Reisehandbuch Tunesien - edith-kohlbach.de · mobil unterwegs, Band X Edith Kohlbach ....

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mobil unterwegs, Band X Edith Kohlbach Reisehandbuch Tunesien Landeskunde, Stadtbeschreibungen, Hotels, Camping, Straßenzustand, Treibstoffversorgung, GPS- Koordinaten, Einkauf, sonstige aktuelle Infos Edith Kohlbach-Reisebücher, Taunusstein

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  • mobil unterwegs, Band X

    Edith Kohlbach

    Reisehandbuch Tunesien

    Landeskunde, Stadtbeschreibungen, Hotels, Camping, Straßenzustand, Treibstoffversorgung, GPS-Koordinaten, Einkauf, sonstige aktuelle Infos

    Edith Kohlbach-Reisebücher, Taunusstein

  • Text, Skizzen und Layout: Edith Kohlbach Fotos: Edith Kohlbach Titelfoto: Hinweis: Es handelt sich um eine alte Ausgabe mit Informationen aus etwa 2006. Einige Informationen wurden aktualisiert, vor allem die zu Autofähren. Außerdem danke ich Friedrick Jänniches für seine Koordinaten zu Stell-plätzen, die er 2019 besucht hat. Zu erkennen ist diese neue Information an der hinzugefügten Jahreszahl 2019. 1. Auflage 2020 © 2020 Edith-Kohlbach-Reisebücher, Taunusstein. Alle Rechte vorbehalten. Reproduktion in jeder Form, auch durch elektroni-sche Medien, auch auszugsweise, nur mit Zustimmung des Herausgebers. Internet: www.mobilunterwegs.eu Die Bücher von Edith-Kohlbach-Reisebücher sind nicht in Buchhandlungen vorrätig, bitte bestellen Sie direkt in unserem Onlineshop: https://shop.edith-kohlbach.de ISBN: 978-3-941015-xxx

  • Inhalt

    Hinweis: Die Seitenzahlen nicht korrekt. Vorwort .......................................................................................... 2 Tunesien in Kürze .......................................................................... 2 Die Routen ...................................................................................... Tunis ...............................................................................................

    26 2

    Der Norden .................................................................................... 2 1: La Goulette – Karthago – Sidi Bou Said - Gammarth ................. 2 2: Tunis - Bizerte ............................................................................. 2 3: Bizerte - Tabarka ......................................................................... 8 4: Tabarka - Bulla Regia - Chemtou – Jendouba - Dougga -

    Tunis ........................................................................................ 16

    Cap Bon ......................................................................................... 2 5: Cap Bon Rundfahrt ..................................................................... 2 6: Hammamet – Sousse – Monastir - Mahdia .................................. 2 6.1: Etappe Hammamet - Sousse ................................................... 2 6.2: Abstecher Enfidaville - Mornag .............................................. 4 6.3: Etappe – Sousse – Monastir - Mahdia .................................... 26 7: Sousse – El Djem – Sfax - Gabes ................................................ 44 Djerba ............................................................................................ 2 8: Gabes – Houmt Souk ................................................................... 3 8.1: Inselrundfahrt Djerba ............................................................. 25 9: Houmt Souk – Zarzis – Ben Guerdane - Tataouine .................... 30 Mitteltunesien ................................................................................ 2 10: Tunis – El Fahs - Kairouan ........................................................ 3 10.1: Alternative: El Fahs - Ksar Lamsa - Ain Jloula - Kairouan 7 11: Kairouan - Gabes ....................................................................... 16 12: Kairouan – Makthar – El Kef ................................................... 17 13: El Kef – Kasserine – Sbeitla - Gafsa.......................................... 26 13.1: Abstecher zu den Gebirgsoasen ............................................ 34 Die Chott - Region ........................................................................ 2 14: Gafsa – Lalla – El Guettar – Kebili über das Chott el-Fedjadj .. 4 15: Gafsa – Metlaoui – Mides – Tamerza – Chebika - Tozeur -

    Nefta ........................................................................................ 6

