PZ vom 14.03.1980 Seite 19

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Ehefrau beobachtete „Liebesnest" des ungetreuen Ehemannes — Nebenbuhlerin angefahren Szenen einer Ehe diesmal nicht auf Leinwand oder Bildschirm, sondern im Pforzheimer Gerichtssaal. Im vorläufig letzten Akt des Melodramas wurde ge- stern das Urteil gesprochen: acht Mo- nate aiff Bewährung und 400 Mark Geldbuße. Der Führerschein wird für acht Monate entzogen für die 39 Jahre alte Mutter dreier Kinder. Oberstaats- anwalt Dr. Werner Botz hatte auf zehn Monate mit Bewährung und ein Jahr Führerscheinentzug plädiert. Der Ver- teidiger forderte Freispruch. Auch far den Oberstaatsanwalt saß in diesem Fall die Falsche auf der Anklagebank. Ihr Ehemann (35) habe sie „zum Opfer menschlicher Leidenschaften ge- macht". Zwei Jahre hatte die geprellte Ehe- frau um das Liebesverhältnis ihres Mannes zu der um sieben Jahre jünge- ren Nebenbuhlerin gewußt. Endgültig Gewißheit hatte sie, als sie erfuhr, daß der Mann mit seiner Geliebten in Tune- sien frohe Ferien verbrachte, während sie sich zu Hause grämte. Die betrogene Ehefrau, seit 1963 ver- heiratet, holte den „Ausreißer" vom Münchner Flughafen ab und wollte sich mit ihm aussprechen. Er stritt zu- nächst alles ab, versprach dann frei- lich, sein Verhältnis aufzugeben. Am 23. November letzten Jahres er- reichte das Ehedrama seinen Höhe- punkt. Um 18.30 Uhr schloß die Ange- klagte die Ladentür zu. Mit ihrem Mann hatte sie sich verabredet. Der wollte jedoch zum Tennistraining ge- hen. Die allein gelassene Ehefrau rief in der Halle an. Der Mann war nicht da. Um 21.30 Uhr hielt sie's zu Hause nicht mehr aus. Sie fuhr nach Eutingen und ging rund ums Quartier, in dem das Liebesnest war. Es war bitterkalt. Kurz nach 23 Uhr wollte sie nach Hause fahren — ohne Mann und Neben- buhlerin entdeckt zu haben. Sie wende- te kurz, aber zügig. Im nächsten Mo- ment krachte es schon. Ausgerechnet den Wagen der Nebenbuhlerin hatte sie erwischt. Die konnte sich nach eige- nen Aussagen — gerade noch eng an den Wagen drücken. Dann flog sie zu Boden. Aus Angst, die geprellte Ehe- frau wollte ihr ans Leben, zog sie eine Gaspistole. Den Schuß feuerte sie in die Luft ab. Von der Anklage wegen Mordver- suchs blieb am Schluß nicht mehr viel übrig. Zwar hatte sie vorher mal ge- sagt: „Am besten ist's das Flugzeug stürzt ab". Oder: „Ich fahr mit meinem Mann gegen den Baum". Doch von ei- ner echten Bedrohung war kaum noch die Rede. Sie war die Betrogene. Als der Unfall passierte befand sich die Ange- klagte in einem psychischen Ausnah- mezustand, wie ihr beiläufig zugebil- ligt wurde. So konnte sie sich nicht mehr erinnern, ob sie auf die Bremse trat, als sie die Geliebte ihres Mannes sah und ob sie die Scheinwerfer einge- schaltet hatte. Unklar bleibt indes auch das Ende des Ehedramas. Der ungetreue Ehe- mann gestern: „Das Verhältnis zur an- deren besteht noch". Gelitten hatte sei- ne Frau inzwischen schon hinter Git- tern. Einen Monat lang saß sie in Unter- suchungshaft — ausgerechnet über Weihnachten und Silvester letzten Jah- res, wma Im Rahmen der „Woche der Brü- derlichkeit" wird heute, um 19 Uhr im großen Saal des Reuchlinhauses Dr. h. c. Arthur Emsheimer geehrt. Dr. Emsheimer, der am 8. März die- ses Jahres sein 80. Lebensjahr voll- endet hat, ist gebürtiger Pforzhei- mer. Er besuchte hier nach der Volksschule das humanistische Reuchlin-Gymnasium und bestand 1918 das Abitur. Nach einer kurzen Militärzeit studierte er von 1918 bis 1922 in Heidelberg, München und lassen und lebte bis 1938 bei Be- kannten im Schwarzwald. 