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Rechnerische Ermüdungsfestigkeitsnachweise von Druckbehälterschweißverbindungen nach lokalen Konzepten Jürgen Rudolph Universität Dortmund, Fachbereich Chemietechnik, Arbeitsgruppe Chemieapparatebau 44221 Dortmund, Tel.: +49-(0)231-755-2524, Fax: +49-(0)231-755-6195, e-mail: [email protected] Zusammenfassung: Beim rechnerischen Ermüdungsfestigkeitsnachweis von Druckbehälterschweißverbindungen ist grundsätzlich zu beachten, ob die nachzuweisenden Nähte mechanischen und/oder thermischen Nachbehandlungsverfahren mit dem Ziel der Schwingfestigkeitssteigerung unterzogen wurden. Nicht nachbehandelte bzw. lediglich spannungsarmgeglühte Nähte können in Anlehnung an die Gesetzmä- ßigkeiten der Normierten Wöhlerlinie statistisch abgesichert auf Basis des Kerbspannungskonzeptes (notch stress approach) von Olivier, Köttgen und Seeger ausgelegt werden. Bei z.B. durch Überschleifen oder Wiederaufschmelzen der Übergänge nachbehandelten Nähten ist neben einer signifikanten Steigerung der Dauerfestigkeit eine grundsätzliche Veränderung des Schä- digungsprozesses hin zu einem bedeutenden Anteil der Technischen Risseinleitungsphase an der Gesamtlebensdauer zu verzeichnen. Das Ermüdungsverhalten ist vergleichbar mit ungeschweißten Bauteilbereichen gleicher Geometrie. Die rechnerische Nachweisführung gelingt in diesen Fällen bei nachgewiesener Rissfreiheit auf Basis des Örtlichen Konzeptes (Kerbgrundkonzept, Kerbdehnungs- konzept=local strain approach). Generell ist dem Teilmodul Beanspruchungsanalyse auf der Basis moderner numerischer Berech- nungsverfahren wie der Finite-Elemente-Methode (FEM) und der Randintegralmethode (BEM) unter konzeptkonformer Abbildung der Nahtgeometrien besondere Beachtung zu schenken. Die methodischen Vergehensweisen werden an Hand von druckbehältertypischen Schweißverbin- dungen bis hin zur praxisnahen Ableitung bauteilspezifischer Wöhlerlinien aufgezeigt. Parallelen zu aktuellen Regelwerken erleichtern unter Benennung der Entwicklungstrends die Orientierung. Keywords: Druckbehälterschweißverbindungen, Ermüdungsfestigkeitsnachweis, Schweißnahtnachbehandlung, Kerbspannungskonzept, Örtliches Konzept, Bauteilwöhlerlinien 18 Fortschritte auf dem Gebiet der Druckgerätedimensionierung - Ermüdungsfestigkeit - Spezielle Festigkeitsprobleme 20. November 2001 Universität Dortmund

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Rechnerische Ermüdungsfestigkeitsnachweise

von Druckbehälterschweißverbindungen

nach lokalen Konzepten

Jürgen Rudolph

Universität Dortmund, Fachbereich Chemietechnik, Arbeitsgruppe Chemieapparatebau 44221 Dortmund,

Tel.: +49-(0)231-755-2524, Fax: +49-(0)231-755-6195, e-mail: [email protected]

Zusammenfassung: Beim rechnerischen Ermüdungsfestigkeitsnachweis von Druckbehälterschweißverbindungen istgrundsätzlich zu beachten, ob die nachzuweisenden Nähte mechanischen und/oder thermischenNachbehandlungsverfahren mit dem Ziel der Schwingfestigkeitssteigerung unterzogen wurden. Nichtnachbehandelte bzw. lediglich spannungsarmgeglühte Nähte können in Anlehnung an die Gesetzmä-ßigkeiten der Normierten Wöhlerlinie statistisch abgesichert auf Basis des Kerbspannungskonzeptes(notch stress approach) von Olivier, Köttgen und Seeger ausgelegt werden.

Bei z.B. durch Überschleifen oder Wiederaufschmelzen der Übergänge nachbehandelten Nähten istneben einer signifikanten Steigerung der Dauerfestigkeit eine grundsätzliche Veränderung des Schä-digungsprozesses hin zu einem bedeutenden Anteil der Technischen Risseinleitungsphase an derGesamtlebensdauer zu verzeichnen. Das Ermüdungsverhalten ist vergleichbar mit ungeschweißtenBauteilbereichen gleicher Geometrie. Die rechnerische Nachweisführung gelingt in diesen Fällen beinachgewiesener Rissfreiheit auf Basis des Örtlichen Konzeptes (Kerbgrundkonzept, Kerbdehnungs-konzept=local strain approach).

Generell ist dem Teilmodul Beanspruchungsanalyse auf der Basis moderner numerischer Berech-nungsverfahren wie der Finite-Elemente-Methode (FEM) und der Randintegralmethode (BEM) unterkonzeptkonformer Abbildung der Nahtgeometrien besondere Beachtung zu schenken.

Die methodischen Vergehensweisen werden an Hand von druckbehältertypischen Schweißverbin-dungen bis hin zur praxisnahen Ableitung bauteilspezifischer Wöhlerlinien aufgezeigt. Parallelen zuaktuellen Regelwerken erleichtern unter Benennung der Entwicklungstrends die Orientierung. Keywords: Druckbehälterschweißverbindungen, Ermüdungsfestigkeitsnachweis, Schweißnahtnachbehandlung, Kerbspannungskonzept, Örtliches Konzept, Bauteilwöhlerlinien

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1 Formelverzeichnis *a2σ [N/mm2] Fiktive Spannungsschwingbreite

Fd [-] Wanddickenkorrekturfaktor *Tf [-] Temperaturkorrekturfaktor )p [N/mm2] Maximaldruck (p [N/mm2] Minimaldruck pr [N/mm2] rechnerisch zulässiger Druck nach statischer Auslegung K20 [N/mm2] Festigkeitskennwert bei Raumtemperatur S [-] Sicherheitsbeiwert Nzul [-] zul. Lastwechselzahl B [N/mm2] Wöhlerkurvenkonstante k [-] Wöhlerkurvenexponent Nvorh [-] vorh. Lastwechselzahl

σ∆ [N/mm2] Spannungsschwingbreite N [-] Lastwechselzahl t [mm] Wanddicke

*L∆ [N/mm2] kombinierte Lastschwingbreite (Maßeinheit kann variieren) *maxL [N/mm2] kombinierte Maximallast (Maßeinheit kann variieren)

*minL [N/mm2] kombinierte Minimallast (Maßeinheit kann variieren)

*FL∆ [N/mm2] kombinierte statische Bruchlastschwingbreite (Maßeinheit kann variieren)

*PL∆ [N/mm2] kombinierte quasistatische Traglastschwingbreite (Maßeinheit kann variieren)

*DL∆ [N/mm2] kombinierte dauerfeste Lastschwingbreite (Maßeinheit kann variieren)

NP [-] quasistatische Grenzlastwechselzahl ND [-] Lastwechselzahl am Übergang zur Dauerfestigkeit (Ecklastspielzahl) NA [-] Bezugslastwechselzahl RZ [ m µ ] Oberflächenrauhigkeit

ta,ε [m/m] Gesamtdehnungsamplitude

ela,ε [m/m] elastische Dehnungsamplitude

pla,ε [m/m] plastische Dehnungsamplitude

aσ [N/mm2] Spannungsamplitude E [N/mm2] Elastizitätsmodul

'K [N/mm2] Festigkeitskoeffizient 'n [-] Festigkeitsexponent 'fσ [N/mm2] Schwingfestigkeitskoeffizient

b [-] Schwingfestigkeitsexponent 'fε [m/m] Duktilitätskoeffizient

c [-] Duktilitäsexponent

Dσ [N/mm2] Werkstoff-Dauerfestigkeit (Spannungsamplitude)

Dε [N/mm2] Werkstoff-Dauerfestigkeit (Dehnungsamplitude) F [N/mm2] lastbezogene Fliesskurvenfunktion (Maßeinheit kann variieren) G [N/mm2] spannungsbezogene Fliesskurvenfunktion

mσ [N/mm2] Mittelspannung

pA [mm2] druckbeaufschlagte Fläche für Flächenvergleichsverfahren

σA [mm2] spannungsbeaufschlagte Fläche für Flächenvergleichsverfahren Alle weiteren Formelzeichen werden direkt im Text erläutert.

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2 Einleitung, Problemstellung und Systematik Der Ermüdungsprozess eines – zunächst als nicht vorgeschädigt angenommenen Werkstoffes – stellt sich generell als eine Rissgeschichte dar und lässt sich in Anlehnung an Abbildung 1 nach [1] schematisieren. Hierbei ist eine Unterscheidung der Schädigungsphasen wesentlich, die sowohl aus physikalisch-werkstoffmechanischer (grundlagenbezogen) als auch aus technischer Sicht (anwendungsbezogen) vorgenommen werden kann. Die durch Versetzungsbewegungen und Risskeimbildung gekennzeichnete physikalische Risseinleitungsphase und der durch Mikrorisswachstum charakterisierte Teilprozess des stabilen Rissfortschritts bilden aus ingenieurmäßiger Sicht die Schädigungsphase bis zum sogenannten Technischen Anriss (Risseinleitung technisch). Das Makrorisswachstum (Rissfortschritt stabil) bis zum Restbruch (Rissfortschritt instabil) bilden zusammen die Phase des technischen Rissfortschritts.

Versetzungs- bewegung

Rißkeim- bildung

Mikroriß-wachstum

Makroriß- wachstum

Rest-bruch

Rißeinleitung physikalisch Rißfortschritt stabil Rft. instabil

Rißeinleitung technisch Rißfortschritt technisch

Abbildung 1 Phasen der Ermüdungsschädigung nach Darstellung in [1]

In der Nachweispraxis wird somit in aller Regel zwischen den Versagenskriterien

• Technischer Anriss (Grenze der Risseinleitung technisch nach Abbildung 1) und • Bruch (Grenze des Rissfortschrittes technisch nach Abbildung 1)

unterschieden, wodurch im Kontext der Lebensdauerabschätzung häufig von Anriss- und Bruchlebensdauern die Rede ist. Eine korrekte Trennung ist hierbei als wesentlich zu erachten.