    16: Nefta – El Faouar – Douz über Chott-el-Djerid ......................... 18 17: Tozeur – Chott el-Jerid – Kebili - Douz .................................... 23 17.1: Douz - Kebili durch die Nefzaoua-Oasen ............................. 2 18: Douz – El Hamma – Gabes per Piste ......................................... 3 Vom Wüstensand zum Dahar Bergland ..................................... 2

  • Inhalt

    19: Douz – Ksar Rhilane .................................................................. 3 20: Douz – Bir Soltane – Ksar Hallouf - Metameur ........................ 9 20.1: Alternativroute Douz - Medenine ......................................... 11 21: Matmata - Medenine .................................................................. 13 22: Douz - Matmata ......................................................................... 14 23: Matmata – Beni Kheddache – Ksar Hadada - Tatouine ............. 18 23.1: Ausflug Tataouine - Ksar Ouled Soltane - Djelidat -

    Tataouine ................................................................................. 23

    24: Tataouine – Ksar Ghilane .......................................................... 25 24.1: Alternativroute Tataouine - Guermessa - Ksar Ghilane ........ 26 25: Ksar Ghilane - Matmata ............................................................. 26 26: Beni Kheddache – Ksar Ghilane ................................................ 27 27: Weiterfahrt in das Sperrgebiet ............................................... 2 28: Douz – Bir Ghezene – Bir Soltane - Kamour - Bordj Bourgi-

    ba - Remada ............................................................................. 7

    29: Remada - Bordj El Khadra......................................................... 8 30: Bordj El Khadra - El Borma direkt ............................................ 10 31: Tiaret - El Borma ....................................................................... 12 Praktische Hinweise für Reisen nach Tunesien 2 Anreise / Autofähren 2

    Praktische und nützliche Informationen Auskünfte Ausrüstung - Ausrüstungsfirmen - Fahrzeugausrüstung - Reisekleidung - sonstiger Reisebedarf Autofahren in Tunesien - Straßennetz - Verkehrsregeln - Kraftstoff - Mietwagen - Eigenes Fahrzeug - Autoreparatur - Unfall - Wüstenpisten - Navigationshilfen - Auf der Piste verirrt - Panne in der Wüste - Antrag GPS Bettelkinder

    190 190 190 190 191 192 192 193 193 193 194 194 194 194 195 196 196 196 196 197

    Gesundheit - Impfungen - Gesundheitsvorsorge - Ärztliche Versorgung - Apotheken - Reiseapotheke Hammam Haustiere Hochzeitsfest Hotels Internet Literatur - Landkarten - Reise-, Kultur- und Landschafts-

    führer - Sonstiges Medien Moscheen; Museen Notfall-Telefonnummern Post

    207 207 208 209 209 209 210 210 211 211 212 212 212 213 213 214 214 216 217 217

  • Inhalt

    Botschaften; Konsulate Brunnen Camping Einladungen - Gastgeschenke Einreisebestimmungen - Persönliche Dokumente - Einreise mit Kraftfahr-

    zeug - Zoll Elektrizität Essen und Trinken - Versorgung im Land - Küche - Getränke - Restaurants - Souk Feiertage und Feste Fotografieren Frau allein in Tunesien Frauen, tunesische Führer Geld

    197 197 198 198 198 198 199 199 200 200 200 201 201 201 202 202 203 204 205 205 206

    Reisen im Land - mit dem Flugzeug - mit der Bahn - mit dem Bus - mit dem Taxi - mit dem Daumen Reisezeit Sicherheit / Terrorismus Souvenirs Sport Sprache - Miniwortschatz Star Wars - Locations Telefon Trinkgeld Umweltschutz Versicherung Wasserpfeife Weiterreise nach Algerien und

    Libyen Zeit Antike Städtenamen Register

    217 217 217 217 218 218 218 219 220 220 221 222 222 223 223 224 224 225 225 230 231

    Kurzessays Rommels Afrika Korps Zine el Abidine Ben Ali Abdul Rahman Ibn Khaldoun Die römische Stadt Die Tunisreise Habib Bourguiba Kahina - die Berberkönigin Lakhmi - Wein aus Palmsaft La Ghriba - 11. April 2002