1938 emigrierte er in die Schweiz. Er wurde im Wallis interniert. In der Folgezeit kam Dr. Emsheimer mit der schweizerischen Zentralstelle für Flüchtlingshilfe in Verbindung, deren Leiter er später wurde. Auf- grund seiner Verdienste um das in- ternationale Flüchtlingswesen er- hielt er am 1. November 1978 die Ehrendoktorwürde der Universität Zürich. Den Passanten auf der Westlichen in Brötzingen saß der Schreck in allen Gliedern, als sie gestern um 16.15 Uhr aus den Fenstern im ersten Stock des Wohnhauses Nummer 297 helle Flam- men schlagen sahen. Die schnell alar- mierte Feuerwehr rückte mit einem Drehleiter- und Tanklöschfahrzeug an. Nach 20 Minuten war der Brand ge- löscht, doch zurück blieb die verwüste- te Drei-Zimmer-Wohnung einer türki- schen Familie. Sie wohnt mit vier Kin- dern seit einigen Jahren als einziger Mieter in dem Altbau, der der Stadt Pforzheim gehört. Laut Feuerwehrkommandant Haag ging das Feuer mit Sicherheit im Be- reich des Ölofens an. Die genaue Bran- dursache ist jedoch noch nicht geklärt. Verletzt wurde zum Glück niemand, doch das Feuer zog noch ein mittleres Verkehrschaos nach sich. Da die West- liche im Unglücksbereich gesperrt war, staute sich der Feierabendverkehr bis zur Fritz-Erler-Schule. bo/Bilder: Ketterl „Salz im Kaffee" Blickensdörfer im Gemeindezentrum Die Autorenlesung von Hans Blik- kensdörfer am Dienstag kommender Woche findet wegen Platzmangel nicht in den Räumen der Buchhandlung Gondrom statt, sondern um 19.30 Uhr im Evangelischen Gemeindezentrum in der Pestalozzistraße. Zuvor um 16.30 Uhr wird der gebürtige Pforzheimer und Schriftsteller von internationalem Rang in der Buchhandlung eine Si- gnierstunde abhalten. Selbstverständ- lich wird der Autor seine Bücher mit einer persönlichen Widmung signieren. Sein neuestes Buch, „Salz im Kaffee", das in Pforzheim seine Premiere erlebt, gilt in der Kritik als ähnlich gut gelun- gen wie sein Weltbestseller „Die Bas- kenmütze". Als nächster Gast wird am 26. März Erich von Dänicken bei Gon- drom erwartet. Pforzheimer Zeitung — Nr. 63 — Freitag, 14. März 1980 — Seite 19 Vor mehr als tausend Zuhörern sprach Bundesaußenminister Hans Dietrich Genschergestern auf dem Pforzheimer Marktplatz. Im Vordergrund der FDP-Landtagskandidat für die Stadt, Martin Schmid, und rechts im Hintergrund Landtagsvizepräsident Hans Albrecht, der FDP-Kandidat für den Enzkreis. Einige Spätaussiedler übergaben an Genscher Briefe mit der Bitte, bei der Familienzusammenführung aus den Ostblockländern zu helfen. Bild: Ketterl Kino ausverkauft Von Anne Frank war man betroffen Betroffen hat die meist jüngeren Kinogänger die Verfilmung des Ta- gebuchs der Anne Frank gemacht, die in der Inszenierung von George Stevens am Mittwoch zur „Woche der Brüderlichkeit" im Rex-Kino- center wieder zu sehen war. Und womit niemand gerechnet hatte: Alle drei Vorstellungen waren aus- verkauft: 588 Besucher, davon 447 Schüler, sahen sie. Ein Zeichen wohl auch dafür, daß die Bewälti- gung des Holocaust in der jungen Generation spürbarer denn je wird. Vor allem dann, wenn, wie im Tage- buch der Anne Frank (Bild) und in dem Ende der fünfziger Jahre ge- drehten Film die ganze Wahrheit gesagt wird — und nichts als die Wahrheit. wma Flammen verwüsteten Wohnung in Brötzingen Das ist das Ziel der Freien Demokraten Mit absoluter Mehrheit der CDU in Baden-Württemberg Schluß machen Freie Journalisten für Funktionieren der Demokratie unentbehrlich —1000 Zuhörer Profitieren Sie durch unseren Großeinkauf: Wir kaufen zusammen mit 350 Mode- und Textilhäusern Deutschlands ein. Das bringt Ihnen Vorteile in Auswahl, Qualität und Preis! Brandursache noch nicht geklärt Einfluß der Bundesrepublik auf die in- ternationale Politik basiere auf der po- litischen wie auf der sozialen und wirt- schaftlichen Stabilität. Wichtigstes Ziel sei die Sicherung des Friedens. Auf diesem Wege wäre man schon längst ein Stück weitergekommen, wenn die kommunistischen Staaten etwas weni- ger Geld in die Rüstung und etwas mehr Geld in den Konsum gesteckt hätten. Das Bündnis mit den USA sei der Garant des Friedens, betonte Außenmi- nister Genscher, wiederholt von Bei- fallskundgebungen unterbrochen. Zur Sicherung des Westens sei ein deut- scher Beitrag der Bundeswehr auf deutschem Boden unabdingbar, es komme aber überhaupt nicht in Frage, daß, wie gelegentlich von CDU-Spre- chern gefordert, ein einziger deutscher Soldat am