesenden von Hause aus griechisch sprachen. Der Anteil der westlichen Bischöfe an der Synode war mit annähernd 40% gleichwohl ungewöhnlich hoch, wenn man nur bedenkt, daß der Westen noch in Nizäa mit nur 6 oder wenig mehr Teilnehmern434 vertreten gewesen war. Mit der Synode von Serdika breitet sich der arianische Streit nun auch massiv in den Westen aus. In der Athanasiusliste derjenigen Bischöfe, die nach der Synode den Beschlüssen von Serdika beigetreten sind"37, finden sich mehrheitlich solche aus dem Westen, so 34 Gallier438, 36 Nordafrikaner439 und 15 Italiener440. In Spanien verpflichtete Ossius von Cordoba seine Mitbischöfe auf die Entscheidungen von 3 4 2 « i

Diese prosopographischen Beobachtungen zu den Bischofslisten aus Serdika legen es nahe, einen griechischen Prä-Text des Serdicense zu vermuten.

Für diese These lassen sich m.E. noch weitere Gründe namhaft machen:

1. Die theologische Erklärung von Serdika ist in allen wesentlichen inhaltlichen Punkten sowie in mancher stilistischen Eigenart442 ein markellischer Text und damit ein Produkt östlich-antiorigenistischer Theologie443.

2. Es fehlen in ihr typische, schon seit langem im Westen übliche Theologoumena zur Differenzierung in der Gottheit, vor allem die Rede von mehreren "personae" (προσώποι).

436 Siehe hierzu oben unter 1.3. in dieser Arbeit. 437 Apol. sec. 49f. (Opitz II, 127ff.). 438 Am 12. Mai 346 (das Datum nach Conciles Gaulois du IVe siöcle, SC 241, 70 Gaudemet; vgl. Concilia Galliae, CChr.SL 148,26 Munier) fand aller Wahrscheinlichkeit nach eine Synode irgendwo in Gallien statt, auf der die 34 Bischöfe den Serdika-Beschlüssen zustimmten. - Zu der hieraus erwachsenen Fälschimg der angeblichen Kölner Synode gegen Euphrates vgl. BRENNECKE, ZKG 90 (1979), 176ff. 439 Unklar ist der Zusammenhang der Überlieferung von einer Synode in Karthago, die bald nach Serdika getagt haben soll (Opitz II, 127 mit nota; nach BARDY, ReSR 20 [1940], 40 im Jahre 34η) mit den von Athanasius genannten Nordafrikanern, da nur drei Namen übereinstimmen: Gratus, Felix und Optantius (Mansi 3, 143. 157; vgl. zu diesen MANDOUZE, Prosopographie, 544. 414. 794). 440 Eine genaue Identifizierung der Bischofssitze der Italiener ist nicht mehr möglich, vgl. aber Opitz II, 130 mit nota. Die Serdikabeschlüsse müssen aber in Sardinien und Sizilien rezipiert worden sein, vgl. Hil., Coli, antiar. Paris. Β II, 2,5 (in dieser Arbeit zitiert im Luzifer-Kapitel S. 221 Anm. 25). 441 Mansi 3, 178; vgl. dazu in meinem Ossiuskapitel S. 125 mit Anm. 105. 442 Διαφέρει mit Dativ ist erstens typisch markellisch und zweitens im Lateinischen nicht ohne weiteres nachzuahmen (vgl. ABRAMOWSKI, ZKG 102 [1991], 400). 443 S.u. unter 2.2.3.

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96 Erster Teil

3. Einige der im Serdicense-Text erforderlichen Konjekturen weisen auf eine griechische Grundlage444.

4. Da Τ und c von Theodoret abhängen und t unstreitig eine Übersetzung aus dem Griechischen ist445, sind die einzigen uns erhaltenen Textbelege griechischer Provenienz446.

Allerdings muß der Text noch während der Synodalverhandlungen ins Lateinische übersetzt worden sein, damit die in ungewöhnlich hoher Zahl vertretenen lateinischsprechenden Bischöfe den Verhandlungen folgen konnten447. Auf Grund dieser Sofortübersetzung scheint mir auch die hier gewählte Bezeichnung "Prä-Text" für das Griechische treffender als in der Literatur üblichere Rede vom "Original".

Die dogmengeschichtliche These, das Serdicense sei "der unzweideutigste Ausdruck der abendländischen Anschauung der Sache"448 ist nach der hier vorgelegten Analyse so nicht haltbar. Die Ausdrücke "westliche Synode", "westliches Bekenntnis" usw. sind nur noch als Unterscheidungsbegriffe gegenüber der östlich-origenistischen Teilsynode unter Vorbehalt weiter verwendbar449.

2.2.4 Späte lateinische Übersetzung signifikanter Begriffe im Serdicense:

Codex Veronensis LX (t)

Nachdem für die Ekthesis von Serdika ein griechischer Prä-Text wahrscheinlich

gemacht worden ist, stellt sich die Frage nach der lateinischen Übersetzung des

Textes.

444 ομουλεγομεν statt ομολογουμεν oder ομολογουμενη §4, Ζ. 25f. (t: -); οτιεστιν statt οεστιν, s.o. §4, Z. 27f. mit Aim. 191 (t: qoud); κτίσμα statt τισιν, s.o. §5, Z. 35 (t: quibusdam). Allerdings ist wegen des korrupten Zustandes beider Versionen eine philologisch eindeutig begründete Entscheidung nicht zu treffen: MARKSCHIES, Italien, 14 Anm. 25, betont, daß §6, Z. 49 υίο&εσίαν nach t: adoptionem (statt Thdt.: δια τοΰτο 9χοί) zu lesen sei. 445 Im Synodalbrief verliest Cod. Ver. LX z.B. ΑΠΑΝ sinnlos in Asiam: neque aput Asiam in concilio venire, vgl. EOMIA 1/2, 649, 237 Turner. 446 Ausführlich hierzu GELZER, ZNW 40 (1941), Iff. 447 Darauf hat besonders BARNARD, I.e., 99ff., hingewiesen. Vgl. auch MARKSCHIES, Italien, 14 (mit Hinweis auf SCHWARTZ, Phil 88 [1933], 245): "Wer also eine schriftliche Urfassung in nur einer Sprache postuliert, muß zumindest mit einer mündlichen Übersetzung in die andere Sprache auf dem Konzil rechnen!" 448 HARNACK, DG II, 246 Anm. Zustimmend zitiert bei KELLY, Glaubensbekenntnisse, 275. Der Sache nach ähnlich SIMONETTI, SSRel 4 (1980), 26 mit Anm. 81. Vgl. aber unten S. 109. 449 In diesem Sinne auch der Gebrauch des Begriffes "westlich" in Zusammenhang mit Serdika in dieser Arbeit, vgl. oben S. 26 Anm 1.

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2 Die Synode von Serdika 9 7

Im Cod. Ver. LX (t)450 besitzen wir eine eigenständige lateinische

Übersetzung des Serdicense. Wenn man auch unbedingt mit SCHWARTZ darauf

hinweisen muß, daß der Codex erst "um 700 in Halbunziale von einem

ungebildeten Schreiber geschrieben"451 worden ist und einige grobe Versehen

enthält452, so ist doch die ihm zugrunde liegende Zusammenstellung der

Aktenstücke von Serdika und Nizäa wohl schon 368 in Alexandrien erfolgt453;

im Jahre 419 spielt die Sammlung im Westen auf der Synode von Karthago im

Streit zwischen der afrikanischen Kirche und Rom eine Rolle454.

Im folgenden werden einige Stellen aus dem unter 2.2.1.2 ermittelten Prä-Text

des Serdicense mit der lateinischen Übersetzung t455 synoptisch zusammen-

gestellt. Die Stellen, bei denen es sich um Wiedergabe gegnerischer Position im

Serdicense handelt, sind zur besseren Unterscheidung von den positiven Aussagen

der Verfasser in der Synopse mit V&U für Valens und Ursacius gekennzeichnet.

Serdicense

Χριστός (...) ά,ληθανός 9-εός ούκ εστίν [V&U]

και αληθινός υιός ουκ εστίν [V&U]

γεννητός (...) και γενητός [V&U]

προ αιώνων [V&U]

Christus (...) uerus Deus non est

et uerus filius non est

natus (...) et factus

ante secula

450 Fol. 86a-88a. S.o. unter 2.2.1.1. 451 ZNW 35 (1936), 1. 452 S.O.S. 96 Anm. 442. 453 SCHWARTZ, I.e., 6f. 9f. - Die letzten genannten Ereignisse sind die Anerkennung des Athanasius als Bischof von Alexandrien durch Kaiser Valens 366 sowie die Entfernung des homöischen Konkurrenten Lucius durch staatliche Maßnahmen 367. - Die Tatsache, daß Athanasius das Serdicense 362 in tom. ad Ant. 5 desavouiert hatte (s.o. S. 271 sowie S. 99 mit Anm. 457), schließt nicht aus, daß die Sammlung (einschließlich der Serdika-Texte) noch unter seiner Ägide (jedoch nicht unbedingt unter seiner Mitarbeit) in Alexandrien zustande gekommen ist; mit den Meletianern hat Athanasius nie in Gemeinschaft gestanden, auch nach 362 nicht, sondern er hielt exklusiv an der Gemeinschaft mit Paulinus von Antiochien fest. 454 SCHWARTZ, I.e., 8f. auf Basis von Überlegungen TURNERs; TURNERS am 11.12.1895 im "Guardian" veröffentlichte These wird von SCHWARTZ, I.e., 8 Anm. 9 zitiert. 455 EOMIA 1/2, 651,1 - 653,123 Turner. Zu der Frage, wie dieser späte Text mit der leider nicht mehr erhaltenen lateinischen Sofortübersetzung von 342 zusammenhängt, werde ich mich an anderer Stelle äußern.

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98

διδόασιν αΰτψ αρχήν και τέλος [V&U]

προ παντός χρόνου [V&U]

διαφόρους είναι τάς υποστάσεις τοϋ πατρός και του υίοϋ και τοϋ αγίου πνεύματος και είναι κεχωρισμένας [V&U]

μίαν είναι ύπόστασιν, ην αυτοί οί αιρετικοί και ούσίαν προσ-αγορεύουσιν

δΰναμιν

σοφίαν

μίαν ύπόστασιν

μονογενή

πρωτότοκον

μίαν 9-εότητα

αυτό τό ονομα τοϋ πατρός μείζον έστι τοϋ υίοϋ

δια τήν συμφωνίαν και τήν όμόνοιαν [V&U]

δια τήν τής ύποστάσεως ένότητα

τον ανθ-ρωπον τον πα9·εϊν δυνάμενον

Erster Teil

dant initium et finem

ante omne tempus

diuersas esse substantias Patris et Filii et Spiritus sancti, et esse separabiles

unam esse substantiam, quam ipsi graeci usian appellant

potentiam

Sapientiam

unnam substantiam

unicum

primogenitum

unam deitatem

nomen isut Patris maius est Filio

propter consensum (...) et concordiam

propter substantiae unitatem

hominem qui potuit pati

Bei der Analyse der einschlägigen westlichen trinitätstheologischen Texte (s.u. in dieser Arbeit unter Kapitel 4ff.) werde ich auf diese Synopse beispielsweise zurückkommen.

2.2.5 Zur Debatte um die Authentizität des westlichen Serdicense

Die Frage, ob die Glaubenserklärung von Serdika (West) als das authentische

Bekenntnis oder als die dogmatische Mehrheitspositon jener Synode gelten darf

oder nicht, ist seit jeher umstritten gewesen. Gründe für die Zweifel vieler

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2 Die Synode von Serdika 99

Gelehrter an der Echtheit der Erklärung sind einerseits der heterogene

Überlieferungsbefund456, andererseits die Bemerkung des Athanasius im 362

entstandenen Tomus ad Antiochenos, die Synode habe kein solches Bekenntnis

angenommen457. Gegen die Echtheit des Serdicense wenden sich v.a.

GWATKIN458, GELZER459, BARDY4®, DE CLERCQ461 und SIEBEN462;

doch wurden demgegenüber gerade in jüngerer Zeit Zweifel der Forscher an der

Darstellung des Athanasius laut, besonders unter Hinweis auf die Tatsache, daß

die Serdika-Formel von 342 Athanasius zwanzig Jahre später bei Abfassung des

Tomus in arge Verlegenheit bringen mußte, als er sich der neunizänischen

Interpretation des Nizänums zugewandt hatte463. Zudem wurde dank einiger

neuerer Forschungsbeiträge zunehmend deutlich, daß für das Jahr 342 ein

Verzicht der Synodalen auf eine Glaubenserklärung zugunsten der Wiederholung

des Nizänums von 325 für äußerst unwahrscheinlich gehalten werden muß46*; zu

sehr war für sie durch die Annäherung der Origenisten an die Formeln von Nizäa

(namentlich durch die Anathematismen in Ant II und Ant IV) eine Neuinter-

pretation von Ν notwendig geworden, die allen Tendenzen zum Subordinatia-

nismus und zur Mehrhypostasentheologie wehrte. Mit diesen Überlegungen haben

sich v.a. KELLY465, TETZ446, SCHNEEMELCHER467, BARNARD468,

456 S.O.S. 47. 457 Ich gebe hier den gesamten Abschnitt wieder, da er für die Authentizitätsfrage eine entscheidende Rolle spielt (PG 26, 800C): Kai τό 9ρυλη$έν γοϋν παρά τίνων πιττάκιον, ώς έν τη κατά Σαρδικήν συνόϊφ συνταχ&έν περί πίστεως, κωλύετε καν ίίλως άναγινώσκεσ9-αι ή προφέρεσ9·αι· ουδέν γαρ τοιούτον ωρισεν ή σύνοδος. Ήξίωσαν μεν γαρ τίνες, ώς ένδεοΰς ούσης της κατά Νίκαιαν συνόδου, γράψαι περί πίστεως, και επεχείρησαν γε προπετώς· ή δέ αγία σύνοδος ή έν Σαρδική συναχ&εΐσα ήγανάκτησε, και ώρισε μηδέν ετι περί πίστεως γράφεσ9·αι, άλλ' άρκεΓσ9·αι τη έν Νικαίςι παρά των Πατέρων όμολογη9·είση πίστει, δια τό μηδέν αύτη λείπειν, αλλά. πλήρη εΰσεβείας είναι, και οτι μη δείν δευτέραν έκτί8·εσ9·αι πίστιν, ίνα μή ή έν Νικαίςι γραφεϊσαι ώς ατελής οΰσα νομισ9·ή, καϊ πρόφασις δοϊή τοΓς έ9έλουσι πολλάκις γράφειν και όρίζειν περί πίστεως. 458 Studies of Arianism, 724-727. 459 ZNW 40 (1941), 24. 460 Irfinikon 16 (1939), 409; ReSR 20 (1940), 28ff. 461 Ossius, 370f. 462 KonzUsidee, 34. 4 0 So z.B. KELLY, Glaubensbekenntnisse, 276; 464 So v.a. BRENNECKE, Hilarius, 40 mit Anm. 110 u.ö. 465 Glaubensbekenntnisse, 276f. 466 ZNW 66 (1975), 203ff. und ZThK 81 (1984), 198. TETZ hat allerdings seine in den Arbeiten vertretene Sicht mittlerweile geändert, siehe hierzu unten mit Anm. 476 467 Serdika 342 (Ges. Aufsätze), 356ff. 468 Council, 86ff.

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100 Erster Teil

BRENNECKE4®, RITTER470, LOHR471, HANSON472 und HALL473 zugun-

sten der Authentizität des Serdicense erklärt; wenn ich recht sehe, repräsentieren

sie in dieser Frage für die neuere Zeit die deutliche Mehrheit der Gelehrten.

Jedoch hat sich in Zusammenhang mit seiner Neuedition und Kommentierung

des Serdicense jüngst TETZ474 eingehend mit dieser Frage neu beschäftigt und,

der neueren Forschungsmeinung widersprechend und seine eigene Sicht der

Dinge in früheren Veröffentlichungen475 revozierend47', neue Gründe namhaft

gemacht, in denen er eine Bestätigung des athanasianischen Berichts in Tom. ad

Ant. erblickt und die Authentizität des Sedicense als einer offiziellen

Glaubenserklärung der Synode bestreitet. An diese These hat sich SEIBT 1992

vorsichtig angeschlossen477. Da die Frage nach der Echtheit und damit nach dem

dogmengeschichtlichen Stellenwert des Serdicense für das Problem der abend-

ländischen Rezeption "nizänischer" Theologie von erheblicher Bedeutung ist,

sollen die von TETZ formulierten Einwände an dieser Stelle kritisch gesichtet

werden.

Mit Hilfe einer Revision der TURNERschen478 Edition des Briefes des Ossius

und Protogenes an Julius von Rom gewinnt TETZ für die zur Frage stehende

Passage des Briefes folgenden Text: "sed quoniam post hoc discipuli Arrii

blasphemias conmoverunt, ratio quaedam coegit, (ne quis ex illis tribus

argumentis circumventus removeat fidem et excludatur eorum spolium et nefas)

latius et longius exponere. priori consentientes, ut igitur nulla reprehensio fiat,

haec significamus tuae bonitati, frater dilectissime".479 Diese Textrekonstruktion

L.C. 40 mit Anm. 110. 470 HDThG 1, 175,f. 471 Entstehung, 21f. mit Anm. 142. 472 Search, 304f. mit Anm. 105. 473 StudPatr 19 (1989), 183f. 474 ZNW 76 (1985), 243ff. 475 ZNW 66 (1975), 194-222; ZThK 81 (1984), 196-219. 476 ZNW 76 (1985), 251 mit Anm. 32. 477 Markeil, 118f. mit Anm. 998. 478 EOMIA 1/2, 644. 479 T E T Z ) Z N W 7 6 (1985), 248.

Page 113: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

2 Die Synode von Serdika 101

lege nahe, den Text nicht mehr als (gleichsam entschuldigende) Erklärung für die

Aufstellung einer neuen Bekenntnisformel zu verstehen4™, sondern vielmehr als

bloße Mitteilung, daß das Serdicense nicht das Nizänum ablehnen wolle. Diesen

Sachverhalt einer befürchteten Konkurrenz zwischen Serdicense und Ν sieht

TETZ in den Berichten des Athanasius wie des Sozomenus481 bestätigt482.

Zudem sei in dem Ossiusbrief eine weitere Frage vorausgesetzt, die den

Athanasiusbericht bestätige: Die Frage nach der Ergänzungsbedürftigkeit von Ν

bzw. seiner Insuffizienz in der aktuellen Situation (gegeben durch den

Kompromißvorschlag Ant IV und die Häresien des Valens und Ursacius). Die

besondere Versicherung der Verfasser des Briefes, eine "Eskamotierung des

Nicaenum sei also wirklich nicht gegeben, zeig(e) aber zugleich an, daß dies

offensichtlich bei ihren Genossen nicht allgemein so gesehen worden ist".483

GELZERs Beobachtung4*4, daß der der Glaubenserklärung in der

Theodoret-Überlieferung vorausgehende Satz "inhaltlich wie formal alle Zeichen

eines Abschlusses an sich trägt"445 und DE CLERCQs Hinweis486, daß die

Position des Serdicense nicht einfach mit der der gegnerischen Erklärung von

Serdika (Ost) verglichen werden könne, lassen es TETZ fraglich erscheinen, daß

"das 'Serdicense' integrierender Bestandteil des Rundschreibens ist, dem es in der

Überlieferung z.T. angehängt ist"4*7.

Aufgrund einiger wörtlicher und inhaltlicher Übereinstimmungen zwischen

dem Schluß des Serdicense und einer Stelle des Synodalrundschreibens

(Athanasius, apol.sec. 47,4488 parr.) schließt TETZ weiter, daß die "Schlußworte

des "Serdicense" (...) wohl zuerst ihre Fortsetzung an der angegebenen Stelle des

480 Dies sieht TETZ bei der TURNERschen Textedition gegeben. Sie lautet: "ratio quaedam coegit, ne quis ex Ulis tribus argumentis circumventus rennuerit fidem et excludatur eorum spolium et ne fiat, latiorem et longiorem exponere priori consentientem ut igitur nulla reprehensio fiat, haec significamus tuae bonitati, frater dilectissime" (EOMIA 1/2, 644, 8-15). 481 H.e. III,12,5f. 482 TETZ, I.e., 249. 4 0 L.c., 250. 484 ZNW 40 (1941), 24. 485 Ebenda. 486 Ossius, 370f. 487 TETZ, I.e., 267. 488 Opitz II, 123,13-15.

Page 114: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

102 Erster Teil

Rundschreibens gefunden hatten".4" Es sei zunächst als dessen integrierender

Bestandteil konzipiert gewesen. Das Schreiben mit dem in ihm enthaltenen

Serdicense sei die Vorlage gewesen, die der Synode zur Beschlußfassung vorlag.

Doch die Synode habe die Vorlage nur bedingt angenommen; das Serdicense sei

als abgelehnter Teil der Vorlage zu den Akten genommen worden und habe so

dann seine (relative; Vf.) Wirkungs- und Überlieferungsgeschichte gehabt490.

Aufgrund seiner Beobachtungen kommt TETZ zu einer Gesamteinschätzung

des Serdicense, die dessen dogmengeschichtliche Bedeutung außerordentlich stark

relativiert: "Es entfällt die Annahme, daß das "Serdicense" ein Zeugnis der

Theologie der Abendländer sei, weil es - wahrscheinlich durch das Eingreifen des

Athanasius und seiner Anhänger - auf der Synode keine Mehrheit gefunden hat.

(...) Es entfällt die Unterstellung, daß Athanasius die Vorgänge von Serdika im

Zuschnitt auf die Verhältnisse des Jahres 362 verfälscht (...) habe; damit entfällt

freilich auch eine Hauptstütze für die moderne Lieblingsvorstellung, daß

Athanasius, so es die Verhältnisse verlangten, seine ehemaligen Freunde und

Genossen "in die Schanze geschlagen" habe (...). Es entfällt überdies die

Vorstellung, daß das Nizänum auf der Synode von Serdika nicht in der Diskussion

gewesen sei; wie kräftig es hier eingebracht worden war, zeigen Ossius und

Protogenes sowohl in ihrem Brief als auch im "Serdicense"491.

Die hier referierten Ausführungen von TETZ bezüglich der Authentizität des

Serdicense als Synodalbekenntnis von 342 und damit des dogmengeschichtlichen

Stellenwertes des Textes können m.E. nicht akzeptiert werden.

Zunächst ist die von TETZ vorgelegte Interpretation des Ossius- und

Protogenesbriefes durchaus fragwürdig. Denn selbst wenn man die TETZsche

Textrekonstruktion der Arbeit von TURNER vorzieht, handelt es sich bei dem

vorliegenden Brief nicht einfach um eine bloße Mitteilung, sondern durchaus um

ein Schreiben, das die Aufstellung einer neuen Glaubensformel plausibel machen

489 Also zwischen Ath., I.e. 47,4 (Opitz II, 123,13-15) und 47,5 (Opitz II, 123,16); TETZ, I.e., 268. 490 Ebenda. 491 TETZ, I.e., 269.

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2 Die Synode von Serdika 103

will4®2. Ein solches Schreiben hätte wenig Sinn gehabt, wenn dieselbe Glaubens-

formel auf der Synode nur den Rang eines Minderheitsvotums innegehabt hätte.

Daß die besondere Versicherung der Verfasser, das Serdicense wolle Ν nicht

eskamotieren, den Schluß zulasse, daß dies offensichtlich bei ihren Genossen

nicht allgemein so gesehen worden ist, kann ich nicht finden493.

In diesem Zusammenhang ist auch auf eine Bemerkung des Phoebadius von Agen

hinzuweisen, die für die Authentizitätsdebatte um das Serdicense überhaupt noch

nicht in Betracht gezogen worden ist. In seiner Schrift "Contra Arrianos" sagt

Phoebadius über Ossius: "Nouit enim mundus quae in hanc tenuerit aetatem, qua

constantia apud Serdicam et Nicaeno tractatui adsessus sit et damnauerit

Arrianos"494. Da sich Ossius in Serdika zweifellos für das Serdicense stark

gemacht hat, wie sein gemeinsam mit Protogenes verfaßter Brief an Julius

beweist495, muß er nach der Notiz des Phoebadius das Serdicense als

authentische und völlig legitime Interpretation von Ν angesehen haben. Wenn

nun Athanasius und mit ihm die Mehrheit der Delegierten das von Ossius

favorisierte Serdicense zugunsten von Ν abgelehnt hätten, wie TETZ wegen Ath.,

tom. 5 meint, wäre die Bemerkung des Phoebadius, Ossius habe in Serdika

standhaft am nizänischen Bekenntnis festgehalten, schlechterdings unmöglich.

Eine angebliche Konkurrenz zwischen Serdicense und Nizänum, die Athanasius

362 unterstellt, hat es 342 gar nicht gegeben - damit entfällt aber das wichtigste

Indiz für die Gegner der Echtheit des Serdicense.

492 So auch das Verständnis des Briefes bei Soz., h.e. 111,12,6 (GCS 50, 116, 19-25 Bidez/Hansen). DOIGNON, RHE 80 (1985), 445, sieht zu Unrecht Ν als den Hauptgegenstand jenes Schreibens an. Aber es geht hier noch nicht um N, sondern um die Versicherung, daß die neue Formel (=SerdW) nicht das in Nizäa Beschlossene ungültig mache. 493 Auch diese Bemerkung scheint mir umgekehrt nur dadurch sinnvoll, daß dem Serdicense durch die Zustimmung der Synode größeres Gewicht zugekommen sein muß. TETZ, I.e., 249, meint, daß das Fehlen eines "nobis" oder gar "omnibus" in dem Satze "plura placuerunt firma esse et fixa et haec plenius cum quadam sufficientia veritatis dictari, ut omnes docentes et caticizantes clarificentur et repugnantes obruantur et teneant catholicam et apostolicam fidem" (TETZ, I.e., 248; TURNERs Text lautet: "priora placuerunt firma esse et fixa, et haec plenius cum quadam sufficientia ueritatis dictari: ut omnes docentes et caticizantes clarificentur et repugnantes obruantur, et teneant catholicam et apostolicam fidem" [EOMIA1/2, 644,15-20.]) "etwas von einem beredten Schweigen" habe. Aber das heißt doch wohl, ein argumentum e silentio etwas zu überfrachten! - Das Serdicense selbst behauptet immerhin an einer Stelle die Übereinstimmung aller (§9, Z. 64). 494 Phoeb., C. Ar. 28,2 (CChr.SL 64, 51, 8f. Demeulenaere). 495 EOMIA 1/2, 644 Turner.

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104 Erster Teil

Einige weitere Aspekte sind hinzuzufügen: Zunächst halte ich ein Votum der

Synodenmehrheit gegen eine Vorlage des Ossius (der doch immerhin den Willen

des Konstans repräsentierte), des Protogenes und des Markell (der immerhin

gerade von selbiger Synode und zuvor auch von der Synode in Rom für orthodox

erklärt worden war) für überaus unwahrscheinlich. Die Synodalen werden

namentlich Ossius und Markell in besonderem Maße als Garanten für

antiarianische Kontinuität in der Linie von Ν angesehen haben496. Und auch

Athanasius hat 342 keinerlei Veranlassung zu einer solch oppositionellen Haltung

gehabt; seine Theologie zu jener Zeit steht der des Markell nahe, wie u.a. die

Parallelen zwischen Serdicense und der dritten Arianerrede zeigen497. Und

kirchenpolitisch hätte er mit einem Votum gegen den Konstans repräsentierenden

Ossius seinen eigenen aktuellen Interessen diametral widersprochen.

Die offensichtliche Intention von TETZ, Athanasius von dem moralischen

Vorwurf zu entlasten, er habe "je nach Großwetterlage" seine früheren Freunde

"in die Schanze geschlagen", kann m.E. auch erreicht werden, wenn man ihm die

Unterschrift unter das Serdicense 342 zutraut. Denn die theologische Situation

in den Streitigkeiten der folgenden 20 Jahre hat sich bekanntlich so häufig

grundlegend geändert, daß es geradezu naheliegt, anzunehmen, Athanasius hätte

sich (wohl anders als Markell!) anläßlich je neuer Problemstellungen auch

theologisch bisweilen neu orientiert: Daß eine ehemalige theologische Weg-

gefährtenschaft im Laufe von 20 ereignisschweren Jahren zerbrechen kann, wäre

in der Geschichte der Kirche nicht eben singulär; für Athanasius und Markell ist

dies unzweifelhaft bezeugt·"8. Keinesfalls besteht hierbei Anlaß zu einer

496 Ossius hatte in Nizäa als kirchlicher Berater des Kaisers gewirkt. Seine Hochschätzung durch die Synodalen bezeugt deren Brief: "et maxime uenerabilis senectae Ossium, qui et propter aetatem et confessionem et tanti temporis probatam fidem, qui tantum laborem id aetatis pro ecclesiae utilitate sustinuit, ut omni reuerentia dignissimus habeatur" (Hil., Coll. antiar. Paris., Β 11,1,2,3; CSEL 65, 108, 2-6 Feder). Ossius galt nicht nur wegen seines Alters, sondern auch wegen seiner Vergangenheit als confessor und wegen seiner antiarianischen Haltung als höchste Respektsperson. Vgl. hierzu unten Kapitel 3. - Zu Markell vgl. das Votum der Vincentius und Victor in Rom (Ath., apol. sec. 23,3) und Markell selbst im Brief an Julius (fr. 129; GCS Euseb IV, 214, 13f. Klostermann/Hansen). 497 S.O.S. 64. 72. 77. 85. 498 Hil., I.e. Β II, 9,1,2: "a communione sua separat" (CSEL 65, 146, 13 Feder). Hilarius legt Wert darauf, daß der Bruch nicht wegen des Buches Markells geschah (das ja in Serdika gebilligt worden war), sondern wegen der Verbindung Markells mit Photin (I.e. Β 11,9,3,1). Vgl. Den Kommentar bei FLEMING, Commentary, 336ff.

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2 Die Synode von Serdika 105

moralischen Verurteilung des Athanasius. Es bliebe allerdings sehr wohl der

Vorwurf bestehen, daß er 362 im torn, ad Ant. wider besseres Wissen die

Unwahrheit über seine und der Synode Stellung zum Serdicense gesagt habe.

Doch ist es angesichts der Tatsache, daß Athanasius zu jenem Zeitpunkt von der

sich anbahnenden theologischen Einigung mit den nichtarianischen Vertretern der

Dreihypostasenlehre stand und das Serdicense ihm hierbei äußerst hinderlich und

theologisch überholt erscheinen mußte, nicht unwahrscheinlich, daß er den Text

um der anstehenden Einigung willen desavouierte, ohne dabei seine eigenen

Positionen preiszugeben499.

Die literarkritischen Überlegungen von TETZ machen wahrscheinlich, daß das

Serdicense von Anfang an als integraler Bestandteil des Synodalrundschreibens

konzipiert gewesen ist500. Seinen Fortfall aus der Überlieferung bei Athanasius

und Hilarius aber mit der Ablehnung des Textes durch die Synode zu begründen,

ist keineswegs zwingend. Athanasius hatte zur Abfassungszeit der apologia

secunda501 keinerlei Interesse mehr, ein Bekenntnis zu erhalten, das einer aus

seiner Sicht völlig veralteten Problemstellung entsprang. Hilarius, der die

Aktenstücke von Serdika in aller Breite überliefert502, läßt die theologische

Erklärung weg, nachdem er im Exil die orientalische Theologie kennen- und wohl

auch schätzengelernt hatte und ihm die Einhypostasenlehre als nicht mehr tragbar

erschien. Stattdessen überliefert er am Ende seiner Berichte von der Serdika-

Synode (nicht im Zusammenhang mit dem Rundschreiben!) das Nizänum, und

das, obwohl er N, seinen eigenen Worten zufolge503 vor seinem Exil (356) gar

nicht gekannt hat; seine Unkenntnis von Ν bis 356 wäre aber (gerade in

Anbetracht des zweifellos sehr hohen Bildungsstandes des Hilarius) vollends nicht

mehr erklärlich, wenn schon in 342 Serdika auf der (immerhin von 40%

westlichen Bischöfen besuchten) Synode das Nizänum zuungunsten des Serdicense

499 Vgl. ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 402. und in dieser Arbeit unten S. 270. 500 TETZ, I.e., 268. 501 Wohl 357/8, vgl. BARNARD, Council, 87. 502 Coli, antiar. Paris. Β 11,1-11. - Übersichtlich aufgeführt bei BRENNECKE, Hilarius, 307 mit Anm. 295. 503 Hil., Syn. 91 (PL 10, 545A): "Regeneratus pridem, et in episcopatu aliquantisper manens, fidem Nicaenam numquam nisi exsulaturus audivi".

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106 Erster Teil

im Vordergrund gestanden hätte, wie Athanasius behauptet.™

Die Eustathianer (und, wohl auf ihnen basierend und ihre antiochenische

Bibliothek benutzend, auch Theodoret) haben das Serdicense mit Sicherheit für

das authentische Bekenntnis der Synode gehalten; dies ergibt sich klar aus der

Selbstverständlichkeit, mit der sie es 362 in Alexandrien vorlegen wollen505. Für

die Eustathianer scheint es eine theologische Garantie gegen alle Dreihypostasen-

interpretationen von Ν gewesen zu sein, von denen ihnen eine neue Variante nun

in Gestalt der Meletianererklärung506 begegnete.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß ich entgegen der Meinung von TETZ dem

Athanasiusbericht aus dem Tom. ad Ant. keinen Glauben zu schenken vermag.

Viel wahrscheinlicher ist mir, daß das Serdicense als authentisches Dokument und

als Mehrheitsposition der Synode anzusehen ist; die Ekthesis war notwendig

geworden, weil sich nach Ant II und IV und nach den Erklärungen der westlichen

"Arianer" Valens und Ursacius die Theologie der drei Hypostasen mit ihren

subordinatianischen Tendenzen nicht mehr anders wirksam bekämpfen ließ. Das

Serdicense wäre dann eine aufgrund aktueller theologischer Diskussion notwendig

gewordene Interpretation von Ν im Sinne der Einhypostasenlehre Markells.

2.3 Der dogmengeschichtliche Stellenwert der Synode von Serdika

und des westlichen Serdicense

Der anläßlich der Synode von Serdika offen zutage getretene Konflikt zwischen

Ost und West ist grundlegend bestimmt durch die politische Situation des

Reiches; durch die faktische Zweiteilung zwischen Konstans und Konstantius

504 Die uneinheitliche Überlieferung des Textes erklärt sich m.E. daher, daß er schon 20 Jahre später von der theologischen Entwicklung eingeholt worden ist und dann weder für Athanasius noch für Hilarius tragbar war. Ferner wird der markellische Tenor (u.U. sogar die markellische Verfasserschaft, s.o.S. 91 Anm. 399) dem Text bald zum Verhängnis geworden sein, nachdem Markeil sich nach der Trennung von Athanasius (345) in zunehmender Isolation befand. 505 Vgl. hierzu TETZ, ZNW 66 (1975), 194ff.; ABRAMOWSKI, ThPh 54 (1979), 41ff. 506 Hierzu ABRAMOWSKI, I.e., 42ff.

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2 Die Synode von Serdika 107

entsteht die Situation, daß sich die kirchlichen und theologischen Gruppierungen

um je einen Kaiser scharen, um ihren Anliegen Geltung verschaffen zu können

und sich Schutz vor den jeweiligen Gegnern zu verschaffen. Die Konstellation von

Serdika zeigt uns konkurrierende Parteisynoden, von denen die eine, östliche, sich

der politischen Unterstützung des Konstantius, die andere, westliche, sich der des

Konstans versichert hatte.

Theologisch ist die östliche Synode bestimmt von einer breiten Mehrheit der

Bischöfe aus origenistisch-eusebianischer Tradition; auf der westlichen Synode

hingegen geben die Emigranten aus dem Osten, Markeil und Athanasius, die

soeben im Westen für theologisch orthodox bzw. kirchenpolitisch unbedenklich

erklärt worden waren und die darüberhinaus zu den Teilnehmern von Nizäa

gehört hatten, den Ton an507.

Im Zusammenhang der Synode von Serdika wird erstmals im arianischen Streit

eine größere Anzahl von Bischöfen aus dem Westen (ihr Anteil an der westlichen

Teilsynode von Serdika betrug etwa 40% und erreichte so eine bis dahin nicht

gekannte Höhe) mit den theologischen Problemen konfrontiert, die im Osten

schon seit über 20 Jahren für Unruhe gesorgt hatten. Dabei nimmt der

Widerstand gegen den "Arianismus" im Westen eine theologisch klar von Markeil

von Ankyra geprägte Form an, wie auch umgekehrt die östliche Theologie jener

Jahre sich primär gegen Markell wendet. Gleichzeitig beginnt aber auch die

Gegenseite in Gestalt von Valens und Ursacius, im Westen Fuß zu fassen. Auch

aus diesem Grunde setzt sich das westliche Serdicense besonders mit den Illyriem

auseinander.

Im Westen mußte deshalb nach 342 das Serdicense als authentische Interpre-

tation des Nizänums erscheinen. Das dadurch gegebene Verständnis von

"Arianismus" beruhte auf der markellischen Identifikation von Arianismus und

Mehrhypostasentheologie. Die Theologie von Nizäa erreicht den Westen in der

507 So völlig zu Recht THÜMMEL, Kirche des Ostens, 68.

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108 Erster Teil

Gestalt markellischer, antiorigenistischer Interpretation unter besonderer

Betonung der Lehre von der einen Hypostase (Schlüsselbegriff: μία ύπόστασις;

lat.: "una substantia") und deren im Serdicense entfalteten theologischen

Implikationen.

Zweifellos muß man angesichts dieser völlig problemlosen Akzeptanz der

markellischen Einhypostasenlehre von Serdika durch die abendländischen

Bischöfe die Tatsache erklärend mit in Betracht ziehen, daß der Okzident schon

lange vor Nizäa und vor Ausbruch der Kontroversen in Alexandrien im Bereich

der Trinitätstheologie einer starken Betonung der Einheit in der Gottheit

zugeneigt hatte. Die Wendung "una substantia", die 342 nun als lateinische

Übersetzung des markellischen μία ΰπόστασις erschien, konnte im Westen auf

eine lange Tradition zurückblicken. Das gilt beileibe nicht nur für Tertullian, der

sich etwa in Adversus Marcionem energisch gegen jede Rede von mehreren

Substanzen gewendet508, aber auch in antimonarchianischer Frontstellung die

Wendung "una substantia / unius substantiae" beibehalten hatte509, sondern eben

auch für die monarchianischen Gegner Tertullians und für westliche sabelliani-

sierende Theologen des 3. Jhdts., die sich (trotz Verurteilung Sabells in Rom)

ganz offensichtlich auf breite Zustimmung zu ihren Anschauungen stützen

konnten510. Eine Rede von mehreren Substanzen (substantiae) in der Gottheit

mußte jedenfalls im 4. Jhdt. im Westen für jedermann völlig unerträglich sein;

und als die Polemik Markells den Eindruck erweckte, als sei mit der Dreihypo-

stasenlehre origenistischer Provenienz (dem "Arianismus") eben jene Häresie der

zwei (bzw. drei) Substanzen Gottes gemeint511, war die westliche Zustimmung

zu seiner Theologie der einen Hypostase eine Selbverständlichkeit.

508 Tert., Marc. 1,15,5; vgl. auch Hippolyt, Ref. X.19,1. 509 Tert., Adv.Prax. 2,4; 29,6 u.ö.; Apol. 21,11. Siehe dazu in dieser Arbeit oben S. 8. 510 Über das Problem des abendländischen Monarchianismus und der sabelüanisierenden Tendenzen der westl. Trinitätstheologie vgl. zuletzt v.a. SIMONETTI, SSRel 4 (1980), 7-28; DECKER, Monarchianer, 206ff.; BIENERT, Sabellius, 124-139. Eine Fülle von Hinweisen findet sich auch in BIENERTs Aufsatz ZKG 90 (1979), 151-179. Die dort allerdings vertretene These, daß jene sabell-ianisierenden Tendenzen sich ausgerechnet an den Begriff ομοούσιος knüpfen, ist unhaltbar, wie ich oben unter 1.2 zu zeigen versucht habe. 511 Wirkungen eben jenes Eindrucks im Westen werden später z.B. bei Phoebadius von Agen ganz deutlich, vgl. hierzu unten S. 173. 180.

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2 Die Synode von Serdika 109

Hier liegt übrigens auch die particula veri jener in der Forschung weitgehend

verbreiteten, in dieser Arbeit jedoch abgelehnten, dogmengeschichtlichen

Einordnung des Serdicense, an dessen Echtheit kein Zweifel bestehen kann, als

"de(s) unzweideutigste(n) Ausdruck(s) der abendländischen Anschauung der

Sache"512: Sofern mit "der Sache" ganz allgemein trinitätstheologische Ideen

gemeint sind, muß man in der Tat auf eine gewisse Kontinuität zwischen

Serdicense und abendländischer trinitätstheologischer Disposition im 3. Jhdt.

verweisen513. Sofern hingegen mit "der Sache" die Debatten vor und nach Nizäa

gemeint sind, muß man sich sehr genau klarmachen, daß der Westen von diesen

bis 342 kaum berührt worden war. In seiner Eigenschaft als Nachbesserung von Ν

im Sinne einer Konzentration auf die Einhypostasenlehre und in seiner Eigenschaft

als Dokument zeitgenössischer aktueller Diskussion ist das Serdicense eben nicht

"unzweideutiger Ausdruck der abendländischen Anschauung der Sache", sondern ein

durch und durch markellischer Text5". Die abendländischen Bischöfe schlossen sich

Markells Option in der aktuellen Diskussion an, indem sie ihn im Vorfeld der

Synode (Rom 341) und während der Verhandlungen von Serdika für orthodox

erklärten, seine theologischen Überzeugungen als in Kontinuität zum im Westen

nicht näher bekannten Nizänum annahmen und in Kontinuität zu dem, was man

im Westen immer schon trinitätstheologisch gedacht hatte, verstanden und sich

zu eigen machten.

Welche Rolle das Serdicense als authentische Interpretation von Ν in den

folgenden Jahren im Westen spielen sollte und ob und inwiefern es sich dabei mit

jenen älteren westlichen trinitätstheologischen Traditionen verband, soll im

folgenden Teil der Arbeit untersucht werden, indem sich die Untersuchung nun

den "Männern der ersten Stunde" im Westen und ihren trinitätstheologischen

Äußerungen zuwendet.

512 HARNACK, DG II, 246 Anm. Vgl. dgg. oben S. 96. 513 Allerdings muß man sich auch hier stets die Unterschiede vor Augen halten, v.a. den, daß die Differenzierung im Personbegriff, die im Westen seit Tertullian üblich war, im Serdicense fehlt. 514 Vgl. oben S. 95 und S. 26 mit Anm. 1

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ZWEITER TEIL

3 Ossius von Cordoba

Der Spanier Ossius1 von Cordoba ist der erste abendländische Theologe, der mit

dem arianischen Streit in Berührung gerät. Als er 324 in seiner Eigenschaft als

Berater des Kaisers Konstantin2 direkt in die Auseinandersetzungen hinein-

gezogen wird, ist er schon etwa 70 Jahre alt3. Über sein Wirken vor 324 ist kaum

etwas bekannt. Eine Bemerkung des Athanasius in der Historia Arianorum läßt

immerhin den Schluß zu, daß er um 295 Bischof von Cordoba geworden sein

muß4. Um 300 (oder 310)5 nimmt er an der (rein spanischen) Synode von Elvira

teil6, ohne daß wir über seine Position auf dieser Synode irgendwelche präziseren

Aussagen machen könnten. Während der diokletianischen Verfolgung muß er in

Spanien, also im Herrschaftbereich Maximians, zum confessor geworden sein, wie

die Quellen belegen7. Aber auch hier stehen uns keine näheren Informationen

über Einzelheiten der Maßnahmen gegen Ossius zur Verfügung8.

1 Zur Namensform Ossius siehe TURNER, EOMIA 1/2, 532. 2Siehe hierzu unten S. 112f. 3 Athanasius berichtet, daß Ossius zur Zeit der sirmischen Synode von 357 bereits 100 Jahre alt gewesen sei: εκατονταετής γαρ λοιπόν ήν, h. Ar. 45, 4 (Opitz II, 209, 23). DE CLERCQ, Ossius, 50-52, bestimmt aufgrund dieser Bemerkung und anderer Zeugnisse das Geburtsjahr des Ossius auf etwa 256. Ebenso SIMONETTI, EECh 2 (1992), 626. 4 Ath., I.e., 42, 1. 5 Zur Datierungsfrage vgl. REICHERT (nächste Anm.), 21ff. 6 Bezeugt durch die Teilnehmerliste (Mansi II, 5). - Über die Synode von Elvira vgl. jetzt die Dissertation von REICHERT, Die Canones der Synode von Elvira. Einleitung und Kommentar, Hamburg 1990. 7 Vgl. v.a. das Selbstzeugnis des Ossius in seinem 356 an Konstantius II. gerichteten Brief, überliefert bei Ath., h. Ar. 44,1: Έγώ μεν ώμολόγησα και το πρώτον, δτε διωγμός γέγονεν έπϊ τφ πάππψ σου Μαξιμιανψ (Opitz II, 207, 20f.) Daneben Euseb von Caesarea, v.C. 2,63; der westliche Synodalbrief von Serdika, Hil., Coli, antiar. Paris. Β II, 1,2,3; Athanasius bietet als stehende Wendung τοϋ μεγάλου και όμολογητοϋ 'Οσίου, fug. 5,1; 9,4; h. Ar. 28,2; Vgl. Sozomenus, h.e. I, 10. Eine Durchsicht und Kommentierung auch der übrigen Belege bei DE CLERCQ, I.e., 129ff. 8 DE CLERCQ, I.e., 131ff. diskutiert einige diesbezügliche Hypothesen, denen gemeinsam ist, daß sie über das Stadium der Vermutung nicht hinausgelangen. Kritisch zu DE CLERCQs Arbeit LIPPOLD, ZKG 92 (1981), 3ff.

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112 Zweiter Teil

Auch über seinen Bildungsstand und seine theologische Provenienz wissen wir

wenig. Nach neueren Untersuchungen ist es als unwahrscheinlich zu betrachten,

daß Ossius von Cordoba der Adressat jener Widmung gewesen ist, die Calcidius

seiner Übersetzung und Kommentierung des Timaeus vorangestellt hat9. Damit

fallen alle Versuche dahin, Ossius aufgrund dieser Widmung von vornherein als

außergewöhnlich guten Kenner des griechischen philosophischen und theo-

logischen Denkens auszugeben10. Es ist nicht einmal sicher zu sagen, wie gut

seine Griechischkenntnisse waren11.

Trinitätstheologische Texte oder Abhandlungen aus der Feder des Ossius liegen

uns gar nicht vor; es hat sie wohl auch nicht gegeben - Isidor von Sevilla nennt

ein Werk mit dem Titel "Epistula de laude virginitatis" und ein "opus de interpre-

tatione vestium sacerdotalium"12, die verloren sind.

Um 311/312, wohl in Zusammenhang mit der Eingliederung Spaniens in das

Herrschaftsgebiet Konstantins13, wird Ossius von Cordoba zum kirchlichen

Berater des Kaisers; schon 313 finden wir ihn in dieser Funktion mit dem

donatistischen Streit befaßt, wie der Brief des Konstantin an Caecilian von

Karthago belegt14. Wenn in demselben Brief staatliche Maßnahmen gegen die

9 Vgl. WASZINK in der Präfatio zu der neuesten Edition der Timaeus-Übersetzung des Calcidius, Timaeus a Calcidio translatus commentarioque instructus (Plato Latinus IV), London 21975, ix - xv. Vgl. KERFERD, Art. Calcidius, TRE 7 (1981), 546. Vgl. LIPPOLD, I.e., 4 mit Anm. 11. Die von WASZINK vorgeschlagene Alternative, die Widmung auf einen hohen Mailänder Beamten Hosius zu beziehen, ist allerdings auch keineswegs unproblematisch, vgl. MARKSCHIES, Italien, 79 mit Anm. 201. 10 Gegen DE CLERCQ, I.e., 69ff. ("outstanding culture", I.e., 63). 11 Sehr gute Kenntnisse des Griechischen bei Ossius versucht DE CLERCQ, I.e., 65ff. zu erweisen. Aber Gelasius, h.e. 11,12; XV,1 sagt immerhin, daß Ossius in Nizäa einen Dolmetscher einsetzte. 12 Is., Vir. 5, ML 83, 1086A: "Scripsit ad sororem suam de laude virginitatis epistolam pulchro ac diserto comptam eloquio; composuitque et aliud opus de interpretatione vestium sacerdotalium quae sunt in Veteri Testamente, egregio quidem sensu et ingenio elaboratum". 13 Zur Datierung vgl. DE CLERCQ, I.e., 149ff. und GROAG, PW 14 (1930), 2434, mit einem Votum für 309. Über den Aufstieg Konstantins BARNES, Constantine, 28ff. 14 Euseb, h.e. X, 6,1-3. - Allerdings ist es nicht angebracht, Ossius als einzigen oder wichtigsten der kaiserlichen Vertrauten in Kirchenfragen einzuschätzen; Konstantin spricht später davon, daß er "einige" als "Helfer zur Einmütigkeit" entsandt habe, Euseb, v.C. 11,66. LIPPOLD, I.e., 6ff., zieht die Identifikation des bei Euseb erwähnten Hosius mit Ossius von Cordoba gar generell in Zweifel. Doch scheinen mir die Stellen bei Augustin, Contra ep. Parm. 1,5,10; 6,11; 8,13 - gegen LIPPOLD - durchaus ein starkes Indiz für eine solche Identifikation zu sein.

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3 Ossius von Cordoba 113

Donatisten ins Auge gefaßt werden15, so kann man vermuten, daß hier bereits

der Rat des Ossius an den Kaiser im Hintergrund steht16; von einer theologischen

Auseinandersetzung mit den Donatisten erfahren wir dagegen in den Quellen

nichts.

Im Oktober 313 nimmt Ossius wohl an den Verhandlungen in Rom teil, auf

der Caecilian von den von donatistischer Seite gegen ihn erhobenen Vorwürfen

freigesprochen wird. Auf der Synode von Arles 314 ist er nicht anwesend17. Daß

sich Ossius in der gesamten Phase von 313-324 in der unmittelbaren Umgebung

des Konstantin aufgehalten hat, wie DE CLERCQ18 meint, ist mir daher eher

unsicher. Erst im Jahre 321 ist sein Einfluß auf religions- und rechtspolitische

Entscheidungen Konstantins wieder sicher belegt, wie die Adressierung eines

kaiserlichen Ediktes aus diesem Jahre" an Ossius zeigt.

In den arianischen Streit schaltet sich Ossius von Cordoba im Auftrag des Kaisers

im Jahre 324, also nach dem endgültigen Sieg des Konstantin über Licinius ein20.

Sokrates und Sozomenus bezeugen ihn als Überbringer des Briefes des

Konstantin an Arius bzw. Alexander21 vom Ende des Jahres 324. Angesichts des

Einflusses des Ossius auf die religionspolitischen Entscheidungen des Kaisers

bereits in der Donatistenfrage und dann wieder seit 321 kann jedoch davon

ausgegangen werden, daß Ossius nicht nur der Überbringer des Briefes war,

15 Euseb, h.e. X, 6, 4f. 16 Darauf hat KLEIN, Constantius II., 134, aufmerksam gemacht. 17 Ossius Name fehlt auf der Teilnehmerliste von Arles (Conciles Gaulois, SC 241, 57ff. Gaudemet; Concilia Galliae, CChr.SL 148, 14ff. Munier; Mansi 2, 476f.). Vgl. BARNES, Constantine, 58. 65; LIPPOLD, I.e., 7f. 18 L.c., 175. 181-183. 19 Das Edikt vom 18. April 321 sieht die Rechtsgültigkeit einer Sklavenfreilassung in Gegenwart eines Bischofs ("sub aspectu antistitum") ohne weitere juristische Prüfung vor; der Text cod. Theod. 4,7,1. 20 Der Brief des Konstantin an Arius und Alexander erweckt den Eindruck, als habe Konstantin erst nach dem Sieg über Licinius von den (immerhin schon sehr weit fortgeschrittenen) Streitigkeiten in dem von ihm neu hinzugewonnenen Gebiet Kenntnis erlangt, vgl. Euseb, v.C. II, 68,1. Vgl. DE CLERCQ, I.e., 195ff.; BARNES, I.e., 212f. - Die Chronologie des arianischen Streites seit 318/9 wird eingehend diskutiert bei WILLIAMS, Arius, 49ff. und BÖHM, Christologie, 43ff. Dem gegenüber schließt sich LOOSE, ZKG 101 (1990), 88-92, an die Opitzsche Reihenfolge an. 21 Socr., h.e. I, 7; Soz., h.e. I, 16. Sozomenus trennt irrtümlich die Versendung des Briefes von der persönlichen Mission des Ossius. - Der Brief bei Euseb, v.C. II, 64ff., im folgenden zitiert nach der Opitzschen Ausgabe der Urkunden zum arianischen Streit, hierin Urk. 17.

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114 Zweiter Teil

sondern auch zu Abfassung und Inhalt nicht unerheblich beigetragen hat22. Der

Tenor des Briefes läuft darauf hinaus, daß der Streit wegen Geringfügigkeit

eingestellt werden solle: διαλογιζομένψ δή μοι τήν αρχήν και την ύπό&εσιν

τούτων άγαν ευτελής και ουδαμώς αξία της τοιαύτης φιλονεικίας ή πρόφασις

έφωρά&η23. Mehrfach wird der Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen

Bischof Alexander und seinem Presbyter Arius als Bagatelle eingestuft24, die

einen ernsthaften Streit keineswegs rechtfertige. Im Grunde seien doch beide

Kontrahenten ein und derselben Meinung". Und selbst wenn in einer unbedeu-

tenden Detailfrage eine Differenz auftrete, bleibe doch auf jeden Fall die

Übereinstimmung im Grundsätzlichen bestehen26. Dem Brief des Konstantin ist

an der Erhaltung der kirchlichen Einheit schlechterdings alles gelegen, denn in

der Einheit des Kultes27 und der Gottesverehrung liegt für ihn die Voraussetzung

für das Wohl der öffentlichen Angelegenheiten begründet: εϊδώς ώς, εϊ κοινήν

άπασι τοις τοϋ 9-εοΰ 9-εράπουσιν έπ' εύχαίς ταϊς έμαϊς όμόνοιαν καταστή-

σαιμι, και ή των δημοσίων πραγμάτων χρεία σύνδρομον ταϊς απάντων εΰσεβέσι

γνώμαις τήν μεταβολήν καρπώσεται28. Eine inhaltliche Stellungnahme

Konstantins über den Gegenstand des von ihm für marginal erachteten Streites

findet sich hingegen nicht, abgesehen von der Feststellung, daß man bei derlei

22 DE CLERCQ, I.e., 197ff. versucht, den Inhalt des Briefes Euseb von Nikomedien zuzuschreiben, der als Führer der "arianischen Partei" Konstantin (und Ossius) arglistig über die Tragweite der arianischen Häresie habe hinwegtäuschen wollen. Dies ist völlig unbegründet; Eusebs Rolle vor 327 ist im Gegenteil höchst prekär. DE CLERCOs These beruht auf der durchsichtigen Intention, Ossius gegen den Vorwurf dogmatischer Indifferenz in Schutz zu nehmen. 23 Urk. 17, 4 (Opitz III, 32, 27-29). 24 μικρας και λίαν εύτελοΰς αφορμής ϋπαρχοΰσης, Urk. 17,5 (Opitz III, 32, 34f.); ματαίου τινός ζητήσεως μέρους, Urk. 17,6 (I.e. 33, 3f.); μικρών καϊ λίαν ελαχίστων, Urk. 17,9 (I.e. 34, 5f.); μικρών οϋτω και μηδαμώς αναγκαίων, Urk. 17,10 (I.e. 34, 16). 25 άλλ' ενα και τόν αυτόν εχετε λογισμόν, ώς πρός τό της κοινωνίας σύνθημα δύνασ9<χι συνελ&εΓν, Urk. 17,9 (I.e. 34, 4f.). 26 και λέγω ταϋτα οϋχ ώς άναγκάζων ύμας έξ άπαντος τη λίαν εΰή&ει, καϊ οία δήποτέ έστιν έκείνη, ζητήσει συντί&εσ&αι. δύναται γαρ καϊ τό της συνόδου τίμιον ύμίν άκεραίως σώζεσ9·αι καϊ μία καϊ ή αύτη κατά πάντων κοινωνία τηρεϊσ&αι, καν τα μάλιστα τις έν μέρει πρός αλλήλους ϋμΐν ϋπέρ ελαχίστου διαφωνία γένηται, επειδή μηδέ πάντες έν απασι ταϋτόν βουλόμε&α, μηδέ μία τις έν ήμίν φΰσις ή' γνώμη πολιτεύεται, Urk 17, 13 (I.e. 35, 1-6). Vgl. auch Urk. 17, 10. 27 Vgl. das massive Interesse Konstantins an der Osterterminfrage, Opitz III, Urk. 26, lf. 28 Urk. 17,1 (I.e. 32, 8-10).

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3 Ossius von Cordoba 115

schwierigen Dingen ohnehin nicht zu einem vollkommenen Verständnis werde

vordringen können®.

Wenn der Brief an Alexander und Arius auch vom Kaiser selbst unterfertigt

war und zweifellos dessen Ansichten vollständig repräsentierte, kann man doch

seinen Inhalt mit einiger Berechtigung auch auf den theologischen Berater

Konstantins und Überbringer des Schreibens, Ossius, zurückführen. Euseb

bezeugt, daß Ossius an Ort und Stelle nicht nur den Brief übergeben, sondern

auch dessen Anliegen erläutert und unterstützt habe30. Das legt nahe, zu sehen,

daß er die ursprüngliche Einschätzung des Streites als eines akademischen

Spezialproblems von unwesentlicher Bedeutung, aber großer Gefahr für die

Einheit der Kirche und damit für die salus publica, durchaus geteilt hat.

Ossius von Cordoba ist offensichtlich erst in Alexandrien von Bischof

Alexander darüber aufgeklärt worden, daß es bei dem Streit mitnichten um ein

marginales Detailproblem, sondern um theologische Fragen von eminenter

Bedeutung ging. Es ist wahrscheinlich, daß er sich daraufhin nach Prüfung der

Sachlage die Position und Argumentation Alexanders zueigen gemacht hat. Auf

der Synode von Antiochien Anfang 325", deren Vorsitz er in seiner Eigenschaft

als kaiserlicher Berater in Kirchenangelegenheiten hat, findet sich seine Unter-

schrift32 jedenfalls als erste über dem synodalen Sendschreiben (ep. Ant.)33, das

29 πόσος γάρ έστιν έκαστος, ώς πραγμάτων οΰτω μεγάλων και λίαν δυσχερών δύναμιν η προς τό ακριβές συνιδείν η κατ" άξιαν έρμηνεΰσαι; Urk. 17, 8 (I.e. 33, 13-15). 30 V.C. II, 73, 1. 31 An der Faktizität dieser Synode, die aus unterschiedlichen Gründen (v.a., weil Athanasius sie nirgends erwähnt, obwohl sie ihm doch Gelegenheit zum Lobe Alexanders und zudem ein glänzendes Argument für die Desavouierung Eusebs geboten hätte; die historischen Nachrichten des Briefes seien nicht vereinbar mit dem, was wir über die Theologie Eusebs wissen [vgl. HOLLAND, ZKG 81 (1970), 163-181] - das Argument, daß der Text "nur syrisch" überliefert ist, ist völlig haltlos) immer wieder umstritten gewesen ist, kann es spätestens seit der Untersuchung von ABRAMOWSKI, ZKG 86 (1975), 356-366, bestätigend RITTER, HDThG I, 165 und HANSON, Search, 147f. keinerlei Zweifel mehr geben. 32 An dem syrischen Text zur Stelle, der ursprünglich auf einen Konjekturvorschlag BRILLANTOWs zurückging, den schon OPITZ in seiner Edition der Urkunden zum arianischen Streit übernommen hatte (Urk. 18, I.e. 36, 2), kann es keinen Zweifel mehr geben, seitdem CHADWICK 1956 den Mingana syr. 8 entdeckte (JThS.NS 9 [1958], 292-304), der für die ältere Konjektur im Nachhinein auch eine handschriftliche Bestätigung erbrachte. Vgl. auch NYMAN, StPatr 4 (1961), 484f. 33 Das Schreiben ist ausschließlich syrisch überliefert. Eine von SCHWARTZ übernommene griechische Retroversion bietet zusätzlich OPITZ, Urk. 18, eine deutsche Übersetzung bei KELLY, Glaubensbekenntnisse, 209f. Einige Korrekturen am syrischen Text, an der SCHWARTZschen Retroversion und an KELLYs Übersetzung bei ABRAMOWSKI, I.e., 356-360.

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116 Zweiter Teil

in enger Verbindung mit der Theologie Alexanders von Alexandrien steht.

Zwischen den Ereignissen in Alexandrien und der Synode von Antiochien muß

Ossius Rücksprache mit Konstantin gehalten und ihn über den Ernst der Lage

unterrichtet haben; der antiochenische Synodalbrief zeigt jedenfalls, daß der

Kaiser (wohl auf Anraten des Ossius hin) seine ursprüngliche Taktik, die

Angelegenheit herunterzuspielen, hat fallen lassen und der trinitätstheologische

Streit sich nunmehr auf der Tagesordnung der anstehenden μεγάλην και

ίερατικήν έν Άγκύροι σύνοδον34 befindet35.

Die aus Anlaß der Wahl des Eustathius zum neuen Bischof der Stadt36

zusammengetretene Synode von Antiochien wandte sich auch den dogmatischen

Streitigkeiten zu. Ossius geht nun, anders als noch im kaiserlichen Schreiben an

Alexander und Arius, davon aus, daß die Einheit der Kirche durch die aktuellen

Lehrstreitigkeiten fundamental bedroht ist: ίδών τήν έκκλησίαν λίαν ταραχ&εί-

σαν ζιζανίοις δια της ένίων διδασκαλίας και στάσεως37. Darüberhinaus ist ihm

die theologische Tragweite der Differenzen klarer geworden, denn, so ep. Ant.,

es ist nun notwendig, έξετασ9·ήναι, δ πάντων κράτιστον και πάντα ύπερβάλλον,

μάλλον δέ τό ολον έστί μυστήριον της έν ήμϊν πίστεως, λέγω δή τό περί τοϋ

πάντων ήμών σωτηρος τοΰ υίοΰ του 9-εοΰ ζώντος38. Deutlich zeigt ep. Ant., daß

sich Ossius der Einschätzung der Lage durch Alexander inzwischen angeschlossen

hat und dessen Vorgehen gegen Arius billigt: ό τίμιος και αγαπητός 'Αλέξαν-

δρος (...) ένίους των πρεσβυτέρων αύτοϋ των περί τον "Αρειον αποβλήτους

34 Ep. Ant. (= Urk. 18) 15 (Opitz III, 40, 17). 35 Die Verlegung nach Nizäa erst im Frühjahr 325, vgl. das entsprechende Schreiben Kaiser Konstantins, Opitz III, Urk. 20. - Es ist nicht sicher, daß das Arius-Problem Auslöser für Konstantins Entscheidung war, die Synode einzuberufen, vgl. unten Anm. 71. 36 Dies ist in Ep. Ant. nicht direkt erwähnt. Es kann aber daraus erschlossen werden, daß zur Zeit der Synode der Sitz zunächst vakant war (Ossius beruft die Synode ein, vgl. ep. Ant. 3), sich dann aber im Synodalschreiben an zweiter Stelle nach Ossius die Unterschrift des Eustathius findet, des Nachfolgers von Philogonius von Antiochien; Eustathius muß demnach auf der Synode zum Bischof der syrischen Metropole gewählt worden sein. Vgl. DE CLERCQ, I.e., 208 mit Anm. 293. 37 Ep. Ant. 3 (Opitz III, 37, 2f.). - Daß Ossius ep. Ant verfaßt hat, wird durch die Wendung έλ9-ών γαρ είς τήν Άντιοχέρων (...) έδοξέ μοι (Sgl.!) [Opitz III, 37, 2f.; vgl. auch I.e. 37,10] nahegelegt, vgl. HANSON, I.e., 149. Dies besagt aber noch nicht, daß Ossius auch Verfasser von Ant. ist! Vgl. BARNES, I.e., 213. 38 Ep. Ant. 5 (I.e., 37, 15-17).

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3 Ossius von Cordoba 117

έποίησεν της εκκλησίας της βλασφημίας ενεκα, ην κατα τοϋ σωτηρος ήμών

επέτειναν39.

In Abwehr "derer um Arius"40 stellt die Synode eine ausführliche Darlegung

ihres eigenen theologischen Standpunktes auf (Ant.)41. Er berührt sich in vieler

Hinsicht mit den Texten Alexanders von Alexandrien42, nicht nur durch die mit

dem Brief Alexanders an alle Bischöfe identische Eingangswendung43, sondern

v.a. in der Verwendung der für Alexander typischen Abbild-Terminologie für die

Relation Vater-Sohn. SCHWARTZ wählte in seiner griechischen Retroversion

von ep. Ant., die OPITZ übernahm, durchgängig das Wort εϊκών44; da jedoch

unterschiedliche syrische Wörter (salma und yukna) im überlieferten Text stehen,

läge es durchaus nahe, auch χαρακτήρ oder απαύγασμα zu verwenden45 - man

käme dann zu genau derjenigen Terminologie, die wir von Alexander aus seinem

Brief an seinen Namensvetter aus Thessalonich kennen46. Darüberhinaus finden

sich weitere Parallelen zwischen Ant. und der Theologie Alexanders, so das

Insistieren auf der Unbegreiflichkeit der Entstehung des Sohnes47 und die direkt

gegen Arius formulierten Verwerfungssätze48. Zudem ist auch die Tatsache, daß

Ant. im ersten Artikel4' wörtliche Parallelen zum Bekenntnis des Arius an seinen

Bischof Alexander50 aufweist51, nur damit zu erklären, daß Arius offenbar

tatsächlich, wie es seiner eigenen Aussage entspricht52, auf der Lehre seines

Bischofs Alexander fußte bzw. dessen Terminologie aufnahm; denn daß Teile

eines Textes des Arius in Ant. wieder auftauchen, ist nur verständlich, wenn die

betreffende Ariuspassage in der Theologie des Bischofs von Alexandrien ihren

® Ep. Ant. 6 (I.e., 37, 18 - 38, 1). 40 Ep. Ant. 6. 7. 41 Dieses Bekenntnis ep. Ant. 8-13. 42 SCHWARTZ, GS III, 154, hat daher das antiochenische Bekenntnis als Paraphrase des Briefes Alexanders von Alexandrien an Alexander von Thessalonich (Opitz, Urk. 14) bezeichnet; ABRAMOWSKI, I.e., 357 Anm. 5 versteht es als dessen Zusammenfassung. 43 Urk. 4b, 2 (Opitz III, 6, 3) = Urk. 18, 2 (I.e., 36, 11). 44 Dreimal in Urk. 18 (I.e., 39, 1. 9; 40,1). 45 Vgl. hierzu ABRAMOWSKI, I.e., 357f. 46 Urk. 14 (Opitz III, 24, 3-6; 25, 25f.; 27, 15f.; 28, 5). Vgl. hierzu DINSEN, Homoousios, 69f. 82. 47 Vgl. hierzu Urk. 17, 9 (I.e. 38, 19f.) und 17, 11 (I.e., 39, 7f.) mit Urk. 14, 46 (I.e., 27, 4-13). 48 Urk. 17, 13 (I.e. 39, 15ff.). 49 Vgl. die hilfreiche Paragrapheneinteilung bei ABRAMOWSKI, I.e., 359f. 50 Opitz, Urk. 6. 51 Vgl. Urk 18, 8 (I.e., 38, 14-17) mit Urk. 6, 2 (I.e., 12, 3-7). 52 ή πίστις ήμών ή έκ προγόνων, ην και άπό σοΰ μεμα&ήκαμεν; Urk. 6,2 (Opitz III, 12, 3).

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118 Zweiter Teil

Anhalt hatte - dem Arius hätte zum Zeitpunkt der Synode von Antiochien auf

Seiten der Mehrheit gewiß niemand mehr durch Rezeption von Teilen seiner

Texte entgegenkommen wollen53.

Neben den aufgezeigten Gemeinsamkeiten zwischen Ant. und der Theologie

Alexanders ist jedoch auch auf eine wichtige Differenz aufmerksam zu machen:

Die origenistische Mehrhypostasentheologie, wie sie Alexander klar vertritt54,

findet sich in Ant. nicht. Das Bekenntnis bezeichnet vielmehr den Sohn als εϊκών

γάρ έστιν (...) αυτής της πατρικής υποστάσεως55, geht also nur von einer

Hypostase des Vaters aus. Damit ist die Mehrhypostasenlehre zwar noch keines-

falls direkt ausgeschlossen, sie tritt jedoch gegenüber der von Alexander

bekannten Theologie merklich zurück. Dazu paßt, daß es offenbar im Zusammen-

hang mit der antiochenischen Synode 325 zu jener Befragung des Narzissus von

Neronias56 durch Ossius57 gekommen ist, die uns Euseb in "Contra Marcellum"

überliefert hat58 und bei der die Antwort des Narzissus, er glaube, daß drei

Usien59 seien, zu seiner vorläufigen Absetzung wegen Arianismus® geführt

hatte61.

53 ABRAMOWSKI, I.e., 357. 54 Urk. 14, 16 (Opitz III, 22, 10). 55 Urk. 18, 11 (Opitz III, 39, 9f.). 56 Der zeitliche Zusammenhang dieser Befragung mit der Synode von Antiochien 325 wird nahegelegt durch den Vorsitz des Ossius bei der Synode und bei der Befragung sowie durch die überlieferte Übereinstimmung der theologischen Meinung (Markell, fr. 81) von Narzissus und Euseb in der Usien/Hypostasen-Frage in Kombination mit der für Antiochien überlieferten gemeinsamen Befragung (ep. Ant. 14, I.e., 40, 9) und Verurteilung (ep. Ant. 14; I.e., 40, 12-14) der beiden. Vgl. DE CLERCQ, I.e., 216. 57 Ossius scheint hier eher als repräsentierender Vorsitzender, der die Befragung vornahm, nicht unbedingt aber als treibende Kraft der Untersuchung fungiert zu haben. Seine Überraschung darüber, daß auch Narzissus von mehreren Usien sprechen will (ούτως και αυτός λέγοι...; Markell, fr. 81 [GCS Euseb IV, 203,1 Klostermann]), spricht nicht dafür, daß er auf eine Befragung zu dieser Materie sonderlich gut vorbereitet war, worauf HANSON, Search, 181. 200f. aufmerksam gemacht hat. 58 Markell, fr. 81 (Klostermann 202,33 - 203,2). " Usia ist hier sicher mit Hypostasis synonym gebraucht; hätte Narzissus von drei Hypostasen geredet, wäre das Ergebnis der Befragung für ihn gleichermaßen negativ ausgefallen. - Vgl. meine Kommentierung zu §4 des Serdicense, s.o. S. 68 mit Anm. 254. 60 ήλέγχ9·ησαν όμοδοξοϋντες τοις μετ' 'Αρείου: ep. Ant. 14 (Opitz III, 40, 9f.). 61 Ep. Ant. 14 (I.e., 40, 5ff., bes. 12-14); neben Narzissus und Euseb wird noch Theodot von Laodicäa exkommuniziert - Die Sanktion ist ausdrücklich eine vorläufige und gibt den Bischöfen Gelegenheit, bis zur bevorstehenden μεγάλην και ίερατικήν έν Άγκυρα σΰνοίον (I.e., 40, 17) zu revozieren.

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3 Ossius von Cordoba 119

Inwieweit Ossius von Cordoba als Vorsitzender der Synode von Antiochien und

Verfasser des Synodalschreibens62 an der Aufstellung von Ant. selbst wesentlich

mitbeteiligt gewesen ist, läßt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Immerhin

vertritt Ant. eine Position, die das nun kirchenpolitisch und theologisch als ernst

erkannte arianische Problem von der Theologie des Alexander von Alexandrien

her anzugehen versucht; Ossius hatte kurz zuvor in der persönlichen Begegnung

die Haltung Alexanders kennengelernt; in ep. Ant. bezieht er sich ausdrücklich

auf ihn63. Das könnte dafür sprechen, daß er auf die Formulierungen von Ant.

im Sinne des (in Antiochien nicht anwesenden) Alexander Einfluß genommen

hat, womöglich in Vermittlung zu eustathianischen Positionen.

Das Zurücktreten der Mehrhypostasenlehre, das neben dem Versuch einer

Abgrenzung gegen Arius auf der Basis der origenistischen Theologie Alexanders

das zweite typische Merkmal von Ant. darstellt64, ist wahrscheinlich auf den

Einfluß des neugewählten antiochenischen Bischofs Eustathius65 und seiner

Anhänger zurückzuführen; daß auch Ossius bereits Anfang 325 auf Seiten der

Einhypostasentheologie des Eustathius und Markeil steht, wie RITTER66 meint,

ist mir dagegen eher zweifelhaft67; der eigentümliche Charakter von Ant. als

Kompromißpapier scheint mir nicht für eine inhaltliche Übereinstimmung der in

Antiochien maßgebenden Bischöfe zu sprechen. Ossius von Cordoba scheint,

soweit wir seine theologischen Positionen überhaupt verifizieren können, im

Frühjahr 325 noch wesentlich unter dem Eindruck seiner Begegnung mit dem

Bischof von Alexandrien und dessen Theologie zu stehen.

62 Vgl. hierzu oben Anm. 37. 63 Ep. Ant. 6. 64 S.O.S. 117f. 65 Eustathius spricht ausdrücklich nur von einer Hypostase der Gottheit (fr. 38; SPANNEUT, Recherches, 107), ebenso noch 362 seine Anhänger (Ath., tom. 6; hierzu ABRAMOWSKI, ThPh 54 [1979], 43f.) Er steht damit der Theologie Markells und des späteren "westlichen" Serdicense nahe. 66 HDThG I, 162. 67 Der östliche Synodalbrief von Serdika verurteilt zwar Ossius, der dem "Eustathius und Quimatius [zu Quimatius siehe Ath., h. Ar. 4; tom. 1, 10; fug. 3] guter Freund gewesen sei" (Hil., Coli, antiar. Paris A IV, 1,27,6); doch von Vorwürfen dogmatischer Art ist keine Rede; und zudem ist es keineswegs zwingend, die Mitteilung schon auf die antiochenische Synode 325 zu beziehen.

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120 Zweiter Teil

Das Konzil von Nizäa fand im Frühsommer 325ίβ statt. Konstantin selbst hatte

das ursprünglich von ihm nach Ankyra berufene Konzil nach Nizäa verlegt, wohl

u m den Verlauf leichter unter se inem Einfluß halten zu können®; ob schon der

ursprüngliche Entschluß des Kaisers zur Einberufung auf e inen Rat des Ossius

zurückging, der sich in Alexandrien von Ernst der Lage überzeugt hatte, ist

unsicher70, weil chronologisch problematisch71.

V o m Verlauf des ersten ökumenischen Konzils in Nizäa haben wir aufgrund des

Fehlens von Synodalprotokollen und des tendenziösen Charakters der erhaltenen

Quel len ein sehr unzureichendes Bild72. Jedenfalls nimmt der Spanier auf d e m

Konzil in seiner Eigenschaft als kaiserlicher Berater in Kirchenfragen den Vorsitz

ein73.

68 Wohl vom 20. Mai bis Mitte Juli 325, vgl. HANSON, Search, 152; RITTER, HDThG I, 163. Am 25. Juli 325 feiert Konstantin nach Beendigung des Konzils in Nikomedien seine Vicennalien im Kreise der Bischöfe, die an der Synode teilgenommen hatten, Euseb, v.C. III, 15; IV, 47; vgl. SEECK, Regesten, 175; BARNES, I.e., 219. m Konstantins Einberufungsschreiben bei Opitz, Urk. 20, seine Beweggründe für die Verlegung I.e., 42, Iff.; vgl. auch Euseb, v.C. III, 6. 70 Sulp. Sev., chron. II, 40, 5. - Die Notiz bei Philostorgius, daß Ossius und Alexander von Alexandrien sich in Nikomedien darauf verständigt hätten, den Kaiser zur Versammlung der Bischöfe zu bewegen (Philost., h.e. 1,7), ist schon von der zeitlichen Abfolge der Ereignisse her unmöglich (vgl. WILLIAMS, Arius, 69; gegen BARNES, I.e., 215). Sie verfolgt die Absicht, das Konzil als Komplott darzustellen. - Völlig unwahrscheinlich die Zurückführung des Konzils auf Alexanders Initiative bei Epiphanius, haer. 68, 4, 5. 71 Das Problem besteht darin, daß diese Sicht eine ständige Verbindung zwischen Ossius und Konstantin während der Reise des Spaniers voraussetzt. Erst Ende 324 begreift Ossius den Ernst der Lage; sicher hat er Konstantin umgegehend informiert (vgl. WILLIAMS, Arius, 58); aber Anfang 325 ist die Entscheidung für eine Synode in Ankyra schon gefallen und auf ihr Stattfinden wird mit einer gewissen Selbstverständlichkeit hingewiesen (ep. Ant. 15). - Möglicherweise war die Synode von Ankyra schon vorher, unabhängig von der Arius-Frage geplant, man denke nur an Konstantins massives Interesse an einem gemeinsamen Ostertermin (Opitz III, Urk. 26,2). Vgl. auch NYMAN, StPatr 4 (1961), 488f. 72 Zu Nizäa vgl. meine Ausführungen zur Frage des "westlichen Einflusses" auf Ν in Kapitel 1 dieser Arbeit. - Zu den Quellen zum Ablauf der Synode siehe v.a. Euseb, v.C. III, 6ff. (diese Darstellung ist ganz auf die Rolle des Kaisers fixiert und nicht sehr ergiebig); Eusebs Brief aus Nizäa an seine Gemeinde (überliefert bei Ath., decr. 33; vgl. Socr., h.e. I, 8, 35; Thdt., h.e. I, 12,1; Gel., h.e. II, 35, 1; ediert bei Opitz III, Urk. 22), Eustathius in einem bei Theodoret überlieferten fragmentarischen Bericht (Thdt., h.e. I, 8, 1-5) und Athanasius, decr. 19f.; Afr. 5f.; vgl. weiter Socr., h.e. I, 8-13 und Soz., h.e. I, 17-24. Zur Analyse siehe DINSEN, I.e., 84f. 73 In der Unterschriftenliste bei Socr., h.e. I, 13 steht der Name des Ossius von Cordoba an erster Stelle; Vgl. auch die Texte des Athanasius, fug. 5; h. Ar. 42. Zur Überlieferung der (sehr unvollständigen) Subskriptionsliste bei Sokrates vgl. SCHWARTZ, GS III, 77-82.

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3 Ossius von Cordoba 121

Fest steht, daß neben der arianischen Frage in Nizäa auch noch eine Anzahl

anderer wichtiger Probleme behandelt wurden74, auf die im Rahmen dieser

Untersuchung allerdings nicht näher eingegangen werden kann.

Kaiser Konstantin hat sich zweifellos in die Debatten selbst energisch

eingeschaltet. Nach wie vor liegt sein Hauptinteresse an der Wiederherstellung

der kirchlichen Einheit, wie seine Eröffnungsrede vor dem Konzil zeigt75.

Nachdem in den Synodalverhandlungen zunächst eine Bekenntnisformel der

Gruppe um Euseb von Nikomedien abgewiesen76, hingegen das Bekenntnis des

Euseb von Caesarea77 als rechtgläubig anerkannt worden war78, was zur

Aufhebung des zu Anfang des Jahres in Antiochien gegen ihn ergangenen

vorläufigen Exkommunikationsurteils führte, stellten die versammelten Bischöfe

am 19. Juni 325™ jenes Bekenntnis auf, das den Arianismus endgültig ver-

dammen und die Einheit der Kirche wiederherstellen sollte.

Inwieweit Ossius von Cordoba selbst an der Erstellung von Ν mitgearbeitet

hat, ist unklar. Zwar wird seine (Mit)autorenschaft durch einschlägige

Bemerkungen bei Athanasius80 und vielleicht auch durch die - klar belegte -

Tatsache des Eingreifens des Kaisers bei der Bekenntnisformulierung81

nahegelegt; doch sprechen die von Euseb erhaltenen Texte durchaus eine andere

Sprache82. Ossius von Cordobas Anteil an der Formulierung von Ν ist daher

74 So die dem Kaiser besonders wichtige Entscheidung zum Ostertermin (Euseb, v.C. III, 14. 17-20; Konstantins Brief nach der Synode über die Osterfrage [Opitz III, Urk. 26,Iff.]); die Frage des melitianischen Schismas in Ägypten (Socr., h.e. I, 9; Soz., h.e. I, 24), , v.a. aber die zahlreichen kirchenrechtlichen Festlegungen (canones). Vgl. BARNES, I.e., 217ff. 75 Euseb, v.C. III, 12. Vgl. Konstantins nach der Synode geschriebenen Brief an die Nikomedier, Opitz III, Urk. 27,13. 76 Eustathius bei Thdt., h.e. I, 8,1-5. - Ich weise hierbei darauf hin, daß TETZ in dem Beitrag "Zur strittigen Frage arianischer Glaubenserklärung auf dem Konzil von Nizäa (325)" in der FS L. ABRAMOWSKI Logos. Berlin/New York 1993, 220-238, neue Gründe für die alte These vorgebracht hat, daß es sich bei dieser Bemerkung doch um das Bekenntnis des Euseb von Caesarea handele. 77 Eusebs Brief an seine Gemeinde (Opitz III, Urk. 22, 3-6). Zu dem Bekenntis vgl. VON CAMPENHAUSEN, ZNW 67 (1976), 123ff. 78 Euseb, I.e., 7. 79 Zum Datum SCHWARTZ, GS III, 81. 80 ούτος και τήν έν Ntxaiqi πίστιν έξε9·ετο; Ath., h. Ar.42, (Opitz II, 206, 31). Anders allerdings Basilius von Caesarea, ep. 81, vgl. ep. 263,3; 244,9, der Hermogenes, den späteren Bischof von Caesarea/Kapp. nennt. 81 Opitz III, Urk. 22, 8. Vgl. KRAFT, ZKG 66 (1954/5), 13; DINSEN, I.e., 86. 82 Zur Begründung siehe oben in dieser Arbeit unter 1.3. sowie STEAD, Divine Substance, 252f.

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1 2 2 Zweiter Teil

schwer genauer zu bestimmen. Vielleicht geht das kaiserliche Anliegen, das

ομοούσιος in das Symbol einzufügen83, auf seinen Rat zurück84. Dieser durchaus

offene, breit interpretierbare, kaum positiv gefüllte85 Begriff86 schien sich in

besonderer Weise zu eignen, eine antiarianische Konsenserklärung zu erreichen;

seine Einfügung in Ν verdankte sich womöglich der Idee, einen Begriff zu

wählen, den Arius dezidiert verworfen hatte87. In anderen antiarianischen

Wendungen von Ν (εκ της ουσίας του πατρός; 9-εόν αλη&ινόν έκ 9-εοΰ άλη&ινοϋ,

das Anathema έξ έτέρας υποστάσεως η ουσίας) scheint sich, im Vergleich zu

Ant., nunmehr stärker, wenn auch noch nicht vollständig, die Theologie des

Eustathius und Markell durchzusetzen, der sich jetzt auch Alexander anschloß.