Schweißnähte weisen gegenüber ungeschweißten Komponenten sowohl im Sinne des bereits umrissenen generellen Schädigungsverhaltens als auch der bauteilbezogenen Nachweisführung Besonderheiten auf, die sich insbesondere auf die Problemkreise

• Abbildung der Schweißnahtgeometrie im Berechnungsmodell • Berücksichtigung von Schweißeigenspannungen und • Inhomogenität der Materialeigenschaften im Schweißnahtbereich

beziehen [2-3] und eine differenzierte Betrachtung erforderlich machen. Hierbei ist es wiederum von entscheidender Bedeutung, ob die ermüdungsgefährdete Schweißverbindung im Schweißzustand belassen ist oder geeigneten thermischen und/oder mechanischen Nachbehandlungsmaßnahmen unterzogen wurde, so dass hier eine grundsätzliche methodische Unterteilung in

• unbehandelte und • nachbehandelte (insbesondere in der Makrogeometrie verbesserte)

Nähte mit einschneidenden konzeptionellen Konsequenzen vorgenommen wird. Das in der Druckbehältertechnik ohnehin empfohlene und zur reproduzierbaren Ableitung von Bemessungsgrößen notwendige Spannungsarmglühen wird hier definitionsgemäß in beiden Fällen vorausgesetzt. Hierdurch wird die bereits angeschnittene Schweißeigenspannungsproblematik zumindest ansatzweise berücksichtigt. Des Weiteren werden aus den vorliegenden Betrachtungen Nachbehandlungsverfahren ausgeschlossen, die im Sinne einer Dauerfestigkeitssteigerung das Ziel der Einbringung definierter Druckeigenspannungszustände verfolgen (Kugelstrahlen, Hämmern) [6], da die abnehmende und bei höheren Beanspruchungen schwer quantifizierbare Wirkung die zeitfeste Auslegung erschwert. Im Falle unbehandelter Nähte ist aus physikalisch-werkstoffmechanischer Sicht bereits von einer Vorschädigung des Materials auszugehen, die im Wesentlichen durch die scharfkantigen SSinR

F

chweißnahtübergänge sowie das Vorhandensein von Mikrodefekten, Schlacke- und chweißgutresten geprägt ist. Die in Abbildung 1 dargestellte physikalische Risseinleitungsphase ist diesen Fällen de facto nicht vorhanden [4-8] und die statischen Festigkeitskennwerte (Fliessgrenze p0.2 bzw. Zugfestigkeit Rm) nehmen keinen signifikanten Einfluss auf die im hochzyklischen und

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Dauerfestigkeitsbereich ertragbaren Beanspruchungen. Für den rechnerischen Nachweis technischer Strukturen greifen in diesen Fällen mit dem folgerichtigen Versagenskriterium Bruch (Abbildung 1) die weit entwickelten [2-3] und regelwerksseitig implementierten Methoden [9-11]

• Nennspannungskonzept (nominal stress approach) • Strukturspannungskonzept (structural stress approach) • Konzept der örtlich elastischen Beanspruchungen (Kerbspannungskonzept=notch stress

approach) • Rissfortschrittskonzept (crack propagation approach)

in verschiedenen Verfahrensvarianten. Im Bereich der Druckbehältertechnik wird gegenwärtig der regelwerksbasierte Nachweis nach Strukturspannungskonzept (Hot-Spot-Methode) präferiert [9-10,12], wobei gemäß Abbildung 2 erste Vorstöße in Richtung Kerbspannungskonzept als Entwicklungstrend zu verzeichnen sind [13], der nicht zuletzt durch die modernen Möglichkeiten detaillierter, sicherer und reproduzierbarer numerischer Beanspruchungsermittlung auf Basis der Finite-Elemente-Methode (FEM) bzw. der Randelemente-Methode (BEM) geprägt wird [14]. Vom in Abbildung 2 zusätzlich aufgeführten vereinfachten Ermüdungsfestigkeitsnachweis sollte lediglich im Sinne einer pauschalen Abschätzungsmethode mit tabellierten Strukturspannungsfaktoren η Gebrauch gemacht werden.

102

103

104

105

106

107

108

101

102

103

104

σ∆

N

fiktive pseudoelastischeSpannungsschwingbreite

zulässige Lastwechselzahlk

*a

zul 2BN

=

σ

( )S

Kp

p-pfF

2 20

r*Td

* ⋅⋅⋅

=()ησ a

AD-Merkblatt S1(vereinfachtes Struktur-

spannungskonzept)

AD-Merkblatt S2

Strukturspannungskonzept Kerbspannungskonzept

Finite-Elemente-Berechnungen

zulvorh NN ≤Ermüdungskennlinien

(Wöhlerkurven)

Schwingfestigkeitsbewertungnach AD-Regelwerk am

Beispiel einesStutzenanschlusses

K0 ... K3

FAT225

maximale Kerbspannungmaximale Strukturspannung

Extra

pola

ti ons

punk

t 1

Extra

pola

tions

punk

t 2

Wegkoordinate

Span

nung

tatsächlicher Spannungsverlauf(Membran + Struktur + Kerb)

Linearisierter Spannungsverlauf(Membran + Struktur)

maximale Strukturspannung

Zylinderwand

Stutzenwand

maximale Kerbspannung

Abbildung 2 Regelwerksbasierter Ermüdungsfestigkeitsnachweis

Die linearelastische Beanspruchungsermittlung erfolgt bei der regelwerksbasierten Nachweisführung gemäß Abbildung 2 durch lineare Extrapolation über zwei Punkte (üblicherweise im Abstand t0.4 ⋅ und vor dem Nahtübergang [z.B. 11] der Wanddicke t) im Rahmen von Strukturspannungskonzepten und perspektivisch bei der Anwendung von Kerbspannungskonzepten [13] (z.B. Ermüdungskurve FAT225 nach [11]) durch die direkte Bestimmung der Kerbbeanspruchung im versagenskritischen Bereich. Der bereits in der gegenwärtig gültigen Ausgabe des AD-Merkblattes S2 [10] in Sonderfällen vorgesehene Kerbspannungsnachweis bei Schweißverbindungen mittels FE-Benicm

t1.0 ⋅

Fo

rechnung und Anwendung der abgeschätzten Kurve K0 [13] kann nach heutigem Kenntnisstand ht mehr empfohlen werden, da die keiner strengen Konzeptkonformität unterliegende Bewertung

it steigender Kerbwirkung zu extrem konservativen Ergebnissen führt [15].

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Nachbehandelte und insbesondere in der Geometrie an den Übergängen verbesserte Nähte weisen in ihrem Ermüdungsverhalten Parallelen zu vergleichbaren Kerbfällen ungeschweißter Bauteile auf [6]. Die im Bereich der Dauerfestigkeit zyklisch ertragbaren Beanspruchungen lassen sich werkstoffseitig auf empirischer Basis und meist linear mit der statischen Fliessgrenze Rp0.2 z.B. nach [16] bzw. der Zugfestigkeit Rm z.B. nach [17] korrelieren, womit die Ausschöpfung von Festigkeitsreserven des verwendeten Konstruktionswerkstoffes im Gegensatz zu nicht nachbehandelten Schweißnähten ermöglicht wird. Zudem gewinnt die technische Risseinleitungsphase bei nachgewiesener Rissfreiheit gemäß Abbildung 1 an Bedeutung und eine Nachweisführung mit dem Versagenskriterium Technischer Anriss ist in Ergänzung der bereits genannten Möglichkeiten des rechnerischen Ermüdungsfestigkeitsnachweises nach dem

• Konzept der örtlichen Beanspruchungen (Örtliches Konzept, Kerbgrundkonzept, Kerbdehnungskonzept = local strain approach)

möglich [2-3,18]. Den Grundprinzipien einer ermüdungsgerechten und kerbarmen Konstruktion kann hiermit gezielt Rechnung getragen werden, wobei geometrie- und werkstoffbezogene Potenziale der Schwingfestigkeitssteigerung insbesondere im hochzyklischen und Dauerfestigkeitsbereich wirksamen multiplikativen Superpositionseffekten unterliegen.

Dem Teilmodul der numerischen Beanspruchungsanalyse (FEM, BEM) auf der Basis adäquater Modelle ist im Rahmen sämtlicher lokaler Konzepte im Sinne der Reproduzierbarkeit von Berechnungsergebnissen besondere Bedeutung beizumessen [14]. Hierbei kann auf eine konzeptkonforme Schweißnahtmodellierungsstrategie zurückgegriffen werden, die von einer adaptiven und die wesentlichen geometrischen Kenngrößen umfassenden Nominalnaht ausgeht [14]. In Verbindung mit einer qualitativ und quantitativ abgesicherten nichtadaptiven Vernetzungsstrategie [19] kann der oben formulierte Anspruch erfüllt werden.

3 Allgemeine Wöhlerliniencharakteristik ungeschweißter und geschweißter Bauteile

Das Ermüdungsverhalten von Bauteilen lässt sich – proportionale Beanspruchungsverhältnisse vorausgesetzt – vorteilhaft an Hand der funktionalen Abhängigkeit der ertragbaren kombinierten Lastschwingbreite von der Lastwechselzahl N gemäß Abbildung 3 darstellen [16,20]. Eine Auftragung in Amplituden ist hierzu gleichwertig [2].

*min

*max

* LLL −=∆

1

k

NDNP

*DL∆

*PL∆

*FL∆

Kurzzeitfestigkeit Zeitfestigkeit Dauerfestigkeit

Querschnittelastoplastisch

Kerbgrundelastoplastisch Kerbgrund

makroskopischelastisch

*max

*min

LLR =σ

AÜ P-1P =

Versagenskriterium = const

Lastspannungsverhältnis = const

= constÜberlebenswahrscheinlichkeit

realer Verlauf der Bauteil-Wöhlerlinie

Lastwechselzahl

Last

schw

ingb

reite

[log]

[log]

Abbildung 3 Schematische Darstellung einer Bauteil-Wöhlerlinie mit realem und linearisiertem Verlauf

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Der hochgestellte Stern verdeutlicht in diesem Fall die Möglichkeit einer proportionalen Lastkombination z.B. aus Innendruck im Behälter und Axialkraft im Stutzen für die konkrete Baugruppe nach Abbildung 2.

Die hiermit repräsentierten Bauteil-Wöhlerlinien besitzen jeweils Gültigkeit für ein konstantes Verhältnis von minimaler und maximaler Lastkombination bzw. Lastspannung und eine bestimmte statistisch begründete Überlebenswahrscheinlichkeit P

*max

*min / LLR =σ

Ü bzw. deren komplementärem Wert für das Versagen PA=1-PÜ (bzw. PA=100%-PÜ). Die Notation der Versagenswahrscheinlichkeit wird hier äquivalent zur Ausfallwahrscheinlichkeit verwendet, obwohl letztere im Sinne eines integralen sicherheitstheoretischen Ansatzes die Streuverteilungen (Dichtefunktionen) der einwirkenden und ertragbaren Beanspruchungen berücksichtigen müßte [2].

Als druckbehältertypische Konstellationen lassen sich schwellende Beanspruchungsverhältnisse und dem hohen Gefährdungspotenzial Rechnung tragende Überlebenswahrscheinlichkeiten

von P0=σRÜ=97.7% (Anhang 4 des AD-Merkblattes S2 [10]) bzw. sogar PÜ=99.9% (Hauptteil des AD-

Merkblattes S2 [10]) sowie Beanspruchungen im Bereich von Zeit- und auch Kurzzeitfestigkeit (Abbildung 3) identifizieren, woraus sich wiederum konkrete Festlegungen bezüglich einzuhaltender Prüffristen ableiten lassen [10]. Entscheidend ist weiterhin die Angabe des der jeweiligen Wöhlerkurve zu Grunde liegenden Versagenskriteriums. Dem Sicherheitskonzept einer Fail-Safe-Strategie Rechnung tragend, findet bezogen auf Komponenten der Druckbehältertechnik vorzugsweise der Technische Anriss (Abbildung 1) als einer rissartigen Werkstofftrennung, die mit optischen Hilfsmitteln oder zerstörungsfreien Prüfverfahren erkennbar ist [10], Verwendung. Diese Definition ist mit Blick auf subjektive Einflüsse weitestgehend kompatibel mit der im Rahmen des Konzeptes der örtlichen Beanspruchungen (Örtliches Konzept, Kerbgrundkonzept, Kerbdehnungskonzept) praktizierten Grenzschädigungsdefinition eines Oberflächenanrisses der Länge 0.5-1.0mm. Es steht weiterhin im Einklang mit der regelwerksseitigen Nachweisführung für ungeschweißte Bauteilbereiche nach einem vereinfachten Konzept der örtlichen Beanspruchungen [9-10].