Persischen Golf stehe. Wer vom olympischen Boykott spre- che, müsse denjenigen nennen, der tat- sächlich den olympischen Boykott ge- fährde, und dies sei die Sowjetunion. Unter nachhaltigem Beifall der Zuhö- rer setzte sich Genscher für eine Rück- kehr der Olympischen Spiele nach Griechenland ein, damit diese Spiele nicht noch mehr zu politischen Selbst- darstellungen der Mächtigen ausarte- ten. Der Vorschlag, Afghanistan den Status eines blockfreien Staates zu ge- ben, gewinne immer mehr an Boden. Hier gelte es, zäh zu bleiben, denn der- jenige, der nicht schießen wolle, müsse in Geduld verhandeln. Abschließend bat der Außenminister, dem Pforzheimer FDP-Landtagskan- didaten Martin Schmid am Sonntag das Vertrauen zu geben. In einer freien demokratischen Republik sei Wahl- recht Wahlpflicht, h. b. „Die Freien Demokraten führen den Landtagswahlkampf mit der klaren Aufforderung, mit der absoluten Mehrheit der CDU in Baden- Württemberg Schluß zu machen." Dies sagte gestern am späten Nachmit- tag der FDP-Vorsitzende und Bundesaußenminister Hans Dietrich Gen- scher bei einer Kundgebung auf dem Pforzheimer Marktplatz. Hatten sich zuvor in Wildbad bei einer Ansprache von Genscher rund tausend Zuhörer eingefunden, so dürfte die Zahl in Pforzheim eher über der Marke tausend gelegen gelegen sein. Eine dritte Veranstaltung mit dem Außenminister fand gestern abend in Mühlacker statt. Der Pforzheimer FDP-Landtagskandidt Martin Schmid hatte die Freude, eine unerwartet große Anzahl von Bürgern willkommen zu heißen. Bis zum Eintreffen des Ministers unterhielten der Fanfarenzug „Vorwärts" und dessen Tanzgar- de die Besucher. Die absolute Mehrheit der CDU, so führte Genscher aus, müsse schon des- halb in Baden-Württemberg gebrochen werden, da solche Mehrheiten zu Machtmißbrauch führten. Das beginne bei Reformen über die Köpfe der Bür- ger hinweg und ende bei der Besetzung aller wichtigen Positionen, bei denen das Parteibuch oder gar das Gesang- buch vor der fachlichen Qualifikation rangierten. Was absolute Mehrheiten bedeuteten, sehe man in den Ländern Niedersachsen (CDU), Schleswig-Hol- stein (CDU) und Hamburg (SPD). Von diesen Machtzentren aus werde der Versuch unternommen, den Norddeut- schen Rundfunk zu zerschlagen und daraus einen Schwarzfunk und einen Rotfunk zu machen. Es gelte, wie der Außenminister fort- fuhr, mit allen Mitteln zu verhindern, daß aus den Rundfunksendern Partei- lautsprecher von CDU und SPD wür- den. Eine Demokratie stehe und falle mit der Kritik von freien Journalisten an allen politischen Parteien. Auf dem Gebiet des Bildungswesens müsse mehr Vielfalt als bisher angebo- ten werden. Es komme darauf an, ver- schiedene Schulformen miteinander konkurrieren zu lassen. Maßgebend dürften dabei nicht linke oder rechte Bildungsideologen sein, allein ent- scheidend sei das Recht der Eltern auf Bestimmung der geeigneten Schule für ihre Kinder. Einen kommunistischen „Einheitsbrei" werde man nicht dul- den. Es sei doch ein merkwürdiger Vor- gang, daß Kommunisten die Höhle des geschmähten Kapitalismus dem Para- dies des hochgelobten Kommunismus vorzögen. Großen Wert, so fuhr der Außenmini- ster fort, lege die FDP auf eine ausge- wogene Wirtschaftspolitik. Wenn hier die Bundesrepublik im Vergleich der Industrieländer gut abschneide, dann sei dies dem Fleiß der Arbeitnehmer, dem Ideenreichtum der Unternehmer und dem Maßhalten der Tarifparteien zuzuschreiben. In Baden-Württemberg orientiere sich die Wirtschafts- und Strukturpolitik vor allem an den mitt- leren und kleinen Betrieben. Wirt- schaftliche Stabilität sei Vorausset- zung für soziale Gerechtigkeit. Der „Woche der Brüderlichkeit" Dr. Emsheimer wird geehrt Berlin Jura und wurde 1923 zum Dr. jur. promoviert. Von 1925 bis 1933 war er als Jurist im Staatsdienst — zuletzt als Amtsgerichtsrat in Lörrach —tätig. Im April 1933 wur- de er aufgrund seiner Rassenzuge- hörigkeit aus dem Staatsdienst ent- Diesmal live in Pforzheim Szenen einer Ehe vor Gericht PZ vom 14.03.1980