    13 14 27 40 43 96 103 108 121

    Kairouan - Teppiche Berberkönig Jugurtha Gefahr im Salz Die Dattelpalme Führer und andere Anmacher Die Halbnomaden von Douz Wellblechpiste General Leclerc

    133 141 148 154 161 163 169 170

  • Vorwort

    Liebe Tunesien-Interessierte Tunesien hat alles zu bieten, was das Touristenherz begehrt und so fahren jedes Jahr gut eine Million Deutsche zu den sonnendurchfluteten, endlosen Sandstränden in großzügige Hotelanlagen in landestypischer Architektur, bei denen Bausünden wie in Spanien vermieden wurden. Doch das Land hat viel mehr zu bieten als Badevergnügen am Strand. Auf Schritt und Tritt ragen römische Ruinen aus dem Erdreich, finden sich punische Grabstelen, erlauben prachtvolle maurische Moscheen und Paläste einen Blick in eine Welt von 1001 Nacht. Die Medinas von Tunis, Sousse oder Sfax zeigen - abseits der Touristenpfade - ein orientalisches Leben, wie es sich seit Jahrhunderten kaum verändert hat. Aber der Höhepunkt ist eine Fahrt in den großen Süden. Eines der letzten Abenteuer unserer Tage bietet sich im Geländewagen auf sandigen Pisten abseits der Zivilisation, wo das Wasser zum kostbarsten Gut wird, wertvoller als Wein, und auch bei aller Vorbereitung und Ausrüstung und trotz der in-zwischen teils erfolgten Ausschilderung Unglücksfälle immer noch nicht ausgeschlossen sind. Wer einmal die Sahara auf diese Art erlebt hat, wird leicht von einem Virus erfasst, der ihn immer wieder zurück treibt zu den Schönheiten der Wüste und der Herzlichkeit ihrer Bewohner. Nicht jeder hat Zeit und Lust, mit dem eigenen Fahrzeug nach Tunesien zu reisen. Doch die sehr guten Straßen eignen sich ideal für eine Tour per Flugzug und Mietwagen. Wer einen günstigen Flug ergattert, kann dieses Vergnügen bereits für 1.200 Euro (Flug inkl. Mietwagen) für zwei Personen bekommen. Und das Leben im Land, Treibstoff sowie die zum Teil sehr schönen Hotels sind erheblich billiger als zu Hause. Der Wagen kann direkt am Flughafen übergeben und zurückgebracht werden. Der Anschlag auf die jüdische Synagoge La Ghriba im April 2002 hat viele Deutsche verunsichert und zu Zweifeln geführt, ob man weiterhin nach Tune-sien fahren kann. Doch sind solche Anschläge nicht vorhersehbar und können sich überall auf der Welt ereignen, auch in Deutschland. Generell ist das Alleinreisen ungefährlicher als in einer Gruppe, da eine Gruppe viel eher zum Ziel von Terroristen wird. Bei der Arbeit zu diesem Buch hat sich eine große Liebe zu diesem Land und seinen hilfsbereiten, gastfreundlichen Menschen entwickelt. Nur wenige Schritte abseits der Touristenzentren zeigt sich ein völlig anderes, von Beläs-tigungen freies Bild dieses liebenswerten Landes. Mein besonderer Dank für die Mithilfe an den Recherchen gilt deshalb den Bewohnern. Nicht übersehen werden sollte, dass sich natürlich auch Tunesien wirtschaft-lich weiterentwickelt, verändert. Das bedeutet, dass vor allem Preise Schwan-kungen unterworfen sind. Dennoch wurde auf diese Angaben nicht völlig verzichtet, sie sind jedoch nur als Anhaltspunkte zu verstehen. Alle Angaben zu Einreise-, Zoll- oder Verkehrsbestimmungen, Öffnungszeiten u.a. sind mit größter Sorgfalt nach dem zum Zeitpunkt der Manuskripterstellung aktuellen Stand recherchiert. Änderungen sind nicht auszuschließen. Kilometerangaben