Der in Abbildung 3 gezeigte schematische Verlauf der Bauteil-Wöhlerlinien weist ausgeprägte Abflachungen zu den Grenzbereichen der statischen Festigkeit und der dauerfest ertragbaren Lastschwingbreiten hin auf. Letztere sind - abgesehen von der möglichen Existenz nicht fortschreitender physikalisch kurzer Risse [z.B. 1] – unabhängig vom vorgegebenen Versagenskriterium.

Der mittlere Bereich der Zeitfestigkeit ist durch einen das jeweilige Bauteil und den verwendeten Werkstoff charakterisierenden Anstieg k geprägt, der im Wesentlichen von Wechselplastizierungsvorgängen im jeweils versagenskritischen Kerbgrund gesteuert wird [2,21] und somit durch Bauteilversuche (Nenn-, Struktur- und Kerbspannungskonzepte) oder realitätsnahe elastisch-plastische Simulationsrechnungen (Örtliches Konzept) zu ermitteln ist. Charakteristische Grenzen für Stahl sind extrem flache Anstiege im Bereich k=11 für ungekerbte Bauteile und ein auf bruchmechanischer Basis in Analogie zum Exponenten des Paris-Gesetzes belegter Wert von k=3.0 für extrem scharf gekerbte bzw. a priori rissbehaftete Strukturen [3-8,16,22]. Die synthetische Wöhlerlinienabschätzung nach Bergmann und Thumser [16] sieht eine empirische Korrelation des Anstieges der Bauteil-Wöhlerlinie k mit der statischen Traglast und der Dauerfestigkeit des Bauteils und damit selbstverständlich auch der Kerbschärfe vor. Gleichzeitig wird, gestützt auf experimentelle Beobachtungen, bezüglich Anriss und Bruch die Parallelitätsvermutung – d.h. identische Bauteil-Wöhlerlinienanstiege k – als zutreffend erachtet. Genaueren Aufschluss kann im Einzelfall eine Betrachtung auf der Basis bruchmechanischer Methoden geben.

Mit diesen Gesetzmäßigkeiten erklären sich auch die experimentell belegten Wöhlerlinienanstiege für nicht nachbehandelte Stahlschweißverbindungen, die regelwerksseitig meist mit dem Wert k=3.0 [9-11] belegt sind. Die keiner Geometrieverbesserung unterzogene Schweißnaht gehört insbesondere auf Grund der mikrorissartigen Mikrokerbwirkung an den Übergängen zu den schärfsten Kerben, die in eine Konstruktion eingebracht werden können. Ohne geometrieverbessernde Schweißnahtnachbearbeitung in hochbeanspruchten Strukturbereichen ist mithin das Grundprinzip einer kerbarmen Konstruktion in diesen Fällen nicht zu realisieren.

Soll der Bereich der Kurzzeitfestigkeit keiner genaueren Untersuchung unter Einbeziehung der statischen und zyklischen Verfestigungsreserven unterzogen werden, so empfiehlt sich eine Begrenzung der jeweiligen Ermüdungskurve mit der unter Annahme linearelastisch-idealplastischen Materialverhaltens zu ermittelnden Traglastgrenze (unter Beachtung des jeweiligen

Lastspannungsverhältnisses [16]), die von lokalen Kerbeffekten unbeeinflusst ist, solange keine signifikante Querschnittsverschwächung eintritt. Die zugehörige Lastwechselzahl N

*pL∆

σRP markiert gemäß

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Abbildung 3 wiederum die Gültigkeitsgrenze einer statischen Auslegung auf Basis der Traglast und kennzeichnet somit gleichzeitig in Abhängigkeit vom Querschnitt, der Belastungsart und dem verwendeten Werkstoff den sogenannten quasistatischen Bereich. Die Traglast lässt sich in einfachen Fällen nach analytischen Traglastansätzen abschätzen (z.B. Flächenvergleichsverfahren bei innendruckbeanspruchten Behälter-Stutzen-Verbindungen [23]) bzw. mittels FE-Analysen unter Annahme linearelastisch-idealplastischen Materialverhaltens ermitteln, wobei die Behandlung interagierender Lastkomponenten nicht trivial ist [24]. Der Bereich der Kurzzeitfestigkeit unterliegt durch die Grenzlastdefinition der Traglast einer genauen Definition, während die Abgrenzung des niederzyklischen Bereiches (LCF=Low Cycle Fatigue) pragmatisch und unterschiedlich (Angabe einer Lastwechselzahl wie z.B. N=10000 im Zeitfestigkeitsbereich [15], Nutzung der Übergangslastwechselzahl NT zur dominant plastischen Beanspruchung im Rahmen des Örtlichen Konzeptes [25]) gehandhabt wird.

Der Übergangspunkt zur Dauerfestigkeit ND unterliegt statistischer Streuung und ist einerseits vom Wöhlerlinienanstieg k [16] und andererseits selbstverständlich vom Versagenskriterium (Technischer Anriss bzw. Bruch) abhängig.

Die Existenz allgemeiner Gesetzmäßigkeiten der Bauteil-Wöhlerliniencharakteristik führt unmittelbar auf die Möglichkeit der Ableitung bauteilspezifischer Normierter Wöhlerlinien [20], die sich durch einheitliche Streubänder, Anstiege k im Bereich der Zeitfestigkeit und Abknickpunkte ND zur Dauerfestigkeit auszeichnen. Obgleich von allgemeiner Gültigkeit [26-27], ist das Prinzip der Normierten Wöhlerlinie von besonderem Interesse im Zusammenhang mit Schweißverbindungen, die keinen geometrieverbessernden Nachbehandlungsmaßnahmen unterzogen wurden, da sich hieraus konkrete Berechnungskonzepte ableiten lassen. Die diesbezüglichen Gesetzmäßigkeiten konnten in einer gezielten Auswertung der verfügbaren Datenbasis aus 957 Versuchsreihen mit 9215 Einzelversuchen statistisch belegt werden [28].

Die Beschreibung der Bauteil-Wöhlerlinie erfolgt im Bereich der Zeitfestigkeit nach Abbildung 3 in Form einer Basquin-Beziehung [29] gemäß

k1

D*D

*

NNLL

⋅∆=∆ , DP NNN ≤≤ (1)

die durch den Übergang zur Kurzzeit- und Dauerfestigkeit mit

<∆>∆

=∆P

*D

**

NN wenn NN wenn

P

D

LL

L (2)

begrenzt wird, wobei sich der Übergang zur Kurzzeitfestigkeit bei Kenntnis der Traglast selbstver-ständlich aus

k

*

*

∆∆

⋅=P

DDP L

LNN (3)

ergibt.

Auf Grund der direkten linearen Proportionalität lässt sich in Abstimmung mit dem Berechnungsmodul auf der Ordinate jede der äußeren Belastung proportionale Größe (z.B. eine Membranspannung einer innendruckbeanspruchten Druckbehälterkomponente im Sinne einer Nennspannung, eine elastische Strukturbeanspruchung oder auch eine elastische Kerbbeanspruchung gemäß Abbildung 2) auftragen, womit sich Nenn-, Struktur- und Kerbspannungskonzepte mit zugeordneten Spannungsschwingbreiten σ∆ spezifizieren lassen. Die Anstiege der Bauteil-Wöhlerlinien k werden in [26] bei verschiedenen Überlebenswahrscheinlichkeiten PÜ mit

%10Pfür 0.4k%50Pfür 3.75k

%90Pfür 3.5k

Ü

Ü

Ü

==

==

==

(3)

angegeben. Aus der umfangreichen Auswertung in [28] ergibt sich ein Wert von k=3.5 für PÜ=50% bei einer Streuspanne bezüglich Lastwechselzahlen von TN=2.4 und T 28.1=σ bezüglich Be-anspruchung.

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Die Kenntnis der Streuspanne lässt unter der üblichen Annahme einer Gaußschen Normalverteilung [30] eine Umrechnung der üblicherweise für eine Überlebenswahrscheinlichkeit von P

σT

Ü=0.5 bzw. PÜ=50% angegebenen Schwingfestigkeitskennwerte mit der Korrekturfunktion [21]

( ) ( ) RÜ sPuÜPf

⋅−= 010 (4)

auf regelwerksseitig einzuhaltende Sicherheitsanforderungen zu. Bei Ansatz des Konzeptes der Normierten Wöhlerlinie kann sich die Korrektur mittels Gleichung 4 praktisch auf den charakteristischen Schwingfestigkeitskennwert bei bzw. die Dauerfestigkeit beschränken. Hierbei stellen u

6102N ⋅=0(PÜ) die Funktion der normierten Gaußschen Normalverteilung und sR die

logarithmische Standardabweichung gemäß

⋅=

σT1log

56.21sR (5)

dar [21]. Die normierte Merkmalsgröße u0 läßt sich in Abhängigkeit von der geforderten Überlebens- bzw. Ausfallwahrscheinlichkeit über das Gaußsche Integral

( ) ∫∞−

⋅−⋅

⋅=

02

0A u21exp

21uP

u

duπ

(6)

bzw. für diskrete Werte PA=1-PÜ nach Tabelle 1 ermitteln [2].

PA 0.5 0.16 -110 -2105 ⋅ -2102.28 ⋅

-210 -310 -410 -510 -610 -710

u0 0 -1.0 -1.2815 -1.64 -2.0 -2.326 -3.08 -3.72 -4.26 -4.72 -5.18

Tabelle 1 Diskrete Zuordnung von Ausfallwahrscheinlichkeit PA und normierter Merkmalsgröße u0

Die in der praktischen Anwendung benötigte funktionale Zuordnung u0(PA) läßt sich mit den Stützpunkten nach Tabelle 1 durch die einfache Interpolationsgleichung

( ) ( A0.5AA0 Pln229571571.0P453738504.255401209.1Pu ⋅+⋅+−= ) (7)

mit einem Bestimmtheitsmaß (Coefficient of Determination) von r2=0.9987657889 approximieren [31].

Die für den Bereich der Druckbehältertechnik geforderten hohen Überlebenswahrscheinlichkeiten erscheinen einerseits durch das hohe Gefährdungspotenzial druckführender Komponenten, andererseits aber auch durch praktische Unsicherheiten bezüglich der tatsächlichen und der der mathematisch-mechanischen Modellierung im Teilmodul Beanspruchungsanalyse zu Grunde gelegten Lastannahmen gerechtfertigt. Diese unterliegen wiederum einer statistischen Streuung, die bei der Bestimmung einer Ausfallwahrscheinlichkeit PA berücksichtigt werden müsste [2]. Die gegenwärtige Situation hinsichtlich der Lastspezifikation ist hier als sehr unbefriedigend und verbesserungsbedürftig zu charakterisieren.