Die Initiative und die theologische Stoßrichtung in der antiarianischen

Auseinandersetzung hat sich, verglichen mit dem in Antiochien festgelegten

Bekenntnis, grundlegend verändert. Stand Anfang 325 noch die Theologie

Alexanders im Vordergrund der Argumentation, liegt die Initiative nun bei

Alexanders Bundesgenossen im Kampf gegen Arius, Eustathius und Markell. Die

Diskontinuität zwischen Ant. und Ν ist unübersehbar88. Hintergrund für diese

auffällige Veränderung bildet offenbar die Einsicht, daß es in Antiochien nicht

überzeugend gelungen war, "mit dem Arianismus auf der gemeinsamen origene-

ischen Basis fertigzuwerden"8®. Ossius hat diese Wendung mitvollzogen, ohne daß

wir sagen könnten, inwieweit er konkret Einfluß darauf genommen hat.

83 Vgl. Eusebs Brief an seine Gemeinde, Opitz III, Urk. 22,7. 84 So vermuten KRAFT, ZKG 66 (1954/5), 9ff.; DINSEN, I.e., 86f.; STEAD, RAC 16 (1992), 411. 85 Vgl. Eusebs Brief, Opitz III, Urk. 22,7; Konstantin erläutert nur, was das Wort nicht bedeuten solle ... 86 Vgl. ausführlich STEAD, Divine Substance, 223ff.; HANSON, Search, 190ff. 87 Diese These wird durch eine Notiz bei Ambrosius von Mailand, De Fide III, 15, 125 nahegelegt. Vgl. in dieser Arbeit oben S. 23 Anm. 118. Arius' Ablehnung des Begriffes bei Opitz III, Urk. 6,3. 5 und Opitz II, 244,17. - Man bedenke auch, daß Ossius erst vor kurzem anläßlich der Narzissus-Befragung in Antiochien auf die arianisierende Tendenz der Rede von mehreren Usien aufmerksam geworden war. 88 Die Abbildtheologie fällt völlig aus; die Aussage, daß der Sohn nicht aus einer anderen Usia/Hypostase, sondern aus der des Vaters sei, tritt in den Vordergrund. Vgl. RITTER, HDThG I, 170; ABRAMOWSKI, ZKG 86 (1975), 360. 366. 89 ABRAMOWSKI, I.e., 366 Anm. 39.

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3 Ossius von Cordoba 123

Wie ich oben zu zeigen versucht habe90, ist es nicht angebracht, im etwaigen

Einfluß des Ossius von Cordoba auf die Formulierung des Nizänums einen Sieg

der (etwa auf Tertullian zurückgehenden) Trinitätstheologie westlicher

Provenienz zu sehen.

Konstantin hatte mit der Synode von Nizäa durch sein eigenes Engagement unter

Mithilfe seines kirchlichen Beraters Ossius sein Hauptinteresse, die

Wiederherstellung der Einheit der Kirche, scheinbar vorläufig erreicht. Die

Formel von Nizäa war schließlich von fast allen Teilnehmern" unterschrieben

worden. Die erhaltenen Briefe des Konstantin nach der Synode geben seiner

Befriedigung über diese Entwicklung Ausdruck92. Es liegt nahe, hierin auch einen

Erfolg seines kirchlichen Beraters Ossius zu sehen, den der Kaiser ja mit der

Einigungsmission betraut hatte, seitdem ihm die Streitigkeiten zur Kenntnis

gekommen waren.

Ossius von Cordoba scheint sich nach der Synode von Nizäa in seine spanische

Heimat begeben zu haben93; für gut 15 Jahre verschwindet er völlig von der

(kirchen)politischen Bühne. Über die Gründe geben unsere Quellen leider

keinerlei Auskunft94.

Erst 341/2, im Vorfeld der Synode von Serdika, greift der Spanier abermals in

das Geschehen ein; offenbar hat Konstans, der unmittelbar nach seinem Sieg

über Konstantin II. die Initiative in den kirchenpolitischen Fragen an sich

90 Siehe Kapitel 1 dieser Arbeit. 91 Es weigern sich letztlich neben Arius nur noch Secundus von Ptolemais und Theonas von Marmarike, siehe Opitz III, Urk. 23, 5. 92 Opitz III, Urk. 25, lf. 5f. 93 Es ist nicht ganz klar, ob auch für Ossius gilt, was Euseb, v.C. III, 21,4 berichtet: ουτω δή συνταξάμενος έπί τα σφών οικεία τοϋς πάντας έπανιέναι ήφίει (GCS Euseb 1/1, 94, 2f. Winkelmann). Er wäre dann direkt von Nizäa aus nach Cordoba zurückgekehrt. Zur Diskussion siehe DE CLERCQ, I.e., 282ff. 94 Daß er aufgrund seiner dogmatischen Unbestechlichkeit und eines damit verbundenen Protestes gegen die Wiederannäherungspolitik Konstantins an die theologischen Positionen Eusebs von Nikomedien (327: Rücknahme des Ediktes gegen Arius) zu Fall gekommen und am Hof in Ungnade gefallen ist, halte ich für völlig ausgeschlossen. Athanasius nennt bei seiner Aufzählung der Opfer der arianischen Intrigen nach 325 (fug. 3; h. Ar. 4-7) den Bischof von Cordoba nicht.

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124 Zweiter Teil

gezogen hatte®5, es in Anbetracht der sich verschärfenden Situation für sinnvoll

gehalten, die Mitarbeit des nunmehr über achtzigjährigen Ossius als eines

bewährten kirchlichen Beraters des Kaiserhauses in zu Anspruch nehmen.

Jedenfalls finden wir ihn 342 in Zusammenarbeit mit Athanasius, Julius von Rom

und Maximin von Trier mit den Vorbereitungen der Synode von Serdika

beschäftigt".

Auf der Synode selbst hat Ossius in seiner Eigenschaft als kaiserlicher Berater

den Vorsitz; bei den Versuchen, doch noch zu einer von beiden Parteien

gemeinsam abgehaltenen Synode zu kommen, tritt er als Verhandlungsführer

auf97. Auch scheint er, wie die (gescheiterten) Kompromißversuche zeigen,

derjenige unter den führenden Bischöfen der Synode gewesen zu sein, der noch

am ehesten an einer Einigung zwischen beiden Parteien interessiert war98.

Die theologische Erklärung der "westlichen" Synode von Serdika geht, wie ich

oben gezeigt habe, in allen Punkten auf die Theologie Markells zurück, der Ν

polemisch aktualisierte, um jede Annäherung der Eusebianer und deren Mehr-

hypostasenlehre an das Nizänum bzw. den Antiarianismus der Mehrhypostasen-

lehre zurückweisen zu können99.

Ossius hat in Serdika jene Theologie Markells mitgetragen, was er auch ohne

weiteres konnte, da ihm Markell ja schon seit Nizäa als energischer Streiter gegen

den Arianismus bekannt war; eine Notiz bei Phoebadius beweist, daß Ossius das

Serdicense als authentische Interpretation von Ν ansah100. Die Frage, inwieweit

Ossius selbst am Zustandekommen dieses Textes beteiligt war, der, wie ich oben

deutlich gemacht habe, östlicher Provenienz ist101, muß wohl eher reserviert

beantwortet werden102. Seine Rolle scheint vielmehr darin bestanden zu haben,

in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Synode und Repräsentant des Konstans

95 Vgl. meine Ausführungen in Kapitel 2 dieser Arbeit. 94 So der östliche Synodalbrief von Serdika, Hil., Coli, antiar. Paris. A IV,1,14,1. 97 Vgl. Kapitel 2 dieser Arbeit, s.o.S. 45. 98 So Ossius in seinem Brief an Konstantius, Ath., hAr. 44, 2-4. 99 Siehe oben Kapitel 2, S. 87ff. 100 Phoeb., C. Ar. 28,2: "Apud Serdicam et Nicaeno tractatui adsessus sit et damnauerit Arrianos" (CChr.SL 64, 51, 9f. Demeulenaere). Dazu der Brief der Ossius und Protogenes aus Serdika an Julius von Rom, EOMIA 1/2, 644 Turner. 101 S.o.S. 87ff. 102 Anders STEAD, Divine Substance, 255.

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3 Ossius von Cordoba 125

deren Verhandlungen zu leiten und die von ihr gefaßten Beschlüsse nach außen

hin zu vertreten; in diesen Zusammenhang gehört sein mit Protogenes von

Serdika zusammen verfaßtes Schreiben an Julius von Rom, das die Aufstellung

der neuen Glaubensformel plausibilisieren und jeden etwaigen Verdacht einer

Eskamotierung von Ν ausräumen soll103.

Unstreitig ist, daß Ossius bei der Aufstellung der Kanones in Serdika, also im

kirchenrechtlichen und kirchenpolitischen Bereich, eine dominierende Rol le

gespielt hat104.

Ossius kehrt nach der Synode von Serdika nach Spanien zurück. Der Liber

Synodicus enthält die glaubwürdige Notiz, er habe dort auf einer Synode die

spanischen Bischöfe über die Vorgänge in Serdika informiert und auf die

entsprechenden Beschlüsse verpflichtet105. Ansonsten hören wir bis 355 nichts

103 Das Schreiben bei Turner, EOMIA 1/2, 644. DE CLERCQ, I.e., 371f., schließt aus dem Brief: "It (seil.: das Serdicense) represents the only document in which the bishop of Cordova expresses his personal views on the doctrinal controversy of his times". Von den persönlichen Auffassungen des Ossius (und Protogenes) ist im Schreiben an Julius aber gar nicht die Rede. Zudem geht das Serdicense unzweifelhaft auf die Theologie Markells zurück, s.o.S. 86ff. 104 Hierzu ausführlich DE CLERCQ, I.e., 376ff. vgl. 408; HESS, Canons, 18ff. 77f. 105 Mansi 3,178: "Quapropter Cordubae episcopus sanetissimus Osius synodum divinam & sanetam episcoporum sua in civitate convocans, divinitus expositam illustravit doctrinam, condemnans eosdem, quos Sardicensis abdieaverat synodus & quos ea absolverat, reeipiens"; vgl. BARNES, Athanasius and Constantius, 262 no. 47 und DE CLERCQ, I.e., 407f. - Die Notiz wird gestützt durch die Tatsache, daß es nach 342 im Westen mehrere Synoden gegeben haben muß, auf denen die Beschlüsse von Serdika (und damit auch das Serdicense) rezipiert wurden; so wohl auch die gallische Synode vom Mai 346 (Conciles Gaulois du IV' siöcle, SC 241, 68ff. Gaudemet - die Geschichte von der Kölner Synode gegen Euphrates ist eine mittelalterliche Fälschung, vgl. BRENNECKE, ZKG 90 [1979], 176ff.), auf der sich 34 Bischöfe zugunsten der Serdika-Beschlüsse erklärten. Ebenso wohl auch die Synode von Karthago (Mansi 3,143ff.; Opitz II, 127 mit nota - das Datum ist vielleicht 345, nach BARDY, ReSR 20 [1940], im Jahre 347, vgl. auch I.e., 51. Zur Prosopographie derjenigen drei Teilnehmer jener Synode, die auch in Serdika anwesend gewesen waren vgl. MANDOUZE, Prosopographie, 544. 414. 794). Ath., apol. sec. 49ff. bietet eine lange Liste von Bischöfen, die nach der Synode von Serdika deren Entscheidungen übernommen hätten - sie enthält überwiegend westliche (und dazu zahlreiche ägyptische) Bischöfe; zur Prosopographie der Teilnehmer von Serdika West selbst vgl. auch meinen Exkurs oben S. 91ff..

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126 Zweiter Teil

von ihm"*. Offenbar verschwindet er abermals für gut zehn Jahre von der

öffentlichen Bühne.

Anfang 350 wurde Kaiser Konstans nach dem Putsch des Generals Magnentius

ermordet107. Auch für die Kirche ergab sich daraus eine neue Situation108. Über

Ossius von Cordoba liegen uns jedoch aus der Regierungszeit des Magnentius

keinerlei Informationen vor109. Ob er kirchenpolitisch beratend für Magnentius

tätig geworden ist, läßt sich nicht sagen.

Als Konstantius am 28. September 351 in der Schlacht bei Mursa Magnentius

besiegt110, wendet sich erneut das Blatt. Magnentius zieht sich zunächst nach

Italien, später weiter nach Gallien zurück111, wo er jedoch im Sommer 353

endgültig von Konstantius geschlagen wird112. Im Herbst 353 ist somit

Konstantius II. Alleinherrscher über das gesamte römische Reich.

Seine kirchenpolitischen, später auch theologischen Ratgeber sind seitdem die

Bischöfe Valens und Ursacius, die schon in den Dreißigerjahren der Mareotis-

kommission gegen Athanasius angehört hatten113 und gegen deren theologische

Vorstellungen das "westliche" Serdicense 342 explizit polemisiert hatte114.

Der Grund dafür, daß die Wahl des Konstantius auf Valens und Ursacius fiel,

dürfte in deren langjähriger Verbindung mit dem östlichen Episkopat (und damit

auch mit Konstantius selbst) zu suchen sein. Zudem hatte Valens von Mursa dem

106 Die Information bei Sokrates (h.e. II, 29) und Sozomenus (h.e. IV, 6), Ossius habe an der ersten sirmischen Synode 351 teilgenommen, beruht auf einem Irrtum, nämlich der Verwechslung mit der sirmischen Synode von 357; dies zeigt die mit Athanasius übereinstimmende Aussage, Ossius habe sich vor der Synode ein Jahr lang auf Befehl des Kaisers in Sirmium aufgehalten. Zum angeblichen Exil des Ossius siehe unten S. 129f. 107 Aurelius Victor, De Caesaribus 41f.; Zosimus, Historia nova II, 42-54. Vgl. KIENAST, Tabelle, 307; SEECK, Regesten, 197; Ausführlich hierüber BASTIEN, Monnayage, 7ff. 108 Zur Usurpation des Magnentius und den Folgen für die Kirche vgl. die Tübinger Dissertation von BRENNECKE, Hilarius von Poitiers und die Bischofsopposition gegen Konstantius II., 65ff. 109 Vgl. DE CLERCQ, I.e., 418ff. 110 KIENAST, Tabelle, 309; SEECK, Regesten, 198; BASTIEN, I.e., 19f. 111 SEECK, I.e., 199. 112 Der Tod des Magnentius am 10.8.353 in Lyon, vgl. KIENAST, I.e., 310. 113 S.O.S. 30 Anm. 25. 114 S.O.S. 63ff.

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3 Ossius von Cordoba 127

Kaiser als erster die Siegesbotschaft nach der entscheidenden Schlacht gegen

Magnentius im September 351 überbracht115.

Die auffälligen Bestrebungen des Konstantius nach 353, so schnell wie möglich

eine Absetzung des Athanasius zu erreichen, sind auf den Verdacht des Kaisers

zurückzuführen, daß der Alexandriner sich der Kooperation mit Magnentius und

damit des Hochverrats schuldig gemacht hatte. BRENNECKE hat darauf

aufmerksam gemacht, daß die Entscheidung der Synode von Arles (353) gegen

den Alexandriner in diesem Zusammmenhang zu sehen ist114. Liberius von Rom,

Nachfolger des 352 verstorbenen Julius117, versuchte durch seine Legaten in

Arles vergeblich, die Verurteilung des Athanasius zu verhindern; er reagierte auf

dieses Scheitern mit dem ihm durch Canon III der westlichen (!) Synode von

Serdika eröffneten Mittel: Einer Appellation an eine große Generalsynode, die

die Entscheidung von Arles überprüfen sollte118. Da auch der Osten Interesse

an einer solchen Generalsynode hatte (man wünschte ein größtmögliches Forum

für die Verurteilung des Athanasius), kam sie schließlich 355 in Mailand

zustande.

Ossius von Cordoba ist auf der Synode von Mailand (wie auch schon auf dem

Konzil von Arles 353119) nicht zugegen gewesen120. Kurz danach muß jedoch ein

Treffen mit Konstantius in Mailand stattgefunden haben, bei dem der Kaiser

vergeblich versuchte, Ossius zur Verurteilung des Athanasius zu bewegen121.

Trotz seiner Weigerung ist Ossius offensichtlich zunächst unbehelligt von Mailand

115 Sulp. Sev., Chron. II, 38, 5-7. 116 Athanasius verteidigt sich apol. Const. 6. 9.11 gegen den Vorwurf, mit Magnentius in brieflichem Kontakt gestanden zu haben; die Briefe seien Fälschungen. Zum gesamten Problem vgl. die ausführliche Analyse bei BRENNECKE, Hilarius, 108ff. 117 SEECK, I.e., 198. 118 Dieses Verfahren des Liberius ging völlig an der Tatsache vorbei, daß die Orientalen die Beschlüsse von Serdika niemals anerkannt hatten und sich somit auch den lärchenrechtlichen Beschlüssen nicht verpflichtet fühlen konnten. Das Zustandekommen der Synode ist nur darauf zurückzuführen, daß auch im Osten ein Interesse daran bestand, das allerdings dem des Liberius völlig zuwiderlief. Vgl. Socr., h.e. II, 36, 2; Soz., h.e. IV, 9, If.; Thdt., h.e. II, 15, 1; Rufin, Hist. X, 21. 119 Vgl den direkt nach der Synode von Liberius an Ossius geschriebenen Brief "Inter haec", überliefert bei HU., Coli, antiar. Paris. Β VII, 5f. (CSEL 65, 167, 1-16). 120 Vgl. DE CLERCQ, I.e., 447f. - Zu den Teilnehmern von Mailand vgl. BRENNECKE, I.e., 165f. Anm. 74 und 76; dort (Anm. 72) auch ein Überblick über die Sekundärliteratur. 121 Ath., h. Ar. 43.

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128 Zweiter Teil

wieder nach Cordoba zurückgereist122. Auf weitere briefliche Versuche des

Konstantius, doch noch eine Verurteilung des Athanasius von ihm zu erwirken,

reagiert er schließlich 356 mit seinem berühmt gewodenen Brief23, in welchem

er derlei Ansinnen in energischer Form zurückweist.

Dieser bei Athanasius überlieferte Brief des Ossius, in der Literatur bis auf

den heutigen Tag als Musterbeispiel für das mutige Eintreten für die libertas

ecclesiae gegen jegliche staatliche Einmischung in Glaubensdinge gerühmt124,

läßt eine solche Bewertung bei näherer Prüfung als gänzlich unbegründet

erscheinen. Zwar insistiert der Bischof von Cordoba in scharfer Form darauf, daß

der Kaiser Konstantius sich in die kirchlichen Angelegenheiten nicht einmischen

solle125, da Gott die staatlichen Angelegenheiten in kaiserliche, die kirchlichen

Dinge jedoch in bischöfliche Hand gelegt habe126; jedoch spricht hier derselbe

Ossius, der Jahre zuvor völlig unbedenklich das staatliche Eingreifen des Kaisers

im Donatistenstreit127, die führende Rolle des Konstantin auf dem Konzil von

Nizäa128 sowie die aktive Parteinahme des Konstans ab 341 nicht nur mitge-

tragen, sondern auch nach Kräften unterstützt hatte1®. Den Kampf um die

"Unabhängigkeit der Kirche" führte man offenbar nur dann, wenn die kaiserliche

Gunst gerade mit der theologischen und kirchenpolitischen Gegenseite verbunden

war130.

122 Ath., h. Ar. 43, 2: και πείσας αϋτόν ανεχώρησεν εις την πατρίδα και τήν έκκλησίαν έαυτοϋ (Opitz II, 207, 8f.). 123 Ath., h. Ar. 44. - KLEIN, Constantius II., 133f., bezweifelt die Echtheit des Schreibens, jedoch ohne zureichende Gründe. 124 So der Sache nach BERKHOF, Kirche und Kaiser, 132; DE CLERCQ, I.e., 451f.; jüngst wieder SIMONETTI, EECh 2 (1992), 626; Mit voUem Recht kritisch KLEIN, I.e., 132ff.; HANSON, I.e., 335 und GIRADET, Hist 26 (1977), 108f. 125 Ath., h. Ar. 44,7 (Opitz II, 208, 18): μή τί9·ει σεαυτόν εις τα έκκλησιαστικά. In diesem Sinne auch das Zitat von Mt 22,21, I.e., 208,22f. 126 Ath., h. Ar. 44,7. 127 s.o.S. 112f. 128 S.o.S. 120f. 129 Darauf hat v.a. KLEIN, I.e., 134f., mit Nachdruck hingewiesen. 130 Sehr treffend HANSON, I.e., 335: "All parties in the Arian Controversy were as ready to champion the freedom of the church when they were out of favour with the Emperor as they were happy to accept his assistance when he supported them." Ahnlich urteilt LORENZ, Osten, 172.

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3 Ossius von Cordoba 129

Auffällig am Ossiusbrief an Konstantius II. ist nun, daß von dogmatischen

Fragen kaum die Rede ist. Nur an drei kurzen Stellen im ganzen Brief31 wird

schlagwortartig von Arianismus oder Häresie gesprochen, ohne daß wir irgend-

einen näheren Anhaltspunkt inhaltlicher Art erhielten. Von der fides nicaena ist

an keiner Stelle die Rede, auch nicht von ihrer 342 formulierten serdicensischen

Interpretation! Beim in dem Brief enthaltenen Bericht des Ossius über das

Konzil von Serdika132 geht es allein um die seinerzeit verhandelten Vorwürfe

gegen Athanasius, die, wie wir oben sahen133 und wie das Schreiben des Spaniers

an Konstantius bestätigt, rein kirchenpolitischer Natur waren134. So sind auch die

in dem Brief wiederholt auftretenden Ressentiments gegen Valens und

Ursacius135 v.a. darauf zurückzuführen, daß Ossius in ihnen die treibenden

Kräfte der Maßnahmen des Konstantius gegen Athanasius erblickte13®.

Nach Darstellung der Historia Arianorum wird Ossius von Konstantius erneut

nach Mailand gerufen und, nachdem er die Unterschrift gegen die Absetzung des

Athanasius weiterhin standhaft verweigert, nach Sirmium beordert, wo er vor der

dort stattfindenden Synode knapp ein Jahr verbringt. Athanasius erweckt in

seinen Exilschriften den Eindruck, als ob es sich dabei um eine Verbannung wie

bei den übrigen Bischöfen des Westens gehandelt habe137. Das Schicksal des

Ossius wird jeweils mit den Fällen der in Mailand Exilierten zusammen-

gestellt13*. Doch die Nachricht vom Exil des Ossius durch eine Nebenbemerkung

in h. Ar. 45 sehr in Frage gestellt: και αντί έξορισμοΰ κατέχει τοϋτον δλον

ένιαυτόν έν τω Σερμίψ13'. Die Wendung αντί έξορισμοΰ widerspricht nun gerade

der Vorstellung eines Exils des Ossius in Sirmium1,10. Und auch aus inneren

131 Ath., h. Ar. 44,1. 8. 11. 132 L.c., 44, 2f. 133 S.O.S. 30ff. 134 L.c., 44, 8 (Opitz II, 208, 26f.): ούτε κατά Ά&ανασίου γράφω, öv ήμεϊς τε και ή 'Ρωμαίων έκκλησία και πίπα. ή σύνοδος έκα&όφισε. Vgl. I.e., 44, 2. 135 L.c., 44, 1. 5. 6. 11. 136 L.c., 44, 11 (Opitz II, 208,37 - 209,1): οδτοι τον ίδιον έχ&ρόν δια σοϋ »έλουσιν άδικεΓν ... 137 Ath., apol. sec. 89; apol. Const. 27; fug. 5. 9; h. Ar. 68. 138 Ausnahme h. Ar. 68, wo nicht direkt vom Exil des Ossius die Rede ist. Es heißt hier nur: ούτος δέ οϋδέ τον τηλικοΰτον "Οσιον ήδέσ9·η (Opitz II, 220, 20). 139 Ath., h. Ar. 45, 4 (Opitz II, 209, 20f.). Vgl hierzu ausführlich ULRICH, ZKG 105 (1994), 143-155. Die Uneinheitlichkeit der Athanasiusberichte übersehen DE CLERCQ, I.e., 456 mit Anm. 177 und BARNARD, Studies, 137f. 140 Gegen DE CLERCQ, I.e., 456f. und BRENNECKE, I.e., 168.

Page 142: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

130 Zweiter Teil

Gründen ist eine solche Annahme unwahrscheinlich. Immerhin nimmt Ossius an

der Synode teil. Und für das Verhalten des Konstantius ergäbe sich bei Annahme

eines Exils des Ossius 356/7 in Sirmium, daß Konstantius ihn 355 nach der

Weigerung, gegen Athanasius zu unterschreiben, unbehelligt nach Cordoba habe

ziehen lassen, ihn 356 nach derselben Weigerung ins Exil geschickt habe, um ihn

357 nach der abermaligen Weigerung wieder in Frieden nach Cordoba ziehen zu

lassen - eine ziemlich unsinnige Sequenz.

Die Schwierigkeiten, die sich durch die Uneinheitlichkeit der Athanasius-

berichte und die inneren Ungereimtheiten bei Annahme eines Ossius-Exils

ergeben, lösen sich auf, wenn man vermutet, daß Konstantius Ossius 356 zur

sirmischen Synode vorausgeschickt hat und der spanische Bischof dieser

Aufforderung freiwillig Folge leistete. Es ist durchaus denkbar, daß Konstantius

die Dienste des greisen Bischofs, der schon zu Zeiten seines Vaters Konstantin

erfolgreich bei der Wiederherstellung der kirchlichen Einheit tätig geworden war,

für das Werk der kirchlichen Einigung in Anspruch zu nehmen gedachte. Eine

gewisse Wertschätzung des Kaisers für den greisen Kirchenmann wird man trotz

des Streites in der Athanasiusfrage keinesfalls ausschließen dürfen141.

Auf der Synode von Sirmium im Jahre 357 hat Ossius von Cordoba die

sogenannte zweite sirmische Formel, ein homöisches Bekenntnis142,

unterschrieben, die Verurteilung des Athanasius aber durchaus weiterhin

standhaft verweigert. Die Unterschrift des Spaniers unter die theologische

Deklaration von Sirmium ist als der "Fall des Ossius" in die Dogmengeschichts-

schreibung eingegangen143. Der Darstellung des Athanasius, daß der nunmehr

141 έπιπλήξας και πείσας αΰτόν ... Ath., hAr. 43,2 (Opitz II, 207,8); darin steckt doch wohl mehr als bloßer "hagiographischer" Topos. Vgl. ULRICH, I.e., 151. 142 Zu dieser Formel siehe mein Phoebadiuskapitel, S. 161ff. DE CLERCQ, I.e., 456. 504, und ders., DHGE 16 (1967) 786, interpretiert die Formel völlig falsch als anhomöisch. 143 Besonders anrührend und doch zugleich symptomatisch für diese Sicht die Formulierung BARDENHEWERs, Geschichte III, 393: "Dort (sc.: in Sirmium; Vf.) gelang es, den Stern der Katholiken zu Fall zu bringen." Ähnlich BARDY, Irdnikon 16 (1939), 414.

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3 Ossius von Cordoba 131

100jährige Greis mit Gewalt zu diesem Einlenken gezwungen worden sei144, sind

die Kirchenhistoriker bis auf den heutigen Tag weitgehend gefolgt145. D o c h

erheben sich gegen diese (m.E. ganz unmögliche) Sicht einige schwerwiegende

Einwände:

1. Der wichtigsten und m.E. unwiderlegbaren Beweis gegen die gewaltsame

Erzwingung der Unterschrift des Ossius unter die homöische Formel von

Sirmium sehe ich in der Tatsache, daß der Spanier in der Athanasiusfrage

beharrlich (in der Tat äußerst mutig) dem Willen des Konstantius

zuwiderhandelte146. Es ist nicht denkbar, daß er mit Gewalt zur Unterschrift

unter die Glaubensdeklaration gebracht wurde, wenn ihm dieselbe Gewalt in

der Athanasiusfrage offenbar nicht das geringste Nachgeben aufzunötigen

vermochte147.

2. Phoebadius von Agen, der schon sehr bald nach den Ereignissen von Sirmium

seine Schrift "Contra Arrianos"148 verfaßte und sich in diesem Zusammenhang

auch zur Unterschrift des Ossius äußert, weiß nichts von Anwendung von

Gewalt. Er teilt nur seine Enttäuschung darüber mit, daß Ossius gegenüber

dem in Serdika Festgestellten offenbar seine Meinung geändert habe149.

144 Ath., fug. 5,3: πληγας και συσκευας (Opitz II, 71, 15); apol. sec. 89, 4: ύβρεις και πληγαϊ (Opitz II, 167, 24); h_Ar. 45: τοσαίιτην γαρ βίαν πεποίηκε (seil.: Konstantius) τφ γέροντι (Opitz II, 209, 24f.). Vgl. Socr., h.e. 11,31 und Soz. h.e. IV,6. BARNARD, I.e., 137, stellt die Frage nach dem Hintergrund der Athanasiusberichte und antwortet unbefangen: "Athanasius was naturally interested in the fate of Ossius, his foremost supporter in the West, and would have sought information concerning the events at Sirmium." Man muß hier aber doch wohl schärfer nach der Intention fragen, die für Athanasius bei Darstellung der ihm vorliegenden Berichte, welcher Art auch immer sie gewesen sein mögen, interesseleitend gewesen sein kann. Daß er seine Gegner als möglichst brutal und moralisch verwerflich darstellen will, liegt auf der Hand. Dann aber wird ein für den Unterschied zwischen der Darstellung von Geschichte und der Geschichte selbst sensibilisiertes Bewußtsein seine Texte mit größerer Vorsicht aufnehmen, als dies bei BARNARD (u.v.a.) geschieht. 145 Die These taucht in verschiedenen (weil unterschiedliche Mutmaßungen über die Gründe für den "Fall" des Ossius anstellenden) Varianten immer wieder von neuem auf: HANSON, I.e., 338, macht das Alter des Ossius geltend, um sein "yielding to imperial pressure" besser erklären zu können; RITTER, ThR 55 (1990), 177, kann die Unterschrift des Spaniers nur mit Anwendung von Gewalt erklären, weil er ihn als jahrzehntelangen Verfechter der nizänischen Orthodoxie sehen will. - DE CLERCQ, Ossius, 474-525, bringt eine ausführliche Sichtung der Quellen und der gelehrten Positionen. 146 Ath., fug. 5,2: οϋχ υπέγραψε ταίς κα&' ήμών έπιβουλαίς (Opitz II, 71, 14); vgl. hAr. 45,5. 147 Vgl. WALKER, StudPatr 9 (1966), 319; LOHR, Entstehung, 61. 148 CChr.SL 64, 23-52. Zur Analyse siehe oben unter 5. 149 Phoeb., C. Ar. 28,3: "diversa nunc sentit" (CChr.SL 64, 51, 10 Demeulenaere).

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132 Zweiter Teil

3. Hilarius von Poitiers nennt zunächst Ossius, gemeinsam mit Potamius von

Lissabon, den Verfasser der sirmischen Formel150; später spricht er von den

"deliramenta Osii et incrementa Ursacii ac Valentis"151. Von Gewalt gegen

Ossius ist gleichwohl nirgends die Rede.

4. Spätere luziferianische Quellen stufen das Verhalten des Ossius (im Kontrast

zur Standhaftigkeit ihres Führers Gregor von Elvira gegenüber den

Beschlüssen von Rimini 359)152 als "impia praeuaricatio"153 ein, ohne dabei

von Gewalt zu sprechen1".

5. Der vielzitierte und vielgerühmte Brief des Ossius aus dem Jahre 356, der die

Unnachgiebigkeit des Spaniers v.a. in der Athanasiusfrage zeigt und der

insofern auch völlig zu Recht in der Literatur als Zeugnis für große

Überzeugungstreue bewertet wird155, steht nicht in unauflösbarem Wider-

spruch zu seinem Verhalten in Sirmium156; denn auch 357 ließ sich Ossius

nicht zu einer Verurteilung des Athanasius herbei.

6. Die Karriere des Ossius zwischen 324 und 357 läßt keinen Rückschluß auf eine

invariable konkrete trinitätstheologische Position zu157. Daher ist seine

150 HU., Syn. 3. 11. 151 HU., C.Const. 23; PL 10, 599 B. 152 Siehe über die Synode von Rimini mein Phoebadiuskapitel in dieser Arbeit unter 5. und zu Gregor von Elvira unten unter 6. 153 Faustinus, Lib. prec. 33 (CChr.SL 69, 368, 289 Simonetti/Guenther). 154 DE CLERCQ streitet dem "LibeUus precum" wegen seiner "obviously biased nature" (I.e., 456; vgl. 485. 527) jegliche Glaubwürdigkeit ab. Natürlich ist der Bericht tendenziös: Die Luziferianer wollen ihren Helden Gregor in bestes Licht tauchen und setzen die "Verräter" an der "Orthodoxie" möglichst scharf davon ab. Gleichwohl sehe ich keinen ernsthaften Grund für Faustinus, etwaige Informationen über eine Nötigung des Ossius durch Valens oder Konstantius zu unterdrücken, außer dem, daß er sie nicht besaß. 155 Vgl. z.B. DE CLERCQ, I.e., 449.451 und - differenzierter - RITTER, I.e., 177; anders KLEIN, I.e., 134f. 156 Gegen DE CLERCQ, I.e., 523. 157 Darauf hat jüngst LOHR, I.e., 61, aufmerksam gemacht: "Das Bild des Ossius als eines unwandelbar zur im Nicaenum definierten Orthodoxie stehenden Bischofs, der nur im hohen Alter und in völliger körperlicher Erschöpfung die 2. simische Formel signierte, hält einer Überprüfung nicht stand. In Wirklichkeit war Ossius (...) ein äußerst wendiger Bischof, dessen Unterschrift unter Glaubensformeln ganz verschiedenen Inhalts steht: (...) Ossius war der 'Hofbischof par excellence; ihm lag eine geeinte Reichskirche wirklich am Herzen." RITTER, I.e., 177, hat ihm daraufhin Zynismus vorwerfen zu müssen gemeint: "In diesem Zusammenhang gestattet sich LOHR einen Zynismus, der weit über das hinausgeht, was man bisher über die (...) Unterzeichnung des 2. Sirm. durch den greisen (...) Ossius (...) hat lesen können. (...) Eine schlimmere Verkennung der Tatsachen ist m.E. kaum denkbar! (...) Noch ein Jahr vor Sirmium 357 richtet er seinen berühmten mutigen Brief an Konstantius (...). Wenn er nun eine Formel unterzeichnete, die nicht nur das nizänische homoousios nicht enthielt (...), sondern auch jede positive Bestimmung der Einheit von

Page 145: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

3 Ossius von Cordoba 133

freiwillige Unterschrift unter das Bekenntnis von Sirmium durchaus denkbar,

sofern er damit die ihm am Herzen liegende Einheit der Kirche fördern

konnte. Womöglich lag ihm gar der schlichte Biblizismus der Deklaration15®

näher als die philosophisch-abstrakte Spekulation über die Usia-Frage, die

zudem seit nunmehr über 30 Jahren nur Streit und Unfrieden gewirkt hatte.

Die vorgelegten Argumente lassen eine freiwillige Unterschrift des Ossius unter

das Bekenntnis von Sirmium durchaus wahrscheinlich werden.

Nach der Synode von Sirmium ist Ossius nach Cordoba zurückgekehrt. Wohl 358

ist er dort, 102jährig, gestorben159.

Der Versuch einer dogmengeschichtlichen Würdigung der Persönlichkeit Ossius

von Cordoba wird zunächst klar in Betracht ziehen müssen, daß wir von dem

spanischen Bischof keine eigentlich theologischen Aussagen, geschweige denn

trinitätstheologische Texte oder Traktate besitzen. Es ist deshalb methodisch

äußerst riskant, nähere Aussagen über seine theologischen Positionen zu machen.

Die vorgelegte Analyse hat gezeigt, daß er den trinitätstheologischen Streit wohl

zunächst (wie Konstantin) als spitzfindiges Theologengezänk von untergeordneter

Bedeutung eingestuft hat. Nach dem persönlichen Besuch in Alexandrien 324/5

Vater und Sohn vermied, dann muß Gewalt angewendet worden oder aber ein psychischer Zusammenbruch erfolgt sein." - Gegen RITTER ist einzuwenden, daß der Brief von 356 eben nicht dem Verhalten von 357 widerspricht (Athanasiussache!). Insofern müßte man doch noch nach anderen Erklärungsmöglichkeiten als der der Gewaltanwendung Ausschau halten - und müßte dann auf die theologische "Architektur" des Ossius zu sprechen kommen, der zwar prinzipiell gegen den Arianismus votierte (und dies in der Tat überzeugungstreu!), damit aber keine näheren festen Optionen verband, die über die Jahrzehnte stets gleich geblieben wären. Von einem konsequenten Festhalten des Ossius am nizänischen homoousios kann jedenfalls keine Rede sein - weder in Serdika gegenüber Markell noch in Sirmium gegenüber Vellens und Ursacius. Und daß Sirm. II keine postitive Bestimmung der Einheit von Vater und Sohn enthielt, könnte sich m.E. durchaus noch innerhalb des theologischen Toleranzrahmens des Spaniers bewegt haben, sofern ihn die Homöer in Sirmium von ihrer antiarianischen Haltung und von der Unfruchtbarkeit der Usia-Spekulation überzeugen konnten. 158 Zur zweiten sirmischen Formel vgl. den Exkurs in meinem Phoebadiuskapitel, s.u.S. 161ff. 1W Die auf 358/9 zu datierende h. Ar. weiß bereits von seinem Tod, unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Geschichte, daß Ossius auf seinem Sterbebett den Arianismus noch einmal verdammt habe (Ath., h. Ar. 45,5).

Page 146: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

134 Zweiter Teil

ändert sich diese Einschätzung. Von nun an wird er zum dezidierten Gegner des

Arianismus, ohne daß man sicher sagen könnte, was sich an positiven

Vorstellungen mit dieser polemischen Grundhaltung verbunden haben mag. In

Antiochien ist er, wenn ich recht sehe, noch von Alexander beeinflußt; in Nizäa

ist er als Synodenvorsitzender an der Einigung auf das Nizänum beteiligt, das sich

theologisch im ganzen mehr von Markell und Eustathius geprägt zeigt. Die

Einfügung des ομοούσιος in Ν rechtfertigt, sollte sie auf Ossius in seiner

Eigenschaft als kaiserlicher Berater zurückgehen, keinen Rückschluß auf eine

positive theologische Festlegung des Ossius in einer bestimmten Richtung.

In Serdika finden wir Ossius auf der Seite der strengen, rein markellischen

Einhypostasentheologie des Serdicense. In einem Schreiben an Julius rechtfertigt

er die Aufstellung dieses Textes als nicht gegen Ν gerichtet. Damit ist aber, nicht

gesagt, daß das Serdicense in allen Punkten seine eigenen persönlichen Überzeu-

gungen widerspiegelte. In den Gesprächen mit der östlichen Seite über eine

Wiederaufnahme der Verhandlungen zeigt er sich kompromißbereit. Im übrigen

scheint er in Serdika-West v.a. mit kirchenrechtlichen Fragen befaßt gewesen zu

sein. Das Beschlüsse von Serdika gelten ihm ihm nach 342 als verbindlich; auf

einer Synode in Spanien verpflichtet er einige seiner spanischen Mitbischöfe

darauf.

In der Zeit unter Konstantius wird Ossius wiederholt aufgefordert, gegen

Athanasius zu unterschreiben, was er unter Berufung auf die Eigenständigkeit

kirchlicher Entscheidungen und auf das Urteil von Serdika energisch und mutig

ablehnt. Auf der Synode von Sirmium unterschreibt er 357 die homöische

Einigungsformel, die er sicher nicht selbst verfaßt hat; ob er ihre theologischen

Optionen teilte oder sie nur billigend in Kauf nahm, um die Einheit der Kirche

zu fördern, läßt sich nicht sagen. In der Athanasiusfrage bleibt er seinen

Überzeugungen treu.

Ossius von Cordoba begegnet uns als kirchlicher Berater des Konstantin und

Konstans; auch bei Konstantius scheint er einige Wertschätzung besessen zu

haben. Bewährt hat er sich besonders als Synodalvorsitzender und Verhandlungs-

Page 147: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

3 Ossius von Cordoba 135

führer in Kirchendingen. Er ist gleichsam Repräsentant der diversen Versuche

kaiserlicher Einigungspolitik zwischen 324 und 357.

Theologisch wissen wir von Ossius von Cordoba nicht mehr, als daß er seit

seiner Begegnung mit Alexander 324 gegen den Arianismus gewesen ist. An

dieser Haltung hat sich bis an sein Lebensende nichts geändert. Es ist aber nicht

möglich, aus dieser fast schlagwortartigen Abgrenzung nähere Rückschlüsse auf

seine eigenen trinitätstheologischen Vorstellungen zu ziehen. Immerhin konnte

er sich unter der Voraussetzung des Antiarianismus im Laufe seiner Karriere an

unterschiedlichste theologische Postitionen anschließen, vom Origenismus

Alexanders von Alexandrien bis zur Einhypostasenlehre Markells auf der einen

und zur homöischen Theologie auf der anderen Seite.

Für unsere Frage nach der abendländischen Rezeption des Nizänums ist für die

Person des Ossius festzuhalten: Entgegen den in der Literatur überwiegend

begegnenden Thesen kann man über den Bischof von Cordoba nicht mehr sagen,

als daß er grundsätzlich gegen den Arianismus war; diese Botschaft hat er sicher

auch in den Westen importiert. Ihr verdankt sich seine Wertschätzung als

unerschrockener Kämpfer für die Orthodoxie des Nizänums; doch hat diese

Sichtweise in dem wenigen, was wir aus den Quellen über sein Leben und über

seine Theologie ermitteln können, keinen Anhalt. Sie beruht auf einer

Rückprojektion aus späterer Zeit (nach dem Tode des Ossius), als sich das

Nizänum als Hort der Orthodoxie überall durchgesetzt hatte und die Gleichung

Antiarianismus = Ν = Theologie des Ossius plötzlich plausibel erschien.

Für die leitende Fragestellung dieser Arbeit erbringt dieser Befund ein gleichsam

"negatives" Ergebnis: Trotz der unbestritten großen Bedeutung des Ossius im

Bereich der Diplomatie und der Kirchenpolitik, besonders im Verhältnis

Kirche/Staat im 4. Jahrhundert, trägt die Gestalt des Bischofs von Cordoba für

die dogmengeschichtliche Frage nach der abendländischen Rezeption des

Nizänums, an dessen Entstehung er doch unmittelbar mitbeteiligt gewesen ist,

überraschend wenig aus.

Page 148: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

4 Hilarius von Poitiers und seine Interpretation des Nizänums

im "Liber 1 adversus Valentem et Ursacium" und in "De Synodis"

D i e ersten Spuren einer selbständigen literarischen Auseinandersetzung

westlicher Theologen mit den Fragen des arianischen Streites führen nach

Gallien. Es sind die aquitanischen Bischöfe Hilarius von Poitiers (in se inem im

Exil entstandenen "Liber 1 adversus Valentem et Ursacium)1 und Phoebadius von

A g e n (mit seiner Schrift "Contra Arrianos)2, die sich gegen die von ihnen als

arianisch eingestufte Theologie der 2. sirmischen Formel3 aus dem Jahre 357

stellen. D i e äußere Voraussetzung hierfür ist die Ausbreitung des arianischen

Streites nach Gallien im Zusammenhang mit einer generellen Verlagerung des

Schwerpunktes des Imperium Romanum nach Westen in den 50er Jahren des 4.

Jahrhunderts, auf die hier kurz eingegangen werden soll.

1 Siehe hierzu oben unter 4. Der Liber 1 ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erst auf die Jahreswende 357/8 zu datieren. BRENNECKE, Hilarius, 301ff. (hier auch die Auseinandersetzung mit der gesamten diesbezüglichen Literatur) hatte im Rahmen seiner Tübinger Dissertation in einem ausführlichen Beweisgang bereits die traditionelle vorexilische Datierung des Liber I mit erheblichen Zweifeln konfrontiert. Man kann seine Einwände m.E. durch die Beobachtung verstärken, daß sich die Polemik des Phoebadius gegen Sirm II mit der des Hilarius in seinem Dossier über die Synode von Serdika und der darin enthaltenen Auseinandersetzung mit einer gegnerischen Glaubenserklärung (Hil., Coli, antiar. Paris. B, 11,9 und 11; siehe oben S. 143ff.) bis in den Wortlaut hinein gleicht, wie unten, 181f., gezeigt werden wird. Dann aber ist es wahrscheinlich, daß beiden Gegenschriften dieselbe "arianische" Formel vorlag; auch wenn diese aus dem kurzen Hilariustext selbst nicht mehr sicher zu identifizieren ist, mu£ es sich, das zeigt der Phoebadius-Text, um Sirm II handeln. Da Sirm II in den Oktober 357 und Phoebadius, C Ar. in das Frühjahr 358 gehört, kommt für das Serdika-Dossier des Liber I des Hilarius die Mitte zwischen beiden Terminen, also die Jahreswende 357/8 in Betracht. - Zum Verständnis des Hilarius von Ν im Liber I und später in De Synodis s.u. S. 140ff. 2 CChr.SL 64, Turnhout 1984, 3-52 Demeulenaere. 3 Zu dieser Formel vgl. meinen Exkurs in c. 5 dieser Arbeit, s.u.S. 161ff.

Page 149: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

4 Hilarius von Poitiers 137

4.1 D i e Ausbreitung des arianischen Streites nach Gallien

D i e früheste Notiz über die Ausbreitung des Streites nach Gallien führt zur

Kölner Synode aus dem Jahre 346\ Vorher erfahren wir nur von der Teilnahme

des Verissimus von Lyon in Serdika5, von den Aktivitäten des Trierer Bischofs

Maximin (in dessen Eigenschaft als abendländischen Bischofs der kaiserlichen

Residenzstadt) im Vorfeld der Synode von Serdika6 sowie von der Anwesenheit

eines Nikasius aus Gallien beim Konzil von Nizäa7. In der "apologia secunda"

teilt nun Athanasius im Zusammenhang der Liste der Bischöfe von Serdika mit,

daß 34 gallische Bischöfe den Beschlüssen der westlichen Synode von Serdika

beigetreten seien und somit mit ihm in Gemeinschaft standen8. Jene Synode fand

am 12.5.346 an e inem uns nicht bekannten Ort in Gallien statt'. Leider fehlen

bei Athanasius die Bischofssitze der Teilnehmer, so daß wir die Herkunftsorte

jener gallischen Bischöfe nicht genauer identifizieren können10. Es ist aber wohl

davon auszugehen, daß die 34 Bischöfe den sich gerade erst konstituierenden und

4 Zur Datierung der gallischen Synode auf den 12.5.346 vgl. Concilia Galliae, CChr.SL 148, 26 Munier und Conciles Gaulois du IVe sifccle, SC 241, 68 Gaudemet. Zur hieraus erwachsenen frühmittelalterlichen Fälschung einer Kölner Synode gegen Euphrates siehe unten Anm. 10. 5 HU., Coli, antiar. Paris. Β 11,4 No. 53 (CSEL 65, 138, 9 Feder; Vgl. EOMIA 1/2, 558f. Turner). 6 Vgl. oben S. 39. 7 Vgl. die von GELZER erstellte Liste in Patrum Nicaenorum Nomina, ed. GELZER/HILGENFELD/CUNTZ, Leipzig 1898, LXff., No.218. Siehe EOMIA 1/1, 90f. No. 216 Turner. Vgl. oben in dieser Arbeit S. 19f. 8 Ath., apol.sec. 49,1. 9 Zu den Problemen von Datum und Ort dieser Synode vgl. die folgende Anm. 10 Nicht geeignet für einen solchen Versuch ist die Liste der angeblichen Synode von Köln gegen Euphrates, deren 24 Unterschriften mit denen bei Athanasius übereinstimmen und auf der nun allerdings auch die Bischofssitze angegeben sind (Conciles Gaulois, SC 241, 70; Concilia Gallicae, CChr.SL 148, 27,1-15). Jedoch ist weder von der Echtheit der Akten über die Verurteilung des Bischofs Euphrates von Köln noch von der der entsprechenden Liste auszugehen. BRENNECKE, ZKG 90 (1979), 176-200 hat gezeigt, daß ein frühmittelalterlicher Fälscher, dem die Athanasiusnamen in einer abendländischen Sammlung (vielleicht den Collectanea antiariana Parisana des Hilarius, vgl. DUCHESNE, RHE 3 [1902], 28) mit Datum vom 12.5.346 vorlagen, 24 ihm als Bischofssitze bekannte Städtenamen auf die Athanasius liste verteilt hat (vielleicht hat jener Fälscher nur deshalb nicht alle 34 bei Athanasius genannten Bischofsnamen in die Kölner Liste übernommen, weil ihm nicht mehr als 24 Bischofsstädte in Gallien bekannt waren); die Fälschung der Akten über die angebliche Kölner Entscheidung gegen Euphrates mitsamt der dazugehörigen Liste gehört in die Auseinandersetzung zwischen den Erzbistümern Trier und Köln um den Primat von Gallien und Germanien zur Zeit der ottonischen Reichskirche. Der Argumentationsgang BRENNECKEs braucht für unseren Zusammenhang hier nicht im einzelnen nachgezeichnet zu werden.

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138 Zweiter Teil

konsolidierenden gallischen Episkopat" relativ weitgehend und vollständig

repräsentierten.

Die gallische Synode von 346 Schloß sich Athanasius zufolge den Beschlüssen

von Serdika West an, worunter man v.a. die 342 beschlossene Unbedenklichkeits-

erklärung zugunsten von Athanasius und Markeil wird verstehen dürfen. Daß zum

Beitritt zu den Beschlüssen von Serdika auch eine Unterschrift unter das

Serdicense gehörte, ist sehr wahrscheinlich12, wenn auch nicht mehr ganz sicher

beweisbar. In den auf 346 folgenden Jahren hören wir aus Gallien von

theologischen Debatten zunächst nichts, wie wir ja auch generell über die

kirchlichen Verhältnisse in Gallien in der Mitte des 4. Jahrhunderts kaum etwas

wissen13.

Der Allgemeinzustand der gallischen Provinzen des Imperium Romanum in

der Mitte des vierten Jahrhunderts ist insgesamt, mit Ausnahme der kaiserlichen

Residenzstadt Trier, als einigermaßen trostlos zu bezeichnen, wie v.a. Julian14,

Ammianus Marcellinus15 und Zosimus16 bezeugen17. Die kirchlichen

Verhältnisse mögen dieser Sachlage im Ganzen entsprochen haben18.

Seit der Usurpation des Magnentius 350-35319 verlagert sich jedoch der

Schwerpunkt der politischen, kirchenpolitischen und damit dann - etwas später

- auch der theologischen Auseinandersetzungen in den Westen. Kaiser

Konstantius, ständig in innere und äußere militärische Konflikte verwickelt, hält

11 Vgl. DUCHESNE, Fastes episcopaux I, Iff. - Gallien ist bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts insgesamt noch relativ wenig und je nach Region unterschiedlich stark christianisiert und so auch kaum kirchlich organisiert. Auf dem Konzil von Arles 314 hatten sich immerhin 16 Vertreter gallischer Bistümer mit der Donatistenfrage befaßt, vgl. SC 241, 56ff., dazu auch DEMOUGEOT, RAC 8 (1972), 899. Erst seit der Mitte des 4. Jahrhunderts ist eine gewisse Anzahl von Bischofssitzen in Gallien bekannt; vgl. DUVAL, Gallien, 336f. und DUCHESNE, Fastes I-III. 12 Ath., apol. sec. 50,4: Οί μέν ουν τοΓς üjtö της συνόδου γραφεΓσιν ϋπογράψαντες οδτοι (Opitz II, 132,4) scheint die Unterschriften unter alle Beschlüsse der Synode (also einschließlich des Serdicense) zu implizieren. 13 DEMOUGEOT, RAC 8 (1972), 899ff. 14 Ep. 45. 15 Römische Geschichte 15,12; 17,3. 16 Hist. Nov. III, 3. 17 Vgl. DEMOUGEOT, I.e., 822ff. 18 DEMOUGEOT, I.e., 899ff. 19 Vgl. oben S. 126. Über Magnentius BASTIEN, Le monnayage de Magnence (350-353), Wetteren 1964.

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4 Hilarius von Poitiers 139

sich seit 353 überwiegend in Mailand und Arles auf20, im April 357 findet sein

berühmter Rombesuch statt21; erst 357 ist er wieder in Sirmium anzutreffen22.

V o n den politischen Kämpfen und Umbrüchen jener Jahre ist die westliche

Synodalgeschichte seit 353 tief geprägt. So geht es auf den Synoden von Arles

(353)* und Mailand (355)M ausschließlich um die Verurteilung des der

Konspiration mit Magnentius verdächtigen Athanasius25 durch den westlichen

Episkopat24. U n d auch auf der Synode von Beziers (356)" stehen bei der

Verurteilung des Hilarius politische, keine dogmatischen Fragen im

Vordergrund28; im Grunde genommen kann man erst ab 357, als (offenbar auf

Betreiben des Konstantius)29 die sich nunmehr abzeichnende kirchliche Einheit

auch durch eine gemeinsame theologische Erklärung beschlossen werden soll30

und zu diesem Zwecke die 2. sirmische Formel aufgestellt und mit der

Aufforderung zur Unterschrift im Reich herumgeschickt wird, davon sprechen,

daß der gallische Episkopat nun auch in die theologische Debatte eintritt: In

se inem "Liber 1 adversus Valentem et Ursacium" bietet der aquitanische Bischof

20 Vgl. KIENAST, Kaisertabelle, 310; SEECK, Regesten, 199ff. 21 KIENAST, I.e., 310; SEECK, I.e., 204. 22 SEECK, I.e., 204. 23 Conciles Gaulois, SC 241, 82. 24 Socr., h.e. 11,36,2; Soz., h.e. IV,9,lf.; Thdt., h.e. 11,15,2. 25 Ath., apol. Const. 6.9.11.19-26. Außerdem liegen gegen Athanasius folgende Vorwürfe vor: Das Betreiben, die Brüder Konstantius und Konstans zu entzweien, das Abhalten eines Gottesdienstes in einer noch nicht geweihten Kirche in Alexandrien, und die Weigerung, der kaiserlichen Vorladung nach Mailand Folge zu leisten. - Zur apol. Const, vgl. auch HAGEL, Kirche, 41ff. 26 Vgl. ausführlich hierüber BRENNECKE, Hilarius, 133ff. 27 Conciles Gaulois, SC 241, 86. Die einzigen Notizen über diese Synode bei Hil., Const. 2; Hier., Chron. ad 356; Vir.IU.100; Sulp. Sev., Chron. II, 39,7; Soz., h.e. IV,9,4; Rufin, Hist. X,21. 28 Seit CHADWICK, RGG III (31959), 317 scheint sich die Meinung durchzusetzen, daß Hilarius wegen politischer Verdächtigungen verurteilt wurde, vgl. KLEIN, Constantius, 125f., BRENNECKE, I.e., 242 sowie TRE 15 (1986), 316 und WILLIAMS, JEH 42 (1991), 202ff.; anders DOIGNON, RHE 80 (1985), 446ff. Möglicherweise hat es sich um den Vorwurf der Konspiration mit dem Usurpator Silvanus (Köln: August 355) gehandelt (vgl. zur Silvanususurpation Amm. Marc., Rom. Geschichte XV,5,1 - 6,4). Klar ist, daß es nicht um die Athanasiussache gegangen sein kann, weil Hilarius Ad. Const. 2 sagt, er sei wegen falscher Verdächtigungen verurteilt worden. 29 Soz., h.e. IV, 11. 30 BRENNECKE, Hilarius, 315, hat in diesem Zusammenhang auf eine interessante Parallele zwischen Konstantius und seinem Vater Konstantin aufmerksam gemacht: Beide versuchen, nachdem sie nach jeweils zwanzigjährigen Kämpfen das Reich endlich in ihrer Hand vereinigt haben, die kirchliche Einheit durch Beschluß einer für alle verbindlichen und von allen zu akzeptierenden theologischen Formel zu gewährleisten.

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140 Zweiter Teil

Hilarius von Poitiers31 von seinem Exil im Osten aus eine Auseinandersetzung

mit der 2. sirmischen Formel32, in deren Zusammenhang nun auch das Nizänum,

wohl erstmals im Westen, eine zentrale Rolle spielt.

Eine Würdigung der gesamten Trinitätstheologie des Hilarius von Poitiers, wie sie v.a. aus seiner Hauptschrift "De trinitate"33 zu erheben ist, bedürfte einer ganz eigenen Untersuchung und kann im Rahmen der Fragestellung dieser Arbeit nicht geleistet werden. Zudem ist die Trinitätslehre des Hilarius in den Arbeiten von SMULDERS34, LÖFFLER33 und JACOBS36 bereits ausführlichen Analysen unterzogen worden.

In dieser Arbeit soll demgegenüber, der Gesamtintention der Untersuchung entsprechend, das Augenmerk vornehmlich auf die Überlieferungen und Interpretationen von Ν gelegt werden, die Hilarius einmal im "Liber 1" und dann, im Jahre 359", in seiner Schrift "De synodis" gibt. "De trinitate" soll im folgenden nur ergänzend herangezogen werden.

4.2 Hilarius Überlieferung und Interpretation von Ν

im "Liber 1 adversus Valentem et Ursacium"

Nach seiner Absetzung auf der Synode von Beziers im Jahre 356M und dem sich

anschließenden Verbannungsurteil39 mußte Hilarius offenbar direkt den Weg ins

Exil nach Asien antreten. Immerhin scheint er dort, zumindest im Vergleich mit

31 Die biographischen Informationen über Hilarius vor dessen Exil 356 sind äußerst spärlich. Eine ausführliche Diskussion der wenigen Hinweise in den Quellen bieten BORCHARDT, Role, 1-17 und MESLIN, Hilaire, 19-26; hier auch die Auseinandersetzung mit der älteren Literatur. Festzustehen scheint, daß Hilarius zwischen 300 und 320 in Poitiers in Aquitanien geboren wurde, aus einer vornehmen heidnischen Familie kam, eine gute rhetorische und philosophische Bildung genoß und sich als Erwachsener taufen ließ. Er ist wohl nicht lange vor 356 zum Bischof von Poitiers gewählt worden und war vermutlich der erste Bischof seiner Diözese. 32 Vgl. oben Anm. 1. 33 CChr.SL 62 / 62 A, Turnhout 1979 / 1980. Ed. Smulders. 34 La doctrine trinitaire de S. Hilaire, Rom 1944. 35 Die Trinitätslehre des Bischofs Hilarius von Poitiers zwischen Ost und West, Diss. ev. theol. Bonn 1958. Eine Kurzfassung in ZKG 71 (1960), 26-36. 36 Hilary of Poitiers and the Homoeousians. A Study of the Eastern Roots of his Ecumenical Trinitarism, Diss. Atlanta 1968. 37 Zur Datierung s.u. Anm. 84. 34 Vgl. hierzu BRENNECKE, Hilarius, 223ff. 39 GIRARDET, Constance II., 84ff. hat überzeugend dargelegt, daß das Verbannungsurteil nach der Absetzung und Exkommunikation durch die Synode von einem staatlichen Gericht gefällt worden sein muß.

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4 Hilarius von Poitiers 141

den in Arles (353) und Mailand (355) Verurteilten40, milde behandelt worden zu

sein und relativ große Freiheit genossen zu haben41; eine rege literarische

Tätigkeit42, auch im Austausch mit den Bischöfen seiner gallischen Heimat43, ist

sicher bezeugt. Das erste Dokument dieses Austausches ist der aus den

Collectanea antiariana Parisina herauszufilternde "Liber 1 adversus Valentem et

Ursacium"44.

Der "Liber 1" ist eine Auseinandersetzung mit der durch Valens und Ursacius

repräsentierten homöischen Theologie, sonderlich in ihrer durch die zweite

sirmische Formel fixierten Gestalt45. Ein wichtiger Gesichtspunkt in dieser

Auseinandersetzung ist für Hilarius die Berufung auf die "westliche" Synode von

Serdika 342. Deshalb bringt er im "Liber 1" einen größeren geschlossenen Block

mit Dokumenten über diese Synode44. Das Textstück bietet im einzelnen die

folgenden Dokumente47:

Β 11,1: Synodalbrief der Abendländer (ohne Serdicense).

Β 11,2: Brief der Abendländer an Julius von Rom.

Β 11,3: Namen exkommunizierter Orientaler.

Β 11,4: Unterschriften der Abendländer unter die Beschlüsse.

40 S.u.S. 221. 229. Man vergleiche nur die bitteren Klagen des Euseb von Vercellae in seinem Brief Ep. 2 (CChr.SL 9, 104-109 Bulhart). 41 Er nimmt - wenn auch sicher in untergeordneter Rolle - an der Synode von Seleukia teil (Sulp. Sev., Chron. 11,42,1-5) und nimmt in Konstantinopel sogar mit dem Kaiser Kontakt auf (Bitte um Audienz im Liber II ad Constantium [CSEL 65, 198-205 Feder]); noch zu dessen Lebzeiten kehrt er wieder nach Gallien zurück (Sulp. Sev., Chron. II, 45,3f.). 42 Im Exil entstehen "De trinitate" (CChr.SL 62 / 62A Smulders); "De synodis" (PL 10, 479-548); "Liber ad Constantium imperatorem" (CSEL 65,197-205 Feder); "Adversus Valentem et Ursacium" aus den Collectanea (CSEL 65, 42ff. Feder). Vgl. Hier., Vir. ill. 100. 43 Vgl. HU., Syn lf. 44 Siehe hierzu die eingehenden Untersuchungen von BRENNECKE, I.e., 248ff.; hier auch einige forschungsgeschichtliche Hinweise sowie eine ausführliche Auseinandersetzung mit der gesamten älteren Literatur. 45 Vgl. oben Anm. 1. Zur zweiten sirmischen Formel vgl. meinen Exkurs im Phoebadiuskapitel unter 5.1. 46 Coli, antiar. Paris. Β II, 1-11; dazu noch der Brief der orientalischen Synode, I.e., A IV und den der Okzidentalen an den Kaiser des Ostens, Konstantius, I.e., Appendix. 47 Ich übernehme die hilfreiche und übersichtliche Aufstellung bei BRENNECKE, I.e., 307 mit Anm. 295. - Die Texte CSEL 65, 103-154, Feder.

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142 Zweiter Teil

Β 11,5: Kommentar des Hilarius über die Fälle Athanasius und Markell sowie

über die Bitte von Valens und Ursacius zur Wiederaufnahme in die

abendländische Kirche.

Β 11,6: Brief der Valens und Ursacius an Julius von Rom.

Β 11,7: Bemerkung über zeitliche Differenz der Briefe der Valens und Ursacius

an Julius von Rom bzw. an Athanasius.

Β 11,8: Brief der Valens und Ursacius an Athanasius.

Β 11,9: Kommentar des Hilarius zum Fall Photins, zu Valens und Ursacius, zur

Trennung des Athanasius von Markell und zu theologischen Aussagen

der Orientalen.

Β 11,10: Ν.

Β 11,11: Kommentierung von Ν gegenüber den theologischen Aussagen der

Orientalen in Β 11,9.

Die Gegner, mit denen Hilarius sich im "Liber 1" auseinandersetzt, verstecken

ihre häretische Lehre hinter scheinbar orthodoxen Aussagen wie "deum ex deo",

"primogenitum", "lumen ex lumine"48 und der Bezeichnung Christi als "imago dei

inuisibilis"49. Auch bekennen sie, der Sohn sei "deus ac lumen factus a deo"50;

doch damit, so Hilarius, ist impliziert, daß der Sohn nicht als vom Vater gezeugt

verstanden werde", und er somit nicht von der Substanz des Vaters sei: "id est

non de substantia paternae aeternitatis"52. Demzufolge diene auch das Prädikat

"primogenitus" nur der Auszeichnung des Sohnes gegenüber der übrigen

geschaffenen Welt; Anteil an der Ewigkeit des Vaters habe der Sohn nicht; und

daraus folgert Hilarius, daß er letztlich, wie bei Arius selbst, seinen Anfang in der

Zeit haben müsse53 und nicht wahrer Gott sein könne5'. In der Bestreitung des

48 HU., Coli, antiar. Paris. Β II, 11,2 (CSEL 65, 151, 12-15 Feder). 49 Β II, 11,3 (152, 8 Feder). 50 Β II, 11,2 (151, 16 Feder). 51 "Non genitus de deo", ebd. 52 Β II, 11,2 (151, 17 Feder). 53 "In 'primogeniti' uero confessione ordinem quendam ab eius ortu creandis mundi rebus assignent, ut, quia mundus ex tempore est, tarnen, licet mundo prior sit, Christus ex tempore sit et non aeternitas in eo < ante > tempora, sed ordo in tempore sit creatis ac per hoc aliquid, quod ante eum sit, relinquantur, qui esse coepit ex tempore"; Β II, 11,2 (151, 18-23 Feder). - Man beachte, wie Hilarius sich mit den gegnerischen Aussagen auseinandersetzt und versucht, sie argumentativ auf

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4 Hilarius von Poitiers 143

Hervorgangs des Sohnes von der Substanz des Vaters liege ferner eine Teilung

von Vater und Sohn in zwei verschiedene Substanzen vor, die dann auch noch auf

den Geist ausgedehnt werde35.

Dieser gegnerischen Lehre stellt Hilarius nun positiv den katholischen Glauben

gegenüber. Dabei fällt auf, daß er nicht, wie es vom Zusammenhang her des

Dossiers über die Synode von Serdika zu erwarten gewesen wäre56, das seit 342

in der abendländischen Kirche bekannte und in Geltung befindliche Serdicense

beruft, sondern auf das Nizänum. Das Serdicense läßt er hingegen am Ende

seiner Überlieferung des westlichen Synodalbriefes von Serdika (B 11,1) ganz

fort17. Stattdessen bietet er (B 11,10) eine lateinische Übersetzung von N58; es

ist die erste, die wir besitzen®.

Am Text des Nizänums bei Hilarius fällt auf, daß das ομοούσιος von 325 mit

"unius substantiae" wiedergegeben® und mit "una atque eadem (...) substantia"61

ausgelegt wird. Im Grunde liegt also jene Interpretation vor, auf die man sich 342

die Aussagen des frühen Arianismus zurückzufuhren. Ganz anders verfährt etwa Luzifer von Calaris, der dem Konstantius und seinen theologischen Beratern einfach die Aussagen des Arius in den Mund legt; zu Luzifer s.o. unter 7. 54 "Dissoluatur in Christo omne, quod deus est"; Β II, 11,2 (152,1 Feder). 55 "Ubi enim diuersis substantiis filium a patre impio et maledico ore disciderint et in separatis duobus adsistat auctoritas, tertia dinumeratur in spiritu"; Β II, 11,4 (153, 2-4 Feder). Vgl. die Vorwürfe des westlichen Serdicense gegen Valens und Ursacius §3, dazu meine Kommentierung 0. S. 63f. 56 S.o. S. 140. 17 BRENNECKE hat auf diesen Sachverhalt erstmals in aller Deutlichkeit aufmerksam gemacht, 1.e., 307ff. 58 "Credimus in unum deum, patrem omnipotentem, uisibilium et inuisibilium factorem. et in unum dominum Iesum Christum filium dei, natum de patre, hoc est de substantia patris, deum de deo, lumen de lumine, deum uerum de deo uero, natum, non factum, unius substantiae cum patre, quod Graeci dicunt 'omousion', per quem omnia facta sunt, siue quae in caelo siue quae in terra, qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit, incarnatus est, homo factus est, passus est et resurrexit tertia die, ascendit in caelos, uenturus iudicare uiuos et mortuos. et in spiritum sanctum, eos autem, qui dicunt: 'erat, quando non erat' et 'priusquam nasceretur, non erat' et quia 'ex nullis extantibus factus est', quod Graeci 'ex uc onton' dicunt, uel alia substantia dicentes 'mutabilem et conuertibilem filium dei', hos anathematizat catholica et apostolica ecclesia"; Β II, 10 (150, 7-20 Feder). 99 Ohne signifikante Abweichungen gegenüber der Hilariusfassung im "Liber 1" taucht das lateinische Nizänum nur wenig später bei Luzifer von Calaris (De non pare. 18; s.u. S. 222) und bei Gregor von Elvira (in der Praefatio zur zweiten Fassung von De Fide, s.u. S. 206ff.) auf. Vgl. DOSSETTI, Simbolo, 91ff. 226ff. M S.o. Anm. 58. 61 HU., Coli, antiar. Paris. Β II, 11,5 (154, 7f. Feder).

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144 Zweiter Teil

in Serdika (ohne Benutzung des όμοούσιος, stattdessen μία ύπόστασις) verstän-

digt hatte. Dabei ist die Übersetzung "una substantia", mit der 342 das μία

ύπόστασις wiedergegeben worden war62, nun, nach "Entdeckung" des Nizänums,

auch als Wiedergabe des ομοούσιος im Gebrauch - eine Entwicklung, die 325 so

nicht angelegt war® sondern nur durch die markellische N-Interpretation von

Serdika und deren Export in den Westen zu erklären ist.

In den Zusammenhang der Nachrichten über die Serdika-Beschlüsse im "Liber

1" passen auch die Betonung der Einheit der göttlichen Substanz mit Hilfe der

Schriftstellen Joh 10,30; 14,11; 17,21" und die Differenzierung dem Namen

nach65; beide Aspekte fanden sich auch im Serdicense66. Dazu insistiert Hilarius

auf der völligen Gleichrangigkeit und Gleichewigkeit von Vater und Sohn, die er

durch die gleiche Substanz gewährleistet sieht67.

Angesichts des Befundes der Wiedergabe der Beschlüsse von 342 und des

Vorhandenseins serdicensischer Elemente in der theologischen Interpretation im

"Liber 1" ist es jedoch sehr verwunderlich, daß sich Hilarius in seiner

theologischen Argumentation gerade nicht auf den Text des in Serdika

verabschiedeten Bekenntnisses, des Serdicense, beruft, sondern vielmehr auf N:

"Nam quae (sc.: fides; Vf.) apud Nicheam ordinata est, plena atque perfecta est

et (...) aditibus obseratis inuiolabili inter patrem et filium aeternae unitatis

62 Vgl. dazu meine Aufstellung oben unter 2.2.4. 63 Vgl. dazu oben meine Ausführungen unter 1. 64 "In deo filio deus pater et in deo patre filius deus. ac sic secundum ipsius definitionem dicentis: ego et pater unum sumus et rursum : sicut pater, tu in me et ego in te continetur fides nostra in patris et filii nominibus personisque deus unus"; Β II, 9,5 (148, 17-21 Feder). Vgl.: "cum didicissent ex persona patris: non est deus alius praeter me et a filio: ego in patre et pater in me, et: ego et pater unum sumus"; Β II, 9,6 (149,16-18 Feder). Vgl.: "Ac sic, quod ait: ego et pater unum sumus, et: qui me uidit, uidit et patrem, et rursum: ego in patre et pater in me, et illud: ego de patre exiui"; Β II, 11,5 (154, 3-6 Feder; Fettdruck statt gesperrt jeweils Vf.). 65 "Nominibus personisque deus unus" (siehe vorige Anm.). 66 Vgl. zu den Schriftzitaten §§4.10.12; zur Unterscheidung dem Namen nach §8. Zur lateinischen Übersetzung des Serdicense in t siehe oben unter 2.2.4. 67 "Filium substantia aeternitatis aeternum"; Β II, 11,1 (151,9 Feder).

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4 Hilarius von Poitiers 1 4 5

soliditate connectitur"68. Auch sonst spielt im "Liber 1" durchgängig Ν die

entscheidende Rolle in der Auseinandersetzung mit Valens und Ursacius®.

Eine Erklärung für diese, angesichts des völligen Fehlens von Bezeugungen von

Ν im Westen bis 357/8 sehr erklärungsbedürftige Tatsache findet sich, wenn man

beobachtet, daß Hilarius im "Liber 1" eine theologische Position vertritt, die

neben der substanziellen Einheit auch die Zweiheit von Vater und Sohn zu

betonen bestrebt ist. Dies wird daran deutlich, daß Hilarius sich sichtlich darum

bemüht, das "unius substantiae" im Sinne der Einheit und Gleichheit zweier oder

beider zu interpretieren. Hierbei bedient er sich immer neuer Wendungen und

Formulierungen, die, unter Beibehaltung der Lehre von der "una substantia", die

Zweiheit in Gott aussagen wollen, z.B.: "Una atque eadem in utroque substantia

aeternitatis expletur"70, "aequalis in utroque"71, "unus est de utroque"72,

"uirtutem et nuncupationem pari in utroque"73, "cum deus de deo et uerus de

uero sit uterque unum"74 oder "in utroque <unum>"75.

Eine feste Begrifflichkeit für die Zweiheit steht Hilarius im "Liber 1" allerdings

noch nicht zur Verfügung; einmal findet sich bei ihm (noch ganz im Sinne des

Serdicense) die Namensunterscheidung7', an zwei Stellen die Unterscheidung

68 Β II, 11,1 (151,3-6 Feder). Dieser Befund könnte nun allerdings als Argument für die oben unter 2.2.5 von mir bestrittene These von TETZ gewertet werden. Ich halte es allerdings angesichts der anderen oben genannten Punkte für nicht hinreichend; vgl. auch meine Hilariusinterpretation im folgenden. 69 "Sed diligens Nicheni tractatus perfectusque sermo artissimo ueritatis praescripto omnia haereticorum ingenia conclusit ita ponens: credimus in unum deum patrem et in unum filium eius Iesum Christum "; Β II, 11,5 (153, 8-11 Feder; Fettdruck statt gesperrt Vf.). Vgl. die Rezeption der Anathematismen am Ende des Passus Β II, 11,5; weiterhin Β II, 9,6.7 und Β II, 11,6. 70 Β II, 11,5 (154, 7f. Feder). 71 Ebd. (154, 6 Feder). 72 Ebd. (153, 13 Feder). 73 Ebd. (153, 14 Feder). 74 Ebd. (153, 15f. Feder). 75 Ebd. (153, 16 Feder). 76 "Continetur fides nostra in patris et filii nominibus personisque deus unus"; Β II, 9,5 (148, 20f. Feder).

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146 Zweiter Teil

im Personbegriff7, die aber mit der Unterscheidung dem Namen nach durchaus

austauschbar erscheint™.

Das sichtliche, massive Bemühen um die Betonung der Einheit und Gleichheit

zweier zeigt, daß sich Hilarius zur Zeit der Abfassung des "Liber 1" inhaltlich von

der Theologie des Serdicense, die ja völlig auf die Betonung der Einheit fixiert

war, bereits gelöst hat; andernfalls hätte er im Serdika-Dossier seines "Liber 1"

das Serdicense überliefert und sich direkt darauf berufen. Doch offensichtlich ist

ihm, dem als Gallier sicher von Hause aus die Theologie von Serdika bekannt

war und nahelag, im Exil in Asien beim Kontakt mit östlichen Theologen die

inhaltliche Problematik des Bekenntnisses von 342 bewußt geworden. Deshalb

setzt er sich mit Valens und Ursacius nicht mehr von der Basis des Serdicense

her auseinander, sondern nimmt das Nizänum als Meßschnur der Orthodoxie;

dabei schillert die Interpretation von Ν durchaus noch ein wenig zwischen

serdicensischen und stärker die Zweiheit betonenden Gedanken79.

Es ist gut möglich, daß Hilarius den eigentlichen Text von Ν erst im Exil

überhaupt kennengelernt hat80; nun, da ihm die theologische Problematik des

Serdicense deutlich geworden ist, gibt er N, verbunden mit einer sowohl das "una

substantia" als auch die Zweiheit betonenden Erläuterung, an seine gallischen

Brüder weiter. Das Serdicense hingegen läßt er bewußt weg.

Diese Rezeption und Interpretation von Ν und der damit verbundene Verzicht

auf das Serdicense im "Liber 1" stellt eine theologische Position dar, wie sie nur

durch den Kontakt des Galliers Hilarius zu östlichen Theologen Zustandekommen

konnte. Im Westen führte man die Auseinandersetzung mit den Homöern noch

77 Vgl. die vorige Anm. zitierte Stelle sowie Β II, 9,6: "Cum didicissent ex persona patris: non est deus alius praeter me..." (149, 16f. Feder; Fettdruck statt gesperrt Vf.). 78 Vgl. die Anm. 65 zitierte Stelle; es ist interessant, daß die Austauschbarkeit von Namens- und Personbegriff bei Hilarius mit der Zeit zurücktritt, bei Gregor von Elvira aber viel später noch ganz gebräuchlich ist, vgl. hierzu unten S. 205. 75 Eine klarer profilierte Vermittlungsposition bei Hilarius später in "De synodis", s.u. unter 4.3. 80 Dafür spricht der Satz aus Syn. 91: "Fidem Nicaenam numquam nisi exsulaturus audivi" (PL 10, 545 A).

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4 Hilarius von Poitiers 147

über lange Zeit hinweg weiterhin von der Position der theologisch von Markell

bestimmten Serdika-Beschlüsse aus, einschließlich des Serdicense81.

Für Hilarius von Poitiers indes sollte die Auslegung des Nizänums im "Liber 1"

nicht die einzige literarische Beschäftigung mit dem Bekenntnis der Reichssynode

von 325 bleiben.

4.3 Die Debatte um Ν in "De Synodis seu Fide Orientalium"

In der 2. Jahreshälfte 358 erreicht Hilarius der Brief seiner gallischen Mitbrüder

über deren Ablehnung der 2. sirmischen Formel und damit über den Erfolg

seines "Liber 1 adversus Valentem et Ursacium"82, verbunden mit der Bitte, mehr

über die Theologie und Glaubensformulierungen der Orientalen mitzuteilen55.

Dieser Aufforderung kommt Hilarius Anfang 359s4 in der Schrift "De Synodis seu

Fide Orientalium"85 nach. Doch verfolgt er über das Anliegen der Information

hinaus mit dieser Schrift noch ein weiterreichendes Ziel: Er will im Vorfeld der

anstehenden großen Reichssynode die theologischen Positionen zwischen Ost und

West, zwischen Homöusianern" und Vertretern des "una substantia" vermitteln

und zum Ausgleich und damit auf eine gemeinsame Linie gegen die homöische

81 Vgl. meine Analysen zu Phoebadius (c.5 in dieser Arbeit), Gregor von Elvira (c.6) und Luzifer (c.7). 82 Hil., Syn. 2. Der Brief der gallischen Synodalen, die Ostern 358 getagt hatten, kann Hilarius nicht vor Oktober d.J. erreicht haben. 83 Hil., Syn. 5. 84 Diese Datierung der Schrift ist nicht sicher, auch Ende 358 ist möglich; Voraussetzung der Schrift ist der Erhalt des Briefes aus Gallien (Syn. 2); andererseits setzt "De synodis" voraus, daß die große Reichssynode, die die Streitigkeiten beseitigen soll, schon in Vorbereitung ist (Syn. 8). 85 Der - mittlerweile völlig geläufige - Titel ist sekundär, eigentlich handelt es sich um eine "epistula ad episcopos Gallicanos", vgl. SMULDERS, BijPhTh 39 (1978), 234ff. 86 Zu den Homöusianern um Basilius von Ankyra und den Hintergründen homöusianischer Theologie vgl. die alle in diesem Zusammenhang wichtigen Probleme eingehend behandelnde Oxforder philologische Dissertation aus dem Jahre 1983 von STEENSON, Basil of Ancyra and the course of Nicene orthodoxy. Daneben das ältere Werk von GUMMERUS, Die homöusianische Partei bis zum Tode des Konstantius, Leipzig 1900.

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148 Zweiter Teil

Theologie bringen87. Er bezeichnet sich dabei selbst als Unterhändler, wenn er

Syn. 7 schreibt: "Internuntius enim, ut voluistis, sum ipse, non conditor."88

Diesem Zwecke ist der Aufbau und die gesamte Argumentation in "De synodis"

untergeordnet89. Schon das Proömium (Syn. 1-9) zielt darauf, die Überein-

stimmung zwischen den Galliern und den Orientalen in der Ablehnung der

Homöer herauszustellen90.

Der erste Hauptteil der Schrift (Syn. 10-63) stellt dementsprechend die 2.

sirmische Formel diametral den anderen östlichen Synodalbekenntnissen seit

Antiochien 341 unter Einschluß der homöusianischen Beschlüsse von Ankyra

35891 und deren wenig später in Sirmium erfolgter weitgehender Rezeption92

gegenüber93. Syn. 64 gibt Hilarius dann vor diesem Hintergrund eine

Formulierung seines eigenen Glaubens. Im zweiten Hauptteil (Syn. 65-91) geht

Hilarius nun auf die Differenzen zwischen den Positionen der Homöusianer und

der gallischen Bischöfe ein; es kann dabei aber nicht stark genug betont werden,

daß diese Erörterung bereits unter dem Vorzeichen der Gemeinsamkeit in der

Ablehnung der homöischen Theologie steht, wie sie der erste Hauptteil

herausgearbeitet hatte94. Hilarius bemüht sich nun um dreierlei: Er will erstens

den Okzidentalen die Bedenken der Homöusianer gegen das ομοούσιος (über-

87 Zu den Interpretationen von "De synodis" vgl. v.a. JACOBS, I.e., 70ff.; DINSEN, Homoousios, 146ff.; BRENNECKE, I.e., 346ff.; LOHR, Entstehung, 79ff.; HANSON, Search, 489ff. und BURNS, StPatr 28 (1993), 24ff. In diesen Untersuchungen auch die Auseinandersetzung mit der gesamten älteren Literatur. 88 PL 10, 485 A. 89 BURNS, I.e., 28, nennt Syn. "a work of creative and sympathetic mediation". Zum Aufbau von "De synodis" vgl. DINSEN, I.e., 146 und LOHR, I.e., 79. 90 Syn. 3. 91 Vgl. hierzu ausführlich STEENSON, I.e., 126ff. 92 Zur dritten sirmischen Synode und ihrem Dossier vgl. ausführlich die Arbeiten von LOHR, I.e., 76ff. und HANSON, Search, 357ff.; vgl. unten S. 152 mit Anm. 115. 93 Syn. 12ff. - LOHR, I.e., 203 Anm. 302, hat m.E. völlig zu Recht vermutet, daß die in der Forschung zu beobachtende krasse Unterbewertung der Kontinuität von Sirm II mit den übrigen östlichen Bekenntnissen auf diese polemisch akzentuierte Darstellung des Hilarius zurückzuführen ist. - Vgl. meinen Exkurs zu Sirm II unten unter 5.1. 94 Hieran zeigt sich der äußerst sorgfältige, streng dem Argumentationsziel untergeordnete Aufbau von "De synodis".

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4 Hilarius von Poitiers 149

setzt mit "una substantia" / "unius substantiae" / "unius essentiae")95 und ihre

Gründe für das όμοιούσος (übersetzt mit "similis substantiae" / "similis

essentiae")" erläutern; er will zweitens den Homöusianern gegenüber alle

Bedenken gegen das ομοούσιος ausräumen; und er will drittens (im Sinne der

Gesamtintention seiner Schrift) den Beweis dafür antreten, daß die Positionen

der Homousianer und Homöusianer sich in der Sache gar nicht voneinander

unterscheiden.