  • Vorwort

    können nur als Anhaltspunkt dienen, Unterschiede ergeben sich aus Run-dungsdifferenzen und alternativen Pistenumfahrungen. Aufgrund des gestiegenen Saharatourismus werden ständig Pisten zu Asphalt-straßen ausgebaut, entstehen neue Hotels und Campingplätze. Außerdem bin auch ich nicht frei von Fehlern. Deshalb freue ich mich besonders über Mittei-lungen von Fehlern, Änderungen oder ganz einfach Hinweisen zu Dingen, die Ihnen besonders gut gefallen haben, aber in diesem Führer noch nicht enthal-ten sind. Auch Ihre Erfahrungen in der Handhabung dieses elektronischen Reisebuches und ganz einfach, ob Ihnen der Urlaub in diesem orientalischen Land gefallen hat, würden mich interessieren, rufen Sie an, schreiben oder emailen Sie! COVID-19 Das Auswärtige Amt schreibt: Aufgrund der Ausbreitung von COVID-19 und damit einhergehenden Einschränkungen im internationalen Luft- und Reise-verkehr sowie Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens wird vor nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Tunesien weiterhin gewarnt. Seit dem 27. Juni 2020 wurde der internationale Flug- und Fährverkehr von und nach Tunesien wieder aufgenommen. Einreisende aus Ländern mit nied-rigem Infektionsrisiko „Liste verte“, darunter Deutschland, müssen bei Einrei-se keinen PCR-Test vorlegen und sich nicht mehr in Quarantäne begeben. Die aktuelle Länderliste veröffentlicht das tunesische Gesundheitsministerium.

  • Tunesien in Kürze

    Tunesien in Kürze Staatsname: Tunesische Republik (El Djumhuriya El

    Tunisiya, République Tunisienne) Hauptstadt: Tunis mit 2,28 Mill. Einwohnern Staatsform: Präsidialrepublik mit Zwei-

    kammerparlament Staatsoberhaupt: Zine Al-Abidine Ben Ali (seit 7. No-

    vember 1987) Regierungschef: Mohamed Ghannouchi, Premier

    Ministre; vom Staatspräsidenten ernannt, Amtsantritt: 17.11.1999, Partei: RCD

    Nationalfeiertag: 20. März (Unabhängigkeitstag) Verwaltungsgliederung: 24 Gouvernorate, 136 Delegationen,

    1.113 Scheikate Volksvertretung: Zwei Kammern - Chambre des Députés:

    Parlament mit 189 Sitzen, nach gemisch-tem Mehrheits-/Verhältniswahlrecht für fünf Jahre direkt gewählt (24.10.2004), nächste Wahl 2009; Präsident: Fouad Mebazaa (Président de la Chambre des Députés), Amtsantritt: 14.10.1997, Par-tei: RCD; seither jährliche Wiederwahl. Chambre des Conseillers mit 126 indi-rekt gewählten bzw. ernannten Mit-gliedern (seit Juli 2005). Präsident: Ab-dallah Kallel.

    Landschaft und Klima: Nicht ganz 150 km Luftlinie von Sizilien entfernt liegt Tunesien am Nordrand des afrikanischen Kontinents, die Küste zum Mittelmeer hat eine Länge von 1.148 km. Mit 162 155 qkm ist das Land knapp halb so groß wie Deutschland und das kleinste der Maghreb (d.h. Wes-ten) - Länder, dem äußersten Westen der arabischen Welt. Die Nachbarstaaten sind Algerien im Westen und Libyen im Südosten. Da nur 10 % der Fläche mehr als 200 km vom Meer entfernt liegen, ist der Naturraum klimatisch wie verkehrsmäßig im Vergleich zu den übrigen Maghreb-Ländern außerordent-lich begünstigt. Der mediterrane nördliche Küstenbereich wird geprägt durch den Kroumir, den Ausläufer des Rif-Tell-Gebirgssystems mit Höhen bis zu 1.300 m, und dem flacheren Mogod. Kühle, regnerische Winter, zuweilen mit Schnee, ermöglichen weitläufige Wälder, selbst im August kann es Niederschläge geben. Südlich daran anschließend liegt die fruchtbare Hügellandschaft um den Medjerda, der einzig größere, ganzjährig wasserführende Fluss des Lan-des.