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Genscher

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Ehefrau beobachtete „Liebesnest" des ungetreuen Ehemannes — Nebenbuhlerin angefahrenSzenen einer Ehe diesmal nicht auf

Leinwand oder Bildschirm, sondern imPforzheimer Gerichtssaal. Im vorläufigletzten Akt des Melodramas wurde ge-stern das Urteil gesprochen: acht Mo-nate aiff Bewährung und 400 MarkGeldbuße. Der Führerschein wird füracht Monate entzogen für die 39 Jahrealte Mutter dreier Kinder. Oberstaats-anwalt Dr. Werner Botz hatte auf zehnMonate mit Bewährung und ein JahrFührerscheinentzug plädiert. Der Ver-teidiger forderte Freispruch. Auch farden Oberstaatsanwalt saß in diesemFall die Falsche auf der Anklagebank.Ihr Ehemann (35) habe sie „zum Opfermenschlicher Leidenschaften ge-macht".

Zwei Jahre hatte die geprellte Ehe-frau um das Liebesverhältnis ihresMannes zu der um sieben Jahre jünge-ren Nebenbuhlerin gewußt. EndgültigGewißheit hatte sie, als sie erfuhr, daßder Mann mit seiner Geliebten in Tune-sien frohe Ferien verbrachte, währendsie sich zu Hause grämte.

Die betrogene Ehefrau, seit 1963 ver-

heiratet, holte den „Ausreißer" vomMünchner Flughafen ab und wolltesich mit ihm aussprechen. Er stritt zu-nächst alles ab, versprach dann frei-lich, sein Verhältnis aufzugeben.