Im zweiten Hauptteil von "De synodis" legt Hilarius sein Verständnis der

"nizänischen" Wendung "una substantia" dar. Der Begriff, so sagt er zunächst

warnend zu seinen gallischen Mitbischöfen, sei durchaus für Fehlinterpretationen

anfällig57. Deshalb bedürfe er der genauen Erläuterung. Und diese notwendige

Erläuterung erblickt Hilarius in Begriffen wie "subiectio" und "similitudo

naturae"98, auch "imago"99, die er dem "una substantia" beigesellt. Zwar betont

Hilarius, wie auch sonst in seinen trinitätstheologischen Aussagen, daß der Sohn

dem Vater nach Kraft, Ehre und Natur gleich sei100; andererseits sei er ihm aber

95 Una substantia: Syn. 67 (PL 10, 525 A/B); 68 (526 A); 69 (526 B); 70 (526 C); 71 (527 B); 76 (530 A); unius substantiae: Syn. 68 (525 B); 70 (527 A); 77 (530 B); 84 (535 C); 84 (536 Α = Ν!); 88 (541 A); unius essentiae: Syn. 81 (534 A); 84 (536 C). 96 Similis substantiae: Syn. 77 (530 B); 88 (541 A); similis essentiae: Syn. 74 (529 A); 81 (534 A); 91 (544 A). 97 Als solche möglichen Fehlinterpretationen nennt Hilarius: Das Verständnis einer "una persona"; die Theorie einer Aufteilung der göttlichen Substanz in zwei Unvollkommene; die Unterordnung von Vater und Sohn unter eine gemeinsame "substantia prior" - Vater und Sohn wären dann Brüder (Syn. 68). 98 "Ante nativitas Filii, ante subjectio, ante similitudo naturae praedicanda est: ut non impie unius esse et Pater et Filius substantiae praedicetur"; Syn. 70 (PL 10, 527 A). Vgl. Hilarius' eigene Bekenntnisformulierung Syn. 64: "Subjectum alteram alteri nativitate naturae" (524 Α). Der Begriff "subjectio" darf sich aber, anders als der der "similitudo", nicht auf die göttliche Wesenheit oder Natur beziehen: "Sed pietatis subjectio non est essentiae diminutio"; Syn. 51 (PL 10, 518 B). Vgl. Syn. 27; Trin. 3,23. 99 Syn. 69 heißt es: "Non est auctor ipse, sed imago est: imago Dei ex Deo in Deum nata" (PL 10, 526 B). Vgl. Syn. 25. 27. Für "De trinitate" vgl. 3,23 (in Auslegung von Joh 10,30 mit Hilfe von Hebr 1,3) und 9,69. Man beachte demgegenüber, daß im N-Kommentar im "Liber 1" die "imago"-Lehre noch äußerst argwöhnisch (weil auch in der Lehre der Gegner vorkommend) behandelt wird: "'imago' ergo 'dei inuisibilis' ex nihilo, credo, est et coepit a tempore!" (Coli, antiar. Paris. Β II, 11,3; CSEL 65,152,14f. Feder). Zur "imago"-Terminologie bei Hilarius vgl. SMULDERS, Doctrine, 190f. und LÖFFLER, Trinitätslehre, 52ff. 100 Syn. 69; auch in "De trinitate" spielen Gleichsetzungsreihen für die Beschreibung des Verhältnisses von Vater und Sohn eine zentrale Rolle: Vgl. 7,11.14.21; 8,18f.; 9,62.73 u.ö.

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150 Zweiter Teil

doch wie ein Entstandener dem Urheber nach- und untergeordnet101. Hier sind

bei Hilarius also eindeutig subordinatianische Tendenzen feststellbar102, die sich

im "Liber 1" so noch nicht hatten finden lassen.

Um jedoch diese Aussagen von der Nach- und Unterordnung des Sohnes unter

den Vater nach dem Schema Urheber-Entstandener wiederum gegen (etwa

homöische) Mißverständnisse zu schützen, empfiehlt Hilarius als zusätzliches

Interpretatment den Begriff der "aequalitas"103, der die Einheit der Substanz

sicherstelle, aber auch die Unterscheidung der Personen ermögliche104; und bei

alldem, so Hilarius, sei unbedingt am Terminus "una substantia" festzuhalten105.

Denn sonst bestehe die Gefahr, daß die Verhältnisbestimmung zwischen Vater

und Sohn (wie bei den Homöern) auf eine einfache, sich nicht auf die göttliche

Substanz beziehende, "Ähnlichkeit" reduziert werde104.

Man muß klar sehen, daß Hilarius somit in "De synodis" homöusianische Theolo-

goumena als Interpretationshilfen für das "una substantia" einführt, die die

101 Syn. 69: "Patri subjectus est, ut auctori" (PL 10, 526 B). Vgl. Syn. 13. In Syn. 27 heißt es: "Ubi quia pie dicitur et Pater mittens, et Filius missus; in nullo tarnen inter Patrem et Filium, id est, inter missum atque mittentem discernatur essentia" (501 Α). Die Unterordnung bezieht sich also keinesfalls auf den Substanzbegriff! - Die Unterordnung nach dem Schema Urheber-Entstandener oder Sendender-Gesandter findet sich auch Trin. 3,23; 6,30; 7,21; 11,12 u.ö. 102 Ich teile deswegen nicht die Ansicht LÖHRs, I.e., 85, in Syn. würden von Hilarius die "Konturen der wesentlich subordinatianischen, heilsgeschichtlichen Christologie der Orientalen (...) verwischt." Auch LÖFFLER, I.e., 48f. 60, streitet m.E. zu Unrecht alle subordinatianischen Tendenzen bei Hilarius rundweg ab. 103 "Aequalitatem dico, id est, indifferentiam similitudinis, ut similitudo habeatur aequalitas"; Syn. 67 (PL 10, 525 A) 104 "Non unione personae, sed aequalitate naturae"; Syn. 74 (PL 10, 529 A). Es ist interessant, daß die noch im "Liber 1" zu beobachtende Austauschbarkeit von Person- und Namensunterscheidung in "De synodis" entfällt: Hier polemisiert Hilarius sogar ausdrücklich gegen die Reduktion der Unterscheidung von Vater und Sohn auf die Namen beider: "At vero si idcirco unius substantiae Pater et Filius dicatur, ut hie subsistens, sub significatione licet duum nominum, unus ac solus sit: confessum nomine Filium conscientia non tenemus, si unam substantiam confitentes ipsum sibi unicum ac singularem et Patrem e se dieimus Filium", Syn. 68 (PL 10, 525 Β / C). Damit wird die in Serdika getroffene Distinktion nunmehr direkt abgelehnt! - Zur Unterscheidung im Personbegriff vgl. die Wendungen "discretio personarum" (Syn. 14; Trin. 4,24.35) oder "distinetio personarum" (Trin. 4,21.40). Zum Personbegriff bei Hilarius vgl. SMULDERS, Doctrine, 207ff. 287f. 105 "Unam substantiam Patris et Filii dicendo, non errat: aut unam substantiam negando, jam peccat"; Syn. 69 (PL 10, 526 C). 106 "Nec me fallit, Fratres charissimi, quosdam esse, qui similitudinem confitentes, negant aequalitatem. Sed loquantur ut volunt, et blasphemiae suae virus ingerant ignorantibus"; Syn. 74 (PL 10, 528 C).

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4 Hilarius von Poitiers 151

Aussage völliger Identität von Vater und Sohn sehr bewußt vermeiden wollen107.

Differenzierende und auch subordinierende Aussagen treten hier mit dem

"nizänischen" Stichwort in Verbindung. Auch hat der Aquitanier sich die

Bedenken der Homöusianer gegen das ομοούσιος teilweise zueigen gemacht108.

Doch auch an die Adresse der Homöusianer gerichtet109 wirbt Hilarius um

Verständnis für andere, nämlich westliche Positionen. Um dies seinen gallischen

Mitbrüdern deutlich zu machen, fügt er Syn. 78-91 ein Schreiben an, das er im

Sommer 358 an die Homöusianer gerichtet hatte110. Auch in diesem erinnert

er zunächst an den gemeinsamen homöischen Gegner und polemisiert somit auch

den Homöusianern gegenüber gegen Valens und Ursacius, besonders gegen die

2. sirmische Formel: Hier werde der Sohn nach Würde, Klarheit und Majestät

vom Vater unterschieden111. Um diese Lehre klar zu widerlegen, sei das

nizänische Bekenntnis geeignet und notwendig. Dabei gesteht Hilarius zwar den

Homöusianern ohne Abstriche die volle Berechtigung ihres όμοιούσιος zu112,

bekundet sogar seine eigene Zustimmung zu dem Begriff13, will aber seine

östlichen Gesprächspartner doch für die Zustimmung zum ομοούσιος und damit

107 Diese Interpretation gründet sich auf die Übernahme der "similitudo'-Terminologie bei Hilarius; den Gebrauch der "imago"-Vorstellung; die subordinatianischen Tendenzen; die Rezeption der Einwendungen gegen das ομοούσιος (siehe nächste Anm.); die Ablehnung der Rede von der "una persona"; das bedeutet aber nicht, daß Hilarius in "De synodis" (und "De trinitate") ganz auf der Seite der Homöusianer stünde: Die Einheit von Vater und Sohn ist bei ihm stärker betont als bei jenen; vgl. hierzu DINSEN, I.e., 149f. 152. Ähnlich schon GUMMERUS, I.e., 108ff., neuerdings wieder HANSON, I.e., 491f. - Einschränkend SMULDERS, I.e., 245ff.; LOHR, I.e., 82ff. 108 Aus der "epistula Sirmiensis" von 358 (Referat in Syn. 81) übernimmt er den Kritikpunkt der Gefahr der Annahme einer "substantia prior"; Syn. 68. Zu den anderen Vorwürfen vgl. Anm. 97 und 115. 109 "Reliquus mihi sermo ad sanetos viros Orientales episcopos dirigendus est;" Syn. 77 (PL 10, 530 B ) . 110 Vgl. JACOBS, I.e., 133 Anm. 1. Natürlich hat die Einfügung des Briefes in den Schlußteil von "De synodis" auch die Intention, im Westen möglicherweise sich erhebende Bedenken gegen eine homöusianisch beeinflußte Interpretation von Ν von vornherein entgegenzutreten. Vgl. BRENNECKE, I.e., 345 Anm. 53. 111 Syn. 79. 112 Syn. 81. 91. 113 "Et ipsa homousii et homoeusii demonstratio nihil reliquit difficultatis. Et quidem de homoeusio, quod est similis essentiae, commune judicium est"; Syn. 81 (PL 10, 534 A).

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152 Zweiter Teil

zu den Beschlüssen von Nizäa gewinnen114. Ausführlich geht er auf die

Bedenken der Homöusianer ein und versucht, diese zu zerstreuen115.

In diesem Zusammenhang seiner Argumentation zugunsten des ομοούσιος zitiert

Hilarius auch den Text des Nizänums116 und bietet dazu eine kurze

Interpretation.

Der Text des Nizänums in "De synodis" weist gegenüber dem im "Liber 1" mitgeteilten117 einige Differenzen auf:

"Liber 1" "De synodis"

...uisibilium

dominum I.C.

natum de patre

"De synodis"

omnium visibilum

dominum nostrum I. C.

natum ex patre unigentium

114 Syn. 83. 115 Die Gegenargumente der Homöusianer gegen das ομοούσιος, mit denen Hilarius sich auseinandersetzt, stammen von der Diskussion auf der 3. Synode von Sirmium 358 (vgl. LOHR, I.e., 77): 1. Der Begriff beinhalte die Vorstellung einer "substantia prior". 2. Er repräsentiere die Häresie des Paul von Samosata, die schon 268 auf einer Synode verurteilt worden sei (das Argument ist sicher unhistorisch; vgl. hierzu BRENNECKE, ZNW 75 (1984), 270ff.); 3. Der Begriff sei in Nizäa nur aus Zwang zur Abgrenzung gegen die Häretiker eingebracht und angenommen worden. -Hilarius versucht, die ersten zwei Bedenken als unbegründet zu erweisen (Syn. 82); dem dritten Punkt gesteht er sachliche Berechtigung zu (Syn. 83); er bemüht sich deshalb besonders darum, den positiven Sinn von "unius substantiae" herauszuarbeiten. - Die Argumente, mit denen sich Hilarius in der Debatte mit den Homöusianern auseinandersetzt, sind z.T. andere als die an die Adresse der Gallier mitgeteilten (siehe hierzu oben Anm. 97). Nur das theologische Argument der Annahme einer "substantia prior" taucht in beiden Fällen auf. Auf das Argument, ομοούσιος könnte als "una persona" sabellianisch mißverstanden werden, macht er speziell die Gallier aufmerksam (Syn. 68); mit den Homöusianern scheint er sich hierüber völlig im Konsens zu sehen und erwähnt den Punkt nicht mehr eigens. 116 "Credimus in unum Deum patrem omnipotentem, omnium visibilium et invisibilium factorem. Et in unum Dominum nostrum Jesum Christum filium Dei, natum ex Patre unigenitum, hoc est, de substantia Patris, Deum ex Deo, lumen ex lumine, Deum verum de Deo vero, natum non factum, unius substantiae cum Patre, quod graece dicunt homousion, per quem omnia facta sunt quae in coelo et in terra, qui propter nostram salutem descendit, incarnatus est, et homo factus est, et passus est, et resurrexit tertia die, et adscendit in coelos, venturus judicare vivos et mortuos. Et in Spiritum sanctum. Eos autem, qui dicunt, Erat quando non erat, et ante quam nasceretur non erat, et quod de non exstantibus factus est, vel ex alia substantia aut essentia, dicentes convertibilem et demutabilem Deum: hos anathematizat catholica ecclesia." Syn. 84 (PL 10, 536 Α / Β). 117 Zum N-Text in "De synodis" vgl. die vorige Anm. - Zum Text im "Liber 1" vgl. oben Anm. 58.

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4 Hilarius von Poitiers 153

deum de deo deum ex deo

lumen de lumine lumen ex lumine

propter nos homines

u 'ex nullis extantibus' 'de nullis exstantibus' »

quod Graeci 'ex ouc onton' dicunt

uel alia substantia vel ex alia substantia aut essentia

catholica et apostolica ecclesia catholica ecclesia

Einige weitere Detaildifferenzen ("et" geschrieben oder ausgelassen; "sive...sive" geschrieben oder ausgelassen etc.) sind hier nicht eigens aufgeführt; sie können der Aufstellung der Überlieferungen von Ν bei DOSSEl'll"8 entnommen werden119.

Von den aufgeführten Unterschieden verdienen, will man nicht durchgängig an zufällige Differenzen aufgrund mehr oder minder freier Zitierweise glauben120, drei Fälle besondere Aufmerksamkeit:

1.) An drei Stellen findet sich für die Präposition "de" das schärfer differenzierende "ex". Gregor von Elvira, der Vetreter einer strengen Einhypostasenlehre, hat in seiner Wiedergabe von Ν durchgängig "de"121; so auch Luzifer von Calaris122; in seiner Schrift "De fide orthodoxa" widmet Gregor diesem Unterschied in der Präposition immerhin eine längere Überlegung; das "ex", so Gregorius, sei abzulehnen, da es eine Trennung anzeige123. Man könnte von daher m.E. fragen, ob Hilarius in "De synodis" nicht bewußt das "ex" gewählt hat, um gegenüber den Homöusianern die Unterscheidung von Vater und Sohn schärfer zu akzentuieren124.

118 Simbolo, 225ff. 119 Vgl. auch EOMIA 1/2 174 Turner. - Auch HANSON, Search, 490f. Anm. 141 führt einige dieser Abweichungen auf, ohne über etwaige Gründe dafür zu reflektieren. 120 FLEMING, Commentary, 350, meint, Hilarius hätte im "Liber 1" eine lateinische (deshalb die Textgleichheit mit Luzifer), in "De synodis" hingegen eine griechische Form von Ν benutzt; FLEMINGS These setzt indes die vorexilische Datierung des "Liber 1" voraus, die, wie oben (Anm. 1) angemerkt, nicht zu halten ist. 121 Fid. orth., Praef. 1. - Zu der Schrift siehe in dieser Arbeit unten unter 6. 122 De non pare. 18; vgl. EOMIA 1/2, 174 Turner. 123 Fid. orth. 3,41. Vgl. Phoeb., CAr. 19. Siehe hierzu unten S. 209f. 124 Dafür spräche die Abweichung gegenüber dem "Liber 1", die sich auffälligerweise gerade bei den strengen Vertretern der "una substantia" wie Luzifer oder Gregor von Elvira nicht findet (sowohl Luzifer als auch Gregor haben durchgängig "de"; s.u. S. 224 und 209f.), sowie die Aufmerksamkeit, die Gregorius genau dieser Frage schenkt. Allerdings ist einschränkend zu konstatieren, daß die

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154 Zweiter Teil

2.) Auch bei der Hinzunahme der Sohnesprädikation "unigenitus" in "De synodis" gegenüber dem "Liber 1" könnte man fragen, ob hier nicht ein präziseres Eingehen auf homöusianische Gedanken vorliegt, bedenkt man, daß das μονογενής gerade für die Homöusianer die Möglichkeit bot, einerseits das Gezeugtsein des Sohnes (im Unterschied zum ungezeugten Vater), andererseits seine unendliche Überlegenheit gegenüber allem anderen Gezeugten auszusagen125.

3.) Die Wiedergabe des η έξ έτέρας υποστάσεως η ουσίας mit "vel ex alia substantia aut essentia" gegenüber der Liber-l-Variante weist auf ein zunehmendes Bewußtsein für die Notwendigkeit, begriffliche Äquivalente sowohl für ουσία als auch für ύπόστασις zu finden, hin. Die spätere neunizänische Differenzierung ist hier aber (wie in Nizäa und Serdika)124 noch nicht im Blick.

Die an die Wiedergabe von Ν in "De synodis" anschließende kurze Interpretation

zeigt, daß für Hilarius der Kernbegriff des Bekenntnisses von Nizäa das

ομοούσιος = "unius substantiae" ist127, an dem unbedingt festzuhalten sei. Um

die diesbezüglichen Zweifel der Homöusianer endgültig zu zerstreuen, bietet

Hilarius noch eine nähere Defintion des Begriffes: "Idcirco autem unius

substantiae: non ut unus subsistat aut solus, sed ut ex substantia Dei natus non

aliunde subsistat, neque ut in aliqua dissidentis substantiae diversitate

subsistat."128

Diese zusätzliche Interpretation des "unius substantiae" liegt voll auf der Linie der

auch sonst in "De synodis" erkennbaren theologischen Position: Das undifferen-

zierte Verständnis des "unus aut solus", das noch in Serdika im Vordergrund

stand12® und auch bei Hilarius im "Liber 1" noch durchschimmerte130, wird

Wendung "deum verum de deo vero" in beiden Hilarius-Passungen gleichlautend erscheint. 125 Für die Homöusianer z.B. κυρίως ώς μόνος έκ μόνου ομοιος κατ" ουσία.-u (Epiph., haer. 73,5 [GCS 275,12 Holl]) und τό αχρονον της τοΰ μονογενούς Χρίστου έκ πατρός υποστάσεως (Epiph., haer. 73,11 [283,26 Holl]). - Allerdings darf man auch diese Differenz zwischen den beiden Überlieferungen von Ν im "Liber 1" und in "De synodis" nicht zu sehr pressen: Denn natürlich bekannte auch das Serdicense den Sohn als μονογεής (§7); zur Kommentierung vgl. oben S. 73f. 126 Auch die im Codex Veronensis LX erhaltene lateinische Übersetzung des Serdicense (t) zeigt, daß ΰπόστασις mit "substantia" wiedergegeben wurde, ουσία aber einfach in Translitteration stehen blieb; vgl. oben unter 2.2.4. 127 "Videamus igitur quid Nicaena synodus studuerit, homousion, id est, unius substantiae confitendo..."; Syn. 84 (PL 10, 535 C). 128 Syn. 84 (PL 10, 536 Β / C; Kursivdruck PL). 129 Vgl. im Serdicense die §§ 4. 7. 9. 10. 130 HU., Coli, antiar. Paris. Β II, 11,5; vgl. oben S. 140f.

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4 Hilarius von Poitiers 155

nunmehr abgelehnt; dagegen wird ausdrücklich betont, daß der Sohn aus der

Substanz des Vaters ist, eine Aussage, die die Homöusianer mittragen konnten und

wohl implizit, wenn auch nicht expressis verbis, selbst vertraten131; die ohne

weiteres konsensfähige Ergänzung "non aliunde" hat dabei in der Definition des

Hilarius die Funktion einer zusätzlichen Brücke, um die Wendung "ex substantia

Dei" vollends akzeptabel erscheinen zu lassen.

Der Schlußteil der Definition mit der Auffassung, daß der Sohn nicht in einer

abgetrennten (!) Substanz existiere, war in dieser Formulierung für die

Homöusianer ebenfalls ohne weiteres annehmbar132.

Auch in der - unbestrittenen - Tatsache, daß das ομοούσιος / "unius

substantiae" gegen allerlei Mißverständnisse abgesichert werden muß13\ liegt für

Hilarius keinesfalls ein Grund für eine prinzipielle Ablehnung des Terminus. Er

bemerkt in diesem Zusammenhang, auch biblische Sätze könnten schließlich

falsch verstanden werden; als Beispiel nennt er interessanterweise (neben

anderen) Joh 10,30, das sabellianisch fehlinterpretiert worden sei134. Es ist m.E.

durchaus möglich, auch hierin eine polemische Abgrenzung gegen die Theologie

von Serdika zu sehen, die ja Joh 10,30 als wichtigste Stütze für ihre Einhypo-

staseninterpretation des Nizänums benutzt hatte135.

131 Die nizänische Wendung έκ της ουσίας τοΰ πατρός kommt zwar bei den Homöusianern nicht direkt vor; trotzdem können sie etwa in ihrem Synodalbrief von Ankyra 358 sagen: μόνη ή όμοιου [και] κατ ' οϋσίαν ζφου γενεσιουργία, έπειδή πας πατήρ όμοιας ουσίας αϋτοΰ νοείται πατήρ; Epiph., haer. 73,4 (GCS 273,2f. Holl). Auch DINSEN, I.e., 318 Anm. 128,6 meint: "Da die Homöusianer die wahre Sohnschaft lehrten, haben sie das έκ της ουσίας der Sache nach zweifellos vertreten". Vgl. hierzu v.a. STEENSON ,l.c., 136ff. 132 Natürlich insistierten die Homöusianer im Sinne der Dreihypostasentheologie auf der eigenen Hypostase des Sohnes (τήν έαυτοϋ οϋσίαν; Epiph., haer. 73,18 [280,20 Holl]); doch dient dies dem Erweis seiner spezifischen Eigentümlichkeit und Besonderheit, keinesfalls hingegen einer Aufspaltung oder Zerteilung der einen göttlichen Wesenheit, vgl. hierzu DINSEN, I.e., 137ff. -LOHR, I.e., 84, meint, daß sich der Schlußteil der Definition des "unius substantiae" in Syn. 84 gegen die Dreihypostasenlehre und damit mit kritischem Impetus an die Homöusianer richte. Hilarius stelle hier verschiedene Positionen "einfach (...) nebeneinander". M.E. ist der Abschnitt aber nicht so heterogen, wie LOHR glauben machen möchte. Hilarius hat die Formulierungen seiner Definition bewußt so gewählt, daß die Homöusianer sie hätten akzeptieren können. 133 Syn. 84. 134 Syn. 85. 135 Zu Hilarius' Abgrenzung von der in Serdika getroffenen und noch im "Liber 1" von ihm selbst in Austauschbarkeit mit dem Personbegriff benutzten Unterscheidung nach Namen vgl. unten Anm. 104.

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156 Zweiter Teil

Der in "De synodis" nach Gallien mitgeteilte Brief des Hilarius an die

Homöusianer schließt mit der erneuten Aufforderung, gegen die Häretiker

zusammenzuhalten und sich zu diesem Zwecke unter dem nizänischen ομοούσιος,

das mit όμοιούσιος gleichbedeutend sei, zusammenzufinden136.

Der Schluß der Schrift137 wendet sich nochmals direkt an die Gallier mit der

Bitte um deren Gebete.

Hilarius bietet, wenn ich recht sehe, in "De synodis" eine stärker von

homöusianischer Theologie beeinflußte Interpretation des Nizänums138, wobei

er allerdings mit aller Kraft für Ν und das ομοούσιος und gegen das (sachlich

allerdings seiner Meinung nach völlig berechtigte) όμοιούσιος zum Zwecke der

Bildung einer antihomöischen Allianz zwischen Ost und West eintritt.

Damit vollendet er in "De synodis" seine bereits im "Liber 1" zu beobachtende

Abwendung von der serdicensischen Interpretation des "una substantia"139; diese,

m.E. sich bei Hilarius mit der Zeit verstärkende, Tendenz140 ist auf den

zunehmenden Einfluß östlicher homöusianischer Theologen während des Exils

des Hilarius im Osten zurückzuführen.

Dem Vermittlungsversuch des Hilarius war kein Erfolg beschieden. In gewisser

Weise ist sein "De synodis" eine utopische Schrift, wie LOHR m.E. völlig

zutreffend gesagt hat141. Der Vereinigungsplan des Hilarius wurde innerhalb nur

eines halben Jahres von den kirchenpolitischen Realitäten eingeholt. Die

136 Syn. 91. Die Gleichwertigkeit der beiden Begriffe wird durch Sätze wie diesen angezeigt: "Sed mihi homousii et homoeusii intelligentiam Evangelia et Apostoli intimaverunt." (PL 10, 545 A). 137 Syn. 92. 13e S.O.S. 151 mit Anm. 107. 139 S.O.S. 145f. 140 Als Indizien für eine solche Entwicklung würde ich nennen: Die Zunahme zusätzlicher Interpretamente für das "una substantia" wie etwa "subiectio" oder "similitudo"(s.o.S. 149 mit Anm. 98); die positivere Verwendung des "imago"-Begriffes gegenüber der reservierten Haltung im "Liber 1" (s.o.S. 149 mit Anm. 99); die Zunahme differenzierender und subordinierender Aussagen (s.o.S. 150 mit Anm. 101f.); die zunehmend vorsichtigere Behandlung von Joh 10,30 (s.o.S. 155); das Verschwinden der Austaschbarkeit von Person- bzw. Namensunterscheidung und die kritische Abgrenzung gegen letztere (s.o.S. 150 mit Anm. 104). Es ist deswegen irreführend, wenn FLEMING, I.e., 363, nur auf die "remarkable similarity" zwischen der collectio und "De synodis" hinweist. 141 LOHR, I.e., 84.

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4 Hilarius von Poitiers 157

angestrebte Einigung scheiterte am Sieg der homöischen Theologie der Valens

und Ursacius, die die Gunst des Konstantius II. zurückgewannen und ihre

theologischen Vorstellungen im Mai 359 in Sirmium142 und auf der

Doppelsynode von Rimini143 und Seleukia durchzusetzen verstanden.

Im Westen finden sich z.T. noch vereinzelt Spuren einer Rezeption der Theologie

des Hilarius von Poitiers, so im Synodalbrief der Synode von Paris im Jahre

360144, die sich nach dem Tode des Konstantius II. konstituierte und die

Entscheidungen von Rimini revidierte. Auch später kamen die Ideen des Hilarius

noch einmal, lokal begrenzt, kirchenpolitisch zum Zuge, als er sich gemeinsam

mit Euseb von Vercellae gegen den Homöer Auxentius von Mailand einsetzte145.

Andererseits wurde dem Ausgleichsversuch des Hilarius im Westen stets auch

scharfer Widerspruch zuteil: Luzifer von Calaris wandte sich mit maßloser

Polemik gegen alle Versuche einer Annäherung an homöusianische und generell

östliche Positionen und beharrte auf der Formel "una substantia"; Hilarius wurde

von Theologen aus Luzifers Kreisen aus der Gemeinschaft ausgeschlossen144. Die

beinah entschuldigenden Mitteilungen an Luzifer, die Hilarius seinem Text "De

synodis" beigab147, zeigt, unter welchem Rechtfertigungsdruck der aquitanische

Exulant in jenen Kreisen stand. Auch die späteren, von Gregor von Elvira

142 Die sog. 4. sirmische Formel vom Mai 359 bei Ath., syn. 8 und Socr., h.e. 11,37; bei KELLY, Glaubensbekenntnisse, 286f., mit deutscher Ubersetzung. Kommentierend zuletzt LOHR, I.e., 99ff. und HANSON, I.e., 362ff. Vgl. unten S. 186 Anm. 4. 143 Da sich diese Arbeit auf die abendländische Rezeption von Ν konzentriert, gehe ich auf die Synoden von Sirmium (4. sirmische Formel) und Rimini im Zusammenhang meines Phoebadiuskapitels kurz ein, s.u.S. 185ff. Die Synodalgeschichte jener Jahre hat durch die Darstellungen von DINSEN, I.e., BRENNECKE, I.e., und LOHR, I.e., in letzter Zeit ohnehin mehrere ausführliche und sorgfältige Darstellungen erfahren, so daß sie in dieser Arbeit nur gestreift werden soll. - Hilarius war als Exulant im Osten in Rimini nicht zugegen. Die Akten der Synode hat er später eingesehen und in seinem "Liber 2 adversus Valentem et Ursacium" mitverarbeitet; Spuren davon haben sich in den Collectanea antiariana Parisana erhalten (vgl. dazu BRENNECKE, I.e., 363 mit Anm. 14). 144 Hil., Coli, antiar. Paris. A 1,1. Kommentierend FLEMING, Commentary, 57ff.; SMULDERS, Doctrine, 68. 288 (zu Hilarius); LÖFFLER, I.e., 161. Vgl. in dieser Arbeit S. 191f. 145 Hü., Aux. 13; Rufin, Hist. X, 32f. - Zu Euseb von Vercellae s.u. S. 228f. 144 S.u. S. 226f. mit Anm. 70f. 147 Die entsprechenden Texte PL 10, 545 C - 548 C. Ein weiteres in diesen Zusammenhang gehörendes Fragment ist ediert bei SMULDERS, BijThPh 39 (1978), 234ff. Vgl. dazu unten S. 226.

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158 Zweiter Teil

geführten Luziferianer148, warfen dem Hilarius aufgrund seiner Annäherung an

östliche theologische Positionen Apostasie vor149.

Im Osten finden wir keine Spuren einer Nachwirkung der Gedanken des Hilarius.

Ob er überhaupt mit seinem Ausgleichsvorschlag im Orient auf offene Ohren

stieß, muß stark bezweifelt werden. Auf der Synode von Seleukia muß er sich

zunächst vom Verdacht des Sabellianismus reinigen1S0 und schließt sich dann der

homöusianischen Fraktion an. Eine aktive Rolle in den Verhandlungen, die dann

sehr bald die Homöer im Vorteil sehen sollten, hat Hilarius sicher nicht

gespielt151.

Erst im Jahre 366, als Hilarius schon längst wieder in Gallien war und an den

theologischen Debatten selbst gar nicht mehr teilhatte, taucht sein

Vermittlungsvorschlag noch einmal auf, als eine Delegation von Homöusianern

unter der Führung des Eustathius von Sebaste an Bischof Liberius von Rom

herantritt, das ομοούσιος akzeptiert und dessen Gleichberechtigung mit dem

όμοιούσιος bzw. der Formel ομοιος κάτα πάντα zu erweisen sucht152. Doch zu

jener Zeit hatte sich in der Unterscheidung von ούσία und ύπόστασις der

sogenannten neunizänischen Lösung, bereits eine schärfere und damit

tragfähigere Terminologie gefunden, und die einst hilarianische, nunmehr von

Homöusianern vertretene wechselseitige Interpretation von ομοούσιος und

όμοιούσιος war gleichsam obsolet geworden.

Hilarius selbst war an all diesen Debatten nicht mehr beteiligt. Aus dem Exil 360

in seine gallische Heimat zurückgekehrt, hat er noch einen umfänglichen

Psalmenkommentar153 verfaßt, in dem sich die Kämpfe der bewegten

vergangenen Jahre überhaupt nicht niedergeschlagen haben. 367 oder 368 ist er

gestorben.

148 Zu den Luziferianern s.u. S. 212ff. 149 Faustinus, Lib. prec. 24. 150 Sulp. Sev., Chron. II, 42,4. 151 Dies geht aus dem Hilariusbericht Hil., C. Const. 12ff. hervor. 152 Siehe hierzu unten S. 236ff. 153 Tractatus super Psalmos, ed. A. ZINGERLE, CSEL 7, Wien 1891.

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5 Phoebadius von Agen

5.1 Phoebadius und die zweite sirmische Formel

Kaum waren die Thesen des Hilarius gegen Sirm II und dessen Bezeugung und

knappe Interpretation von Ν im Dossier über die Synode von Serdika im "Liber

1 adversus Valentem et Ursacium"1 357/8 aus dem Exil im Osten nach Gallien

gedrungen, setzte auch auf westlicher Seite die theologische Auseinandersetzung

ein: Im Frühjahr 3582 ist es der Bischof der aquitanischen Stadt Agennum,

Phoebadius, der sich in seiner Schrift "Contra Arrianos"3 gegen die von ihm als

arianisch eingestufte Theologie der 2. sirmischen Formel" von 357 stellt.

Die dogmengeschichtliche Randlage, in der die Person des Phoebadius und seine

Schrift "Contra Arrianos" sich bis auf den heutigen Tag befinden5, ist im Blick auf

die insgesamt geringe literarische Aktivität des Bischofs von Agen6 und auf den

nicht eben originären Charakter seines Textes7 leicht zu erklären. Gleichwohl

scheint seine kurze Schrift aufgrund ihrer historischen Stellung als erster

ausführlicher westlicher Auseinandersetzung mit dem Arianismus bzw. mit dem,

1 Siehe hierzu oben unter 4, Anm. 1; dort auch zur Datierung auf die Jahreswende 357/8. 2 Zur Datierung siehe unten S. 165f. 3 CChr.SL 64, Turnhout 1984, 3-52 Demeulenaere. 4 Zu dieser Formel vgl. meinen Exkurs, s.u. S. 161ff. 5 In HANSONs Search for the Christian Doctrine of God entfallen auf Phoebadius knapp 4 Seiten (I.e., 516-519), was vergleichsweise schon eine etwas ausführlichere Form der Beschäftigung mit dem Bischof von Agen darstellt. LORENZ, Westen, 27, nennt ihn zwar, billigt aber ihm (und Gregor von Elvira) "keine eigene Bedeutung als Trinitätstheologen" zu. RITTER erwähnt Phoebadius in seiner kurzen Darlegung über die Aufnahme des "nizänischen Glaubens" in der syrischen und lateinischen Kirche in Kapitel III §6 im HDThG 1 gar nicht. Auch in den anderen neueren Darstellungen zur Dogmengeschichte habe ich keine Erwähnung des Phoebadius und seiner Schrift gegen die zweite sirmische Formel finden können. 6 "Contra Arrianos" ist die einzige überkommene Schrift des Phoebadius, nachdem "De fide" (CChr.SL 69, 217-247 Bulhart) mittlerweile eindeutig Gregor von Elvira zugeordnet wird (so im Grunde schon BARDENHEWER, Geschichte III, 396; vgl. des neueren die Praefatio in BULHARTs Edition im CChr sowie SIMONETTI, La fede, 22). Zu jener Schrift s.u. in dieser Arbeit unter 6. 7 Ein Gutteil der Schrift ist Tertullian und Hilarius entlehnt, ein weiterer großer Teil entfällt auf die Aneinanderreihung von Bibelzitaten (nach Vetus Latina; GLÄSER [siehe nächste Anm.], 7 und 102f. mit Anm. 37); siehe hierzu unten S. 166f.

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160 Zweiter Teil

was die Bischöfe um Hilarius und Phoebadius als Arianismus ansahen, unter der

Fragestellung der abendländischen Rezeption von Ν eine genauere Analyse zu

verdienen. Dies gilt umso mehr, als der 1978 von GLÄSER in dieser Richtung

unternommene Versuch8 trotz einiger hilfreicher Beobachtungen insgesamt als

gescheitert angesehen werden muß'.

Über die Person des Phoebadius vor 357 wissen wir praktisch nichts. Auf den

Synoden von Arles, Mailand und B6ziers ist er offenbar nicht zugegen gewesen.

Möglich ist, daß er erst nach 356 zum Bischof gewählt wurde10. Die Augsburger

Dissertation von GLÄSER über den Bischof von Agen bietet zu seiner Frühphase

einige mehr und zahlreiche weniger gut begründete Vermutungen: Daß er um

310/320 geboren wurde11 und daß er Aquitanier ist12, wird man mit einiger

Sicherheit sagen können. Ob man von "hervorragender Bildung"13 sprechen, ein

"Studium der Rhetorik"14, möglicherweise in Bordeaux, postulieren, des

Phoebadius' Eltern "dem senatorischen Adel Galliens"ls zuordnen und ihn selbst

vor seinem Bischofsamt eine Tätigkeit als "Rhetor und Lehrer"16 ausüben lassen

sollte, scheint mir aufgrund des völligen Schweigens unserer Quellen zu derlei

Fragen allerdings höchst fragwürdig.

Der (in einer einzigen Handschrift erhaltene)17 Traktat "Contra Arrianos"

stellt eine theologische Auseinandersetzung des Phoebadius mit der 2. sirmischen

8 Phoebadius von Agen. Diss.theol. Augsburg 1978. 9 Meine Auseinandersetzung mit GLÄSER in meiner Analyse von "Contra Arrianos", s.u.S. 168ff. - Maßlos übertrieben ist allein schon seine Gesamtwürdigung des Phoebadius als einer "überragenden Persönlichkeit des 4. Jahrhunderts" (I.e., 195), die sich naht-, aber auch kritiklos an ähnlich euphorische Beurteilungen aus dem 19. Jhdt. anschließt, vgl. DRÄSEKE, ZwTh 33 (1890), 81 und ZKWL 10 (1889), 343. - Vgl. SIEBENs Rezension der Arbeit von Gläser, ThPh 54 (1979), 605. 10 So GLÄSER, I.e., 17. 11 GLÄSER, I.e., 5, auf Basis von Hier., Vir.ill. 108. 12 GLÄSER, ebd. Vgl. Fragmenta Theologica Arriana e codice Bobiensi rescripto 1, CChr. SL 87A, 229, 8f. Gryson: "Item Foebadi Aquitani socio Hilari". 13 GLÄSER, I.e., 11. 14 GLÄSER, I.e., 12. 15 GLÄSER, I.e., 11 mit Anm. 51. 16 GLÄSER, I.e., 12. 17 Der Leidener Codex Vossianius F. 58 aus dem 9. Jhdt.; vgl. die Praefatio zu "Contra Arrianos" von R. DEMEULENAERE, CChr.SL 64,12. Ein Faksimile in der Ausgabe von DURENGUES, Revue d'Agenais 53 (1926) 339ff.

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5 Phoebadius von Agen 161

Formel dar, die im Oktober 357" von Valens, Ursaius, Potamius und

Germinius" als Einigungsformel durchgesetzt und auch von Ossius von Cordoba

freiwillig unterschrieben worden war20. Phoebadius verfährt in seiner

Gegenschrift so, daß er die Kernsätze jenes Textes von Sirmium einzeln

herausgreift und kommentierend zu widerlegen versucht. Aus diesem Grunde soll

der Analyse der Phoebadiusschrift in dieser Arbeit ein knapper Exkurs zur 2.

sirmischen Formel vorangestellt werden.

E X K U R S : Die 2. sirmische Formel von 357

Geht man von der polemischen Gegenschrift des Phoebadius gegen die zweite sirmische Formel aus21, so sind als Kernsätze dieses Bekenntnisses (mit denen Phoebadius sich dann im einzelnen befaßt) die folgenden Ausagen anzusehen:

1. U n u m deum esse, omnipotentem patrem22. 2. Duos deos nec posse nec praedicari debere23. 3. N e m o substantiam/homousion/homoeusion dicat24. 4. Nativitas (Filii) inennarrabilis est25.

18 Soz., h.e. IV,11 zeigt, daß Konstantius die Synode selber berufen hat; Konstantius ist im Oktober 357 in Sirmium nachzuweisen, vgl. SEECK, Regesten, 204. 19 Hil., Syn.ll. - Soz., h.e. IV, 11 geht davon aus, daß ausschließlich westliche Teilnehmer zugegen waren. Wer die Federführung bei der Erstellung der Formel hatte, ist unklar. Hilarius, Syn. 3. 11 denkt an Ossius und Potamius. Zu Ossius vgl. oben S. 130ff.; zu Potamius MONTES MOREIRA, Potamius, 106ff. Phoebadius, C. Ar. 3,2, hält Valens, Ursacius und Potamius für die Verantwortlichen. 20 Vgl. hierzu mein Ossiuskapitel, s.o.S. 130ff. - Zur Frage der angeblichen Erzwingung der Unterschrift des Ossius durch psychischen oder physischen Zwang s.o. S. 131 Anm. 145 und S. 132 Anm. 156. 21 Dieser Zugriff scheint mir nicht nur unter dem Gesichtspunkt der in dieser Arbeit verhandelten Fragestellung, sondern ganz generell für die Beschäftigung mit Sirm II methodisch besonders geeignet, handelt es sich doch bei der Schrift des Phoebadius um die erste, unmittelbar zeitgenössische Auseinandersetzung mit dem Text. In seiner Refutatio mußte er auf die Punkte eingehen, die in dem Streit als die Hauptdifferenzpunkte anzusehen waren. - Eine andere, allerdings nicht näher begründete Auswahl sog. Kernaussagen von Sirm II bei BRENNECKE, I.e., 320 mit Anm. 352. 22 Sirm II: HU., Syn. 11 (PL 10, 487 A) - Phoeb., C. Ar. 3,1; 3,4 (CChr.SL 64, 25, 1.9 Demeulenaere). ° Sirm II: PL 10, 487 Β - 488 A - Phoeb. 4,1 (I.e. 26,If.). 24 Im Bekenntnis von Sirmium lautet die Passage: "Quod vero quosdam aut multos movebat de substantia, quae Graece usia appellatur, id est, ut expressius intelligatur, homousion, aut quod dicitur homoeusion, nullam omnino fieri opportere mentionem, nec quemquam praedicare...", Hil., Syn. 11, (PL 10, 488 A). Phoebadius interpretiert dies mit: "Nemo unam substantiam dicat", CAr. 6,2ff.; 7,Iff. (CChr.SL 64, 29,7ff.; 29,Iff. Demeulenaere). Zu dieser Interpretation des Phoebadius siehe meine Analyse unten S. 178f. 25 Sirm II: PL 10, 488 Β - CAr. 9,3ff. (I.e. 33,10ff.).

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162 Zweiter Teil

5. Pater maior est26. 6. Filius Patri subiectus est27. 7. Pater Initium non habet28, invisibilis, impassibilis, incompassibilis, immortalis

est®. 8. (Filium) Deum ex deo, lumen ex lumine30. 9. Filium Dei hominem de Maria suscepisse per quem compassus est31.

Diese Kernaussagen der 2. sirmischen Formel stehen fast sämtlich in der Tradition der östlichen Glaubenserklärungen von Antiochien (341), Serdika-Ost (342), der Ekthesis makrostichos (345) sowie der 1. sirmischen Formel von 351, wie im folgenden kurz dargelegt werden soll.

Aussage 1 findet sich in allen bis 357 vorgelegten östlichen Bekenntnissen32

einschließlich N33. Aussage 2 entspricht der ausdrücklichen Ablehnung des Tritheismus in Serdika-Ost, Ekthesis makrostichos und Sirm I34. Aussage 4 ist, auch in Verbindung mit Jes 58,3, so schon seit Alexander von Alexandrien nachweisbar35. Aussage 5 entspricht der Enkainienformel von 34136. Aussage 6 und 7 finden sich in der Ekthesis makrostichos37. Aussage 8 findet sich in Ν (!) und in der sogenannnten 4. antiochenischen Formel wie auch in Serdika Ost. Aussage 9 erinnert an den Vorwurf der Verfasser des westlichen Serdicense gegen Valens und Ursacius, wie er in §3 der Erklärung erhoben und 11 entfaltet wird38; eine ähnliche Wendung wird demnach schon im Vorfeld der Synode von Serdika von den Illyriern gebraucht worden sein.

Auch die in Sirm II gebrauchte Rede von den "duas personas Patris et Filii" ist bereits in der Ekthesis makrostichos vorgezeichnet (τρία πρόσωπα; Ath., syn. 26,4,1).

Eine Einordnung der 2. sirmischen Formel in die Reihe der orientalischen Bekenntnisse ist somit grundsätzlich ohne weiteres möglich39.

26 Sirm II: PL 10, 489 A - CAr. 12,2ff. (I.e. 37,5ff.). 27 Sirm II: PL 10, 489 A - CAr. 14,Iff. (I.e. 40,Iff.). 28 Sirm II: PL 10, 489 A/B - CAr. 17,Iff. (I.e. 41,Iff.). 8 Sirm II: PL 10, 489 A - CAr. 19,lff. (I.e. 43,Iff.). 30 Sirm II: PL 10, 489 A - CAr. 23,Iff. (I.e. 46,Iff.). 31 Sirm II: PL 10, 489 A/B - CAr. 24,Iff. (I.e. 47,Iff.). 32 Schon das Antiochenum vom Frühjahr 325 (Opitz III, Urk. 18, 8; vgl. Arius, Urk. 6,2 !), sodann Ant II (Ath., syn. 23), Ant IV (Ath., syn. 25), Serdika Ost (HU., Coli, antiar. Paris. A IV, 2), Ekthesis makrostichos ( = E.m.; Ath. syn. 26), Sirm I (Ath., syn. 27). 33 Hil., Coli, antiar. Paris. Β II, 10 (150,7 Feder). 34 Zu den Fundstellen vgl. vorige Anm. 35 Opitz III, Urk. 14,46. Vgl. die Kommentierung von Ν durch Euseb, Opitz III, Urk. 22,11. 36 Vgl. v.a. auch den Vorwurf an die Verfasser des westlichen Serdicense, sie leugneten, daß der Vater größer sei als der Sohn, siehe meine Kommentierung zu §8 der Erklärung, S. 75f.. 37 Ath., syn 26. 38 Vgl. oben meine Kommentierung zum Serdicense. 39 Mit LOHR, I.e., 50, gegen KELLY, Glaubensbekenntnisse, 285. Anders auch BRENNECKE, Hilarius, 318: "...die Beschlüsse von Sirmium richteten sich auch (...) gegen jede aus der origenistischen Tradition hervorgegangene Theologie".

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5 Phoebadius von Agen 163

Allein Aussage 3 von Sirmium ist als das eigentlich "Neue", nun allerdings sehr gravierend Neue zu bezeichnen, durch das sich die 2. sirmische Formel von ihren Vorgängern unterscheidet. Zwar hatte sich auch in diesem Punkte bereits vorher eine Entwicklung abgezeichnet40. Doch ist das ausdrückliche Votum gegen jede Benutzung von substantia, homousion und homoeusion41 natürlich völlig singular.

Als weiteren Differenzaspekt im Vergleich zu den Vorgängerformeln könnte man darauf hinweisen, daß Sirm II die Subordination des Sohnes unter den Vater nun wieder stärker betont. Ganz war diese allerdings in den orientalischen Bekenntnissen seit 341 nie aufgehoben worden.

Die Anathematismen von Nizäa werden von Sirm II nicht rezipiert. Jedoch ist mit LOHR42 darauf aufmerksam zu machen, daß Valens und Ursacius bereits 342 in Serdika (Ost) die antiarianischen Anathematismen aus Ν unterschrieben hatten und diese 357 gar nicht mehr zur Debatte standen.

Die 2. sirmische Formel kann als Exponat einer homöischen Theologie gelten, die sich selbst keineswegs als arianisch verstand. Das Schlagwort jener Theologie, ομοιος, taucht allerdings erst in der 4. sirmischen Formel von 359 expresso verbo auf3.

Völlig verfehlt ist es, die 2. sirmische Formel als arianisch44 bzw. als anhomöisch45 zu interpretieren.

Die hier vorgetragene Interpretation kann und soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieser 357 unternommene Versuch einer theologischen Einigungsformel natürlich sachlich völlig unzureichend war. Mit einem Verbot der Diskussion und Klärung trinitätstheologisch so relevanter Begriffe war auf keinen Fall eine dauerhafte Einigung einzuleiten. Aus diesem Grunde verschwand Sirm II auch seit der Erstellung der 4. sirmischen Formel von 359, in der sich die Homöer klar

40 Die Ekthesis makrostichos vermeidet (allerdings 12 Jahre früher und unter ganz anderen äußeren Voraussetzungen) jegliche Verwendung der Begriffe ουσία und ϋπόστασις. Sirm I verwirft auf den οϋσία-Begriff zurückgehende falsche Vorstellungen vom Ausgang des Sohnes aus dem Vater (Ath., syn. 27,3). 41 Aussage 3. Hü., Syn. 11. Vgl. LONERGAN, Way, 83. 42 LOHR, Entstehung, 51. 43 Ath., syn. 8, 3-7. - Über Geschichte und Theologie der Homöer vgl. jetzt den grundlegenden Artikel von BRENNECKE, DHGE 24 (1993), 932ff. 44 Gegen die in der älteren Literatur unisono und auch heute noch (zuletzt LORENZ, Osten, 166 mit Anm. 22) immer wieder vertretene, die theologische Lage der 50er Jahre anachronistisch in das Schema "Arianer gegen Nizäner" pressende Sicht. Natürlich waren auch Valens und Ursacius gegen die Theologie des Arius (z.B. in ihrer Ablehnung der Bezeichnung "creatura" für den Sohn; man beachte auch, daß sie immerhin mit dem 'όμοιος einen Begriff für das Vater-Sohn-Verhältnis wählten, den Arius - falls Alexander zutreffend referiert - als zu stark die Einheit betonend abgelehnt hat [Urk. 4b, Opitz III 7,21f.]; vgl. zum Problem jetzt MARKSCHIES, Italien, 201-203), nur eben nicht von der Position des Nizänums aus. 45 Gegen GLÄSER, I.e., 24f. 114; MONTES MOREIRA, Potamius, 107; DE CLERCQ, Ossius, 456. 504 und ders., DHGE 16 (1967), 786. Deren Interpretation gründet sich darauf, daß die Anhomöer um Eudoxius Sirm II (gerade wegen der Ablehnung von ομοούσιος und όμοιουσιος) begrüßten (Soz., h.e. IV, 12,7). Andererseits lag ein Verbot der Diskussion um οϋσία gerade nicht im Interesse der Anhomöer. Und die Differenzierung zwischen γεννητός und άγέννητος die bei den Anhomöern entscheidend ist, fehlt in Sirm II.

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164 Zweiter Teil

gegen die Anhomöer abgrenzten, sang- und klanglos aus der theologischen Diskussion.

LOHR hat in seiner Bonner Dissertation nachzuweisen versucht, daß es sich bei der 2. sirmischen Formel um einen Kompromißversuch zwischen den theologischen Aussagen aus orientalischer Tradition einerseits und dem westlichen Serdicense andererseits handele46. Konstantius und die Bischöfe hätten dadurch die dogmatisch verfahrene Konstellation von Serdika bereinigen wollen. LÖHRs Versuch, Sirm II als Kompromiß zwischen Valens und Ursacius einerseits und Serdika-West andererseits zu interpretieren, überzeugt mich allerdings nicht. Für seine These kann er nur zwei Parallelstellen zwischen den beiden Bekenntnistexten beibringen". Bei näherem Hinsehen wirken selbst diese beiden Parallelen nicht zwingend4*. Zudem betreffen sie nur teilweise die grundlegenden Differenzpunkte zwischen den Vertretern der Ein- bzw. Dreihypostasentheologie. Man darf auch nicht vergessen, daß Valens und Ursacius 357 schon in einer viel zu starken Position waren, um noch auf die ihnen verhaßte, weil als sabellianisch angesehene Einhypostasenlehre und ihre theologischen Implikationen zuzugehen.

BRENNECKE interpretiert Sirmium II als homöisch, dabei auf (angeblich von den Vf. beabsichtigte) Parallelen zur westlichen theologischen Tradition, insbesondere zu Tertullian und Novatian verweisend49. Die Verfasser von Sirm II hätten hierdurch den westlichen Bischöfen den Beitritt zu der Formel erleichtern wollen. Der Text sei von Abendländern für Abendländer gestaltet und beabsichtige, die festgefahrenen Streitigkeiten durch schlichte, biblische und außerdem im Westen geläufige und orthodox klingende Wendungen (dabei den

46 LOHR, Entstehung, 48ff. 47 LOHR zufolge bestünde eine "eindeutige Anspielung" (I.e., 48) auf das westliche Serdicense in dem Satz: "...Patrem honore, dignitate, claritate, majestate et ipso nomine Patris majorem esse Filio..."; das Pendant aus der westlichen Erklärung von Serdika sei: οΰδέ τις αρνείται ποτε "τον πατέρα τοΰ υίοΰ μείζονα", ού δι' αλλην ϋπόστασιν οΰδέ τινα διαφοράν, άλλ' δτι αυτό το δνομα τοϋ πατρός μείζον έστι τοΰ υίοΰ (vgl. oben §8, Ζ. 58-60); eine zweite Anspielung finde sich in dem gegen Valens und Ursacius erhobenen Vorwurf der Passibilität des Logos/Pneuma (vgl. hierzu meine Kommentierung des Serdicense zu §3 und §11), der nun durch das "id est hominem" entkräftet werde. 48 In der Wendung "ipso nomine Patris" vermag ich keinen Kompromiß mit dem westlichen Serdicense zu sehen, das ja außer der Namensdifferenz keine andere Unterscheidung zuließ - ganz im Gegensatz zu Sirm II. Die von LOHR angezogene Passage aus dem Bekenntnis von 357 erinnert m.E. eher an die Wendung aus Ant II: των ονομάτων οϋχ απλώς οΰδέ άργώς κειμένων, άλλα σημαινόντων ακριβώς τήν οϊκείαν έκαστου των όνομαζομένων ϋπόστασιν τε και τάξιν και δόξαν. - Zur Kritik an LOHR in diesem Punkte vgl. auch RITTER, ThR 55 (1990), 176f. -Überzeugender der zweite von LOHR vorgetragene Punkt: Das "id est hominem" in Sirm II erinnert tatsächlich an das αλλ' ό αν&ρωπος (§11, Ζ. 81) in Serdika-West, das Markeil seinerzeit gegen Valens und Ursacius betont hatte. Aber dies wäre dann auch schon die einzige Parallele zwischen Serdika West und Sirmium II - m.E. viel zu wenig, um die Formel von 357 in LOHRs Sinne als Kompromißversuch deuten zu können. 49 BRENNECKE, Hilarius, 319ff. - Die von BRENNECKE geltend gemachten Parallelen I.e., 320f. mit Anm. 352.

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S Phoebadius von Agen 165

eigentlichen Differenzen eher ausweichend) einer Lösung zuzuführen50. Zutreffend ist die Beobachtung, daß der offensichtliche Biblizismus der 2.

sirmischen Formel51 im Abendland, das den theologisch spekulativen Gedanken-gängen ohnehin weniger stark zuneigte, durchaus auf Gegenliebe stoßen konnte und sollte52. Zutreffend ist gleichfalls, daß sich inhaltliche Ähnlichkeiten zwischen Sirm II und Tertullian, v.a. aber Novatian53 finden lassen. Ob sich hierbei jedoch direkte, absichtlich gewählte Wendungen aus Tertullian und Novatian nachweisen lassen, muß bezweifelt werden. Viel wahrscheinlicher ist mir, daß hier einfach inhaltliche Ähnlichkeiten aufgrund gleicher antimonarchianischer bzw. antisabellianischer Frontstellung vorliegen54.

Die 2. sirmische Formel ist zunächst durchaus im Rahmen der überkommenen Synodalbekenntnisse orientalischer Provenienz zu sehen und von hier aus zu interpretieren, wobei allerdings die Subordinationstendenzen etwa gegenüber Ant II im Sinne von Valens und Ursacius klar verstärkt werden. Auf die von Serdika her gegebene Konstellation der unüberbrückbaren Differenz zwischen Ein- und Dreihypostasenlehre, reagiert die Formel schlicht mit einem Diskussionsverbot, also mit theologischer Hilflosigkeit und Naivität. Das Verbot, über substantia, homousios und homoeusios zu spekulieren, entsprang womöglich einer ernst-haften Frustration über die im Grunde seit 325 theologisch völlig verfahrene, die kirchliche Einheit dauerhaft verhindernde Lage, einer Frustration, die sich vielleicht inzwischen auch des Ossius bemächtigt hatte und ihm deshalb die Unterschrift unter jenen Text sinnvoll erscheinen ließ55. Als geglückten theologischen Kompromißversuch wird man das sirmische Manifest deshalb aber keinesfalls ansehen können. Auf der anderen Seite scheint es jedoch auch nicht sonderlich provozierend gewirkt zu haben - im Westen reagieren allein Hilarius (aus dem Exil) und Phoebadius mit Gegenschriften darauf; ihnen schließen sich die gallischen Bischöfe an. Von weiteren Reaktionen im Westen auf Sirm II, das doch immerhin überall zur Unterschrift herumgeschickt wurde, hören wir nichts56.

50 BRENNECKE, I.e., 322. 51 Die Vielzahl der Zitate aus der Heiligen Schrift in Sirm II ist schon immer bemerkt worden, vgl. zuletzt LOHR, I.e., 47. Es fmden sich Zitate von Joh 20,17; Rom 3,29f.; Jes 53,8; Joh 14,28; Mt 28,19 und Anspielungen auf Mt 11,27 und l.Kor 15,28; 52 Man beachte aber, daß schon das Bekenntnis der Kirchweihsynode von Antiochien sehr bewußt auf biblische Formulierungen angespielt hatte, vgl. KELLY, I.e., 267: "Unverkennbar ist der intensiv biblische Ton". 53 Die mich am meisten überzeugende der Parallelen, die BRENNECKE zur Stützung seiner These auffuhrt, ist Novatian, Trin. XXX, 18, wo es um das Unterworfensem des Sohnes unter den Vater geht. Doch auch hier dürfte der einfache Hinweis auf die gleiche antisabellianische Haltung als Erklärung zu bevorzugen sein. 54 So auch LOHR, I.e., 46. 55 Hierzu s.o.S. 131ff. 56 Der oft wiederholte Satz GWATKINs, Studies, 162, Sirm II sei "eine Trompete, die von einem Ende des Imperiums bis zum anderen gehört wurde" (hier zitiert nach KELLY, I.e., 284), hat in den Quellen so keinen Anhalt und ist, zumindest soweit er den Westen betrifft, maßlos übertrieben. Behutsamer schon im Jahre 1911 HOLMES, Origin, 157.

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166 Zweiter Teil

D i e Gegenschrift des Phoebadius "Contra Arrianos" ist eine direkte Reaktion auf

Sirm II. D a sie z.T. auf Hilarius' Dossier über Serdika im Liber I adversus

Valentem et Ursacium zurückgreift57, dieser Text selber aber erst nach der

Synode von Sirmium entstanden sein kann58, ist "Contra Arrianos" nicht vor dem

Frühjahr 358 zu datieren59. Es ist m.E. nicht unwahrscheinlich, daß der Text ein

Vorbereitungspapier® für die gallische Synode von Ostern 358 gewesen ist, auf

der sich die tei lnehmenden Bischöfe dann gegen Sirm II erklärten61.

5.2 Phoebadius: "Contra Arrianos"

Schon immer ist in der Forschung darauf hingewiesen worden, daß "Contra

Arrianos" an vielen Stellen auf überkommene theologische Texte zurückgreift.

Weite Tei le der Schrift des Phoebadius bieten Zitate aus oder Anklänge an

Tertullians trinitätstheologischem Traktat "Adversus Praxean". Auch aus anderen

Schriften Tertullians hat Phoebadius vereinzelt Gedanken entlehnt62.

57 Zu den Einzelheiten über die von Phoebadius herangezogenen Texte s.u.S. 181ff. 184ff. 58 S.o. S. 136 Anm. 1. 59 GLÄSER, I.e., 26f. nennt Ende 357 / Anfang 358, ohne das Problem der Aufnahme von Gedanken aus der Hilariusschrift überhaupt zu diskutieren. Seine Datierung von "Contra Arrianos" hängt allein ab von der traditionellen Datierung des "Liber 1" des Hilarius auf dessen vorexilische Phase. Zu den Zweifeln hieran vgl. BRENNECKE, I.e., 325ff. und in dieser Arbeit oben S. 136 Anm.l. 60 Etwas anders BRENNECKE, I.e., 334; vgl. HANSON, Search, 516f. mit Anm. 49. 61 Jene Synode ist nicht direkt belegt. Aus Hil., Syn. 1-3 (PL 10, 479Bff.), geht aber hervor, daß sich eine größere Anzahl von Bischöfen in Gallien gegen Sirm II gestellt hatten, wie GLÄSER, I.e., 31 mit Anm. 120, treffend bemerkt hat. Mansi 3, 291f. verzeichnet ein "concilium incerti loci". Gaudemet (SC 241) und Munier (CChr.SL 148) übergehen die Synode. Der Ort, an dem sie tagte, ist nicht mehr zu ermitteln. GLÄSER plädiert für Paris. Aber seine Argumente der "geographischen Mitte" (I.e., 32) und der zwei Jahre später (nun in der Tat in Paris) tagenden Synode, die 360 dorthin berufen worden sei, weil man am gleichen Ort schon 358 "den Arianern mutig Widerstand" geleistet habe (ebenda), muten geradezu phantastisch an. 62 FRITZ, DThC 12/1 (1933), 1371-1373, BARDENHEWER, Geschichte III, 395 und MARX, ThQ 28 (1906), 393, vgl. DE CLERCQ, DHGE 16 (1967), 789, beziffern den Anteil der Tertullian-Zitate in "Contra Arrianos" auf etwa ein Drittel des Gesamttextes. Vgl. DEMEULENAERE in der Praefatio zu "Contra Arrianos", CChr.SL 64,10, aber auch die in der Ausgabe von DURENGUES angegebenen Parallelstellen und die Analyse von GLÄSER, I.e., HOff.

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5 Phoebadius von Agen 167

Auch auf die Benutzung von Novatians "De Trinitate" durch Phoebadius ist in

der Forschung immer wieder hingewiesen worden®.

Mit Sicherheit kennt Phoebadius darüberhinaus den Liber I adversus Valentem

et Ursacium des Hilarius; ihn hat er ausgiebig benutzt"; dabei stammen die

Anlehnungen v.a. aus dem im Liber I enthaltenen Dossier über die Synode von

Serdika (Hil., Coli, antiar. Paris. Β II, 1-11), und hierbei wiederum in ihrer

überwiegenden Mehrzahl aus der Kommentierung einer gegnerischen Glaubens-

formel durch Hilarius (I.e., Β 11,9) und aus dessen kurzem Kommentar zum

Nizänum (I.e., Β 11,11)®. Vereinzelt finden sich aber auch Anklänge an die im

Dossier mitgeteilten Texte von Serdika-West, so z.B. an das (von Hilarius ohne

das Serdicense überlieferte) Synodalschreiben66.

Ebenfalls kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß Phoebadius das

Nizänum kennt (vielleicht erst durch die Schrift des Hilarius?)67.

Daß er das Serdicense kennt, das ja im Dossier des Hilarius nicht enthalten,

sondern dort gleichsam durch Ν "ausgetauscht" worden war68, kann man aufgrund

zahlreicher inhaltlicher Berührungspunkte mit an Sicherheit grenzender

Wahrscheinlichkeit annehmen®.

63 Vgl. GLÄSER, I.e., 105. 64 So seit MARX, ThQ 88 (1906), 393ff. Unnötig zurückhaltend HANSON, Search, 517. 65 Siehe u. S. 181f. 66 Vgl. Phoeb., CAr. 1,3 (CChr.SL 64,23,13f. Demeulenaere) mit Hil., Coli, antiar. Paris. Β 11,1,2 (CSEL 65,107,3 Feder) und CAr. 28,1 (I.e. 51,2f.) mit Coll.antiar. Paris. Β 11,1,2 (I.e. 108,2-6). 67 Er nennt Ν "perfectam fidei catholicae regulam", CAr. 6,3 (CChr.SL 64, 29,11 Demeulenaere). Daß damit tatsächlich Ν gemeint ist und ihm der Text bekannt ist, legt CAr. 23,Iff. nahe: Die Gegner mißbrauchen die "perfectam fidei catholicae professionem", indem auch sie bekennen: "Deum ex Deo, Lumen ex Lumine" (I.e. 46, 1-3). 68 Am Ende des Synodalschreibens (Hil., Coli, antiar. Paris. Β 11,1) fällt das Serdicense aus, in der Auseinandersetzung mit der gegnerischen Glaubensformel tritt an "seine Stelle" das Nizänum (I.e. Β II, 10). Nach Beginn seines Exils im Osten hatte Hilarius das Serdicense nicht mehr als angemessene Lösung ansehen können. S.o.S. 153ff. 69 Siehe hierzu meine Analyse von "Contra Arrianos", s.u.S. 178ff. - Anders als beim Nizänum, das wohl erst durch die Schrift des Hilarius in Gallien verbreitet wurde, ist beim Serdicense davon auszugehen, daß es dort schon seit einigen Jahren bekannt war, man denke etwa an die gallische Synode von 346, die sich laut Athanasius, apol. sec. 49,1 den Beschlüssen von Serdika anschloß, vgl. oben S. 137f.

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168 Zweiter Teil

Von gegnerischen Schriften kennt er den Brief des Arius an Alexander70 sowie

Texte der Verfasser von Sirm II; namentlich wird ein Brief des Potamius von

Lissabon erwähnt71.

Die nun folgende Analyse der Auseinandersetzung des Phoebadius mit der

zweiten sirmischen Formel soll die Frage zu beantworten versuchen, in welchem

inhaltlichen Zusammenhang die Auswahl und Benutzung dieser (in ihrer

theologischen Stoßrichtung ja recht unterschiedlichen) Texte für die Konzeption

des Phoebadius steht.

Das methodische Verfahren des Phoebadius in seiner Streitschrift gegen Sirm II

sieht folgendermaßen aus:

Um den unter dem Schein orthodoxer Lehre verborgenen teuflischen Virus der

Häresie72 aufzudecken und so den fremden Glauben zu zerstören, damit der

rechte wieder zur Geltung komme73, will Phoebadius in seiner Schrift zunächst

die Aussagen der Häretiker vorstellen, um dann, in Abgrenzung von jenen, den

eigenen Glauben zu entfalten74. Der Aufbau seiner Schrift orientiert sich daher

an der Reihenfolge derjenigen Sätzen aus der 2. sirmischen Formel, die ihn in

besonderem Maße zur Widerlegung herausforderten; an ihnen entlanggehend will

er den gesamten Text von Sirm II widerlegen: "Incipientes igitur ab ipso capite

perfidiae, non fidei, ac deinceps per totum corpus decurrentes"75.

Unter dieser methodischen Prämisse setzt Phoebadius sich zuerst mit dem

gegnerischen Satz auseinander: "Unum constat Deum esse"76 bzw. "unum constat

70 Phoeb., CAr. 16,5. 71 Phoeb., CAr. 5,1. 72 "Zabolicum uirus sub modestia religiosae uenerationis occultum", CAr. 1,3 (CChr.SL 69, 23, l l f . Demeulenaere). 73 "Destruenda sunt enim aliena ut nostris credatur", CAr. 1,4 (23,14f.). 74 "Igitur ante haeresim zabolica fraude caecatam proferre in conscientiam publicam possim. Tarnen dum de ipsa mihi sermo est, dans fidei meae pignus, catholicum me probabo", CAr. 1,5 (24,17-19). 75 CAr. 2,1 (24,lf.); zu dieser Methode des Phoebadius vgl. GLÄSER, I.e., lOOf. 76 CAr. 3,1 (25,1).

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5 Phoebadius von Agen 1 6 9

Deum omnipotentem Patrem"77. Hier sieht er den ersten klaren Beleg für seine

These, daß sich die gegnerische Häresie geschickt hinter scheinbar völlig

orthodoxen Sätzen zu verstecken versteht: Denn auch das Nizänum begann ja

mit: "Credimus in unum deum, patrem omnipotentem"78; doch kann man, so

Phoebadius, aus den Ausführungen der Valens, Ursacius und Potamius schließen,

"illos hoc loco non tarn unum Deum professos quam unum Patrem

omnipotentem"75. Mit der Reduktion des Bekenntnisses zum einen Gott auf ein

Bekenntnis zum einen allmächtigen Gott Vater wird jedoch in Sirm II die

Gottheit des Sohnes de facto geleugnet80; zwar streiten Valens und Ursacius das

Prädikat Gott dem Sohn nicht explizit ab81, legen es ihm im Gegenteil sogar

bei82, aber tatsächlich, so Phoebadius, reicht in jener Lehre der Sohn nicht an die

Gottheit des allmächtigen Vaters heran.

Dies wird beim nächsten Kernsatz von Sirm II sogleich deutlich: "Duos, inquit,

deos nec posse nec praedicari debere"83. Auch hier ist Phoebadius zunächst

gezwungen, die Berechtigung dieses Satzes anzuerkennen84; aber in der

gegnerischen Interpretation wird diese Aussage nun dazu mißbraucht, daß "in

tantum a Patre Filius separatur et infra omnipotentem Deum ponitur"85, wodurch

für Phoebadius die Gottheit des Sohnes faktisch geleugnet wird86; hierin wird er

durch den gegnerischen Hinweis auf die Leiden Christi noch zusätzlich

bestärkt87, womit jene feststellen wollen, daß der leidensfähige Sohn nicht aus

dem leidensunfähigen Vater selbst sein kann88; eine Argumentation, die im

77 CAr. 3,4 (25,9). 78 HU., CoU. antiar. Paris. Β 11,10 (CSEL 65, 150,7 Feder). 75 CAr. 3,4 (25,llf. Demeulenaere). 80 CAr. 3,5.6. 81 "Deum Filium non negamus", CAr. 3,7 (26,23f.). 82 "...nomine Deum dicant", CAr. 3,6 (26,18). Zutreffend hierzu GLÄSER, I.e., Ulf. 83 CAr.4,1 (26,lf.; Blockschrift entfernt Vf.). 84 "Seimus hoc, nec umquam ex ore nostro duos deos proferimus", CAr. 4,1 (26,2f.). 85 CAr. 4,4 (26,9f.). 84 "Dominus noster Deus absolute denegatur", CAr. 4,5 (27,13). Aber dies ist die Konsequenz, die Phoebadius aus Sirm II zieht; sie berechtigt uns noch nicht zu der Aussage, daß für Valens und Ursacius der Sohn dem Vater unähnlich sei, gegen GLÄSER, I.e., 114. 87 CAr. 5,Iff.: Phoebadius beruft sich hiernoch nicht direkt auf Sirm II (dies erst später in CAr. 19ff.), sondern auf ein ihm vorliegendes und offensichtlich zumindest im Okzident kursierendes theologisches Schreiben des Potamius von Lissabon. 88 "Ideo autem passibilem uolunt dici ne ex inpassibili credatur", CAr.5,6 (28,23f.).

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170 Zweiter Teil

übrigen stark an die Position von Valens und Ursacius erinnert, mit der sich 15

Jahre zuvor schon das westliche Serdicense auseinandergesetzt hatte".

Im weiteren wendet sich Phoebadius dem gegen Ν gerichteten Verbot der

Begriffe substantia, homousion und homoeusion in Sirm II zu. Auffällig ist hierbei

nun, daß er an dieser Stelle nicht, wie man nach dem von ihm selbst eingangs

dargelegten und seine ganze Schrift durchziehenden methodischen Ansatz90 hätte

erwarten können, die entsprechende Stelle in Sirm II zunächst zitiert, um sie

dann zu widerlegen. In diesem Falle hätte er C.Ar. 6,2ff. zunächst zitieren

müssen: "Quod vero quosdam aut multos movebat de substantia, quae graece usia

appellate, id est (ut expressius intelligatur), homousion, aut quod dicitur

homoeusion, nullam omnino fieri oportere mentionem, nec quemquam praedi-

care..." (Sirm II)91, ggf. in abgekürzter Form. Anstelle dessen gibt Phoebadius

eine Art eigener Zusammenfassung des Verdikts von Sirmium und sagt kurzer-

hand: "Ab episcopis procedit edictum: Nemo urtam substantiam dicat."®2

Diese interpretierende Wiedergabe des Verdikts von Sirmium durch

Phoebadius zeigt eindeutig, daß der Bischof von Agen das Nizänum im Sinne des

"una substantia", also in der in Nizäa bereits tendenziell angelegten, aber erst in

Serdika-West explizit formulierten Form verstand. Unter ausdrücklicher Berufung

auf die Väter von Nizäa93 will er an der Lehre von der "una substantia"

festhalten, denn nur durch sie ist sichergestellt, daß der Sohn auf der Seite der

Gottheit steht: "Et nos ergo, unam Patris et Filii substantiam uindicantes, quid

alium quam in utroque pares diuitias, unius scilicet diuinitatis, praedicamus?"94

so daß seine Gleichheit mit dem Vater in jeder Hinsicht gewährleistet ist95.

Der vierte Kernsatz der 2. sirmischen Formel, mit dem Phoebadius sich befaßt,

ist das Jesajawort: "Natiuitatem eius quis enarrabit?"96 Valens, Ursacius und

89 Im Serdicense §3, Z. 14f. 90 S.O.S. 168 mit Anm. 74. 91 HU., Syn. 11 (PL 10, 488B). 92 CAr. 6,2 (29,7f.; Kursivdruck Vf.). Daß es sich hierbei um eine eigenständig interpretierende Zusammenfassung des Phoebadius handelt, übersieht GLASER, I.e., 116f. 93 CAr. 6,3. 94 CAr. 8,2 (31, 6-8). 95 "Unam Patris et Filiis substantiam praedicari - hoc est honorem, dignitatem, claritatem, uirtutem, maiestatem pari in utroque ueritate communem...", CAr. 8,5 (31, 18-20). 94 CAr. 9ff.

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5 Phoebadius von Agen 171

Potamius hatten hiermit einen Einwand gegen die Spekulation um den Vorgang

der Zeugung des Sohnes aufgenommen, wie er schon seit Alexander von

Alexandrien bekannt und geläufig war®7 und mit Hilfe dieses Einwandes auch ein

Argument gegen den Gebrauch des Substanzbegriffes gewonnen. Phoebadius

erkennt die gegnerische Exegese von Jes 53,8 zunächst an, macht dabei aber auf

die Konsequenz aufmerksam, daß dann dem Sohn auch kein Anfang beigelegt

werden dürfe98, wie es in Sirm II ja der Fall ist. Im weiteren schränkt Phoebadius

die Auslegung des Jesajawortes aber ein: Mit Mt ll,27f." begründet er seine

Auffassung, daß dem Menschen durch die Offenbarung die "mysteria dei", zu

denen auch die Frage nach der Zeugung des Sohnes gehört, kund werden

können100. Im besonderen legt er hierbei Wert auf die Aussage der Herkunft des

Sohnes aus dem Vater, die er mit Joh 16,28 begründet101. Diese Herkunft des

Sohnes aus dem Vater bezeichnet er, terminologisch Tertullian folgend, als

"natiuitas perfecta"102. Interessant ist hierbei, daß er in diesem Zusammenhang

nicht mit Ν argumentiert: Die Wendung "(hoc est) de substantia Patris"103 findet

sich bei Phoebadius nicht™. Ν ist also für ihn keineswegs alleiniges und

überragendes Kriterium der Orthodoxie, wiewohl er an verschiedenen Stellen mit

dem Bekenntnis von 325 argumentiert und die Stoßrichtung von Sirm II gegen Ν

sehr wohl erkannt hat und mißbilligt.

97 Opitz III, Urk. 14,19-21.46. 98 "'Habet', inquit, 'initium Filius, sed est eiusdem occulta natiuitatis'. Nonne est iniquum?" CAr. 9,2 (32,5-33,8). Vgl. GLÄSER, I.e., 127f. 99 CAr. 10,4f. Außerdem werden im Zusammenhang der Argumentation herangezogen: Joh 16,13; Sap 6,24; 1. Kor 2,10f.; Mt 7,7; Mt 13,11. 100 "Reuelatur enim si dignus reuelatione quis fuerit", CAr. 10,5 (35,23). 101 CAr. 10,3. 102 CAr. 11,7 (36,26); Tert., Prax. 7,1, auf die vorzeitliche Zeugung des Sohnes bezogen. Vgl. ausführlicher hierzu GLASER, I.e., 131f. 103 So in allen frühen westlichen Bezeugungen von Ν die Übersetzung des έκ της ουσίας τοΰ πατρός, vgl. DOSSETTI, Simbolo, 91ff., v.a. auch in der bei Hilarius überlieferten Fassung in Serdika-Dossier, Hil., Coli, antiar. Paris. Β 11,10 (CSEL 65, 150,9 Feder; Kursivdruck Vf.). 104 Gegen GLÄSER, I.e., 131ff., der die nizänische Wendung undifferenziert dem Phoebadius supponiert. In der in Frage stehenden Passage bei Phoebadius finden sich hingegen nur "ex Deo Patre", CAr.9,9 (33,27f. Demeulenaere); "de sinu Patris" [nach Joh 16,28], CAr.10,3 (34,14; Kursivdruck aufgehoben Vf.); außerdem über Gott Vater: "genuit de semetipso", CAr. 11,8 (36,35).

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172 Zweiter Teil

Weiter dem Text von Sirm II folgend setzt sich Phoebadius mit der gegnerischen

Interpretation von Joh 14,28 auseinander105, die dem Vater Vorrang "honore,

claritate, dignitate, maiestate'"06 zuweist. Dem tritt Phoebadius mit Hinweis auf

Joh 5,23; 1,18; 17,10; 6,38; 8,29; 14,10; Kol 2,9; 2 Kor 1,20 entgegen, womit er

beweisen will, daß dem Sohn gleicher Rang zukommt"". Denn nur wenn der

Sohn gleichen Ranges ist wie der Vater, kann er als Gott verstanden werden108.

Phoebadius bedient sich hierzu einer Abbildterminologie, wie sie sich bei

Alexander (aber nicht in N!) findet: "Custodit enim Dei uultum, et figuram

fideliter experimens plenam Patris imaginem reddidit"109. Die in Joh 14,28

implizierte Differenzierung interpretiert Phoebadius gegen die Verfasser von Sirm

II allein auf die Ursprungslosigkeit des Vaters im Unterschied zur Herkunft des

Sohnes aus dem Vater: "'Pater', inquit, 'maior me est'. Merito maior, quia solus

hie auetor sine auetore est"110.

Es fällt auf, daß Phoebadius sich bei der Diskussion um Joh 14,28 sorgfältig

sowohl gegen den "Arianismus" als auch gegen den "Sabellianismus" abzugrenzen

sucht. Die serdicensische "Lösung", das Größersein des Vaters allein auf den

größeren Namen zu deuten111, nimmt er zwar auf12, ergänzt sie aber, weil sie

105 CAr. u f f . 106 CAr. 12,2 (37,4f.); vgl. Sirm II: "honore, dignitate, claritate, majestate et ipso nomine", Hil., Syn. 11, PL 10, 489 A. 107 CAr. 12,8. 108 "Non tarn ergo a uobis minor maiestate Filius dicitur, cum hoc dicitur, quam Deus negatur", CAr. 13,2 (38,5f.). 109 CAr. 13,3 (38,9f.); Kursivdruck Vf. Auf die Parallele zu Alexander macht GLÄSER, I.e., 139 Anm. 201, aufmerksam. 110 CAr. 13,4 (38,12f.; Blockschrift aufgehoben Vf.); vgl. CAr. 2,4. 111 Siehe das Serdicense §8, Z. 60. 112 (Im Zusammenhang der Polemik gegen die arianische Sicht des Sohnes als einer dem Vater unterworfenen "creatura perfecta") "Subiectum enim Patri Filium, non Patris uel Filii nomine, ut saneta et catholica dicit Ecclesia, sed, ut supra diximus, creaturae conditione profitemini." CAr. 16,3 (40, 10-12); Kursivdruck Vf. Besonders deutlich CAr. 25,8: "Adparet ergo unum eundemque uenisse, nunc in homine Spiritus, nunc in uocabulo Sermonis, nunc in appellatione Sapientiae" (49,36f.). Vgl. auch CAr. 2,4. - Man wird deshalb m.E. nicht mit LOHR, I.e., 48f. 56, übereinstimmen können, der meint, daß Phoebadius nicht auf die Unterscheidung von Vater und Sohn dem Namen nach zurückgreife, weil er den (angeblichen, Vf.) Kompromiß zwischen Valens/Ursacius auf der einen und Serdika West auf der anderen Seite in Sirm II (Unterscheidung nach Rang, Klarheit, Ehre, Würde und Namen [letzteres wie Serdika West]) nicht akzeptiere. Was Phoebadius nicht akzeptiert, ist nicht Sirm II als Kompromiß, sondern Sirm II als Dokument für eine Rangunterschiedenheit von Vater und Sohn; an der serdicensischen Unterscheidung dem Namen nach hält er durchaus fest. Allerdings reicht sie ihm als einziges Kriterium nicht aus ("Sabell" hatte ja gelehrt: "Duum nomina una persona", CAr. 14,1 [38,3f.]), und muß somit ergänzt werden.

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5 Phoebadius von Agen 173

Vater und Sohn noch nicht hinreichend unterscheidet. Während man die Rede

von der "una substantia" auf jeden Fall festhalten muß, ist für Phoebadius

andererseits zum Zwecke der Abgrenzung vom Sabellianismus auch eine klare

Unterscheidung zwischen Gott Vater und Sohn notwendig, die er, terminologisch

wieder Tertullian folgend113, im Personbegriff vollzieht. So kommt er

abschließend zu der Aussage: "Patrem et Filium esse, non unam personam ut

Sabellius, aut duas substantias ut Arrius, sed ut fides catholica confitentur, unam

substantiam et duas docuit esse personas""4.

Die Meinung, daß Arius "duas substantias" gelehrt habe, erklärt sich m.E. aus

dem in Serdika formulierten Verdikt, das jegliche Rede von mehreren

Hypostasen (lat.: substantiae), mithin als Origenismus, als arianisch gegeißelt

hatte. Namentlich Valens und Ursacius, den Hauptkontrahenten des Phoebadius,

war in Serdika vorgeworfen worden, daß die Lehre von der Unterschiedenheit der

Hypostasen Arianismus sei (SerdW §3). Im Westen mußte die Rede von zwei

Substanzen jedem Theologen ein Greuel sein und bis zurück an den Erzketzer

Markion erinnern, dem Tertullian entgegengetreten war115. Solche Häresie sah

man nun von neuem drohen116.

Im selben Argumentationsgang von "Contra Arrianos" über das Größersein des

Vaters wendet sich Phoebadius auch gegen die Aussage des Unterworfenseins des

Sohnes unter den Vater117, die ja in Sirm II eine zentrale Rolle spielt118, und

weist nach, daß mit diesem Theologoumenon der Sohn wie bei den Arianern auf

der Seite der Geschöpfe zu stehen kommt - eine dem Verfahren in C.Ar. 12ff.

ganz analoge Gedankenführung.

Deshalb spricht Phoebadius nicht nur von mehreren "nomina", sondern in dezidierter Abgrenzung von Sabell, von zwei "personae". 113 Die Rede von den zwei Personen durchzieht den gesamten Text von Tertullians "Adversus Praxean". 1M CAr. 14,3 (39,11-13); Kursivdruck Vf. 115 Tert., Marc. 1,15,5 (Markion vertrete "duas substantias"); vgl. Hippolyt, Ref. X,19,l (über Markion als Vertreter der Lehre von den drei αρχαί). 116 Ich bin daher nicht ganz der Meinung von MARKSCHIES, daß "die lateinische Polemik gegen mehrere Substanzen (...) ins Leere" zielte (Italien, 16; Kursivdruck MARKSCHIES). Sie würde sonst kaum hier bei Phoebadius in aktueller Diskussion gegen die "aus der arianischen Giftschlange erzeugten Vipern" Valens und Ursacius (SerdW §3) wieder auftauchen. 117 CAl. 16,1-9. Vgl. GLÄSER, I.e., 144f. 118 "Patrem honore, dignitate, claritate, majestate, et ipso nomine patris majorem esse Filio"; "majorem Patrem, Filium subjectum cum omnibus his quae ipsi Pater subjecit"; PL 10, 489 A.