In der regelwerksseitigen Umsetzung wird das Wöhlerlinienfeld für Nenn-, Struktur- und Kerbspannungskonzepte mit einem einheitlichen Anstiegswert von k=3.0 versehen [9-11]. Der Abknickpunkt in den Bereich der Dauerfestigkeit wurde in [26] einheitlich und in [28] mehrheitlich bei

Schwingspielen angegeben und wird in den aktuellen Regelwerken [11] mit

festgelegt. Die Kenngrößen der Bauteil-Wöhlerlinien können als weitgehend unabhängig von den Herstellungsparametern und der Zugfestigkeit des Grundwerkstoffes angesehen werden [28]. Ungünstige Schweißeigenspannungszustände verschieben den Abknickpunkt zur Dauerfestigkeit hin zu Lastwechselzahlen und machen eine dauerfeste Auslegung problematisch. Hierdurch erscheinen die regelwerksseitigen Festlegungen bezüglich Anstieg und Abknickpunkt der Bauteil-Wöhlerlinien gerechtfertigt [9-11].

6D 102N ⋅=

6D 105N ⋅=

6D 102N ⋅>

25

Fortschritte auf dem Gebiet der Druckgerätedimensionierung - Ermüdungsfestigkeit - Spezielle Festigkeitsprobleme

20. November 2001 Universität Dortmund

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4 Bewertungsgrundlagen für nicht nachbehandelte Schweißnähte

Gestützt auf umfangreiche und gezielte experimentelle Untersuchungen (ca. 700 Versuche bei Lastspannungsverhältnissen , Blechdicken t zwischen 8 und 80mm für HV- und Kehlnähte) ist in [32] unter Weiterentwicklung des verbreiteten Worst-Case-Kerbspannungskonzeptes nach Radaj [2-3] der Ansatz nach Oliver, Köttgen und Seeger [2,32] entwickelt worden, bei dem die Idealisierung der Schweißnahtkontur für die numerische Beanspruchungsanalyse nach festen Modellvorgaben erfolgt. Hierbei ist insbesondere die realitätsnahe Abbildung der Nominalmaße der Schweißnaht wie Flankenwinkel, Breite und Höhe charakteristisch. Die Schweißnahtoberfläche wird dabei modellseitig idealisierend geglättet und mit tangentialen Übergängen des einheitlichen Radius r=1mm versehen. Der fest vorgegebene Radius der Übergangs- und Wurzelkerben ist hierbei als Mittelwert eines real vorhandenen Kerbradius zu interpretieren [2], womit ein Lösungsansatz für den Problemkreis der Abbildung der Schweißnahtgeometrie im Berechnungsmodell geboten wird. Es erfolgt ein direkter Abgleich zwischen Experiment und numerischer Beanspruchungsanalyse, indem die experimentell bei Lastwechselzahlen (S

[ 1;0;0.4-R =σ

AN

]

6102 ⋅= A,exp) bzw. im Bereich der Dauerfestigkeit (SD,exp) ermittelten Beanspruchungswerte (in Nennspannungen SA,exp bzw. SD,exp oder Lasten L) mit den rechnerisch nach konzeptkonform festgelegtem Modell bestimmten Spannungsüberhöhungen (in Formzahl Kt für die untersuchten quer zur Beanspruchungsrichtung liegenden Schweißnähte [2]) nach Gleichung 8

( )1mmrKS texpD,De, =⋅=σ bzw. ( )1mmrKS texpA,Ae, =⋅=σ (8)

multipliziert werden, so dass sich modellgebundene Dauerfestigkeiten des Werkstoffelementes am Nahtübergang De,σ ergeben [2,32]. Diese örtlichen Dauerfestigkeitswerte De,σ erfassen bereits "Streuungen der Kerbradien r um den Mittelwert r=1mm, Streuungen der rein werkstofflich bedingten Festigkeiten, eventuelle Streuungen anderer geometrischer Parameter um deren angesetzte Mittelwerte sowie Rauhigkeits- und Stützwirkungseffekte" [2]. Es wird deshalb im Gegensatz zum Worst-Case-Konzept nach Radaj [2-3] als ein Mittelwert-Streuungs-Konzept definiert [2]. Die experimentell und statistisch abgesicherten Streuverteilungen der ertragbaren örtlichen Spannungsamplituden ( )6

AAe, 102N ⋅=σ liegen bei 44.1T =σ für , für

und für . Die zugehörigen Amplitudenwerte

1−=R σ 42.1T =σ

0R =σ 55 4.0R =σ.1T =σ ( )6A 102 ⋅=Ae,σ N

1 für

eine Überlebenswahrscheinlichkeit von PÜ=50% sind 247N/mm2 für R −=σ , 176N/mm2 für 0R =σ

und 140N/mm2 für R 4.0=σ . Die Angabe der Streuspannen lässt wiederum eine Umrechnung der für eine Überlebenswahrscheinlichkeit von PÜ=50% ermittelten Werte auf branchenspezifische Grenzen nach den Gleichungen 4 bis 7 bzw. Tabelle 1 zu.

In [11] wird nach diesem Konzept für ein Lastmittelspannungsniveau von (Schwellbean-spruchung) und eine Überlebenswahrscheinl chkeit von P

0R =σ

i Ü=97.7% ein Wert für die zulässige Spannungsschwingbreite ( )6

AAe, 102N ⋅=∆σ

6D 105 ⋅=

=252N/mm2 angegeben, der in der aktuellen Fassung auf 225N/mm2 zurückgenommen wurde [2] und sich damit in das Feld der dortigen Bauteil-Wöhlerlinien als FAT-Klasse 225 einordnet. Diese Kennlinie (Kerbspannungskonzept) ist in Abbildung 2 zusammen mit den gegenwärtig nach Anhang 4 des AD-Merkblattes S2 gültigen Ermüdungskurven K0-K3 [10] (Strukturspannungskonzept) bei vergleichbarer Überlebenswahrscheinlichkeit (97.7% mit regelwerksseitig festgelegten Inspektionsintervallen bei 25% der ermittelten zulässigen Lastwechselzahlen) schematisch dargestellt. Die Wöhlerlinien für geschweißte Bauteile werden in [9-11] im Zeitfestigkeitsbereich bis zur Lastwechselzahl an der regelwerksseitig festgelegten Dauerfestigkeitsgrenze durch Gleichungen der Form N

k1

NC

=∆σ (9)

beschrieben, wobei der Wert der FAT-Klasse nach [11] definitionsgemäß identisch mit dem Wert der jeweiligen Spannungsschwingbreite bei ist. Die Konstanten C sind für die einzelnen Bauteil-Wöhlerlinien tabelliert bzw. ergeben sich aus den jeweiligen Dauerfestigkeiten

6A 102N ⋅=

Dσ∆ nach der Gleichung

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Fortschritte auf dem Gebiet der Druckgerätedimensionierung - Ermüdungsfestigkeit - Spezielle Festigkeitsprobleme

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kD

6105.0C σ∆⋅⋅= (10)

womit die Äquivalenz zu Gleichung 1 deutlich wird. Den in Abbildung 2 schematisch dargestellten Bauteilwöhlerlinien können gemäß Anhang 4 des AD-Merkblattes S2 [10] die Konstanten

für K0, für K1, für K2 und für K3 zugeordnet werden. Die Kurve FAT-225 ist in dieser Nomenklatur mit der Konstante verknüpft.

12102.56C ⋅= 1210.251C ⋅= 1110.256C ⋅= 1110.23C ⋅=2.28C = 1310⋅

Der in den experimentellen Untersuchungen [32] unter Heranziehung des Streubandes der Normierten Wöhlerlinie ermittelte Anstieg von k=3.75 wird auf den für nicht nachbearbeitete Schweißnahtverbindungen üblichen Grenzwert von k=3.0 korrigiert. Dieser Kurve wird die Berücksichtigung möglicher Schweißeigenspannungseffekte zugebilligt, wohingegen äußere Imperfektionen (Kantenversatz, Aufdachung) in das Berechnungsmodell zu integrieren sind [11].

Eine Korrektur für verschiedene Wanddicken (z.B. Faktor fd in [9-10]) ist hierbei nicht erforderlich, da die Vergrößerung der Kerbschärfe an den Nahtübergängen bei dickeren Bauteilen [33] vom Berechnungsmodell erfasst wird.

5 Vergleichende Bewertungsgrundlagen für nachbehandelte Schweißnähte Der mittels Schweißnahtnachbehandlung zu erzielende Lebensdauergewinn lässt sich insbesondere im Bereich der Dauerfestigkeit (Abbildung 3) ausweisen. Diese Reserven werden im Zeitfestigkeitsgebiet durch makroskopische Plastizierungseffekte zunehmend aufgebraucht, bevor bei Beanspruchungen in Höhe der statischen Traglast (Abbildung 3) von der Identität der Versagensmechanismen bei vergleichbarer Nominalgeometrie der Schweißnaht ausgegangen werden kann, da bei globaler Plastifizierung des versagenskritischen Querschnitts kein lokaler Kerbeffekt mehr wirksam ist.

Kerbspannungs- und kerbdehnungsbasierte Konzeptionen sind im Bereich der Dauerfestigkeit mit makroskopisch elastischer Beanspruchung (Abbildung 3) direkt miteinander vergleichbar, wenn jeweils eine adäquate Berücksichtigung der Oberflächeneigenschaften (Rauhigkeit) vorgesehen ist [21]. Der Rauhigkeitseffekt ist bei Anwendung des Kerbspannungskonzeptes von Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] implizit im Werkstoffkennwert De,σ∆ enthalten, während er im Rahmen des Örtlichen Konzeptes (Kerbgrundkonzept, Kerbdehnungskonzept) in Form eines Oberflächenkorrekturfaktors z.B. in der regelwerksseitig für ungeschweißte Bauteilbereiche angegebenen Form [9-10]

( ) ( )0.53Zm

0.64ZO Rln289.0RlnRln0056.01F ⋅+⋅⋅−= (11)

in Abhängigkeit von der Rauhtiefe RZ und der Zugfestigkeit Rm berücksichtigt werden kann. Die empirische Gleichung 11 geht auf [34] zurück und besitzt Gültigkeit für den Bereich der Dauerfestigkeit. In den Regelwerken der Druckbehältertechnik [9-10] wurde für das Gebiet der Zeitfestigkeit eine im doppelt logarithmischen Maßstab linear abnehmende Gesetzmäßigkeit und damit eine Abhängigkeit von der Lastwechselzahl N der Form

( ) 301.42ln4343.0 −⋅

=N

OO FNf (12)

postuliert, um der Verringerung des Oberflächeneinflusses mit steigender Beanspruchung und Plastizierung näherungsweise Rechnung zu tragen. Eine interessante Alternative ergibt sich aus der Interpretation der Oberflächenrauhigkeit als Vorschädigung bzw. Anfangsrisslänge a0, die die integrierte Berücksichtigung im Rahmen von kurzrissbasierten Schadensakkumulationskonzepten erlaubt [2,35].