Am 23. November letzten Jahres er-reichte das Ehedrama seinen Höhe-punkt. Um 18.30 Uhr schloß die Ange-klagte die Ladentür zu. Mit ihremMann hatte sie sich verabredet. Derwollte jedoch zum Tennistraining ge-hen. Die allein gelassene Ehefrau rief inder Halle an. Der Mann war nicht da.Um 21.30 Uhr hielt sie's zu Hause nichtmehr aus. Sie fuhr nach Eutingen undging rund ums Quartier, in dem dasLiebesnest war. Es war bitterkalt. Kurznach 23 Uhr wollte sie nach Hausefahren — ohne Mann und Neben-buhlerin entdeckt zu haben. Sie wende-te kurz, aber zügig. Im nächsten Mo-ment krachte es schon. Ausgerechnetden Wagen der Nebenbuhlerin hatte sieerwischt. Die konnte sich — nach eige-nen Aussagen — gerade noch eng anden Wagen drücken. Dann flog sie zuBoden. Aus Angst, die geprellte Ehe-frau wollte ihr ans Leben, zog sie eine

Gaspistole. Den Schuß feuerte sie in dieLuft ab.

Von der Anklage wegen Mordver-suchs blieb am Schluß nicht mehr vielübrig. Zwar hatte sie vorher mal ge-sagt: „Am besten ist's das Flugzeugstürzt ab". Oder: „Ich fahr mit meinemMann gegen den Baum". Doch von ei-ner echten Bedrohung war kaum nochdie Rede. Sie war die Betrogene. Als derUnfall passierte befand sich die Ange-klagte in einem psychischen Ausnah-mezustand, wie ihr beiläufig zugebil-ligt wurde. So konnte sie sich nichtmehr erinnern, ob sie auf die Bremsetrat, als sie die Geliebte ihres Mannessah und ob sie die Scheinwerfer einge-schaltet hatte.

Unklar bleibt indes auch das Endedes Ehedramas. Der ungetreue Ehe-mann gestern: „Das Verhältnis zur an-deren besteht noch". Gelitten hatte sei-ne Frau inzwischen schon hinter Git-tern. Einen Monat lang saß sie in Unter-suchungshaft — ausgerechnet überWeihnachten und Silvester letzten Jah-res, wma

Im Rahmen der „Woche der Brü-derlichkeit" wird heute, um 19 Uhrim großen Saal des ReuchlinhausesDr. h. c. Arthur Emsheimer geehrt.Dr. Emsheimer, der am 8. März die-ses Jahres sein 80. Lebensjahr voll-endet hat, ist gebürtiger Pforzhei-mer. Er besuchte hier nach derVolksschule das humanistischeReuchlin-Gymnasium und bestand1918 das Abitur. Nach einer kurzenMilitärzeit studierte er von 1918 bis1922 in Heidelberg, München und

lassen und lebte bis 1938 bei Be-kannten im Schwarzwald. 1938emigrierte er in die Schweiz. Erwurde im Wallis interniert. In derFolgezeit kam Dr. Emsheimer mitder schweizerischen Zentralstellefür Flüchtlingshilfe in Verbindung,deren Leiter er später wurde. Auf-grund seiner Verdienste um das in-ternationale Flüchtlingswesen er-hielt er am 1. November 1978 dieEhrendoktorwürde der UniversitätZürich.

Den Passanten auf der Westlichen inBrötzingen saß der Schreck in allenGliedern, als sie gestern um 16.15 Uhraus den Fenstern im ersten Stock desWohnhauses Nummer 297 helle Flam-men schlagen sahen. Die schnell alar-mierte Feuerwehr rückte mit einemDrehleiter- und Tanklöschfahrzeug an.Nach 20 Minuten war der Brand ge-

löscht, doch zurück blieb die verwüste-te Drei-Zimmer-Wohnung einer türki-schen Familie. Sie wohnt mit vier Kin-dern seit einigen Jahren als einzigerMieter in dem Altbau, der der StadtPforzheim gehört.

Laut Feuerwehrkommandant Haagging das Feuer mit Sicherheit im Be-

reich des Ölofens an. Die genaue Bran-dursache ist jedoch noch nicht geklärt.Verletzt wurde zum Glück niemand,doch das Feuer zog noch ein mittleresVerkehrschaos nach sich. Da die West-liche im Unglücksbereich gesperrt war,staute sich der Feierabendverkehr biszur Fritz-Erler-Schule.

bo/Bilder: Ketterl

„Salz im Kaffee"