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174 Zweiter Teil

C.Ar. 17ff. thematisiert diejenigen Aussagen in Sirm II, die die einschlägigen

Gottesprädikate wie Anfangslosigkeit, Unsichtbarkeit, Affektlosigkeit, Mitleids-

losigkeit und Unsterblichkeit exklusiv für den Vater reserviert wissen wollen. Sind

diese Prädikate auch zweifellos für den Vater angemessen119, so kritisiert

Phoebadius doch - zunächst am Beispiel der Anfangslosigkeit -, daß nach der

Interpretation von Sirm II der Sohn von diesen Bezeichnungen ausgeschlossen

bleibe: "Patrem, inquit, initium non habere. Hoc est dicere: Filium habere"120.

Dieser Behauptung eines Anfangs des Sohnes begegnet Phoebadius in einem

ausführlichen Beweisgang, in dem die Substanzeinheit von Vater und Sohn eine

zentrale Rolle spielt121. Und auch die Abbildtheologie dient zum Erweis der

Gleichewigkeit des Sohnes: Dieser muß ja den Vater als Anfangslosen abbilden,

was nur möglich ist, wenn auch der Sohn als Abbild keinen Anfang hat122.

Darüberhinaus bringt Phoebadius das Argument auf, daß auch der Vater nicht

eigentlich als Gott gedacht werden könne, wenn ihm zu irgendeinem Zeitpunkt

der Sohn gefehlt habe: "Qui ergo probauerit sine uerbo (...) aliquando Patrem

fuisse, is probauit cum Patre et in Patre Filium ante omne principium non fuisse.

Tarnen nescio si his uirtutibus carens, Pater possit Deus dici"123.

Von seiner Ablehnung eines Anfangs des Sohnes ausgehend muß Phoebadius

nun auch auf die Reservierung der anderen Gottesprädikate der negativen

Theologie für den Vater in Sirm II eingehen; ein besonderes Problem stellt

hierbei die Frage nach der - biblisch bezeugten - Passibilität des Sohnes im

Verhältnis zur Impassibilität des Vaters dar. Passibilität und Sterblichkeit des

Sohnes waren ja schon in Serdika (Ost) von Valens und Ursacius als Argumente

gegen die Einhypostasie von Vater und Sohn geltend gemacht worden, wie das

Serdicense zeigt124. Auf diese gegnerische Argumentation reagiert Phoebadius

interessanterweise nun ganz ähnlich wie Markeil im westlichen Serdicense mit der

119 "'Patrem', inquit, 'initium non habere'. Quis negat?", CAr. 17,2 (41,4f.; Blockschrift aufgehoben Vf.). 120 CAr. 17,1 (41,lf.; Blockschrift aufgehoben Vf.). 121 Begründet mit Joh 10,30; 14,9; 14,10; 8,29: CAr. 17,5. 122 CAr. 17,2; 25,4; zutreffend hierzu GLÄSER, I.e., 148f., der auch auf die Parallelen zu Alexander von Alexandrien hinweist. 123 CAr. 18,lf. (42,1-5). 124 §3, Z. 14f.; vgl. meine Kommentierung oben S. 63f.

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5 Phoebadius von Agen 175

Vorstellung, daß der Geist, der Gott ist, einen Menschen anzog und dieser litt:

"Seimus enim nihil Spiritum Dei passum, dumtaxat suo nomine, quia inpassibilis

Deus, quia Deus Spiritus. Seimus quod omnis illa passio proprie carnis et animae,

id est hominis, fuit. (...) Non ergo passibilis Dei Spiritus, licet in homine suo

passus, quem ideo nec in passione deseruit, ut ei pati posse praestaret"125. Mit

dieser Denkfigur kann Phoebadius dem "arianischen" Einwand entgegentreten

und die Leiden des Menschen Jesus mit der Impassibilität Gottes, die ja auch für

Gott Sohn gelten muß, zusammendenken120. Seine Lösung des Problems ist mit

der im westlichen Serdicense formulierten nahezu identisch.

Als achten der Kernsätze in Sirm II prangert Phoebadius den Gebrauch der

Wendung "Filium Dei Deum ex Deo, Lumen ex Lumine"127 durch Valens,

Ursacius und Potamius an. Diesen Satz aus der "perfectam fidei catholicae

professionem"128, also N, mißbrauchen die Bischöfe um Konstantius, indem sie

durch bösartige Fehldeutung der orthodoxen Wendung den Sohn vom Vater

trennen129 und ihn seiner einzigartigen Stellung als "unigenitus" berauben: "et

ipsa enim dicens Deum ex deo, Lumen ex Lumine, facit ex Deo alterum Deum,

ex lumine alterum lumen, ut sit Filius ex Patre et non in Patre, hoc est ut factus

Deus a Deo, non sit unigenitus in Deo"130. Auffällig ist aber, daß Phoebadius

sich bei seiner Polemik nicht desjenigen Zusatzes bedient, den schon die Väter

von Nizäa gegen eine arianische Mißdeutung dieses Satzes eingebracht hatten:

"deum uerum de deo uero"131. Es zeigt sich erneut, daß er in seiner Schrift gegen

die (N tatsächlich eskamotierende) zweite sirmische Formel zwar das Nizänum

als Hort der Orthodoxie hochhält, de facto aber viel weniger direkt von Ν her

argumentiert als es ihm möglich gewesen wäre132.

125 CAr. 22,2. 4 (45,6-8. 46,12-14). Zu vergleichen ist §11 des westlichen Serdicense, Z. 78-83, bes. 81ff.: και τοΰτο οΰ πέπον&εν, άλλ' ό άνθρωπος, δν ένεδύσατο, ön άνέλαβεν έκ Μαρίας της παρθένου, το μ α,νϋ-ρωπον τον πα9·είν δυνάμενον. - Auf diesen Zusammenhang hatte schon LOOFS, AAWB 1909, 34ff., hingewiesen. 126 CAr. 22,3. 127 CAr. 23,Iff. 128 CAr. 23,1 (46,2f. Demeulenaere). 129 CAr. 23,4. 130 CAr. 23,3 (46, 7-11; Blockschrift aufgehoben Vf.). 131 HU., Coli, antiar. Paris. Β II, 10 (CSEL 65, 150, 10 Feder). 132 Vgl. oben S. 171 und unten 177ff.

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176 Zweiter Teil

Der letzte Punkt in Sirm II, mit dem Phoebadius sich in "Contra Arrianos"

beschäftigt, ist die Frage nach der Kompassibilität des Sohnes nach dessen

Annahme des Menschen in Maria133. Auch dieser Gedanke werde von den

Verfassern von Sirm II dazu mißbraucht, den Arianismus als geschickt

verborgenes Gift134 neuerlich auszubreiten. Phoebadius antwortet darauf mit der

Unterscheidung zweier Substanzen in Christus133, der menschlichen und der

göttlichen134, in seiner Argumentation inhaltlich und bis in die Formulierungen

hinein Tertullian folgend137. Abschließend bringt Phoebadius noch eine kurze

Zusammenfassung seiner Gesamtargumentation138, wobei er noch einmal auf

den gebotenen Mittelweg zwischen Sabellianismus einerseits und Arianismus

andererseits hinweist139 und zu diesem Zweck nochmals seine gegen Sirm II

gerichtete Formel "unam in duabus personis substantiam"140 einschärft.

Das letzte Kapitel von "Contra Arrianos" hat Nachtragscharakter und

beschäftigt sich mit dem schwierigen Problem, daß der im Westen äußerst

angesehene und verdienstvolle Bischof Ossius, einer der Teilnehmer von Nizäa

und erfahrener kirchlicher Berater nun schon mehrerer Kaiser, die "Häresie von

Sirmium" mitunterzeichnet hatte, was dem Dokument natürlich einen hohen

Autoritätszugewinn verschafft hatte141. Phoebadius versucht gar nicht erst,

irgendwelche Erklärungen für die Unterschrift des Ossius beizubringen142,

sondern insistiert allein auf dem im Verhalten des Spaniers vorliegenden

Selbstwiderspruch: "praeiudicatae opinionis auctoritas nihil ualebit, quia contra

133 CAr. 24f. 134 CAr. 24,1. Vgl. 5,3; 6,1; 8,7. 135 Dies ist natürlich nicht zu verwechseln mit der sich in "Contra Arrianos" durchhaltenden Lehre von der "una substantia" Gott des Vaters und Sohnes. Vgl. HANSON, Search, 517. 1M "...credimus Dominum nostrum ex duabus substantias constitisse: humana scilicet atque diuina; et ita Uli inmortalem fuisse diuinam ut mortalem quae fuerit humana.'' CAr. 24,3 (47,14f.). 137 Tert., Prax. 27, 10. 13; 29,2. 138 CAr. 26f. 139 "Nam si unum Deum singulariter nominamus, excludentes uocabulum secundae personae, furorem eius haeresis adprobamus quae ipsum adserit Patrem passum. Si admittimus numerum cum diuisione, iungimur cum Arrianis, qui factum a Deo Deum nouamque adserunt ex nihilo substantiam constitisse." CAr. 27,2 (50,4 - 51,9). 140 CAr. 27,3 (51,llf.). 141 Zu den Motiven des Ossius siehe oben S. 133. 142 Von physischer oder psychischer Gewalt ist nicht die Rede, wie ich meine ein starkes Argument gegen die Darstellung bei Athanasius, dem die gelehrten Auffassungen fast durchgehend folgen; vgl. oben (vorige Anm.).

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5 Phoebadius von Agen 177

semetipsam ipsa consistit"143. Ossius, der noch in Serdika fest zum Nizänum

stand144, hat durch die Wendung zu den "Arianem" jegliche Autorität eingebüßt:

"non mihi eius auctoritate praescribitur"145. Mit einer Mahnung durch Zitat von

Hes 33,12146, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt, schließt

Phoebadius seine Ausführungen "Contra Arrianos" ab.

Die vorgelegte Analyse von "Contra Arrianos" stellt nun die Aufgabe, die

trinitätstheologische Position des Phoebadius näher zu bestimmen, inbesondere

vor dem Hintergrund des von ihm ja in reichem Maße verwendeten Materials aus

der Tradition147.

Die Position, von der aus Phoebadius die 2. sirmische Formel kritisiert, ist

zunächst das Bekenntnis zu Ν. Ν gilt ihm als "perfacta() fidei catholicae

regula()"148, als "professio() catholica"14', als "uerita(s)"150 oder einfach als

"fide(s)"151, zu der die Häresie der 2. sirmischen Formel in unauflöslichem

Widerspruch steht.

Sieht man jedoch die Stellen, an denen "Contra Arrianos" tatsächlich von Ν

handelt, etwas näher an, so fällt zunächst auf, daß das Bekenntnis selbst nur an

drei Stellen im Text eine Rolle spielt: C.Ar. 28 wird die Unterschrift des Ossius

unter Sirm II mit dessen Teilnahme und theologischer Position in Nizäa

kontrastiert; C.Ar. 23 wird den Gegnern vorgeworfen, die Aussage von Ν "Deus

ex Deo, Lumen ex Lumine" in ihrem (bösartigen) Sinne fehlzudeuten; und C.Ar.

6 geht auf das Verbot des Begriffes "substantia" in Sirm II ein, das natürlich

143 CAf. 28,5 (52,18f.). 144 "Qua constantia apud Serdicam et Nicaeno tractatui adsessus sit", CAr. 28,2 (51,9f.). Zur Interpretation dieses höchst aufschlußreichen Satzes s.u.S. 179f. Der Satz ist in Kombination mit dem Brief des Ossius und Protogenes aus Serdika an Julius von Rom auch ein Beweis für die "Echtheit" des westlichen Serdicense, s.o.S. 103. 145 CAr. 28,3 (52 12f.). 146 "Iustitia iusti non saluabit eum in quacumque die exerrauerit". CAr. 28,5 (52, 20f.; Kursivdruck aufgehoben Vf.). 147 S.o.S. 182ff. 184ff. 148 CAr. 6,3 (29,11). Vgl. HANSON, Search, 517. 149 CAr. 6,4 (29,15). 150 CAr. 6,5 (29,19). 151 CAr. 23,3 (46,6).

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178 Zweiter Teil

gegen Ν steht. Interessant ist demgegenüber, daß der Begriff ομοούσιος, der nur

wenig später das Schibboleth der Orthodoxie im Westen sein sollte152, bei

Phoebadius nicht fällt.

Ist dieses offensichtliche Mißverhältnis zwischen nomineller Wertschätzung von

Ν durch Phoebadius einerseits und faktisch relativ geringer Benutzung

andererseits schon einigermaßen befremdlich, so vergrößert sich dieses

Befremden noch angesichts der Tatsache, daß Phoebadius sich an zwei Stellen

seiner Polemik gegen Sirm II naheliegende Argumente aus Ν entgehen läßt, also

gerade nicht auf den Text von Ν zurückgreift: Weder nimmt er C.Ar. 23 den

naheliegenden antiarianischen Zusatz "deum uero de deo uero" aus Ν auf, noch

zieht er C.Ar. 10 gegen die Behauptung der Unaussagbarkeit der göttlichen

Zeugung das "de substantia Patris" heran. Das Nizänum spielt also in der

Argumentation des Phoebadius gegen Sirm II eine merkwürdig untergeordnete

Rolle153.

Die Zweifel daran, den Phoebadiustext primär von der Theologie des

Nizänums her zu verstehen, verstärken sich weiter, wenn man fragt, in welchem

Sinne Phoebadius das Verbot der Begriffe substantia, homousios und homoeusios

in Sirm II als Verbot von Ν begreift: C.Ar. 6 zeigt nämlich ganz deutlich, daß

Phoebadius Sirm II v.a. als Angriff auf die Formel "una substantia" sieht154, und

also das Nizänum im Sinne des "una substantia" versteht: Die Väter von Nizäa

haben, so Phoebadius, das "una substantia" als vollkommene Regel katholischen

Glaubens aufgestellt "ob haereses detegendas"155. Phoebadius kann sogar die

Lehre von der "una substantia" dezidiert als die conditio sine qua non des

katholischen Glaubens hervorheben156. Mit diesem Verständnis greift er nun

aber keineswegs direkt auf Ν selbst, sondern auf die in Serdika 342 von Markeil

protegierte Interpretation von Ν zurück, die das Nizänum (dessen ursprüngliche

152 Vgl. nur Hilarius von Poitiers, "De synodis"; Gregor von Elvira, "De fide orthodoxa"; Marius Victorinus, "De homoousio recipiendo". 153 Man wird deshalb nicht gut sagen können, Phoebadius gebrauche "das Nicänum als Mittel, um die 'Häresie' seiner Gegner zu entlarven", gegen LOHR, I.e., 55. 154 CAr. 6,2f. 155 CAr. 6,5 (29,16). 156 CAr. 8,8: "Successoribus igitur huius perfidiae (...) merito una substantia disciplet, quam tolli uelut scandalum et unitatis diuortium postulant, ignorantes illos tantum catholicos esse dicendos qui in huius professionis communione concordant" (32, 30-34).

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5 Phoebadius von Agen 179

Tendenz zur Einhypostasenlehre zuspitzend)157 streng antiorigenistisch ausgelegt

hatte158. Erst durch die serdicensische Interpretation war ja μία ύπόστασις =

"una substantia" gleichsam rückwirkend zum Schlüsselbegriff von Ν geworden159;

und an dieses Verständnis von Ν schließt Phoebadius sich C.Ar. 6 an1®.

Zu dieser These passen nahtlos diejenigen Aussagen, die Phoebadius in C.Ar.

28 über Ossius von Cordoba macht: Von dem Spanier, der für Phoebadius

unbegreiflicherweise Sirm II unterschrieben hatte, heißt es: "...constantia apud

Serdicam et Nicaeno tractatui adsessus sit"161. Ossius ist uns nun aber aus den

Quellen der Synode von Serdika-West, besonders aus seinem gemeinsam mit

Protogenes von Serdika an Julius von Rom gerichteten Brief62 als einer

derjenigen Bischöfe bekannt, die 342 das Serdicense, nicht das Nizänum

favorisierten10. Wenn Phoebadius Ossius hier als Verfechter von Ν in Serdika

bezeichnet, kann das nur bedeuten, daß er das Serdicense als inhaltlich völlig

legitime Interpretation von Ν ansah, so daß er das Engagement des Ossius für

das westliche Serdicense als Festhalten an Ν verstand16*.

Auch sonst fällt bei der theologischen Argumentation des Phoebadius in "Contra

Arrianos" auf, daß das Gedankengut des Serdicense eine wichtige Rolle spielt:

In der Auseinandersetzung um die Frage der Passibilität des Sohnes vertritt

Phoebadius eine Auffassung, die den Sohn, der auch "spiritus" ist, einen

157 S.O.S. 22. 107. 124. 158 Viel zu undifferenziert und völlig anachronistisch dagegen GLÄSER, I.e., 131. 133. 160. 167f. 178f. und öfter, der in seiner Arbeit durchgängig die gesamte Debatte in das Schema "Nizäner gegen Arianer" preßt. 159 Vgl. meine Aufstellung oben unter 2.2.4. 160 Es ist also unzureichend, wenn GLÄSER, I.e., 116, behauptet, es gehe Phoebadius darum, das gegnerische Verbot des Substanzbegriffes anzugreifen. Vgl. auch CAr. 8,4: "...nec uocabulum, sed uis uocabuli displicet" (31,16f.). 161 CAr. 28,2 (51,9f.). 162 EOMIA 1/2, 644 Turner. 163 Diese Differenzierung übersieht LOOFS, Nizänum, 80. - Die spätere Sicht des Athanasius, tom. 5, das Serdicense sei zugunsten von Ν abgelehnt worden, ist so nicht glaubwürdig, vgl. meine Auseinandersetzung mit der von TETZ, ZNW 76 (1985), 243ff. vertretenen Auffassung, oben unter 2.2.5.; der Ossius- und Protogenesbrief will deutlich machen, daß das Serdicense Ν nicht ablösen oder ersetzen soll, aber doch als polemisch aktualisierende Interpretation von Ν notwendig ist. 164 Vgl. oben S. 103 und 124.

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180 Zweiter Teil

leidensfähigen Menschen annehmen läßt165 - dies entspricht exakt den Gedanken

in §11 des Serdicense166.

In der Frage des Größerseins des Vaters beruft sich auch Phoebadius auf die

Unterscheidung dem Namen nach167, wie es 342 schon das Serdicense getan

hatte168 - die Rangdifferenzierung nach "honor", "claritas", "dignitas" und

"maiestas" lehnt er dagegen (wie Serdika West)169 strikt ab170; allerdings bietet

Phoebadius in der Frage der Unterscheidung von Vater und Sohn auch eine

signifikante, über das Serdicense hinausgehende Veränderung171.

Wie das Serdicense vertritt auch Phoebadius die Gleichewigkeit des Sohnes172.

Der Gedanke, daß die Rede von zwei Substanzen auf Arius zurückgehe173,

hängt mit dem serdicensischen Vorwurf gegen Valens und Ursacius zusammen,

daß deren Differenzierung der Hypostasen arianisch sei174.

Wie das Serdicense wirft auch Phoebadius den Gegnern vor, Vater und Sohn

zu zertrennen175 und nur den Vater wahrhaft und im eigentlichen Sinne Gott zu

nennen176. Der im Serdicense gegen Valens und Ursacius gerichtete Vorwurf, sie

nennten Christus zwar Gott, aber nicht wahren Gott, wird in "Contra Arrianos"

wiederholt177.

165 So schon völlig zu Recht LOHR, I.e., 56. 166 Z. 78ff. - Siehe oben S. 175 Anm. 123. 167 CAr. 16,3; 25,8. Vgl. auch oben Anm. 112 und LOOFS, AAWB 1909, 29. 168 §8, Z. 59f.: oü δι' αλλην ϋπόστασιν ουδέ τινα διαφοράν, άλλ' δτι αίιτό τό όνομα τοΰ πατρός μεϊζόν έστι τοΰ υίοϋ (t: "nomen ipsut Patris maius est Filio", vgl. oben unter 2.2.4.). 169 Siehe vorige Anm: ούδέ τινα διαφοράν... 170 C-Ar. 2,4; 13. 171 Nämlich die Unterscheidung zweier Personen in der einen Gottheit nach Tertullian. Auch Sirm II hatte ja von zwei Personen geredet ("duas personas esse Patris et Filii", Hil. Syn 11, PL 10, 489 A, allerdings ohne dabei einen Begriff für die Einheit zu gebrauchen. 172 So richtig LOHR, l.c, 56; HANSON, I.e., 518. 173 CAr. 14,3. 174 SerdW §3, Z. 11-18. 175 Phoeb., CAr. 2,2; 8,5; 12,7f.; 23,4; - SerdW §3, Z. 18: κεχωρισμένας (t: "separabiles"; vgl. oben unter 2.2.4.). 176 Phoeb., CAr. 3,4ff. 177 SerdW §1, Z. 3f.: (sc. Χριστός) άλλα μήν αληθινός 9ΐός οϋκ έστιν (t: "Christus [...] uerus Deus non est."). - Phoeb., CAr. 8,7: "(sc. Filium) Deum quidem esse, sed non esse uerum Deum" (32,29f.) und CAr. 16,2 "... 'non Deum uerum esse', sed 'creaturam Dei perfectam esse' dixerunt" (40,6f.), von Phoebadius auf die mittlerweile verstorbenen "Urheber" des arianischen Giftes gemünzt. Der Text des Anus-Bekenntnisses an Alexander, das nur dem Vater das Prädikat αληθινός 9-εός beilegte (Opitz III, Urk. 6,2), war im Westen bekannt (Hil., Trin. IV, 12f. [CChr.SL 62, 112-114] und VI, 5f. [CChr.SL 62, 199-202] und eben auch Phoeb., CAr. 8,7; 16,5. Vgl. auch Euseb von Caesarea an Euphration von Balaneae, Opitz III, Urk. 3,3.

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5 Phoebadius von Agen 181

Die merkwürdige Aussage, daß die, die dem Sohn einen Anfang beilegen, ihm

logischerweise auch ein Ende werden zubilligen müssen, findet sich so nur bei

Phoebadius und im westlichen Serdicense™.

Nicht zu unterschätzen ist ferner die Tatsache, daß sich das westliche

Serdicense ja namentlich gegen Valens und Ursacius gerichtet hatte - die von

Phoebadius angegriffenen Hauptverantwortlichen für die 2. sirmische Formel™.

Diese kurze Zusammenstellung zeigt deutlich, daß das westliche Serdicense in

der Argumentation des Phoebadius eine deutlich größere Rolle spielt als das

eigentliche Nizänum, obwohl ihm letzteres spätestens durch das Serdika-Dossier

des Hilarius, vielleicht aber auch schon vorher und unabhängig von Hilarius,

vorlag. Das Serdicense hingegen, das im Serdika-Dossier im "Liber 1 adversus

Valentem et Ursacium" des Hilarius fehlte und durch Ν ersetzt worden war,

bestimmt weite Teile der Gedankenführung in "Contra Arrianos". Dogmen-

geschichtlich ist die Schrift des Phoebadius als westliche Auseinandersetzung mit

Sirm II zu begreifen, die wesentlich von der markellischen Interpretation des

Nizänums im "westlichen" Serdicense von 342 her argumentiert180.

Wie steht es dann aber mit der Benutzung des "Liber 1" des Hilarius von Poitiers

durch Phoebadius, die sich ja bis in die Formulierungen hinein nachweisen läßt?

Sieht man sich die Parallelen zwischen dem "Liber 1" und "Contra Arrianos"

genauer an, zeigt sich folgendes Bild"1:

178 Phoeb., CAr. 2,5 - SerdW §2, Z. 9: διδόασιν αϋτψ έφχήν και τέλος (t: "dant initium et finem"; siehe oben unter 2.2.4.). Vgl. LOOFS, AAWB 1909, 14. ™ Phoeb., CAr. 3,2 - SerdW §3, Z. llf.: δύο έχεις από της άσπίδος της Άρειανής έγεννή9·ησαν, Ούάλης και Οϋρσακιος. 180 HANSON, l.c, 519, notiert zutreffend Parallelen zwischen Phoebadius und Markell und wundert sich über diesen Befund, da die Schriften Markells ja kaum ins Lateinische übersetzt gewesen sein werden. Aber eine solche Vermutung ist ganz unnötig: Das "missing link" ist das Serdicense! 181 Ich gebe in Klammern nur die Seiten- und Zeilenzahl in der entsprechenden Edition an, also für Hilarius CSEL 65 Feder und für Phoebadius CChr.SL 69 Demeulenaere.

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182 Zweiter Teil

Hil., Liber 1

sub modestia religiosae moderationis obscurat (151,14)

perfidia, non fides (151,12)

perfidia, non fides (151,12)

ex omnibus orbis partibus in unum aduolant Nichaeamque concurrunt (149,7f.)

"substantia" dicitur, quod intra se id, quod semper est et in aeternitatis suae uirtutis subsistat (154,1-3)

uerum omnis ista alterius causae et doloris est quaestio (147,19f.)

perfidia, non fides (151,12)

homines spe omni bona vacui (152,3)

dissoluatur in Christo omne, quod deus est (152,1)

dicens 'deum ex deo\ 'lumen ex lumine', ut (...) ex deo ac lumine deus ac lumen factus a deo, non genitus de deo (151,14-16)

Phoeb., C.Ar.

sub modestia religiosae uenerationis occultum (23,llf.)

perfidiae, non fidei (24,1)

perfidia, non fide (26,15)

ex omnibus orbis partibus Nicaeam congregati (29,9f.)

substantia enim dicitur id quod semper ex sese est: hoc est quod propria intra se virtute subsistit (29,4-30,5)

omnis ista quaestio nominis alterius est doloris (31,16)

perfidiae, non fidei (32,20)

homines omni spe bona vaciu (33,9)

Soluitur enim in Christo omne quod Deus est (37,26)

ipsa enim dicens 'Deum ex Deo', 'Lumen ex Lumine', (...) ut sit Filius ex Patre et non in Patre, hoc est factus deus a Deo, non sit unigenitus in Deo (46,7-11)

Die übrigen bei FEDER und DEMEULENAERE im Apparat bzw. Register angegebenen Parallelstellen sind zu allgemein und ungenau, um als Argumente für direkte literarische Abhängigkeit Geltung beanspruchen zu können.

Es zeigt sich klar, daß Phoebadius aus der Hilariusschrift weniger die konkreten

Argumente als v.a. die polemischen Angriffe gegen die gegnerische Formel

übernommen hat; die aufgeführten Parallelen betreffen weit überwiegend die

verbalen Attacken des Hilarius gegenüber Sirm II und seine Verfasser. Inhaltlich

fällt nur die Parallelität der Einwände gegen das Abtrennen des Sohnes vom

Vater und gegen den Mißbrauch der Wendung "Deus ex Deo, Lumen ex Lumine"

Page 195: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

5 Phoebadius von Agen 183

ins Gewicht. Außerdem hat Phoebadius die Definition des Begriffes "substantia"

von Hilarius entlehnt"0: Die "substantia" ist das, was immer aus sich selber ist,

durch die ihm eigene und eignende Kraft existiert. Dies aber kommt nur dem

alleinigen und wahren Gott zu183.

Damit spricht der oben aufgezeigte Befund einer Übernahme von Formu-

lierungen aus dem das Serdicense wohl bewußt beiseite lassenden "Liber 1" des

Hilarius durch Phoebadius von Agen nicht gegen die hier vorgertragene Inter-

pretation von "Contra Arrianos" als einer inhaltlich v.a. auf die Einhypostasen-

lehre von Serdika und deren Implikationen zurückgreifende theologische

Abhandlung. Daß Hilarius im Serdika-Dossier seines "Uber 1" anstelle des

Serdicense Ν überlieferte, mag Phoebadius womöglich gar nicht als Akzent-

verschiebung inhaltlicher Art, die es für Hilarius sicher war, aufgefallen sein184.

Interpretiert man nun aber "Contra Arrianos" trinitätstheologisch vom Serdicense

her, so muß man dabei sorgfältig beachten, daß Phoebadius ganz offensichtlich

den gegen die Einhypostasenlehre und das westliche Serdicense immer wieder

erhobenen Vorwurf des Sabellianismus zu entkräften bemüht ist. Mehrfach in

seinem Traktat betont er die Notwendigkeit eines Mittelweges zwischen

Arianismus und Sabellianismus185. Und zur Durchführung dieser Intention hält

er auch eine konzeptionelle Lösung bereit, die in der Tat über das Serdicense

hinausgeht: Die Formel "unam substantiam et duas docuit esse personas"186.

Diese Formel ist, soweit ich sehe, in dieser Zusammenstellung vor Phoebadius

nicht nachweisbar187 und verdient insofern besondere Beachtung. Während dabei

182 So schon MARX, ThQ 28 (1906), 394; WILMART, RBen 24 (1907), 304; neuerdings GLÄSER, I.e., 117 mit Anm. 118. In der Tat scheint die Ableitung von Hilarius angesichts der Benutzung von dessen Liber I durch Phoebadius am wahrscheinlichsten. Andererseits darf man nicht übersehen, daß es sich bei der Definition um eine völlig normale lexikalische Wiedergabe von ουσία handelte, vgl. dazu MARKSCHIES, ουσία, xxx (im Druck). 185 CAr . 7,2: "Quae uis uni et soli Deo conpetit" (30,6 Demeulenaere). 184 Vgl. auch den Satz über Ossius: "qua constantia apud Serdicam et Nicaeno tractatui adsessus sit", CAr. 28,2 (51,9f.). 185 CAr . 14,1-3; 27,2. 186 CAr . 14,3 (39,13). 187 Bei Tertullian findet sich die Wendung in der von Phoebadius gebrauchten Form nicht; sie ist vielmehr eine Gelehrtenabstraktion, wie BEYSCHLAG, Grundriß 1, 205, treffend bemerkt; dies wird häufig in der Literatur nicht hinreichend klar gesagt, vgl. HARNACK, DG I, 576f.; PRESTIGE, God, 221; KELLY, Doctrines, 114; ANDRESEN, ZNW 52 (1961), 3. 38. - Zum

Page 196: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

184 Zweiter Teil

das "una substantia" im Sinne der serdicensischen Interpretation von Ν die

Wesenseinheit von Vater und Sohn festhält, werden beide im Personbegriff

terminologisch klar voneinander unterschieden.

Auf den tertullianischen Hintergrund der Rede von "duas personas" bei

Phoebadius ist in der Forschung immer wieder mit Recht hingewiesen worden188.

Insbesondere ist dabei die ausgiebige Benutzung von Tertullians "Adversus

Praxean" durch Phoebadius betont worden - häufig in recht allgemeiner Form1®.

Weniger klar ist dagegen bislang die Frage gestellt worden, welche Stellen und

Gedanken aus Tertullian Phoebadius in seiner Argumentation gegen Sirm II

primär verwendet hat. Eine kritische Durchsicht des Apparats und Registers bei

DEMEULENAERE fördert dabei folgende interessante Beobachtung zu Tage:

Phoebadius macht sich keineswegs durchgängig oder vollständig die

Argumentation Tertullians zu eigen, sondern geht im Gegenteil recht eklektisch

vor: Gehäufte und zusammenhängende Rezeption von Adv. Prax. findet sich in

C.Ar, eher vereinzelt190. Folgende inhaltliche und z.T. wörtliche Überein-

stimmungen lassen sich namhaft machen:

1.) Die Unterscheidung zweier Personen, Vater und Sohn191.

2.) Die Verteidigung gegen den Vorwurf, zwei Götter zu lehren192.

Originalton Tertullian vgl. Prax 2,4: "tres dirigens Patrem et Filium et Spiritum, tres autem non statu sed gradu, nec substantia sed forma, nec potestate sed specie, unius autem substantiae et unius status et unius potestatis" (CChr.SL 2, 1161, 32-35 Kroymann/Evans); Prax. 12,7: "teneo unam substantiam in tribus cohaerentibus" (1173, 39 Kroymann/Evans); Prax. 13,10: "duas res et duas species unius et indiuisae substantiae numerabo" (1176, 75f.); Prax. 18,2: "Habet rationem et cum unicum Deum statuit et cum duos Patrem et Filium ostendit" (1183,8f.). Zu "duas personas" bei Tertullian vgl. die nächste Anm. 188 In Tert., Prax. findet sich die Wendung besonders gehäuft. Einige Stellen: Prax. 6,1; 7,5; 11,10; 12,4; 13,5; 14,1; 21,5 u.ö. Tertullians Polemik gegen Praxeas' Rede von einer Person: Prax. 5,1; 9,1; 11,1; 11,3f.; 14,4; 15,3; 16,4 u.ö. 189 Vgl. oben S. 166 Anm. 62. 190 Phoebadius benutzt zusammenhängende Passagen aus Tertullians Text v.a. CAr. 4,8; 5,Iff. vgl. Prax. 27 (Thema: Passibilität Christi); CAr. 20f. vgl. Prax. 14 (Thema Invisibilität Christi); CAr. 24 vgl. Prax. 29 (Thema Kompassibilität Christi/Unterscheidung zweier Substanzen in Christus); CAr. 25 vgl. Prax. 7 (Thema Wort und Geist Gottes). 191 CAr. 14,3; 27,3. Zur Polemik gegen die Rede von einer Person CAr. 14,1; 25,2. Zu den entsprechenden Stellen bei Tertullian siehe oben Anm. 188. 192 CAr. 4,1 - Prax. 13,5f.; 29,8.

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5 Phoebadius von Agen 185

3.) Die Rede vom duplex status Christi und in diesem (christologischen)

Zusammenhang auch von zwei "substantiae", verbunden, aber

unvermischt1®3.

4.) Die Rede von der "natiuitas perfecta" des Sohnes194.

5.) Die Vorstellung, daß der Geist als göttliches Wesen Christi Fleisch annahm

und im Menschen als Mensch litt195.

6.) Der hermeneutische Grundsatz im Streit um die Schriftbeweise:

"...secundum plura intellegi pauciora"196.

7.) Einige antisabellianische Abgrenzungen197.

Diese aufgeführten Parallelen zwischen Phoebadius und Tertullian dürfen nicht

darüber hinwegtäuschen, daß Phoebadius andererseits wichtige Teile des

Tertulliantextes gar nicht rezipiert: So verzichtet er auf den für Tertullian

zentralen Subordinationsgedanken1". Und auch die starke Betonung des "una

substantia" bei Phoebadius ist von Tertullian durchaus unabhängig199. Mit den

Hauptschriftbeweisen des Phoebadius für die Einheit (Joh 10,30; 14,9) setzt sich

Tertullian eher kritisch auseinander200, da seine monarchianischen Gegner sich

auf diese Stellen beriefen. Während Tertullian die Sterblichkeit und Leidens-

fähigkeit des Sohnes eher betont, um dem "Patripassianismus" eines Praxeas

entgegenzuwirken201, tritt der Gedanke bei Phoebadius eher zurück, um den

193 CAr. 24,3 - Prax. 27,10f. 13; 29,2. - Zu dieser Lehre bei Tertullian vgl. CANTALAMESSA, Cristologia, 105ff. und 135ff. m CAr. 11,7 - Prax. 7,1. 195 CAr. 22,2. 4; 25, 5-7 - Prax. 26,4: "Spiritus substantia est sermonis" (CChr.SL 2, 1197, 21f. Kroymann/Evans); vgl. Prax. 7,8; 8,4; 27, lOf. 14. 196 CAr. 10,2 - Prax. 20,3. 197 CAr. 14,1; 27,2; vgl. GLÄSER, I.e., 143f. mit Anm. 212. Antimonarchianische Abgrenzungen Tertullians brauchen hier nicht aufgeführt zu werden, weil sich die gesamte Schrift "Adversus Praxean" gegen den Monarchianismus wendet. 198 Prax. 6,1; 7,8; 8,7; 9,2; 13,7; 15,8; 18,3; 19,7f. u.ö. - Richtig beobachtet bei GLÄSER, I.e., 122f. Phoebadius' Kritik an Sirm II trifft auch Tertullian. 199 In Tertullians Text steht die Formel "una substantia" nicht im Vordergrund, eigentlich nur Prax. 2,4 und 12,7. Der Grund liegt in der antimonarchianischen Stoßrichtung Tertullians. Vgl. KRETSCHMAR, Studien, 23ff. Zu "una substantia / unius substantiae" bei Tertullian vgl. WÖLF!,, Heilswirken, 50ff. 200 Prax. 20, 1-3. 201 Prax. 1,1.

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186 Zweiter Teil

Sohn im Vollsinne als Gott aussagen zu können202. Und an einigen Stellen in

C.Ar. bringt Phoebadius Argumente für die Einheit von Vater und Sohn vor, die

bei Tertullian gerade für die Differenzierung der beiden verwendet werden203.

Abgekürzt könnte man sagen, daß Phoebadius sich hauptsächlich an den Stellen

seiner Schrift an Tertullian anlehnt, an denen er sich gegen den Vorwurf des

Sabellianismus zur Wehr zu setzen sucht: Ein Verfahren, das sich angesichts der

Frontstellung Tertullians gegen den modalistische Theologen Praxeas geradezu

anbot! Bei der Auseinandersetzung mit der Theologie hingegen, die die Trennung

von Vater und Sohn heraufbeschwor und die Gottheit des Sohnes faktisch

leugnete, greift Phoebadius kaum einmal auf Tertullian zurück204; bisweilen

widerspricht er ihm gar; hier mochte ihm die Theologie des Nordafrikaners selber

als durchaus anfällig für "arianische" Gedanken erscheinen, wie ja übrigens auch

die Anklänge an Tertullian in der 2. sirmischen Formel selbst gezeigt hatten205.

Die vorgelegte Analyse hat gezeigt, daß die gängige dogmengeschichtliche

Einordnung von "Contra Arrianos" als westlicher Verteidigung des Nizänums206

dringend einer Differenzierung bedarf.

Die Schrift "Contra Arrianos" erweist sich als eine von der serdicensischen

Interpretation des Nizänums beeinflußte polemische Auseinandersetzung mit der

2. sirmischen Formel, die sich mit Hilfe einer eklektischen Tertullian-Rezeption

gegen den Vorwurf des Sabellianismus zu schützen versucht und dabei eine

wesentliche Schwäche des Serdicense, nämlich die mangelhafte Unterscheidung

von Vater und Sohn, durch Rezeption der Rede von den zwei Personen

202 C.Ar. 22,1 - Prax. 29,6f.; 30,Iff. - Für Tertullian vgl. WÖLFL, Heilswirken, 245ff. 203 Auffälligerweise deuten beide die gleichen Bibelstellen durchaus unterschiedlich, Phoebadius begründet aus ihnen die Einheit, Tertullian die Unterschiedenheit: Joh 5,43, Offb 1,8 (Phoeb., C Ar. 16,8f. / Tert., Prax. 17,1-6); Joh 8,10 (CAr. 21,5 / Prax. 22,2. 4); vgl. auch die Deutung von Ex 33,20 in C. Ar. 20,2 gegenüber Prax. 14,5. 204 Hier treten die Anlehnungen an Tertullian auffällig zurück. Es ist deswegen auch nicht richtig, wenn HANSON, I.e., 519, behauptet, Phoebadius"'thought has been almost wholly formed by Tertullian and perhaps Novatian". 205 Vgl. in meinem Exkurs zu Sirm II S. 164f. 206 Vgl. jüngst wieder HANSON, I.e., 517. Zu GLÄSERs Schematisierung "Nizäner gegen Arianer" s.o.S. 191 mit Anm. 231.

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5 Phoebadius von Agen 187

konzeptionell zu überbieten sucht. Aus der kurzen Auseinandersetzung des

Hilarius mit Sirm II im "Liber 1" hat Phoebadius v.a. die polemischen Topoi (z.T.

bis in die Formulierungen hinein) übernommen. Inhaltlich ist er jedoch noch

stärker als der im östlichen Exil weilende Bischof von Poitiers von der

N-Interpretation im Sinne serdicensischen Einhypostasenlehre geprägt.

5.3 Phoebadius von der Synode von Rimini bis zu seinem Tod

Noch im Frühjahr 358 hatte sich eine gallische Synode der Ablehnung von Sirm

II durch Hilarius und Phoebadius angeschlossen207. Gleichzeitig findet auch im

Osten eine Verwerfung jener Formel statt: Die vom Ortsbischof Basilius geführte

Synode von Ankyra vom 12.4.358, deren Synodalschreiben in der Forschung

allgemein als Gründungsmanifest der homöusianischen Partei bekannt ist,

bekräftigt gegen die ausdrücklichen Verbote der 2. sirmischen Formel das δμοιος

κατ' ούσίαν20".

Nach der Ablehnung von Sirm II durch Synoden des Westens wie des Ostens

mußten alle Versuche einer theologischen Einigung zum Zwecke einer

Überwindung der Kirchenspaltung auf eine neue Basis gestellt werden. Dieser

Aufgabe diente die Vorbereitung einer Reichssynode durch die theologischen

Erklärungen von Sirmium 358 (sog. 3. sirmische Formel; Synode von Basilius von

Ankyra dominiert, Schlüsselbegriff όμοιούσιος)20® und 359 (4. sirmische Formel,

207 HU., Syn. 2, PL 10, 481A; vgl. oben S. 147 mit Anm. 82. 84. 208 Das Synodalschreiben ist überliefert bei Epiphanius, haer. 73, 2-11. Die Verfasser sind Basilius von Ankyra und Georg von Laodicea. Ausführliche Analysen bei DINSEN, Homoousios, 136ff., HANSON, Search, 350ff., LOHR, Entstehung, 63-75 und STEENSON, Basil, 94ff., dort auch die Auseinandersetzung mit der das homöusianische Manifest betreffenden Literatur, insbesondere mit GUMMERUS, sowie die Vorgeschichte der ankyrenischen Synode (Querelen im Zusammnehang der Neubesetzung des antiochenischen Thronos nach dem Tode des Leontius Anfang 358), auf die in dieser Arbeit nicht eingegangen werden kann. m Basilius und seine Anhänger hatten sich unmittelbar nach der Synode vom April 358 an den kaiserlichen Hof nach Sirmium begeben; dort hatten sie die kaiserliche Zustimmung zu ihrer theologischen Position (Soz., h.e. IV, 14,4) erwirkt und auf einer Synode bestätigen lassen. Der 358 demnach sehr starke Einfluß des Basilius von Ankyra am kaiserlichen Hof geht jedoch bald wieder verloren - bis hin zum Tiefpunkt der Beziehungen in der direkten Auseinandersetzung zwischen beiden in Konstantinopel 359/360. - Zu den Quellen der 3. sirmischen Synode von 358 und ihrer Interpretation siehe HANSON, I.e., 357ff. und LOHR, I.e., 76ff.

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188 Zweiter Teil

von Valens und Basilius beeinflußt; Schlüsselbegriffe δμοιος κ α τ ά τ ά ς γραφάς

/ δμοιος κ α τ ά πάντα)2 1 0 sowie die Einberufung jener Synode nach Rimini (für

den westlichen Reichsteil) und nach Seleukia (für den östlichen Reichsteil)211.

D i e in den Quel len recht breit212, aber leider völlig kontrovers213 bezeugten

Geschehnisse auf der Synode von Rimini/Seleukia sind in den letzten Jahren

durch die Arbeiten von LOHR214, BRENNECKE2 1 5 und HANSON2 1 6 einer

ausführlichen neuen Analyse und Bewertung unterzogen worden, weshalb sich

meine eigene Arbeit zu diesem Punkte auf das Notwendigste beschränken kann.

Klar ist, daß die 4. sirmische Formel mit ihrem Kernsatz δμοιος κ α τ ά τ ά ς

γραφάς / κ α τ ά π ά ν τ α als vom Kaiser sanktionierte theologische Position217

sowohl in Rimini als auch in Seleukia zur Unterschrift anstand, wobei für die

210 Die Synode fand im Mai 359 statt. Die dort verabschiedete theologische Erklärung ist (bei geringfügigen Abweichungen) überliefert bei Athanasius, syn. 8, 3-7 und Sokrates, h.e. II, 37. Ausführliche Analysen von Sirm IV bei LOHR, I.e., 99ff. und BRENNECKE, Homöer, 6ff. und HANSON, I.e., 362ff. Aus homöusianischer Quelle (Epiph., haer. 73, 22,6) stammt die Notiz, Basilius habe in einer der Subskription beigefügten Erklärung das ομοιος κατά πάντα bekräftigt und das für Rimini vorgesehene Exemplar mit einem kommentierenden Zusatz (73,22,7f.) versehen. Die Formel wird damit ids Kompromißpapier zwischen Homöern und Homöusianern kenntlich -denn hinter der Wendung ομοιος κατά. πάντα konnte Basilius immer noch den (explizit nicht gebrauchten) Begriff der ουσία einbegriffen sehen, entgegen der von Valens und Ursacius verfolgten Intention. Einhellig ist in Sirm IV die Ablehnung der Theologie der einen Hypostase, wie sie seit Serdika insbesondere im Westen Fuß gefaßt hatte, vgl. nur Phoebadius' Schrift "Contra Arrianos". 211 Ob zuerst eine Gesamtsynode geplant war, wie Socr., h.e. II, 37,1 und Soz., h.e. IV, 16,1 meinen, ist nicht ganz klar. Hil., Syn. 8 geht von vornherein von zwei Synoden aus (Ankyra und Rimini - die östliche Synode war wohl zuerst für Nizäa [Soz., h.e. IV, 16,1], dann für Nikomedien geplant, das aber im August 358 durch ein Erdbeben stark zerstört wurde [Soz., h.e. IV, 16,3ff.J; erst dann erfolgte die Entscheidung für Seleukia); Konstantius mag das Fiasko von Serdika noch im Hinterkopf gehabt haben und wollte vielleicht direkten Konfrontationen durch die Einberufung zweier getrennter Synoden vorbeugen. 212 Socr., h.e. 11,37. 39; Soz., h.e. IV, 17-19; Thdt., h.e. II, 19ff.; Ath., ep. Afr. 3f.; Ruf., h.e. X, 22; Faustinus, Conf. 14-19; Hil., c. Const. 12ff.; Sulp. Sev., chron. II, 42ff.; unmittelbare Reaktionen auf Rimini/Seleukia sind Ath., syn. und Hil., Liber 2 adv. Valentem et Ursacium, zu rekonstruieren aus den Coli, antiar. Paris., die wahrscheinliche Anordnung des Liber II bei LOHR, I.e., 107f. 213 LOHR, I.e., 103ff. bietet eine nützliche Charakterisierung der unterschiedlichen Tendenzen und Intentionen dieser Quellen. 214 Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien. Studien zur Synodalgeschichte des 4. Jahrhunderts, Bonn 1986. 215 Studien zur Geschichte der Homöer. Der Osten bis zum Ende der homöischen Reichskirche, Tübingen 1988. 216 The Search for the Christian Doctrine of God, Edinburgh 1988. 217 Der Begleitbrief des Konstantius zu Sirm IV, der nur 5 Tage nach der Synode verfaßt wurde, ist bei Hilarius überliefert: Coli, antiar. Paris. A VIII; Kommentierend FLEMING, Commentary, 240-244; BRENNECKE, I.e., 23f.

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5 Phoebadius von Agen 189

Synodalverhandlungen selbst nur noch ein geringfügiger Spielraum für

Änderungen zugestanden wurde218.

D i e Verhandlungen in Rimini gestalteten sich jedoch völlig anders als

Konstantius und seine theologischen Berater es geplant und erwartet hatten: D i e

Mehrheit der 400 Bischöfe219 von Rimini lehnten die 4. sirmische Formel ab.

Erstens sei sie häretisch220 und zweitens reiche das Nizänum als theologisches

Einigungsdokument völlig aus221. Valens und Ursacius und ihre Anhänger

werden unter Berufung auf die Beschlüsse von Serdika verurteilt222.

Es kann nicht zweifelhaft sein, daß Phoebadius auf der Synode von Rimini

e ine führende Rol le im westlichen Episkopat innegehabt hat. Die von den

westlichen Bischöfen verabschiedete "definitio"223 trägt z.T. seine Handschrift224;

es f inden sich Theologoumena, wie wir sie in "Contra Arrianos" schon untersucht

218 So der Synodalbrief der Synode von Rimini bei Hil., Coli, antiar. Paris. A V,l,2. - Daß es Konstantius mit der Durchsetzung der kirchlichen Einheit ernst war, illustriert die Anwesenheit des Präfekten Taurus in Rimini, der vom Kaiser den Befehl erhalten hatte, die Bischöfe erst nach vollzogener Einigung in ihre Diözesen zurückkehren zu lassen, Sulp. Sev., Chron. II, 41,1. 219 Ath., syn. 8; Sulp. Sev., chron. II, 41,2; man vergleiche diese ungewöhnlich hohe Zahl mit der verschwindend geringen Beteiligung des Westens in Nizäa und der knappen Minderheit westlicher Synodaler auf der "westlichen Synode" von Serdika, s.o.S. 19ff. 95. 220 "Multa peruersae doctrinae continebat", Hil., Coli, antiar. Paris. A V,l,2 (CSEL 65, 82,5 Feder). 221 "Nefas enim duximus sanctorum aliquid mutilare et eorum, qui in Nicheno tractatu consederant una cum gloriosae memoriae Constantino patre pietatis tuae; qui tractatus manifestatus est et insinuatus mentibus populorum et contra haeresim Arrianam tunc positus inuenitur", Hil., I.e., V, 1,1,2 (79,6 - 80,3 Feder). Vgl. kommentierend LOHR, I.e., 113. 222 Ath., syn. 10,4; Socr., h.e. II, 37,66; Soz., h.e. IV, 18,10; Thdt., h.e. II, 19,9. Bei Hilarius fehlt die Notiz über die Verurteilung der Illyrier im Brief an Konstantius, vgl. hierzu BRENNECKE, Homöer, 26 Anm. 21. Der Synodalbeschluß über die Verurteilung von Valens und Ursacius Hil., I.e., A IX, 1-3. 2 0 HU., I.e., A IX,1. 224 Vgl. hierzu BRENNECKE, I.e., 26f. - GLÄSER, I.e., 44ff., will die (Mit)verfasserschaft des Phoebadius für die gesamten Dokumente der Synode erweisen, bedient sich hierbei aber eines methodisch hochproblematischen Verfahrens: Aus einer offenkundigen Parallele zwischen der definitio und "Contra Arrianos" schließt er die Verfasserschaft des Phoebadius für die "definitio". Aufgrund einer Parallele zwischen "definitio" und der "damnatio" (Hil., I.e., A IX,3) schließt er wiederum auf die Verfasserschaft des Phoebadius für die "damnatio"; aus einer Parallele zwischen "definitio" und dem Brief an Konstantius schreibt er schließlich auch diesen Brief noch dem Phoebadius zu. Obwohl die von ihm Eingeführten Parallelen höchst fragwürdig sind [z.T. handelt es sich nur um gleichen Gebrauch eines oder zweier Wörter, vgl. I.e. 45f.], läßt GLÄSER sich in seinem Eifer nicht einmal durch seine eigene (völlig zutreffende) Feststellung beirren, daß es "zu dem Brief (sc.: der Synode an Konstantius) in "Contra Arrianos" (...) keine Parallelen" gebe (I.e. 47 Anm. 184; Kursivdruck Vf.).

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190 Zweiter Teil

hatten225. BRENNECKE und LOHR haben in ihren obengenannten Arbeiten

zudem gezeigt, daß die Position der Bischöfe von Rimini der serdicensischen

Einhypostasentheologie nahesteht226, wie sie auch in "Contra Arrianos"

begegnet227. Zur Gruppe um Phoebadius gehörte in Rimini auch Servatius von

Tongern, einer der Gallier, die schon 346 den Beschlüssen von Serdika

beigetreten waren228.

Nach der unerwarteten Entscheidung der Synode brachen zwei getrennte

Delegationen zum Kaiser nach Sirmium auf, eine Minderheitenabordnung um

Valens und Ursacius und die Delegation der Mehrheit unter Führung des

Restitutus von Karthago. Die übrigen Bischöfe blieben so lange in Rimini. Da

Konstantius doch noch an der Donau anderweitig beschäftigt war22®, befahl er

den Delegationen, in Nike bis zu seiner Ankunft zu warten230. Hier in Nike ist

es Valens und Ursacius nach längerer Zeit des Aufenthaltes völlig überraschend

gelungen, die Mehrheitsdelegation von Rimini zum Widerruf der dort gefaßten

Beschlüsse und zur Akzeptierung einer Modifikation der 4. sirmischen Formel,

der sog. Formel von Nike231, zu bewegen232.

225 HU., I.e. A IX, 1,2 (96,1-5 Feder) vgl. CAr. 7,3 (30, 7f. Demeulenaere); 8,4 (31,16f.). Die Anathematismen der Synode [Text bei DUVAL, RBen 82 (1972), l l f . und BRENNECKE, I.e., 29] weisen ebenfalls deutliche Parallelen zu C.Ar. auf: vgl. Anath. 2 und CAr. 2,4; Anath. 4 und CAr. 24,1; Anath. 6 vgl. CAr . 9,Iff.; besonders wichtig Anath. 8: "Si quis patris et filii et spiritus saneti unam personam aut tres substantias diuisas dixerit et non perfectae trinitatis unam deitatem profiteatur, anathema sit", vgl. CAr. 14,3: "Non unam personam ut Sabellius, aut duas substantias ut Arrius" (39,llf. Demeulenaere) vgl. auch CAr. 25,lf.; 27,1-3. 226 Vgl. BRENNECKE, I.e., 28ff. - Anathematismus 8 verwirft jegliche Dreihypostasentheologie. Besonders bezeichnend ist, daß die Formel von Nike (siehe hierzu unten S. 191) sich ausdrücklich gegen die Einhypostasentheologie richtet: μήτε μήν δείν έπί ποσώπου πατρός και υϊοϋ και αγίου πνεύματος μίαν ϋπόστασιν όνομάζεσ^αι, Thdt., h.e. II, 21,7 (146, 7f. Parmentier-Scheidweiler), die demnach in Rimini von der Mehrheit der Bischöfe offenbar vetreten wurde. 227 CAr . 7,Iff.; 8,2. 5; 14,3 u.ö.; s.o. S. 178ff.. 228 Ath., apol. sec. 49,1 (Opitz II, 127,8 [no. 58]). Unkorrekt HOLMES, Origin, 158, der Servatius zu den Teilnehmern der westlichen Synode von Serdika zählt. 229 Offenbar ging es um die Anwerbung von Truppen für die erneut anstehenden Auseinandersetzungen mit den Persern, vgl. Amm. Marc., Römische Geschichte 19,2,17. 230 Ath., syn. 55,3. 231 Die Formel Thdt., h.e. II, 21, 3-7. - Zu den Einzelheiten des Verhältnisses dieser Formel von Nike zu Sinn IV vgl. LOHR, I.e., 114f. und BRENNECKE, I.e., 50ff. 232 Die Gründe für diesen plötzlichen Sinneswandel sind nicht mehr zu eruieren. Von einem "Betrug des Valens" sollte man nicht sprechen, denn die Behauptung des Illyriers, die Parallelsynode von Seleukia habe dem Verbot des οΰσία-Begriffes zugestimmt (Hil, Coli, antiar. Paris. A I, 1 [Brief der Synode von Paris 360]), mußte diesem völlig unzweifelhaft sein. Die Historiker und

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5 Phoebadius von Agen 191

Die beiden Delegationen, die sich auf Basis der Formel von Nike nun doch

geeinigt hatten, kehrten wieder nach Rimini zurück; dort gelang es ihnen nach

schwierigen Verhandlungen, ihre Amtsbrüder von dem Kompromiß von Nike zu

überzeugen03. Phoebadius von Agen gehörte zu einer Gruppe von 20 Bischöfen,

die hiergegen am längsten Widerstand leisteten234; schließlich unterschrieb aber

auch er die Formel von Nike235, ergänzt um einige antiarianische Anathema-

tismen236. Nach der Annahme der um die Anathematismen ergänzten Formel

von Nike durch die Synode kehrten die Bischöfe, die sich nunmehr gut ein halbes

Jahr in Rimini aufgehalten hatten237, in ihre Diözesen zurück.

Nachdem die Ereignisse auf der ab September 359 stattfindenden östlichen

Parallelsynode von Seleukia eine ganz ähnliche Wendung genommen hatten238,

Kirchenhistoriker des 5. Jahrhunderts bieten als Erklärungsversuche daneben Dummheit der Vetreter der Mehrheitsdelegation (Sulp. Sev., chron. II, 41,7) und Gewaltanwendung seitens der Vertreter der Minderheit (Socr., h.e. II, 37,90; Soz., h.e. IV, 19, 8-10; Thdt., h.e. II, 21,lf.; Ath., ep. Afr. 4) an. LOHR, I.e., 114f. vermutet "einen mehr oder minder starken Druck des Kaisers auf die nicänischen Delegierten". 233 Sulp. Sev., Chron. II, 43f. - Offenbar wollte die Synode die "abgefallenen" Delegierten zunächst exkommunizieren. Eine Skizze des Verlaufs bei LOHR, I.e., 127ff. 234 Sulp. Sev., Chron. II, 43. 235 Sulp. Sev., Chron. 11,44,4. - GLÄSER, I.e., 51ff., will dem Phoebadius die Unterschrift unter eine "arianische" Formel wie die von Nike "ersparen" und verweist hierzu auf die angefügten Anathematismen, durch die "aus der nizenischen Formel eine nizänische Glaubensformel wurde" (I.e., 52; Unterstreichung GLÄSER). Diese These ist aus zwei Gründen völlig unsinnig: Erstens ist der Text von Nike nicht arianisch, sondern homöisch. Zweitens ist er im Blick auf die Anathematismen nicht nizänisch, sondern immer noch homöisch, denn die in Frage stehenden Anathema-Sätze sind nichts anderes als auch sonst aus der homöischen Theologie bekannte und völlig geläufige Versuche der Abgrenzung gegen den Arianismus. Es handelt sich allerdings um einen nicht-nizänischen Antiarianismus und damit um ein tertium, für das in GLÄSERs starrem dualistischen Schema Arianismus/Nizänismus bzw. Häresie/Orthodoxie kein Platz ist. 236 Die Anathematismen Hier., c.Lucif. 18 (zitiert unten S. 203 Anm. 61). Nach Sulp. Sev., chron. II, 44 ist Phoebadius die treibende Kraft bei der Erstellung der Anathematismen, nach Hier., c. Lucif. 18 Valens. BRENNECKE, I.e., meint m.E. mit Recht, daß Phoebadius nicht gut Verfasser der Anathematismen sein kann, da diese keine Beziehungen zu den auf der ersten sessio in Rimini formulierten Anathematismen (s.o. Anm. 221) aufweisen. - Zum mit dem vierten dieser Anathematismen verbundenen sogenannten "zweiten Betrug" des Valens vgl. ausführlich LOHR, I.e., 130ff. - GLÄSERs (I.e., 61-63) abenteuerliche Konstruktion, Phoebadius habe die orthodoxen Anathematismen maßgeblich mitbeeinflußt oder gar selbst formuliert, den häretischen Anathematismus 4 dagegen gar nicht unterschrieben, weil er vor dessen Formulierung schon abgereist war, ist von apologetischem Eifer durchtränkt und historisch völlig unhaltbar. 237 Sulp. Sev., chron. II, 44,1. 238 Auf die Einzelheiten um die östliche Synode von Seleukia kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Vgl. hierzu die Arbeiten von LOHR, I.e., 149ff., BRENNECKE, I.e., 40ff. und HANSON, I.e., 371ff., in denen die Quellen detailliert analysiert werden und die gesamte Literatur verarbeitet ist.

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192 Zweiter Teil

war damit der Weg zu einer theologischen Einigung der Reichskirche auf

homöischer Grundlage frei; am 31.12.359 unterzeichneten die Bischöfe in

Konstantinopel die nur noch sehr geringfügig redigierte Formel von Nike2".

Damit konnte sich Konstantius als Einiger der Reichskirche und damit als

Vollender der Kirchenpolitik seines Vaters Konstantin fühlen240.

Doch die in Konstantinopel vollzogene Einigung auf Grundlage eines homöischen

Bekenntnisses sollte nicht einmal ein halbes Jahr Bestand haben. Im Februar 360

hatte sich in Paris Julian zum Augustus ausrufen lassen241, und mit dem damit

verbundenen Verlust der politischen Einheit im Reich fiel auch die kirchliche

Einigung sofort dahin. Es war für Julian naheliegend, zu versuchen, den seit

Rimini mehr denn je in (allerdings noch latenter) Opposition zu Konstantius

stehenden westlichen Episkopat auf seine Seite zu ziehen242. Noch im Sommer

des Jahres 360243 versammelte sich eine Synode in Paris, auf der die

Abendländer die eben erst reichsweit gebilligten Beschlüsse von Rimini/Nike

wieder rückgängig machten244. Weitere Regionalsynoden im Westen folgten

diesem Beispiel245. Auf jener Synode von Paris, deren Synodalachreiben bei

Hilarius erhalten ist24®, war auch Phoebadius von Agen zugegen, ohne daß wir

über seine Rolle auf dieser Synode genaueres erführen247.

239 Der Text des Dokumentes von Konstantinopel bei Ath., syn. 30; vgl. Soz., h.e. IV, 23,8. 240 Auf diesen Zusammenhang hat BRENNECKE wiederholt aufmerksam gemacht (Hilarius, 368; Homöer, 53) 241 Über die Usurpation Julians detailliert ROSEN, Beobachtungen, 409-447; BIDEZ, Julian, 195ff. 242 Vgl. KLEIN, Constantius II., 101-105. - Die Parallelen zu den kirchenpolitischen Entwicklungen nach der Reichsteilung nach 337 (s.o. unter 2.1.) liegen auf der Hand. - Aus dieser besonderen Situation erklärt sich die Tatsache, daß das Abendland von den antikirchlichen Maßnahmen Julians praktisch nicht betroffen war, vgl. auch BRENNECKE, Homöer, 88 mit Anm. 5. In Rom war der zum Christentum konvertierte Marius Victorinus allerdings von dem Rhetorenedikt Julians betroffen, Aug., Conf. VIII, 5,10. 243 CONCILIA GALLIAE (CChr.SL 148, 32-34 Munier); CONCILES GAULOIS (SC 241, 92-99 Gaudemet). - Zur Datierung vgl. auch GLÄSER, I.e., 71 mit Anm. 278. 244 Vgl. GLÄSER, I.e., 71f. will glaubhaft machen, daß die Bischöfe bald bemerkten, in Rimini hintergangen worden zu sein. Aber davon ist im Synodalbrief von Paris überhaupt keine Rede! 245 Sulp. Sev., Chron. II, 45: "frequentibus intra Gallias conciliis" (CSEL 1, 98,29 Halm). Vgl. HANSON, I.e., 465. 246 Hil., Coll. antiar. Paris. A 1,1. Kommentierend FLEMING, Commentary, 57-82. 247 GLÄSER, I.e., 72f., will mit Hilfe einiger sehr weit hergeholter, teilweise nur ein Wort umfassender "Parallelen" zwischen dem Pariser Synodalbrief und "Contra Arrianos" dem Phoebadius die führende Rolle auf der Synode zuteilen. In der Tat finden sich einige inhaltliche Parallelen zwischen dem Synodalbrief und Phoebadius (s.u.S. 193f. Anm. 248ff. - von GLÄSER nicht erwähnt);

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5 Phoebadius von Agen 193

Der Synodalbrief der Pariser Synode von 360, offenbar Antwort auf ein

homöusianisches Schreiben, widerruft die Beschlüsse von Rimini und bestätigt

ausdrücklich den Gebrauch des usia / substantia - Begriffes218 sowie des

"homousios"24', verstanden im Sinne von "unius substantiae", das nun tatsächlich

zum Schlüsselwort der Orthodoxie im Westen wird. Um den Sabellianismus zu

vermeiden, verwerfen sie (wie Hilarius) den Begriff der "unio" und wollen

stattdessen von "unitas" reden250. Die Differenzierung von drei "personae", wie

sie in "Contra Arrianos" zum Zwecke der Sabellianismusabwehr formuliert

war251, fehlt hier. Die Abbild-Terminologie, die ja schon in "Contra Arrianos"

begegnete252, wird dagegen von den Synodalen ausdrücklich gebilligt253.

Zwar liegt auch im Synodalbrief von Paris der ganze Akzent auf der Einheit

der Gottheit, belegt mit den hierfür geläufigen Schriftstellen Joh 10,30; 14,92S4;

daneben finden sich antisabellianische Abgrenzungen; doch durch die

Verwendung der Abbild-Terminologie war das Schreiben auch für die

Homöusianer akzeptabel, wie sich ja ohnehin die Pariser Synodalen mit den

"Orientalen"255, also den im homöischen Osten mittlerweile von ihren

Bischofssitzen vertriebenen Homöusianern, in Kirchengemeinschaft sehen256, die

durch Hilarius von Poitiers vermittelt ist257.

Der Pariser Synodalbrief zeigt sich also als Mittelweg zwischen der von

Phoebadius vertretenen Theologie der "una substantia" und dem homöusianisch

akzentuierten Ansichten des Hilarius, wie sie in dessen Interpretation des

Nizänums in "De Synodis" begegneten. Das Dokument macht deutlich, daß die

Theologie des Phoebadius durchaus nicht als die im Westen einzig und einheitlich

sie erlauben aber m.E. nicht, die Rolle des Phoebadius in Paris genauer zu bestimmen. 244 Hil., Coli, antiar. Paris. A 1,2,1 (CSEL 65, 44, 8f. Feder): "'Unius' a nobis idcirco uel 'usiae' uel 'substantiae' cum deo patre confessum". 249 L.c., A 1,2,1. Vgl. L.c., A 1,4,3 (45,27 Feder): "nos de 'omousion' significatione sentimus". 250 L.c., A 1,2,1. Für Hilarius vgl. Trin. 7,5. 2 1 CAr . 14,3 u.ö. 252 CAr . 17,2; 25,4. 253 Hil., I.e., A 1,2,1 (44,13f. Feder): "Imago inuisibilis dei sit". (Fettdruck statt gesperrt Vf.). 0 1 L.c., A 1,2,2. 255 L.c., A 1,1,2. 254 L.c., A 1,4,3. 257 L.c., A 1,1,2; 1,4,1. Auf hilarianisches Gepräge des Synodalbriefes verweist SMULDERS, Doctrine, 68.

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194 Zweiter Teil

vertretene anzusehen ist; seine Rolle für die Frage der abendländischen

Rezeption des Nizänums wird man daher - trotz seiner Verdienste um die

Auseinandersetzung mit Sirm II und trotz der unbestreitbaren dogmengeschicht-

lichen Bedeutung seiner Schrift "Contra Arrianos" - nicht überschätzen dürfen258.

In die weiteren Auseinandersetzungen im Westen um die trinitätstheologische

Frage hat Phoebadius nicht mehr eingegriffen. Bezeugt ist noch seine Teilnahme

auf den Synoden von Valence (374) und von Saragossa (380); doch ging es hier

ausschließlich um kirchendisziplinarische und rechtliche Fragen159.

Hieronymus bezeugt, daß Phoebadius 392 in sehr hohem Alter noch gelebt

hat260. Der terminus ante quem seines Todes ist 405 (Bezeugung eines Dulcidius

als Bischof von Agen)261.

258 Gegen die unübersehbare Grundtendenz in GLÄSERs Buch. 259 Zu den auf diesen Synoden verhandelten Fragen siehe GLÄSER, I.e., 79ff. - Die Teilnahme des Phoebadius an der Synode von Bordeaux (384) ist unsicher, anders GLÄSER, I.e., 88ff. 260 Hier., Vir. ill. 108. 261 Vgl. GLÄSER, I.e., 92f. nach Gallia Christiana II, 897. GLÄSER stellt dabei die Hypothese auf, daß Phoebadius bis zum Jahre 405 gelebt habe; aber dies ist völlig unbeweisbar.

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6 Gregor von Elvira: "De fide orthodoxa"

Über das Leben von Gregor von Elvira wissen wir beinahe nichts. Die auf uns

gekommenen Notizen beschränken sich auf zwei kurze Passagen bei Hieronymus1

und einige Hinweise aus luziferianischen Quellen2, wobei letztere allerdings von

historisch durchaus umstrittenen Wert sind3. So können wir über das Leben

Gregors leider nicht mehr sicher sagen, als daß er um die Zeit der Formulierung

der 2. sirmischen Formel 357 Bischof von Elvira in Spania Baetica geworden sein

muß", daß er seit den späten 60er und in den 70er Jahren des 4. Jahrhunderts als

Oberhaupt der Luziferianer galt5 und daß er im Jahre 392 in hohem Alter noch

am Leben war6; damit sind die uns zur Verfügung stehenden Informationen

bereits erschöpft.

Dieser Befund läßt es verständlich erscheinen, daß die Werke des Gregor von

Elvira bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend unbekannt geblieben

sind. Allein die Notiz des Hieronymus"... usque ad extremam senectutem diversos

mediocri sermone tractatus conposuit, et De fide elegantem librum"7 wies

überhaupt auf die Existenz solcher Schriften hin. Erst einigen ausführlichen und

1 Hier., Vir. ill. 105; Chron. ad 370. 2 Faustinus, Lib. prec. 33ff. 40. 73. 77. 90. 3 Man muß jedenfalls stets ein apologetisches Interesse der Luziferianer mit veranschlagen, die Gregor offensichtlich als ihre Führungspersönlichkeit im Westen ansahen. Darauf hat SIMONETTI, La fede, 7 mit Anm. 4 überzeugend hingewiesen. An der Echtheit des bei Hilarius, Coli, antiar. Paris. A II, 1-2 überlieferten Briefes des Euseb von Vercelli an Gregor von Elvira, in dem ersterer letzteren für den mutigen Widerstand gegen die Arianer lobt, bestehen berechtigte Zweifel. Die wahrscheinlich luziferianische Fälschung ist zudem zu allgemein gehalten, um Rückschlüsse auf das Leben und die Theologie Gregors ziehen zu können. 4 Dies ergibt sich aus Faustinus, Lib. prec. 34: "Erat (...) rudis adhuc episcopus" (CChr.SL 69, 368, 302 - 369, 304 Simonetti/Günther). 5 Dies bezeugt die Lex Augusta, das Reskript des Theodosius auf ein Bittschreiben der römischen Prebyter Faustinus und Marcellinus: "qui communicantes Gregorio Hispaniensi et Heraclidae Orientali, sanctis sane et laudabilibus episcopis..." (CChr.SL 69, 392, 32-34 Simonetti). Hieran scheitern alle Versuche, aufgrund von Zweifeln an den luziferianischen Texten, die sich auf Gregor beziehen, grundsätzlich abzustreiten, daß Gregor mit den Luziferianern in Verbindung stand, vgl. z.B. DANIEL, DCB 2 (1880), 740. 6 Hier., Vir. ill. 105: "...hodieque superesse dicitur." (49,10 Richardson). 7 Hier., I.e. (49,8-10 Richardson; Kursivdruck TU).

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196 Zweiter Teil

sorgfältigen Studien besonders WILMARTs" - gestützt durch einige Hand-

schriftenfunde V E G A s - war es zu verdanken, daß mittlerweile eine Anzahl von

Texten mit Sicherheit' und einige weitere Schriften mit ziemlicher Wahrschein-

lichkeit10 Gregor von Elvira zugeschrieben werden können11. Sie l iegen seit 1967

in der von B U L H A R T vorgenommenen Edition im Corpus Christianorum vor12.

Zu diesen Gregor mit Sicherheit zuzuschreibenden Texten gehört auch jener

Traktat "De fide orthodoxa contra Arrianos", der schon seit den Maurinern d e m

Phoebadius zugeschrieben13 und in PL 20 direkt im Anschluß an die Phoebadius-

Schrift "Contra Arrianos" ediert worden war14; K R Ü G E R im Jahre 188615 und

noch D U R E N G U E S im Jahre 1909" traten erneut für die Verfasserschaft des

Phoebadius ein. Doch auf der anderen Seite hatte bereits im 17. Jahrhundert

Q U E S N E L die Schrift "De fide orthodoxa" Gregor von Elvira zuschreiben

wollen17, und nach den Untersuchungen MORINs18 und WILMARTs19 , zuletzt

8 Les "Tractatus" sur le Cantique attribufes ä Grfegoire d'Elvire, in: BLE (1906), 233-299; La tradition des opuscules dogmatiques de Foebadius, Gregorius Illiberitanus, Faustinus, in: SAWW 159,1, Wien 1909, 1-34; Area Noe, in: RBen 26 (1909) 1-12; Un manuscrit du Tractatus du Faux Origöne espagnol sur l'Arche de Νοέ, in: RBen 29 (1912), 47-59; Fragments du Ps.-Origüne sur le psaume XCI dans une collection espagnole, in: RBen 29 (1912), 274-293. 9 V.a. exegetische und homiletische Texte: So der "Tractatus Origenis", eine Sammlung von zwanzig Homilien [CPL 546]; der "Tractatus de area Noe" [CPL 548] (vgl. hierzu WILMART, RBen 26 [1909], 5ff.); das "Fragmentum tractatus in Genesim 3,22" [CPL 549]; die "Libri in canticum canticorum quinque" [CPL 547]; die "Expositio de psalmo XCI" [CPL 550]; Über diese Schriften siehe die Einleitung von SIMONETTIs Ausgabe von "De fide", I.e., 9ff. 10 "De Salomone", eine allegorische Erklärung von Prov. 30,19 [CPL 555]; Die "Fragmenta expositionis in ecclesiasten" [über Eccl. 3,2 und 3,6] [CPL 556b]; Drei Glaubensbekenntnisse unklarer Zuschreibung, nämlich die "Fides Romanorum" [CPL 552], "Fides catholica" [CPL 554] und "Fides saneti Hiernonymi" [CPL 553]; schließlich eine allegorische Erklärimg einiger Leviticusstellen unter dem Titel "De diuersis generibus leprarum" [CPL 556]; über diese Schriften vgl. SIMONETTI, I.e., Uf. 11 Eine Untersuchung der Werke Gregors hinsichtlich der darin benutzten Quellen durch KOCH, Zu Gregor von Elviras Schrifttum und Quellen, in: ZKG 51 (1932), 238-272, hat die Ergebnisse WILMARTs im wesentlichen bestätigt. Vgl. auch REGINA, II "De Fide", 3ff. mit ausführlichen Hinweisen auf die ältere Literatur. 12 Die zweifelsfrei echten Schriften (s.o. Anm. 8) CChr.SL 69, Turnhout 1967, 3-247; die dubia et spuria (siehe die vorige Anm.) ebenda, 251-283. 13 Histoire littdraire de la France I, 273ff. 14 PL 20, 31-50. - Vgl. unter Vigilius von Thapsus, PL 62, 449-463. 466-468 und unter Ambrosius, PL 17, 549-568. 15 Luzifer, 80. 16 La question du De fide, Agen 1909. 17 Leonis Opera (1675), Diss. XIV, 718-722 (PL 56, 1050f.); die Argumentation QUESNELs zusammengefaßt bei SIMONETTI, I.e., 28; vgl. WILMART, SAWW 159,1, 8 mit Anm. 1 sowie REGINA, I.e., 7.

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6 Gregor von Elvira 197

bestätigend SIMONETTI20, handelt es sich bei "De fide orthodoxa" tatsächlich

um jenes bei Hieronymus erwähnte "elegantem librum de fide"21, also die

Hauptschrift Gregors, in der dieser sich mit den trinitätstheologischen Debatten

seiner Zeit auseinandersetzt. D a sich der gesamte Traktat als Verteidigung des

ομοούσιος gegen die Arianer versteht, verdient er im Zusammenhang dieser

Arbeit e ine genauere Analyse.

D i e Schrift "De fide orthodoxa" ist in zwei Varianten überliefert, deren zweite

e ine Neubearbeitung der ersten durch den Verfasser selbst darstellt. Gregor teilt

seinen Lesern in der Vorrede zur zweiten Ausgabe mit, daß ihm anläßlich der

ersten Fassung der Vorwurf gemacht worden ist, mit seinem Insistieren auf der

Rede vom einen Gott jede Differenzierung der Gottheit, etwa die drei

"personae", zu leugnen: "Sed quia 'unius dei' uocabulum diximus, personas

negasse putamur"22. Demnach scheint er in die Ecke der "Sabellianer" gerückt

worden zu sein, obwohl er selbst den "Sabellianismus"0 bereits in der ersten

18 RBen 19 (1902), 229ff.; RHE 11 (1910), 182f. 19 BLE 1906, 233ff. 20 La fede, 28. 21 S.o. Anm. 7. 22 Fid. orth., Praef. 7 (CChr.SL 69, 222, 54f. Bulhart; ich benutze die Ausgabe in CChr, weil sie an vielen Stellen die beiden Varianten von "De Fide" synoptisch gegenüberstellt, außerdem wegen ihrer leichteren Greifbarkeit, lasse aber der Übersichtlichkeit halber das von BULHART gewählte Klammernsystem weg und zitiere nur die jeweils diskutierte 1. bzw. 2. Fassung des Traktates. SIMONETTIs etwas neuere kritische Ausgabe bietet die zweite Fassung von De Fide; die erste findet sich im unteren der zwei Textapparate; auf SIMONETTIs Text wird in dieser Arbeit ggf. verwiesen). 23 BIENERT hat in der FS für L. ABRAMOWSKI (Logos, Berlin/New York 1993; 124-139) die Frage nach dem Verhältnis zwischen den Sabellianismus-Vorwürfen im arianischen Streit und dem historischen Sabellius / Sabellianismus behandelt. Demnach gehörte der historische Sabelüus in das unmittelbare Umfeld der Schule des Noet von Smyrna in Rom und hätte wie dieser vertreten, daß Vater und Sohn "derselbe seien" [vgl. Hippolyt, Ref. IX 10,10: οτι δέ και τον αυτόν υϊόν είναι λέγει και πατέρα, ουδείς αγνοεί (sc.: Noet; Vf.); 348,56 Marcovich; für Hippolyt sind die Namen Noet und Sabellius austauschbar, vgl. Ref. X 27,4 mit IX 12,19 - Stellen hier nach BIENERT, I.e., Anm. 48 und 49] und wäre wegen dieser Lehre in Rom verurteilt worden. Für Euseb von Caesarea gilt Markell wegen seiner Einhypostasentheologie als der "neue Sabell", e.th. 1,1; 1,15; 1,20; 11,14; 11,25 u.ö., ebenso für die östliche Teilsynode von Serdika, die sich gegen Markell richtet, s.o.S. 46 mit Anm.148), vgl. den Synodalbrief c. 28 (Hil., Coli, antiar. Paris. A IV,1); für die formula makrostichos von 345 sind Markell und Photin Patripassianer bzw. Sabellianer (Ath., syn. 26), die Vater, Sohn und Geist für "denselben halten" (τον αυτόν εΓναι). Als die arianischen Streitigkeiten in den Westen gelangen, ist der Name Sabells fest mit einer Identifikationstheologie verbunden, die man den strengen Vertretern der Einheit der Substanz unterstellte. Dementsprechend die Abgrenzungsbemühungen bei Phoebadius: "Sabellius (...), apud quem Pater et Filius ambo non sunt" (C-Ar. 14,1; CChr.SL 64,38,2f. Demeulenaere) und: "non unam personam ut Sabellius" (I.e. 39,111.)

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198 Zweiter Teil

Fassung seines Werkes ausdrücklich verdammt hatte24. In der Neubearbeitung

will er nun die gegen die erste Fassung erhobenen Vorwürfe entkräften und

gleichzeitig einige Glättungen und Präzisierungen in seiner Argumentation

vornehmen25.

Die zweite Version von "De fide orthodoxa" unterscheidet sich von der ersten

v.a. durch das Hinzutreten einer ausführlichen Einleitung (Praef. 1-14), beginnend

mit dem Nizänum (Praef. 1) und eines kurzen Schlußwortes (Fid. 8,98). Im Text

selber (Fid. 1,15 - 8,97) sind gegenüber der ersten Fassung zahlreiche

Veränderungen unterschiedlichen Gewichtes feststellbar, auf die, sofern sie

inhaltlich von Belang sind, weiter unten eingegangen werden soll26. Hier soll uns

nun zunächst die erste Version von "De fide orthodoxa" beschäftigen, weil sie

unmittelbar in die zeitgenössische Diskussion der Jahre 357-360 gehört, wie wir

sie schon bei Phoebadius vorfanden.

6.1 Die erste Fassung von "De fide orthodoxa"

"De fide orthodoxa" ist eine dogmatische Abhandlung Gregors wider die

homöische Theologie, die im Westen seit der zweiten sessio der Synode von

Rimini zu einem vorläufigen, allerdings nur kurz andauernden, Erfolg gelangt

war27. Gegen das in Rimini akzeptierte Bekenntnis28, das Gregor offenbar nicht

sowie bei Gregorius von Elvira: "Quod ne putes me eo supercilio dixisse, quo Sabellius fertur, qui ipsum patrem ipsum filium profitetur" (Fid. orth. 7,72; CChr. SL 69, 239, 715f. Bulhart), ähnlich Luzifer von Calaris, De non conu. 9. - Zum Problem vgl. auch SIMONETTI, I.e., 188f. 24 Darauf weist Gregorius in der Praefatio zur zweiten Fassung nochmals ausdrücklich hin: "Quippe cum et hanc sectam, id est Sabellianam, in eodem libellum damnauerim..." (222, 69f. Bulhart). Der Hinweis bezieht sich auf die in der vorigen Anm. zitierte Stelle in der ersten Fassung, nämlich Fid. orth. 7,72. Doch scheint diese nur verbale Abgrenzung gegen den Sabellianismus die Gesprächspartner des Gregorius noch nicht recht überzeugt zu haben - aus nachvollziehbaren Gründen, Wie wir unten bei der Analyse der ersten Fassung von "De Fide" sehen werden. 25 "Proinde rursus ea ipsa planiori sermone in hoc libello digessi, ut et simplicitatem sensus mei ostenderem et scrupulum legentibus amputarem", Fid. orth., Praef. 4 (221, 35-38 Bulhart). - Vgl. SIMONETTI, I.e., 44 und ders., Crisi, 285f. sowie EECh 1 (1992), 363; HANSON, Search, 520. 26 S.u. S. 207ff. - Eine ausführliche Vergleichung beider Fassungen bei SIMONETTI, La fede, 43ff. 27 S.o. S. 190. 28 Es handelt sich um die Formel von Nike, ergänzt durch einige antiarianische Anathematismen, der Text Hier., c. Lucif., 17f.

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6 Gregor von Elvira 1 9 9

unterschrieben hatte®, richtet sich "De fide". Der ganze Impetus des Werkes zielt

auf solche, die das ομοούσιος ablehnen und stattdessen lieber nur von "simili-

tudo" sprechen wollen30. Gregor von Elvira nimmt die gegnerischen Einwände

gegen das nizänische ομοούσιος auf und widerlegt sie ausführlich. Insgesamt ist

der Text von "De fide orthodoxa" folgendermaßen aufgebaut:

Fid. 1,15-19: Vorbemerkung über die Heimtücke und Gefährlichkeit der Häretiker, die unter dem Deckmantel ähnlich klingender Bekenntnis-formulierungen die arianische Lehre einführen wollen.

Fid. 2,20-31: Die entscheidenden Fehlinterpretationen der Häretiker: a) "Gott von Gott" als "von Gott gemacht" (20f.) b) "similitudo" statt ομοούσιος, daher Sohn nicht aus der Substanz des

Vaters, sondern aus dem Nichts (22ff.).

Fid. 3,32 - 5,61: Die gegnerischen Argumente gegen das ομοούσιος sowie die Gegenargumente Gregors. a) Frage der Schriftgemäßheit des ομοούσιος (3,32ff.). b) Frage der Substanzialität Gottes (4,45ff.). c) Frage der Erkennbarkeit göttlicher Substanz und Zeugung (5,55ff.).