Berechnungsseitig ist weiterhin selbst unter der Voraussetzung proportionaler Lastaufbringung der Mehrachsigkeitsproblematik Beachtung zu schenken. Praktisch ist hierbei zunächst zu klären, welche Beanspruchungsgröße für die vorgegebene Konstellation bezüglich Werkstoff, mehrachsigem Beanspruchungszustand und Beanspruchungshöhe (unterschiedliches Schädigungsverhalten im LCF- und HCF-Bereich!) als schädigungsdominant anzusehen ist. Bei proportionalen Beanspruchungsverhältnissen spielt häufig die erste Hauptspannung bzw. Hauptdehnung die entscheidende Rolle [36], was beispielsweise in den regelwerksseitigen Bewertungsmechanismen nach [11] und im Kerbspannungskonzept in der Variante nach Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] durch Verwendung der Schwingbreite der ersten Hauptspannung 1σ∆ zum Ausdruck kommt. Speziell

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im Zeitfestigkeitsbereich ist jedoch selbst bei proportionalen Beanspruchungsverhältnissen eine Dominanz der maximalen Schubspannungsschwingbreiten möglich, was beispielsweise zur werkstoffabhängigen Definition sogenannter Damage Maps [37] geführt hat, die Aufschluss über das zu erwartende Schädigungsverhalten durch lastwechselabhängige Differenzierung in drei Grundtypen geben. In der Ausweitung auf den komplizierteren Fall nichtproportionaler Beanspruchungsverhältnisse führt dieses Prinzip zur Identifikation und Betrachtung kritischer Schnittebenen (critical plane approach), die das Schädigungs- und Versagensverhalten richtungsabhängig bestimmen [38-39].

Im europäischen Regelwerk der Druckbehältertechnik [9] wird bezüglich geschweißter Bauteilbereiche in Abhängigkeit von den erwarteten Rissorten und –arten bei den verschiedenen konstruktiven Details im Rahmen des Strukturspannungskonzeptes sowohl auf die Schwingbreite der ersten Hauptspannung 1σ∆ als auch die Vergleichsspannungsschwingbreite Vσ∆ zurückgegriffen. Im AD-Regelwerk [10] wird gegenwärtig generell für geschweißte und ungeschweißte Bauteilbereiche die Vergleichsspannungsschwingbreite Vσ∆ nach Schubspannungshypothese (Tresca-Kriterium [40]) bzw. Gestaltänderungsenergiehypothese (von-Mises-Kriterium [41]) genutzt, wobei eine formale Übertragung auf zeitlich veränderliche Hauptspannungsrichtungen (nichtproportionale Beanspruchungen) im Sinne einer groben Bewertung komplizierter Beanspruchungssituationen möglich ist [42]. Der Rückgriff auf die klassischen Festigkeitshypothesen [40-42] ist als einfachster Fall einer integralen Schädigungshypothese (integral approach) zu kategorisieren [36,38] und bereitet neben der grundsätzlichen Frage nach der Beschreibung des realen Schädigungsmechanismus [37-38] Schwierigkeiten im Hinblick auf die Bewertung von vorzeichenbehafteten Mittelspannungen. Im Folgenden wird auf das Grundprinzip der kritischen Schnittebene (critical plane approach) zurückgegriffen und die Methodik für den Fall der Schädigungsdominanz der ersten Hauptdehnung bzw. Hauptspannung erläutert.

Im zunächst zu betrachtenden Bereich der Dauerfestigkeit ist von einer makroskopischen Dominanz elastischer Beanspruchungen auszugehen. Die mittels numerischer Beanspruchungssimulation (FEM, BEM) für den versagenskritischen Kerbgrund (z.B. Schweißnahtübergang nach Abbildung 2) zu bestimmende maximale erste Hauptspannung max1,σ bzw. deren Schwingbreite max1,σ∆ lässt sich mit

der einwirkenden äußeren Last L (z.B. innerer Überdruck p), einer proportionalen Lastkombination (z.B. innerer Überdruck und Axialkraft im Stutzen nach Abbildung 2) bzw. deren Schwingbreite

*L*L∆

über einen elastischen Übertragungsfaktor c1,max [2]

*max,1

*max1,

max1, LLc

∆∆

==σσ

(13)

verknüpfen. Hierbei ist als äußeres Betriebsbelastungsspektrum und Eingangsgröße für die numerische Simulation als bekannt vorauszusetzen. Eine Normierung der Einzellastgrößen sollte im Sinne der Einheitentreue (meist N/mm

*L2) von Seiten des Anwenders erfolgen. Im Falle von Axialkräften

und Biegemomenten als Stutzenlasten bietet sich die Nutzung der elementaren Axial- bzw. Biegespannung im ungestörten Bereich des Rohres an.

Eine Aufteilung von elastischen Übertragungsfaktoren auf einzelne Lastkomponenten Li (z.B. innerer Überdruck und Axialkraft im Stutzen gemäß Abbildung 2) [2] ist selbstverständlich auf Basis des für linearelastische Beanspruchungsverhältnisse gültigen Superpositionsprinzips entsprechend

∑=

⋅=⋅++⋅+⋅=n

i 1i1,inn1,21,211,1max,1 LcLc...LcLcσ (14)

möglich [43], wobei der versagenskritische Ort jeweils zu identifizieren ist. An Hand der Gleichungen 13 und 14 wird im elastischen Bereich der Nennspannungscharakter der in Abschnitt 3 und Abbildung 3 definierten kombinierten Lastschwingbreite *L∆ deutlich. Ebenso ist unter der Voraussetzung proportionaler Belastungsverhältnisse eine Darstellung in Abhängigkeit von der Hauptlastkomponente L1 (z.B. die Funktionslast Innendruck) mit

1

11 L

Lk = ; 1

22 L

Lk = ; 1

33 L

Lk = ; ...; 1

ii L

Lk = (15)

und damit

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Fortschritte auf dem Gebiet der Druckgerätedimensionierung - Ermüdungsfestigkeit - Spezielle Festigkeitsprobleme

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iires kckckccc ⋅++⋅+⋅+= ,133,122,11,1,1 ... (16) mit der Gleichung 13 äquivalenten Beziehung

1,1max,1 Lc res ⋅=σ (17) möglich [43]. Für die praktische Festigkeitsanalyse (FEM, BEM) bedeutet Gleichung 13 die simultane Berücksichtigung sämtlicher äußerer Lasten in einer Rechnung, während die Gleichungen 14 bis 17 eine verallgemeinerungsfähige Kombination verschiedener Lastfälle (mehrere Rechnungen) ermöglichen.

Die klassische Darstellung in Formzahlschreibweise (Maximalbeanspruchung = Formzahl*Nennspannung) [2]

Ntmax1, K σσ ⋅= (18)

ist hierbei als Sonderfall mit der obligatorischen Zusatzangabe einer Nennspannung Nσ (z.B. globale Membranspannung einer Druckbehälterkomponente) zu betrachten [2,16]. Die Verwendung von Formzahlen wird hier mit Blick auf die Möglichkeiten der numerischen Beanspruchungsanalyse (FEM, BEM) ohne die Notwendigkeit der Angabe von Nennspannungen vermieden.

Eine Kombination der Gleichungen 8 und 13 liefert für die nicht nachbehandelte Nahtausführung unmittelbar die dauerfest ertragbare Lastschwingbreite ∆ , da der Werkstoffkennwert *

DL De,σ∆ bereits sämtliche Streuungen bezüglich Geometrie, Rauhigkeit sowie auch möglicher Stützwirkungseffekte [2] enthält. Der elastische Übertragungsfaktor c1,max ist hierbei in Übereinstimmung mit den modellierungsseitigen Konventionen des Kerbspannungskonzeptes nach Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] gemäß der schematischen Darstellung in Abbildung 2 zu ermitteln. Für nachbehandelte und insbesondere in der Geometrie verbesserte Nähte gleicher Nominalabmessungen (Breite, Höhe) tritt werkstoffseitig an die Stelle des festen Wertes De,σ∆ die von den statischen Festigkeitskennwerten abhängige [16-17] Werkstoff-Dauerfestigkeit (in der Regel für Zug-Druck-Beanspruchung) DNB,σ∆ , wobei von

( ) De,mDNB, R~ σσ ∆>∆ (19)

auszugehen ist. Bei entsprechender schweißtechnologischer Absicherung (Wahl des Zusatzwerkstoffes, Verhinderung von Aufhärtung, artgleiche Verschweißung usw.) kann bezüglich

DNB,σ∆ und sämtlicher weiterer involvierter Festigkeitseigenschaften näherungsweise auf die meist leicht zugänglichen bzw. abschätzbaren Kennwerte des Grundwerkstoffes zurückgegriffen werden [44]. Hierbei ist die Anwendung der Abschätzmethode des Uniform Material Law (UML) nach Bäumel und Seeger [17] gemäß Tabelle 2 möglich.

Bei der Ermittlung des zugehörigen elastischen Übertragungsfaktors c1,max,NB (FEM, BEM) ist im Modell eine realitätsnahe Abbildung der nachbehandelten Schweißnahtkontur unter Ausklammerung von Rauhigkeitseffekten in Analogie zu regelwerksseitigen Anforderungen bezüglich ungeschweißter Bauteilbereiche [9-10] vorzusehen. Im direkten Vergleich zur nicht nachbehandelten Naht (Abbildung 2) gleicher Nominalgeometrie ist dabei in der Regel (aber gemäß Tabelle 3 nicht in jedem Fall) von

NBmax,1,max1, cc > (20)

auszugehen. Die Ungleichungen 19 und 20 weisen sowohl werkstoffseitige als auch geometrieseitige Möglichkeiten der Lebensdauersteigerung durch Schweißnahtnachbehandlung aus, von denen im praktischen Konstruktionsprozess gezielt durch die Wahl höherfester Stähle (Ungleichung 19) und durch kerbarme Gestaltung der Schweißnahtkontur (Ungleichung 20) bis hin zu einer Formoptimierung [45] Gebrauch gemacht werden kann.

Der relative Lebensdauergewinn *DL∆ durch Schweißnahtnachbehandlung lässt sich im Bereich der

Dauerfestigkeit mit

NBmax,1,

max1,max1, c

cc = (21)

und

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De,

DNB,De, σ

σσ

∆∆

=∆ (22)

durch

max1,De,NBmax,1,

max1,

De,

DNB,*

De,

*DNB,*

D ccc

LL

L ⋅∆=⋅∆

∆=

∆∆

=∆ σσ

σ (23)

quantifizieren, wobei gegebenenfalls eine Abminderung durch den die Oberflächenrauhigkeit der Naht kennzeichnenden Faktor FO [9-10] z.B. nach Gleichung 11 für die nachbehandelte Naht zu berücksichtigen wäre [21]. Mögliche Stützwirkungseffekte [2-3] bleiben an dieser Stelle für die nachbehandelte Naht auf Grund der zu erwartenden moderaten Kerbung konservativerweise unberücksichtigt [20], während im Falle der scharf gekerbten nicht nachbehandelten Naht sämtliche diesbezüglichen Eigenschaften bereits im Werkstoffkennwert De,σ∆ enthalten sind. Im Bereich der Zeitfestigkeit und insbesondere bei Beanspruchungen im Gebiet der Kurzzeitfestigkeit ist eine sehr differenzierte Betrachtung erforderlich. Mit dem Konzept der örtlichen Beanspruchungen (Örtliches Konzept, Kerbgrundkonzept, Kerbdehnungskonzept) [2-3] steht auf Anwenderebene ein anrissbezogenes Verfahren zur Verfügung, das die zeitfeste und insbesondere auch niederzyklische Auslegung nachbehandelter Schweißnähte durch numerische Simulation und Schädigungsbewertung der elastoplastischen Beanspruchungsabläufe im versagenskritischen Kerbgrund (z.B. Schweißnahtübergang) ermöglicht.