Blickensdörfer imGemeindezentrum

Die Autorenlesung von Hans Blik-kensdörfer am Dienstag kommenderWoche findet wegen Platzmangel nichtin den Räumen der BuchhandlungGondrom statt, sondern um 19.30 Uhrim Evangelischen Gemeindezentrum inder Pestalozzistraße. Zuvor um 16.30Uhr wird der gebürtige Pforzheimerund Schriftsteller von internationalemRang in der Buchhandlung eine Si-gnierstunde abhalten. Selbstverständ-lich wird der Autor seine Bücher miteiner persönlichen Widmung signieren.Sein neuestes Buch, „Salz im Kaffee",das in Pforzheim seine Premiere erlebt,gilt in der Kriti k als ähnlich gut gelun-gen wie sein Weltbestseller „Di e Bas-kenmütze". Als nächster Gast wird am26. März Erich von Dänicken bei Gon-drom erwartet.

Pforzheimer Zeitung — Nr. 63 — Freitag, 14. März 1980 — Seite 19

Vor mehr als tausend Zuhörern sprach Bundesaußenminister Hans Dietrich Genschergestern auf dem Pforzheimer Marktplatz. ImVordergrund der FDP-Landtagskandidat für die Stadt, Martin Schmid, und rechts im Hintergrund Landtagsvizepräsident HansAlbrecht, der FDP-Kandidat für den Enzkreis. Einige Spätaussiedler übergaben an Genscher Briefe mit der Bitte, bei derFamilienzusammenführung aus den Ostblockländern zu helfen. Bild: Ketterl

Kino ausverkauft

Von Ann e Frankwar man betroffe n

Betroffen hat die meist jüngerenKinogänger die Verfilmung des Ta-gebuchs der Anne Frank gemacht,die in der Inszenierung von GeorgeStevens am Mittwoch zur „Wocheder Brüderlichkeit" im Rex-Kino-center wieder zu sehen war. Undwomit niemand gerechnet hatte:All e drei Vorstellungen waren aus-verkauft: 588 Besucher, davon 447Schüler, sahen sie. Ein Zeichenwohl auch dafür, daß die Bewälti-gung des Holocaust in der jungenGeneration spürbarer denn je wird.Vor allem dann, wenn, wie im Tage-buch der Anne Frank (Bild) und indem Ende der fünfziger Jahre ge-

drehten Film die ganze Wahrheitgesagt wird — und nichts als dieWahrheit. wma

Flammen verwüstete n Wohnun g in Brötzinge n

Das ist das Ziel der Freien Demokrate n

Mit absolute r Mehrhei t der CDU inBaden-Württember g Schlu ß machenFreie Journalisten für Funktionieren der Demokratie unentbehrlich —1000 Zuhörer

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Brandursache noch nicht geklärt

Einfluß der Bundesrepublik auf die in-ternationale Politik basiere auf der po-litischen wie auf der sozialen und wirt-schaftlichen Stabilität. WichtigstesZiel sei die Sicherung des Friedens. Aufdiesem Wege wäre man schon längst einStück weitergekommen, wenn diekommunistischen Staaten etwas weni-ger Geld in die Rüstung und etwas mehrGeld in den Konsum gesteckt hätten.

Das Bündnis mit den USA sei derGarant des Friedens, betonte Außenmi-nister Genscher, wiederholt von Bei-fallskundgebungen unterbrochen. ZurSicherung des Westens sei ein deut-scher Beitrag der Bundeswehr aufdeutschem Boden unabdingbar, eskomme aber überhaupt nicht in Frage,daß, wie gelegentlich von CDU-Spre-chern gefordert, ein einziger deutscherSoldat am Persischen Golf stehe.

Wer vom olympischen Boykott spre-che, müsse denjenigen nennen, der tat-sächlich den olympischen Boykott ge-fährde, und dies sei die Sowjetunion.Unter nachhaltigem Beifall der Zuhö-rer setzte sich Genscher für eine Rück-kehr der Olympischen Spiele nachGriechenland ein, damit diese Spielenicht noch mehr zu politischen Selbst-darstellungen der Mächtigen ausarte-ten. Der Vorschlag, Afghanistan denStatus eines blockfreien Staates zu ge-ben, gewinne immer mehr an Boden.Hier gelte es, zäh zu bleiben, denn der-jenige, der nicht schießen wolle, müssein Geduld verhandeln.