Fid. 6,62-67: Exkurs über biblische Christusprädikationen.

Fid. 7,68-73: Problem der Einheit und Zweiheit von Vater und Sohn und Frage nach der sachgerechten Terminologie.

Fid. 8,74-97: Problem der Passibilität des Sohnes; in Zusammenhang damit die Frage nach der Zuordnung der alttestamentlichen Theophanien zum Sohn.

29 Sulp. Sev., Chron. II, 44 berichtet, daß alle in Rimini Anwesenden unterzeichnen mußten. Hier., Chron. ad 370, sagt über Gregor: "numquam se Arrianae miscuit prauitati" (GCS Euseb VII/1,246a Helm). Augustin, C. Iul. op. imperf. I 75 weiß aus pelagianischer Quelle von sieben namentlich nicht genannten Bischöfen, die die Unterschrift unter die Beschlüsse von Rimini verweigert hatten. SIMONETTI, I.e., 8, schlägt vor, diese Notizen so abzugleichen, daß man Gregor nicht an der Synode von Rimini teilnehmen und ihn erst etwas später gegen die dort beschlossene Formel in Widerstand treten läßt. Ähnlich schon KRÜGER, I.e., 79. 30 "Denique sublato όμοουσιον, id est unius substantiae uocabulo, similitudinem genitoris posuerunt", Fid. orth. 2,22 (225, 175-179 Bulhart). Vgl. hierzu das Dekret von Rimini (2. sessio) "similem genitori" (Hier., c. Lucif. 17; PL 23, 179B). - Der Text von "De fide" ist an dieser wichtigen Stelle allerdings etwas unklar: Für die erste Fassung von "De fide" bezeugt eine Handschrift den Text "Denique sublato όμοουσιον, id est unius substantiae uocabulo, όμοουσιον, id est similem factori suo [suo] posuerunt" (ebenda Bulhart; das zweite "suo" möchte ich als Druckfehler streichen.). Dies würde bedeuten, daß Gregorius Homöusianer und Homöer miteinander identifiziert hätte und auch das homöusianische Stichwort im Sinne des όμοιος gedeutet hätte. Vgl. hierzu aber SIMONETTIs Ausführungen zur Stelle, I.e., 144f.

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200 Zweiter Teil

Der Aufbau zeigt die sachliche Berechtigung der schon in der editio princeps vorgenommenen und seither stets übernommenen Unterteilung des Textes in acht Kapitel31.

Auffällig sind die Ähnlichkeiten von "De fide orthodoxa" mit Phoebadius' Schrift

"Contra Arrianos" in Aufbau, Inhalt und Argumentation und z.T. bis in den

Wortlaut hinein32. Daß Gregor "Contra Arrianos" kannte und benutzte, kann

nicht zweifelhaft sein33. Auch für ihn ist in der homöischen Theologie ein

heimtückisches Gift34, das den Formulierungen nach dem orthodoxen Bekenntnis

(von Nizäa) ähnlich klingende Bekenntnis der Homöer eine geschickte Täuschung

Argloser zu deren Verderben35, da es sich vom dogmatischen Gehalt her

grundlegend von der rechtgläubigen Tradition unterscheidet36.

Entscheidend aber ist, daß auch der Traktat "De fide orthodoxa", wie schon

Phoebadius' "Contra Arrianos", fundamental an der substantiellen Einheit von

Vater und Sohn interessiert ist37. Diese sieht er (sich hierbei durchaus von

Phoebadius unterscheidend)38 durch den nizänischen Begriff ομοούσιος gewähr-

leistet bzw. durch die Ablehnung jenes Begriffes gefährdet; d.h., daß für Gregor

von Elvira das ομοούσιος nun wirklich zum Schlüsselbegriff der Orthodoxie

31 Vgl. SIMONETTI, I.e., 12 mit Anm. 23. Die Ausgabe von BULHART bietet eine feinere Unterteilung in insgesamt 98 Abschnitte, die bei SIMONETTI nicht übernommen ist, in dieser Arbeit aber bei der Zitierung der Stellen mit aufgeführt wird. 32 Zuletzt aufgelistet bei DURENGUES, I.e., der aufgrund dieses Befundes auf eine Verfasserschaft des Phoebadius von "De fide" schließen zu können meinte. - Ich werde bei der Untersuchung von "De fide" auf die entsprechenden Stellen aus "Contra Arrianos" verweisen. 33 SIMONETTI, I.e., 22, betont v.a. die Unterschiede zwischen beiden Schriften: Sie richteten sich gegen unterschiedliche gegnerische Verlautbarungen, und während Phoebadius argumentativ am Text von Sirm II entlanggehe, konzentriere sich Gregor völlig auf die Debatte um das ομοούσιος, was seinem Text einen kompakteren Charakter verleihe. Aber solche Unterschiede sind doch eher marginal, nimmt man die Gemeinsamkeit in der theologischen Stoßrichtung ernst. - Zur theologischen Differenz zwischen Gregor und Phoebadius in der Abbildterminologie siehe in dieser Arbeit unten S. 205f. - An anderen Quellen, aus denen Gregor Gedanken geschöpft hat, nennt SIMONETTI, I.e., 22ff. Tertullian, v.a. Adv. Prax., Novatian, Hilarius und Marius Victorinus. 34 Fid. orth. 1,15. 16; 3,44. - CAr. 5,3; 6,1; 8,7; 24,1. 35 Fid. orth. 1,15. - CAr. 1,3. 36 Fid. orth. l,16f. - CAr. 6,5. 37 "Cum autem ego patrem et filium statuo, unitatem generis assigno...", Fid. orth. 7,69 (239, 688f. Bulhart). Vgl. REGINA, I.e., 15ff. 38 Bei Phoebadius spielt der Begriff ομοούσιος selbst keine erkennbare Rolle, s.o.S. 176.

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6 Gregor von Elvira 201

geworden ist, und damit also eine Rolle spielt, die er weder in Nizäa selbst noch

in den ersten 30 Jahren nach Nizäa eingenommen hatte.

Das ομοούσιος versteht Gregor als Aussage der Einheit der Substanz von

Vater und Sohn, was nicht nur an der Übersetzung "unius substantiae" sichtbar

wird, die sich in "De fide orthodoxa" durchgängig findet39, sondern auch an der

Tatsache, daß er mit dem nizänischen Begriff die für die Betonung der Einheit

in der Trinität üblichen Johannesstellen40 in Verbindung bringt: "Hoc erit

ομοούσιος, id est unius substantiae cum patre, sicut ipse dominus ait: Ego in patre

et pater in me, et: Ego et pater unum sumus, et: Ego de {deo} patre exiui, et: Qui

me uidet, uidet et patrem.'"1 Mit diesem Verständnis folgt er genau der

Argumentation des westlichen Serdicense42 und bei Phoebadius43. Inhaltlich ist

für Gregorius mit der Aussage von der Substanzeinheit v.a. gewährleistet, daß die

Gleichheit und Einheit der Majestät44 und der Göttlichkeit45 von Vater und

Sohn ausgesagt wird: Beide gehören, da sie "unius substantiae" sind, zum selben

Gott-genus46, wodurch für Gregor die Eigenschaft des Sohnes als wahrer Sohn

und wahrer Gott gesichert wird.

Hinsichtlich der homöischen Gegenargumente gegen das ομοούσιος setzt sich

Gregor v.a. mit zwei Punkten auseinander: Zuerst mit dem seit Sirmium II auch

im Westen geläufigen Argument, daß der Begriff sich nicht in der Schrift finde47;

39 Vgl. Fid. orth. 2,22; 3,32; 3,38; 5,55; 7,73. - Die durchgängig griechische Zitierung des Wortes bei Gregor (ähnlich auch Marius Victorinus, Adv. Ar. II, 9f. 12 u.ö.) und die Notwendigkeit einer Übersetzung in das Lateinische spricht entschieden gegen einen lateinischsprachigen Ursprung des ομοούσιος von Nizäa, vgl. oben S. 9f. 40 Joh 14,10; 10,30; 16,27f.; 14,9. 41 Fid. orth. 4, 53 (233, 452-456 Bulhart); Kursivdruck CChr. - Zur Begründung des ομοούσιος durch diese Schriftstellen bei Gregor vgl. auch Fid. orth. 5,55. 42 Wobei nochmals daran zu erinnern ist, daß das Serdicense von μία ύπόστασις ausgeht, das ομοούσιος selbst also noch gar nicht benutzt. Vgl. z.B. das Serdicense §6, Z. 50f.: δια την μίαν ύπόστασιν [t: "unam substantiam"], ητις εστί τοΰ πατρός και τοΰ υϊοΰ; oder §7, Ζ. 56f.: όμολογοΰμεν μίαν πατρός και υϊοΰ 3-εότητα [t: "unam deitatem"]; zur Übersetzung in t (Codex Veronensis LX siehe oben unter 2.2.4.; zur Kommentierung s.o.S. 73. 75. 43 C. Ar. 6,2f.; zur Kommentierung s.o.S. 169f. 44 Fid. orth. 7,72: "unitas maiestatis" (240, 724 Bulhart). 45 Fid. orth. 4,54: "et ideo de unitate substantiae et de maiestate deitatis unum sunt" (233, 458f. Bulhart). 44 Fid. orth. 7,69: "cum autem ego patrem et filium statuo, unitatem generis assigno" (239, 688f. Bulhart). Auf Parallelen bei Hilarius, Trin. IV, 40; V, 14; IX, 28; Syn. 12 hat SIMONETTI, I.e., 187 aufmerksam gemacht. 47 Fid. orth. 3,32. 38; nochmals aufgenommen Fid. orth. 4,45; 5,55. - Vgl. Phoeb., CAr. 7,6.

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2 0 2 Zweiter Teil

diesen Vorwurf gibt Gregor den Gegnern zunächst einfach zurück: Auch sie

bekennen Wendungen wie Licht von Licht u.ä., die sich ebenfalls nicht in der

Schrift finden48. Zudem sieht Gregor in den genannten Johannesstellen durchaus

einen biblischen Anhaltspunkt für die Rechtfertigung des nizänischen όμοούσιος

auch aus der Schrift"". Zweitens setzt sich Gregor mit dem Einwand auseinander,

daß man von Gott keine Substanzialität aussagen dürfe, da der Begriff Affinitäten

zum Bereich des Körperlichen berge50 und da jedwede Substanz in ihr Gegenteil

verwandelt werde51, was man bei Gott aber ausschließen müsse52; auf diese

Argumente, von denen letzteres vorher, wenn ich recht sehe, nicht explizit

bezeugt ist53, also der unmittelbaren zeitgenössischen Diskussion entstammen

dürfte54, reagiert Gregor mit dem Hinweis auf den unendlich großen Unterschied

zwischen Gott und Schöpfung55; dieser Unterschied verwehrt es uns, aus dem

Wissen um innerweltliche Substanzhaftigkeit auf die "substantia" Gottes zurück-

zuschließen; er verbietet alle denkbaren Vergleiche zwischen Weltlichem und

Göttlichem56; deswegen ist es unsinnig, den Begriff "substantia" für Gott mit dem

Argument abzulehnen, daß das Wort im innerweltlichen Bereich Vorstellungen

freisetze, die Gott unangemessen seien. Grundsätzlich lehnt Gregor jeden

48 Fid. orth. 3,38. 45 Fid. orth. 5,55. 50 Fid. orth. 4,45: "deum in substantia dici non oportere, ne corporeus crederetur" (231, 390f. Bulhart). 51 Fid. orth. 4,46: "quippe, aiunt, cum omnis substantia contraria recipiat; deus uero, qui nihil diuersum admittere potest, substantia dici non debet" (231, 393-395 Bulhart). 52 Fid. orth. 4,45f. 53 Marius Victorinus setzt sich Cand. I, 10 mit einem ähnlichen Argument auseinander; aber wer es aufgebracht hat, wissen wir nicht. - Candidus ist eine fiktive Person, die Victorinus erfand, um sich kritisch mit den gegnerischen Thesen auseinanderzusetzen und sie zu widerlegen, vgl. unten S. 245 mit Anm. 7. 54 So auch HANSON, Search, 520f. - Ob das Argument in den Verhandlungen von Rimini eine Rolle spielte, etwa dort von Valens vorgebracht worden ist, ist aus den Quellen nicht belegbar, auch nicht aus den homöisch redigierten Akten von Rimini, die z.T. aus Hil., Coli, antiar. Paris. Β VIII,2,1; 2,3; Hier., C. Lucif. 18; Mar. Vict., Homoous. 3; Ar. 11,3; 11,9 erschließen lassen. So sind wir hier auf Vermutungen angewiesen. - In Sirm IV, Nike und Konstantinopel werden folgende Argumente vorgebracht: Der Substanzbegriff sei nicht biblisch, er provoziere Streit und er sei dem Volk unbekannt (Ath., syn. 3; Thdt., h.e. 11,21,7; Ath., syn. 30). Zu den homöusianischen Einwänden gegen das ομοούσιος siehe oben mein Hilariuskapitel S. 151f. Anm. 108 und 115. Das Argument der Nicht-Schriftgemäßheit des nizänischen Begriffes auch bei Ath., deer. 1. 55 Fid. orth. 4,48: "An ignoras aliter caelestia, aliter terrena constare, caelestibus rebus atque mundanis magnam differentiam interesse?" (231f., 411-415 Bulhart). 56 Fid. orth. 5,57; 7,69.

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6 Gregor von Elvira 2 0 3

Versuch einer Spekulation über die "substantia" Gottes ab17 und verweist

stattdessen wiederholt auf die Einfachheit und Schlichtheit des Glaubens, die sich

der "akademischen Disputation" entziehe58.

Insgesamt hält Gregorius (wie schon Phoebadius in "Contra Arrianos") die

Einwendungen der Homöer gegen das ομοούσιος für unlauter - in Wahrheit

werde gar nicht das Wort, sondern die dahinter stehende Lehre von der Einheit

der Substanz von Vater und Sohn bekämpft®. Damit aber sieht Gregor das

Wiederauftreten arianischer Lehren für gegeben an. Dabei zeigt er sich in seiner

Argumentation mit den Kerngedanken arianischer Lehre vertraut, weiß aber auch

zwischen den Aussagen des Häresiarchen selbst und den Homöern der 50er Jahre

sehr wohl zu differenzieren®0. Die Pointe ist nun, daß Gregor aus der Weigerung

der Homöer, von "substantia" und ομοούσιος zu reden, Folgerungen ableitet, die

die homöische Theologie (gegen deren eigentliche Intention und gegen deren

explizite Aussagen") direkt auf arianische Kernaussagen zuspitzt. Lehnt man, so

Gregor, den Gedanken von der substanziellen Einheit ab, dann ergeben sich

folgende häretische Theologoumena: Zunächst könne man dann den Sohn wieder,

wie einst Arius, als aus Gott "gemacht" begreifen62; zudem sei der Sohn dann

nicht mehr wahrer Sohn63 und schon gar nicht wahrer Gott64; darüberhinaus sei

er dann aus einer anderen Substanz65 und folglich aus dem Nichtseienden66; und

57 Fid. orth. 4,51f. 58 Hinweise auf die "simplicitas" in Fid. orth. 4,47. 53; 5,57; in der zweiten Fassung von "De fide" sagt Gregor am Schluß seiner Einleitung: "Unde a simplicitate Christiana 'academicus disputator' abscedat", Fid. orth. Praef. 14 (223, llOf. Bulhart); zu vergleichen ist hierzu auch die Polemik gegen die Philosophen Fid. orth. 7,68. * Fid. orth. 3,32. - Genaue Entsprechungen bei Phoeb., CAr . 7,7; 8,4. 60 Fid. orth. 2,20. 23; das έξ οϋκ δντων, das natürlich auch unter den Homöern niemand mehr vertrat, schreibt Gregor zutreffend Arius zu (für Arius dessen Brief an Euseb von Nikomedien s. Opitz III, Urk. 1,5). 61 Antiarianische Anathematismen in Rimini: Anath. 1: "Si quis negat Christum Dominum, Dei Filium, ante saecula ex Patre genitum, anthema sit"; Anath. 3: "Si quis Filium Dei non dixerit aeternum cum Patre, anathema sit"; Anath. 5: "Si quis dixerit de nullis exstantibus Filium, anathema sit"; Anath. 6: "Si quis dixerit, Erat tempus quando non erat Filius, anathema sit"; Anath. 7: "Si quis dixerit, Filium Dei esse quidem ante omnia saecula, sed non ante omne omnino tempus, ut ei aliquid anteferat, anathema sit". Hier., C. Lucif. 18 (PL 23, 179-181). 62 Fid. orth. 2,20; 3,35. 37. 63 Fid. orth. 2,20; 3,36. 64 Fid. orth. 2,26. 65 Fid. orth. 3,35.

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204 Zweiter Teil

außerdem sei der Sohn dann nicht immer gewesen67. In dieser Interpretation des

Bekenntnisses von Rimini hin auf die ursprünglichen arianischen Kernsätze zeigt

sich, daß aus Sicht Gregors alle etwaigen Mittelpositionen zwischen einer

Bejahung des ομοούσιος einerseits und dem reinen Arianismus andererseits

undurchführbar und unakzeptabel sind.

Wie bei schon in Phoebadius' Schrift "Contra Arrianos" fällt auch in "De fide

orthodoxa" auf, daß das ομοούσιος (und damit die Kernaussage von N) ganz im

Sinne des "una substantia" verstanden wird, wie es durch die markellische μία-

ύπόστασις-Interpretation des Nizänums in Serdika nach 342 offensichtlich im

Westen üblich geworden war. Schon LOOFS hatte 1909 auf entsprechende

Zusammenhänge zwischen Gregors "De fide orthodoxa" (wie auch Phoebadius'

"Contra Arrianos") und dem westlichen Serdicense aufmerksam gemacht68,

allerdings mit seinen Beobachtungen auch weitreichende Schlüsse für die

Vorgeschichte jener Theologoumena im Westen ziehen wollen, die sich bei

unserer Analyse des Phoebadiustextes so nicht hatten bestätigen lassen69.

Neben den von LOOFS namhaft gemachten Parallelen70, die man gewiß kritisch

66 Fid. orth. 2,23; 3,35. 67 Fid. orth. 2,26. 68 Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Sardica, in: AAWB (1909), 3-39. 69 S.O.S. 185«. 70 Gregor, Fid. orth. 3: "Quem etsi natum dicit, sed hoc dicto tenus, quia rursum omne quod natum est, factum intelligit, eo quod et nos a deo geniti appellantur, quos constat esse facturam" (PL 20, 37 D) zu §1 SerdW: δτι γεννητός έστιν αμα και γενητός [LOOFS, I.e., 12]; - Fid. orth. 2: "Creata est ergo sapientia, immo genita, non sibi, quae semper erat, sed his, quae ab ea fieri oportebat (PL 20, 36 C) zu §5 SerdW: αλλ' οϋχ έαυτφ γεγεννημένον λέγομεν τόν πάντοτε όντα [I.e., 23; aber LOOFS' Serdicense-Text beruht hier auf einer problematischen Emendation von Gregors "De fide" her, siehe dazu TETZ, ZNW 76 (1985), 255f. und oben meine Textrekonstruktion Z. 34f.]; - Fid. 6: "Virtus dicitur, quia vere est deo et semper cum deo est" (PL 20, 42 D) zu SerdW §6: όμολογοϋμεν δόναμιν είναι τοΰ πατρός τον υϊόν [I.e., 25]; Tract. Orig 11,4: "Unus est enim deus et sermo ipsius, i.e. dei filius" (ed. Battifol p. 118,2) zu SerdW §7: όμολογοϋμεν ενα είναι 9-εόν, όμολογοϋμεν μίαν πατρός καϊ υίοϋ θεότητα [I.e., 28]; Fid. 5: "In patre et filio unitatem substantiae credas..., sive lumen de lumine dicas,... sive spiritum de spiritu" (PL 20, 41B) und Fid. orth. 8: "Cum hominem induere dignatus est, non labem aeternitati intulit, ut spiritum in carnem mutaret (PL 20, 47C) und ebenda: "Non utique sie exinanitum aeeipimus, ut aliud, quam quod fuerat, idem spiritus fieret" (PL 20,48 C / 49 A) zu SerdW §11: και τοϋτο (sc.: πνεΰμα; Vf.) πιστεΰομεν πεμφ9-έν [I.e., 31f.]; - Fid. orth. 8 "Quem etsi passum credimus et sepultum <non ipse spiritus; LOOFS >, sed homo ille passus est, quem filius dei suscepit, quem induit, quem portavit; nam constat immortale esse, quod dei est, hominis quod caducum" (PL 20, 48 C/D) zu SerdW §11: και τοϋτο oü πέπον&εν... [I.e., 35]. - Zu den hier nach LOOFS zitierten Stellen sind die Gregor-Texte in CChr.SL bzw. für das Serdicense meine Arbeit s.o.S. 59ff. zu vergleichen.

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6 Gregor von Elvira 205

verwenden muß71, die im Ganzen aber durchaus überzeugen72, kann man

darüberhinaus noch auf die folgenden Zusammenhänge zwischen Gregor von

Elvira und dem westlichen Serdicense verweisen:

1.) Wie das Serdicense wirft Gregor denen, die das ομοούσιος ablehnen

(Serdika-West: Vertreter der Dreihypostasenlehre; Gregor: Unterzeichner von

Rimini), vor, sie könnten den Sohn weder als wahren Gott noch als wahren Sohn

erfassen73.

2.) Wie das Serdicense bevorzugt Gregor eine Unterscheidung innerhalb der

Gottheit dem Namen nach1*. Zwar bekennt er sich auch in der ersten Fassung

seines Traktates schon zur Unterscheidung nach Personen75, wie sie ja bei

Phoebadius im Anschluß an die Theologie Tertullians klar zum Ausdruck

gekommen war76; jedoch lassen einige Stellen in "De fide orthodoxa" durchaus

den Schluß zu, daß im Verständnis des Personbegriffes bei Gregor (anders als bei

Phoebadius)77 die Namensunterscheidung im Vordergrund steht7®: Die Begriffe

"persona" und "nomen" oder "uocabulum" sind für Gregor fast austauschbar, wie

die folgenden Wendungen m.E. ganz deutlich zeigen: "cum duo nomina uel duas

personas, id est patris et filii statuo"75 und: "inter patrem et filium personas uel

uocabula distinguit"80. Damit nähert sich Gregor aber dem Versuch einer

71 So ist z.B. seine zu §5 geltend gemachte, auf Gregor beruhende Textrekonstruktion problematisch (vgl. vorige Anm.). Auch LOOFS' These einer "Geistchristologie" in Serdika West bzw. bei Gregor, Fid., ist so nicht haltbar; es geht beiden Texten nicht um eine Identifikation, sondern darum, daß das Wesen des Sohnes auch als Menschgewordener Geist und insofern mit Gott verbunden ist. Über diese Anschauung bei Markell jüngst SEIBT, Markeil, 306 u.ö. 72 So auch TETZ, ZNW 76 (1985), 258, der aber im übrigen dem Unternehmen von LOOFS außerordentlich skeptisch gegenübersteht; zu meiner Auseinandersetzung mit TETZ in der Frage der Authentizität des westlichen Serdicense s.o.S. 98ff. 73 Fid. orth. 2,20; vgl. 3,36. 39; 4,53; 5,61; 7,73 - Vgl. zu SerdW §2, Z. 4: άλλα και αληθινός υιός ουκ εστίν (t: "sed et uerus filius non est"; s.o. unter 2.2.4.). 74 Fid. orth. 7,68. 69. - Für das Serdicense vgl. dort §8, Z. 60: οτι αυτό τό ονομα τοΰ πατρός μείζον έστι τοΰ υϊοϋ (t: "nomen ipsut Patris maius est Filio"; s.o. unter 2.2.4.). 75 Fid. orth. 7,69: "Porro pater ac filius etsi duae personae creduntur, ratione tarnen et substantia unum sunt" (238, 678-680 Bulhart). 76 C. Ar. 14,3 u.ö. 77 Gegen HANSON, I.e., 521. 78 Fid. orth. 7,68: "unum deum in his personis et nominibus consignemus" (238,654f. Bulhart); 7,69: "Cum autem ego patrem et filium statuo, unitatem generis assigno, et si illam in personis diuido, discretiones tarnen personarum rursus eadem nomina in unitatem sui naturali foedere (statt Druckfehler: foedere; Vf.) consignant" (239, 688-692 Bulhart). 19 Fid. orth. 7,68 (238, 648f. Bulhart). 80 Fid. orth. 6,63 (236, 571f. Bulhart). Ähnlich noch bei Hilarius im "Liber 1", siehe dazu oben S. 144 Anm. 65.

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2 0 6 Zweiter Teil

Unterscheidung von Vater und Sohn dem Namen nach, wie wir sie im Serdicense

kennengelernt hatten.

Auch sonst zeigt sich Gregor von Elvira in "De fide orthodoxa" weit weniger

kompromißbereit gegenüber jeder Form von Differenzierungen und subordinatia-

nischen Tendenzen als etwa Phoebadius oder gar Hilarius. So verzichtet er

weitgehend auf die bei jenen durchaus akzeptierte und rezipierte Abbild-

theologie81 und macht auch aus seinen Bedenken gegen jene Denkfigur keinen

Hehl: Sie scheint ihm zu sehr in der Gefahr, bloße Ähnlichkeit auszudrücken und

damit in Einklang mit der homöischen Formel von Rimini und ihren Vorläufern

zu stehen82; hinzu kommt, daß schließlich auch der Mensch "Ebenbild" Gottes

genannt werden kann83. Unter den zahlreichen Christusprädikationen, die Gregor

Fid. 6 in einer Art Exkurs behandelt84, spielt deshalb die Bezeichnung "imago"

oder "similitudo", anders als bei Hilarius in "De synodis"85, sehr bewußt keine

Rolle86. Vergleicht man nun diese Zurückhaltung mit der wichtigen Bedeutung,

die die Abbildterminologie etwa im Synodalbrief von Paris 360 innegehabt

hatte87, der sich ja auch gegen die Beschlüsse von Rimini bzw. Konstantinopel

richtete88, dann erkennt man, daß, anders als bei Hilarius und wohl auch bei

Phoebadius, eine Verständigung z.B. mit homöusianischer Theologie von der

Warte eines Gregorius von Elvira aus nicht zu machen war.

Angesichts des dargelegten Befundes nimmt es nicht wunder, daß Gregor

aufgrund der ersten Fassung von "De fide orthodoxa", ebenso wie seinerzeit den

81 Die Abbild-Begrifflichkeit findet sich positiv in Fid. nur einmal, nämlich 5,59 in Zusammenhang des Schriftzitates Sap. 7,26 - Für Phoebadius vgl. CAr. 17,2; 25,4; Für Hilarius z.B. Trin. 11,8; 111,23; Syn. 13; bei ihm hat die Abbild-Begrifflichkeit eine ganz zentrale Bedeutung, vgl. hierüber LÖFFLER, Trinitätslehre, 52ff. 82 Wahrscheinlich ist der Gebrauch, den auch seine Gegner von diesem traditionsreichen Begriff machten, einer der Hauptgründe für Gregor gewesen, ihn fallenzulassen, vgl. SIMONETTI, I.e., 19. 83 Fid. orth. 2,22: "Nam et homo ad imaginem et similitudinem dei factus est nec tarnen deus est, nec quod deus est, homo exstitisse credendus est." (225, 179-183 Bulhart; Kursivdruck CChr). 84 Fid. orth. 6, 64ff. 85 S.o.S. 149 Anm. 98f. 86 Auch SIMONETTI, I.e., 18, hält es mit Recht für unmöglich, hier an ein zufälliges Auslassen zu glauben. 87 HU., Coli, antiar. Paris. A 1,2,1. 88 S.o.S. 192.

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6 Gregor von Elvira 2 0 7

Verfassern des westlichen Serdicense, der Vorwurf des Sabellianismus gemacht

worden ist. Wir werden beim Blick auf die zweite Version seines Textes sehen,

wie er diesen schwerwiegenden Vorwurf zu entkräften bestrebt ist.

6.2 Die zweite Bearbeitung von "De fide orthodoxa"

In der zweiten Bearbeitung von "De fide orthodoxa" finden sich neben dem

Hinzutreten einer längeren Einleitung und eines kurzen Schlußabschnittes auch

zahlreiche Änderungen am Text, die SIMONE! 11 ausführlich analysiert hat89.

Vielfach handelt es sich hierbei um geringfügigere Glättungen und Präzi-

sierungen, teilweise auch Kürzungen, die für unseren Zweck außer Betracht

bleiben können90. Andere Veränderungen sind dagegen inhaltlich von Belang:

Die dezidierten Abgrenzungen gegen Sabellius und Photin (!) nehmen jetzt

deutlich zu" Unverkennbar ist Gregors Bemühen, die ergangene Kritik an der

ersten Fassung seines Textes herunterzuspielen92. Aber allein die wiederholt

auftretende ostentative Berufung auf die orthodoxe Tradition93 zeigt, daß

Gregorius unter erheblichem apologetischem Druck gestanden haben muß94. In

diesen Zusammenhang ist es auch zu verstehen, daß er in der zweiten Fassung

von "De fide orthodoxa" nun den Text des Nizänums selbst (als mittlerweile

anerkannte Norm der Orthodoxie) an die Spitze seiner Einleitung und damit des

89 L.c., 43-50. 90 Sie sind bei SIMONETTI, I.e., 45ff. in Auswahl aufgelistet; nach SIMONETTI ist es zudem nicht immer eindeutig zu entscheiden, ob derlei Glättungen auf Gregors eigene Überarbeitung des Traktates oder aber auf spätere Eingriffe im Prozeß der handschriftlichen Überlieferung zurückzuführen sind. " Fid. orth., Praef. 9; 8,98. 92 Fid. orth., Praef. 13f. 93 Fid. orth., Praef. 1 (Nizänum!); Praef. 2: "Amore catholicae fidei ductus" (221, 15 Bulhart); Fid. orth. 8,98: "Quae contra regulam ueritatis ueniunt, condemnamus. Nicaenae autem synodi tractatum omni animi nisu ex tota fide seruantes amplectimur; hunc enim tractatum seimus contra omnes haereses inuicta ueritate oppositum" (246f., 981-984 Bulhart). 94 Dies vermutet auch SIMONETTI, I.e., 50.

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208 Zweiter Teil

Traktates stellt". Damit liegt uns in Gregors "De fide orthodoxa" eine der

frühesten überlieferten lateinischen Fassungen von Ν vor".

Der Text des Nizänums bei Gregorius stimmt weitgehend und auffallend präzise

mit der frühesten erhaltenen lateinischen Bezeugung von Ν bei Hilarius97

überein. Die wenigen Abweichungen sind meist nur von marginalem Gewicht, wie

die folgende Zusammenstellung zeigen soll:

N: Gregor von Elvira N: Hilarius von Poitiers (Liber 1 (De Fide orthodoxa2) adv. Valentem et Ursacium)

omnium inuisibilium et uisibilium uisibilium et inuisibilium factorem factorem98

unum dominum nostrum I. C.

natum de patre unicum

et incarnatus est

et homo factus est

resurrexit

ad caelos

inde uenturus

et spiritum sanctum

in unum dominum I.C.

natum de patre

incarnatus est

homo factus est

et resurrexit

in caelos

uenturus est

et in spiritum sanctum

et quia 'ex nullis extantibus factus est', quod Graeci 'ex uc onton'dicunt

95 Die von WILMART, SAWW 159,1, 16ff., vertretene literarkritische These einer späteren Umstellung von Ν an die Spitze des Traktates verdient keine Zustimmung, wie SIMONETTI, I.e., 126, gezeigt hat. Die Position des Bekenntnistextes kann ohne weiteres von Gregor selbst gewählt sein. Die apologetischen Gründe hierfür liegen nach der Kritik an der ersten Fassung von "De fide" auf der Hand. 96 DOSSETTI, Simbolo, 91f.; vorher nur die beiden Fassungen bei Hilarius, Coli, antiar. Paris Β II, 10 und Syn. 84 (s.o.S. 143 mit Anm. 58 und S. 152ff. mit Anm. 116) sowie eine Bezeugung bei Luzifer von Calaris, De non pare. 18; hierzu s.u. S. 224). 97 Coli, antiar. Paris Β II 10 (CSEL 65, 150 Feder). 98 Diese Lesart verdient hier wohl gegenüber dem geläufigeren "uisibilium et inuisibilium", das gleichfalls in den Handschriften bezeugt ist, als lectio difficilior den Vorzug, mit SIMONETTI, I.e., 56, 3f. sowie 126f. gegen BULHART, 221, lf.

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6 Gregor von Elvira 209

et mutabilem uel conuertibilem esse filium dei

uel alia substantia dicentes 'mutabi-lem et conuertibilem filium dei'

Der einzige gravierende Unterschied zwischen beiden Versionen besteht demnach darin, daß bei Gregor der Anathematismus "et quia ex nullis extantibus factus est, quod Graeci *ex uc onton' dicunt, uel alia substantia" (150, 17f. Feder) fehlt99. Inhaltliche Reserven gegen diesen Anathematismus wird man bei Gregor als Grund für diese Auslassung jedoch keinesfalls vermuten dürfen; deutlich zeigt seine Schrift "De fide orthodoxa", daß er die Wendung gekannt hat, sogar im griechischen Originalton; denn im Widerspruch gegen die homöische Ablehnung des Substanzbegriffes sagt er: "Qui si de patris substantia non est, έξ ουκ όντων est, id est ex nullis extantibus, ut idem Arius tradidit."100

Andererseits ist es auch nicht vorstellbar, daß Gregor den Anathematismus in Ν ausließ, weil dieser in "De fide orthodoxa" ohnehin aufgenommen war und eine Dublette vermieden werden sollte. Dagegen spricht neben der Voranstellung von Ν vor die zweite Fassung des Traktates zum Zwecke des Erweises der Orthodoxie des Verfassers auch die Tatsache, daß Gregor an anderen Stellen von "De fide orthodoxa" durchaus auf nizänische Anathematismen rekurriert101, die er dann auch in seiner Wiedergabe von Ν bietet.

Eine Lösung der Frage, warum jener nizänische Anathematismus in der N-Überlieferung bei Gregor von Elvira fehlt, scheint aus den zur Verfügung stehenden Quellen nicht möglich.

Wie schon bei Hilarius im "Liber 1" und bei Luzifer findet sich auch in Gregors Überlieferung von Ν durchgängig die Präposition "de" für griechisches "έκ"102: "filium dei, natum de patre unicum, hoc est de substantia patris, deum de deo, lumen de lumine, deum uero de deo uero...". Nun bietet "De fide" uns eine gute Anschauung dessen, was sich an konkreten Vorstellungen mit dieser Übersetzung verband: Die Homöer, die ja das "φως έκ φωτός" und "&εόν έκ &εοϋ" auch bekennen, sagen "lumen ex lumine" (Sirm II) und "deum ex deo" (Sirm II; Rimini); damit jedoch, so Gregorius, wird die Substanzeinheit von Vater und Sohn de facto geleugnet. Denn die Präposition "ex" zeige eine Trennung an, so

99 Vgl. SIMONETTI, I.e., 127; DOSSETTI, I.e., 239. 100 Fid. orth. 2,23 (226, 186-188 Bulhart; in der zweiten Fassung "dixit" statt "tradidit", sonst gleichlautend). Vgl. auch Fid. orth. 3,35: "quae ideo patrem et filium unius substantiae denegauit, quia filium dei modo ex nihilo, modo ex patre, sed ab alia substantia..." (228, 293-296 Bulhart; in der zweiten Fassung "essentiae" statt "substantiae", sonst gleichlautend). 101 Vgl. Fid. orth. 2,26: "quia sermo filius semper cum patre est" (226, 219f. Bulhart). Fid. orth. 8,74: "Aiunt enim: Cum sit deus pater omnipotens, inuisibilis inconuertibilis, immutabilis, perfectus, semper idem, aeternus, filius uero uisibilis, quia saepe patribus uisus est, et conuertibilis atque mutabilis..." (240, 744-747 Bulhart). 102 Anders die zweite Bezeugung bei Hilarius in Syn. 84 (3x "ex", 2x "de"; vgl. oben S. 152f.). Eine Übersicht über die Übersetzungen des griechischen έκ in der lateinischen Überlieferung von Ν bei DOSSETTI, I.e., 229.

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210 Zweiter Teil

daß aus dem Licht ein anderes Licht, aus Gott ein anderer Gott entstehe103

(ähnlich die Vorwürfe gegen die homöische Interpretation des "deum ex deo, lumen ex lumine" bei Phoebadius, C. Ar. 19 und Hilarius, Coli, antiar. Paris. Β II, 11,2)104. Gregorius zieht deshalb die Konsequenz, durchgängig "deum de deo, lumen de lumine" zu sagen105, um damit die bleibende Einheit von Vater und Sohn aussagen zu können106.

Dieses Verständnis dürfen wir auch bei der einheitlichen Benutzung der Präposition "de" in Gregorius' Fassung des Nizänums voraussetzen.

Der Voranstellung von Ν in der zweiten Fassung entspricht die Zunahme der

Verweise auf das Nizänum107 und die Überarbeitung einiger Stellen im Text von

"De fide orthodoxa" auf nizänische Formulierungen hin108.

In der zweiten Fassung, besonders in der praefatio, findet sich gehäuft die

Beteuerung, die personale Differenzierung innerhalb der Trinität nicht

aufgegeben zu haben bzw. nicht aufgeben zu wollen109. Und einigen Stellen

seines Textes hat Gregor Veränderungen vorgenommen, mit denen er die eigen-

ständige Personalität des Sohnes tatsächlich besser herausarbeiten oder betonen

will, so fid. orth. 8, 92: "Qui fuerat ante mundum apud patrem deus" statt "cum

patre" in der ersten Version110, oder 6,67: "uita est, quia dat uitam et ipse

uniuersa uiuificat" statt des knapperen: "uita est, quia ipse uniuersa uiuificat"111.

103 Fid. orth. 3,41: "{Tu autem non lumen de lumine,} sed lumen ex lumine ita asseris, quasi a patre, qui uerum lumen est, aliud lumen sit factum, quod de ipsa patris substantia non sit sed sicut aliud quodlibet lumen, quamquam a deo sit factum, longe tarnen aliud sit ab eo, qui fecerit, et ideo lumen ex lumine, non de lumine dicis." (230, 350-355 Bulhart). 104 Ausführlicher hierzu SIMONETTI, I.e., 159f. 105 So im gesamten Text beider Fassungen von "De fide orthodoxa". 106 Fid. orth. 3,39. - Auch für Marius Victorinus besteht eine Entsprechung zwischen dem öμooΰσιo<;-BegΓiff und der Formel "deum de deo", vgl. Homoous. 2. 107 Fid. orth. 8,98. 108 Fid. orth. 7,73: "filium, de uero patre natum, non factum, unius substantiae cum patre, defendimus" gegenüber der ersten Fassung: "filium, qui de uero patre, qui semper fuit et est unius substantiae cum patre, defendimus" (240, 734-737 Bulhart). 105 Fid. orth., Praef. 7. 9f. Vgl. auch den in der zweiten Fassung hinzugekommenen Schlußabschnitt Fid. orth. 8,98. 110 245, 920-922 Bulhart. 111 237, 635f. Bulhart. - SIMONETTI, I.e., 49, weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, daß in der zweiten Fassung Fid. 6,64 (nach SIMONETTIs Ausgabe 6,22) das personalere "alius" anstelle des neutrischen "aliud" aus der ersten Fassung getreten sei. Aber hier ist die handschriftliche Überlieferung disparat: "alius" ist auch in der ersten Fassung, "aliud" auch in der zweiten Fassung bezeugt. Vgl. SIMONETTIs Apparat und den Text in CChr.SL 69, 236, 585-588 Bulhart.

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6 Gregor von Elvira 2 1 1

Dies ändert aber nichts daran, daß die starke Betonung der Einheit von Vater

und Sohn auch in der zweiten Fassung voll bestehen bleibt. Und wenn sich auch

nun, anders als noch in Fassung 1, bei Gregor die bei Phoebadius so zentrale

Formel "una substantia - tres personae" explizit findet112, bleibt doch die oben

für die erste Fassung von "De fide orthodoxa" notierte Austauschbarkeit des

Personbegriffes mit der Namensterminologie bei der Unterscheidung von Vater

und Sohn auch in der Neubearbeitung des Traktates grundsätzlich erhalten113.

Der häufig notierte114 Austausch des Wortes "substantia" aus der ersten Version

gegen "essentia" in der zweiten ist, wie SIMONEl'll gezeigt hat115, wahrschein-

lich theologisch weniger signifikant als zumeist angenommen: Er hält sich

jedenfalls auch in der zweiten Fassung von "De fide orthodoxa" nicht konsequent

durch116. Beide Begriffe wollen das gemeinsame Göttliche von Vater und Sohn

bezeichnen117. Wollte man dennoch Vermutungen über einen Grund für die

Bevorzugung von "essentia" gegenüber "substantia" in der zweiten Version von

"De fide orthodoxa" anstellen, so wäre darauf hinzuweisen, daß "substantia"

wörtliche Übersetzung von ύπόστατσις war118, mit dem Aufkommen der neu-

nizänischen Theologie aber ουσία als Ausdruck für die Einheit (gegen ύπόστασις)

stärker hervortrat, was bei Gregor zur Präferierung des Begriffes "essentia" (gegen

112 Fid. orth. 8,98: "tres personae unius substantiae, et unius diuinitatis confitentes..." (246, 979f. Bulhart). 113 Zur ersten Fassung s.o.S. 205f. Zur zweiten Version siehe Fid. orth., Praef. 11: "Sed tria nomina et tres persones unius esse essentiae, unius maiestatis atque potentiae credimus (223, 86f. Bulhart); vgl. Fid. orth., Praef. 10. 114 HANSON, Search, 521. 115 L.c., 48f. 116 Fid. orth. 2,22; 3,32: ομοούσιος in der zweiten Fassung einmal als "unius substantiae", einmal als "unius essentiae". Umgekehrt ist auch "essentia" schon in der 1. Fassung belegt: Fid. orth. 5,56. 117 Also die Teilhabe am selben "Gott-genus", vgl. Fid. orth. 7,69 und die Wendungen "unitas diuinitatis" oder "unitas maiestatis", Fid. orth. 4,54 oder 7,72. Eine Art "Definition" des Substanzbegriffes durch Gregor bietet Fid. orth. 4,50: "Quae est enim substantia dei nisi ipsum quod deus, simplex, singulare, purum, nulla concretione permixtum, limpidum, bonum, perfectum, beatum, integrum, sanctum, totum." (232, 428-432 Bulhart). Und Fid. orth. 5,53: "Ergo ipsum, quod est, hoc erit substantia eius rei, quae esse defenditur" (232,446f. Bulhart). - Im ganzen zeigt Gregor sich aber jeglichen Defmitionsversuchen über die göttliche Substanz abhold; alles Spekulative ist ihm fremd, man denke auch an seine Betonung des unendlichen Unterschiedes zwischen göttlicher und innerweltlicher Substanzialität in seiner Auseinandersetzung mit den Homöern um den Substanzbegriff (s.o.S. 202f.), vgl. Fid. orth. 5,56. 118 Vgl. z.B. oben unter 2.2.4.

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2 1 2 Zweiter Teil

"substantia") geführt haben könnte1". Man bedenke dazu auch, daß Hilarius von

Poitiers in seiner N-Wiedergabe in "De synodis" das nizänische η έξ έτέρας

υποστάσεως η ούσίας (anders als noch im "Liber 1") mit "vel ex alia substantia

aut essentia" wiedergegeben hatte120.

Gregors zweite Fassung von "De fide orthodoxa" erweist sich als Neubearbeitung

mit offensichtlicher apologetischer Tendenz, zu der auch die Zitierung von Ν am

Anfang des Traktates zu zählen ist, und mit dem theologischen Bemühen um eine

präzisere Herausarbeitung der Eigenpersonalität des Sohnes bzw. Heiligen

Geistes. Mit dieser Überarbeitung ist er dem Sabellianismusvorwurf gegen seine

von Serdika herkommende Theologie der "una substantia" verbal und z.T. auch

inhaltlich entgegengetreten, ohne dabei grundsätzlich von der dogmatischen

Ausrichtung seiner Schrift abzuweichen.

Nachfolger sollte diese strenge Einhypostasentheologie des Gregor von Elvira

noch lange nach der Erstellung der zweiten Version von "De fide orthodoxa"121

finden - im Lager der Luziferianer.

6.3 Spätere Luziferianer

Auf die Schriften der römischen luziferianischen Presbyter Faustinus und

Marcellinus soll in dieser Arbeit nur kurz eingegangen werden, da sie zeitlich

deutlich nach dem hier behandelten Zeitraum liegen122.

Daß sie hier im Rahmen des Gregorius-Kapitels, nicht im Luzifer-Kapitel

erscheinen, hat seinen Grund darin, daß es keinen sicheren Anhaltspunkt für eine

119 Dies bedeutet natürlich nicht, daß Gregor die neunizänische Lösung übernommen hätte. Er bleibt vielmehr Einhypostasentheologe und spricht sowohl in der ersten wie in der zweiten Fassung von Fid. orth. von "una substantia" und "una essentia". 120 S.o.S. 152. 154. 121 Wohl frühestens 364. SIMONETTI, I.e., 50, geht aufgrund der inhaltlichen Veränderungen davon aus, daß zwischen der ersten und zweiten Fassung des Textes ein einige Jahre währendes Intervall vergangen sein müsse. 122 Für den "Libellus precum" an Theodosius I. wird allgemein das Jahr 384 angenommen.

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6 Gregor von Elvira 2 1 3

"Gründung" der Luziferianer durch den Bischof von Calaris gibt123; die Schriften

und Gedanken der Gruppe scheinen stark von Gregor von Elvira geprägt124 und

sollen deshalb im Zusammenhang von "De fide" behandelt werden.

Die Schrift "De confessione verae fidei", üblicherweise "Libellus precum" genannt,

stellt die schwierige Situation der mittlerweile bedrängten Gruppe in den

verschiedenen Gegenden des Reiches125 sonderlich anläßlich eines Aufenthaltes

der römischen Presbyter Faustinus und Marcellinus in Palästina dar und bittet

den Kaiser Theodosius um Abhilfe, die von jenem auch gewährt wird126. Der

dem Jahre 384 zuzuordnende Text zeigt die Unversöhnlichkeit der Luziferianer

gegenüber denen, die sich in Rimini dem "Arianismus gebeugt" hatten; dieser

Verrat am orthodoxen Glauben ist ein dem Götzendienst gleichkommendes127

Sakrileg. Dogmatisch erfahren wir aktuell jedoch nicht mehr als eine

entschiedene Ablehnung jener, die "Patris, Filii et Spiritus sancti tres esse

substantias uindicantes uel respicientes"128.

Deutlich ist, daß es sich hier um eine Polemik gegen die neunizänische

Interpretation von Ν handelt, die sich inzwischen im Osten in Gestalt des

Nizäno-Constantinopolitanums von 381 durchgesetzt hatte und auch im Westen

zunehmend an Bedeutung gewann; den Vertretern des μία ουσία - τρεις

123 So schon im Jahre 1886 KRÜGER, Luzifer, 58: "man befindet sich in der eigentümlichen Lage, bei der Betrachtung des luziferianischen Schisma ganz absehen zu können von der Person des Mannes, von dem dasselbe seinen Namen trägt". Ebenso jüngst SIMONETTI, EECh 1 (1992), 508; der Name der Gruppe könnte demnach einfach darauf zurückzuführen sein, daß Luzifer von Calaris als besonderes Vorbild für antiarianische Kompromißlosigkeit und Unnachgiebigkeit galt; dafür sprechen die positiven Erwähnungen Luzifers in Lib. prec. 22. 63. 89.109; etwas anders HANSON, Search, 510. 516. 124 So auch das Selbstzeugnis der Gruppe, die offensichtlich Gregor als ihren theologischen Führer ansieht, Lib. prec. 33ff. 40.73.90. Vgl. WILMART, SAWW 159,1,2. Dem Zusammenhang zwischen den Schriften Gregors und denen der Luziferianer trägt auch deren Zusammenstellung in CChr.SL 69 Rechnung. 125 Trier, Lib. prec. 77; Rom, I.e. 77ff.; im Osten Oxyrynchos 93ff., wo ein Bischof namens Heraklides das Oberhaupt der Gruppe war. 126 Vgl. die Lex Augusta, 6ff. (392, 32ff. Simonetti). 127 "Non hoc minus sacrilegium est, non haec minor impietas, quam si sub persecutore gentili idolo sacrificatum est, quia et in haeresi perterritum subscribere daemoniis sacrificare est." (CChr.SL 69, 367, 244-247 Simonetti/Guenther). 128 Lib. prec. 114 (388, 1045 - 389, 1047 Simonetti/Guenther).

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214 Zweiter Teil

υποστάσεις wird von luziferianischer Seite unterstellt, sie lehrten "tres

substantias". Eine Differenzierung zwischen ούσία vund ύπόστασις (wie etwa in

der schon 359/360 von Marius Victorinus referierten Form von "substantia" und

"subsi-stentia")129 wird nicht mitvollzogen. Für Faustinus gelten alle Vertreter

einer Dreiheit in der Hypostase als Vertreter der "tres substantias" und damit als

Arianer; darin sehen sich die Luziferianer in völliger Kontinuität mit den

Beschlüssen von Nizäa, auf die sie sich wiederholt berufen130. Eine solche

Berufung aber war nur denkbar vor dem Hintergrund einer Nizänums-

Interpretation, wie sie 342 in Serdika in der Formel μία ύπόστασις Gestalt

gewonnen hatte und unter dem Begriff "una substantia" im Westen rezipiert

worden war.

Eine umfangreichere dogmatische Schrift der Luziferianer liegt in Faustinus' "De

trinitate" vor131. Sie versteht sich als Widerlegung eines "arianischen"

Bekenntnisses132; dabei wird als arianische Position in etwa diejenige Theologie

referiert, gegen die sich schon Gregors "De fide" richtete133. Die Luziferianer

setzen hiergegen (mit breiter exegetischer Begründung, bei der die bekannten

biblischen Einheitsaussagen natürlich im Vordergrund stehen)134 eine äußerst

strenge Betonung der Einheit Gottes; tragender Begriff ist das "una substantia",

das hier jedoch in noch verstärkter Form erscheint: "una eadem substantia Patris

et Filii"135. Dieser theologische Grundsatz wird nun in "De trinitate" in immer

neuen Wendungen umschrieben, z.B. "nulla diuersitas in substantia"136,

"indifferentia substantiae"137, "eiusdem substantiae"138. In geradezu monomaner

129 S.U.S. 258. 130 Lib. prec. 5. lOff. 131 CChr.SL 69, 294-353 Simonetti. Über die Schrift vgl. KRÜGER, I.e., 94ff.; SIMONETTI, SE 14 (1963), 50ff. 132 Trin. 2. 133 Vgl. (als arianische Thesen): "ex nullis exstantibus subsistutum", "non uere de Deo Patre genitum", "factus intellegatur esse, non natus", "mutabilem", "non uere Deus neque uere Filius est", "Christum (...) esse creaturam", "et si creatus est, erat ergo quando non erat." Trin. 2 (CChr.SL 69, 296,15 - 297,32 Simonetti). 134 Joh 14,9; 14,10; 10,30. Vgl. hierzu SIMONETTI, SE 14 (1963), 74ff. 135 Trin. 11. 12. 14. 36. 37. Kursivdruck Vf. 136 Trin. 9. 47. 137 Trin. 14f. 138 Trin. 48.

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6 Gregor von Elvira 2 1 5

Weise wird die Selbigkeit und Identität der Substanz stets von neuem betont:

"Deus (...) totus idem est secundum substantiam"139. Damit ist die Trinitätslehre

des Faustinus de facto nicht mehr weit entfernt von dem, was in der Tradition

antihäretischer Abgrenzungen schon seit langem dem Sabellius als Lehre

zugeschrieben worden war140, wiewohl Faustinus sich selbst gegen den Vorwurf

des Sabellianismus zu schützen sucht, indem er das "una persona", das Sabell

vertreten habe, ablehnt"1.

Die Differenzierung, die bei den Luziferinern natürlich eine sehr untergeordnete

Rolle spielt, wird an einigen wenigen Stellen im Personbegriff vollzogen, die

Phoebadius-Wendung "una substantia - tres personae" findet sich jedoch nicht

explizit142.

Dem Faustinus bzw. seinem unmittelbaren Kreis ist ferner ein Bekenntnis an Kaiser Theodosius143 zuzuschreiben. Es beginnt mit einer expliziten Berufung auf Nizäa144; dabei wird der nizänische Glaube klar im Sinne des "una substantia" verstanden145; eine deutliche Abgrenzung erfolgt dagegen gegen solche, die "sub nomine catholicae fidei impia verba defendunt, dicentes tres esse substantias, cum semper catholica fides unam substantiam Patris et Filii et Spiritus Sancti confessa sit."144

Die Vertreter der "tres substantiae", in denen die Anhänger der neunizänischen Trinitätslehre mit ihrer Formel μία οΰσία - τρεις υποστάσεις und (nach deren Sieg) die Vertreter des Nizäno-Constantinopolitanums von 381 zu sehen sind147, sind aus Sicht der Luziferianer nicht mehr als katholische Christen zu

139 Trin. 28 (327, 31f. Simonetti). 140 S.o. S. 197 Anm. 23. 141 Trin. 7: "Sabellium (...) defendentem Patris et Filii unam esse personam" (301, 28f. Simonetti). Vgl. Trin. 9. 12. 142 Vgl. Trin. 7: "patris et filii personas" (300,6 Simonetti) oder Trin. 12: "pluralitatem (...) personarum" (305,6 Simonetti). Dazu eine Fülle negativer Abgrenzungen, etwa Trin. 7.9.12 u.ö.: "Pater et Filius non unius personae". 143 Das Bekenntnis CGhr.SL 69,357. - Zur Verfasserschaft des Faustinus bzw. luziferianischer Kreise und zum Verhältnis zur sog. "Fides Luciferi" siehe ausführlich SIMONETTI, SE 14 (1963) 92ff., bes. 97. 144 "Sufficiebat fides conscripta apud Nicaeam aduersus haeresim Arrianiam" (CChr.SL 69, 357, 3f. Simonetti). 145 "Diuinae Trinitatis unam substantiam confitemur" (357, 15f. Simonetti). 146 357, 8-10 Simonetti. 147 Die Formel μία οϋσία - τρεις υποστάσεις findet sich bekanntlich im theologischen Tomus von 381, den Theodoret aufbewahrt hat (h.e. V, 9, llf.). Der Text ist jetzt inhaltlich gegliedert greifbar bei ABRAMOWSKI, ThPh 67 (1992), 481f.

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216 Zweiter Teil

akzeptieren. Denn selbst wenn sie Sohn oder Geist nicht als Geschöpf lehren (was sie nach eigener Aussage nicht tun)148, müssen sie, so Faustinus, als Konsequenz aus ihrer Lehre von den "tres substantias" eine Dreigötterlehre vertreten"".

Das Faustinus-Bekenntnis zeigt hierbei ein auffälliges Maß an Unverständnis für die zeitgenössischen theologischen Diskussionen; natürlich war eine Lehre von drei Göttern einerseits oder eine Lehre vom Sohn als Geschöpf andererseits von niemandem mehr (sei es auch nur implizit) vertreten worden. Die Polemik der Luziferianer richtet sich gegen längst überholte und fallengelassene Positionen.

Wie schon bei Gregor zeigt sich auch beim Faustinus-Bekenntnis zwar eine betonte verbale Abgrenzung vom Sabellianismus150, zurückzuführen auf von außen ergangene Vorwürfe. Doch abgesehen von der Aussage, daß man Vater und Sohn nicht als denselben verstehe, wird diese Abgrenzung wie schon in "De trinitate" nicht weiter entfaltet. Eine positive, terminologisch faßbare Unterscheidung von Vater, Sohn und Geist fehlt.

Die Luziferianer haben die serdicensische Interpretation des Nizänums im Sinne

des μία ύπόστασις am längsten invariabel beibehalten; auf die sich seit 360

anbahnenden neuen Lösungen des trinitarischen Problems haben sie nur noch

abwehrend reagiert. In einer Zeit, als die neuen Interpretations- und Denkmuster

sich im Osten längst durchgesetzt hatten und allmählich auch im Westen sich

durchzusetzen begannen, waren die Vertreter einer streng exklusiven Einhypo-

stasenlehre ins dogmatische und kirchliche Abseits geraten, was schnell sehr

konkrete feindliche Maßnahmen von Seiten der katholischen Kirche, die sich

theologisch in eine andere Richtung entwickelt hatte, nach sich zog151.

148 "Dicunt non se credere Filium Dei aut Spiritum Sanctum creaturam" (357, 24f. Simonetti). 149 "Consequens enim ut tres deos confiteantur, qui tres substantias confitentur." (357, 26f. Simonetti). 150 "Nos Patrem credimus, qui non sit Filius (...); et Filium credimus, qui non sit Pater..." (357, 11-13 Simonetti). Die Wendung auch (als Aussage Sabells) Trin. 9. 151 Faustinus, Lib. prec. 3f. u.ö. - Über die Malinahmen gegen die römischen Luziferianer unter Damasus, lib. prec. 79ff. Vgl. in dieser Arbeit unten S. 243.

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7 Luzifer von Calaris

D i e Schriften des sardinischen Bischofs Luzifer von Calaris sind einer

dogmengeschicht l ichen Bewertung nicht leicht zugänglich. D e r Grund hierfür liegt

in d e m in der wissenschaftl ichen Literatur schon häufig notierten, sehr

e igenwil l igen Charakter seiner Texte, die sich mit e i n e m breiten Arsenal

schärfster F o r m e n der Polemik gegen Kaiser Konstantius II. richten1, die

ernsthafte theologische Auseinandersetzung dagegen fast völlig vernachlässigen2 .

So m u ß man sich bei Luzifer damit begnügen, die wenigen dogmatischen

Aussagen zur Trinitätstheologie aus den Schriften gle ichsam herauszudestil l ieren3

und innerhalb ihres theologiegeschichtl ichen Kontextes zu interpretieren, stets

verbunden mit der Einschränkung, daß der Verfasser selbst an einer theolo-

gischen Debat te , w ie sie uns in den Schriften der Hilarius, Phoebadius oder

Gregor v o n Elvira begegnet , wenig interessiert und wohl auch nicht auf der H ö h e

der ze i tgenöss ischen Diskussion4 war.

1 Eine ausführliche Analyse der Formen der Polemik bei Luzifer hat OPELT, VigChr 26 (1972), 200-226, vorgelegt. Eine Diskussion ihres Aufsatzes in TIETZEs Tübinger Dissertation aus dem Jahre 1976 "Lucifer von Calaris und die Kirchenpolitik des Constantius II.", hierin 181ff. 2 HANSON, Search, 508, spricht von "vituperation rather than constructive theology" und zitiert exemplarisch Lucif., Äthan. I, 19 (ebd. Anm. 5). Die Texte Luzifers seien "violent pamphlets", I.e., 510. Dieses Urteil HANSONs steht in Kontinuität zu fast allen früheren Beurteilungen der theologischen Leistungen Luzifers, so etwa schon KRÜGER, Lucifer, 24f.: Das Interesse des Verfassers sei "kein theologisches", seine Texte "Pamphlete (...) ohne systematische Darlegung des eigenen Standpunktes und ohne planmäßig verfahrende Widerlegung der gegnerischen Ansichten". Ähnlich urteilen SIMONETTI, Crisi, 443-445 und EECh 1 (1992), 508; KLEIN, Konstantius II., 121-125. - TIETZEs Arbeit, I.e., kommt zu einem wesentlich milderen Urteil, da sie Luzifer v.a. als unerschrockenen Kämpfer für die Orthodoxie gegen den Arianismus zeichnet. Dieses Verfahren beruht, wie schon die Monographien DE CLERCQs über Ossius und GLÄSERs über Phoebadius, auf einem völlig anachronistischen Orthodoxieverständnis, das die differenzierte theologische Debatte der 50er Jahre in das Schema "nizänische Orthodoxie gegen Arianismus" pressen will. Zu begrüßen ist, daß bei TIETZE diese Vorentscheidung wenigstens offen benannt wird: "Der Begriff 'Orthodoxie' wird hier und in der gesamten Untersuchung verstanden als Kennzeichnung der nikänisch-katholischen Glaubensrichtung im Gegensatz zum Arianismus" (I.e. 297, Anm. 18). 3 Die wichtigstens Versuche in dieser Richtung sehe ich in dem (materialreichen, allerdings völlig unkritischen) Aufsatz ZEDDAs, DTP 52 (1949), 276-329 und in den (i.w. an ZEDDAs Arbeit an-schließenden) Ausführungen von DIERCKS in der neuen Edition der Texte Luzifers in CChr.SL 8, Praefatio, CXIV - CXVIII; vgl. aber auch HANSON, I.e., 508-515. 4 S.U.S. 227f.

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2 1 8 Zweiter Teil

Luzifer von Calaris tritt zwischen den Synoden von Arles (353) und Mailand

(355) erstmals als an den kirchlichen Auseinandersetzungen Beteiligter in

Erscheinung. Wahrscheinlich erst als Erwachsener zum Christentum bekehrt5

mag er um 350 zum Bischof der sardinischen Stadt Calaris gewählt worden sein6.

In Funktion eines engen Vertrauten von Bischof Liberius von Rom setzt er sich

354 in einer Gesandtschaft an den kaiserlichen Hof nach Arles für ein

allgemeines Konzil in der Athanasiussache ein7; Liberius war nach der peinlichen

Zustimmung seiner Legaten Vicentius von Capua" und MarkelP zum Urteil

gegen Athanasius in Arles 353 an einer schnellen Revision dieser Entscheidung

auf einem allgemeinen Konzil gelegen10. Die Gesandtschaft hatte Erfolg:

Konstantius II. hat der Bitte nach einem allgemeinen Konzil entsprochen, nicht

zuletzt deshalb, weil sie mit seinen eigenen Interessen durchaus korrelierte".

5 Dies ist aus De non conu. 14 zu schließen, mit HANSON, I.e., 508f. 6 Das wenige, was wir über die Anfänge des Christentums auf Sardinien wissen, stellt KRÜGER, I.e., 9ff. kurz dar. In vordiokletianischer Zeit sind nur Calaris und Phausania als Bistümer der Insel belegt; zu Beginn des vierten Jahrhunderts ist Sardinien dem römischen Metropolitanbischof unterstellt; der Brief der "westlichen" Synode von Serdika an Julius von Rom bittet, die Beschlüsse den Bischöfen in Sardinien weiterzugeben, Hil., Coli, antiar. Paris. Β 11,2,5 (Text in diesem Kapitel Anm. 25 zitiert); vgl. BARDY, ReSR 20 (1940), 49f. 7 Die Gesandtschaft nach Arles (Amm. Marc., Römische Geschichte 14,5,1; 14,10,2; BRENNECKE, Hilarius, 150 mit Anm. 10 votiert aus chronologischen Gründen für Mailand, KRÜGER, I.e., 12f.; TIETZE, I.e., 60; DIERCKS, Praefatio, VII für Arles), der noch der römische Presbyter Pancratius und der römische Diakon Hilarius angehören und der sich auf Bitten des Liberius auch noch Euseb von Vercellae und Fortunatian von Aquileia anschließen (vgl. das entsprechende Schreiben des Liberius an Euseb Ep. Me frater [CChr.SL 9, 121f. Bulhart]; das Schreiben Ep. Sciebam [CChr.SL 9, 122f. Bulhart] zeigt die Einbeziehung des Fortunatian und die Freude des Liberius über Eusebs Zustimmung zu seinem Anliegen), übergibt Konstantius einen Brief des Liberius mit der Bitte um eine Reichssynode; der Brief des Liberius an Konstantius Ep. Obsecro (CChr.SL 8, 311-316 Diercks) in einer synoptischen Gegenüberstellung der beiden, leicht voneinander abweichenden Überlieferungsformen. Eine Analyse des Briefes bei BRENNECKE, I.e., 153ff. 8 Liberius, Ep. Obsecro (312, 59ff. Diercks) und Ep. Me frater (121,7 Bulhart); Vicentius hatte schon 344, zusammen mit Euphrates von Köln, der Delegation der abendländischen Bischöfe nach Antiochien angehört, die dem Konstantius Briefe des Konstans übergeben sollte mit dem Ziel, die westlichen Synodalbeschlüsse von Serdika durchzusetzen. 9 Es handelt sich natürlich nicht um Markell von Ankyra, von dem sich auch Athanasius schon längst losgesagt hatte, sondern um einen sonst nicht weiter bekannten Bischof Markell aus Kampanien. 10 Sein Ungemach angesichts jener Zustimmung spiegelt der Brief an Ossius von Cordoba Ep. Inter haec, Hil., Coli, antiar. Paris. Β VII,6. 11 Man muß klar sehen, daß die Versammlung eines allgemeinen Konzils auch im Interesse des Konstantius und der Bischöfe des Orients lag, allerdings mit völlig entgegengesetzter Stoßrichtung: Hier wünschte man ein größtmögliches Forum für die Verurteilung des Athanasius. Vgl. Socr., h.e. II, 36,2; Soz., h.e. IV,9,lf.; Thdt., h.e. 11,15,2; Rufin, Hist. X,21.

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7 Luzifer von Calaris 219

Als diese Synode im Jahre 355 in Mailand tatsächlich stattfindet12, nimmt Luzifer

als Vertreter des Liberius teil13, nicht ohne sich dabei der Mitstreiterschaft des

Euseb von Vercellae versichert zu haben14.

Die Ereignisse auf der Synode von Mailand 355 brauchen hier nicht im einzelnen

nachgezeichnet zu werden15; die Bischöfe Luzifer von Calaris, Euseb von

Vercellae und Dionys von Mailand16 verweigern die Verurteilung des Athanasius

und werden verbannt17.

Auffällig ist die im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen

Arles (353) und Mailand (355) in den Quellen zu konstatierende Verquickung des

Falles des Athanasius mit der Frage nach antiarianischer Orthodoxie von seiten

der Athanasiusanhänger18.

12 S.u. Anm. 15-18. 13 Vgl. KRÜGER, I.e., 12ff. 14 Der entsprechende Brief "Epistola legatorum sedis apostolicae ad Eusebium, qua rogant eum, ut ad profligandam Arianorum haeresin synodo interesse non grauaretur" in CChr.SL 9, 120 Bulhart. - Aufforderungen an Euseb von Vercellae, nach Mailand zu kommen, ergehen auch von der Synode (CChr.SL 9, 119 Bulhart) und von Seiten des Kaisers selbst (CChr.SL 9, 121 Bulhart), ein Zeichen dafür, daß Euseb wohl über die Parteigrenzen hinweg Ansehen genoß und vielleicht nicht von vornherein den Athanasiusanhängern zuzuordnen war. 15 Zuletzt BRENNECKE, Hilarius, 147ff., dort auch die Auseinandersetzung mit der gesamten Literatur bis 1980. Von den Darstellungen über Luzifer vgl. zur Synode von Mailand KRÜGER, I.e., 12ff. und TIETZE, I.e., 29ff. 59ff. 16 Hier., Chron. ad 355; Rufin, Hist X,21; Socr., h.e. II, 36,3; Soz., h.e. IV,9,3; Sulp. Sev., Chron. II, 39,4; Ath., hAr . 31ff. 46. 76; fug. 4. - Die Namen der übrigen Exilierten (unter ihnen sicher die römischen Legaten Pancratius und Hilarius) divergieren in den verschiedenen Berichten etwas. 17 Zur Frage, ob eine orientalische, aus Sicht der Okzidentalen arianische theologische Formel bei der Verurteilung der Luzifer, Euseb und Dionys eine Rolle gespielt habe, vgl. den Exkurs bei BRENNECKE, I.e., 184ff. in Auseinandersetzung mit GIRARDET, Constance II, 63ff. - HANSON, I.e., 329ff., hat sich der Meinung GIRARDETs i.w. angeschlossen, ohne sich mit den gewichtigen Gegenargumenten BRENNECKEs überhaupt auseinanderzusetzen (nur eine beiläufige Bemerkung zu BRENNECKEs Arbeit, I.e., 330 mit Anm. 62). Von den Quellen spricht allein Thdt., h.e. 11,15,2 davon, daß man eine Έτέραν πόιστεως έκ9·έσ9<χι διδασκαλίαν (GCS 128, 17f., Parmentier/ Scheidweiler) vorgelegt habe. Athanasius schweigt völlig von einem solchen Bekenntnis, obwohl er doch sonst die Vielzahl der orientalischen Synodalbekenntnisse stets zum Ziel seines Spottes macht. Soz., h.e. IV,9,4; Rufin, Hist. X,20 beziehen die Verurteilung auf die Athanasiusfrage. Liberius schreibt an Euseb von Vercellae nichts von einem theologischen Formular ("Me frater", I.e.). Luzifers Texte, die Hauptstütze für die These GIRARDETs, identifizieren in allgemeiner Form die Verurteilung des Athanasius mit der arianischen Häresie, sprechen aber nirgends explizit von einem Bekennntnis, dessen Unterschrift verlangt worden und das somit Grund für die Verbannungsurteile gewesen sei. 18 Besonders deutlich geht dies aus dem Brief des Liberius an Konstantius II. hervor: "Itur in concilium, aeeipiunt cum deliberatione response Arrii doctrinam se damnare non posse, Athanasium, quod solum exigebant, communione esse priuandum" (CChr.SL 8, 314, 125-128 Diercks; vgl. auch bes. 314, 99ff.); in diesem Brief auch die Forderung des Liberius, daß auf dem

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2 2 0 Zweiter Teil

BRENNECKE hat in seiner Tübinger Hilariusdissertation überzeugend

dargelegt, daß es Luzifer von Calaris ist, auf den diese Identifikation von "causa

Athanasii" und "fides Nicaena" im Vorfeld der Synode von Mailand zurückgeht".

In diesem Sinne scheint Luzifer auch auf Liberius von Rom, dem selbst die

dogmatischen Angelegenheiten zunächst wohl (noch) weniger nahe lagen20,

Einfluß ausgeübt zu haben21: Für die Verteidiger des Athanasius steht seit 354

fest, daß bei dem anstehenden Votum über den Alexandriner auch der in Nizäa

angenommene Glaube und damit die Verteidigung gegen den Arianismus auf

dem Spiele steht22.

Damit ist natürlich noch nicht gesagt, daß dies auch von allen anderen

Synodalen, und damit der von breiten Mehrheit der in Mailand Versammelten,

so gesehen worden ist - eine kritische Sichtung der zur Verfügung stehenden

Quellen läßt dies sogar ziemlich unwahrscheinlich erscheinen23.

Es liegt m.E. nahe, zu vermuten, daß Luzifer von Calaris diese Identifikation

von "causa Athanasii" und dogmatischer Orthodoxie aus den Beschlüssen der

westlichen Synode von Serdika abgeleitet hat, die ja genau in diesem Sinne

entschieden hatte24; daß jene Entscheidungen in Sardinien bekannt und

Konzil zunächst alle das Nizänum unterschreiben sollten (I.e. 315, 132ff.), mit der aber schwerlich der Text von Ν gemeint sein kann, der 354 im Abendland noch gar keine Rolle spielte, sondern eher eine erinnernde Deklamation an die in Nizäa begründete (und in Serdika verlorengegangene) Einheit der Kirche in Ost und West. Der Nachweis im einzelnen bei BRENNECKE, I.e., 158ff. -Die Identifikation von "causa Athanasii" und antiarianischer Orthodoxie bei Liberius schon vorher im Brief an Euseb Ep. Me frater (CChr.SL 9, 121f. Bulhart). Bei Luzifer zieht sich die Identifikation von "causa Athanasii" und "fides Nicaena" durch das gesamte Schrifttum. 19 BRENNECKE, I.e., 152. 155. 157. 20 Liberius ist primär kirchenjuristisch interessiert und hat in seinen Schriften kaum einmal theologisch argumentiert, vgl. in dieser Arbeit unten 233f. 21 Liberius schreibt diese "Entdeckung" in seinem Brief an Euseb von Vercellae dem Luzifer zu: Ep. Me frater, I.e. 121, 9ff. Bulhart. 22 Vgl. oben Anm. 18. 23 So seit CHADWICK, RGG III (31959), 317; Vgl. MESLIN, Ariens, 270-273; KLEIN, Constantius II., 125f. BRENNECKEs Darstellung der Vorgänge in Mailand, I.e., 145ff. - Anders HANSON, Search, 329ff., vgl. dazu aber oben meine Anm. 17. 24 Natürlich muß man dabei veranschlagen, daß die Vorwürfe gegen Athanasius mittlerweile völlig andere waren, wenn auch weiterhin keine dogmatischen Inhaltes, vgl. Ath., apol. Const 6. 9. 11. 19-26. In apol. sec. zeigt Athanasius mit Hilfe umfangreichen Aktenmaterials, daß die Vorwürfe von Serdika längst widerlegt seien, um die Haltlosigkeit der aktuellen Angriffe auf ihn zu beweisen. Daß es um die alten Geschichten von Serdika gar nicht mehr ging und inzwischen ganz neue Vorwürfe vorlagen, verschweigt er. - Zur Verquickung des disziplinarisch und kirchenrechtlich umstrittenen Falles des Athanasius mit der dogmatisch akzentuierten Auseinandersetzung um Markell 342 in Serdika siehe in dieser Arbeit oben S. 30ff.

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7 Luzifer von Calaris 2 2 1

verbindlich gewesen sein müssen, zeigt der Brief der Synodalen von Serdika an

Bischof Julius von Rom aus dem Jahre 342 mit der darin enthaltenen Bitte, die

gefaßten Beschlüsse an die Bischöfe in Sizilien, Sardinien und Italien

weiterzuleiten25.

Nach dem Konzil von Mailand wird Luzifer wegen der Verweigerung der

Unterschrift gegen Athanasius ins Exil geschickt, das er zwischen 355 und 361 in

Germanicia, Eleutheropolis und in der Thebais verbringt26. Vom Exil aus

schriebt er die folgenden Pamphlete gegen Kaiser Konstantius II.: De Athanasio

Liber 1 / Liber 2 (etwa im Jahre 358); De regibus apostaticis; De non

conveniendo cum haereticis (vielleicht schon 356/7); De non parcendo in Deum

delinquentibus (358/9); Moriundum esse pro Dei filio (frühestens Anfang 360)".

Über das in diesen Schriften aufgebrachte Arsenal von Verbalinjurien gegen den

Kaiser, das allein wegen seines beeindruckenden Wörterspektrums das Interesse

der Altphilologen seit jeher auf sich gezogen hat, informieren die

Untersuchungen von OPELT28 und ΉΕΤΖΕ® ausführlich.

25 Hil., Coll. antiar. Paris. Β 11,2,5: "Tua autem excellens prudentia disponere debet, ut per tua scripta in Sicilia, in Sardinia, in Italia [sunt] fratres nostri, quae acta sunt et quae definita, cognoscant, et ne ignorantes eorum accipiant litteras communicatorias, id est epistolia, quos iusta sententia degradauit. perseuerent autem Marcellus et Athanasius et Asclepius in nostra communione, quia obesse eis non poterat iniquum iudicium, fuga et tergiuersatio eorum, qui ad iudicium omnium episcoporum, qui conuenimus, uenire noluerunt. cetera, sicuti superius commemoraruimus, plena relatio fratrum, quos sincera Caritas tua misit, unanimitatem tuam perdocebunt. eorum autem nomina, qui pro facinoribus suis deiecti sunt, subicere curauimus, ut sciret eximia grauitas tua, qui essent communione priuati. uti ante praelocuti sumus, omnes fratres et coepiscopos nostros litteris tuis admonere digneris, ne epistolia, id est litteras communicatorias eorum, accipiant." (CSEL 65, 130, 6-18 Feder). 26 Faustinus und Marcellinus, Lib. prec. 16 und 25 sprechen von vier Verbannungsorten. Luzifer selbst nennt Germanicia (Äthan. 1,9), der lib. prec. Eleutheropolis (I.e. 30) und Socr., h.e. 111,5; Soz., h.e. V,12; Thdt., h.e. 111,2 die Thebais. Siehe dazu die Darstellungen von KRÜGER, I.e., 20ff. und TIETZE, I.e., 61ff. 27 Die Texte alle in CChr.SL 8, ed. DIERCKS. Zu den (etwas unsicheren) Datierungen vgl. TIETZE, I.e., 68ff. (hier auch eine Auseinandersetzung mit KRÜGERs Datierung), und DIERCKS, Praefatio, XVIIIff. - TIETZEs Arbeit bietet zudem kurze Inhaltsangaben zu den Texten, auf die hier nur verwiesen werden soll. Zu den im Charakter und der Disposition der Texte begründeten Schwierigkeiten, den Inhalt der Luzifer-Schriften überhaupt geordnet wiederzugeben, vgl. HANSON, I.e., 510ff. und KRÜGER, I.e., 29. 28 VigChr 26 (1972), 200ff.

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222 Zweiter Teil

Der trinitätstheologisch relevante Gehalt jenes insgesamt recht umfänglichen

Schriftencorpus ist demgegenüber ziemlich schmal; folgende Beobachtungen

lassen sich zusammenfassen:

Aufgrund seiner (wahrscheinlich von Serdika her übernommenen) Identifizierung

von "causa Athanasii" und Rechtgläubigkeit sieht Luzifer in den Gegnern des

Athanasius, besonders in der Person Kaiser Konstantius II., genuine Vertreter der

arianischen Häresie30. Zusammenfassend kann der Kaiser deshalb auch

"discipulus Arrii"31, Arius umgekehrt sein "magister"32 oder "conperditus"33,

Konstantius wiederum "fundator Arrii blasphemiae"34, "defensor haeresis

Arrianae"35 oder "negator unici dei filii"36 genannt werden. Dabei supponiert

Luzifer dem Kaiser die theologischen Aussagen des Arius und der Arianer der

20er Jahre, wie sie im Nizänum 325 verurteilt worden waren. Konstantius II., so

Luzifer, behaupte den Sohn als "ex nihilo" und als "factum" und vertrete das "erat

quando non erat"37. Weiterhin leugne er die Gleichewigkeit der drei Personen38

und erkenne auch den Vater nicht als wahren Vater an39.

Mit dieser Unterstellung geht Luzifer allerdings völlig darüber hinweg, daß die

arianischen Kernsätze, die seit 325 verurteilt waren, natürlich von niemandem

29 L.c., 88ff. 113ff. 129ff. 147ff. 160ff. - Zu den Vorlagen Luzifers vgl. neben den beiden genannten Arbeiten auch noch DIERCKS, I.e., LXXIff. und, allerdings auf Moriend. beschränkt, MERK, ThQ 94 (1912), Iff. 30 Exemplarisch sei Äthan. I, 6 zitiert: "Dbdsti: 'Damnate Atanasium'. Quem eramus, Constanti, damnaturi? Illumne, quem uidemus dei filium confiteri, ut sunt confessi patriarchae, prophetae, apostoli et martyres, an te, qui sis negans, ut negauit magister tuus Arrius..." (CChr.SL 8, 10, 1-4 Diercks), vgl. ZEDDA, DTP 52 (1949), 289f. 31 De non conu. 9. 32 Ebd. - Vgl. dazu auch Äthan. I, 6. 27; Moriend. 12. 33 De non pare. 31. 34 De non conu. 9; Äthan. I, 31. 35 Äthan. II, 3. 36 De non conu. 2-5. 7. 11. 13; De non pare. 2-4. 11. 15. 20f. 24f. 27. 34; Äthan. I, 15. 19. 23; Äthan. II, 4. 16. 24 und öfter; vgl. den Index bei DIERCKS, I.e., 465. 37 De non conu. 9: "Sic et cunctarum sectarum haeretici sunt praecisi, ut est Arrius praecisus utque tu, qui propterea quod dicas de dei unico filio: 'Factus est ex nihilo et non est uerus filius, erat quando non erat', excindi merueris." (178, 43-46 Diercks). Vgl. Reg. apost. 7. 11. 38 Äthan. II, 34. 3° Non conu. 9; Reg. apost. 7. 11.

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7 Luzifer von Calaris 223

mehr vertreten wurden; es ist völlig ausgeschlossen, daß Konstantius oder seine

theologischen Berater sie so oder ähnlich ausgesagt haben40.

Wie Gregor und Phoebadius sieht auch Luzifer in seinen Gegnern Anhänger der

arianischen Häresie. Doch während die ersteren sich ernsthaft mit den aktuellen

Aussagen ihrer Gegner beschäftigen (Phoebadius mit Sirm II; Gregor mit Rimini)

und dabei theologisch den Nachweis zu führen versuchen, daß sich hinter der

homöischen Theologie nichts anderes als verkappter Arianismus verbirgt,

unterstellt Luzifer dem Konstantius und seinen Beratern direkt die Benutzung der

alten Arius-Formeln, ohne sich mit dem zu befassen, was tatsächlich die

Theologie seiner Gegner ist. Konkrete Anspielungen auf die 2. sirmische Formel

oder auf die Bekenntnisse von Rimini oder Nike finden sich bei ihm daher

nicht41.

Der angeblichen Neuauflage der alten Ariussätze durch Konstantius setzt Luzifer

das Nizänum als schlechthinnigen Ausdruck der Rechtgläubigkeit entgegen. Der

Text von Ν wird von ihm an einer Stelle vollständig mitsamt den Anathematisen

wiedergegeben42: Die Gestalt des Textes unterscheidet sich nicht von der bei

Hilarius im Liber 1 überlieferten43. Bei den Anathematismen erscheint das η έξ

ετέρας υποστάσεως η ουσίας (wie bei Hilarius und später bei Gregor) mit "uel

40 Es ist m.E. das entscheidende Problem von ZEDDAs Arbeit, I.e., daß er auf diese Schwierigkeit überhaupt nicht eingeht, sondern Luizfers Identifizierung von Constantius und Arius unkritisch für bare Münze nimmt. 41 Gegen KRUGER, I.e., 107f., der aus einigen Stellen in De non pare. Anspielungen auf die Einberufung der Synoden von Rimini und auf Sirm II oder Sirm IV zu finden glaubt. Diese Sicht zu Recht abgelehnt bei TIETZE, I.e., 72f. Auch De non pare. 26 "de quo et libros scriptos dedisti et praedicatores benigni uoti tui omni in loco constituisti" (245,13-15 Diercks) ist zu allgemein, um mit Recht auf die Formel von Nike / Konstantinopel gedeutet zu werden, gegen DUVAL, Mimoeuvre, 91, mit TIETZE, I.e., 72f. - Diesem Befund entspricht es, daß alle Versuche einer Datierung der Luzifer-Schriften auf äußerliche Hinweise (Neubesetzungen von Bischofssitzen etc.) zurückgreifen müssen, vgl. dazu TIETZE, I.e., 68ff. - Einige Hinweise auf Sirmium beziehen sich auf das dortige "Verhör" des Photin durch Basilius aus dem Jahre 351, De non Pare. 18.26. 27. Aber auch sie zeigen keine sehr große Kenntnis der theologischen Sachlage auf Seiten Luzifers, da Konstantius (der "neue Arius") und der strenge Markellianer Photin undifferenziert einfach in einen Topf (der Häresie) geworfen werden. 42 De non pare. 18. 43 Vgl. DOSSETTI, Simbolo, 227ff. - Nimmt man mit TIETZE, I.e., 73, für "De non pare." 358 oder später als Entstehungszeit an, weil die Schrift offenbar einige andere Luzifer-Schriften voraussetzt, ist der Luzifer-Beleg die zweite Bezeugung von Ν im Westen überhaupt.