Die Grundbausteine des streng modular aufgebauten Konzeptes [2,46] sind gemäß Abbildung 4

• die Bauteilgeometrie und Lastkonfiguration, • die Last-Zeit-Funktion und • die zyklischen Kennwerte des Werkstoffes.

Letztere bestehen im Wesentlichen aus der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kennlinie, die häufig analytisch in der von Ramberg und Osgood [47] angegebenen Form

'1

',,ta,

naaplaela KE

+=+=

σσεεε (24)

beschrieben wird und der dehnungsbasierten Werkstoff-Wöhlerlinie in der Darstellung nach Manson, Coffin und Morrow [48-50]

( ) ( cf

bf NN ⋅⋅+⋅⋅=+= 22E

''

pla,ela,ta, εσ

εεε ) (25)

Umfangreiche Datensammlungen [51] unterstützen den Anwender bei der Beschaffung der benötigten Werkstoffkennwerte, wobei die statistische Auswertung verfügbarer Datensätze die Ableitung von Abschätzformeln wie z.B. das Uniform Material Law (UML) nach Bäumel und Seeger [17] gemäß Tabelle 2 erlaubt.

Ausgangspunkt der Abschätzung sind hierbei die statischen Standardkennwerte Elastizitätsmodul E und Zugfestigkeit Rm. Aktuelle Untersuchungen unterstreichen nachhaltig die Abschätzbarkeit der benötigten Werkstoffkennwerte [52]. Die Last-Zeit-Funktionen stellen sich unter der Voraussetzung der Proportionalität als Folge von Um-kehrpunkten dar, die es im Zusammenspiel mit dem Fliessverhalten des Bauteils am versagenskriti-schen Ort (Bauteilfliesskurve= Auftragung der äußeren Belastung über der örtlichen Dehnung) gemäß Abbildung 4 erlauben, die örtlichen elastoplastischen Beanspruchungspfade einschließlich sich einstellender Lasteigenspannungszustände zu rekonstruieren. Die sich ausbildenden Hystere-seschleifen folgen dabei bei proportionalen Beanspruchungsverhältnissen näherungsweise der Ma-sing-Hypothese [53]

*L

⋅=

∆⋅=∆

2G2

2LF2

* σε (26)

die jeweils eine Verdoppelung des Erstbelastungsastes F bzw. G gemäß Abbildung 4 vorsieht.

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unlegierte und niedrig-legierte Stähle

Aluminium- und Titanlegierungen

Beispiel (niedriglegiert)

'fσ in

[N/mm2] mR⋅5.1 mR⋅67.1 890.4

b in [-] -0.087 -0.095 -0.087

'fε in [m/m] Ψ⋅59.0 0.35 0.59

c in [-] -0.58 -0.69 -0.58

Dσ in [N/mm2] mR⋅45.0 mR⋅42.0

267.12

Dε in [m/m] Ψ⋅⋅+⋅ −41095.145.0ERm

ERm⋅42.0

0.001

ND in [-] 5105 ⋅ 6101⋅ 5105 ⋅

'K in [N/mm2] mR⋅65.1 mR⋅61.1

979.44

'n in [-] 0.15 0.11 0.15

0.1=Ψ für 3103 −⋅≤ERm ;

⋅−=Ψ

ERm0.125375.1

für 3103 −⋅>ERm ; 0≥Ψ

für

und

2/6.593 mmNRm =

2212000N/mmE =

Tabelle 2 Uniform Material Law (UML) nach Bäumel und Seeger [17]

Das Masing-Modell wird dabei sowohl dem Werkstoff als auch dem Bauteil zugebilligt (Spannung bzw. Last in Abhängigkeit von der Dehnung). Mehrstufige Belastungen (Schadensakkumulation) erfordern zudem die Berücksichtigung von drei Arten des Werkstoffgedächtnisses (Memory-Regeln) [2] in Verbindung mit einem geeigneten Zyklenzählverfahren wie der Rainflow-Regel [54]. Auf Seiten der Beanspruchungsermittlung sind zunächst zur Ermittlung der Bauteil-Fliesskurve (Zusammenhang zwischen Dehnung im versagenskritischen Kerbgrund und äußerer Belastung) elastisch-plastische Festigkeitsanalysen unter kontinuierlicher Steigerung der Lastgröße und unter Nutzung der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kennlinie des Werkstoffs gemäß Abbildung 4 und z.B. Gleichung 24 durchzuführen. Alternativ dazu ist ein Rückgriff auf eine elastische Rechnung in Anlehnung an Gleichung 13 möglich, wobei im überelastischen Bereich eine Korrektur auf Basis von Näherungsformeln [55] wie beispielsweise der verbreiteten Neuber-Hyperbel [1,3,56] vorgenommen wird. Der in den Regelwerken der Druckbehältertechnik [9-10] für ungeschweißte Bauteilbereiche im überelastischen Bereich eingesetzte Korrekturfaktor ke ist ein einfaches Beispiel für eine derartige Plastizitätskorrektur.

*L

Bei den vorliegenden mehrachsigen Beanspruchungsverhältnissen ist zusätzlich zu beachten, dass die jeweilige Näherungsformel zunächst auf Vergleichsspannung und –dehnung angewendet wird und die elastoplastischen Vergleichsgrößen anschließend in die zur Schädigungsbewertung benötigten Komponenten zu zerlegen sind. Hierzu eignet sich das Verfahren nach Hoffmann und Seeger [57-58].

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Abbildung 4 Schema zur Anwendung des Örtlichen Konzeptes

Im Einzelfall ist zu entscheiden, ob die elastische Lösung mit Plastizitätskorrektur oder die elastoplastische Fliesskurvenbestimmung mittels FEM zum Einsatz kommt. Eine exemplarische Gegenüberstellung bezogen auf Druckbehälterschweissverbindungen wird in [59] vorgenommen. Häufig wird eine elastoplastische Analyse ohnehin erforderlich sein (allerdings auf Basis linearelastisch-idealplastischen Werkstoffverhaltens), um die Traglast L zu bestimmen. Zur Verbesserung der Näherungsformeln im vollplastischen Bereich [55] ist die Kenntnis des Traglastfaktors K

*P

P als Verhältnis von Grenzlast starrplastisch (Traglast) zur elastischen Grenzlast *EL

*E

*P

P LLK = (27)

erforderlich. Die elastische Grenzlast L (für den versagenskritischen Kerbgrund) ergibt sich in Anlehnung an Gleichung 13 aus

*E

max1,

F*E c

L σ= (28)

wobei Fσ für die statische Fliessgrenze, also beispielsweise den Werkstoffkennwert Rp0.2, steht.

Folglich wird zwar der Traglastfaktor KP, nicht jedoch die Traglast L selbst von den lokalen Beanspruchungsverhältnissen im versagenskritischen Kerbgrund beeinflusst. Als Näherungsformeln kommen häufig das Verfahren nach Neuber [56] mit der Traglastkorrektur („Sternterm“) [55]

*P

e*2*

un

Fo

( )

⋅⋅=⋅⋅/ES

LcE *maxV,VV εσ (29)

d die Formel nach Seeger, Beste und Amstutz [55]

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( )

⋅+

⋅⋅

⋅⋅=⋅⋅

E/SeLc

-1ucos

1lnu2Lc

E *

*

V

*maxV,

2

2

V

*maxV,*

VVV σσσεσ (30)

mit

( )

⋅⋅

−⋅= 1

Lc1K

12

uV

*maxV,

P σπ

(31)

zum Einsatz. Die Traglastnennspannung ergibt sich hierbei aus *S

⋅=

P

*maxV,*

KLc

S (32)

und die Traglastnenndehnung aus dem Werkstoffgesetz z.B. nach Gleichung 24. *e Mittelspannungseffekte werden im Rahmen des Örtlichen Konzeptes in der Regel durch sogenannte Mittelspannungs- bzw. Schädigungsparameter P berücksichtigt. In der Basisvariante kommt hierbei meist der Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper [60]

( ) E⋅⋅+= ta,maSWTP εσσ (33)

zum Einsatz. Der Schädigungsparameter ist für ein bestimmtes Beanspruchungsniveau für das Bauteil (mehrachsig) zu ermitteln und in Beziehung zum werkstoffseitigen Wert P gemäß Abbildung 4 zu setzen. Wird die Werkstoff-Dehnungs-Wöhlerlinie analytisch in der Form nach Manson, Coffin und Morrow [48-50] gemäß Gleichung 25 beschrieben, so lässt sich der werkstoffseitige Wert des Schädigungsparameters aus

( ) ( ) ( ) cb'f

'f

b22'fSWT N2EN2P +⋅ ⋅⋅⋅⋅+⋅⋅= σεσ (34)

ermitteln.

Bezüglich der Mehrachsigkeit erfolgt nach Socie [37] eine sinngemäße Anwendung des genannten Schädigungsparameters unter Rückgriff auf die erste Hauptspannung und erste Hauptdehnung, sofern das Schädigungsgeschehen vom Rissfortschritt orthogonal zur Zugrichtung (Mode I) dominiert wird. Wird das Versagen beispielsweise von der Ebene maximaler Schubbeanspruchung bestimmt, so verliert diese Annahme ihren werkstoffmechanischen Hintergrund und es ist mit entsprechend gravierenden Ungenauigkeiten in der Lebensdauerabschätzung zu rechnen. In diesem Fall schlägt Socie einen analogen schubbeanspruchungsbasierten Schädigungsparameter vor, in dem der Schädigungsbeitrag der Normalbeanspruchung in der Ebene maximaler Schubbeanspruchung Berücksichtigung findet [37]. Eine pragmatische Lösung besteht weiterhin in der Nutzung des jeweils konservativeren Wertes [37].

Mit kurzrissbasierte Ansätzen [1] wie dem Schädigungsparameter PJ nach Vormwald [35] wird eine werkstoffmechanisch begründete Erfassung von Reihenfolgeeinflüssen im Rahmen von Schadensakkumulationsbetrachtungen angestrebt, wobei der Mittelspannungseinfluss implizite Berücksichtigung findet. Die Methode findet bei mehrachsig-proportionalen Beanspruchungsverhältnissen als Stand der Technik praktische Anwendung [36,61] und wird im Rahmen der aktuellen Fatigue-Forschung auf allgemeine nichtproportionale Belastungssituationen ausgeweitet [39].