  • Tunesien in Kürze

    Die östliche Mittelmeerküste ist in die Golfe von Tunis, Hammamet und Gabes mit herrlichen Sandstränden gegliedert. Vorgelagert sind die Inseln Djerba und die Kerkennah-Gruppe. Durch die geschützte Lage gibt es beson-ders im Süden oft milde, zum Baden geeignete Winter. Die weiten, fruchtba-ren Ebenen im Küstenbereich bezeichnet man als Sahel. Während im Norden Wein-, Obst- und Gemüseanbau betrieben wird, dominieren weiter südlich weitläufige Olivenplantagen. Im Landesinnern folgen der Hohe Tell auf 800 - 1.000 m Höhe und die Dorsa-le, der mitteltunesische Gebirgsrücken mit den höchsten Erhebungen (Djebel Chambi 1.544 m, Djebel Bireno 1.419 m). Die Dorsale wirkt zugleich als Klimascheide. Während nördlich in kühlen Wintern noch ausreichend Regen fällt, beginnt südlich davon das trockene, zentraltunesische Steppengebiet. Ab der Höhe Gafsa - Gabes beginnen die Wüstensteppen und Wüsten mit den Salzseen (d.h. Chott) Djerid, Fedjadj und Gharsa. Die Dünengebiete des Östlichen Großen Erg reichen bis in die Gegend von Douz. Östlich davon schließen sich das Bergland von Matmata und das Kalkplateau Dahar an. Das typische Wüstenklima weist heiße, trockene Sommer auf, im Winter ist es tagsüber meist angenehm warm, nach Sonnenuntergang jedoch empfindlich kalt. Temperaturunterschiede von 20 - 30° C sind möglich. Eine große Beein-trächtigung ist der Shirokko, arab. Ghibli, ein heißer Staubwind, der tagelang die Sonne verdunkeln und eine Fahrt auf Pisten unmöglich machen kann. Mittlere Tagestemperatur in °C Ort Januar April August Oktober

    Bizerte 15 20 31 25

    Tunis 15 21 32 25

    Hammamet 15 21 31 25

    Sousse 16 20 31 25

    Djerba 16 23 33 28

    Tozeur 16 31 40 29

    Wassertemperatur 12 15 23 21

    Bevölkerung: Die Einwohnerzahl betrug im Jahr 2006 10,2 Mio, das ent-spricht 63 Personen pro qkm. Zum Vergleich: Deutschland 232 Menschen pro qkm. Dicht besiedelt sind jedoch nur die nordöstlichen Küstengebiete, in denen 70 % der Gesamtbevölkerung wohnen. Viele Tunesier leben als Gast-arbeiter im Ausland, in Frankreich sind es etwa 190.000, in Deutschland knapp 25.000. Durch ein frühzeitiges Regierungsprogramm zur Familienpla-nung, das den freien Verkauf empfängnisverhütender Mittel und die Abtrei-bung in den ersten drei Monaten erlaubt - beides ohne die Zustimmung des