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224 Zweiter Teil

ex alia substantia"44 gekürzt und damit undifferenziert wiedergegeben45. Das

ομοούσιος ist (wie schon bei Hilarius und später bei Gregor) mit "unius

substantiae cum patre, quod Graeci dicunt ομοούσιο v"44 wiedergegeben.

Aufschlußreich ist jedoch, daß Luzifer andernorts (offensichtlich eigenständige)

Paraphrasen von Ν bietet47, die sein Verständnis dieses Bekenntnisses ein wenig

deutlicher erfassen lassen; hierbei verdient eine Stelle besonderes Interesse:

"Quid enim aliud confitetur beatae ecclesiae fides nisi quia sit credens in deum patrem innatum et in unicum filium eius, natum ex innato et uero patre, et in sanctum spiritum paracletum? Quid aliud confitetur fides catholicae ecclesiae nisi quia et trinitas sit perfecta et una sit dealitas patris et filii et spiritus sanctil Quid aliud confitetur beatae ecclesiae fides nisi quia neque pater susceperit hominem neque spiritus sanctus paracletus, sed unicus filius dei? Quid aliud adstruit gloriosae ecclesiae fides nisi quia sit dei unicus filius inmutabilis, inconuertibilis, inaestimabilis, inmensus, aeternus, sicuti sit et cuius sit filius? Credidit sancta ecclesia unam potentiam habere unicamque dominationem patrem et filium et spiritum sanctum, hanc fidem, quam dicis haereticam et tuam adstruis catholicam, illam quae dicat deum non habere uerum filium, quae dicat 'fuisse quando non fuerit', quae dicat 'factum ex nihilo'..."4*

In den Aussagen über den Sohn betont Luzifer dessen Geborensein aus dem

Vater sowie die Geltung der Gottesprädikationen der negativen Theologie auch

für den Inkarnierten4'.

In den Aussagen über die "perfecta trinitas" stehen für Luzifer die

Einheitsaussagen über "dealitas", "potentia" und dominatio" im Vordergrund; ihr

44 229, 24f. Diercks. 45 Dies allein zeigt schon, daß die sich anbahnende neunizänische Differenzierung von οϋσία und ϋπόστασις im lateinischsprachigen Raum auf massive Schwierigkeiten stoßen mußte. 46 229, 20f. Diercks. Vgl. De non pare. 24. Moriend. 4. 47 Äthan. I, 40; Äthan. II, 11; Moriend. 4. 48 Äthan. I, 40 (68,30 - 69,45 Diercks); Kursivdruck Vf. 45 Man vergleiche hierzu die breiten Ausführungen, die Phoebadius, C-Ar. 19ff. 24ff. und Gregor, Fid. 8,74ff. diesem Problem widmen; bei Luzifer ist die Aufzählung der Prädikate und ihre Beilegung zum Sohn rein thetisch; nirgends findet sich eine Beschäftigimg mit dem implizierten theologischen Problem; vgl. außer der hier zitierten Stelle noch Äthan. I, 33; Moriend. 10 und dazu HANSON, I.e., 512.

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7 Luzifer von Calaris 225

wiederholtes Auftreten in der N-Paraphrase des Luzifer zeigt, daß sie für ihn das

zentrale Kennzeichen des nizänischen Glaubens darstellen.

Auch die übrigen Aussagen in den Texten Luzifers zeigen eine starke Betonung

der Einheitsaussagen, z.B. "una potentia"50, "deitas"51, aber auch "una

aeternitas"52, "magnitudo"53 "diuinitas"54 "claritas"55 u.a. und dazu die

entsprechenden Schriftbelege56.

Sehr ausgeprägt ist die Wendung "una substantia / unius substantiae"

vertreten57.

Diese Beobachtungen lassen es naheliegend erscheinen, daß Luzifer Ν im Sinne

der serdicensischen μία ύπόστασις - Interpretation von 342 verstand.

Einige zusätzliche Beobachtungen können diese These m.E. stützen:

1.) Wie im Serdicense wird auch bei Luzifer den "Arianern" unterstellt, sie

lehrten, daß der Sohn nicht wahrer Sohn sei58.

2.) Im Zuge seiner Polemik gegen "Verfolger und Lästerer" betont Luzifer in

abgrenzender Intention, daß nach orthodoxer Auffassung der Sohn ohne

Anfang und Ende sei®. Dies erinnert an das Serdicense, in dem Markell

seinen Gegnern den Vorwurf, er lehre eine Ende des Sohnes, gleichsam

50 Neben der unten Aim. 63 zitierten Stelle z.B. noch De non pare. 26. 51 Äthan. I, 16; Äthan. II, 20. 34; De non conu. 9. 14; De non pare. 24. 28; Moriend. 10. 12. 14. 52 Äthan. II, 34; De non pare. 24. 26. 28; De non conu. 14; Moriend. 4. 53 De non conu. 14; De non pare. 26. 54 Äthan. 11,5. De non conu 14; De non pare. 31; Moriend. 3. 55 De non conu 14; Moriend. 3. 56 Joh 10,30; 14,9; 14,10. - Vgl. De non conu 14; Moriend. 3. 10. Interessant ist, daß Luzifer Joh 10,30 genauso interpretiert wie Phoebadius: Der Plural des Verbes drücke in der Einheit von Vater und Sohn auch die Zweiheit (der Personen) aus. De non conu. 14; vgl. Phoebadius, CAr. 25,1; 14,2. - Allgemeiner zum Schriftgebrauch Luzifers von Calaris vgl. KRÜGER, I.e., 28; MERK, I.e., Iff.; ZEDDA, I.e., 302ff.; den Index bei DIERCKS, I.e., 331ff. 57 Äthan. 11,11; De non pare. 18. 24; Moriend. 4. 7. 58 SerdW §2, Z. 5; Lucif., De non conu 9. Die Stelle ist oben Anm. 37 zitiert. Außerdem Äthan. 1,40 (zitiert oben S. 224 Anm. 48); 11,9. 11. 23; Reg. Apost. 7; 9. 59 Äthan. II, 34: "Ita et tu ex persecutore, ex iniurioso et blasphemo beatus et uere deo carissimus effici poteris, si ut Paulus beatus uerum dei filium esse Iesum Christum credideris, si semper ilium cum patre regnasse ac regnaturum, hoc est sine initio et sine fme, confessus fueris..." (132, 40-44 Diercks). Vgl. Phoeb., C. Ar. 2,5.

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2 2 6 Zweiter Teil

zurückgegeben hatte, indem er die Konsequenz aus gegnerischer Lehre

aufzeigte, daß, wer dem Sohn einen Anfang gebe, von ihm auch ein Ende

aussagen müsse60.

3.) Äthan. II, 18 erwähnt Luzifer direkt die Synode von Serdika: "Addo illud,

quia iam illum (sc.: Athanasium; Vf.) accusaueratis fuisse homicidam apud

Serdicam in synodo catholicorum, et probare minime ualuerit iniquitas

uestra".61

Dabei beruft er sich in der Athanasiussache (die er mit der Frage der

dogmatischen Orthodoxie gleichsetzt) auf die in Serdika gefällten

Entscheidungen.

Neben den in seinen Texten bei weitem überwiegenden Vorwürfen gegenüber

dem Arianismus finden sich bei Luzifer auch einige vorsichtige Abgrenzungen

gegen den Sabellianismus: Sabell habe "unam personam" gelehrt62.

Demgegenüber verweist Luzifer auf die Dreiheit (bzw. Zweiheit) der Personen

von Vater, Sohn und Geist63. Ob der Personbegriff bei Luzifer, ähnlich wie bei

Gregor von Elvira, im Sinne der Namensunterscheidung gemeint ist64, läßt sich

aus den Quellen nicht sicher sagen. Die sonst feststellbare Abhängigkeit des

Luzifer vom serdicensischen Verständnis von Ν spräche dafür. Aber eine

Austauschbarkeit der Begriffe "persona" und "nomen" läßt sich, anders als bei

Gregor, aus Luzifers Texten nicht erheben.

Das wenige, was aus Luzifers Texten an trinitätstheologischen Aussagen

herauszufiltern ist, wirkt schlagwortartig und ist in das (in Wirklichkeit längst

obsolet gewordene) Schema "Arianer gegen Nizäner" gepreßt; mit den theolo-

60 SerdW §2, Z. 9; zu τέλος vgl. meine textkritische Anm. zur Stelle. 61 108, 49-51 Diercks. 62 De non conu 9: "Sabellius, qui fuerit ausus unam esse personam patrem et filium et spiritum sanctum defendere, quia fuerit ausus dicere ipsum sibi et patrem esse et filium et spiritum sanctum" (178, 34-36 Diercks). - Zum Problem der Verhältnisbestimmung zwischen dem Vorwurf des "Sabellianismus" in der Mitte des 4. Jahrhunderts und dem historischen Sabell bzw. Sabellianismus siehe BIENERT, Sabellius; vgl. oben S. 197 Anm. 23. 63 De non conu. 14: "et duas ostendit personas et unam potentiam harum duarum personarum, hoc est patris et filii" (189, 24f. Diercks). Vgl. Moriend. 3. 64 Zu diesem Theologoumenon bei Gregor s.o. S. 205f. 211.

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7 Luzifer von Calaris 227

gischen Hintergründen befaßt er sich kaum. Gegen eine Auseinandersetzung mit

den philosophischen Implikationen zeigt er massive Reserven65, die aber auch

bei anderen westlichen Theologen der Zeit zu beobachten sind66.

Zu keinem Zeitpunkt erreicht Luzifer von Calaris die Höhe der Diskussion in der

aktuellen Kontroverse um die homöische Theologie, wie sie sich in den Texten

von Hilarius oder Phoebadius wiederspiegelt. Diesem Befand entspricht, daß

Luzifer an einer Stelle gar den (homöischen und homöusianischen) Begriff

"similis" selbst verwendet und voll akzeptiert, weil er ihn mit "aequalis"

gleichsetzt67. Damit übernimmt er faktisch die Lösung des Hilarius aus dessen

"De synodis"68, obwohl er doch sonst gerade Hilarius wegen dessen Anlehnung

an die Homöusianer und sonstigen Orientalen strikt ablehnt. Eine größere

Verkennung der Sachlage auf Seiten Luzifers ist also kaum denkbar!®

In diesen Zusammenhang gehören die wenigen erhaltenen Notizen über die

theologische Kontroverse zwischen Hilarius von Poitiers und Luzifer von

Calaris70. Offensichtlich wegen seiner Verbindungen mit den Homöusianern

wurde Hilarius von Luzifer oder Leuten aus dem Kreise Luzifers exkommuni-

ziert71. Hilarius verteidigt sich, indem er darauf hinweist, daß er "similis" im

rechten Sinne, nämlich als "unitatem substantiae" verstehe, eine Interpretation des

65 De non conu. 9; vgl. TIETZE, I.e., 84. 66 Vgl. etwa Gregor von Elvira, Fid. Praef. 14. 67 Äthan. 1,33: "Sed utique intellegimus quid sit sed semet ipsum exinaniuit, hoc est, cum sit similis atque aequalis patri filius, tarnen quod et hominem se propter nostram salutem fieri uoluerit". (57, 46-49 Diercks; Kursivdruck CChr). - Falsch auch Luzifers Information über die angeblich dominierende Rolle des Athanasius in Nizäa 325 (Äthan. I, 27); sie ist aus seiner faktischen Identifikation von "causa Athanasii" und "fides Nicaena" heraus zu erklären. 68 "Praedicantes (...) similem Filium in omnibus Patri, nihil aliud quam aequalem praedicamus"; Syn. 73 (PL 10, 528 A). Der Satz rührt von der bewußten, theologisch und kirchenpolitisch motivierten Gleichsetzung von Homöusianern und Vertretern des "una substantia" bei Hilarius her; s.o.S. 148. 156. ® Gegen ZEDDA, I.e., 324. 326 mit Anm. 612. 70 Die Texte ("Sancti Hilarii apologetica ad reprehensores libri de synodis responsa") PL 10, 545C-548C; Hilarius hatte sie als Zusatzerklärung für Luzifer seiner Schrift "De synodis" beigefügt, wie HOLL, Untersuchungen, 219f., gezeigt hat. Die Edition zweier weiterer in diesen Zusammenhang gehöriger Fragmente des Hilarius bei SMULDERS, BijThPh 39 (1978), 234ff. 71 Zur Exkommunikation vgl. SMULDERS, I.e., 241. Das zweite der bei SMULDERS edierten Fragmente (I.e., 239) weist auf den Diakon Hilarius als treibende Kraft bei dieser Maßnahme des Luzifer von Calaris gegen Hilarius von Poitiers.

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228 Zweiter Teil

Begriffes "similis", die doch übrigens Luzifer auch selbst vertrete72: Eine klare

Anspielung auf Luzifers oben zitierte Äußerung Äthan. 1,33. Der kleine

Ausschnitt zeigt, wie auch die Texte Luzifers selbst, daß der Sardinier nicht

unbedingt in Kenntnis der jeweiligen theologischen Diskussionslage zu seinen

Urteilen gelangte75. Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Interpretation von

ομοούσιος und όμοιούσιος waren ihm offensichtlich gar nicht im einzelnen

geläufig gewesen74.

Luzifer von Calaris hat nach dem Tode des Konstantius II. und dem Edikt

Julians75 im Jahre 361 sein Exil in der Thebais verlassen76; auf der Synode von

Alexandrien, die 362 theologischen Streitigkeiten einer Lösung näherbringen

sollte77, war er nicht zugegen. Stattdessen begab er sich direkt nach

Antiochien78, wo er durch die eigenmächtige Weihe des Diakons Paulinus zum

Bischof das antiochenische Schisma, für das man zur gleichen Zeit in Alexandrien

eine Lösung zu finden im Begriffe war, noch verfestigte79. Auf die Nachricht des

Euseb von Vercellae von der Einigung in Alexandrien hin hat sich Luzifer, so

Rufin, von der Gemeinschaft "mit den übrigen"80 losgesagt und ist wieder nach

Sardinien aufgebrochen81.

72 "Non puto quemquam admonendum, in hoc loco ut expendat, quare dixerim similis substantiae piam intelligentiam, nisi quia intelligerem et impiam: et idcirco similem, non solum aequalem, sed etiam eandem dixisse, ut neque similitudinem, quam tu, frater Lucifer, praedicari volueras, improbarem: et tarnen solam piam esse similitudinis intelligentiam admonerem, quae unitatem substantiae praedicaret." (PL 10, 545 D - 546 C; Blockschrift entfernt Vf.). 73 Vgl. KRÜGER, I.e., 39f. 74 Gegen ZEDDA, I.e., 324ff. 75 Vgl. hierzu oben S. 193. 76 Vgl. die ausführlicheren Darstellungen über Luzifer vom Ende seines Exils bis zu seinem Tod bei DIERCKS, Praefatio, XXVIIff.; TIETZE, I.e., 63ff. und KRÜGER, I.e., 50ff. 77 Äthan., tom.; die Erklärungen der Meletianer bzw. Eustathianer PG 26, 801. Die Texte sind optisch sehr übersichtlich gegliedert bei ABRAMOWSKI, ThPh 54 (1979), 42f. mit Anm. 21 und 23; hier auch eine kurze Kommentierung; vgl. auch TETZ, ZNW 66 (1975), 194-222. 78 Rufin, Hist. X, 28f.; Socr., h.e. III, 5f.; Soz., h.e. V,12f.; Thdt., h.e. III, 4f. 79 Über das antiochenische Schisma vgl. die nunmehr fast 90 Jahre alte und in vielem überholte, gleichwohl aber noch nicht überbotene Darstellung von CAVALLERA, Le Schisme d'Antioche, Paris 1905. 80 Rufin, Hist. X,31. Vgl. Hier., C. Lucif. 20 und Sulp. Sev., Chron. 11,45. Die Notiz dürfte sich nicht nur auf Euseb von Vercellae, den einstigen Bundesgenossen von Mailand, sondern auch auf den von Luzifer stets energisch verteidigten, aber plötzlich in Alexandrien so kompromißbereiten Athanasius beziehen! 81 Rufin, Hist. X,31. - Die Einzelheiten und chronologischen Probleme, auf die einzugehen hier nicht der Ort ist, sind den Darstellungen von TIETZE, I.e., und KRÜGER, I.e., zu entnehmen.

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7 Luzifer von Calaris 229

Der Libellus precum berichtet danach noch von einem Zusammenstoß des

Luzifer mit Zosimus von Neapel82. Dann verlieren sich seine Spuren.

Hieronymus zufolge ist er 370 gestorben®.

Insgesamt wird man Luzifers Bedeutung für die abendländische Rezeption des

Nizänums trotz allen verbalen Engagements des Bischofs von Calaris für das

Symbol von Nizäa als in der Sache eher gering einschätzen müssen84. Seine

Rezeption von N, die von der serdicensischen Einhypostasen-Interpretation des

Nizänums geprägt ist, erschöpft sich in einigen Phrasen und Formeln, die

theologisch nicht weiter diskutiert und kaum einmal näher entfaltet werden.

Über die trinitätstheologischen Auffassungen der anderen beiden mit Luzifer wegen der Athanasiusangelegenheit in Mailand verbannten Bischöfe, Euseb von Vercellae und Dionys von Mailand, sind kaum Aussagen möglich.

Von Euseb von Vercellae sind lediglich zwei Briefe erhalten; der eine, an Konstantius gerichtet, enthält die Ankündigung seiner Teilnahme am Konzil von Mailand 355 und hat keinen theologischen Inhalt85. Der zweite ist aus dem Exil in Skythopolis in Palästina nach Vercellae geschrieben und berichtet von den Bedrängungen in der Verbannung86; auch dieses Schreiben entfaltet keine näheren trinitätstheologischen Vorstellungen; es enthält zwar eine kurze trinitarische Formel, die jedoch für die Frage nach der Haltung des Euseb zur theologischen Kontroverse der 50er Jahre nichts austrägt87. Das Schreiben zeigt, daß Euseb im Exil die von Luzifer ausgegangene und von Liberius übernommene Identifikation von Verurteilung des Athanasius (bzw. seiner Mailänder Verteidiger) und Arianismus adaptiert hat88.

82 Faust., Lib. prec. 63ff. 55 Hier., Chron. ad 370. 84 So auch das in der Literatur weit überwiegende Urteil, vgl. KRÜGER, I.e., 36ff.; AMANN, DThC 9 (1926), 1032ff.; HANSON, I.e., 510ff.; SIMONETTI, EECh 1 (1992), 508. Weniger kritisch DIERCKS, Praefatio CXIVff. und völlig unkritisch, in seiner conclusio gar hart am Rande der Hagiographie ZEDDA, I.e., 328f. 85 Ep. 1 (CChr.SL 9, 103 Bulhart). 86 Ep. 2 (CChr.SL 9, 104-109 Bulhart). - Zu den Bedrängungen vgl. ep. 2,4,2f. 87 Ep. 2,5,1: "Nouit hoc omnipotens deus, nouit et eius unigenitus inenarrabiliter de ipso natus filius, qui salutis nostrae causa deus sempiternae uirtutis hominem pcrfcctum induit, pati uoluit, morte triumphata tertio die resurrexit, ad dexteram patris sedet uenturus iudicare uiuos et mortuos, nouit et spiritus sanetus, testis est ecclesia catholica, quae sic confitetur..." (106, 106-111 Bulhart). 88 Ep. 2, 3,1; 5,2; 7,2; 8,1; 11,2. HANSON, I.e., 508, möchte aus den entsprechenden Stellen beweisen, daß es in Mailand doch um die Verweigerung einer Unterschrift unter eine orientalische (aus Sicht Luzifers und Eusebs arianische) Glaubenserklärung gegangen sei. Doch die Formulierungen Eusebs wenden sich ganz allgemein gegen die "Ariomaniten", mit denen, wie bei Luzifer, die Gegner des Athanasius gemeint sind. Der Begriff "Arianer" ist an keiner Stelle inhaltlich

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230 Zweiter Teil

Der hilarianische Bericht von der Vorlage des Nizänums durch Euseb auf der Synode von Mailand8® kann nicht den historischen Tatsachen entsprechen, wie BRENNECKE gezeigt hat50.

Der Brief des Euseb von Vercellae an Gregor von Elvira, in welchem er den Spanier für den tapferen Widerstand gegen den vom nizänischen Glauben abgefallenen Ossius lobt91, ist eine späte luziferianische Fälschung92.

Der Text "De Trinitate", den BULHART in CChr.SL 9 unter dem Namen des Euseb von Vercellae ediert hat93, gehört mit ziemlicher Sicherheit in die Jahre nach 38Γ.

Auch sonst sind die Notizen über Euseb spärlich und erlauben keine genauere Aussage über seine theologische Richtung.

Die Aufforderung der Synode von Mailand und des Konstantius an Euseb, in Mailand zu erscheinen, legt immerhin die Vermutung nahe, daß er überpartei-liches Ansehen genoß.

362 hat er den in Alexandrien gefundenen Kompromiß akzeptiert und die entsprechende Nachricht nach Antiochien gebracht95, wo jedoch das Schisma durch die eigenmächtige Weihe des Paulinus durch Luzifer bereits eine Verschärfung erfahren hatte. Euseb aber verblieb mit Paulinern und Meletianern in Kirchengemeinschaft96.

Auch die Tatsache, daß er 364 gemeinsam mit Hilarius gegen den Homöer Auxentius von Mailand vorzugehen versuchte97, zeigt, daß Euseb von Vercellae nicht ohne weiteres dem Lager des Gregor von Elvira und der Vertreter der strengen, exklusiven Einhypostasenlehre zuzuordnen ist, die eine Zusammenarbeit mit Hilarius sicher abgelehnt hätten.

Von Bischof Dionys von Mailand liegen keine Texte vor. Die Notiz, Dionys habe sich in Mailand anfänglich wohl zur Verurteilung des Athanasius herbeigelassen, sei dann aber davon abgekommen, weil "er kein Arianer sein wollte"98, ist die einzige erhaltene Nachricht. Sie erlaubt natürlich keine näheren Rückschlüsse.

anders gefüllt als mit dem Vorwurf der Verurteilung des Athanasius. Von einer arianischen Glaubensdeklaration ist keine Rede. 89 HU., Coli, antiar. Paris. App. (CSEL 65, 186,19 - 187,19 Feder; bes. 187, 7-19). 90 Zur Argumentation siehe BRENNECKE, Hilarius, 178-182; anders neuerdings wieder DOIGNON, ThPh 65 (1990), 252, allerdings ohne neue Argumente. 91 Hil., Coli, antiar. Paris. A II, 1-2 ( = Euseb, ep. 3 Bulhart). 92 SIMONETTI, La fede, 7 mit Anm. 4. HANSON, I.e., 508 mit Anm. 2. 93 CChr.SL 9, 3-99 Bulhart. 94 HANSON, I.e., 508 mit Anm. 2; vgl. ausführlich zum Problem SIMONETTI, RiCultCM 5 (1963), 386ff.; daneben die Rezension von CChr.SL 9 durch BOTTE, RThAM 25 (1958), 365. 95 Rufin, Hist. X,30. 96 Ebd. 97 Hil., Aux. 13; Rufin, Hist. X,32f. 98 Luzif., Äthan. 11,8; vgl. Sulp. Sev., chron. 11,39,4; HU., CoU. antiar. Paris., App. 11,1 [CSEL 65, 187,10-12 Feder],

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8 Liberius von Rom

Liberius von Rom1 hat sich in den Jahren 352-366 sehr intensiv in die aktuellen

Streitigkeiten eingeschaltet, erstaunlicherweise dabei aber kaum einmal

irgendwelche Spuren theologischer Argumentation hinterlassen. Erst gegen Ende

seines Lebens finden wir einige wenige dogmatische Aussagen aus seinem Munde,

die in diesem Kapitel der Arbeit zu würdigen sind. Vorab sei an dieser Stelle in

aller gebotenen Kürze sein Weg bis 366 rekapituliert:

Liberius wurde am 17. Mai 352, also gegen Ende der Herrschaft des Usurpators

Magnentius in Rom2, Nachfolger des Julius auf dem dortigen Bischofsstuhl3;

offenbar hat er sich dann unmittelbar in die Ende 352 wieder auflebende, aber

mit völlig neuen Vorwürfen besetzte Kontroverse um Athanasius eingeschaltet";

er schickte eine Delegation nach Ägypten und forderte den Alexandriner auf, zur

1 Zur Literatur über das Leben und Wirken des Liberius verweise ich auf die Lexikonartikel von KRÜGER, RE3 11 (1902), 450-456; AMANN, DThC 9,1 (1926), 631-659; SCHWAIGER, LThK 6 (1961), 1015f.; neuerdings auch STUDER in EECh 1 (1992), 485; außerdem auf die Abschnitte in den Darstellungen von PIETRI, Roma Christiana, 263ff. und CASPAR, Geschichte, 187ff. Die bei Hilarius überlieferten Liberiusbriefe sind, besonders unter der Fragestellung der Funktion dieser Briefe in den Coli, antiar. Paris, des Hilarius, von BRENNECKE, Hilarius, 265ff. einer eingehenden Analyse unterzogen worden; hierauf wird im folgenden verwiesen, da für die eher dogmengeschichtliche Fragestellung dieser Arbeit eine neuerliche Untersuchung dieser Briefe in Auseinandersetzung mit den Ergebnissen BRENNECKEs nichts austragen würde - die Briefe enthalten keine dogmatischen Aussagen und lassen somit auch keine Rückschlüsse auf Liberius' theologische Überzeugungen zu. 2 Zur Usurpation des Magnentius vgl. oben S. 135 und die ausführliche Darstellung von BASTIEN, Le monnayage de Magnence (350-353), Wetteren 1964. - Magnentius war nach der Niederlage bei Mursa bereits nach Gallien geflüchtet, seit dem Herbst des Jahres 352 war Italien in der Hand des Konstantius II. 3 Vgl. SEECK, Regesten, 199. 4 Eine Synode in Antiochien hatte Mitte 352 Athanasius abgesetzt und Georg aus Kappadokien an seiner statt zum Bischof von Alexandrien gewählt (zum Bericht über diese antiochenische Synode Soz., h.e. IV,8,3ff.; zu den Vorwürfen gegen Athanasius [er hatte die neue, ungeweihte Kirche in Alexandrien Ostern 352 in Besitz genommen] vgl. Ath., apol. Const. 14-18; zur Datierungsfrage vgl. GIRARDET, Kaisergericht, 152; LORENZ, Westen, 24 mit Anm. 9; BRENNECKE, Hilarius, 118ff. Anm. 52 [vgl. hier auch die Auseinandersetzung mit anderen Datierungsvorschlägen]). Eine Synode in Alexandrien scheint sich fast gleichzeitig in derselben Frage zugunsten von Athanasius erklärt zu haben (Soz., h.e. IV,1; Socr., h.e. II, 26,4; Hil., Coli, antiar. Paris. Β 111,2,2). Beide Voten müssen Liberius noch 352 vorgelegen haben (ep. Obsecro [CChr.SL 8, 312, 38-47 Diercks]).

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232 Zweiter Teil

Überprüfung der Angelegenheit in Rom zu erscheinen5. Athanasius lehnte

natürlich ab6. Liberius rief daraufhin eine römische Synode zusammen7, die im

Frühjahr 353 angesichts der großen Zustimmung für Athanasius in Alexandrien

die Vorwürfe zurückwies und sich zugunsten des Athanasius erklärte8.

Als Konstantius II., seit dem Selbstmord des Magnentius im August 353

Alleinherrscher über das Imperium Romanum9, sich im Oktober desselben Jahres

anläßlich der Synode von Arles der Athanasiussache mit dem Ziel annahm, den

Alexandriner wegen des Verdachts der Konspiration mit Magnentius und

aufgrund der kirchlicherseits gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe abzusetzen10,

entsandte Liberius eine Delegation nach Arles, um die dort anstehende

Verurteilung des Athanasius im Sinne der eben erfolgten Beschlüsse von Rom

abzuwenden". Über das Scheitern dieser Delegation hat er sich später bitter bei

Konstantius beklagt12; die geringe Standfestigkeit seiner Legaten hat er in einem

Brief an Ossius von Cordoba getadelt13.

In dieser Situation kommt es zur Entsendung jener neuen Abordnung nach

Arles, in der Luzifer von Calaris, Euseb von Vercellae und einige andere die

Einberufung eines allgemeinen Konzils in der Athanasiusfrage erreichen, nicht

zuletzt deshalb, weil eine solche Versammlung natürlich auch im Interesse der

Gegner des Athanasius und des Kaisers selbst lag14.

5 Ep. Studens paci, Hil., I.e., Β 111,1. 6 Ebenda. - Athanasius hatte angesichts seiner starken Position in Alexandrien natürlich nicht die Absicht, vor einer Synode in Rom zu erscheinen, die in seiner Sache zu richten beabsichtigte. Der Ausgang war durchaus ungewiß. Der Loyalität des neuen Bischofs Liberius konnte er sich nicht von vornherein in dem Maße sicher wissen, wie es noch bei Julius der Fall gewesen war. Vgl. FLEMING, Commentary, 505ff. 7 Ep. Inter haec, Hil., I.e., Β VII,6. * Ep. Obsecro, I.e., 314f. Diercks. 9 Vgl. oben S. 135 und SEECK, Regesten, 199. 10 Vgl. BRENNECKE, I.e., 128 mit Anm. 85f. sowie 136; KLEIN, Constantius, 54. 11 Ep. Obsecro, I.e., 311f., 24-34 Diercks. 12 Ep. Obsecro, I.e., 314, 116ff. Diercks. 13 Ep. Inter haec, Hil., I.e., Β VII,6. 14 Vgl. hierüber oben S. 218f.

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8 Liberius von Rom 233

Jenes Konzil fand 355 in Mailand statt und endete mit der Verurteilung und

Verbannung jener, die die Unterschrift gegen Athanasius verweigerten, so auch

der Gesandten des römischen Stuhles wie Luzifer15.

Liberius selbst scheint noch eine ganze Zeit unbehelligt in Rom weiter

residiert zu haben, obwohl er dem Ansinnen des Konstantius, sich dem Urteil

gegen Athanasius anzuschließen, widerstand". Erst im Herbst 356 wird er in

einer ziemlich undurchsichtigen Aktion gewaltsam von Rom an den Hof nach

Mailand verbracht17; doch auch Konstantius persönlich vermag ihn von der

Schuld des Athanasius und von der Berechtigung der Urteile von Arles und

Mailand nicht zu überzeugen18. So wird Liberius 356 wegen seines Widerstandes

gegen den Willen des Kaisers und die Beschlüsse der Synoden nach Beröa in

Thrakien verbannt19.

Bis zum Exil des Liberius in Thrakien liegen uns keine theologischen Aussagen

des römischen Bischofs vor. Bei allem Einsatz in den kirchenpolitischen und

-juristischen Fragen und trotz seiner damit verbundenen wichtigen Rolle für die

wachsende Bedeutung des römischen Stuhls im Fortgang der

Auseinandersetzungen ist Liberius theologisch offensichtlich wenig engagiert.

Offenbar hat er sich von Luzifer von Calaris in recht allgemeiner Form davon

überzeugen lassen, daß mit der Athanasiussache auch Fragen des Glaubens und

der antiarianischen Orthodoxie auf dem Spiele standen20; jedenfalls ist sowohl

15 Vgl. oben S. 219. - Euseb von Vercellae war auch von der Synode und von Konstantius selbst zur Teilnahme aufgefordert worden und kann daher nicht einfach als Gesandter des Liberius (vgl. dazu die Aufforderimg der römischen Gesandten an Euseb zur Teilnahme CChr.SL 9, 120 Bulhart) eingeordnet werden. 16 Vgl. Ath., hAr. 35, 4-38. 17 Amm. Marc., Rom. Geschichte XV, 7,6-10; Soz., h.e. IV, 11,3. Vgl. CASPAR, I.e., 176. Der Präfekt Leontius entführt im Auftrage des Kaisers den Liberius nachts und offenbar unbemerkt von der römischen Bevölkerung nach Mailand. 18 Thdt., h.e. 11,16. Das bei Theodoret überlieferte Protokoll über die Gespräche zwischen Konstantius und Liberius ist jedenfalls im Kern als echt anzusehen, zur Diskussion vgl. KLEIN, I.e., 140 mit Anm. 250. 19 Thdt., h.e. II, 16,29. - BRENNECKE, I.e., 269ff., hat darauf hingewiesen, daß sich das Verfahren der Absetzung und Exilierung im Liberiusfall grundlegend von dem in den anderen Fällen jener Zeit angewendeten unterscheidet: Liberius wird direkt vom Kaiser abgesetzt, ohne daß vorher eine Synode in diesem Sinne entschieden hätte. 20 S.O.S. 220 mit Anm. 21.

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234 Zweiter Teil

in dem Brief "Obsecro" an Konstantius21 als auch im Gespräch mit dem Kaiser

im Herbst 356" die Verbindung von Gegnern des Athanasius und Anhängern

der arianischen Häresie klar gezogen; aber an keiner Stelle zeigt Liberius sich

konkret an dogmatischen Fragen interessiert. Auch seine Forderung in "Obsecro",

auf dem anstehenden Konzil (von Mailand) sollten zunächst alle Anwesenden das

Nizänum unterschreiben23, meint sicherlich nicht konkrete Aussagen oder gar

den Text von N, sondern ist vielmehr eine sehr allgemeine Erinnerung an die in

Nizäa unter kaiserlicher Aufsicht gefundene (und inzwischen wieder verlorene)

Einheit der Kirche24. Und auch im Gespräch des Liberius mit Konstantius im

Jahre 356H spielen dogmatische Differenzen keinerlei Rolle: Liberius macht

ausschließlich juristische Argumente zugunsten des Athanasius geltend26. Zwar

fällt an zwei Stellen eine Bemerkung über das Nizänum27, die aber vom

Zusammenhang her als kirchenpolitisches und -rechtliches, nicht als theologisches

Argument zu gelten hat28.

Die im Exil in Thrakien entstandenen berühmten vier Liberiusbriefe, die Hilarius

aufbewahrt hat29, können an dieser Stelle übergangen werden, da auch sie keine

dogmatischen Aussagen treffen30.

21 Ep. Obscreo, I.e., 314, 105-107; 125-128 Diercks. 22 Thdt., h.e. II, 16,16. 22. 23 Ep. Obsecro, I.e., 315, 132-160 Diercks. 24 S.O.S. 219 mit Anm. 18. 25 Thdt., h.e. 11,16. 26 Liberius argumentiert damit, daß Athanasius gegen die Normen des üblichen kirchlichen Verfahrens (Thdt., h.e. II, 16,2: κατα τον της εκκλησιαστικής ακολουθίας τύπον [GCS 131, 21f. Parmentier/Scheidweiler]) und ohne Gelegenheit zur Verteidigung in Abwesenheit (Thdt., h.e. II, 16,8: Ουδέ ποτε κατα πρόσωπον κέκριται ό άνθρωπος [GCS 132,14 Parmentier/Scheidweiler]) verurteilt worden sei. Er habe jedoch das Recht, an eine Synode (nämlich nach Rom) zu appellieren (Thdt., h.e. 11,16,2. 16). 27 Thdt., h.e. 11,16,16: βεβαιούσαν τήν πίστιν την κατα Νίκαιαν έκτε&είσαν (GCS 134,2f. Parmentier/Scheidweiler). L.c. 16,22: και εϊ όφ&είσαν όμόφρονες τοϋ σήμερον αντιποιουμένου τής κατα Νίκαιαν εκτεθείσης όρ9·οδόξου πίστεως ... (135,6f. P./S.). 28 Die erste Stelle (siehe vorige Anm.) bezieht sich auf Ν ills geeignete gemeinsame rechtliche Basis für ein neues allgemeines Konzil in der Athanasiussache (vgl. BRENNECKE, I.e., 268 Anm. 109); die zweite nennt, ganz im Sinne der Auffassung Luzifers (s.o.S. 219f.), die Verteidigung von Ν in einem Atemzuge mit der "causa Athanasii", d.h., daß die Berufung auf Ν hier apologetisches Argumentationsmuster ist und keine konkreten dogmatischen Inhalte im Hintergrund stehen. 29 Ep. Studens paci, HU., I.e., Β 111,1; Ep. Pro deifico, I.e., Β VII,8; Ep. Quia scio, I.e., Β VII,10; Ep. Non doceo, I.e., Β VII,11. Kommentierend FLEMING, I.e., 365ff. 435ff. 30 Die Briefe sind Ausdruck der ständig größer werdenden Verzweiflung des Liberius ob seines unfreiwilligen Aufenthaltes in Thrakien.

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8 Liberius von Rom 235

Liberius hat im Exil ziemlich schnell der Verurteilung des Athanasius

zugestimmt31; zudem mußte er nun, da die kaiserlichen Einigungsbemühungen

sich inzwischen auch auf die Erstellung einer gemeinsamen, allseits zu

akzeptierenden theologischen Formel richteten32, das Bekenntnis von Sirmium

357 (Sirm II)33 unterschreiben34. Allerdings kann auch diese Unterschrift

keinesfalls als Argument für oder gegen eine bestimmte theologische Position des

Liberius gewertet werden35.

Am 2. August 358 ist Liberius nach fast zweijährigem Exil wieder zurück in

Rom36, wo er sich im folgenden mit Felix, dem anläßlich der Exilierung von

31 Hp. Studens paci, Hil., I.e., Β 111,1,3: "..-Athanasium alienum esse a communione mea siue ecclesiae Romanae et a consortio litterarum et ecclesiasticarum" (CSEL 65,155,20-22 Feder). - Die Gründe für diesen gegenüber der festen Position in Rom ziemlich abrupten Sinneswandel dürften in der Überzeugungsarbeit der Demophilus von Beröa und Fortunatus von Aquileia zu suchen sein, aber auch in der Angst des Römers vor einem langen und zermürbenden Exilsaufenthalt, die sich natürlich nun gegenüber der Situation im Gespräch in Mailand wesentlich konkretisiert hatte. Vgl. seine Exilsbriefe Ep. Quia scis und Ep. Non doceo, geschrieben, nachdem die Erlaubnis zur Rückkehr trotz seiner Zustimmung zur Verurteilung des Athanasius ausgeblieben war. 32 S.O.S. 138. 33 Zu der Formel siehe mein Phoebadiuskapitel oben S. 160ff. 34 Daß es sich bei dem von Liberius unterschriebenen Text nur um Sirm II gehandelt haben kann, zeigen sowohl die Liberiusbriefe als auch die äußeren Zeugnisse, aber auch chronologische Argumente, wie BRENNECKE, I.e., 273ff. bewiesen hat; bestätigend HANSON, Search, 361 und LORENZ, Osten, 166. Die Liberiusbriefe sprechen von "fidem uestram et catholicam exponere, quae Syrmio a pluribus fratribus coepiscopis nostris tractata, exposita et suseepta est ab omnibus"...(Ep. Pro deifico: CSEL 65, 169, 6-9 Feder). Daß es sich keinesfalls um Sirm III, die homöusianisch akzentuierte Formel vom Frühjahr 358 gehandelt haben kann, beweist die Tatsache, daß Liberius am 2. August 358 schon wieder in Rom ist. Daß es sich andererseits auch nicht um die Verlautbarung der sirmischen Synode von 351 gehandelt haben kann, legt die Tatsache nahe, daß dieser Text 357 schon gar nicht mehr zur Diskussion stand - die einzige Möglichkeit, überhaupt auf die Idee zu kommen, Liberius habe im Exil Sirm I unterschreiben müssen, ergab sich durch Hilarius' irrtümliche Hinzufügung der Namensliste von 351 unter "Pro deifico" (so schon GUMMERUS, Partei, 58 Anm.l; vgl. BRENNECKE, I.e., 283 mit Anm. 191 und 284 mit Anm. 194; anders neuerdings wieder STUDER, EECh 1 [1992], 485). Aber Hilarius selbst nennt den von Liberius unterschriebenen Text eine "perfidia" (Hil., I.e., Β VII,9 [CSEL 65, 170,3 Feder]), was nur zu seiner Ansicht über Sirm II paßt, nicht aber zu seiner Auffassung über den Text von 351, die durchaus nicht so negativ ist (vgl. Hil., Syn. 39). - Für die Unterschrift des Liberius unter Sirm II spricht schließlich auch, daß sich Ep. Quia scio direkt an Valens und Ursacius, also die genuinen Vertreter jener Theologie von Sirmium 357 richtet. 35 Die einzigen drei Hinweise auf das Nizänum durch Liberius vor 357 waren nicht theologischer, sondern eher kirchenpolitischer Natur (s.o. Anm. 27 und 28). So ist es ihm wohlmöglich gar nicht bewußt gewesen, daß sich Sirm II mit Nizäa theologisch nicht vereinbaren ließ. Nicht gering darf man ferner den Werbeeffekt der Unterschrift des Ossius unter Sirm II veranschlagen, vgl. Phoeb., CAr . 28 und oben S. 175f.; vgl. BRENNECKE, I.e., 296. 36 Hier., Chron. ad 349: "Romam quasi uictor intrauerat" (GCS Euseb VII, 237,24 Helm); vgl. SEECK, Regesten, 205.

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2 3 6 Zweiter Teil

Liberius Ende 356 von Konstantius benannten "Gegenpapst"" auseinandersetzen

muß; diese innerrömischen Auseinandersetzungen scheinen Liberius stark

beansprucht zu haben, denn in der Folgezeit tritt der römische Bischofsstuhl aus

dem Zentrum der Kämpfe im Imperium Romanum zurück: An der Synode von

Rimini38, auf der immerhin 400 Bischöfe des Westens zugegen waren39, ist

Liberius nicht beteiligt und nicht einmal durch Legaten vertreten.

Im Jahre 363, also nach der Einigung auf der Synode von Alexandrien, schaltet

sich Liberius mit seinem Brief "Imperitiae culpam"40 in die Debatte um die

Wiederzulassung der reuigen Abgefallenen von Rimini ein: Reue, so die Position

Liberius', streiche die Schuld der Unerfahrenheit durch41; Bedingung für die

Wiederaufnahme ist jedoch die Rückkehr zum nizänischen Bekenntnis42. Auch

hier finden wir also einen Hinweis des Liberius auf das nizänische Symbol;

andererseits wird aus seiner Forderung nach Anerkennung von Ν nicht ersicht-

lich, welches Verständnis des Textes von 325 bei ihm vorauszusetzen ist, oder ob

er nicht vielmehr die Formel von Nizäa in sehr äußerlichem Sinne als um der

Einheit willen durchzusetzende Einigungsformel ansah, ohne theologisch viel mit

ihr zu verbinden43.

Erst 366, im Jahre seines Todes, entsteht ein Text von Liberius, in dem immerhin

einige wenige theologische Aussagen des Römers aufbewahrt sind:

Der Kirchenhistoriker Sokrates berichtet im vierten Buch seiner Kirchen-

geschichte von einer Delegation homöusianischer Bischöfe zum westlichen Kaiser

37 Thdt., h.e. II, 17,3ff. Vgl. hierzu PIETRI, I.e., 249f. - Felix muß nach der Rückkehr des Liberius Rom verlassen, behielt aber eine kleinere Gemeinde von seinen Anhängern außerhalb der Stadt. 38 S.O.S. 188ff. 39 Ath., syn. 8; Sulp. Sev., Chron. II, 41,2. 40 Hil., Coli, antiar. Paris. Β IV,1 (CSEL 65, 156f. Feder). 41 "Imperitiae culpam oblitterat resipiscens." CSEL 65, 156,16 Feder. 42 "Totumque se fidei apostolicae et catholicae usque ad Nichenae synodi conuentum de integro manieipet; per quam professionem, etiamsi quibusdam leue et remissum uidetur, recuperet id, quod per astutiam rectitatis amiserat." (157,14-17 Feder). - Natürlich darf man nicht übersehen, daß diese Haltung in hohem Maße auch Liberius selbst nach dessen ihn völlig diskreditierenden Unterschrift unter Sirm II betraf, vgl. CASPAR, I.e., 192. 43 Eine theologische Auseinandersetzung mit den Beschlüssen von Rimini fehlt in Ep. Imperitiae culpam jedenfalls völlig.

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8 Liberius von Rom 237

Valentinian44 und zu Bischof Liberius von Rom45. Diese Delegation, bestehend

aus den drei Bischöfen Eustathius von Sebaste, Silvanus von Tarsus und Theophil

von Kastabala, hatte den Auftrag, μή διακρι&ήναι προς Λιβέριον περί πίστεως,

άλλα και κοινωνήσαι xfj 'Ρωμαίων εκκλησία, και κυρώσαι τήν τοϋ ομοουσίου

πίστιν46. In seiner ersten Reaktion auf die Ankunft jener Legaten beschließt

Liberius zunächst, sie gar nicht erst zu empfangen, weil sie Arianer seien (!) und

das Nizänum abgelehnt hätten47, ein Vorwurf, der noch im Jahre 366 Liberius'

völlige Unkenntnis orientaler Theologie zeigt und beweist, daß der Römer

offenbar alles, was aus dem Osten kam, pauschal für arianisch hielt. Die

Homöusianer beteuern daraufhin, daß sie inzwischen einen "Sinneswandel"48

vollzogen hätten und bekennen dann (ganz in Kontinuität zu der auch sonst von

ihnen bekannten Theologie): ομοιόν (...) κατά πάντα τον υίόν τω πατρί· μηδέν

τε διαφέρειν τοΰ ομοουσίου το ομοιον49.

Damit nehmen die Homöusianer eine Position ein, wie sie bereits aus der 3.

sirmischen Formel von 358 bekannt war - von einem "Sinneswandel" kann also

faktisch gar keine Rede sein; den Anschluß an das Nizänum suchen sie über die

These, daß diese ihre Formel mit dem ομοούσιος genau übereinstimme - eine

Position, wie sie bereits 358 Hilarius von Poitiers in seinem Vermittlungsversuch

44 Valentinian hatte nach dem Tode Jovians 364 die Regierung übernommen und seinen Bruder Valens zum Mitregenten erhoben. Bei der Aufteilung der Herrschaftsgebiete erhielt Valentinian die westlichen Präfekturen, Valens die östlichen. Zum Osten unter Valens vgl. Zosimus, Hist, nova IV, 1-24 und Amm. Marc., Rom. Geschichte 26-31; zur homöischen Reichskirche unter Valens vgl. ausführlich BRENNECKE, Homöer, 181ff. Valentinian steht spätestens seit Übernahme der Regierungsgeschäfte im Westen auf der Seite der von der breiten Mehrheit "seiner" Bischöfe vertretenen Position, also der nizänischen. 43 H.e. IV, 12. Vgl. Soz., h.e. VI, lOf. Die Homöusianer, immer noch unter dem Verdikt der Beschlüsse von Konstantinopel 360 und von ihren Bischofssitzen vertrieben, suchen durch ihren Anschluß an den Westen ihre Position zu konsolidieren, nachdem ihre Versuche gescheitert waren, von den östlichen Kaisern Jovian bzw. Valens die Rücknahme jener Urteile zu erwirken. 46 H.e. IV, 12,3 (490, 3-5 Hussey). 47 Ό δε αυτούς προσδέξασ&αι ουδαμώς έβοΰλετο' της γαρ Άρειανών μοίρας είναι, και μή δύνασ&αι δεχ9·ήναι Οπό της εκκλησίας ελεγεν, ώς τήν εν Νικαίςι πίστιν α&ετήσαντες; h.e. IV,12,5 (491,11-14 Hussey). Man kann deshalb nicht gut sagen: "They were welcomed by Liberius"; gegen HANSON, Search, 764; ähnlich wie HANSON auch LOHR, Entstehung, 157; genauer dagegen AMANN, DThC 9,1 (1926), 636. 48 Έκ μεταμελείας; h.e. IV,12,6 (491, 14 Hussey). 49 H.e. IV, 12,6 (491, 16f. Hussey).

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2 3 8 Zweiter Teil

zwischen Homöusianern und westlichen Vertretern des "una substantia" in "De

Synodis" (erfolglos) vorgeschlagen hatte50.

Es fällt auf, daß in der Argumentation der Homöusianer um Eustathius von

Sebaste jede Spur von den mittlerweile in Alexandrien (362) gefundenen

Kompromißformeln wie etwa der Meletianererklärung51 fehlt. Dagegen greifen

sie auf einen viel älteren Vorschlag zurück, der bereits 359 einmal gescheitert

war. Man kann vermuten, daß sie sich von dieser Lösung, die Hilarius einst in

den Westen importiert hatte, vor Ort eine größere Chance auf Anerkennung

versprachen.

Liberius verlangt auf die mündliche Versicherung der Homöusianer hin nun noch

eine schriftliche Bestätigung ihres Glaubens; Sokrates gibt dieses Dokument

wieder und kommentiert: οί δέ αύτω βιβλίον ώρεξαν, έν φ καί τά ρήματα της

κατά Νίκαιαν εκδοθείσης πίστεως προσεγέγραπτο52.

Die Homöusianer erklären in jenem Schreiben an alle okzidentalen Bischöfe, das

ihrer Aufnahme in die Kirchengemeinschaft mit dem Westen dienen soll, daß sie

am nizänischen Glauben festhielten53. Der Terminus ομοούσιος sei zu recht

gegen die Verkehrtheit des Anus aufgestellt worden54. Verdammt werden neben

Arius auch Sabell, die Patripassianer, die Markioniten, die Photinianer, die

50 Siehe o. S. 148. 156f. BRENNECKE, I.e., 219 Anm. 257 macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, daß Eustathius zu den Empfängern jenes Schreibens gehörte, das Hilarius 358 an die Homöusianer gerichtet und seinen gallischen Brüdern in Syn. 78-91 mitgeteilt hatte. Zur Adresse an Eustathius siehe Hil., Syn. 90. 51 Die Erklärung der Meletianer in Alexandrien bei Ath., tom (PG 26, 801 B). Der Text ist inhaltlich gegliedert bei ABRAMOWSKI, ThPh 54 (1979) 42 Anm. 21. 52 H.e. IV, 12,7 (491, 20f. Hussey). Das Schreiben Socr., h.e. IV, 12, 9-20; vgl. Soz., h.e. VI, 1-3. 53 τήν κα&ολικήν πίστιν κρατεΐν καί φυλάσσειν, ητις έν τη άγίρι Νικαέων συνόδψ, επί τοϋ μακαρίου Κωνσταντίνου, ύπό τριακοσίων δέκα καί οκτώ έπισκόπων βεβαιω$εϊσα άκεpaiqi και άσαλεύτψ καταστάσει εως νυν καί διηνεκώς διαμένει. Socr., h.e. IV, 12,11 (492, 2-6 Hussey). -Der letzte Teil jener Interpretation ist natürlich nur durch die vorher vorgetragene These der Identifikation von ομοιος κατά πάντα und ομοούσιος möglich. Gleiches gilt für h.e. IV,12,12: κεκρατηκέναι τε και κρατεΰι καϊ άχρι τέλους φυλάσσειν (493, 9f. Hussey). 54 το όμοοΰσιον άγίως καϊ εΰσεβώς κείται ΰπεναντίως της 'Αρείου διαστροφής. H.e. IV, 12,11 (492,6 - 493,8 Hussey).

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8 Liberius von Rom 239

Markellianer (l)55 und Paul von Samosata; im besonderen wird der in Rimini

formulierte Glaube abgelehnt56, eine Abgrenzung, der im Westen seit 360

positive Resonanz sicher war und die den Homöusianern leicht fiel, da sie ja

selber die homöische Theologie nie geschätzt hatten. D i e Erklärung der

Homöusianer endet mit dem Text des Nizänums" und den Unterschriften der

Delegierten.

Auf diese Verlautbarung hin werden Eustathius von Sebaste und seine Begleiter

von Liberius in die Gemeinschaft aufgenommen58. Zur Bestätigung gibt der

Römer ihnen einen Begleitbrief mit, den Sokrates ebenfalls überliefert hat59:

In diesem Brief gibt Liberius seiner Freude darüber Ausdruck, daß die östlichen

Delegierten mit dem Glauben der westlichen Bischöfe übereinstimmen und das

Bekenntnis von Nizäa nunmehr als Ausdruck der katholischen und apostolischen

Lehre voll anerkennen®. Sodann macht Liberius eine kurze Bemerkung über den

Inhalt dieses nizänischen Glaubens - es ist die einzige theologisch-

interpretierende Aussage über N, die wir von ihm besitzen: " H T I C nia-tic έν τη

55 Μαρκελλιανοϋς; h.e. IV, 12,12 (493,14 Hussey). Eine gewisse Ironie der Geschichte liegt darin, daß die Homöusianer hier Markeil und seine Nachfolger ausdrücklich verdammen, sich dessen Theologie (in ihrem notgedrungenen Zugehen auf die westliche N-Interpretation im Sinne der Einhypostasenlehre) selbst aber eher annähern! Vgl. hierzu unten S. 239 Anm. 62. 56 Άνα9χματίζοντες έξαιρετως και τήν έκ Άριμίνψ συνόδψ άναγνωσ9·είσαν εκ9·εσιν, ώς ύπεναντίως της προειρημένης ταύτης πίστεως της αγίας συνόδου της έν Νικαία πραχ9·είσαν. H.e. IV, 12,13 (493, 19-22 Hussey). 57 Socr., h.e. IV, 12,14-17; Ν fehlt bei Soz. 58 Τοΰτψ δή τψ βιβλίω τους πρέσβεις άσφαλισάμενος ό Λιβέριος, εις κοινωνίαν τε έδέξατο. H.e. IV, 12,20 (495, 22f. Hussey). 59 H.e. IV, 12, 20-37. 60 Και ταύτην είναι γινώσκομεν τήν κα^ολικήν και άποστολικήν πίστιν, ήτις μέχρι της κατά Νίκαιαν συνόδου ακέραια και ασάλευτος διέμεινε. ΤαΟτην τε αϋτοΓς έχειν ώμολόγησαν, και χαράς άναπλησ&έντες, παν ίχνος και ζώπυρον ατόπου ϋπονοίας έκβαλόντες, οϋ μόνον δια λόγου, άλλα καϊ εγγράφως ταΰτην έξέ^εντο. H.e. IV, 12,26 (497,1 - 498,6 Hussey). Diese Haltung der Orientalen zum Nizänum wird von Liberius ausdrücklich als Sinneswandel bezeichnet, aufgrund dessen jene sich nunmehr der Auffassung der Theologen des Westens angeschlossen hätten: μάλιστα οτε δια της ομολογίας των υμετέρων πρεσβειών άναφρονήσαντας τους άντολικοϋς συμφωνεϊν πρός τους ορθοδόξους των δυτικών έπέγνωμεν. H.e. IV, 12,34 (500, 5-7 Hussey). Der Text zeigt sehr schön die Tendenz okzidentaler Theologen, gegenüber den Gesprächspartnern im Osten das - mittlerweile als Kriterium der Orthodoxie anerkannte - Nizänum als ihre ureigenste Sache zu reklamieren, die sie immer schon vertreten hätten - eine bemerkenswert schnelle Verdrängung der historischen Tatsache, daß das Nizänum im Westen erst zehn Jahre zuvor überhaupt bekannt geworden war!

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2 4 0 Zweiter Teil

ΰποστάσει και τω ονόματι του ομοουσίου περιεχόμενη, ώσπερ ερυμα όχυρόν και

αμαχον, πάσας τάς προσβολάς και τάς κακομηχανίας της 'Αρείου κενοδοξίας

καθαιρεί τε και αποτρέπεται".

Liberius hält also die Begriffe ΰπόστασις und ομοούσιος für die zentralen

theologischen Aussagen des nizänischen Bekenntnisses, wobei ΰπόστασις hier

sicherlich im Sinne der seit Serdika im Westen üblichen Interpretation von μία

ύπόστασις zu verstehen ist. ομοούσιος erscheint neben ΰπόστασις bedeutungs-

gleich und fast austauschbar; erneut bietet sich damit ein Indiz für die These, daß

das ομοούσιος von Nizäa im Westen (hier: von Liberius von Rom) im Sinne von

μία ύπόστασις (= una substantia) verstanden wurde, einer Interpretation, die

erst dadurch möglich geworden war, daß in Serdika 342 unter Beteiligung

westlicher Theologen die markellische Einhypostasentheologie obsiegt hatte, die

noch lange nach der Verurteilung Markells selbst62 und dessen Trennung von

Athanasius43 die abendländische N-Rezeption maßgeblich bestimmte.

Spuren einer Auseinandersetzung mit der Theologie der Homöusianer finden sich

im Brief des Liberius nicht. Auf die homöusianische These der inhaltlichen

Gleichwertigkeit von ομοιος κατά πάντα und ομοούσιος geht er nicht ein. Klar

ist nur, daß er sie für Arianer hielt, solange sie nicht bereit waren, das Nizänum

und damit das ομοούσιος anzuerkennen44. Dieser Befund spricht nicht eben für

großen Differenzierungswillen. Ob er überhaupt die theologischen Kenntnisse und

Möglichkeiten hatte, die ihn in die Lage versetzt hätten, sich differenziert mit

Eustathius von Sebaste auseinanderzusetzen, muß skeptisch beurteilt werden.

Aus Liberius' Schreiben anläßlich der Aufnahme der Homöusianer in die

Kirchengemeinschaft mit dem Westen aufgrund von deren Anerkennung des

Nizänums geht hervor, daß der Römer noch 366, als die neunizänische Lösung

bei einem Theologen wie Marius Victorinus längst in der Diskussion gewesen

61 H.e. IV, 12,30 (498,23 - 499,27 Hussey); Unterstreichung Vf. 42 Man beachte nur die Verurteilung der Markellianer im Brief der Homöusianer an Liberius (s.o. Anm. 55)! 43 S.O.S. 104, 233 Anm. 498. 44 H.e. IV, 12,5 (zitiert oben Anm. 47).

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8 Liberius von Rom 2 4 1

war, ομοούσιος im Sinne von μία ύπόστασις als Kernbegriff des Nizänums

verstand, wenn man auch einschränkend konstatieren muß, daß diese Inter-

pretation nur in einem einzigen Satz anklingt. Ob dies Verständnis auch bei

Liberius' früheren Hinweisen auf Ν mit vorauszusetzen ist, läßt sich nicht sagen.

In diesem Falle wäre in seiner Unterschrift unter die 2. sirmische Formel eine

einstweilige, auf die Exilssituation zurückzuführende Verleugnung seiner

theologischen Überzeugungen zu sehen. Der kirchenpolitische und -rechtliche

Charakter seiner Ausführungen in den früheren Texten65 spricht jedoch nicht für

diese Sicht. Wahrscheinlicher ist mir deshalb, daß Liberius sich erst nach seinem

Exil die in der westlichen Auseinandersetzung gegen Sirm II und v.a. Rimini

geläufige und vielbenutzte Wendung "una substantia" zu eigen machte - und dies

eher schlagwortartig, wie der äußerst schmale Anteil theologisch-interpretierender

Aussagen auch in seinem Brief für die Homöusianer nahelegt. Eingehendere

dogmatische Reflexionen finden wir bei Liberius nicht".

Der Nachfolger des Liberius auf dem römischen Bischofsstuhl, Damasus, gehört bereits zur zweiten bzw. dritten Generation der mit der Rezeption des Nizänums befaßten Abendländer; da sich seine theologische und kirchenpolitische Wirksamkeit bis in die Zeit nach dem Konzil von Konstantinopel (381) erstreckt, soll er hier nicht mehr näher behandelt werden67. Einige kurze Bemerkungen müssen somit genügen:

65 S.O.S. 233. 66 Die Homöusianerdelegation kehrte über Sizilien, wo sie aufgrund des Liberiusbriefes ebenfalls von einer Synode in die Gemeinschaft aufgenommen wurde, nach Kleinasien zurück (Socr., h.e. IV, 12,38; Soz., h.e. VI, 12,1). Auf einer Synode von Tyana wird der Liberiusbrief verlesen und von den Meletianern akzeptiert (Soz., h.e. VI, 12,2). Doch bereits im Vorfeld der 367 in Tarsus geplanten, von Kaiser Valens schließlich untersagten, Synode zur Einigung zwischen Meletianern und Homöusianern lehnte Anfang 367 eine Homöusianersynode im karischen Antiochien die Beschlüsse ihrer römischen Legaten ab; die Einigung zwischen Liberius und Eustathius war damit praktisch gescheitert. Über die Ereignisse im Osten nach 366 informiert BRENNECKE, I.e., 222ff. 67 Ich verweise auf die ausführliche, aber veraltete Monographie von WITTIG, Die Friedenspolitik des Papstes Damasus I. und der Ausgang der arianischen Streitigkeiten, Breslau 1912 und den Aufsatz von AMAND DE MENDIETA, Basile de Cesaree et Damase de Rome, in: Biblical and patristic studies. In memory of R.P. CASEY, Freiburg Basel 1963, 122ff.; dazu auf das große Damasuskapitel von PIETRI, Roma Christiana I, 729ff. (Datierungsfragen I.e., 873-884) und CASPAR, Geschichte I, 196ff. sowie auf die einschlägigen Bemerkungen bei HANSON, Search, bes. 757ff. Einige neuere Aspekte und Details in den Aufsätzen von DE HALLEUX, RHE 79 (1984), 313ff. 625ff. und ABRAMOWSKI, ThPh 67 (1992), 491ff. Eine ausführliche Neubewertung der gesamten Fragen zu Politik und Theologie des Damasus einschließlich eines Versuches zu den schwierigen Datierungsfragen, sicher ein dringendes Desiderat der Forschung, steht aus.

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242 Zweiter Teil

Damasus' um 371 nach einer römischen Synode entstandener Brief "Confidimus quidem"68 zeigt ihn ganz deutlich als strengen Vertreter des "unius substantiae". Die entscheidende theologische Bestimmung in diesem Schreiben lautet:

"patrem filium spiritumque sanctum unius deitatis, unius uirtutis, unius figurae, unius credere oporteret substantiae"®.

Die griechischen Übersetzungen geben dies folgendermaßen wieder: ώστε τον πατέρα και τον υίόν μιας ουσίας, μιας 9-εότητος, μιας δυνάμεως και ενός χαρακτηρος πιστεύεσ9·αι χρήναι, και της αΰτής υποστάσεως και πνεΰμα τό άγιον70.

Dies legt es nahe, auch Damasus als Vertreter der im Westen seit 342 üblich gewordenen Einhypostasenauffassung des trinitarischen Dogmas anzusehen.

Ein späterer Brief Damasus' "Ea gratia" enthält die folgende trinitätstheologische Bestimmung: "unius uirtutis, unius maiestatis, unius diuinitatis, unius usiae dicimus trinitatem ita ut potestatem, tres tarnen adseramus esse personas"71. Hier wird die Dreiheit immerhin terminologisch klar artikuliert, wenn wir auch über die inhaltliche Füllung des hier verwendeten Personbegriffes nichts sicheres sagen können. Wahrscheinlich ist mir, daß hier noch genau wie bei Phoebadius oder Gregor der serdicensisch am Namensbegriff orientierte terminus vorliegt, so daß "persona" hier nah an griechischem προσώπον wäre. Damit wäre der Damasus-text alles andere als neunizänisch einzustufen72, wenn er auch gegenüber der ausschließlich die Einheit betonenden Formulierung aus "Confidimus quidem" theologisch etwas differenzierter ist. Daß hier in einem lateinischen Text von "unius usiae" die Rede ist, liegt daran, daß wir den Brief nur in einem Exzerpt nach Behandlung des Schreibens durch eine Meletianersynode haben, deren Synodalbrief genau wie das vorangegangene römische Schreiben uns nicht mehr vorliegt, "unius usiae" ist Resultat einer östlichen Intervention, die das hier sicher ursprüngliche stehende "substantia" in keinem Falle als ύπόστασις verstanden wissen wollte73.

68 Zu dem Brief vgl. auch unten unter 10.2. - Die im Codex Veronensis erhaltene lateinische Fassung ist ediert bei SCHWARTZ, ZNW 35 (1936), 19f. und RICHARD, Op. min. II, no. 35, 326f. Der Text ist früh ins Griechische übersetzt worden, Thdt., h.e. 11,22,2-12 und Soz., h.e. VI, 23,7-15. ® SCHWARTZ, I.e., 19, 24f. 70 Thdt., h.e. II, 22, 7 (GCS: 148, 7-9 Parmentier/Scheidweiler). Vgl. Sozomenus, h.e. VI, 23, 10: ώστε τόν πατέρα και τον υίόν μιας 9ΐότητος, μιας αρετής και ένός σχήματος πιστεΰεσ&αι· χρή δε της αυτής υποστάσεως και τό πνεΰμα τό αγιον πιστεΰειν (GCS: 267, 4-6 Bidez/Hansen). - Zur Überbringung des Briefes durch Sabinus in den Osten vgl. RICHARD, I.e., 323ff. 71 Der Brief ediert bei SCHWARTZ, I.e., 20f. Die Stelle 20,25 - 21,1. 72 Gegen STUDER, ThPh 57 (1982), 168f. mit Anm. 40. - Basilius, ep. 210,5 sagt, es reiche nicht aus, die Unterschiede der Personen (προσώπον) zu benennen, sondern man müsse schon akzeptieren, daß jedes προσώπον in αληθινή ύποστάσει vorhanden ist. 73 Vgl. ABRAMOWSKI, ThPh 67 (1992), 493.

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8 Liberius von Rom 243

Im Tomus Damasi74 schließlich findet sich ein Anathema, das über die Vorstellungen des Damasus hinsichtlich der Dreiheit in der Einheit ein wenig mehr Aufschluß gibt: "Si quis tres personas non dixerit ueras Patris et Filii et Spiritus sancti, aequales, semper uiuentes, omnia continentes uisibilia et inuisibilia, omnia potentes, omnia iudicantes, omnia uiuificantes, omnia facientes, omnia saluantes: hereticus est"75. Daneben findet sich, ganz der im Westen gängigen und üblichen Betonung der Einheit entsprechend, das Bekenntnis zur "una diuinitas, potestas, maiestas, potentia, gloria, dominatio, unum regnum, una uolutas ac ueritas."76

DE HALLEUX hat nun gezeigt, daß in der Aussage der drei vollkommenen Personen der äußerste theologische Kompromiß lag, den die Altnizänischen überhaupt eingehen konnten77. Derartiges scheint auch in der Formulierung "personas veras" im Tomus Damasi vorzuliegen78. Die Rede von den drei Hypostasen wird dagegen weiterhin abgelehnt. Aus diesem Grunde bietet auch der Text der Synode von Konstantinopel 382, der das Lehrschreiben des Konzils von 381 zusammenfaßte und der bekanntlich an den Westen gerichtet ist, neben der neunizänischen Formel μία ουσία - τρεις υποστάσεις auch noch eine eher altnizänisch anmutende Bestimmung τρισί τελείοις προσώποις, die sich west-licher Zustimmung sicher sein konnte. Natürlich ist dabei im konstantinopolitaner Schreiben die meletianische Interpretation der Dreiheit primär vom Hypostasen-begriff her bestimmt79.

Damasus selbst hat im Vorfeld und besonders nach der Einigung von Konstantinopel (381) die Vertreter einer exklusiven und jegliche Kompromisse mit den Orientalen strikt ablehnenden Einhypostasentheologie nach serdi-censischem Muster, die Luziferianer, in Rom als Häretiker verfolgt, wovon der "Libellus precum" der Faustinus und Marcellinus ein beredtes Zeugnis gibt80.

74 Zu den komplizierten Fragen dieses zweiteiligen (auch ursprünglich nicht einheitlichen) Textes jetzt MARKSCHIES, Italien, 148-166. Der hier in Frage stehende Text gehört nach MARKSCHIES in das Jahr 378; der erweiterte "Langtomus" nach 382. 75 EOMIA 1/2, 291, 117-123 Turner. Kursivdruck Vf. 76 290,111-291,116 Turner. 77 So referiert Basilius: τρία δέ πρόσωπα τέλεια όμολογοϋντες (ep. 214,3; zitiert nach DE HALLEUX, RHE 79 [1984], 329 Anm. 1). 78 ABRAMOWSKI, I.e., 483. 499f., hat gezeigt, daß in dem Text ein ähnliches Phänomen zugrundeliegt wie auch der theologischen Zusammenfassung über das Konzil von Konstantinopel 381, die eine nur ein Jahr später am selben Orte tagende Synode verfaßt hat (Thdt., h.e. V, 9, llf.): In beiden Fällen werden Prädikate, die bislang eher zur Kennzeichnung der Eigentümlichkeiten der Personen benutzt wurden, nun allen Personen zugesprochen. 79 Die entscheidende Stelle lautet: έν τρισί τελειοτάτοις (Superlativ! Vf.) ϋποστάσεσιν, ήγουν τρισί τελείοις προσώποις. Der gesamte Text des Schreibens ist jetzt übersichtlich inhaltlich gegliedert und mit deutscher Übersetzung greifbar bei ABRAMOWSKI, I.e., 481f.; vgl. auch STUDER, I.e., 167ff. 80 Lib. prec. 79ff.; Vgl. dazu CASPAR, Geschichte I, 201ff. 216ff.; in dieser Arbeit oben S. 216.

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9 Marius Victorinus

Im Jahre 355 oder 356 trat der erfolgreiche Lehrer der Grammatik und Dialektik

und berühmteste Rhetor seiner Zeit Marius Victorinus zum Christentum über1;

der spätere Bericht Augustins über diese Konversion zeigt, wie sehr ein solcher

Schritt damals noch als sensationell empfunden wurde2. Erkennbar beeindruckt

berichtet Augustin von den kulturellen und sozialen Nachteilen, die Victorinus

für diese seine Entscheidung in Kauf nahm3, insbesondere, als er in der Zeit der

heidnischen Reaktion unter Julian von dessen Rhetorenedikt betroffen wurde und

seine Tätigkeit in Rom aufgeben mußte4.

Ziemlich schnell nach seiner Konversion hat Marius Victorinus auch in den

aktuellen Auseinandersetzungen um die Trinität Stellung bezogen. Seine

erhaltenen dogmatischen Schriften sind in sehr genauer Kenntnis der Diskussions-

lage und offensichtlich unter Hinzuziehung vorliegenden Synodalaktenmaterials5

verfaßte Traktate, deren theologisches Hauptanliegen die Verteidigung des

Begriffes ομοούσιος gegen verschiedene andere Positionen ist6. In diesen

1 Über das große Ansehen des Victorinus Hieronymus, vir. ill. 101: "Victorinus, natione Afer, Romae sub Constantio principe rhetoricam docuit..." (48,18f. Richardson). Noch zu Lebzeiten wird im Jahre 354 (vgl. die Einleitung zur deutschsprachigen Victorinusausgabe von HADOT, Piatonismus, 26) auf dem Trajansforum in Rom eine Ehrenstatue für ihn errichtet (Hier., Chron. ad 354; Aug., Conf. VIII, 2,3 ist vom Forum Romanum die Rede). Die Konversion zum Christentum dürfte erst danach anzusetzen sein (vgl. MARKUS, Victorinus, 331, anders HADOT, I.e., 26). Zu den Werken des Victorinus in der Grammatik, Rhetorik und Dialektik vgl. HADOT, I.e., 26 und ders., Victorinus, 61ff.; außerdem den ausführlichen Artikel von SEJOURNfi im DThC 15 (1950), 2887-2954 sowie BENZ, Marius Victorinus, l l f f . - In Kürze über Leben und Werk des Marius Victorinus CLARK, TRE 22 (1992), 165. 2 Aug., Conf. VIII, 2,3 - 5,10. 3 Conf. VIII, 2,3f. 4 Conf. VIII, 5,10. Vgl. HADOT, Victorinus, 285ff. 5 Dies hat HADOT, Piatonismus, 58-70, im einzelnen nachgewiesen: Marius Victorinus liegen jedenfalls eine Sammlung der Synodalakten der Synode von Sirmium 358 sowie die Unterlagen von Sirmium 359 und Rimini vor. Vgl. CLARK, I.e., 165. 6 Deutlich richtet sich Victorinus gegen die homöische Theologie der Valens und Ursacius (v.a. Ar. II) und daneben gegen die Homöusianer um Basilius von Ankyra (Ar. I, 45: "Discedant et Basilii et ομοούσιος."; CSEL 83,1,137,23 Henry/Hadot); zudem erfolgen Abgrenzungen gegen Photin und Markell (Ar. I, 22. 28. 45); schwieriger zu identifizieren ist eine Gruppe, an die sich Victorinus in Homoous. wendet: Einerseits lehnen jene das ομοούσιος ab und gelten für Victorinus deshalb als

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9 Marius Victorinus 245

Zusammenhang gehören die Schriften über die Diskussion mit dem Arianer

"Candidus"7, Cand. I8, Ad Cand.' und Cand. II10, die Bücher "Adversus Arium"

Ar. I-IV" sowie die kurze Schrift "De homoousio recipiendo"12. Daneben liegen

auch eine Anzahl exegetischer Schriften von Marius Victorinus vor; aus seiner

Feder stammen v.a. die ersten lateinischsprachigen Auslegungen der Paulus-

briefe13. Darüberhinaus sind drei Hymnen erhalten, die wiederum die Trinität

zum Gegenstand haben'4; der erste jener Hymnen ("Hymnus [primus] de

trinitate") könnte sogar als eine Art lyrische Kurzfassung der gesamten

Trinitätslehre des Marius Victorinus bezeichnet werden15.

HADOT hat in ausführlichen, von RITTER mit vollem Recht als bahnbrechend

bezeichneten16 Arbeiten das gesamte Werk des Marius Victorinus einer

eingehenden Analyse und Interpretation unterzogen" und dabei immer wieder

"novelli Arrii" (Homoous. 3; 281,2 Henry/Hadot), andererseits betont er doch die Übereinstimmung mit ihnen in grundsätzlichen Fragen: "Miror adhuc rationem intellegendi unam inter nos certamen[te] tenere. Omnes recte intellcgimus nec tarnen iungimur." (Homoous. 1; 278,1-3 Henry/Hadot). Ob es sich um westliche Bischöfe handelt, die in Rimini unterzeichnet hatten und die Victorinus nun für das Nizänum zurückzugewinnen hofft? 7 Hs handelt sich nicht um eine historische Person, sondern um eine "Erfindung" des Victorinus: Hin fiktiver Diskussionspartner legt die gegnerischen Argumente dar, um dann von Victorinus widerlegt zu werden. Vgl. zur Argumentation SIMONETTI, Orpheus 10 (1963), 151-157 und NAUTIN, Candidus l'Arien, Melanges Η. DE LUBAC, Paris 1964, 309-320; bestätigend CLARK, I.e., 166. 8 Ed. HENRY/HADOT, CSEL 83,1, Wien 1971, 1-14. ' Ebd. 15-48. 10 Ebd. 49-53. 11 Ed. HENRY/HADOT: Ar. I: CSEL 83,1, Wien 1971, 54-167; Ar. II: Ebd. 168-190; Ar. III: Ebd. 191-224; Ar. IV: Ebd. 225-277. In der Schrift Ar. I ist ein erster (Ar. I, 1-47) und ein zweiter Teil (Ar. I, 48-64) zu unterscheiden, von denen der erste noch in den Zusammenhang der Debatte mit "Candidus" gehört. Daß die letzte Antwort an "Candidus" heute mit im 1. Buch "Adversus Arium" steht, beruht auf einer Trennung des Schriftencorpus des Victorinus' im 10. Jahrhundert, die später die Verwechslung der Titel verursachte. Ausführlich dazu HADOT, I.e., 29f. 12 CSEL 83,1, Wien 1971, 278-284. 13 Ed. GORI, CSEL 83,2, Wien 1986: Ad Ephesios, I.e., 1-94; Ad Galatas, I.e., 95-173; Ad Philippenses, I.e., 174-229. Die Kommentare zu Rom und 1./2. Kor sind nicht erhalten. -Ausführlich über diesen speziellen Bereich des Schaffens des Victorinus informiert die Hamburger ev. theol. Dissertation von ERDT, Marius Victorinus, der erste lateinische Pauluskommentator, Bern 1980. 14 Ed. HENRY/HADOT, CSEL 83,1. Hymn. I: 285-289; Hymn. II: 290-293; Hymn. III: 294-305. 13 Vgl. HADOT, Piatonismus, 70; CLARK, I.e., 165. 16 HDThG 1 (1982), 217 mit Anm. 279. 17 Zu nennen sind hier die Einleitung und Kommentierung der Victorinusausgabe in den Sources chretiennes: Marius Victorinus. Traitds theologiques sur la Trinitd. Texte etabli par P. HENRY. Introduction, traduction et notes par P. HADOT, SC 68. 69, Paris 1960; Die Monographien Porphyre et Victorinus, 2 Bde., Paris 1968 und Marius Victorinus. Recherches sur sa vie et ses

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246 Zweiter Teil

besonders die neuplatonischen philosophischen Hintergründe dieses Denkers

betont. Demnach erfordert für Victorinus der Begriff der göttlichen Substanz

notwendig eine innere Bewegung Gottes, die als Selbstoffenbarung in drei

Momenten, nämlich einem reinen jenseitigen Ruhen, einem Aus-sich-

Hervortreten und schließlich einem Zu-sich-selbst-Zurückkehren zu erfassen ist;

dem entspricht die Trias esse - vivere - intellegere. Diese Trias ist so zu denken,

daß in jedem der Drei alle Drei vorhanden sind (Einheit) , jedoch im je

Einzelnen Sein bzw. Leben bzw. Erkennen prädominiert (Verschiedenheit). In die

innere Bewegung Gottes sind Welt und Geschichte mit einbezogen, wobei der

Hervorgang des vivere (Eintritt des Logos in die Welt) das aus sich selbst

heraustretende intellegere, das intellegere wiederum die Rückkehr des vivere

mitsamt der Welt zu sich selbst und somit zu Gott ist, oder, nun schon in

theologischer Terminologie ausgedrückt: Christus ist der aus sich selbst

hervorgegangene Geist und der Heilige Geist ist der verborgene Christus18.

Die vorliegende Arbeit kann und will sieh natürlich keinen erneuten, nach den

Arbeiten HADOTs gegenwärtig auch überflüssigen, Versuch einer Darstellung

des gesamten philosophischen und theologischen Lehrgebäudes des Marius

Victorinus und seiner Beziehungen zu neuplatonischen Philosophen wie etwa

Porphyrius angelegen sein lassen; vielmehr soll hier nur ausschnitthaft, aber

präzise nach der Rezeption des Nizänums in den Schriften des Victorinus gefragt

werden, das für ihn das Bekenntnis des christlichen Glaubens schlechthin ist".

Die Rezeption des Nizänums bei Victorinus zu untersuchen heißt aber, nach

oevres, Paris 1971; die Aufsätze Marius Victorinus et Alcuin, AHDL 21 (1954), 5-19 und L'iraage de la trinite dans l'äme chez Victorinus et chez saint Augustin, StPatr 6 (1962), 409-422; schließlich die Einleitung und Kommentierung zur deutschsprachigen Victorinusausgabe: Christlicher Piatonismus. Die theologischen Schriften des Marius Victorinus, übersetzt von HADOT und BRENKE, eingeleitet und erläutert von HADOT, Zürich Stuttgart 1967. 18 Vgl. hierzu kurz zusammenfassend HADOT, Piatonismus, 18f. und grundlegend und ausführlich ders., Porphyre et Victorinus, I.e. Neuerdings zum Neuplatonismus des Marius Victorinus CLARK, The Neo-Platonism of Marius Victorinus the Christian, in: Neo-Platonism and Early Christian Thought, FS A.H. ARMSTRONG, 153-159 und dies., Art.: Marius Victorinus, in: TRE 22 (1992), 166f. 19 Ar. 1,28: "Cum in Nicea civitate fides confirmata per trecentos et plures episcopos, Arrionitas excludens, in qua συνόδψ istorum virorum ecclesiae totius orbis lumina fuerunt?" (103, 16-19 Henry/Hadot).

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9 Marius Victorinus 2 4 7

seinem Verständnis des ομοούσιος20 zu fragen. Denn der nizänische Glaube ist

für Victorinus nur annehmbar, wenn man versteht, was es mit dem Wort

ομοούσιος auf sich hat: "Id autem facile cognitu erit, si cognoscatur vis verbi a

maioribus positi, quod ομοούσιος nominatum est."21

9.1 ομοούσιος = "eiusdem substantiae"

Offensichtlich durch konkrete gegnerische Einwände dazu veranlaßt22 stellt sich

Marius Victorinus als erster abendländischer Theologe bewußt dem Problem, wie

das nizänische Schlüsselwort ομοούσιος ins Lateinische zu übersetzen sei23. Mit

Hilfe von eingehenden philologischen Überlegungen kommt er dabei zu dem

Ergebnis, daß das griechische Kompositum von der Vorsilbe όμο- her verstanden

werden müsse und dann mit "eiusdem substantiae" wiederzugeben sei: "Iungantur

ista Εμο et είδος et significat eiusdem speciei. Sic et όμώνυμον, eiusdem nominis.

Ergo cum iungitur ad οΰσίαν όμο, fit όμοούσιον, eiusdem ουσίας, id est eiusdem

substantiae."24

Die Übersetzung von ομοούσιος mit "eiusdem substantiae" zeigt dasjenige

Verständnis des nizänischen Begriffes, das bei Victorinus in der überwiegenden

Mehrzahl der Belege vorliegt. Gegenüber Eusebius, der sage, der Sohn sei dem

Vater in allem "similis"25, insistiert er: "Nos contra; non enim similem, sed

20 Der Glaube von Nizäa und der Begriff ομοούσιος sind für Victorinus praktisch identisch: "Όμοούσιον vero magis ac magis teneatur, scribatur, dicatur, tractetur, in ecclesiis omnibus praedicetur. Haec enim fides apud Niceam, haec fides apostolorum, haec fides catholica." (190, 31-34 Henry/Hadot). 21 Homoous. 1 (278f., 16-18 Henry/Hadot). 22 Ar. II, 9: "Latine, inquiunt, dicatur." (183,13 Henry/Hadot). 23 Αι. II, 9f.; Homoous. 2-4. - Diese breiten Ausführungen über die Möglichkeiten der Übersetzung des griechischen Begriffes sprechen klar gegen die These einer ursprünglich abendländischen Herleitung des ομοούσιος, vgl. oben unter 1.1. 24 Homoous. 2 (280,23-26 Henry/Hadot). Ganz ähnlich die Argumentation in Ar. II, 10: "Sin autem, cum conponitur verbum, idem in duobus vel pluribus significatur, ώς ομοειδές, quod de eadem sit specie, et όμοήλιξ, quod eadem aetate, et quod όμώνυμον, eodem nomine, et concordia: ομόνοια, eodem corde, eadem cvvoiq., ergo consubstantiale quod sit, eadem substantia est." (186, 22-27 Henry/Hadot). 25 Natürlich handelt es sich auch hier um eine Auseinandersetzung mit Sirm IV; Victorinus führt die homöische Formel hier auf Arius bzw. Eusebius zurück.

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2 4 8 Zweiter Teil

eundem dicimus, quippe ex eadem substantia."26 Joh 1,18 zeigt für ihn, "quod ex

eadem substantia et quod a patre (sc.: filius; Vf.) exierit."27 Und Joh 10,30, locus

classicus der Vertreter der strengen Einheit in der Trinität, beweist auch für

Victorinus: "Quod ex eadem substantia et potentia."2" Das ομοούσιος drückt für

Victorinus das völlige Einssein von Gott Vater und Logos aus: "Deus et λόγος

unum est et unitum, et idcirco όμοούσιον."29 Deshalb könnte und sollte man lt.

Victorinus im Geiste des Nizänums zusätzlich zum "Deum de deo, lumen de

lumine", das ja auch die homöusianischen und homöischen Bekenntnisse boten,

"Deum in deo, lumen in lumine" aussagen, was dem ομοούσιος inhaltlich voll

entspreche30.

Aufgrund der Übersetzung des ομοούσιος mit "eiusdem substantiae" ist der

trinitätstheologische Ausgangspunkt des Marius Victorinus zunächst als Betonung

der Identität der Substanz von Vater und Sohn zu bestimmen. Er selbst faßt Ar.