Auf die Schadensakkumulationsproblematik bei Betriebsbeanspruchungsspektra kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Bezogen auf den speziellen Bereich der Druckbehälterschweißverbindungen sei auf die umfangreiche Darstellung in [18] und die dortigen Literaturreferenzen verwiesen. Die punktweise Ableitung von Bauteil-Wöhlerlinien in Last- bzw. Nennspannungsschreibweise [2] gemäß Abbildung 4 wird einem praxisnahen Anwendungsprofil gerecht. Eine formale Auftragung in Struktur- oder Kerbspannungen ist bei unverändertem Aussagegehalt unter Beachtung des Versagenskriteriums möglich. Somit wäre beispielsweise auch ein abschätzender Abgleich mit den Modellvorgaben des Kerbspannungskonzeptes in der Variante nach Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] denkbar. Die starke Abhängigkeit von Geometrie und zyklischen Werkstoffkennwerten erfordert jedoch in jedem Fall individuelle Lösungen.

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Fortschritte auf dem Gebiet der Druckgerätedimensionierung - Ermüdungsfestigkeit - Spezielle Festigkeitsprobleme

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6 Konzeptkonforme Schweißnahtmodellierung Die Qualität und Aussagekraft der rechnerischen Lebensdauerabschätzung auf Basis lokaler Konzepte wird wesentlich durch die Leistungsfähigkeit, Schlüssigkeit und Belastbarkeit des möglichst vollständig harmonisierten Teilmoduls der Beanspruchungsermittlung geprägt. Hierin lag eine entscheidende Motivation für die Ableitung einer konzeptkonformen Modellierungsstrategie für ermüdungsgefährdete Druckbehälterschweißnähte, die in [14] ausführlich dargestellt ist. Die Methode geht für sämtliche lokalen Konzepte von einer adaptiven Nominalnaht gemäß Abbildung 5 aus, deren Abmaße direkt der Technischen Zeichnung als Grundlage für die praktische Nahtausführung entnommen werden sollten. Sie fungiert somit als Schnittstelle zwischen Konstrukteur (Technische Zeichnung, CAD-Konstruktion) und Berechnungsingenieur (Beanspruchungsanalyse).

Die in Abbildung 5 auf Basis der Stutzennaht abgeleitete Grundkonfiguration mit den Linien L1 bis L4, die auch beliebige Krümmung aufweisen können, und den Punkten K1 bis K5, bildet den Ausgangspunkt für die Ableitung spezieller Nahtkonturen in Übereinstimmung mit dem jeweils verwendeten Nachweiskonzept. Sie kann gleichzeitig als Teil des Querschnittes einer beliebigen dreidimensionalen Struktur aufgefasst werden. Die Kontur der ebenen Stumpfnaht bildet den Sonderfall mit °= 90γ . Die Zylinder-Stutzen-Verbindung ist beispielsweise durch gerade Linien L3 and L4 gekennzeichnet, während die Linien L1 und L2 im Längsschnitt gerade, im Umfangsschnitt jedoch gemäß des Grundkörperaussendurchmessers gekrümmt sind. Zwischenschnitte weisen Übergangskonturen auf. Die Verbindung der Punkte K2 und K4 bezeichnet jeweils die Nominalnahtkontur.

Die spezielle Schweißnahtkontur für das Kerbspannungskonzept in der Variante nach Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] (nicht nachbehandelte Naht) lässt sich nach Abbildung 5 und Variante 1 in Abbildung 6 einfach durch Einbringen tangentialer Übergangsradien R11=R21=1mm erstellen. Als weiteres Beispiel zeigt Abbildung 5 und Variante 2 in Abbildung 6 die Kontur der nach Örtlichem Konzept nachzuweisenden WIG-nachbehandelten Naht [62]. Die Schweißnahtüberhöhung und deren mögliche Exzentrizität, Übergangsradien und Flankenwinkel sind hierbei geometrische Variabeln, die gemäß der realen Schweißnahtkontur festzulegen sind und u.U. innterhalb der dreidimensionalen Struktur unterschiedliche Werte in verschiedenen ebenen Schnitten aufweisen. Bei einer voll ausgeschliffenen Naht würde man die Nominalschräge nach Abbildung 5 durch einen entsprechenden Filletradius zwischen den Linien L1 und L3 ersetzen. Die komplette Ausrundung und modellierungsseitige Eliminierung der Makrokerbbeanspruchung an den Schweißnahtübergängen eröffnet gleichzeitig eine interessante Einsatzmöglichkeit im Rahmen von Strukturspannungskonzepten für nicht nachbehandelte Nähte, wobei die Unsicherheiten und Unwägbarkeiten der standardmäßig genutzten Extrapolationsmethoden (siehe Abbildung 2) [9] umgangen werden und die Struktursteifigkeit durch die Verwendung von Solid-Elementen ausreichende Berücksichtigung findet.

Eine weitere abgeleitete Schweißnahtkontur berücksichtigt überschliffene Nahtübergänge [9] wie beispielsweise Variante 3 in Abbildung 6 mit einem festen geometrischen Parametersatz [14]. Es wird deutlich, dass sich die allgemeine Modellierungsstrategie elementar auf weitere Nahtformen erweitern lässt, wobei insbesondere mit Blick auf komplizierte dreidimensionale Druckbehälterstrukturen [63] der jeweilige Parametersatz zur Beschreibung der Feingeometrie auf ein im Sinne der Konzeptkonformität notwendiges Mindestmaß begrenzt sein sollte (Abbildung 5) [14].

Die generelle Flächen- bzw. Volumenaufteilung sowie die Diskretisierungsstrukturen insbesondere in den durch hohe Beanspruchungsgradienten gekennzeichneten Kerbbereichen sollten konkreten qualitativen und quantitativen Richtlinien zur Absicherung reproduzierbarer Berechnungsergebnisse unterliegen. Insbesondere hat sich im Rahmen der FE-Modellierung die Einbringung von Randschichten möglichst unverzerrter hexaederförmiger Elemente bei quantitativ vorgegebener Unterteilung in den unmittelbaren Kerbgrundbereichen als Basis einer nichtadaptiven Vernetzungsstrategie bewährt [19].

Im Bereich nichtrotationssymmetrischer Strukturen gewinnt die Randelementmethode (BEM=Boundary Elements Method) enorm an Bedeutung, da sich der Modellierungsaufwand auf Grund der Verringerung der Dimensionalität der Problemstellung (Oberflächen- anstelle von Volumendiskretisierung) bei selbst für scharf gekerbte und dünnwandige Druckbehälterstrukturen gleichwertigen Berechnungsergebnissen signifikant verringert [14,64].

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Adaptive Nominal-naht

K1 K2L1

L3L4

K5K4

Linien L1 ... L4

Keypoints K1 ... K5g

L2 K3

Mittelpunkt des Filletradius R21

Mittelpunkt desFilletradius R11

Schweißnahtkonturfür Kerbspannungskonzepte

Mittelpunkt des Filletradius R11

Mittelpunkt des Filletradius R21

Schweißnahtüberhöhung

Kontur der WIG-nachbehan-delten Naht für das Örtliche Konzept

Abbildung 5 Konzeptkonforme Schweißnahtmodellierung

7 Anwendungsbeispiel Zylinder-Stutzen-Verbindung Als Anwendungsbeispiel wird eine druckbehältertypische Zylinder-Stutzen-Verbindung der charakteristischen geometrischen Parameter D=800mm (Behälteraussendurchmesser), d=118mm (Stutzenaussendurchmesser), T=10mm (Behälterwanddicke) und t=5.6mm (Stutzenwanddicke) unter Wirkung einer reinen Druckschwellbeanspruchung (Lastspannungsverhältnis

0// *max

*min === ppLLR )(

σ und ∆ 0*min

*max

* −=−=−= pppLLL )()) in Anlehnung an die

Abbildungen 2 und 4 herangezogen, wobei unterschiedliche Varianten der Schweißnahtausführung bzw. Nachbearbeitung bei direktem Vergleich mit der nicht nachbehandelten Naht und einer exemplarischen Überlebenswahrscheinlichkeit von PÜ=50% betrachtet werden sollen. Die Längen L1 und L3 (Abbildung 5) der Nominalnaht sind durch L1=L3=0.7t bestimmt.

Die Modellierung der nicht nachbehandelten Naht (Variante 1) erfordert bei Anwendung des Kerbspannungskonzeptes nach Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] gemäß Abbildung 5 das Einbringen tangentialer Übergangsradien R11=R21=1mm in das Berechnungsmodell. Für die WIG-nachbehandelte Nahtausführung (Variante 2) werden in Anlehnung an Abbildung 5 Übergangsradien R11=R21=10mm, Flankenwinkel von 152° an beiden Schweißnahtübergängen und eine mittige Schweißnahtüberhöhung von 3mm angenommen [62]. Eine weitere nachbehandelte Schweißnahtausführung (Variante 3) sieht das Überschleifen der Nahtübergänge mit Kerbradien R11=1.45mm und R21=1.2mm, Kerbtiefen von 0.35mm (Grundkörperübergang) und 0.5mm (Stutzenübergang) in Anlehnung an [9] und eine mitttige Schweißnahtüberhöhung von 0.25mm vor. Die drei Varianten sind in Volumenaufteilung und FE-Diskretisierung in Abbildung 6 dargestellt. Hiermit sind für das Örtliche Konzept gemäß Abbildung 4 die Teilmodule Geometrie, Belastung und Last-Zeit-Funktion vollständig bestimmt.

Die Werkstoff-Dauerfestigkeit der nicht nachbehandelten Naht ergibt sich für das Kerbspannungskonzept in der Variante nach Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] bei Annahme des Ab

Fo

knickpunktes bei [26,28] als fester Wert zu 6102 ⋅=DN ( ) 26, /352102 mmNNDDe =⋅=∆σ .

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Variante 1

Volu

men

eint

eilu

ngFE

-Dis

kret

isie

rung

Variante 2 Variante 3

c1,max=129 c1,max,NB=112.6 c1,max,NB=137.42

Abbildung 6 Varianten 1 bis 3 der FE-Analysen

Der Traglastberechnung wird als statischer Werkstoffkennwert zu Grunde gelegt. Die Werkstoff-Dauerfestigkeit für die nachbehandelten Nahtausführungen steht in funktionaler Abhängigkeit von der Zugfestigkeit R

22.0, /460 mmNRpF ==σ

2/6.593 mmNm =m, für die ein Wert von verwendet wird. Bei

einem Elastizitätsmodul von lassen sich sämtliche für die Analyse nach Örtlichem Konzept benötigten zyklischen Werkstoffkennwerte nach Uniform Material Law (UML) [17] gemäß Tabelle 2 abschätzen. Speziell für die Dauerfestigkeit ergibt sich hierbei

.