Abschließend bat der Außenminister,dem Pforzheimer FDP-Landtagskan-didaten Martin Schmid am Sonntagdas Vertrauen zu geben. In einer freiendemokratischen Republik sei Wahl-recht Wahlpflicht, h. b.

„Di e Freien Demokraten führen den Landtagswahlkampf mit derklaren Aufforderung , mit der absoluten Mehrheit der CDU in Baden-Württember g Schluß zu machen." Dies sagte gestern am späten Nachmit-tag der FDP-Vorsitzende und Bundesaußenminister Hans Dietrich Gen-scher bei einer Kundgebung auf dem Pforzheimer Marktplatz . Hattensich zuvor in Wildbad bei einer Ansprache von Genscher rund tausendZuhörer eingefunden, so dürft e die Zahl in Pforzheim eher über derMark e tausend gelegen gelegen sein. Eine dritt e Veranstaltung mit demAußenminister fand gestern abend in Mühlacker statt. Der PforzheimerFDP-Landtagskandidt Marti n Schmid hatte die Freude, eine unerwartetgroße Anzahl von Bürgern willkommen zu heißen. Bis zum Eintreffen desMinister s unterhielten der Fanfarenzug „Vorwärts " und dessen Tanzgar-de die Besucher.

Die absolute Mehrheit der CDU, soführte Genscher aus, müsse schon des-halb in Baden-Württemberg gebrochenwerden, da solche Mehrheiten zuMachtmißbrauch führten. Das beginnebei Reformen über die Köpfe der Bür-ger hinweg und ende bei der Besetzungaller wichtigen Positionen, bei denendas Parteibuch oder gar das Gesang-buch vor der fachlichen Qualifikationrangierten. Was absolute Mehrheitenbedeuteten, sehe man in den LändernNiedersachsen (CDU), Schleswig-Hol-stein (CDU) und Hamburg (SPD). Vondiesen Machtzentren aus werde derVersuch unternommen, den Norddeut-schen Rundfunk zu zerschlagen unddaraus einen Schwarzfunk und einenRotfunk zu machen.

Es gelte, wie der Außenminister fort-fuhr, mit allen Mitteln zu verhindern,daß aus den Rundfunksendern Partei-lautsprecher von CDU und SPD wür-den. Eine Demokratie stehe und fallemit der Kriti k von freien Journalistenan allen politischen Parteien.

Auf dem Gebiet des Bildungswesensmüsse mehr Vielfalt als bisher angebo-

ten werden. Es komme darauf an, ver-schiedene Schulformen miteinanderkonkurrieren zu lassen. Maßgebenddürften dabei nicht linke oder rechteBildungsideologen sein, allein ent-scheidend sei das Recht der Eltern aufBestimmung der geeigneten Schule fürihre Kinder. Einen kommunistischen„Einheitsbrei" werde man nicht dul-den. Es sei doch ein merkwürdiger Vor-gang, daß Kommunisten die Höhle desgeschmähten Kapitalismus dem Para-dies des hochgelobten Kommunismusvorzögen.

Großen Wert, so fuhr der Außenmini-ster fort, lege die FDP auf eine ausge-wogene Wirtschaftspolitik. Wenn hierdie Bundesrepublik im Vergleich derIndustrieländer gut abschneide, dannsei dies dem Fleiß der Arbeitnehmer,dem Ideenreichtum der Unternehmerund dem Maßhalten der Tarifparteienzuzuschreiben. In Baden-Württembergorientiere sich die Wirtschafts- undStrukturpolitik vor allem an den mitt-leren und kleinen Betrieben. Wirt-schaftliche Stabilität sei Vorausset-zung für soziale Gerechtigkeit. Der

„Woche der Brüderlichkeit"

Dr. Emsheime rwir d geehr tBerlin Jura und wurde 1923 zum Dr.jur. promoviert. Von 1925 bis 1933war er als Jurist im Staatsdienst— zuletzt als Amtsgerichtsrat inLörrach —tätig. Im April 1933 wur-de er aufgrund seiner Rassenzuge-hörigkeit aus dem Staatsdienst ent-

Diesmal live in Pforzheim

Szenen einer Ehe vor Gerich t

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vom 14.03.1980