1,59 seine Argumentation folgendermaßen zusammen: "Habemus ergo secundum

ordinem permissu dei et patrem et filium όμοούσιον et ομοούσια secundum

identitatem in substantia."31

Der hier von Victorinus verwendete Identitätsbegriff bedarf allerdings einer kurzen Erläuterung. Es bleibt festzuhalten, daß er für die Unterscheidung von Einzelwesen innerhalb einer identischen Substanz durchaus Raum läßt: "Deinde, quod multis docuimus, substantia, in eo quod substantia est, maxime si sit eiusdem generis et haec in duobus pluribusve sit, haec eadem, non similis, dicitur esse substantia;"32

An anderer Stelle33 entfaltet Victorinus den Begriff der Identität in Unterscheidung zur Ipseität: Identität bedeute Gleichheit in der Verschiedenheit; deshalb dürfe man nicht allein von Identität sprechen, andernfalls müsse man

26 Ar. 1,1 (55, 29-31 Henry/Hadot). 27 Ar. 1,2 (57, 29f. Henry/Hadot). Ebenso Ar. 1,8. 28 Ar. 1,8 (66, 36f. Henry/Hadot). Ebenso Ar. 1,9. 13. 29; Ar. 111,17; Ar. IV,10. Die letzten beiden Stellen in Verbindung mit Joh 14,10. 29 Ar. 1,34 (117, 12f. Henry/Hadot). Vgl. Ar. 1,37: "Unum ergo pater et filius." (122,28 Henry/Hadot); Ar. 1,42: "Όμοοϋσιον ergo pater et filius et unum est semper" (131f., 33f. Henry/Hadot); Ar. I, 43: "At όμοούσιον, necessario unus deus." (132, 8f. Henry/Hadot). 30 Ar. II, 11. 12; Homoous. 4. 31 159, 1-3 Henry/Hadot. Vgl. auch Ar. I, 24. 36. 32 Ar. 11,2 (172, 35-38 Henry/Hadot). 33 Ar. I, 41f.

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9 Marius Victorinus 249

eine "substantia prior" bzw. eine Teilung oder Verminderung der ersten, väterlichen Substanz beim Hervorgang der zweiten (des Sohnes) konzedieren34. Ipseität bedeute dagegen die Selbigkeit von Vater und Sohn. Bei einer Lehre von einer reinen Ipseität erfolge der Patripassianismusvorwurf zu Recht35. Den Gedanken des Victorinus liegt demnach eine Ipseität-Identitätsvorstellung zugrunde: Der vor der Zeugung völlig mit dem Vater einsseiende Sohn (Ipseität) ist nach der Zeugung mit dem Vater identisch, d.h. als von ihm verschiedener in ihm, mit ihm verschränkt und von ihm umgriffen (Identität)36. Die Annahme einer Ipseität und Identität ist für Victorinus die geeignete Näherbestimmung des Homousiebegriffs, weil so sowohl der Arianismus einerseits als auch der Patripassianismus andererseits vermieden werden können: "Non ergo unum, si neque ipsa neque eadem est substantia. Relinquitur ergo modo quodam esse et ipsam et eandem."37

Trotz dieses differenzierten Identitätsbegriffes befindet sich Victorinus aufgrund

seiner starken Betonung der Einheit in der Trinität durch seine Übersetzung des

ομοούσιος als "eiusdem substantiae" in die Situation versetzt, sich gegen den

Verdacht des Patripassianismus38 besonders gründlich abgrenzen zu müssen: "Si

ομοούσιος, quomodo alius passus est, alius non? Ex isto enim patripassiani."39

Der Patripassianismus- bzw. Sabellianismusvorwurf war von homöischer wie

homöusianischer Seite gegen die Vertreter des serdicensischen μία ύπόστασις

= "una substantia" immer neu erhoben worden; in der Identifikationstheologie

des Victorinus und in seiner Betonung des Ineinanderseins von Vater und Sohn40

und der Einheit auch der Hypostase41 hatten diese Verdächtigungen durchaus

34 Beides sind bekannte und geläufige homöusianische Einwände gegen die Einhypostasentheologie, vgl. Hil., Syn. 81 und in dieser Arbeit oben S. 152 Anm. 115. 35 Vgl. unten Anm. 39. 47. 36 Ausführlich hierüber HADOT, Piatonismus, 384 Anm. 220. 37 Ar. 1,41 (129, 38-40). 38 Der Vorwurf des Patripassianismus unterstellt den Vertretern der Identitätstheologie die absurde These, der Vater habe im Sohn gelitten. Es handelt sich, wie im Falle des Sabellianismus (siehe hierzu oben S. 197 Anm. 23 [die Begriffe sind bedeutungsgleich und auswechselbar]), um einen völlig stereotyp erhobenen Vorwurf der Ketzerei, der allen Befürwortern der Einhypostasenlehre galt. Die Hintergründe des historischen Patripassianismus sind kaum noch zu erhellen. Basilius von Ankyra führt die Lehre auf die Person Pauls von Samosata zurück (Hil., Syn. 81). 39 Ar. 1,18 (81, 27f. Henry/Hadot). Vgl. Ar. 1,41. 44; Homoous. 4. Die Vorwürfe stammen wohl von homöusianischer Seite, vgl. die von Hilarius, Syn. 81 referierten Einwände des Basilius gegen die Vertreter des ομοούσιος. 40 Ar. 1,11; Homoous. 4. 41 Ar. 11,6. Zur neunizänischen Lösung bei Victorinus siehe unten unter 9.3.

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2 5 0 Zweiter Teil

einen ernstzunehmenden Anhalt. Dies erklärt auch die auffällige Intensität der

Bemühungen Victorins', sich von Markeil und Photin abzugrenzen42.

In diesem Zusammenhang ist es nun interessant, daß Victorinus die Wendung

"una substantia - tres personae", die wir im Westen etwa zeitgleich bei Vertretern

des "una substantia" wie Phoebadius43, Gregor von Elvira44 und sinngemäß auch

beim frühen Hilarius45 finden, im Gegensatz zu jenen ausdrücklich ablehnt46,

weil sie patripassianische Mißverständnisse nahelege: "Non enim oportet dicere,

nec fas est dicere, unam esse substantiam, tres esse personas. Si enim istud, ipsa

substantia et egit omnia et passa est. Patripassiani ergo et nos? Absit."47

Der Personbegriff ist also aus Sicht des Marius Victorinus nicht angemessen,

um die Verschiedenheit innerhalb der Einheit der Substanz hinreichend klar

auszusagen48. Offenbar haben hier homöusianische Argumente, die Victorinus

ja sehr gut kannte49 und durchaus differenziert rezipierte50, zu seiner

42 Polemik namentlich gegen Markeil und Photin Ar. 1,22; 1,28; 1,45; 11,2. Nur die letzte Stelle differenziert noch zwischen beiden, ansonsten ist Markeil schon ganz unter dem Blickwinkel der Ketzerei Photins gesehen. - Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, daß es zwischen Victorinus und Markell durchaus Berührungspunkte gibt, wie auch HADOT, Victorinus, 282 und ders., Piatonismus, 368 Anm. 94 meint: Zu nennen sind hier die Unterscheidung eines Logos ad deum vom Logos in principio (Vgl. Ar. 1,5 u.ö. mit Markell, Fragm. 52), die Betonung des "eiusdem substantiae" bzw. μία ΰπόστασις, und die Vorstellung, daß Gott Vater, Sohn und Geist ein gemeinsames Pneuma (Spiritus)-Wesen eignet, das ihre Einheit garantiert (Ar. 1,31 und 111,14 u.ö.: Die Substanz Gottes ist zu definieren als Licht und Geist; Markell, Fragm. 54; 71; im Serdicense liegt §§4 und 11 dieselbe Vorstellung zugrunde, vgl. oben S. 68. 81f.; zur Markell betreffenden Literatur v.a. SEIBT, Markell, 306. 354. 43 CAr . 14,3. S.o.S. 183 Anm. 180f. 44 Fid. orth. 7,69. S.o.S. 205. 211. 45 Coli, antiar. Paris. Β II, 9,5. 6. S.o.S. 146. 46 Ar. 1,11. 41. Wegen dieser victorinischen Ablehnung der Unterscheidung mit Hilfe des Personbegriffes ist es etwas unglücklich, wenn HADOT/BRENKE, Piatonismus, 291 Ar. IV,17: "Habet autem et a me duo sunt. Ergo alter et alter" (250, 19f. Henry/Hadot; Kursivdruck CSEL) übersetzen: "'Er hat' und 'von mir' bezeichnen aber zwei Personen. Sie sind also verschieden." Im Lateinischen ist hier nicht von "persona" die Rede, einem Begriff, den Victorinus, hier in seiner Terminologie sehr konsequent, nie zur Aussage der Verschiedenheit gebraucht. Zur Ablehnung des Personenbegriffes für die Unterscheidung in der Trinität bei Victorinus siehe HANSON, Search, 544f. 47 Ar. 1,41 (129, 26-29 Henry/Hadot). 48 Der Personbegriff beim frühen Hilarius und bei Gregor ist mit der Unterscheidung nur dem Namen nach, wie sie sich noch im Serdicense fand, praktisch austauschbar (s.o.S. 146. 205); dies war dazu angetan, bei den Gegnern den Patripassianismus- bzw. Sabellianismus-Verdacht zu nähren. 49 Vgl. hierzu oben S. 244f. und die Einleitung bei HADOT, Piatonismus, 58ff. 50 Mim vgl. nur die Rezeption homöusianischer Argumente in Victorinus' Diskussion der Begriffe Identität und Ipseität, s.o.S. 249 mit Anm. 34.

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9 Marius Victorinus 2 5 1

Entscheidung beigetragen, von dieser im Westen sonst durchaus gängigen Formel

Abstand zu nehmen51. Es handelt sich, wenn ich recht sehe, um die einzige

polemische Abgrenzung im Westen gegen die Formel "una substantia - tres

personae", die ja nur 20 Jahre später als lateinisches Äquivalent zum neunizä-

nischen μία ουσία - τρεις υποστάσεις Anerkennung finden sollte52.

Dem Bemühen um Abgrenzung gegen den Patripassianismus entspricht auch die

breite Bezeugung der Abbildterminologie in den Schriften des Marius

Victorinus53. Mit der Bezeichnung Christi als είκών hatte bereits die

origenistische Tradition das Verhältnis von Vater und Sohn näher zu bestimmen

versucht, und nicht zuletzt Alexander war seinerzeit mit dem Bemühen

gescheitert, sich auf dem Boden dieser Terminologie mit Arius erfolgreich

auseinanderzusetzen54. Im Osten war die εϊκών-Terminologie nach Nizäa fester

Bestandteil der jeweiligen Synodalbekenntnisse, aber auch im Westen hatten

zahlreiche Theologen durchaus von Christus als "imago" geredet55. Auch Marius

Victorinus nimmt hier die Rede vom Abbild auf, legt dabei aber auf genaue

Unterscheidungen wert: Keinesfalls sei Christus so "imago" wie auch die

Menschen nach Gen 1,26 als "imago dei" bezeichnet werden können56 - eine

vorsorgliche Bemerkung, die die Funktion hat, sich gegen das Verständnis des

51 HADOT, I.e., 370 Anm. 108 [zu Ar. 1,11], will offen lassen, ob Victorinus die Formel ablehnt, weil Valens und Ursacius auch von "zwei Personen" sprachen (Sirm II: Hil., Syn. 11 [PL 10, 489 A], oder umgekehrt, weil "dieses Wort den Eindruck erwecken konnte, da£ die Anhänger des 'substanzgleich' nicht genügend zwischen Vater und Sohn unterschieden und nichts anderes als Sabellianer waren". Der Zusammenhang von Ar. 1,41 legt m.E. eindeutig die zweite Lösung nahe. 51 Vgl. hierzu STUDER, ThPh 57 (1982), 168ff. und jetzt MARKSCHIES, Italien, 25-30 sowie in dieser Arbeit S. 287 mit Anm 3. - Im theologischen Tomus von 381 ist die Dreiheit nach dem Hypostasenbegriff und daneben nach dem Prosoponbegriff ausgesagt: έν τρισϊ τελειοτάτοις ΰποστάσεσιν, ήγουν τρισϊ τελείοις προσώποις. Die Passage des Textes des Tomus jetzt inhaltlich übersichtlich aufgegliedert bei ABRAMOWSKI, ThPh 67 (1992), 481f. 53 Ar. I, 19f. 24. 62; Ar. 111,1; Ar. IV,30. - Den Zusammenhang mit der antipatripassianischen Abgrenzung legt der Aufbau von Ar. I nahe: 1,18 geht es um mögliche Mißverständnisse des ομοούσιος, unter denen das sabellianische am meisten Beachtung findet. Ar. I,19f. folgen dann die Ausführungen über "imago". 54 S.O.S. 116f. 121. 55 Hilarius, s.o.S. 148, Phoebadius, s.o.S. 173, die Synode von Paris 360, s.o.S. 190ff. 56 Ar. 1,20: Gen 1,26 deutet Victorinus: "Et secundum imaginem dicit. Ergo homo non imago dei, sed secundum imaginem. Solus enim Iesus imago dei, homo autem secundum imaginem, hoc est imago imaginis." (85, 4-7 Henry/Hadot; Kursivdruck CSEL).

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252 Zweiter Teil

Begriffes bei den Homöern abzusichern57. Auch sei mit "imago" keineswegs eine

bloße "similitudo" gemeint58 - eine Spitze gegen die homöusianische Verwendung

des Begriffes. Vielmehr verstehe er das Abbildverhältnis Christi zum Vater als

vollkommen einzigartig, jenseits aller sinnlichen oder in den Zeitordnungen

gelegenen Vorstellungen59. Das Einzigartige in dieser Abbildbeziehung bestehe

darin, daß bei Gott Vater und Sohn (aufgrund der Wesensidentität) das Abbild

im Abgebildeten völlig gleichrangig vorhanden ist60. Das als "eiusdem

substantiae" verstandene ομοούσιος dient Victorinus also hier als notwendiges

Interpretament für den rechten Gebrauch des Abbildbegriffes für Christus.

9.2 ομοούσιος = "simul substantiale" / "consubstantiale" /

"simul consubstantiale"

Neben der Übersetzung von ομοούσιος mit "eiusdem substantiae" findet sich bei

Marius Victorinus noch eine zweite Herleitung und Wiedergabe des nizänischen

Stichwortes: Versteht man nämlich den griechischen Begriff nicht, wie bei der

ersten Übersetzung, als aus όμο- und ουσία, sondern vielmehr aus όμοΰ und

ούσία zusammengesetzt, so muß man ihn lateinisch mit "simul substantiale" oder

"consubstantiale" wiedergeben: "Item diximus όμο όμοΰ significare et, cum iungitur

rei, nihil aliud quam simul esse rem dicere, ut όμοηλικής: simul una aetate et

όμοτρόγους: όμοϋ τραφέντας: simul nutritos. Ergo όμοούσιον simul substantiale

vel consubstantiale. Ecce habemus et latine nomina."61

57 Man beachte, daß Gregor von Elvira etwa gleichzeitig die Abbildtheologie genau aus dem Grunde ablehnt, daß ja nach Gen 1,26 auch der Mensch "imago dei" genannt werden könne; außerdem lege sie homöische Mißinterpretationen nahe (Greg. 111., Fid. orth. 2,22); s.o.S. 206f. 58 Ar. 1,20: "Aliud igitur imaginem esse et aliud iuxta imaginem et magis aliud iuxta similitudinem. Quae igitur blasphemia όμοούσιον dici patrem et filium cum imago sit filius iuxta substantiam, non iuxta similitudinem." (88, 64-67 Henry/Hadot; Kursivdruck CSEL). 59 Ar. 1,19: "Non (...) sicuti in sensibilibus" (83, lOf. Henry/Hadot); "sine tempore" (85, 56 Henry/Hadot). 60 Ar. 1,19. HUBER, Sein, 103, wählt hier folgende Formulierung: Es handele sich um ein "grundsätzlich adäquates In-Erscheinung-Treten des 'Abgebildeten' im 'Abbild'". 61 Homoous. 2 (280f., 27-32 Henry/Hadot).

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9 Marius Victorinus 253

Neben "simul substantiate" und "consubstantiale" tritt gleichbedeutend noch die

Übersetzung "simul consubstantiale" bei Victorinus auf62.

In dieser zweiten Bedeutung interpretiert Marius Victorinus das ομοούσιος

näherhin als "όμοΰ ούσίαν εχον, simul substantiam habens'"3 oder als "όμοϋ

ούσίαν είναι, simul eandem esse substantiam"64. Vater und Sohn haben nicht nur

Anteil an derselben Substanz, sondern sind auch immer gleichzeitig (göttliche)

Substanz. Der zeitliche Aspekt, der (aus griechischem όμοΰ) in dieser

Übersetzung zum Tragen kommt, hebt die Gleichewigkeit in der Trinität heraus

und richtet sich damit gegen alle Versuche, den Sohn zeitlich nach dem Vater

einzuordnen. Das von der Vorsilbe όμοϋ abgeleitete ομοούσιος hat für Marius

Victorinus die Funktion, den zweiten Kernsatz arianischer Lehre zu widerlegen:

Wie das von όμο- abgeleitete ομοούσιος (gegen das έξ ούκ όντων)65 sicherstellen

soll, daß der Sohn aus der Substanz des Vaters ist66, so soll das "simul

consubstantiale" das ήν ποτε οτε ούκ ήν des Arius bzw. die Bestreitung der

Gleichewigkeit des Sohnes bei den Gegnern des Marius Victorinus aus-

schließen67: Auch nach zeitlichen Kategorien darf der Sohn nicht vom Vater

getrennt werden. Im Gegenteil: Vater und Sohn sind eins "et quod semper et ex

aeterno; et ideo όμοούσιον appellatum est."68

Beide möglichen Übersetzungen des ομοούσιος, "eiusdem substantiae" wie auch

"simul substantiale" bringen für Marius Victorinus wesentliche theologische

Aspekte zum Ausdruck und sind deshalb gleichermaßen gültig: "Coniuncta igitur

omnia et unum omnia et una substantia et vere ομοούσια vel simul quod est όμοϋ

62 Vgl. Ar. 11,10: "Sin autem όμο όμοΰ intellegitur, erit όμοούσιον latine: simul consubstantiale, non ab aliquo alio, sed dei potentia ex aeterno." (186, 27-29 Henry/Hadot). 63 Ar. IV,10 (239, 33 Henry/Hadot). 64 Ar. IV,14 (246, 32 Henry/Hadot). 65 Homoous. 2: "Ex hoc excluditur Arrius, qui dixit ex nihilo Christum." (280, 26f. Henry/Hadot; Kursivdruck CSEL). Vgl. Ar. 11,10. 66 Homoous. 4: "Prius enim confitendum quod de substantia patris filius"... (283,12f. Henry/Hadot). 67 Homoous. 2: "Et ex hoc excluditur Arrius, qui dixit: fuit quando non fuit." (281, 32f. Henry/Hadot; Kursivdruck CSEL). 68 Ar. 11,7 (181, 20f. Henry/Hadot).

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2 5 4 Zweiter Teil

vel una eademque substantia."® Das ομοούσιος kommt erst dann in seiner

antihäretischen Kraft voll zum Zuge, wenn durch Gebrauch beider Übersetzungs-

möglichkeiten auch im Lateinischen beide Bedeutungen des einen griechischen

Wortes nachvollzogen werden.

Vergleicht man zahlenmäßig das Verhältnis des Vorkommens der beiden

Übersetzungsmöglichkeiten in den Texten des Marius Victorinus, so ergibt sich

allerdings ein breiter Überhang zugunsten des "eiusdem substantiae"; "simul

substantiale" kommt demgegenüber eher selten vor70; es findet sich gehäuft nur

an den Stellen, an denen Victorinus, der Aufforderung seiner Diskussionsgegner

nach Übersetzung des ομοούσιος nachkommend, die philologische Herleitung des

Begriffes behandelt71. Dieser Befund legt nahe, zu sehen, daß das für Victorinus

selbst maßgebende Verständnis des ομοούσιος im "eiusdem substantiae", also in

der Betonung der substantiellen Einheit von Vater und Sohn liegt. Damit erweist

auch er sich als Vertreter der im Westen seit der Synode von Serdika

verbreiteten Lehre von der "una substantia", wenn auch der Begriff bei ihm so

nicht fällt und er auch sonst seine Theologie in anderen, stärker neuplatonisch-

philosophisch geprägten Kategorien entfaltet.

9.3 Die neunizänische Lösung bei Marius Victorinus

Bekanntlich ist Marius Victorinus der erste Zeuge für die sogenannte

neunizänische Lösung, also für die Unterscheidung von ουσία und ύπόστασις und

die dadurch möglich gewordene Verlagerung der Einheit auf die Wesenheit

(ουσία) und der Dreiheit auf die konkrete Realisierungsgestalt (ύπόστασις). Er

besitzt diese Formulierung aus griechischer Quelle, teilt uns aber leider den

69 Ar. 111,6 (201f., 33-35 Henry/Hadot). 70 "Simul substantiale" und ähnliche Wendungen nur Ar. I, 47; 11,2.3.7.10.12; 111,3; IV,14.18.29; Homoous. 2. 4. 71 Ar. II, lOff.; Homoous. 2. 4.

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9 Marius Victorinus 2 5 5

Namen seines Gewährsmannes nicht mit. So erfahren wir von Marius Victorinus

nur: "Idque a Graecis ita dicitur: έκ μιας ουσίας τρεις είναι υποστάσεις"72.

Die Frage, woher Victorinus diese Formel haben könnte, ist angesichts des vorliegenden Quellenmaterials nicht mit Sicherheit zu beantworten. Setzt man mit HADOT für "Adversus Arium II/III" eine Abfassungszeit von etwa 360 an, käme man für die Unterscheidung in eine Usia und drei Hypostasen auf 358/9, eine Zahl, die auch mit der Tatsache harmonieren würde, daß die Meletianier in Alexandrien 362 schon mit einer gewissen Sicherheit auf die Wendung zurückgreifen konnten. Marius Victorinus besaß sicher das Aktenmaterial von Sirmium 358 und 359, außerdem das von Rimini im selben Jahr, als er Ar. II und Ar. III abfaßte73. Aber nirgends in den uns noch vorliegenden Quellen über diese Synoden findet sich ein Hinweis auf den neunizänischen Vorschlag.

DINSEN hat vermutet, daß der Vorschlag aus nizänischen Kreisen gekommen sein könnte, "die bestrebt waren, die orthodoxe Anschauung vom Sabellianismus (bzw. der Lehre Markells) klar abzugrenzen"74.

Nach den bisherigen Ergebnissen dieser Arbeit sei dazu die Frage erlaubt, wo es diese "nizänischen Kreise" überhaupt gegeben haben soll? Der Westen ist noch lange weithin serdicensisch geprägt oder aber trinitätstheologisch indifferent; Hilarius beschreitet andere Wege als den neunizänischen. Athanasius ist bis Februar 362 im Exil75; und die neunizänische Formel hat er 362 mehr hinge-nommen als aktiv eingebracht76.

ABRAMOWSKI ist vorsichtig dafür eingetreten, die Formel könne aus homöusia-nischen Kreisen stammen, die sich aus Anlaß der homöischen Wendung der kaiserlichen Kirchenpolitik mit ihrem Verbot der ούσία-Begrifflichkeit "Klarheit in der entgegengesetzten Richtung gesucht" hätten77. Immerhin sei "'eine Gottheit' als Ausdruck für die Einheit der Trinität in einem homöusianischen Dokument enthalten; die Debatten über ousia führten erst recht in diese Richtung"78.

Das Problem bei ABRAMOWSKIs Vorschlag ist, daß es keinerlei Beleg für neunizänisch gewordene Homöusianer gibt; auch die Delegation unter Eustathius von Sebaste zu Liberius nach Rom im Jahre 366 hat gerade kein neunizänisches, sondern hilarianisches Gepräge, wie ich oben gezeigt habe79.

72 Marius Victorinus, Ar. III, 4 (CSEL 83,1, 198, 38f. Henry/Hadot). Ebenso Ar. II, 4 (in lateinischer Fassung). 73 Vgl. HADOT, Piatonismus, 58ff. 74 DINSEN, Homoousios, 347. 75 TETZ, TRE 4 (1979), 341. 76 Zu Athanasius vgl. das Schlußkapitel dieser Arbeit unter 10. 71 ABRAMOWSKI, ThPh 54 (1979), 47. Ähnlich schon HADOT, SC 69, 911f. 78 ABRAMOWSKI, I.e., 46f. 79 S.o.S. 237f. - Skeptisch gegenüber der homöusianischen Herleitung auch SIMONETTI, Aug. 14 (1974), 174, und STUDER, ThPh 57 (1982), 166.

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256 Zweiter Teil

BRENNECKE optiert für eine Herleitung der Formel aus homöischen Kreisen. Theologen um den abgesetzten homöischen Bischof Meletius von Antiochien hätten demnach eine scharfe Wendung gegen die eigene theologische Tradition vollzogen, weil sie nach mehreren gescheiterten Versuchen einsehen mußten, auf dem Boden ihrer eigenen Theologie nicht mehr gegen die anhomöische neuarianische Theologie der Aetius und Eunomius bestehen zu können, die zu jener Zeit das Hauptproblem für die homöische Reichskirche darstellte80.

Der Vorzug dieses Vorschlages ist, daß er sich auf die Gruppe konzentriert, bei der die neunizänische Lösung tatsächlich für uns zum ersten Male sichtbar wird - nämlich die Meletianer, die theologisch in der Tat als Homöer einzustufen sind81. Eine Schwierigkeit besteht aber darin, daß sie genau derjenigen theologischen Gruppe, die bis dato am stärksten für theologisch äußerst schlichte (und sicher auch unbefriedigende) Lösungen optiert hatte (auch die Meletiuspredigt Epiph., haer. 73, 29-33, ist Zeugnis jener die dogmatischen Differenzen weitgehend nivellierenden, vordergründig um Ausgleich bemühten und oberflächlichen Theologie), nun auf einmal die Entwicklung oder doch die reflektierte Übernahme einer höchst anspruchsvollen und sowohl philosophisch wie theologisch stark durchgebildeten Lösung zutrauen will.

Die Frage bleibt, woher Marius Victorinus, der ja immerhin zwei Jahre vor 362 Ar. II und Ar. III verfaßte, die Formel μία ούσία - τρεις υποστάσεις gekannt haben könnte.

Beobachtet man die beiden Stellen, an denen Victorinus die neunizänische Formel referiert, etwas näher, so fällt erstaunlicherweise auf, daß vom Argumentationszusammenhang weder in Ar. 111,4 noch Ar. 11,4 von den aktuellen kirchenpolitischen Kämpfen oder gar von den in Sirmium und Rimini relevanten Akten direkt die Rede ist82.

Ar. 111,4 (der einzigen Beleg, der die Formel aus Victorinus' Quelle im griechischen Original wiedergibt), behandelt Victorinus ausführlich die neuplatonische Trias von Sein, Leben und Denken: "Quod si ita est, ut unum sit vivere et intellegere, et, cum unum sit esse quod est vivere atque intellegere, substantia unum, subsistentia tria sunt ista."83 Dies werde von den Griechen mit έκ μιας ουσίας τρεις είναι τάς υποστάσεις ausgesagt. Es folgt ein illustrierendes

80 BRENNECKE, Erwägungen, FS W. SCHNEEMELCHER, 248ff. 81 Im Jahre 1986 hatte ich in meiner unter Anleitung von G. BONNER entstandenen Duxhamer M.Th.-Thesis "Trinitätstheologische Vermittlungsversuche im arianischen Streit" (unveröffentlicht) die bei Epiph., haer. 73, 29-33, überlieferte Antrittspredigt des Meletius in Antiochien als homöisch analysiert; BRENNECKE war in seiner Tübinger Habilitationsschrift zeitgleich zu demselben Ergebnis gekommen (vgl. ders., Homöer, 73f.). 82 Aus diesem Grunde glaube ich nicht, daß die neunizänische Formel auch in die griechische Quelle gehörte, die Victorinus in Ar. II benutzt hat und die offensichtlich das ομοούσιος plausibilisieren wollte. Mit Fragezeichen hier ABRAMOWSKI, I.e., 46. 83 198, 32-35 Henry/Hadot.

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Beispiel für diese Denkfigur: Die Sehkraft (Ar. 111,5). Der Kontext der gesamten Stelle ist rein neuplatonisch"4.

Ar. 11,4 geht es um die Frage nach dem ούσία-Begriff in der Heiligen Schrift. Victorinus fragt nach dem Seinsbegriff: Das erste, reine und einfache Sein sei zu unterscheiden vom determinierten Sein, welches ein mit Gestalt verbundenes Sein ("cum forma") sei. Jenes erste Sein sei in höherem Maß Substanz, aber auch das zweite, gestaltete Sein sei in seiner Eigenschaft als Sein gleichfalls Substanz: "Quoniam autem rursus et forma est esse, et ipsa substantia est, sed hoc ύπόστασις dicitur."85 Deshalb könne man auch sagen, daß aus einer Substanz drei Hypostasen (Victorinus schreibt hier lat. "subsistentias") seien; es ist sichergestellt, daß auch die Hypostasen Substanzcharakter haben, ουσία sind. Aus diesem Grunde könne man da, wo in der Schrift ύπόστασις stehe, immer auch ουσία supponieren.

An keiner Stelle benutzt Victorinus die neunizänische Formel als Interpretations-hilfe für das zu seiner Zeit so umstrittene und ihm selbst so sehr am Herzen liegende ομοούσιος86.

Die beiden Stellen Ar.III,4 und Ar. 11,4 legen deshalb meines Erachtens die These nahe, daß zumindestens Marius Victorinus die Formel έκ μιας ουσίας τρεις είναι τας υποστάσεις gar nicht aus theologischer oder kirchlicher, sondern vielmehr aus neuplatonisch-philosophischer Quelle kennt.

Schon HADOT hat vermerkt, daß "der sich mit (...) dem gegenseitigen Verhältnis von Sein, Leben und Denken (...) befassende Teil mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine neuplatonische Quelle schließen läßt'"7, ohne allerdings dabei direkte Rückschlüsse auf die Herkunft der neunizänischen Formel zu ziehen.

SIMONE ! 11 hat dazu immerhin in einer kleinen Notiz im Augustinianum darauf hingewiesen, daß in dem Didymus zugeschriebenen Text "De Trinitate" eine ganz ähnliche Wendung in einem Porphyriusreferat auftaucht: "Αχρι γαρ τριών υποστάσεων έφη Πλάτων τήν τοϋ 9-είου προελ9·είν οϋσίαν.88 Eine Herleitung von Porphyrius würde natürlich glänzend zur erstmaligen Erwähnung der Formel ausgerechnet bei Marius Victorinus passen, der sich ja auch sonst von Porphyrius beeinflußt zeigt8®. Das Problem ist allerdings, daß Porphyrius ansonsten eine ούσία lehrt, die in drei υποστάσεις = ούσίαι (!) ausgeht90, was natürlich nicht zum späteren Neunizänismus (allerdings recht gut zur erwähnten Victorinusstelle

84 Vgl. HADOT, I.e., 413 Anm. 400. 85 177, 44f. Henry/Hadot. 86 S. unten S. 258f. 87 L.c., 410. Vgl. auch SC 69, 943. 88 Trin. II,140a (PG 39, 760 B); vgl. Porph., Fragm. 221F (243,2f. Smith); vgl. SIMONETTI, Aug. 14 (1974), 174. 89 Vgl. besonders HADOT, Porphyre et Victorinus, Paris 1968. 90 Porph., Sent. 20 (10,12-11,16 Lamberz); 30 (20,6-16 L.); 33 (37,19-24 L.). Für den Hinweis auf die Porphyriussentenzen danke ich Christoph Markschies.

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Ar. 11,4!) paßt. Will man also postulieren, daß die Formel neuplatonischer Quelle entstammt, müßte man jedenfalls den östlichen Theologen, die aus ihr Anre-gungen für die Lösung des trinitarischen Problems gewannen, eine Art "frucht-bares Mißverständnis" unterstellen. - Sicherheit ist wegen der leider schmalen Quellenbasis nicht zu gewinnen. Deutlich ist nur, daß die Meletianer 362 in Alexandrien die Formel in trinitätstheologischem Gewände schon mit einer gewissen Sicherheit präsentieren und dann auch erfolgreich vertreten konnten.

Während andere Theologen etwa zeitgleich mit Victorinus auf die Differen-

zierung μία ούσία - τρεις υποστάσεις zugegangen sein müssen, um damit die

trinitarischen Fragen einer Lösung näherzubringen, ist Victorinus' eigene Haltung

zu der von ihm referierten Formel durchaus unentschieden: Er lehnt sie nicht

direkt ab, greift aber andererseits auch nicht selber darauf zurück. Zu sehr gilt

sein Hauptinteresse der Verteidigung des ομοούσιος in den beiden von ihm

dargelegten Bedeutungen.

Einerseits finden sich zwar bei Marius Victorinus durchaus Stellen, die auf eine

vorsichtige Rezeption jener griechischen Formel deuten: Manchmal gibt er sie

(durchaus zustimmend) mit "una substantia - tres subsistentiae" wieder",

manchmal spricht er auch von zwei bzw. drei "exsistentiae"92. Andererseits hält

sich dieser Sprachgebrauch bei ihm nicht durch: Ar. 1,18 wird das, was nach der

griechischen Formel (ύπόστασις) lateinisch "subsistentia" hätte genannt werden

91 Ar. 111,9: "Hoc igitur satis darum faciet esse quod pater est et vitam quod est filius et cognoscentiam quod est spiritus sanctus unum esse et unam esse substantiam, subsistentias tres" (206, 1-4 Henry/Hadot). Die Stelle widerlegt den Einwand RITTERs (Konzil, 285 Anm. 2), bei Victorinus stehe έκ της ουσίας τρεις εΓναι υποστάσεις und nicht μίαν οϋσίαν είναι τάς τρεις υποστάσεις; dies sei ein "wesentlicher Unterschied". Ar. 111,9 bietet Victorinus die neunizänische Formel ganz wörtlich - allerdings schon in lateinischer Übersetzung; vgl. ABRAMOWSKI, I.e., 44 Anm. 25. Zur Übersetzung von ΰπόστασις mit substantia bei Victorinus vgl. MARKSCHIES, Italien, 17f. Eine gewisse Selbverständlichkeit der Übersetzung subsistentia stellt sich erst sehr spät ein - nach MARKSCHIES, I.e., 18, an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert. 92 Ar. 111,8: "Ut sint exsistentiae duae, Christi et spiritus saneti" (205, 41 Henry/Hadot). Ar. IV, 33: "Eo quidem modo quo filius idem est quod pater, ita tarnen ut, quomodo pater et filius unum cum sint,'sit tarnen pater pater, sit etiam filius, exsistentia unusquisque sua, sed ambo una eademque substantia, sic Christus et spiritus sanctus, cum ambo unum sint, exsistit tarnen Christus sua, et spiritus sanctus sua exsistentia, sed ambo una substantia" (277, 30-36 Henry/Hadot). Vgl. auch Ar. 1,18. Anders jedoch wiederum Ar. IV,1 (zitiert unten Anm. 101). - Zu dieser Terminologie bei Victorinus siehe ZIEGENAUS, Ausprägung, 178f.

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9 Marius Victorinus 2 5 9

müssen, als "substantia" bezeichnet93. Und Ar. 11,4 folgt unmittelbar auf die

Zitierung der neunizänischen Formel sogar eine indirekte Ablehnung jener

Unterscheidung, indem Victorinus beide Begriffe miteinander gleichsetzt: ουσία

= ύπόστασις (= ύπάρξις)94: Nur so bestehe das ομοούσιος fort95. Der Grund

für diese Gleichsetzung liegt darin, daß im Lateinischen ohnehin beide Begriffe

eigentlich mit "substantia" wiedergegeben werden. Homoous. lf. sagt Victorinus

deshalb: "Esse Graeci οΰσίαν vel ύπόστασιν dicunt, nos uno nomine latine

substantiam dicimus; et ούσίαν Graeci pauci et raro, ύπόστασιν omnes. Distat

quidem, verum nunc omittamus."96 Die Differenzierung der beiden Begriffe, die

er von seinen Kenntnissen der griechischen Quellen durchaus vorzunehmen in der

Lage wäre (was er ja gelegentlich [Ar. 111,9: "una substantia - tres subsistentiae"]

auch tut), steht also hinter dem Bemühen um die Anerkennung des ομοούσιος

im Sinne von "eiusdem substantiae" und "simul substantiale" zurück. Nirgends ist

die neunizänische Differenzierung als notwendiges Interpretament für das

ομοούσιος gebraucht, um jenen Begriff von den bei Victorinus selbst erkannten

Doppeldeutigkeiten und Mißverständnissen zu befreien. Und die wenigen Male,

da er die Wendung μία ούσία - τρεις υποστάσεις erwähnt und zitiert, hat sie

keinen erkennbaren Einfluß auf sein Verständnis der Trinität. Insofern ist

festzuhalten: In der Theologie des Marius Victorinus liegt mit Sicherheit noch

keine "Erstfassung" neunizänischer Trinitätslehre vor. Vielmehr besteht er doch

an den meisten Stellen seiner Texte streng auf der Einheit sowohl der Usia als

auch der Hypostase97; und des öfteren sagt er die Hypostasenidentität und

-einheit direkt aus98.

93 Es handelt sich hier nicht um einen Bruch in der Argumentation Victorinus', weil sich ja sein ganzer Impetus darauf richtet, daß auch die Hypostase an der göttlichen Substanz teilhat und deshalb auch selbst Substanz genannt werden kann. Es handelt sich aber doch insofern um eine Inkonsequenz, als die Terminologie für die Aussage von Einheit und Dreiheit verwischt wird. Es zeigt sich abermals, daß Victorinus am ομοούσιος selbst interessiert ist, nicht an der Interpretation des ομοούσιος durch die neunizänische Formel. 94 Vgl. HADOT, Piatonismus, 406 (Anm. 351 zu Adv. Ar. 11,4); ebenso Athanasius, vgl. unten S. 274 Anm. 54. 95 Ar. 11,5; vgl. HANSON, I.e., 545f. 96 279, 26-29 Henry/Hadot. 97 S.o.S. 247ff. 98 Z.B. Ar. 11,6: "Si autem eadem ύπόστασις, όμοοϋσιον ergo. Eadem autem; nam Christus deus de deo et lumen de lumine." (180,22-24. Henry/Hadot; Kursivdruck CSEL). - Insofern ist Victorinus auch dann nur schwer unter abendländischem Neunizänismus zu verrechnen, wenn man dessen

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2 6 0 Zweiter Teil

Auch bei seinen Bemühungen um die Kennzeichnung der Verschiedenheit von

Vater und Sohn greift Victorinus durchaus nicht auf seine neuplatonische

griechische Quelle zurück; vielmehr bedient er sich hier sehr unterschiedlicher

Ausdrucksformen: So findet sich bei ihm die Wendung "in uno duos"99 oder auch

die Bestimmung, der Vater sei (unter der Voraussetzung der substantiellen

Einheit) ein anderer als der Sohn100; Die Abbildterminologie, die neben der

Substanzeinheit auch die Verschiedenheit deutlich machen soll, ist in diesem

Zusammenhang ebenso zu nennen wie der Identitäts-Ipseitäts-Begriff; auf

neuplatonischem Hintergrund beruht die Diffenzierung, daß Gott selbst, indem

er Ruhe bleibt, der Vater ist, indem er hervortritt und sich entfaltet, der Sohn ist

und indem er diese Entfaltung wieder zu sich selbst zurückführt, Heiliger Geist

ist101. Eine Unterscheidung zwischen ihnen gibt es nicht in der Existenz (dagegen

spricht das von όμο her verstandene ομοούσιος) und nicht in der Zeit (dagegen

spricht das von όμοΰ her verstandene ομοούσιος), sondern allenfalls in der

Ursache geht der Vater dem Sohn voran102. Gleichfalls auf neuplatonischem

Hintergrund beruht die Vorstellung, daß die Drei Eines seien als Eines, das Drei

ist ("Tria unum et unum tria et ter tria unum et idem et unum et solum est")103.

Doch reicht auch dies kaum dazu aus, Einheit bzw. Dreiheit je in klarer

Begrifflichkeit auszudrücken. So ist es offensichtlich auch Marius Victorinus trotz

des ihm zur Verfügung stehenden breiten Arsenals an theologischen Ausdrucks-

möglichkeiten nicht gelungen, über den entscheidenden, seit Serdika 342

bestehenden Problempunkt in den frühen westlichen Bemühungen um die

Rezeption des Nizänums hinauszugelangen: Auch für ihn gilt: "He does not

appear to have the resources to distinguish the Persons of the Trinity

Vorhandensein nicht primär anhand der Stellung zu jener Formel entscheiden will. Zum westlichen Neunizänismus und dessen Begrifflichkeit vgl. jetzt MARKSCHIES, Italien, 203-224. 99 Ar. 111,18 (224, 16. 18 Henry/Hadot). Vgl. Ar. IV,1; IV,17. 100 "Alter pater, alter filius": Ar. IV,31 (273, 34 Henry/Hadot). 101 Z.B. Hymn. I, 5f. Vgl. oben S. 246. 102 Ar. IV,1: "Nullo enim utrumque distat nec exsistendi virtute nec tempore, fortasse causa, et hoc altero prius est." (225, 20f. Henry/Hadot); vgl. Ar. IV,7. - Man beachte den Widerspruch zur Unterscheidung von Vater und Sohn nach "exsistentiae" Ar. 111,8; 1,8 (zitiert oben Anm. 91), welche also auch nicht konsequent durchgehalten wird. 103 Ad Cand. 31 (47, 12f. Henry/Hadot).

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9 Marius Victorinus 261

satisfactorily"104. Eine feste Terminologie für die Aussage der Zweiheit findet

sich bei Marius Victorinus noch nicht.

Marius Victorinus begegnet uns im Ganzen als sehr eigenständiger theologischer

Denker, der sich schwer in den Rahmen der bisher behandelten Theologen

einfügen läßt. Der stark neuplatonisch-philosophische Zug in seinem Denken gibt

ihm eine deutliche Sonderstellung. Die Vermutung liegt nahe, daß es (neben

seinem Status als Laie) diese besondere Charakteristik seiner auch heute noch

schwierig zu lesenden105 Texte gewesen ist, die ihn auf wenig Verständnis bei

denen stoßen ließ, die wie er im Westen nach den Katastrophen von Sirmium

II/IV und Rimini das ομοούσιος von Nizäa entdeckten. Ohnehin war eine

philosophische Ausrichtung der Theologie manchem im Westen von vornherein

verdächtig - man denke nur an die pauschale Polemik gegen alles Philosophische

bei Leuten wie Luzifer oder Gregor106. Und auch die breiten philologischen

Ausführungen bei Victorinus werden im Westen selbst unter den Bischöfen nicht

jedermann leicht zugänglich gewesen sein. So deutet vieles darauf hin, daß das

bewundernde und gleichzeitig distanzierte Urteil des Hieronymus für die Stellung

des Marius Victorinus in den theologischen Kämpfen seiner Zeit durchaus

kennzeichnend ist: "Scripsit AdversusArium libros more dialectico valde obscuros,

qui nisi ab eruditis non intelleguntur"...107.

9.4 Victorinus' Wirkung im Westen

Dem Votum des Hieronymus über Marius Victorinus entspricht die relativ

geringe Verbreitung seiner Texte in späterer Zeit. Selbst in Rom hat sich die

Berühmtheit des Victorinus offensichtlich nur über wenige Generationen

erhalten. Ein erhaltenes Epitaph der Accia Maria Tulliana bildet zwar zwei

104 HANSON, I.e., 554. 105 Vgl. HUBER, I.e., 93. 94 Anm. 5. 106 Lueif., De non conu. 9; Greg. 111., Fid. orth. praef. 14. 107 Hier., Vir. ill. 101 (48, 20f. Richardson; Kursivdruck TU).

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262 Zweiter Teil

Generationen später noch einen beeindruckenden Nachhall108; aber von einigen

wenigen Erwähnungen abgesehen10® haben die Späteren Victorinus kaum noch

gekannt; und besonders seine philosophischen und theologischen Schriften fielen

schon recht bald der Vergessenheit anheim110.

Gleichwohl kann und darf man für die Frage nach der unmittelbaren Wirkungs-

geschichte des Marius Victorinus nicht dabei stehenbleiben, die geringe Resonanz

zu konstatieren, die seinen Texten zuteil wurde. Ein ganz anderes Bild ergibt sich,

wenn man auf Victorinus im Zusammenhang mit dem Mailänder Zentrum des

christlichen Neuplatonismus verweist; für das geistige Milieu dieser "Institution"

hat er zweifellos eine wichtige Vorreiterrolle gespielt111. Die Freundschaft

zwischen Victorinus und Simplicianus ist bei Augustin bezeugt112. Sowohl

Simplicianus als auch Ambrosius haben in Mailand neuplatonische Lehren

studiert. Die Predigten des Ambrosius hatten wiederum, wie wir wissen, einen

beträchtlichen Einfluß auf Augustin113; und vielleicht war es Simplicianus selber,

der Augustin dann dazu brachte, sich taufen zu lassen114. Es ist dieses Milieu des

Mailänder Neuplatonismus gewesen, auf das Marius Victorinus erheblichen

Einfluß ausgeübt hat; und nur hier war es eigentlich denkbar, daß schon sehr bald

die neunizänischen Überlegungen zur Trinitätslehre eine Rezeption im Westen

108 Inscriptiones latinae christianae veteres I: "Accia uel Maria est nomen mihi Tulliana, Victorinus auus, quo tantum rhetore Roma enituit, quantum noster sub origine sanguis, bis nonam carptura rosam mihi decidit aetas, heu dolor, et uernum maculauit funus Aprilem." (Nr. 104, 30, 1-5 Diehl). 109 Cassiodor, Hieronymus, Augustinus; im 9. Jahrhundert Alkuin und Hikmar von Reims; vgl. hierzu HADOT, Victorinus, 21f. und ders., Marius Victorinus et Alcuin, 5ff. 110 Dieses Phänomen der geringen Beachtung der Victormustexte wird einhellig in der gesamten einschlägigen Sekundärliteratur diagnostiziert: HADOT, Platonismus, 18; HANSON, I.e., 555; HUBER, I.e., 93f.; CLARK, TRE 22 (1992), 168. 111 Vgl. SiuTOURNfi, DThC 15 (1950), 2888. - Ab wann man von diesem "Mailänder Zentrum" des Neuplatonismus wirklich sprechen kann, ist allerdings undeutlich, weil der Kreis für uns kaum klare Kontur gewinnt: HADOT, Victorinus, 204f., nennt Ambrosius, Simplicianus, Mallius Theodorus, Celsinus, Hermogenianus, Zenobius und Calcidius. Vorsichtiger MARKSCHIES, Italien, 79 mit Anm. 200f. 112 Conf., VIII,2,3. 113 Conf. V, 13,23; VI, 3,4; VI, 4,5. 114 Dies legt u.U. Conf. VIII, 2,3 nahe. Zu Bekehrung und Taufe Augustins vgl. SCHINDLER, TRE 4 (1979), 647-651. 658f.

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9 Marius Victorinus 263

erfahren konnten115 wie es durch die Person des Bischofs Ambrosius von

Mailand dann auch tatsächlich geschah - wenn auch dabei die theologischen

Interpretationsversuche des Victorinus selbst mit ihrem alleinigen Insistieren auf

dem ομοούσιος in seinen unterschiedlichen Bedeutungsaspekten keine Rolle

mehr spielen sollten. Auch für Augustin gilt, daß er dem Neuplatonismus (und

damit über den Mailänder Zirkel indirekt auch Marius Victorinus) außer-

ordentlich viel verdankt116; jedoch ist er in seiner eigenen Entfaltung der

Trinitätslehre ganz offenbar nicht mehr von Marius Victorinus' Gedanken

beeinflußt117.

Auf die aktuellen kirchenpolitischen Kämpfe um das trinitarische Dogma im

Westen haben die Victorinustexte offensichtlich keinen direkten Einfluß

ausgeübt1'8. Hier wurde die Szene von den Führern der Kirche wie Liberius und

seit 366 von dessen römischem Nachfolger Damasus beherrscht119, die gegenüber

Victorinus wesentlich mächtiger und einflußreicher, wenn auch theologisch

weniger sensibel und gewiß weniger scharfsinnig waren. Aber selbst Theologen

wie Ambrosius und später auch Augustinus nehmen in ihren eigenen trini-

tarischen Texten auf die Schriften des Marius Victorinus gegen "Arius" keinen

erkennbaren Bezug mehr.

115 Darauf hat HADOT, Piatonismus, 19f. nachdrücklich hingewiesen: "Er (sc.: Marius Victorinus; Vf.) ist der einzige lateinische Autor der Antike, der versucht hat, die metaphysischen Abstraktionen der griechischen Philosophie in seine Sprache zu übersetzen." 116 Vgl. WASZINK, Plato latinus IV, ix-xvii; SCHINDLER, I.e., 560-562. 117 Über die Beziehung Augustins zu Victorinus vgl. MARKUS, Victorinus, 329ff.; HADOT, Porphyre, 475ff.; bestätigend CIARK, I.e., 168. Jenen Untersuchungen zufolge wäre das (auf den Paulinismus und die Rechtfertigungslehre bezogene) Diktum HARNACKs, Marius Victorinus sei als "Augustinus ante Augustinum" zu verstehen (DG III, 34), besser fallenzulassen. 118 Überhaupt scheint das Verhältnis auch des Christen Marius Victorinus zur "institutionalisierten Kirche" ein durchaus zwiespältiges gewesen zu sein. Dies zeigt sein gegenüber Simplicianus geäußertes Bonmot, er sei zwar Christ, doch machten (Kirchen-) Wände für ihn keinen Christen aus (Aug., Conf. VIII,2,4). 119 Zu Liberius s.o.S. 231ff.; zu Damasus S. 241ff.

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10 Athanasius von Alexandrien: "Ad Afros"

Die trinitätstheologisch relevanten Schriften des Athanasius von Alexandrien

werden in der vorliegenden Arbeit, die sich mit der frühen westlichen Rezeption

des Nizänums befaßt, nicht untersucht.

Eine Ausnahme hiervon soll nur die wohl 369 entstandene "Epistula ad Afros"1

bilden, weil sich hier der Alexandriner noch einmal im Westen meldet und bei

den Bischöfen in Afrika vor der homöischen Theologie, wie sie etwa noch von

Auxentius von Mailand vertreten wurde, nachdrücklich warnt und um Unter-

stützung für seine eigenen trinitätstheologischen Vorstellungen und für sein

Verständnis des Nizänums nachsucht. Da sich Ep. Afr. zudem auf Entscheidungen

des römischen Bischofs Damasus, seit 366 Nachfolger des Liberius, bezieht2, ist

die Aufnahme der Schrift unter die hier untersuchten Texte doppelt naheliegend.

Zweifellos ein dringendes Desiderat der Forschung wäre eine eingehende

Untersuchung der späteren trinitätstheologischen Athanasiustexte, insbesondere

der Schrift "De decretis Nicaenae synodis", in der Athanasius nach gängiger

Auffassung erstmals das ομοούσιος benutzt3. Insbesondere wäre die Datierungs-

frage zu "De decretis" neu aufzurollen, da die gängige Einordnung des Textes in

die Jahre 350/1 einer kritischen Überprüfung kaum standhalten kann". Meiner

1 Die Schrift PG 26, 1029-1048; Zur Datierung siehe BARDENHEWER, Geschichte III, 70; HANSON, Search, 420. Zu KANNENGIESSERs neuer These von der Unechtheit der ep. Afr., die eine Abhängigkeit von Damasus' "Confidimus quidem" und damit eine Datierung des Textes nach 372 voraussetzt, verdient keine Zustimmung, siehe meinen Exkurs unten S. 273ff. 2 Ep. Afr. 1. 10. 3 Die einzige, aber völlig isoliert auftretende Ausnahme ist Ar. 1,9. - "De decretis Nicaenae synodis" ist dagegen schon ganz deutlich in der Intention verfaßt, die nizänischen Wendungen έκ της ουσίας τοΰ πατρός und eben ομοούσιος zu rechtfertigen. 4 Die Datierung auf 350/1 geht auf SCHWARTZ zurück und wird seit der Edition von OPITZ (Athanasius Werke 11,2; nota zu decr. 2,2) von den meisten Gelehrten bevorzugt, vgl. neuerdings TETZ, TRE 4 (1979), 339; YOUNG, Nicea, 76 und STEAD, RAC 16 (1992), 418. Doch ist mir höchst zweifelhaft, ob man aus der äußerst allgemein gehaltenen Andeutung in decr. 2,2 wirklich so klar auf die für die theologischen Kämpfe verhältnismäßig ruhige Zeit vor der Schlacht von Mursa (also eben auf 350/1) schließen darf. Der fragliche Passus betont nur die von den Arianern

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10 Athanasius von Alexandrien 265

Vermutung nach könnte eine vergleichende Analyse der theologischen Aussagen

von "De decretis", "De synodis", "De sententia Dionysii" und v.a. des "Tomus ad

Antiochenos" zeigen, daß "De decretis" erst im Vorfeld der Debatten von 362

entstanden sein kann; damit würde die These, daß Athanasius das ομοούσιος

schon seit 350 gefordert habe, natürlich hinfällig5.

Gewissermaßen schließt sich mit der Analyse von "Ad Adfros" der Kreis der in

dieser Arbeit behandelten Texte, insofern hier der letzte verbliebene der

einstigen Teilnehmer von Nizäa6 noch einmal, aus 44 Jahren Abstand, seine Sicht

der Dinge dartut und dies auch noch einmal in den Westen übermittelt, wie

Athanasius ja auch 342 in Serdika in Zusammenarbeit mit Markeil schon an der

Ausbildung der "westlichen" Theologie der "una substantia" beteiligt gewesen

war7. Es kommt damit derjenige der orientalischen Theologen noch einmal zu

Wort, der seit seinem ersten Exil in Trier von 337' (und damit von den Anfängen

der abendländischen Rezeption des Nizänums an) am meisten über Kontakte in

ausgehende Gefahr in Anlehnung an Joh 18,12; zudem dürfte er "ex eventu" formuliert sein! 5 DINSEN, Homoousios, 115ff., zusammenfassend 134f. (hier auch die Auseinandersetzung mit der gesamten älteren Literatur), hat bewiesen, daß Athanasius in seinen frühen Texten das ομοούσιος regelrecht meidet und Formeln wie ομοιος oder ομοιος κατ' οϋσίαν benutzt (die er selbst später in Auseinandersetzung mit den Homöern verwerfen und als arianisch bezeichnen wird - aber darin liegt nur eine Änderung der Terminologie, nicht der Theologie des Athanasius, der όμοιος immer als Wesensgleichheit versteht). Das ομοούσιος findet sich laut DINSEN bei Athanasius erst ab 350/1; aber diese Einschätzung hängt wiederum ab von jener Datierung von "De decretis Nicaenae synodis", die DINSEN von OPITZ übernimmt (vgl. aber die obige Anm.). Setzt man dagegen "De decretis" deutlich später an (so etwa BARDY, Luden, 280; ABRAMOWSKI, ZKG 93 [1982], 259 Anm. 71; HANSON, I.e., 419), würde auch Athanasius sich (wie der gesamte Westen) erst um 357 oder 358 dem nizänischen Terminus zugewandt haben. 6 Markell lebte zwar noch bis 374 (Epiph., haer. 72,1,1), war aber seit der Trennung von Athanasius (345) im Osten isoliert und an der weiteren Ausbildung der Interpretation des Nizänums nicht mehr aktiv (sehr wohl aber indirekt durch die Rezeption des markellischen Serdicense im Westen!) beteiligt. Die von Markellianern verfaßte "Exposition fidei ad Athanasium" (vgl. TETZ, ZNW 64 [1973], 75-121; der Text I.e., 78ff.) weist nicht auf eine Entwicklung in der Lehre Markells, sondern auf Differenzen zwischen Markell und Markellianern, wie SEIBT in seiner Tübinger Dissertation aus dem Jahre 1992 (Markell, 105ff., bes. 107) gezeigt hat. 7 Siehe hierzu oben unter 2.1. und 2.2. - Es ist allerdings zu beachten, daß Markells Wendung μία ΰπόστασις die im Westen mit "una substantia" wiedergegeben wurde (von wo aus dann rückwirkend auch das nizänische ομοούσιος nach dessen Wiederentdeckung seit 357 im Westen als "una substantia" verstanden werden konnte) von Athanasius nicht benutzt wird. Die vierte Arianerrede, in der μία ΰπόστασις einmal auftaucht (Ar. IV,1), ist unecht. 8 Zu Athanasius in Trier KANNENGIESSER, TThZ 82 (1973), 141-153.

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266 Zweiter Teil

den Westen und zu den führenden Bischöfen des Abendlandes verfügt und sich

diese Verbindungen auch immer wieder nutzbar gemacht hatte.

10.1 Analyse von Athanasius, "Epistula ad Afros"

Seit dem 1.2.366 war Athanasius endgültig auf den Bischofsstuhl in Alexandrien

zurückgekehrt, der ihm nun auch bis zu seinem Tode am 3.5.373 erhalten bleiben

sollte9. Die Provinzen Ägypten und Libyen sind spätestens seit dieser endgültigen

Besteigung des Thronos durch Athanasius als im wesentlichen nizänisch zu

betrachten10. Eine homöische Opposition, die sich im Falle des Lucius noch

zeigt", der im September 367 das Bischofsamt zu übernehmen versucht hatte,

aber von den staatlichen Behörden sogleich wieder aus der Stadt entfernt worden

war12, hatte angesichts der überragenden Autorität des Athanasius in

Alexandrien und seit dessen Anerkennung als dortiger Bischof auch durch den

Kaiser Valens13 keine Aussichten auf Erfolg mehr14.

9 Vgl. TETZ, TRE 4 (1979), 342f.; LORENZ, Osten, 192f. 10 Ep. Afr. 1: πάσάν τε την ΑΓγυπτον και τάς Λίβυας, και πλείστοι των έν τη 'Αραβία ταίιτην έπέγνωσαν (PG 26,1029 Β). - Der Aorist spricht, nebenbei bemerkt, nicht dafür, daß das Nizänum schon sehr lange in Ägypten, Libyen und den anderen Provinzen bekannt bzw. anerkannt ist (man bedenke, daß Athanasius hier 369 [!] spricht). Die anderen Provinzen: και νΰν δέ πολλών συνόδων γενομένων, ίιπομνησ&έντες (ein weiteres Indiz für eine erst relativ kurz zurückliegende Anerkenntis des Nizänums!; Vf.) πάντες oi' τε κατά τήν Δαλματίαν, και Δαρδανίαν, και Μακεδονίαν, Ηπείρους τε και τήν Ελλάδα, και Κρήτην, και τ ά ς άλλας νήσους, Σικελίαν τε και Κίιπρον, και Παμφυλίαν, Αυκίαν τε και Ίσαυρίαν ... (1029 Β). 11 Lucius war 361 zum Nachfolger des ermordeten homöischen Bischofs Georg geweiht worden (Socr., h.e. 111,4,2; IV,1,14: Lucius als homöischer Bischof von Alexandrien neben Athanasius!) und war seitdem Vetreter der homöischen Minderheit in Alexandrien. - Zur Ermordung des Georg 361 in Alexandrien vgl. BRENNECKE, Homöer, 116-119. 12 Ep. fest. keph. XXXDC 13 Vgl. BRENNECKE, I.e., 211. - Über die Kirchenpolitik des Valens vgl. I.e., 181ff. 14 Erst nach dem Tode des Athanasius kam die homöische Theologie in Alexandrien noch einmal für kurze Zeit zum Zuge, als Lucius sich gegen den designierten Nachfolger des Athanasius, Petrus, durchsetzte (Thdt., h.e. IV,22,9-11). Nach dem Tode des Valens 378 und angesichts der antihomöischen Gesetzgebung durch dessen Nachfolger Theodosius (C.Th. VXI 5.6.8.11-13) erwies sich dies jedoch nicht mehr als eine kurze Episode.

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10 Athanasius von Alexandrien 267

In der ep. Afr. wendet sich der in der eigenen Diözese plötzlich ungewohnt

unbehelligte Athanasius nun gegen die abendländischen Homöer, in athanasi-

anischem Sprachgebrauch durchgängig als "Arianer" bezeichnet, die in Afrika eine

Zeitlang noch eine gewisse Rolle gespielt haben müssen13, wenn man auch

allgemein festhalten muß, daß der Einfluß der Homöer im Westen nach 361

wesentlich geringer war als etwa im Osten. Im Widerspruch gegen die Beschlüsse

von Rimini aus dem Jahre 359", auf die sich die abendländischen Homöer

natürlich bezogen, betont Athanasius unter Berufung auf die Beschlüsse einer

ägyptischen Synode von 90 Bischöfen" in der ep. Afr. die unbedingte und

ausschließliche Priorität des Bekenntnisses von Nizäa. Das Nizänum sei völlig

ausreichend und suffizient18, es bedürfe keiner Ergänzung1', es sei das

Glaubensbekenntnis schlechthin20, Produkt der einen ökumenischen Synode21

und Hort wider jegliche Häresie22. Deshalb fordert Athanasius die Adressaten

der ep. Afr. zur Zustimmung zu N23 und damit zur Ablehnung der Theologie der

15 Außerdem in Oberitalien (Auxentius von Mailand) und Illyrien. Teile der wenigen erhaltenen abendländischen homöischen Fragmente sind jetzt ediert von GRYSON im CChr.SL 87. Zur Literatur vgl. MESLIN, Ariens, bes. 103-250; SIMONETTI, Arianesimo, 684-744, und GRYSON, Litt6rature Arienne latine I, hier auch über die späteren Auseinandersetzungen Augustins mit dem "Arianer" Maximinus, einem unter Valentinian III. in Begleitung des gotischen Militärs Sigisvult nach Karthago gelangten Homöer (die "Collatio cum Maximino Arianorom episcopo" PL 42, 709-742; Augustins Schrift "Contra Maximinum" ebd., 743-814). 16 Zur Synode von Rimini s.o.S. 187ff. 17 Ep. Afr. 10: Έσμεν δέ ούχ ήμεΓς οί γράφοντες μόνοι, άλλα και πάντες οί έν τη Αίγύπτψ καϊ τ α ΐ ς Λιβίιαις ένενήκοντα που έπισκόποι. (PG 26, 1045 C). 18 Ι κ α ν ά μεν ουν (...) καϊ αυτάρκη (...) πρός τε άνατροπήν πάσης άσεβους αΐρέσεως, καϊ προς άσφάλειαν καϊ ώφέλειεαν της εκκλησιαστικής διδασκαλίας. Ep. Afr. 1 (PG 26, 1029 Β). Die Auffassung von der Suffizienz des Nizänums auch ep. Afr. 4 (1033 C / 1036 A). 9 (1044 D). Ebenso schon im Jahre 362, tom. 4. 19 Ep. Afr. 2: Τί γάρ έκείνη λείπει, ίνα καινότερα ζητήση τις; (1032 Β). 20 Ep. Afr. 9 (1044 C): πίστις = Ν. 21 Ep. Afr. 3: μαχόμενοι πρός τήν μίαν καϊ οΐκουμενικήν σΰνοδον ... (1033 Β). 22 Ep. Afr. 11: Αϋτη γάρ ή έν Νικαίςι σύνοδος, άλη9·ώς στηλογραφία κατά πάσης αΐρέσεώς έστιν. (1048 Α). Ν gilt Athanasius (wider besseres historisches Wissen) gar auch als Mittel gegen erst danach entstandene Häresien; so hätten die Väter von Nizäa durch ihren Hinweis auf den Heiligen Geist schon dessen Konsubstantialität mit ins Auge gefaßt (Ep. Afr. 11). Schon 362 betreibt Athanasius die Verurteilung der Lehre, daß der Heilige Geist Geschöpf und vom Wesen des Sohnes getrennt sei (tom. 3); vgl. HANSON, Search, 753. 23 Ep. Afr. 10: Άλλά μόνον κρατείτω έν ϋμίν ή έν Νικαίοι παρά των Πατέρων όμολογη&εΓσα πίστις - (1048 Α).

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268 Zweiter Teil

Homöer24 auf, sich dabei auch auf die gleichlautenden Beschlüsse seines

römischen Bruders im Bischofsamt, Damasus, beziehend25.

Dieser Intention entspricht der Gesamtaufbau von ep. Afr., die, selbstverständlich

im Blick auf die Bekämpfung der aktuellen "Arianer"26, als Rückschau auf die

Entstehung des Nizänums 325 sowie auf die von arianischer Seite seither

unternommenen Versuche seiner Verhinderung bzw. Wiederabschaffung gestaltet

ist. Dadurch erweckt Athanasius sehr bewußt den Eindruck eines im Grunde

schon lange vor Nizäa begonnenen, in Nizäa klar entschiedenen und seitdem

trotzdem weitergegangenen und fortgeschrittenen Kampfes zwischen Orthodoxie

und Häresie, zwischen Nizäa-Treue und Arianismus, wobei der Arianismus in den

Beschlüssen von Rimini und in den Personen derer, die sich auf diese Beschlüsse

berufen, seine aktuelle Gestalt gefunden hat27. Geschickt folgert Athanasius aus

der Ablehnung der ούσία-Terminologie durch die Homöer28, daß jene den Sohn

als Geschöpf und als eines der entstandenen Dinge verstünden, wie sie, so

Athanasius, auf ihren anderen Synoden auch selbst gesagt hätten2®. Hierdurch

wird eine direkte von Arius ausgehende Linie zu Valens, Ursacius und Auxentius

gezogen und die homöische Theologie als unmittelbare Fortsetzung des

Arianismus diskreditiert. Auf diese Weise kann Athanasius sich seine gesamten

nun folgenden Ausführungen über das Nizänum als Argumente gegen die Homöer

nutzbar machen, und das trotz der Tatsache, daß jene ja de facto die

ursprünglichen arianischen Sätze gar nicht vertraten und durchaus auch selber

24 Ep. Afr. 1: άναγκαΓον ήγησάμε&α γράψαι και ϋπομνήσαι ύμας, ίνα μή άνέχησθ-ε των τοιούτων (1032 Α). 25 Ep. Afr. 1. 10. - Um welche römischen Beschlüsse es sich genau handelt, ist nicht mehr zu ermitteln. Eine Abhängigkeit von dem 371 in "Confidimus quidem" aus Rom Mitgeteilten ist für "Ad Afros" nicht wahrscheinlich zu machen, siehe hierzu unten unter 10.2. 26 Vgl. besonders den Rahmen der Schrift ep. Afr. 1. lOf. 27 Dieser Darstellung des Athanasius ist die Kirchen- und Dogmengeschichtsschreibung bis auf den heutigen Tag weitgehend gefolgt; häufig wurde dabei die historische Einsicht verstellt, daß Ν nach 325 für etwa drei Jahrzehnte lang praktisch überhaupt keine Rolle spielte (auch bei Athanasius nicht) - und vor 325 die in ihm formulierten Wendungen wie etwa das ομοούσιος nirgends klar zu belegen sind. 28 Ep. Afr. 4 (1036 A). - Zur Ablehnung dieser Terminologie durch die Homöer siehe über deren Bekenntnisse in Sirmium (357) und Rimini (359) oben S. 163 bzw. 190. 29 Ep. Afr. 4 (1036 C).

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10 Athanasius von Alexandrien 269

theologische Abgrenzungen vom Arianismus formuliert hatten, nur eben einen

nichtnizänischen Antiarianismus bevorzugten30.

Doch diesem nichtnizänischen Antiarianismus der Homöer, der die Einheit des

göttlichen Willens und Handelns unter Vermeidung des ούσία-Begriffes mit dem

absichtlich offenen, allgemein gehaltenen ό'μοιος zu beschreiben sucht, unterstellt

Athanasius, de facto eine Unähnlichkeit auszusagen und also mit den Anhomöern

auf einer Stufe zu stehen31, weil ohne die wesensmäßige Einheit mit dem Vater

der Sohn letztlich doch nur auf der Stufe der Geschöpfe zu stehen komme32.

Ebenso hätten schon in Nizäa ot περί Εύσέβιον33 die Aussagen έκ τοΰ Θεού τη

φύσει μονογενής έστιν ό Λόγος, δύναμις, σοφία μόνη τοϋ Πατρός, Θεός

αληθινός, (...) απαύγασμα της δόξης, και χαρακτήρ της τοϋ Πατρός

υποστάσεως34 sowie εικόνα αΐδιον, άπαράλλακτον κατά πάντα του Πατρός35

akzeptieren können, weil sich hier immer noch Raum geboten hätte für ihre

Interpretation, den Sohn doch auf die Stufe der Geschöpfe zu stellen36. Um diese

Interpretation auf immer auszuschließen, hätten die Väter von Nizäa schließlich

die Wendung έκ της ουσίας τοΰ Θεοϋ37 und dann auch das ομοούσιος38 in das

Symbol einfügen müssen. Natürlich will Athanasius hier den Umkehrschluß

nahelegen, daß, wer heute den ούσία-Begriff ablehne, sich lediglich eine

Möglichkeit eröffnen wolle, den Sohn (wie einst Arius) als Geschöpf zu

verstehen.

30 Siehe oben meine Ausführungen zu Sirm II und Rimini, S. 163 mit Anm. 44f. bzw. 191 mit Anm. 231f. 31 Ep. Afr. 7: ε£ μή τέλεον συμπεπτώκασι τοις άδελφα φρονοΰσιν αϋτοΓς, και λεγομένοις Άνομοίοις. (1041 Α). 32 So die Argumentation in Ep. Afr. 7. 33 Ep. Afr. 5 (1037 C). 34 Ep. Afr. 5 (1037 B). 35 Ep. Afr. 5 (1037 C). 36 Ep. Afr. 5: και ταύτα φ&άνει καϊ εις ήμας· και γαρ και ήμείς και εικών καϊ δόξα Θεοΰ λεγόμενα ... (1037 C / D). Und der Schluß von Ep. Afr. 5: Εϊ δέ και Θεόν άλη9·ινόν λέγουσι τον Υϊόν, οϋ λυπεΓ ήμας· γενόμενος γαρ, αληθινός έστιν. (1040 Α). Natürlich sind all diese Aussagen den Eusebianer von Athanasius in den Mund geschoben. Besonders geschickt die Behauptung, sie seien nach Kenntnisnahme der zuerst (ohne den ούσία-Begriff) aufgestellten Sätze beobachtet worden, wie sie sich (heimlich) zugenickt hätten, weil sie noch die Chance witterten, ihre Häresie auch bei einem Beitritt zu dem Bekenntnis aufrechtzuerhalten (ep. Afr. 5). 37 Ep. Afr. 5 (1037 C). 38 Ep. Afr. 6 (1040 B).

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270 Zweiter Teil

Das Verständnis des nizänischen ομοούσιος, das Athanasius in ep. Afr. den

afrikanischen Bischöfen einschärft, betont die Einheit des göttlichen Wesens von

Vater und Sohn; wie bei Markeil und den westlichen Einhypostasentheologen

üblich begründet er dies mit Joh 10,30 und 14,9N. Und er läßt keinen Zweifel

daran, daß er dabei eine Identität der Wesenheit (ούσία) voraussetzt: To δέ ίδιον

και ταύτον τή τοϋ Θεοΰ ουσία και έξ αυτής γέννημα φύσει τυγχάνον τί αν εΐη,

ή πάλιν και κατα τοΰτο όμοουσιον τω γεννήσαντι;40

Damit kommt Athanasius, wenn er auch die Wendung μία ύπόστασις nirgends

benutzt41, doch sehr in die Nähe der markellischen Einhypostasenlehre, die er

ja sehr wahrscheinlich noch 342 in Serdika selbst mitgetragen hatte. Auch sonst

finden sich in den Athanasiustexten immer wieder Stellen, die ein die Identität

betonendes Trinitätsverständnis zeigen42. Dem entspricht, daß er auch 362 in

Alexandrien der Erklärung der Eustathianer näher steht als den Ausführungen

der meletianischen Delegation43. Mit den Meletianern ist Athanasius trotz der

Einigung von 362 bis ans Ende seines Lebens nicht in sakramentale

Gemeinschaft getreten44.

Allerdings: Athanasius ist kein reiner Einhypostasentheologe. Zwar meidet er

bewußt die Rede von den drei Hypostasen, die sich ja von seiner eigenen

theologischen Herkunft her zur Kennzeichnung der Unterschiedenheit in der

Trinität durchaus angeboten hätte45; jedoch finden sich bei ihm immer wieder

39 Ep. Afr. 8 (1044 A). Joh 10,30 noch 6 (1040 A); 7 (1041 A); 7 (1041 C); 9 (1045 B). Joh 14,9 noch 7 (1041 A) und 9 (1045 B). 40 Ep. Afr. 8 (1044 C). 41 S.o. S. 90 Anm. 398. 42 Neben dem oben Anm. 40 aus ep. Afr. 8 zitierten spricht Athanasius ansonsten von ενάτης της ουσίας (Ar. III,4) und ταυτότητα εχειν (ep. ad Serap. 2,3), auch von ταύτός τη ομοιώσει (deer. 20). Auch in den früheren Texten, als er ομοιος noch bedenkenlos benutzt, ist in dem Begriff in Aufnahme aristotelischer Terminologie immer ταϋτός mit impliziert, vgl. DINSEN, I.e., 126ff. Nach DINSEN, I.e., 133, bedeutet das ομοούσιος für Athanasius im primären Sinne "dasselbe Wesen wie der Vater haben", daneben auch "Bestandteil des väterlichen Wesens sein". Auch RITTER, Konzil, 280 Anm. 1, meint in Aufnahme von Untersuchungen LEBONs, "daß Athanasios das nikäische Stichwort als Ausdruck der numerischen Einheit der konkret verstandenen Usie Gottes gedeutet hat". 43 Tom. ad Ant. 3. 4. 44 Vgl. HAUSCHILD, TRE 5 (1980), 305f.; TETZ, TRE 4 (1979), 342. 45 Mit TETZ, I.e., 341, und DINSEN, I.e., 118f., bes. Anm. 118,3. Die wenigen "Beleg"stellen für eine Dreihypostasenvorstellung (tom. 5; "In illud: Omnia mihi tradita sunt" 6; De inc. et contra Arianos 10; Osterfestbrief 36 Fragm. 1) bei Athanasius sind Protokoll anderer Positionen (tom. 5) oder unecht (vgl. TETZ, I.e., 341). In der ep. Afr. scheint nur das Zitat von Hebr 1,3 Reste einer

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10 Athanasius von Alexandrien 271

Wendungen, die Raum für die Vorstellung einer Zweiheit lassen, wenn auch ohne

festgelegte Terminologie46. Und das Dokument einer ausschließlichen Einhypo-

stasentheologie, das Serdicense, das er 342 noch mitgetragen hatte, hat

Athanasius spätestens seit Abfassung der "apologia secunda"47 nicht mehr

mitverantworten können, wohl v.a., weil er sah, daß es jeglichen Verständigungs-

chancen mit Theologen aus origenistischer Tradition (aus der Athanasius ja selbst

kam!) zu einer gemeinsamen Haltung gegen die Homöer im Wege stand. Deshalb

hat er das Serdicense in der Darstellung der Ereignisse von Serdika in der

"apologia secunda" weggelassen48 und es im "Tomus ad Antiochenos" von 362 als

πιττάκιον diskreditiert und fallengelassen49.

Diese schon im "Tomus ad Antiochenos" zu beobachtende, vergleichsweise

ausgleichende und auf Verständigung bedachte Haltung des späten Athanasius

findet auch in ep. Afr. ihren Anhalt. Interessant und, wenn ich recht sehe, im

Zusammenhang der Athanasiusinterpretation noch gar nicht recht beachtet

worden ist nämlich die angesichts der entschiedenen und unzweideutigen

Gegnerschaft gegen die Homöer in der ep. Afr. durchaus überraschend

auftretende Aussage, die afrikanischen Bischöfe sollten zwar auf dem Nizänum

als alleiniger Glaubensnorm bestehen, sich jedoch, falls irgenwelche anderen

Mehrhypostasenvorstellung zu implizieren (ep. Afr. 5 [1037 B]), übrigens genau wie 325 im Antiochenum von der ursprünglichen Dreihypostasenlehre Alexanders nicht mehr übrig geblieben war als eben jenes Zitat von Hebr 1,3; siehe dazu oben S. 118. Die Gründe, die Athanasius bewegt haben könnten, auf die Rede von den τρεΓς υποστάσεις zu verzichten, scheinen mir daher dieselben theologischen zu sein, die auch 325 in Antiochien zur Zurückdrängung der Dreihypostasenlehre Anlaß gaben: Man begriff, daß man auf dieser Basis (den aus gleicher theologischer Tradition stammenden) Arius nicht widerlegen konnte. Die von DINSEN, I.e., 118, geäußerten Vermutungen über Athanasius' Beweggründe (Rücksicht auf N; Rücksicht auf westliche Theologen) leuchten mir dagegen weniger ein. Zur Rücksicht auf Ν sah Athanasius immerhin 30 Jahre lang keinen Anlaß; und die Rolle der westlichen Theologen (und damit das etwaige Erfordernis einer theologischen Rücksichtnahme auf sie) sollte man nach den Ergebnissen dieser Arbeit auch nicht allzu hoch veranschlagen. 46 Vgl. RITTER, Konzil, 281; DINSEN, I.e., 119. 47 Abfassung etwa um 357/8 nach HANSON, Search, 420. JONES' Versuch einer Datierung der "apologia secunda" auf 367 oder später (JThS.NS 5 [1954], 224-226) überzeugt nicht, wie HANSON, I.e., Απτη 5, gezeigt hat. 48 S.o.S. 48 mit Anm. 1 und die Auseinandersetzung mit TETZ um die Echtheit des Serdicense in dieser Arbeit unter 2.2.5. 49 PG 26, 800 C. - Der ganze betreffende Passus im "Tomus ad Antiochenos" ist in dieser Arbeit zitiert S. 99 Anm. 457.

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2 7 2 Zweiter Teil

Theologen sich lediglich an dem Begriff ομοούσιος störten, auch mit der

Rezeption der nizänischen Anathematismen und mit der einfacheren Aussage,

daß der Sohn von Natur her (φύσει) Sohn sei, zufriedengeben; so könnten jene

Gegner des ομοούσιος immerhin dem Arianismus entfliehen:

Εΐ δέ και μετά τοσαΰτα, μετά και τήν μαρτυρίαν των αρχαίων επισκόπων,

και μετά τήν ύπογραφήν των ιδίων Πατέρων, Προσποιούνται, ώς άγνοοΰντες,

τήν λέξιν φοβείσ9·αι τοΰ ομοουσίου, εΐπάτωσαν και φρονείτωσαν

άπλούστερον μεν και άλη9·ώς τον Υίόν φύσει Υίόν, άνανθ-εματισάτωσαν δέ,

ώς παρήγγειλεν ή σύνοδος, τους λέγοντας κτίσμα, ή ποίημα, η εξ ούκ όντων,

η, Ή ν ποτε δτε ούκ ήν ό Υιός τοΰ Θεοϋ- και δτι τρεπτός και άλλοίωτός

έστι, και έξ ετέρας υποστάσεως· και ουτω φευγέτωσαν από της Άρειανής

αίρέσεως·50

Dem entspricht die These am Ende von ep.Afr. 9, wo Athanasius behauptet, daß

mit der Rezeption der nizänischen Anathematismen das ομοούσιος gleichsam mit

impliziert sei: και 6 άνα&εματίζων τά προειρημένα όμοούσιον αμα φρονεί είναι

τον Υίόν τω Πατρί-51

Auch ohne ausdrückliches Bekenntnis zum όμοού ίσιος ist also für den

Athanasius der ep. Afr. ein Beitritt zum Nizänum und damit eine Abgrenzung

vom Arianismus möglich - eine bemerkenswerte Position, bedenkt man, daß hier

der energische und kompromißlose Verfechter gerade des Begriffes ομοούσιος

aus "De decretis synodis" spricht. Dieser Befund verlangt nach einer Erklärung.

Nach meinem Verständnis dieser Passage aus ep. Afr. ist wohl davon

auszugehen, daß Athanasius um die Probleme wußte, die es im Westen aufgrund

der exklusiven "una substantia"-Wiedergabe des ομοούσιος gab (Sabellianismus-

50 Ep. Afr. 9 (1044 D / 1045 A). Das Verständnis jener Passage hängt wesentlich ab von der Übersetzung des Nachsatzes: και 9<χρροΰμεν, 8τι γνησίως τ α ΰ τ α άνα9·εματίζοντες όμολογοΰσιν είιΘ-Ος, έκ της ουσίας και όμοούσιον είναι τόν Υίόν τ φ Πατρί . (1045 Α). Was ist gemeint? Meiner Ansicht nach kann aufgrund des Vordersatzes, in dem der Vorschlag gemacht wird, die Skeptiker gegenüber dem ομοούσιος sollten doch den Sohn als φύσει Υίόν bekennen und die Anathematismen von Nizäa annehmen und so (ουτω) dem Arianismus entfliehen, nicht gemeint sein, daß sie danach sogleich auch das όμοούσιον annehmen sollten. Dann wäre ja der zuvor gemachte Vorschlag nur eine Finte. Vielmehr scheint mir hier der Gedanke ausgedrückt zu sein, daß durch die Annahme der genannten Theologoumena letztlich auch das ομοούσιος impliziert ist und dann (nach Athanasius: hoffentlich; &αρροϋμεν) auch bald explizit angenommen werden kann. 51 Ep. Afr. 9 (1045 B).

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10 Athanasius von Alexandrien 273

Verdächtigungen!; man denke an die Erstfassung von Gregors "De fide ortho-

doxa", die zeigt, daß solcherlei Verdächtigungen auch nicht von der Hand zu

weisen waren)52. Es erscheint mir gut vorstellbar, daß Athanasius die Einwände

gegen eine solch exklusive Einhypostasenlehre wohlmöglich selbst teilte (man

denke nur an die Vermeidung des μία ύπόστασις in seinen eigenen Texten) und

eben aus diesem Grunde hier in seiner an den Westen gerichteten Apologie des

Nizänums zu einem etwas behutsameren Umgang mit dem ομοούσιος rät als in

seinen anderen späteren Schriften; mit seinem Kompromißvorschlag will er

offensichtlich solchen Theologen im Westen, die sich aus durchaus nachvoll-

ziehbaren theologischen Gründen mit jener ausschließlichen Betonung des "una

substantia" nicht anfreunden konnten, trotzdem die Gelegenheit geben, dem

Nizänum beizutreten und so dem "Arianismus" der Homöer abzusagen.