R2/212000 mmNE =

2DNB, N/mm24.534=∆σ

Die linearelastischen FE-Analysen liefern gemäß Tabelle 3 für den Schweißnahtübergnag zum Grundkörper einen elastischen Übertragungsfaktor von c1,max=129 [64] für die nicht nachbehandelte Naht, während die WIG-Nachbehandlung eine signifikante Reduktion der Makrokerbwirkung auf c1,max,NB=112.6 bewirkt [62]. Der innere Übergang wird bezüglich seiner Versagensrelevanz hier nicht weiter betrachtet. Auf eine Abrundung sollte jedoch geachtet werden. Das Überschleifen der Nahtübergänge beseitigt zwar Mikrokerben und –risse an den Nahtübergängen, belässt aber bei der betrachteten Geometrie durch das Einbringen einer Kerbtiefe eine relativ hohe Makrokerbwirkung, die im vorliegenden Fall mit c1,max,NB=137.4 quantifiziert werden kann und damit noch über dem Wert für die unbehandelte Naht liegt. Nachbehandlungsverfahren sind als besonders lukrativ zu betrachten, wenn die Lebensdauersteigerung sowohl in Gleichung 21 (Makrokerbwirkung) als auch in Gleichung 22 (Mikrokerbwirkung) zum Ausdruck kommt.

Die exemplarischen Lebensdauergewinne im Dauerfestigkeitsbereich sind Tabelle 3 zu entnehmen. Die Bauteildauerfestigkeiten ∆ bzw. ∆ liegen bei 2.7287N/mm*

DL *DNB,L 2 (Variante 1), 4.7446N/mm2

(Variante 2) und 3.8882 N/mm2 (Variante 3). Ein möglicher Oberflächeneinfluss (Rauhigkeit) bleibt bei diesem Verlgleich vereinbarungsgemäß unberücksichtigt.

Im Folgenden wurden die Varianten 1 (Kerbspannungskonzept) und 2 (Örtliches Konzept) im gesamten Gebiet der Zeitfestigkeit gemäß Abbildung 7 einander gegenübergestellt [62]. DiAn

Fo

e Bauteil-Wöhlerlinie für die nichtnachbehandelte Naht (Variante 1) lässt sich unter Vorgabe des stieges k=3.75 und des Abknickpunkes zur Dauerfestigkeit unmittelbar konstruieren. 6

D 102N ⋅=

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max1,c bzw. c NBmax,1, max1,c De,σ∆ *

DL∆

Variante 1 129.0 1 1 1

Variante 2 112.6 1.1456 1.5177 1.7386

Variante 3 137.4 0.9388 1.5177 1.4248

Tabelle 3 Exemplarischer Lebensdauergewinn im Dauerfestigkeitsbereich

103

104

105

106

107

100

101

PÜ=50%

BruchTechnischer Anriß

WIG-nachbehandelt(Variante 2)

Zeit

Last

R=0

Lastwechselzahl N [-]

Last

schw

ingb

reite

(Inn

endr

uck)

in [N

/mm

2 ]

NP ND

ND,NB,Bruch

nicht nachbehandelt(Variante 1)

*PL∆

*DL∆

*DNB,L∆

Abbildung 7 Bauteil-Wöhlerlinien für Varianten 1 und 2

Die Traglast zur Abgrenzung vom quasistatischen Bereich lässt sich für die Varianten 1 und 2 für den vorliegenden Fall reiner Innendruckbeanspruchung unter Anwendung des Flächenvergleichsverfahrens [23] (ohne Sicherheitsbeiwert) nach

*PL∆

+

=∆

21

2.0*

σAAR

Lp

pP (34)

mit ( ) ( )( )tTTDTttdtA +⋅−⋅+⋅−⋅⋅= 25.1σ (35)

( ) ( ) ( ) ( )( ) ( )2225.1

22

22 tdTttdTDtdtTTDAp

⋅−⋅+⋅−⋅+

⋅−⋅

⋅−

++⋅−= (36)

zunadare

Fo

bestimmen. Unter Nutzung des Örtlichen Konzeptes in der Basisvariante ch Abbildung 4 lässt sich für die WIG-nachbehandelten Naht (Variante 2) die Bauteil-Wöhlerlinie für s Versagenskriterium Technischer Anriss nach Abbildung 7 errechnen. Es ergibt sich ein chnerischer Anstieg von k

2* 8.527N/mm=∆ PL

WIG=5.14 für die Bauteil-Wöhlerlinie. Zum direkten Vergleich mit der nicht

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nachbehandelten Naht (Variante 1) wird die Bauteil-Wöhlerlinie für das Versagenskriterium Bruch benötigt. Hierzu wird angenommen, dass das Wertepaar [ ]*

PP L;N ∆ gleichzeitig einen Punkt der Bauteil-Wöhlerlinien für Variante 1 und Variante 2 bildet. Die Anriss-Wöhlerlinie für die WIG-nachbehandelte Naht (Variante 2) wird dann unter Annahme der Parallelität [16] und unter Umgehung einer genaueren Analyse auf Basis des zyklischen Rissfortschrittes [2-3] bis in diesen Punkt verschoben. Mit den beiden Wöhlerlinien für das Versagenskriterium Bruch lässt sich in Erweiterung von Gleichung 23 selbstverständlich der Lebensdauergewinn durch Schweißnahtnachbehandlung für das gesamte Gebiet der Zeitfestigkeit mit

))

( )NL*

( ) ((NL

NLNL *

*NB*

∆∆

=∆ (37)

quantifizieren. Die Lastkenngrößen ( )NL*NB∆ und ∆ folgen dabei der analytischen

Beschreibung nach den Gleichungen 1 bis 2.

8 Zusammenfassung und Ausblick Für druckbehältertypische Schweißverbindungen stehen experimentell ermittelte und statistisch abgesicherte Bauteil-Wöhlerlinien im Sinne des bewährten klassischen Nennspannungskonzeptes [2-3] in aller Regel nicht zur Verfügung. Eine rechnerische Lebensdauerabschätzung gelingt jedoch auf der Basis moderner lokaler Nachweisverfahren, wobei sich eine praxisnahe Aufbereitung in Anlehnung an die Methodik des Nennspannungskonzeptes als vorteilhaft erweist. Als wesentliche Fragen sind hierbei das Versagenskriterium und die Schweißnahtnachbehandlung zu betrachten. Dem gegenwärtigen Stand der Technik folgend wird die Anwendung des Kerbspannungskonzeptes in der Variante nach Olivier, Köttgen und Seeger [2,32] für nicht nachbehandelte Nähte (Versagenskriterium Bruch) und des Örtlichen Konzeptes [2-3] für nachbearbeitete Verbindungen (Versagenskriterium Technischer Anriss) empfohlen. Grundlage für eine erfolgreiche Anwendung ist in beiden Fällen die mit den jeweiligen Bewertungsmechanismen voll harmonisierte numerische Beanspruchungsanalyse. Hierzu kann auf die Methode der konzeptkonformen Schweißnahtmodellierung [14] in Verbindung mit nichtadaptiven Vernetzungsrichtlinien [19] zurückgegriffen werden. Eine Abschätzung der Bruch-Lebensdauer nachbearbeiteter Schweißverbindungen ist unter vereinfachenden Annahmen auf Basis der Anriss-Wöhlerlinie bzw. genauer unter Einsatz von Rissfortschrittskonzepten möglich. Soll in hoch beanspruchten Strukturbereichen eine Auslegung mit dem Technischen Anriss als Versagenskriterium erfolgen [10], so ist die Schweißnahtnachbehandlung mit Geometrieverbesserung zwingend erforderlich. Hierbei ist gleichzeitig das Grundprinzip der kerbarmen Konstruktion realisierbar. Aus technologischer Sicht sind im hier betrachteten Kontext insbesondere das kerbarme Ausschleifen der Naht [10] und das kostengünstige WIG-Nachbehandlungsverfahren [62] von Interesse, während beim verbreiteten Überschleifen der Einbrandkerben [9] unter Umständen trotz Beseitigung der Mikrokerben und Mikrorisse eine hohe Makrokerbwirkung verbleiben kann (Tabelle 3). Die künftige Weiterentwicklung effizienter und reproduzierbare Geometrien schaffender Schweißnahtnachbehandlungsverfahren ist sowohl aus sicherheitstechnischen (Anriss-Kriterium) als auch ökonomischen (Verlängerung von Prüffristen) Erwägungen heraus von enormer praktischer Bedeutung. Die Bemessung nach druckbehältertypischen Überlebenswahrscheinlichkeiten bzw. Sicherheiten ist im Bewertungskonzept problemlos möglich, während die realitätsnahe Vorgabe der Last-Zeit-Funktionen eine dringende Forderung darstellt. Unmittelbare Aufgaben für die anwendungsnahe Forschung lassen sich mit

• sichere Bestimmung von Traglasten • Spezifikation der Geometriegrößen und Oberflächeneigenschaften nachbehandelter Nähte • Bereitstellung voll parametrisierter CAD-, FE- und BE-Modelle

umreissen.

Im Hinblick auf eine Erhöhung der Treffsicherheit von Lebensdauerabschätzverfahren für Druckbehälterschweißverbindungen sind generell Forschungsaktivitäten in den Bereichen

• Mehrachsigkeit und nichtproportionale Beanspruchungen • Quantifizierung von Größen- und Stützwirkungseffekten • Reihenfolgeeinflüsse / Schadensakkumulation • Interaktion von Ermüdungs- und Kriechschädigung

von besonderem Interesse.

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[12] Handtschoewercker, M.A.: Evolutions récentes et en cours des règles d’analyse de la fatigue dans les Codes d’appareils à pression.

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[13] Gorsitzke, B.; Weiß, E.; Rudolph, J.: Regelwerksbasierter Ermüdungsfestigkeitsnachweis geschweißter Druckbehälterkomponenten nach dem Kerbspannungskonzept unter Einsatz der Finite-Elemente-Methode. Teil 1 und 2.

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[14] Rudolph, J.; Weiß, E.; Forster, M.: Konzeptkonforme Modellierung ermüdungsgefährdeter Druckbehälterschweißnähte als Modul einer modernen rechnerischen Lebensdauer-abschätzung.

SHAKER Verlag, Aachen, 2001

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[18] Rudolph, J.; Weiß, E.: Ein modernes Konzept für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis von Druckbehälterschweißverbindungen unter spezieller Berücksichtigung von Beanspruchungen im niederzyklischen Bereich und Schadensakkumulationseffekten.

SHAKER Verlag, Aachen, 2000

[19] Weiß, E.; Rudolph, J.; Hoffmann, J.: Vernetzungskriterien für kerbbeanspruchungsorientierte FE-Analysen.

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[22] Haibach, E.: Fragen der Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen in herkömmlicher und in bruchmechanischer Betrachtungsweise.

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[24] Joost, H.: Nachweis der Tragfähigkeit von Behälter-Stutzen-Verbindungen unter Einwirkung von Innendruck und Rohrleitungslasten.

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Kolloquium im Schwerpunktprogramm „Mechanismenorientierte Lebensdauervorhersage für zyklisch beanspruchte metallische Werkstoffe“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verband für Materialforschung und –prüfung e.V. (DVM), Bremen, 24. und 25. Februar 2000, S. 81/94

[40] Tresca, H.: Mémoire sur l’Ecoulement des Corps Solides Soumis à des Fortes Pressions. C. R. Acad. Scie. 59 (1864), Paris, S. 754/758

[41] von Mises, R.: Die Mechanik der festen Körper im plastischen deformablen Zustand. Nachr. Ges. Wiss., Göttingen (1913), S. 582/592

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Fortschritte auf dem Gebiet der Druckgerätedimensionierung - Ermüdungsfestigkeit - Spezielle Festigkeitsprobleme

20. November 2001 Universität Dortmund

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