Mit dieser aus ep. Afr. erkennbaren Haltung hat Athanasius (wie schon mit

seiner Hinnahme der Meletianererklärung von 362) einen nicht zu unter-

schätzenden Beitrag für den späteren Sieg der "jüngeren Kräfte des nizänischen

Lagers" in Ost und West geleistet, wenn er auch "eher nur die Wege geebnet

hatte"53 und an der Ausformung selbst nicht beteiligt war. Denn ep. Afr. zeigt

deutlich, daß Athanasius selbst nicht auf diejenige theologische Formulierung

zugegangen ist, die sich schließlich im Osten wie im Westen als der Schlüssel zur

Lösung der gesamten trinitätstheologischen Kontroverse erweisen sollte: Auch

gegen Ende der 60er Jahre greift der Alexandriner nicht auf die ihm seit

spätestens 362 bekannte neunizänische Interpretation des Nizänums auf und

damit auch nicht auf die Möglichkeit zurück, die Dreiheit in der Hypostase, die

Einheit dagegen in der Usia auszusagen. Im Gegenteil: Ep. Afr. 4 werden ουσία

und ύπόστασις ausdrücklich miteinander identifiziert, dazu auch noch mit dem

Begriff ύπάρξις gleichgesetzt: Ή δέ ύπόστασις ουσία εστί, και ουδέν αλλο

σημαινόμενον εχει η αυτό τό δν δπερ 'Ιερεμίας ΰπαρξιν ονομάζει λέγων Και

ούκ ηκουσαν φωνήν υπάρξεως. Ή γαρ ύπόστασις και ή ουσία υπαρξίς έστιν.54

52 S.o.S. 197 mit Anm. 23 sowie S. 207. 53 So mit Recht TETZ, I.e., 346. 54 Ep. Afr. 4 (1036 B). Vgl. LONEGRAN, Way, 104

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2 7 4 Zweiter Teil

Hier, übrigens genau wie auch Marius Victorinus verfahrend55, nimmt Athanasius

die neunizänische Differenzierung offenbar bewußt nicht auf56. Er bleibt damit

noch 369 und wohl bis an das Ende seines Lebens am 3.5.373 ein Vertreter des

älteren nizänischen Sprachgebrauches, der sich schon wenige Jahre später als

überholt erweisen sollte57.

Exkurs: Zur Bestreitung der Echtheit von "Ad Afros" durch KANNENGIESSER

In der Festschrift zum 65. Geburtstag von L. ABRAMOWSKI58 hat KANNEN-GIESSER in seinem Beitrag mit dem Titel "(Ps.-) Athanasius, Ad Afros Examined" die Echtheit der Ep. Afr. grundsätzlich bestritten und, seine mit der dritten Arianerrede begonnene Arbeit an einer merklichen Ausdünnung des corpus Athanasianum fortsetzend®, den Text für eine pseudathanasianische Fälschung erklärt®.

Die These KANNENGIESSERs zur Ep. Afr. soll im folgenden noch kurz kritisch gesichtet werden.

55 Adv. Ar. II, 4. Marius Victorinus zitiert zwar aus griechischer Quelle die neunizänische Formel, bevorzugt aber selber eine Identifikation der Begriffe: οϋσία = ύπόστασις = ϋπάρξις. Vgl. dazu HADOT, Piatonismus, 406 (Anm. 351 zu Adv. Ar. 11,4) und in dieser Arbeit S. 259 mit Anm. 93. 56 DINSEN, I.e., 132f., meint, dies könne man aus ep. Afr. 4 so nicht schließen. Zu sehr sei Athanasius hier mit der Debatte mit den Homöern um die Schriftgemäßheit des ομοούσιος beschäftigt; da nur ύπόστασις in der Schrift belegt ist, müsse er praktisch οϋσία und ύπόστασκ; gleichsetzen, um dem gegnerischen Einwand zu begegnen. Eine Ablehnung der neunizänischen Lösung impliziere dies nicht; die Stelle sei "ad hoc" formuliert. Wie DINSEN urteilen auch STEAD, VigChr 29 (1975), 3 [anders allerdings jüngst ders., RAC 16 (1992), 423] und ähnlich DÖRRIE, Hypostasis, 57f. mit Anm. 239 und 241; dagegen HANSON, Search, 445f. mit Anm. 115. - Gegen DINSEN ist geltend zu machen, daß die Identifizierung von ούσία und ύπόστασις in ep. Afr. mehrfach auftaucht. Ep. Afr. 4 (1036 A) heißt es (wenn auch im Referat der Gegner) ούσία η ύπόστασιν; auch sonst sind die Begriffe beinahe austauschbar in Gebrauch (ep. Afr. 5 [1037 B]; 6 [1040 A]; 9 [1044 C] steht ύπόστασις; sonst ist überwiegend οϋσία gebraucht). Und: Ist es überhaupt denkbar, daß Athanasius, spätestens seit 362 um die Möglichkeit der Differenzierung der beiden Begriffe wissend, diese in einer "ad-hoc"-Formulierung identifiziert, obgleich diese Identifizierung seiner theologischen Überzeugung gar nicht mehr entsprochen hat? Mir erscheint dies schwer vorstellbar. 57 Zum Nicaeno-Constantinopolitanum und dem Konzil von Konstantinopel (381) vgl. jetzt ABRAMOWSKI, ThPh 67 (1992), 481-513 und hierauf responierend, RITTER, ThPh 68 (1993), 553-560. 58 Logos. Berlin New York 1993. 59 Athanase d'AIexandrie eveque et ecrivain. Une lecture des traites Contre les Ariens, ThH 70, Paris 1983. - Kritisch dazu STEAD, JThS.NS 36 (1985), 220-229 und ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 387-413. 60 I.e., 264-280.

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10 Athanasius von Alexandrien 275

KANNENGIESSER meint zunächst nachweisen zu können, daß Ep. Afr. von dem anläßlich der römischen Synode unter Damasus im Jahre 371 entstandenen Text "Confidimus quidem" direkt abhängig sei61. Für diese Abhängigkeit spreche:

a) Die Erwähnung der "other synods which were held, both in Gaul and in Italy" in beiden Texten62.

b) Die gleiche Definition der Orthodoxie als "the sound faith which Christ gave us, the Apostles preached, and the Fathers, who met at Nicaea from all this world of ours, have handed down".

c) Die Sicht des Nizänums als "sufficient and enough by itself. d) Die gemeinsame Erwähnung der "318 bishops". e) Die beiden Texten gemeinsame Mißbilligung der Tatsache, daß Auxentius

von Mailand immer noch seinen Bischofssitz innehat.

Neben der Notierung solcher Übereinstimmungen und dem sich daraus ergebenden Postulat einer direkten Abhängigkeit der ep. Afr. von "Confidimus quidem" macht KANNENGIESSER für seine Fälschungshypothese noch einige weitere Gründe namhaft:

So schätzt KANNENGIESSER die im Text "Ad Afros" enthaltenen sachlichen Fehler (Eudoxius als Teilnehmer der Synode von Rimini, nicht, wie richtig, von Seleukia63; 130 Jahre Zeitspanne seit dem Streit der Dionyse64) als derart gravierend ein, daß sie Athanasius selbst auf keinen Fall zuzutrauen seien65.

Weiter seien die zum Teil wörtlichen Übereinstimmungen von ganzen Satzteilen zwischen Athanasius' "De decretis synodis" und ep. Afr. 5f. (KANNENGIESSER verweist hierzu auf eine über vierseitige Synopse aus seiner "Sorbonne Dissertation")66 offensichtlich auf das Werk "of an excerptor" zurückzuführen. Athanasius selbst hätte keinesfalls aus einem seiner eigenen Texte Passagen noch einmal abgeschrieben67.

Ep. Afr. 7f. biete ferner eine "dogmatic lesson", welche "relies entirely, in its essential thesis and its lexical features, on Contra Arianos III, 1-25". Da jedoch, wie von KANNENGIESSER an anderer Stelle behauptet, Ar. III pseudathanasi-

61 KANNENGIESSER, I.e., 266: "Ad Afros depends directly on Confidimus quidem." 62 Ich übernehme hier die von KANNENGIESSER selbst vorgenommenen englischen Übersetzungen der (Ps.-)-Athanasius / Athanasius-Stellen (I.e., 266f.). Zum griechischen Originalton vgl. meine Auseinandersetzung mit KANNENGIESSER unten. 63 KANNENGIESSER, I.e., 272; die falsche Zuordnung von Eudoxius zur Synode von Rimini ep. Afr. 3. 64 Ebd.; die - sicherlich unzutreffende - Zeitangabe ep. Afr. 6. 65 L.c., 278 Anm. 76. 66 L.c., 273 Anm. 49. 67 KANNENGIESSER, I.e., 274: "That technique of reemploying unnamed sources is typical of a professional excerptor. How could it be attributed to Athanasius himself? For it would make no sense to have him quoting himself in such a way, with the result that he would not only remain completely ignored in the text, but also betrayed in some of his fundamental convictions." (Kursivdruck KANNENGIESSER).

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anisch sei, gelte nun auch folgerichtig: "If that first unit of Contra Arianos III, like the two others (§§26-52 and 53-67), must be declared pseudo-Athanasian, for reasons of doctrine, composition and vocabulary, the letter Ad Afros also has to be taken away from the authentic Athanasiana."

Erst mit dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 habe ep. Afr. die Stellung eines "key-testimony for Athanasius' Nicene orthodoxy" gewonnen68.

Wie schon in seiner Bestreitung der Echtheit von Ar. III meint KANNEN-GIESSER auch hier, äußerst weitreichende Schlüsse für die gesamte dogmen-geschichtliche Bewertung der Person des Athanasius ziehen zu können. KANNENGIESSER beendet deshalb seinen Beitrag über ep. Afr. mit der Schluß-folgerung: "The pseudonymity of Ad Afros (would; Vf.) engage a significant revision of the Alexandrian leader's canonized figure throughout the theological tradition in both the East and the West of classical Christianity."® Soweit die These KANNENGIESSERs.

KANNENGIESSERs Fälschungshypothese beruht, wie gezeigt, wesentlich auf der Annahme einer direkten Abhängigkeit der ep. Afr. von "Confidimus quidem". Ich werde deshalb in meiner Auseinandersetzung mit KANNENGIESSER zunächst diese angebliche direkte Abhängigkeit ausführlich überprüfen und erst danach zu seinen weiteren Argumenten Stellung nehmen.

"Confidimus quidem" ist anläßlich der zweiten römischen Synode unter Damasus wohl im Jahre 371 entstanden70. Der lateinische Text ist im "um 700 in Halbunziale (...) von einem ungebildeten Schreiber geschriebenen"71 Codex Veronensis LX erhalten und von SCHWARTZ 193672 und RICHARD 195173

kritisch ediert. Der Text ist sehr früh ins Griechische übersetzt worden74; zwei Übersetzungen haben sich bei Sozomenus75 und bei Theodoret76 erhalten; 382 auf der Synode in Konstantinopel ist bereits die griechische Sozomenus-Fassung in Gebrauch77.

Zur Prüfung der Abhängigkeit werde ich die von KANNENGIESSER angege-benen ep. Afr.-Stellen zunächst mit dem lateinischen Text von "Confidimus

68 KANNENGIESSER, I.e., 280 Anm. 78, weist zudem darauf hin, daß ep. Afr. auf der 8. und 9. sessio des sechsten ökumenischen Konzils von Konstantinopel 681 eine wichtige Rolle spielte. ® L.c., 280. 70 Vgl. KANNENGIESSER, I.e., 266 Anm. 11 und PIETRI, Roma Christiana, 733f. 71 SCHWARTZ, ZNW 35 (1936), 1. 72 ZNW 35 (1936), 19f. - KANNENGIESSER benutzt durchgängig die Version aus MANSI III, 456f. 73 Annuaire de l'Institut de Philologie et d'Histoire Orientales 11,323-340; wiederabgedruckt in und der leichteren Greifbarkeit wegen hier zitiert nach RICHARD, Opera minora II, Turnhout 1977, no. 35. Der Text I.e., 326f. - L.c., 328ff. finden sich eingehende Analysen zum Verhältnis der lateinischen Fassung zur griechischen. 74 Vgl. RICHARD, Op. min. II, no. 35. 75 H.e. VI, 23, 7-15. 76 H.e. II, 22, 2-12. 77 KANNENGIESSER, I.e., 266 Anm. 13 unter Berufung auf PIETRI, I.e., 729.

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quidem" (nach SCHWARTZ)78 zusammenstellen, sodann aber auch die beiden griechischen Übersetzungen hinzuziehen; beim Blick auf die griechischen Versionen wird sich m.E. besonders eindrucksvoll und klar zeigen, daß die Annahme einer direkten Abhängigkeit der ep. Afr. vom römischen Text von 371 völlig unhaltbar ist.

Die von KANNENGIESSER angezogenen Belegstellen79 sind die folgenden:

a) Ep. Afr. 1: ουδέν δέ ήττονκαί τ ά των άλλων γενομένων συνόδων εν τε τη Γαλλίρι και τή Ίταλίρι περί της ύγιανούσης πίστεως.80

"Confidimus quidem": "Ex Gallorum atque Venetensium fratrum relatione conperimus nonnullos non eresis studio."81

Thdt. 11,22,4 = Soz. VI, 23,9: αλλά δι' αναφοράς των έν Γαλλία και Βενετίρρ. αδελφών εγνωμέν τινας αΓρεσιν σπουδάζειν.82

Außer der Wendung Γαλλίρι και Ι ταλ ία (Ερ.Αή\)/Βενετία (Conf.) findet sich keinerlei Übereinstimmung.

b) Ep. Afr. 1: πίστεως, ήν ό μέν Χριστός έχαρίσατο, οί δέ απόστολοι έκήρυξαν, και οί Πατέρες παραδεδώκασιν οί δέ τη Νικαία συνελ&όντες.83

"Confidimus quidem": "Hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est".84

Thdt. 11,22,10 = Soz. VI,23,13: ταύτην μόνην την πίστιν, ητις έν Νικαία κατά την αύ9-εντίαν των άποστόλων έθ-εμελιώ&η.85

Die einzig feststellbaren Übereinstimmungen sind die recht allgemein gehaltenen Erwähnungen des Glaubens, Nizäas und der Apostel. Der Gedanke, daß dieser Glaube von Christus gegeben sei (Ep. Afr.), fehlt in "Confidimus quidem" völlig. Die Ep. Afr. ist demnach hier sicherlich nicht von "Confidimus quidem" abhängig.

78 RICHARDS Text unterscheidet sich an den uns hier interessierenden Stellen vom SCHWARTZschen nur an einigen wenigen Punkten in der Schreibweise. 79 S.O.S. 275f. 80 PG 26, 1029 A. 81 ZNW 35 (1936), 19, 9-11 Schwartz. 82 GCS 147, 8f. Parmentier/Scheidweiler = GCS 266,10f. Bidez/Hansen. 53 PG 26, 1029 A. 84 20, l l f . Schwartz. 85 149, 10f. Parmentier/Scheidweiler = 268,lf. Bidez/Hansen.

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278 Zweiter Teil

c) Ep. Afr. 1: 'Ικανά μεν ouv τά έν τη Νίκαια όμολογη9£ντα, και αύτάπκη...86

"Confidimus quidem": "perpetua firmitate esse retinendam"87. Thdt. 11,22,10 = Soz. VI,23,13: διηνεκεϊ βεβαιότητι κα&εκτέαν είναι...88

Es nimmt Wunder, daß KANNENGIESSER (L.c., Anm. 18) diese Stelle als Beleg für direkte Abhängigkeit aufführt; es sind nicht einmal Berührungen feststellbar. Eine Erklärung der Suffizienz des Nizänums durch eine Synode findet sich bereits 362: Ath., torn. 4.

d) Ep. Afr. 2: δέκα και όκτώ συνελ9·όντων επίσκοπων...89

"Confidimus quidem": "Maiores nostri CCCXVIII episcopi..."90

Thdt. 11,22,6: οι πατέρες ήμών τριακόσιοι δέκα και όκτώ επίσκοποι..." Soz. VI, 23,10: οί πατέρες ήμών τριακόσιοι δέκα όκτώ επίλεκτοι...92

Außer der Zahlenangabe 318 ist keine Übereinstimmung erkennbar. Aber diese Zahl kommt schon bei Hilarius und Liberius vor und ist deshalb gewiß kein Indiz für eine Abhängigkeit der Ep. Afr. von "Confidimus quidem"93.

e) Ep. Afr. 10: και 9-αυμάζοντες πώς μέχρι νΰν ού κα9·ηρέ9·η και έκβέβληται της Εκκλησίας...94

"Confidimus quidem": "Denique Auxentium Mediolanensem hac praecipue causa damnatum esse perscribunt."95

Thdt. 11,22,5 = Soz. VI, 23,9: τοιγαροϋν Αύξέντιον τον Μεδιολάνου έξαιρέτως έν τούτφ τφ πράγματι κατακεκρίσ&αι προσγέγραπται.96

Über eine gemeinsame Aversion gegen Auxentius hinaus, die ebensogut für Hilarius oder Euseb von Vercellae gelten könnte", ist keine weitergehende

86 PG 26, 1029 B. 87 20, 12f. Schwartz. 88 149,12 Parmentier/Scheidweiler. Bei Soz. 268,2f. Bidez/Hansen κα9·εκτέον statt κα&εκτέαν. 89 PG 26, 1032 B. 90 19,20f. Schwartz. 91 148, 3f. Parmentier/Scheidweiler. 92 267, lf. Bidez/Hansen. 93 Hil., Syn. 68. Liberius bei Socr., h.e. IV,12. - Zur Entstehung und dieser an die Zahl der Knechte Abrahams in Gen 14,14 angelehnten Angabe vgl. AUBINEAU, RHE 61 (1966) 5ff. sowie CHADWICK, RHE 61 (1966), 808ff. 94 PG 26, 1045 C. 95 19, 15f. Schwartz. 96 147, 14-16 Parmentier/Scheidweiler = 266, 15-17 Bidez/Hansen. 97 S.o.S. 157. 230.

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Übereinstimmung zwischen beiden Texten erkennbar. Im übrigen beruft sich ep. Afr. 3 auf eine Verurteilung des Auxentius schon in Rimini, ist also von dem in "Confidimus quidem" Erwähnten ganz offensichtlich unabhängig98.

Die von KANNENGIESSER für seine These herangezogenen Stellen erlauben keineswegs Rückschlüsse auf eine direkte Abhängigkeit der ep. Afr. von "Confidimus quidem". Im Gegenteil: Der genaue Vergleich mit der lateinischen und den griechischen Fassungen des römischen Textes legt eine völlige Unab-hängigkeit in Formulierung und Gestaltung nahe. Hierfür spricht zusätzlich, daß ep. Afr. und "Confidimus quidem" sich weder im Aufbau noch in der Reihenfolge der angeführten Argumente sonderlich ähnlich sind". KANNENGIESSERs Satz: "Ad Afros depends directly on Confidimus quidem" ist offensichtlich unrichtig. Damit aber fällt die Hauptstütze für seine Fälschungshypothese dahin.

Auch die weiteren Argumente KANNENGIESSERs sind keineswegs stichhaltig:

Die fehlerhafte Transponierung des Eudoxius nach Rimini kann allein darauf zurückzuführen sein, daß Athanasius im Kontext von ep. Afr. in beiden Synoden von 359 das gleiche Beispiel für die "arianische Häresie" sieht, ohne zu differenzieren. Fehler wie die Zeitangabe "vor 130 Jahren" finden sich bei Athanasius auch sonst einmal und sprechen nicht gegen die Echtheit der ep. Afr100.

Die in der Tat zutreffende Beobachtung wörtlicher Entlehnung von Passagen aus "De decretis" in der ep. Afr. spricht nicht gegen athanasianische Verfasserschaft. ABRAMOWSKI hat überzeugend dargelegt, daß Athanasius in den Schriften "De decretis", "De synodis", "De sententia Dionys»" und ep. Afr. gleichsam einen nachträglichen Väterbeweis für das wiederentdeckte ομοούσιος von 325 zu etablieren bemüht ist101. In diesen Zusammenhang gehören auch die fraglichen

98 Es ergibt sich hier allerdings die sachliche Schwierigkeit, daß eine Verurteilung des Auxentius in Mailand sehr unwahrscheinlich ist (anders nämlich Hil. Coli, antiar. Paris. A IX,3,1 [ohne Auxentius]. Hil., I.e., A 1,1,4 bezieht sich wohl auf Konstantinopel; vgl. OPITZ II, 236f. nota zu Ath., syn. 9).; möglicherweise hat Athanasius hier eine spätere Verurteilung des Auxentius auf die Synode von Rimini zurückprojiziert, um ihn direkt der Partei der Valens und Ursacius zurechnen zu können. Dafür spräche ep. Afr. 1: [Άρειανών] Αϋξεντιόν φαμεν και Οϋρσάκιον, και Οϋάλεντα και τους τ α αϋτα φρονοϋντας αϋτοϊς... (PL 26, 1029 Β). - Eine Abhängigkeit von "Confidimus quidem" ist jedenfalls nicht erkennbar. 99 Dies zeigt sich schon beim Blick auf die unterschiedliche Anordnung derjenigen Punkte, aus denen KANNENGIESSER auf eine direkte Abhängigkeit schließen zu können meint. - Natürlich fehlt in ep. Afr. das Argument aus "Confidimus quidem": "Ex uice sanetissimi episcopi urbis Romae directi apud Nicaeam confecto concilio"...(19, 21f. Schwartz). Solche Beispiele für grundlegende Differenzen zwischen beiden Texten ließen sich fast beliebig vermehren. 100 Vgl. nur Ath., syn. 43, wo der Alexandriner sagt, der Streit der Dionyse habe lange vor der Verurteilung des Paulus von Samosata stattgefunden; hierauf macht ABRAMOWSKI, ZKG 93 (1982), 263f. aufmerksam. Die "Frühdatierung" jenes Streites mußte Athanasius im Sinne einer Verstärkung seines Väterbeweises für das ομοούσιος am Herzen liegen. Ist dies eine Erklärung für seinen "Fehler"? 101 L.c., 259ff.

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280 Zweiter Teil

Passagen in ep. Afr. Was hätte angesichts der zweifellos auch Athanasius bekannten und von ihm entschlossen nutzbar gemachten "traditionsbildende(n) Kraft der Wiederholung"102 näher gelegen als eben die wörtliche Wiederholung der schon in "De decretis" benutzten Wendungen?

Die Beobachtung inhaltlicher Übereinstimmungen zwischen Ar. III und ep. Afr. wendet sich schließlich direkt gegen KANNENGIESSER selbst, wenn man den (überzeugenden) Argumenten für die Echtheit von Ar. III von STEAD103 und ABRAMOWSKI'" folgt.

Damit sind alle von KANNENGIESSER vorgetragenen Argumente als hinfällig anzusehen.

Gegen KANNENGIESSER ist weiterhin von der Echtheit der ep. Afr.

auszugehen, die als Spätzeugnis von Athanasius' Sicht und Verständnis des

nizänischen Symbols von hohem Wert ist. Eine generelle Revision der Unter-

suchungen und Darstellungen über die Trinitätstheologie des Athanasius ist

jedenfalls nicht aus dem Grunde erforderlich, daß ep. Afr. (und Ar. III) dem

Alexandriner abzusprechen wären.

102 Ich benutze die Formulierung von ABRAMOWSKI, I.e., 265. 103 STEAD, JThS.NS 36 (1985), 220-229. 104 ABRAMOWSKI, ZKG 102 (1991), 387-413.

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Zusammenfassung und Schluß

Die vorgelegten Studien zu den Anfängen der abendländischen Rezeption des

Nizänums haben zunächst gezeigt, daß der Westen, der an der ursprünglich

inneralexandrinischen und dann innerorigenistischen Kontroverse lange Zeit gar

nicht beteiligt war und auch auf der ersten "ökumenischen" Synode von Nizäa

(325) keine nennenswerte Rolle spielte, an der Vorgeschichte, Entstehung und

Formulierung des Nizänums keinen Anteil gehabt hat. Die in der wissenschaft-

lichen Literatur bis vor etwa 20 Jahren vorherrschende und auch heute noch von

namhaften Dogmengeschichtlern vertretene These einer westlichen theologischen

Herleitung des Nizänums ist fallenzulassen.

Erst mit der (kirchenpolitisch motivierten) Absetzung des Athanasius und der

(theologisch begründeten) Verurteilung Markells im Osten und mit deren darauf

folgenden Exilsaufenthalten im Abendland wird der Westen in den späten 30er

Jahren des vierten Jahrhunderts in die "arianischen" Streitigkeiten hineingezogen.

Das Exil der Markell und Athanasius im Westen führt in Verbindung mit der

gleichzeitigen Aufteilung des Imperium Romanum auf zunächst drei, dann zwei

rivalisierende Kaiser dazu, daß sich plötzlich kirchlich, theologisch und politisch

zwei Parteien feindlich gegenüberstehen, eine Konstellation, die das römische

Reich bis an den Rand eines Bürgerkrieges bringen sollte (342/3). Theologisch

übernehmen dabei die abendländischen Bischöfe, die ja bis dato in den Streit

nicht eingegriffen hatten, die N-Interpretation des Emigranten aus dem Osten,

Markell, aus dessen Sicht das Nizänum offensichtlich noch nicht deutlich genug

den Mehrhypostasentheologen widersprochen hatte; diese N-Interpretation

artikuliert sich in der streng antiorigenistisch ausgerichteten Ekthesis von Serdika

(Kernbegriff: μία ύπόστασις; lat.: "una substantia"). Die problemlose Akzeptanz

jener Erklärung im Westen wurde zweifellos begünstigt durch die seit dem frühen

3. Jhdt. für uns erkennbare sabellianisierende Disposition des Abendlandes in

trinitätstheologischen Fragen. Trotzdem kann die Ekthesis von Serdika als

Dokument des "arianischen" Streites nur insofern "westlich" genannt werden, als in

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282 Zusammenfassung und Schluß

ihr erstmals eine größere Anzahl abendländischer Bischöfe eine theologische

Position in der zeitgenössischen Kontroverse sich zueigen macht. In Inhalt und

Stil ist der Text rein markellisch. In ihm werden alle Vertreter einer

Dreihypostasenlehre (und damit die breite Mehrheit aller östlichen Theologen)

als "Arianer" eingestuft, eine für den Fortgang des "arianischen" Streites höchst

folgenreiche Entscheidung.

Daß die Beschlüsse von Serdika-"West" einschließlich des gegen jede Mehrhypo-

stasenlehre gerichteten, als authentische N-Interpretation gedachten Serdicense

nach 342 im Abendland rezipiert wurden, hören wir aus Gallien, Spanien, Italien,

Sardinien, Sizilien und wohl auch aus Nordafrika1. Als Konstantius 353 nach

seinem Sieg über den Usurpator Magnentius Alleinherrscher des römischen

Reiches wird, übernimmt also er die Herrschaft in einem Gebiet, dessen führende

Theologen in ihm den Unterstützer des "Arianismus" von Serdika-Ost und in

seinen schon von der "westlichen" Synode von Serdika verurteilten theologischen

Beratern Valens und Ursacius schlichtweg Arianer sehen mußten. Aus dieser

Konstellation erklärt sich der Widerstand im Abendland gegen die homöische (de

facto nicht arianische) Theologie der zweiten sirmischen Formel, wie er sich nach

357 in einigen theologischen Traktaten abendländischer Provenienz und dann v.a.

bei der ersten sessio der Synode von Rimini im Jahre 359 äußert.

Erst 357, also immerhin gut 30 Jahre nach Nizäa und 15 Jahre nach der

Übernahme des serdicensischen μία ύπόστασις = "una substantia" durch eine

größere Anzahl abendländischer Bischöfe, die dann in ihren Heimatgebieten die

Akzeptanz der Beschlüsse von Serdika und damit des "una substantia" als

authentische N-Interpretation durchgesetzt hatten, finden wir nun auch eine erste

westliche, lateinische Bezeugung des Textes des eigentlichen Nizänums. In dieser

und allen weiteren im Westen nun plötzlich vermehrt auftauchenden Bezeugungen

1 Daß hierzu auch daß Serdicense selbst gehört haben muß, ergibt sich aus einer Kombination der vorhandenen Notizen über die Rezeption der Beschlüsse von Serdika mit dem Erweis der Ekthesis als theologische Mehrheitsposition der Synode (s.o. unter 2.2.5.) einerseits und dem in dieser Arbeit insgesamt nachgewiesenen hohen Stellenwert der theologischen Erklärung von Serdika für das abendländische Verständnis des Nizänums andererseits.

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Zusammenfassung und Schluß 283

von Ν wird das ομοούσιος (wohl entgegen seiner ursprünglichen Bedeutung in N) als

Kernbegriff des Nizänums gesehen und mit "una substantia" wiedergegeben. Hierin

liegt eine Verschiebung der eigentlichen Übersetzung des griechischen Wortes

όμοούισος mit "consubstantialis", eine Verschiebung, die nur durch die im Westen

seit Serdika vorherrschende markellische μία ύπόστασις-Interpretation zu

erklären ist.

Diese früheste lateinische Bezeugung des Nizänums findet sich 357 bei Hilarius,

also bei einem derjenigen Theologen, die unter Konstantius ins Exil im Osten

geschickt worden waren. Vor 357 zeigen die westlichen Theologen (wie wohl auch

Athanasius im Osten) zunächst keinerlei erkennbares Interesse an Text und

Formulierungen des Nizänums. Erst Hilarius hat, offensichtlich im Exil durch

östliche Bischöfe besser als bisher informiert, den Text und die Theologie des

Serdicense schon sehr bald für untragbar gehalten, stattdessen das Nizänum

bevorzugt (Austausch des Serdicense gegen Ν im Serdika-Dossier des Liber 1

adversus Valentem et Ursacium) und sich dabei mit der Zeit auch immer stärker

von der von ihm zunächst wohl favorisierten exklusiven "una-substantia"-

Interpretation zugunsten homöusianischer Positionen distanziert. Dabei bleibt er

jedoch grundsätzlich auf der Position des Nizänums stehen, das ομοούσιος als

"una substantia" verstehend, wobei er Ν aber mit homöusianischen Positionen zu

vermitteln sucht und die homöusianischen Einwände gegen das ομοούσιος auch

in den Westen weiterzugeben bemüht ist.

Auch sonst führte man im Westen die Auseinandersetzung mit der in Sirmium

357 formulierten und auf der zweiten sessio von Rimini 359 bestätigten, Ende 359

in Konstantinopel verbindlich durchgesetzten homöischen Theologie von der

Position der "una substantia" aus, dem lateinischen Äquivalent des serdicensischen

μία ύπόστασις, das man mit dem Nizänum, sonderlich mit dem ομοούσιος

identifizierte. Kurz nach der ersten Bezeugung von Ν bei Hilarius tauchen fast

gleichzeitig im Westen weitere Belege für den Text des Nizänums auf, das nun

durchgängig unter dem Schlagwort "una substantia" rezipiert und interpretiert

wird. Auch sonst finden sich in den theologischen Schriften der Abendländer

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2 8 4 Zusammenfassung und Schluß

zahlreiche Anklänge an die theologischen Entscheidungen von Serdika, die im

Westen über viele Jahre hinweg eine große Rolle spielten.

Damit ist der Westen seit 342, literarisch greifbar seit der zweiten Hälfte der 50er

Jahre, dogmengeschichtlich nicht ohne weiteres als "nizänisch" einzustufen,

sondern vielmehr als serdicensisch-einhypostatisch. Die in der wissenschaftlichen

Literatur oft vertretene Identifikation von abendländisch = nizänisch beruht auf

einer Rückprojektion aus späterer Zeit und ist höchst modifikationsbedürftig.

Völlig verfehlt ist es, diese Rückprojektion gar bis zum Konzil von Nizäa oder

noch weit darüber hinaus (etwa bis zum Anfang des dritten Jahrhunderts)

fortzuführen.

Nach dem Tode Konstantius II. kehrt der Westen sogleich zu der dort im

Grunde seit 342 üblichen Theologie zurück, z.T. auch durch Hilarius von Poitiers

beeinflußt (Synode von Paris 360), wobei das Nizänum immer stärker zum

Ausweis rechter Lehre und zur conditio sine qua non der Orthodoxie erhoben

wird. Anders als im Osten, wo die homöische Theologie noch einige Zeit lang

eine erhebliche Rolle spielen sollte, wo die Debatten mit den Anhomöern

anstanden und wo auch die Homöusianer ihre Lage noch einmal zu verbessern

suchten, 366 mit konkretem Ersuchen um Hilfe durch den Westen, war das

Abendland zunehmend unter der theologischen Formel "una substantia" geeint

- bei wenigen Ausnahmen wie etwa Auxentius von Mailand.

Innerhalb dieser "una-substantia"-Theologie konnten die theologischen

Näherbestimmungen auch im Westen natürlich im einzelnen durchaus

verschiedenartig ausfallen: Phoebadius denkt noch stark vom Serdicense her,

bemüht sich aber dabei, auch den "sabellianischen" Irrtum einer Identifikation

von Vater und Sohn auszuschließen; ähnlich, aber noch kompromißloser an der

Aussage der Einheit interessiert, ist die Theologie des Gregor von Elvira

einzuordnen, der sich wohl auch im abendländischen Lager den Vorwurf des

Sabellianismus eingehandelt hatte und seine Schrift "De fide orthodoxa" daraufhin

noch einmal umarbeitete, nun das Nizänum als Panier der Rechtgläubigkeit

demonstrativ allen seinen Ausführungen voranstellend.

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Zusammenfassung und Schluß 2 8 5

Alle diese abendländischen Beipiele für eine Rezeption des Nizänums unter

der Formel "una substantia" lassen sich nur durch Markells serdicensische μία

ύπόστασις-Interpretation von Ν erklären; die Versuche, die "una-substantia"-

Formel vornehmlich aus einer Anlehnung an (den viel stärker subordinatianisch

denkenden und gegenüber den Monarchianern v.a. die Dreiheit der Personen

betonenden) Tertullian herzuleiten, verdienen m.E. dagegen wenig Vertrauen,

wie ich am Beispiel des Phoebadius von Agen zu zeigen versucht habe.

Über die anderen "Männer der ersten Stunde" im das Nizänum rezipierenden

Westen sind theologisch präzisere Aussagen nur schwer möglich. Ossiu^ von

Cordoba, selbst einer der Teilnehmer in Nizäa, ist weniger Dogmatiker als

vielmehr primär an der Einheit der Kirche interessierter Berater mehrerer

Kaiser, der sich klar gegen den Arianismus erklärt, sich aber ansonsten keinesfalls

auf eine invariable, klare theologische Linie festlegen läßt. Der Kreis um Luzifer

von Calaris sieht hinter Ν eigentlich immer nur die causa Athanasii und ergeht

sich in maßloser Polemik gegen Konstantius II. und seine Hoftheologen, jenen

aus rein polemischen Gründen und in völliger Verkennung der Sachlage die alten

und längst obsoleten Arius-Formeln unterstellend; in diesen Kreisen um Luzifer

von Calaris wird jedes Gespräch mit östlicher Theologie als Abfall zum

Arianismus gewertet (Beispiel: Hilarius).

Die Theologie der römischen Bischöfe zur Zeit der trinitarischen Kontroverse ist

aus den Quellen kaum mehr greifbar: Julius identifiziert im Vorfeld von Serdika

die Theologie Markells mit der des Nizänums und insofern als orthodox. Liberius

von Rom identifiziert zunächst die causa Athanasii mit dem Nizänum, bis er im

Exil dann der Verurteilung des Alexandriners und der zweiten Formel von

Sirmium doch zustimmt; aber Dogmatisches ist aus den von ihm erhaltenen

Briefen nicht ersichtlich. 366 verlangt Liberius von den Homöusianern die

Anerkennung des Nizänums, wobei er die Identifikation von ομοούσιος und

δμοιος κάτα πάντα durch Eustathius von Sebaste akzeptiert, als dieser den Text

des Nizänums unterzeichnet. Die Szene zeigt, daß es Liberius wohl mehr um das

Nizänum als äußerliche Formel ging und weniger um die Frage nach seinem

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2 8 6 Zusammenfassung und Schluß

Verständnis, und sie mag insofern durchaus den Charakter des Symptomatischen

haben.

Liberius' Nachfolger Damasus ist zunächst strenger Vertreter der "unius

substantiae'-Formel, öffnet sich aber mit der Zeit ein wenig für neunizänische

Anliegen, ohne die theologischen Positionen zu übernehmen, und unterdrückt

später in Rom die weiterhin rein einhypostatisch denkenden Luziferianer als

Häretiker.

Der philosophisch und philologisch hochgebildete kirchliche Laie Marius

Victorinus schließlich bietet eigentlich als einziger Abendländer in jener Zeit

(neben Hilarius) eine voll durchgebildete, auch philosophisch reflektierte, stark

vom Neuplatonismus beeinflußte Theologie, die jedoch auch noch keine klare

Terminologie für die Unterscheidung innerhalb der einen göttlichen Substanz

findet, und die sich auch im Westen nicht durchsetzen konnte und dort wohl auch

gar nicht recht verstanden wurde.

Ohne auf die konkrete theologische Entwicklung und Weiterentwicklung des

Dogmas von Nizäa Einfluß genommen zu haben hat der Westen doch seit

spätestens 357 in seinem Festhalten an der über Markell vermittelten Einhypo-

stasenlehre einen wichtigen Anteil am letztendlichen Sieg des (allerdings 381 in

Konstantinopel noch einmal ganz neu interpretierten) Nizänums gehabt.

Das Abendland hat so zwar zunächst keine nachhaltige Bedeutung für die

theologische Ausgestaltung des trinitarischen Dogmas von Nizäa gewonnen, sehr

wohl aber einen nicht zu unterschätzenden, wesentlichen Anteil an seiner

Durchsetzung gehabt, besonders in der homöischen Krise seit 357.

Die "una-substantia"-Interpretation des Nizänums, die die westlichen

Theologen über die serdicensische Ekthesis aufgenommen (Schema: μία

ύπόστασις = una substantia; una substantia seit Entdeckung des Nizänums im

Westen = ομοούσιος) und seitdem bei leichten Modifikationen in einigen

Einzelheiten vertreten hatten, konnte jedoch auf Dauer keine theologisch

befriedigende Lösung des trinitarischen Problems sein, weil sie die Zweiheit

innerhalb der göttlichen Einheit nicht inhaltlich und terminologisch klar

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Zusammenfassung und SchluB 2 8 7

auszusagen vermochte. Ungeachtet dieser theologischen Schwäche überdauerte

die strenge Einhypostasenlehre im Westen noch für eine ganze Weile, ehe sich

auch dort die Einsicht durchsetzte, daß man für die Interpretation des Nizänums

neue Wege würde beschreiten müssen. Doch zunächst reagierte man im

Abendland auf die sich anbahnende theologische Entfaltung dieser neuen Wege

zögernd-reserviert (keine Aufnahme der Distinktion von ουσία und ύπόστασις

bei Marius Victorinus und bei Athanasius) und teilweise noch nach 381 völlig

ablehnend (Luziferianer).

Der Ursprung der theologischen Entscheidung, die Einheit in die göttliche

Wesenheit (ούσία; lat.: "substantia" - später auch: "natura"2), die Dreiheit in die

jeweilige Verwirklichungsgestalt zu verlegen (ύπόστασις; lat.: "subsistentia" -

später: "persona"; aber darin liegt dann durchaus ein anderes Verständnis vor als

im etwa bei Phoebadius, Gregor, z.T. bei Faustinus, aber auch beim frühen

Hilarius zur Aussage der Dreiheit verwendeten Personbegriff, der noch viel

stärker serdicensisch mit dem Namensbegriff korreliert!3) war, wie schon die

Entstehung des Streites über die Trinität seit 318, ohnehin nur in den

griechischsprachigen Hochburgen des philosophischen und theologischen Denkens

möglich. Die neuen und dann endlich durchschlagenden theologischen Lösungen

für die trinitarische Frage und für die Interpretation des Nizänums sollten also

abermals nicht aus dem Westen, sondern aus dem Osten kommen: "Idque a

Graecis ita dicitur: έκ μιας ουσίας τρεις τάς υποστάσεις"4.

2 Zu "natura" als Äquivalent für οίισία bei Ambrosius von Mailand vgl. jetzt MARKSCHIES, Italien 30-37. 3 MARKSCHIES, I.e., 25-30 hat jetzt bei seiner Behandlung der etwas späteren lateinischen und griechischen Texte eindrucksvoll gezeigt, daß in der Rede von mehreren "personae" eine Uneindeutigkeit lag, die es eben ermöglichte, daß sowohl Altnizäner als auch spätere lateinische Neunizäner diese Terminologie (im Anschluß an das im Abendland schon seit langem gängige Vokabular) gebrauchten. Die Formel "una substantia - tres personae" konnte (explizit oder implizit gebraucht) schon bald nach den in der hier vorgelegten Arbeit untersuchten Texten auch Zeichen eines lateinischen Neunizänismus sein, woneben gleichzeitig jenes andere, ältere Verständnis fortlebte, gegen das die Kappadozier zu Felde zogen, weil es ihnen als sabellianisch erschien. Die Kriterien für ein Vorliegen jenes voraugustinischen lateinischen Neunizänismus entfaltet MARKSCHIES ausführlich am Beispiel des Ambrosius von Mailand, vgl. I.e., 213-220. 4 Marius Victorinus, Ar. III, 4 (CSEL 83,1, 198, 38f. Henry/Hadot; Kursivdruck Vf.).

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Die Abkürzungen richten sich nach: Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, zusammengestellt von S. SCHWERTNER, Berlin/New York 21994. Zu ergänzen ist:

EECh Encyclopadia of the Early Church, Edinburgh 1992.

Die Kirchenväternamen und -Schriften sind abgekürzt nach G.W.H. LAMPE, A Patristic Greek Lexikon, Oxford 1968 (griechisch) bzw. A. BLAISE, Dictionnaire latin-fran$aise des auteurs chretiens, Turnhout 1954 (lateinisch); die nicht-christlichen nach CH. LEWIS/CH. SHORT, Α Latin Dictionary, Oxford 1975.

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Quellen

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AMMIANUS MARCELLINUS -: Römische Geschichte, lateinisch und deutsch und mit einem Kommentar

versehen von W. SEYFARTH. Erster Teil, Darmstadt 31975.

ATHANASIUS VON ALEXANDRIEN -: Werke II / l : Die Apologien, ed. H.-G. OPITZ, Berlin 1935ff.:

De decretis Nicaenae synodi De sententia Dionysi Apologia de fuga sua Apologia secunda Historia Arianorum De synodis Apologia ad Constantium imperatorem

-: Werke III/l: Urkunden zum arianischen Streit, Urk. 1-34, ed. H.-G. OPITZ, Berlin 1935.

-: Epistula II ad Serapionem, PG 26, 608-624. -: Epistula ad Afros, PG 26, 1029-1048. -: Apologie a l'empereur Constance. Apologie pour sa fuite, ed. J.M.

SZYMUSIAK, SC 56, Paris 1958. -: Contra Arianos I-III, PG 26, 12-468. -: Die Festbriefe des Heiligen Athanasius Bischofs von Alexandria aus dem

Syrischen übersetzt und durch Anmerkungen erläutert von F. LARSOW, Leipzig 1852.

-: Histoire "ac6phale" et Index Syriaque des lettres festales d'Athanase d'Alexandrie, ed. A. MARTIN / M. ALBERT, SC 317, Paris 1985.

Page 301: PTS 39 Ulrich, Jörg - Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums.pdf

Die Abkürzungen richten sich nach: Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, zusammengestellt von S. SCHWERTNER, Berlin/New York 21994. Zu ergänzen ist:

EECh Encyclopadia of the Early Church, Edinburgh 1992.

Die Kirchenväternamen und -Schriften sind abgekürzt nach G.W.H. LAMPE, A Patristic Greek Lexikon, Oxford 1968 (griechisch) bzw. A. BLAISE, Dictionnaire latin-fran$aise des auteurs chretiens, Turnhout 1954 (lateinisch); die nicht-christlichen nach CH. LEWIS/CH. SHORT, Α Latin Dictionary, Oxford 1975.

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Quellen

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versehen von W. SEYFARTH. Erster Teil, Darmstadt 31975.

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De decretis Nicaenae synodi De sententia Dionysi Apologia de fuga sua Apologia secunda Historia Arianorum De synodis Apologia ad Constantium imperatorem

-: Werke III/l: Urkunden zum arianischen Streit, Urk. 1-34, ed. H.-G. OPITZ, Berlin 1935.

-: Epistula II ad Serapionem, PG 26, 608-624. -: Epistula ad Afros, PG 26, 1029-1048. -: Apologie a l'empereur Constance. Apologie pour sa fuite, ed. J.M.

SZYMUSIAK, SC 56, Paris 1958. -: Contra Arianos I-III, PG 26, 12-468. -: Die Festbriefe des Heiligen Athanasius Bischofs von Alexandria aus dem

Syrischen übersetzt und durch Anmerkungen erläutert von F. LARSOW, Leipzig 1852.

-: Histoire "ac6phale" et Index Syriaque des lettres festales d'Athanase d'Alexandrie, ed. A. MARTIN / M. ALBERT, SC 317, Paris 1985.

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Collectanea antiariana Parisana (fragmenta historica) cum appendice (Liber I ad Constantium). Liber ad Constantium imperatorem (Liber II ad Constantium).Hymni. Fragmenta minora. Spuria. Ed. Α. FEDER, CSEL 65, Wien 1916. De Trinitate, ed. P. SMULDERS, CChr.SL 62 / 62A, Turnhout 1979 / 1980.

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FEDER, CSEL 65, Wien 1916): Ep. Studens paci, I.e., 155. Ep. Imperitiae culpam, I.e., 156f. Ep. Inter haec, I.e., 167. Ep. Pro deifico, I.e., 168-170. Ep. Quia scio, I.e., 170-172.

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77-132. -: De regibus apostaticis, ed. G.F. DIERCKS, CChr.SL 8, Turnhout 1978,

135-161. -: De non conveniendo cum haereticis, ed. G.F. DIERCKS, CChr.SL 8,

Turnhout 1978, 165-192. -: De non parcendo in deum delinquentibus, ed. G.F. DIERCKS, CChr.SL 8,

Turnhout 1978, 195-261. Moriundum esse pro Dei filio, ed. G.F. DIERCKS, CChr.SL 8, Turnhout 1978, 265-300.

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MARCELLINUS (siehe unter Faustinus)

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1-14. -: Ad Candidum, ed. P. HENRY / P. HADOT, CSEL 83,1, Wien 1971, 15-48. -: Candidi Epistula II, ed. P. HENRY / P. HADOT, CSEL 83,1, Wien 1971,

49-53. -: Adversus Arium I-IV, ed. P. HENRY / P. HADOT, CSEL 83,1, Wien 1971,

54-277. -: De homousio reeipiendo, ed. P. HENRY / P. HADOT, CSEL 83,1, Wien

1971, 278-284. -: Hymnus I-III, ed. P. HENRY / P. HADOT, CSEL 83,1, Wien 1971,

285-305. -: Christlicher Piatonismus. Die theologischen Schriften des Marius Victorinus,

übersetzt von P. HADOT und U. BRENKE, eingeleitet und erläutert von P. HADOT, Zürich Stuttgart 1967.

-: Traites theologiques sur la Trinite. Texte etabli par P. HENRY. Introduction, traduction et notes par P. HADOT, SC 68. 69, Paris 1960.

MARKELL VON ANKYRA -: Die Fragmente Markells, ed. E.KLOSTERMANN, 3. Aufl. G.C. HANSEN,

GCS: Euseb Werke IV, Berlin 31989, 185-215.

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Quellen 293

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Scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana, Leipzig 1975.

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Edinburgh 1989 (ND).

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Edinburgh 1989 (ND).

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Register

Antike Autoren

Alexander von Alexandrien 117, 122, 162, 171, 172, 174, 251

Alkuin 262 Ambrosius von Mailand 23, 122,

196, 262, 263 Ammianus Marcellinus 138, 139,

190, 212, 218, 221, 233, 237 Arius 10, 23, 117, 122, 162, 168,

180, 203 Asterius 74 Athanasius von Alexandrien 2,

12, 13, 16, 19, 21, 24, 25, 30-34, 37, 38, 40-46, 48, 60-64, 66, 68, 70, 72, 74-77, 79, 84, 85, 88, 90, 91, 94, 97, 99, 101-105, 111, 119-121, 123-131, 133, 137-139, 157, 162, 163, 167, 176, 179, 188-190, 192, 197, 202, 219, 220, 231, 233, 236, 238, 255, 259, 264-274, 277-280

Augustin 112, 192, 199, 244, 262, 263, 267

Aurelius Victor 126 Basilius von Ankyra 187,188,249 Basilius von Caesarea 17, 21,

121, 243 Calcidius 112 Cassiodor 48, 50, 262 Damasus 242, 243, 268 (Ps.)Didymus 257 Epiphanius von Salamis 34, 35,

120, 154, 155, 187, 188, 256, 265

Euseb von Caesarea 10-12, 15, 19, 21, 28, 30, 31, 60, 62, 69, 72, 74, 76, 79, 83, 84, 111-113, 115, 118, 120-123, 162, 180, 197, 199, 247

Euseb von Vercellae 157, 195, 278

(Ps.)Euseb von Vercellae 230 Eustathius von Antiochien 11, 19,

22, 64 119-122, 239 Faustinus 132, 158, 188, 195, 212,

214-216, 221, 229 Gelasius 112, 120 Georg von Laodicea 187 Gregor von Elvira 9, 55, 143,

153, 159, 178, 195-214, 223, 224, 226, 227, 250, 252, 261, 273

Hieronymus 28, 139, 141, 160, 191, 194, 195, 198, 199, 202, 203, 219, 228, 229, 235, 244, 261, 262

Hinkmar von Reims 262 Hilarius von Poitiers 1, 9, 10, 19,

23, 27, 30-33, 37, 39, 42-46, 48, 60, 64, 66, 70, 72, 88, 91, 95, 104, 105, 111, 119, 124, 127, 132, 136, 137, 139-152, 154-159, 161-163, 165-167, 169-172, 175, 178, 180, 182, 183, 187-190, 192, 193, 195, 197, 200, 201, 205, 206, 208-210, 218, 221, 223, 227, 230-232, 234-238, 249-251, 255, 278, 279

Hippolyt 13, 17, 18, 173, 197 Isidor von Sevilla 112 Julian Imperator 138 Konstantin 19, 30, 112-114,

120-123 Liberius 127, 218-220, 231-241,

278 Luzifer von Calaris 9, 51, 132,

142, 143, 153, 157, 195-197, 208, 209, 217-228, 230, 261

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310 Register

Marius Victorinus 9,19,178, 192, 200-202, 210, 214, 244-262, 274, 287

Markeil von Ankyra 11, 34-37, 60-62, 64, 65-70, 73-75, 77, 79-81, 83, 88-90, 104, 118, 122, 124, 174, 178, 225, 250, 265

Noet von Smyrna 197 Novatian 164, 165, 167, 200 Origenes 63, 77 Ossius von Cordoba 44-46, 61,

66, 86, 88, 111, 113, 115, 116, 119, 121, 124, 125, 127-130, 132, 179

Philostorgius 24, 30, 120 Phoebadius von Agen 51,63,103,

124, 131, 136, 153, 159, 161, 165-191, 193, 194, 197, 200, 201, 203-206, 210, 211, 223-225, 235, 250, 251

Porphyrius 257 Potamius von Lissabon 168, 169,

171, 175 Protogenes 44, 61, 66, 86, 88,

125, 179 Rufinus 9, 127, 139, 157, 188,

218, 219, 228, 230

Sabellius 215 Sokrates 19, 24, 27, 28, 37, 39,

42, 43, 46, 113, 120, 121, 126, 127, 131, 139, 157, 188-190, 218, 219, 221, 228, 231, 236, 238, 239, 241

Sozomenus 24, 27, 30-32, 39, 42, 66, 101, 103, 111, 113, 120, 121, 126, 127, 131, 139, 161, 163, 187-190, 192, 218, 219, 221, 228, 231, 233, 237, 238, 241, 242, 276-278

Sulpicius Severus 120, 127, 139, 141, 158, 188-192, 199, 219, 228, 230, 236

Tertullian 8, 159, 164, 166, 171, 173, 176, 180, 183-186, 200

Theodoret 19, 22, 24, 33, 48, 49, 55, 96, 120, 121, 127, 139, 188-190, 202, 215, 218, 219, 221, 228, 233, 234, 236, 242, 243, 266, 276-278

Theodoras lector 48, 49 Theodosius 195, 266 Ursacius 169, 170, 174, 175 Valens 169, 170, 174, 175, 188 Vigilius von Thapsus 196 Zosimus 28, 126, 138, 237

Moderne Auroren

Abramowski 13, 16-18, 23, 37,49, 52, 53, 61, 68, 75, 77, 82, 84, 87, 89, 90, 95, 105, 106, 115, 117-119, 122, 215, 228, 238, 241-243, 251, 255, 256, 258, 265, 274, 279, 280

Albert 39 Amand de Mendieta 241 Amann 229, 231, 237 Andresen 183 Arnold 30 Aubineau 19 Bardenhewer 6, 130, 159, 166,

264

Bardy 2, 7, 32, 43, 48, 50, 95, 99, 125, 130, 218, 265

Barnard 26, 27, 30, 34, 35, 37, 39-50, 79, 80, 87, 90-92, 96, 99, 105, 129, 131

Barnes 19, 40, 112, 113, 120, 121, 125

Bastien 126, 138, 231 Baynes 23 Benz 244 Berkhof 128 Beyschlag 6, 21, 183 Bidez 192 Bienert 8, 12-18, 20, 21, 108, 197,

226

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Moderne Autoren 311

Böhm 113 Bonner 256 Borchardt 140 Botte 230 Braun 8 Brenke 245 Brennecke 4, 23, 27,32-34, 37-41,

43, 46, 50, 64, 68, 87, 95, 99, 100, 105, 125, 126, 127, 129, 136, 137, 139-141, 143, 148, 151, 152, 157, 161-166, 188, 189, 190-192, 218-220, 230-235, 237, 238, 241, 256, 266

Brillantow 115 Bulhart 159, 196, 199 Burns 148 Campenhausen, von 121 Cantalamessa 185 Caspar 47, 231, 233, 236, 241,

243 Cavalcanti 25 Cavallera 228 Chadwick 19, 115, 139, 220 Chrestou 61, 76 Clark 244-246, 262, 263 Clercq, de 7, 24, 25, 41, 43-46,

61, 99, 101, 111-114, 116, 118, 123, 125-132, 163, 166, 217

Courcelle 27 Daniel 195 Decker 108 Demandt 28 Demeulenaere 160 Demougeot 138 Diehl 262 Diercks 217, 221 Dinsen 4, 7, 8, 11, 12, 18, 23, 37,

48, 74, 87, 90, 117, 120-122, 148, 151, 155, 157, 187, 255, 265, 270, 271, 274

Doignon 103, 139, 230 Dörrie 274 Dossetti 9, 143, 153, 171, 208,

209, 223 Dräseke 160 Duchesne 137, 138

Durengues 160, 166, 196, 200 Duval P.-M. 138 Duval Y.-M. 190,223 Eltester 37 Erdt 245 Feder 50,91-94 Feige 1, 11, 17, 22, 35, 36, 60, 62,

69-72, 87, 90 Fleming 50, 104, 153, 156, 157,

188, 192, 232, 234 Frend 26, 27 Fritz 166 Geizer 19, 48, 50, 96, 99, 101,

137 Gelzer/Hilgenfeld/Cuntz 19, 137 Gericke 31, 36, 68, 69, 71, 75 Girardet 27, 29-33, 38, 39, 41, 43,

44, 47, 128, 140, 219, 231 Gläser 159, 160, 163, 166-174,

179, 183, 185, 186, 189, 191, 192, 194, 217

Gori 245 Grillmeier 8, 21, 37, 74, 79-81 Groag 112 Gryson 267 Gummerus 6, 147, 151, 187, 235 Gwatkin 48, 99, 165 Hadot 244-246,249-251,255,257,

259, 262, 263, 274 Hagel 139 Hall 49, 51, 59-62, 64-66, 68, 70,

71, 74, 76-78, 82, 87, 100 Halleux, de 241,243 Hanson 1, 2, 21, 22, 30, 31, 39,

42-44, 48, 49, 60, 61, 80, 87, 89, 90, 115, 118, 120, 122, 128, 131, 148, 151, 153, 157, 159, 166, 167, 176, 177, 180, 186, 187, 188, 191, 192, 198, 202, 205, 211, 213, 217-221, 224, 229, 230, 235, 237, 241, 250, 259, 261, 262, 264, 265, 267, 271, 274

Harnack 6, 96, 109, 183, 263 Hauschild 270 Hess 40, 47, 50, 91, 92, 125 Holl 227 Holland 21, 115

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312 Register

Holmes 165, 190 Honigmann 19, 20 Huber 252,261,262 Hübner 36 Jacobs 140, 148, 151 Jones 271 Jugie 27 Kannengiesser 31, 39,40, 77,264,

265, 274-277, 279, 280 Kelly 8, 21, 37, 48, 62, 79, 87, 96,

99, 115, 157, 162, 165, 183 Kerferd 112 Kienast 28, 29, 126, 139 Klein 28, 31, 37, 113, 128, 132,

139, 192, 217, 220, 232, 233 Koch 196 Kötting 19 Kraft 7, 121, 122 Kretschmar 6, 185 Krüger 6, 196, 199, 213, 214,

217-219, 221, 223, 225, 228, 229, 231

Laminski 85, 90 Larsow 41 Lebon 270 Lietzmann 26 Lippold 111-113 Löffler 140, 149, 150, 157, 206 Logan 1, 22 Lohr 4, 26, 27, 37, 45, 48, 50, 74,

78, 100, 131, 132, 148, 150-152, 155-157, 162, 163, 164, 165, 172, 178, 180, 187-191, 237

Lohse 6 Lonegran 37, 163, 273 Loofs 3, 6, 8, 10, 16, 23, 40, 47,

48, 51, 52, 55, 56, 59-61, 63, 64, 71-73, 75, 77, 81, 87, 89, 175, 179-181, 204, 205

Loofs/Aland 6 Loose 113 Lorenz 11, 24, 128, 159, 163, 231,

235, 266 Mandouze 92, 95, 125 Margull 6

Markschies 4, 26, 73, 96, 112, 163, 173, 183, 243, 258, 259, 262, 287

Markus 244,263 Martin 24, 40, 42 Marx 166, 167, 183 Merk 221,225 Meslin 30, 63, 140, 220, 267 Metzler 10 Montes Moreira 161, 163 Morin 196 Nautin 245 Nyman 115, 120 Opelt 217,221 Opitz 40, 50, 91, 93, 95, 125, 264,

265, 279 Pabst 29 Person 22 Pietras 1, 17 Pietri 40, 231, 236, 241, 276 Prestige 183 Quesnel 196 Raddatz 28-33,39 Regina 196, 200 Reichert 111 Richard 39, 41, 43, 46, 70, 89,

242, 276, 277 Richardson 195, 244, 261 Ricken 7, 23 Ritter 1, 7, 47, 100, 115, 119, 120,

122, 131, 132, 159, 164, 245, 258, 270, 271, 274

Rosen 192 Saxer 25 Schäferdiek 19, 20 Scheidweiler 51, 83 Schendel 36, 62, 70, 71, 79 Schindler 262, 263 Schneemelcher 27, 31, 32, 37, 48,

99 Schwaiger 231 Schwartz 27, 29-32, 34-37, 40-43,

49, 50, 79, 80, 96, 97, 115, 117, 120, 121, 242, 264, 276-279

Seeberg 6 Seeck 28, 29, 42, 120, 126, 127,

139, 161, 231, 232, 235

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Moderne Autoren 313

Seibt 17, 22, 24, 31, 32, 34-37, 49, 53, 55, 56, 60, 62, 65, 68, 70, 71, 74, 75, 79, 80, 81, 83, 85, 87-91, 100, 205, 250, 265

S6journ6 244, 262 Seilers 24 Sieben 99, 160 Simonetti 7, 10, 16,17,22, 37,44,

96, 108, 111, 128, 159, 195-201, 206-217, 229, 230, 245, 255, 257, 267

Skarsaune 1, 21 Smulders 140, 141, 147, 149-151,

157, 193, 227 Spanneut 24, 119 Stead 1, 6-10, 14, 17, 18, 21-23,

77, 121, 122, 124, 274, 280 Steenson 147, 148, 155, 187 Studer 24, 231, 235, 242, 243,

251, 255 Telfer 42 Tetz 1, 26, 35, 37-39, 49-56,

59-61, 63, 64, 66, 68-71, 73-76, 78, 81, 83, 99-102, 104-106, 121, 145, 179, 204, 205, 228, 255, 264-266, 270, 273

Thümmel 107 Tietze 217-219,221,223, 227,228 Turner 91, 97, 111 Ulrich 129, 130, 256 Vega 196 Vinzent 73 Walker 131 Waszink 112,263 Williams 24, 113, 120, 139 Wilmart 183, 196, 208, 213 Winkelmann 16, 21, 123 Wittig 241 Wölfel 185 Young 264 Zahn 6, 35, 70 Zedda 217, 222, 223, 225,

227-229 Ziegenhaus 258 Zingerle 158

Stellen

Altes Testament

Genesis Sapientia 1,26: 51, 252 6,24: 171 14,14: 19, 278 7,26: 206

Exodus Ecclesiastes 33,20: 186 3,2: 196

Jesaja 3,6: 196 58,3: 162, 165, 171

Proverbia 8,22: 24 30,9: 196

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314 Register

Neues Testament

Matthäus 14,11 144 7,7: 171 14,28 75, 76, 165, 172 11,27: 165, 171 16,13 171 13,11: 171 16,27f.: 171,201 22,21: 128 17,10 172 26,39: 77 17,21 83-86, 89, 90, 144 28,19: 165 18,12 265

Lukas 20,17 165 22,42: 77 Römer

Johannes 3,29f. 165 1,1: 68 1. Korinther 1,3: 68 2,10f. 171 1,18 172 15,24-28: 36, 51, 60, 78-80, 165 4,24 53, 69, 81 2. Korinther 5,23 172 1,20: 172 5,30 77 Galater 5,43 186 1,9: 27 6,38 172 Kolosser 8,10 186 1,18: 74 8,29 172, 174 2,9: 172 10,30: 36, 52, 69, 77, 78, 84, Hebräer

85, 89, 144, 149, 156, 1,3: 149, 270 174, 201, 214, 225, Offenbarung 270 1,8: 186

10,38: 36 14,9: 36, 69, 174, 201, 214,

225, 270 14,10: 52, 85, 172, 174, 201,

214, 225, 248

De Fide 111,15: 23, 122

Ambrosius von Mailand

Ammianus Marcellinus

Römische Geschichte 15,7: 233 14,5: 218 15,12: 138 14,10: 218 17,3: 138 15,5: 139 19,2: 190

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Stellen 315

Athanasius von Alexandrien

Apologia ad Constantium Contra Arianos 4 31, 38, 40, 41, 43 1,9: 264 6 127, 139, 220 1,58: 76, 91 9 127, 139, 220 11,57: 70 11: 127, 139, 220 11,62: 75 14-18: 231 111,4: 90, 270 19-26: 139,220 111,7: 76 27: 129 111,9: 72, 76, 91

Apologia de fuga sua 111,10: 77 3 25, 119, 123 111,20: 84, 85 4 219 111,21: 85 5 111, 120, 129, 131 111,22-25: 84 9 111 111,25: 84, 85

Apologi a secunda 111,27: 64 20,1 32 De decretis synodis 20,3 32, 34 1: 202 21-35: 33 2: 264 23,3 33, 34, 104 19 120 25,3 32 26 13, 16, 61 26,1 32, 162 33 120 27,1 33, 162 De synodis 32,2 34 3: 202 32,3 34, 67 8: 157, 163, 188, 189, 33,1 33 236 33,3 32 9: 279 34,3 33 10 189 35,2 33 15 10 36,1 34 22 37, 38, 62 36,3 45 23 37, 38, 60, 64, 74, 76, 42,4 33 77, 162 42,5 33 24 37, 38 42,8 46 25 37, 38, 60, 62, 64, 162 43,5 33 26 162, 197 45,1 63, 79, 88 27 163 45,2 24, 42 30 192, 202 47,4 101, 102 43 279 47,5 102 55 190 48: 94 De sententia Dionysi 49: 95, 125, 137, 167, 190 18,1: 12 50,4 138 Epistula ad Afros 72,4 30 1: 264,266-268,277,278 73,1 30 2: 19, 267, 278 86,1 30 3: 188, 267 87,4-7: 30 4: 68, 91, 191, 267, 268, 89: 129, 131 273, 274

5: 120, 269, 274

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316 Register

6: 12, 269, 270, 274 16 45 7: 269, 270 19 43 8: 270 20 42 9: 267, 270, 272, 274 28 111 10: 267, 268, 278 31 219 11: 267 35 233

Epistula ad Serapionem 42 21, 111, 120, 121 2,3: 270 43 127, 128, 130

Festbriefe 44 45, 46, 111, 124, 128, c.15: 40, 41, 43 129, 132-134 c.16: 41 45 111, 129, 131, 133 c.17: 41 46 219 c.18: 41 68 129 c.39: 266 69 28

Historia Arianorum 76 219 4-7: 123 Tomus ad Antiochenos 4: 24, 25, 119 1: 119 5: 24, 42 3: 90, 267, 270 8: 30 4: 267, 270, 278 15: 32, 38, 91 5: 48, 68, 99, 103, 270

Augustin von Hippo

VI,3: 262 VI,4: 262

Contra Iulianum 1,75: 199

Aurelius Victor

De Caesaribus 41f.: 126

Basilius von Caesarea

Epistulae 214: 243 9: 17 244: 21, 121 81: 21, 121 263: 21, 121 210: 242

Cassiodor

Confessiones VIII,2: 244, 262, 263 VIII, 5: 192 V,13: 262

Historia ecclesiastica tripartita IV,24: 48, 50

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Stellen

Codex Veronensis LX

fol. 71b: fol. 80b-81a:

fol. 81a-88a:

40, 41, 43 61, 66, 86, 100, 103, 124, 125, 179 48

fol. 86a-88a: fol. 94b-99a: fol. 103a ff.:

50, 96, 97, 154 91 91, 93

De Trinitate II, 140a: 257

(Ps.)Didymus

Epiphanius von Salamis

Panar. haer. 73,5: 154 68,4: 120 73,11: 154 72,1: 265 73,18: 155 73,2-11: 187 73,22: 188 73,4: 155 73,29-33: 256

Euseb von Caesarea

De ecclesiastica theologia 111,17-20: 121 1,1: 11, 72, 197 111,21 123 1,5: 72 IV,42 30 1,11: 76 IV,47 120 1,15: 197 IV,56 28 1,20: 197 IV,61 28 11,1: 69 IV,64 28 11,5: 72 Contra Marceilum 11,6: 76 1,1: 31 11,12: 72 1,4: 31, 79 11,14: 197 Die Fragmente Markells 11,25: 197 Fragm. 3: 74 111,4: 76 Fragm. 5: 74 111,6: 76 Fragm. 20 79, 89 111,15 : 62 Fragm. 36 70, 79, 89, 90 111,18 : 83 Fragm. 54 81, 250 111,19 : 83,84 Fragm. 57 69

De vita Constantini Fragm. 61 67 11,63 21, 111 Fragm. 63 64, 68 11,64 113 Fragm. 65 67, 74 11,68 113 Fragm. 66 64, 67 11,73 115 Fragm. 68 81 111,6 120 Fragm. 69 64, 67 111,7 19 Fragm. 71 68, 81, 250 111,12 : 121 Fragm. 72 77 111,14 : 121 Fragm. 73 77 111,15 : 120 Fragm. 74 64, 77

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318 Register

Fragm. 76: 64 Fragm. 117: 62 Fragm. 77: 64 Fragm. 129 (Ep. ad Iul.): Fragm. 81: 68, 118 11, 34-37, 60, Fragm. 96: 70, 74, 90 62-65, 68-70, 73, Fragm. 113: 62, 79 75, 79, 89, 90, 104 Fragm. 114: 79 Historia ecclesiastica Fragm. 115: 62 X,6: 112, 113

Epistulae 1: 229 2: 141,229

Euseb von Vercellae

Eustathius von Antiochien

Fragmenta Fragm. 38: 11, 119

Confessio fidei 14-19: 188, 215, 216

Libellus precum 3: 216 5: 214 10 214 16 221 22 213 24 158 25 221 30 221 33 132, 195, 213 34 195 40 195, 213 63 213, 229 73 195, 213 77 195, 213 79 216, 243

Faustinus

89: 213 90: 195, 213 93: 213 109: 213 114: 213

De Trinitate 2: 214 7: 215 9: 214-216 11 214 12 214, 215 14 214 28 215 36 214 37 214 47 214 48 214

Fragmenta Arriana

Fragm. 1: 160

Gelasius

Historia ecclesiastica 11,35: 120 11,12: 112 XV, 1: 112

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Stellen 319

Gregor von Elvira

De fide orthodoxa 4: 201-203,205,211 Praef.: 9, 143, 153, 197, 198, 5: 201-206,211

203, 206, 210, 211, 6: 204-206 226,261 7: 198, 200-203, 205,

1: 200 210,211,250 2: 199, 201, 203-206, 8: 55,204,206,209-211,

209, 211 252 224 3: 153, 201-205, 209-211

Hieronymus

Chronicon De viris illustribus ad 337 28 100: 139, 141 ad 349 235 101: 244, 261 ad 354 244 105: 195 ad 355 219 108: 160, 194 ad 356 139 ad 370 195, 199, 229

Contra Luciferianos 17: 198, 199 18: 191, 202, 203 20: 228

Hilarius von Poitiers

Coll. antiar. Paris. A 1,1: 157, 190, 192, 193,

279 A 1,2: 193, 206 A 1,4: 193 A II, 1: 230 A IV, 1,2: 27, 32, 67, 70, 72, 88 A IV, 1,4: 32, 72 A IV, 1,6: 30 A IV, 1,9: 31, 32, 42 A IV, 1,10 31 A IV,1,11 42 A IV, 1,14 43, 44, 124 A IV,1,15 33 A IV,1,16 45, 91 A IV, 1,18 45 A IV, 1,23 33 A IV, 1,27 39, 42, 46, 119 A IV, 1,28 72 A IV,2,29 70, 72 A IV,3: 91

A V,l,l 189 A V,l,2: 189 A IX,1-3: 189, 190 A IX,3,1: 189, 279 Β 11,1-11: 141 Β 11,1 48, 141, 143, 167 Β 11,1,2 33, 104, 111, 167 Β 11,1,3 33 Β 11,1,4 33 Β 11,1,8 27, 46, 64 Β 11,2 141 Β 11,2,2 44 Β 11,2,3 64 Β 11,2,5 95, 218, 221 Β 11,3 141 Β 11,4 91, 137, 141 Β 11,5 142 Β 11,6 142 Β 11,7 142 Β 11,8 142 Β 11,9 136, 142, 250

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320 Register

Β 11,9,1: 104 69 149, 150 Β 11,9,3: 104 70 149 Β 11,9,5: 144, 145 71 149 Β 11,9,6: 144-146 73 227 Β 11,9,7: 19 74 149, 150 Β 11,10: 9, 142, 143, 162, 167, 76 149

169, 171, 175, 208 77 9, 149, 151 Β 11,11: 136, 142 79 151 Β 11,11,1: 144, 145 81 23, 149, 151, 249 Β 11,11,2: 142, 143, 210 82 152 Β 11,11,3: 142, 149 83 23, 152 Β 11,11,4: 143 84 149, 152, 154, 155, Β 11,11,5: 143-145, 154 209 Β 11,11,6: 145 85 155 Β 111,2,2: 231 88 149 Β VII,5: 127 90 238 Β VII,9: 235 91 1, 10, 105, 146, 149, Β VIII,2: 202 151, 156 Appendix: 43, 66, 230 92: 156

Contra Auxentium De Trinitate 13: 157, 230 11,8: 206

Contra Constantium 111,23: 149, 150, 206 2: 139 IV,12f.: 60, 180 12 158, 188 IV,21 150 23: 132 IV,24 150

De Synodis IV,35 150 1: 141, 166 IV,40 150, 201 2: 147, 166, 187 V,14: 201 3: 132, 161, 166 VI, 5f. 60, 180 5: 147 VI,30: 150 7: 148 VII, 5: 193 8: 147 VII, 11 : 149 11: 132, 161-163, 170, VII, 14 : 149

172, 180, 251 VII,21 : 149, 150 12 148, 201 VIII, 18: 149 13 150, 206 IX,28 201 14 150 IX,62 149 25 149 IX,69 149 27 149, 150 IX,73 149 29 37 XI,12 150 39 235 In Matth. 51 149 31,2: 64 64 148, 149 67 149, 150 68 19, 149-152, 278

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Stellen 321

Hippolyt

Refutatio omnium haeresium IX, 10: IX, 11,1-4: IX,11,1: IX,11,3: IX, 12:

197 13 18 18 17

IX, 12,15-19:13 IX,12,16 IX, 12,17 IX,12,19 X,19,l: X,27,4:

18, 197 18 18 108, 173 197

De viris illustribus 5: 112

Epistulae 45: 138

Isidor von Sevilla

Julian Imperator

Liberius von Rom

Ep. Imperitio culpam: 236 Ep. Pro deifico: 234, 235 Ep. Inter haec: 218, 232 Ep. Quia scio: 234 Ep. Me frater: 218-220 Ep. Sciebam: 218 Ep. Non doceo: 234 Ep. Studens pact 232,234,235 Ep. Obsecro: 218, 231,

232, 234

Luzifer von Calaris

De Athanasio 11,24: 222 1,6: 222 11,34: 51, 222, 225 1,9: 221 De non conu. 1,15 222 2-5: 222 1,16 225 7: 222 1,19 217, 222 9: 198, 222, 225, 226, 1,23 222 261 1,27 222, 227 11: 222 1,31 222 13: 222 1,33 224 14: 218, 225, 226 1,40 224, 225 De non pare. 11,3 222 2-4: 222 11,4 222 11: 222 11,5 225 15: 222 11,8 230 18: 9, 143, 208, 223, 225 11,9 225 20: 222 11,11: 9, 224, 225 24: 222, 224, 225 11,16: 222 26: 223, 225 11,20: 225 27: 222, 223 11,23: 225 28: 225

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322 Register

31: 222, 225 12: 222, 225 34: 222 14: 225

Moriend. RegApost. 3: 225, 226 7: 222, 225 4: 224, 225 9: 225 7: 225 11: 222 10: 224, 225

Marius Victorinus

Ad Cond. 11,9: 9, 19, 201, 203, 247 31: 260 11,10: 9, 247, 253, 254

Adversus Arium 11,11: 248 1,1: 248 11,12: 9, 201, 248, 254 1,2: 248 111,3: 251, 254 1,5: 250 111,4: 255-257, 287 1,8: 248, 260 111,5: 257 1,9: 248 111,6: 254 · 1,11: 249-251 111,8: 258, 260 1,13: 248 111,9: 258 1,18: 249, 251, 258 111,14 : 250 1,19: 251, 252 111,17 : 248 1,20: 251, 252 111,18 : 260 1,22: 250 IV,1: 258, 260 1,24: 248, 251 IV,7: 260 1,28: 246, 250 IV, 10 : 248, 253 1,29: 248 IV,14 : 253,254 1,31: 250 IV,17 : 250,260 1,34: 248 IV, 18 : 254 1,36: 248 IV,29 : 254 1,37: 248 IV,30 : 251 1,41: 248-251 IV,31 : 260 1,42: 248 IV,33 258 1,43: 248 Cond. 1,44: 249 1,10: 202 1,45: 244, 250 Homoous. 1,47: 254 1: 245, 247 1,62: 251 2: 210, 247, 252-254 11,2: 248, 250, 254 3: 203 11,3: 203, 254 4: 248, 249, 253, 254 11,4: 255-259, 274 Hymn. 11,5: 259 I: 245, 260 11,6: 249, 259 II: 245 11,7: 253, 254 III: 245

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Stellen 323

Novatian

De Trinitate XXX, 18: 165

Origenes

Contra Celsum 8,12: 77

Historia ecclesiastica 1,7: 120

De Principiis 1,6: 63

Philostorgius

11,7: 11,18:

Phoebadius von Agen

•a Amanos 8,4: 1,3 167, 168, 200 8,5: 1,4 168 8,7: 1,5 168 8,8: 2,1 168 9,1: 2,2 180 9,2: 2,4 172, 180, 190 9,3: 2,5 51, 63, 181, 225 9,9: 3,1 161, 168 10,2 3,2 161, 181 10,3 3,4 161, 169, 180 10,4 3,5 169 10,5 3,6 169 11,7 3,7 169 11,8 4,1 161, 169, 184 12,2 4,4 169 12,7 4,5 169 12,8 4,8 184 13,2 5,1 168, 169, 184 13,3 5,3 176, 200 13,4 5,6 169 14,1 6,1 176, 200 14,2 6,2 161, 170, 178, 201 14,3 6,3 167, 170, 177 6,4 177 16,1 6,5 177, 178, 200 16,2 7,1 161, 190 16,3 7,2 183 16,5 7,3 190 16,8 7,6 201 17,1 7,7 203 17,2 8,2 170, 190 17,5

24 30

179, 190, 203 170, 180, 190 176, 180, 200 178 190 170 161 171 185 171 170 171 171, 185 171 162, 172 180 172 172 172 172 162,172,183-185,197 225 173, 180, 183, 184, 190, 193, 205, 250 173 180 171, 180 168, 180 186 162, 174 174, 193 174

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324 Register

18,1: 174 19: 153, 210, 224 19,1: 162 20,2: 186 21,5: 186 22,1: 186 22,2: 174, 185 22,3: 175 22,4: 174, 185 23,1: 162, 167, 175 23,3: 175, 177 23,4: 175, 180 24: 184,224 24,1: 162, 176, 190, 200 24,3: 176, 185

25: 184 25,1: 190, 225 25,2: 184 25,4: 174, 193 25,5-7: 185 25,8: 172, 180 27,1-3: 190 27,2: 176, 183, 185 27,3: 176, 184 28: 177 28,1: 167 28,2: 103, 124, 177, 179,

183 28,3: 131, 177 28,5: 177

Porphyrius

Fragm. 221F: 257 Sent. 20: 257 30: 257 33: 257

Rufinus

Historia ecclesiastica X,28 X,6: 9 X,30: 230 X,20: 219 X,31: 227 X,21: 127, 139, 218, 219 X,32: 157, 230 X,22: 188

228

Sokrates

Historia ecclesiastica 1,7: 113 1,8: 120 1,9: 121 1,23: 24 1,24: 24 1,39: 28 1,40: 28 11,5: 28 11,10: 37 11,13: 42 11,15: 24, 42 11,18: 37 11,20: 43, 46

11,22 27 11,26 231 11,29 126 11,31 131 11,36 127, 139, 218, 219 11,37 157, 188, 189, 191 11,39 188 111,4 266 111,5 221, 228 IV,1 266 IV,12: 19, 237-241, 278

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Stellen 325

Sozomenus

ria ecclesiastica IV,6: 126, 131 1,10: 111 IV,8: 231 1,16: 113 IV,9: 127, 139, 218, 219 1,17-24: 120 IV, 11 139, 161, 233 1,24: 121 IV, 12 163 11,18: 24 IV,14 187 11,19: 24 IV, 16 188 11,25: 30 IV,17-19: 188 11,31: 30 IV, 18 189 11,33: 32 IV, 19 191 111,2: 31 IV,23 192 111,7: 42 V,12: 221, 228 111,8: 24, 42 VI,1-3: 238 111,10: 39, 67 VI,10f.: 237 111,12: 101, 103 VI, 12 241 111,13: 27 VI,23 242, 276-278 IV,1: 231

Chronicon 11.38 11.39 11.40 11.41

Sulpicius Severus

127 138, 219, 230 120 189, 191, 236

11.42 11.43 11.44 11.45

140, 158, 188 191 191, 199 141, 192, 228

Tertullian

Adversus Hermogenem 44,3: 8

Adversus Marcionem 1,15: 108, 173

Adversus Praxean

1,1 2.4 3,1 5,1 6,1 7,1 7.5 7,8 8,4 8,7 9.1 9.2 11,

185 8, 108, 184, 185 8 184 184, 185 171, 185 184 185 185 185 184 185 184

11,3: 11,10: 12,4: 12,7: 13,5: 13,7: 13,10: 14: 14,1: 14,4: 14,5: 15,3: 15,8: 16,4: 17,1-6: 18,2: 18,3: 19,7:

184 184 184 184, 185 184 185 184 184 184 184 186 184 185 184 186 184 185 185

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326 Register

20,1-3: 185 20,3: 185 21,5: 184 22,2: 186 26,4: 185 27: 184 27,10: 176, 185 27,13: 176, 185 27,14: 185 29: 184 29,2: 176, 185 29,6: 8, 108, 186

29,8 184 30,1 186 31,3 8

Adversus Valentinianos 12,5 8 18,1 8 37,2 8

Apologeticum 21,11: 8, 108

Theodoret

Historia ecclesiastica 1,8: 1,12: 1,21: 11,8: 11,15: 11,16: 11,17:

Historia nova 11,39:

19, 22, 120, 121 120 24 33, 48 127, 139, 218, 219 233, 234 236

28

Zosimus

11,19: 188, 189 11,21: 190, 191, 202 11,22: 242, 276-278 111,2: 221 111,4: 228 IV,22: 266 V,9: 214, 243

11,42-54: 126 111,3: 138

Die Theologische Erklärung der "westlichen" Synode von Serdika

Insg: 51-59 1: 60, 180 2: 60-63, 70, 78, 181, 205, 225, 226 3: 63-65, 80, 82, 143, 164, 170, 173, 174, 180, 181 4: 10, 65, 67-69, 72, 77, 78, 81, 85, 88, 96, 144, 154, 250 5: 69-73, 75, 79, 86, 90, 96, 204, 205 6: 72-75, 79, 82, 84, 86, 89, 91, 96, 201 7: 70, 73-75, 81, 84, 86, 89 154, 201, 204 8: 72, 75, 76, 85, 86, 88, 144, 162, 164, 172, 180, 205 9: 69, 74, 77, 78, 89, 103, 154 10: 65, 69, 77-80, 96, 144, 154, 204, 205 11: 80-83, 86, 89, 164, 174, 250 12: 77, 83-86, 89, 144

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Stellen 327

Die Urkunden zum arianischen Streit (Opitz)

Urk. 1: 203, 204 Urk. 3: 12, 60, 180 Urk. 4b: 117, 163 Urk. 6: 10, 18, 23, 60, 117, 122, 162, 180 Urk. 14: 117, 118, 162, 171 Urk. 17: 113-115, 117 Urk. 18 (ep.Ant.):115-120, 162 Urk.20 Urk.22 Urk.23 Urk.25 Urk.26 Urk.27

116, 120 10, 12, 15, 21, 23, 74, 120-122, 162 123 19, 123 114, 120 121

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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FUR DIE NEUTESTAMENTLICHE WISSENSCHAFT

Groß-Oktav · Ganzleinen

WOLFGANG R E I N B O L D

Der älteste Bericht über den Tod Jesu Literar ische Analyse und his tor ische Krit ik der Pass ionsdars te l lungen

der Evangel ien

XII, 357 Seiten. 1994. ISBN 3-11-014198-1 (Band 69)

G E R D BUSCHMANN

Martyrium Polycarpi — Eine formkritische Studie Ein Beitrag zur Frage nach der En t s t ehung der G a t t u n g M ä r t y r e r a k t e

XIV, 366 Seiten. 1994. ISBN 3-11-014199-X (Band 70)

KAROLINA D E VALERIO

Altes Testament und Judentum im Frühwerk Rudolf Bultmanns

XII, 454 Seiten. 1994. ISBN 3-11-014201-5 (Band 71)

ALEXANDER B Ö H L I G / C H R I S T O P H MARKSCHIES

Gnosis und Manichäismus Forschungen und Studien zu den Texten von Valentin und M a n i

sowie zu den Bibl iotheken von N a g H a m m a d i und Medine t M a d i XI, 316 Seiten. 1994. ISBN 3-11-014294-5 (Band 72)

STEPHAN LANDIS

Das Verhältnis des Johannesevangeliums zu den Synoptikern

A m Beispiel von M t 8 , 5 - 1 3 ; Lk 7 , 1 - 1 0 ; Joh 4 , 4 6 - 5 4

Etwa 96 Seiten. 1994. ISBN 3-11-014389-5 (Band 73)

Walter de Gruyter w DE

G Berlin · New York