  • Tunesien in Kürze

    Ehemannes -, konnte die Geburtenziffer seit den frühen 1990er-Jahren gesenkt werden und liegt mit 17 Geburten je 1.000 Einwohner erheblich unter der der Nachbarländer. Die Idealvorstellung liegt bei drei Kinder pro Ehepaar. Somit fiel auch der Anteil der unter 15jährigen an der Bevölkerung von 37 % im Jahr 1990 auf 26 % 2005 (Deutschland 14 %). Die in den Ortsbeschreibungen angegebenen Einwohnerzahlen für die Städte müssen mit Vorsicht betrachtet werden. Zwar handelt es sich um offizielle Angaben des tunesischen Amtes für Statistik, sie beinhalten aber auch die Bewohner der Siedlungen im Umkreis des Stadtgebietes. Über die Herkunft der ersten Einwohner Nordafrikas ist wenig bekannt, sie hatten keine einheitliche Rasse, Sprache oder Nation, ihre Einheit war der Stamm und die Sippe, sie lebten meist als Nomaden. Von den Griechen wur-den sie Numider genannt, der Bezeichnung für Nomade, die Römer nannten jeden außerhalb ihrer Kultur und Bildung lebenden Menschen barbarus (d.h. Rohling), daraus entstand später Berber. Bedingt durch die exponierte Lage im Zentrum des Mittelmeeres war Tunesien schon früh Einwanderungsland für viele Völker. Phönizier, Römer, Vandalen, Spanier und Türken ver-schmolzen sich mit den ursprünglichen Einwohnern und beeinflussten auch ihre Kultur. Im 7. Jh. begann mit dem Eindringen der Araber die Islamisie-rung der Bevölkerung, der schließlich eine fast völlige Arabisierung folgte. Reine Berberstämme haben sich nur in einigen südlichen Gebieten (z.B. La Kesra, Takrouna, Chenini, Matmata, Djerba und im Bergland von Gafsa) erhalten, die sich ihre Sprache und Kultur durch die abgeschlossene Lage bewahren konnten. Bildungswesen: Nach der Unabhängigkeit wurde großer Wert auf den Aus-bau des Schulwesens gelegt, nahezu 100 % der Kinder werden eingeschult. Die Grundschule dauert sechs Jahre, ab der 3. Klasse wird Französisch ge-lehrt. Danach besteht die Möglichkeit zum Besuch der sechsjährigen Sekun-darstufe. Die Zahl der Hochschulen wurde von 6 bis zum Jahr 2000 auf heute 13 ausgeweitet, viele junge Tunesier studieren auch im Ausland, vor allem in Frankreich. Von den Studenten sind 57 Prozent weiblich! Der Besuch der Bildungseinrichtungen sowie die Unterkunft am Studienort sind kostenfrei, Studenten wird ferner ein Taschengeld gezahlt. Im Herbst 1989 wurde an den tunesischen Sekundarschulen Spanisch, Italienisch und Deutsch als dritte (fakultative) Fremdsprachen eingeführt, seitdem haben sich die Zahlen der Deutschlernenden und der Lehrer jeweils fast verdoppelt. Seit Juni 1992 sendet Radio Tunis International täglich ein einstündiges Programm in deut-scher Sprache. Politik: 1987 setzte Ben Ali, der unter Bourguiba General, Geheimdienstchef und Innenminister gewesen war, den greisen, an Arteriosklerose leidenden Vater der Unabhängigkeit in einem gewaltlosen Staatsstreich von seinem Amt ab, das dieser sich durch eine Verfassungsänderung auf Lebenszeit gesichert hatte. Damit verbanden sich für die Menschen im Lande große Hoffnungen auf Freiheit, Demokratie, Pluralismus und einen Rechtsstaat.

  • Tunesien in Kürze

    Internationale Menschenrechtsorganisationen werfen dem Präsidenten aber vor, dass er sein Land immer mehr in einen Polizeistaat verwandelt habe. Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit würden unterdrückt, Oppositi-onelle verfolgt, ins Exil getrieben, gefoltert oder eingekerkert. Auf Druck von außen wurden Oppositionsparteien zugelassen, aber es änderte sich nichts an der politischen Wirklichkeit. Immer noch bestimmt der Präsident über die Gesetze und ihre Anwendung, Staatschef Ben Ali wurde im Oktober 1999 auf 5 Jahre wiedergewählt, die Regierungspartei RCD, d.h Rassemblement Constitutionnel Démocratique, Nachfolgerin der Neo-Destour-Partei, errang 148 von 182 Parlamentssitzen. Ben Ali hat damit die verfassungsmäßig mög-liche Beschränkung auf drei Amtsperioden erfüllt. Seine Propaganda-Maschinerie steuert ein sogenanntes Volksbegehren, das die Fortsetzung von Ben Alis Präsidentschaft nach 2004 verlangt. Das bedeutet eine Präsident-schaft auf Lebenszeit und ist verheerend für die Demokratie, damit würde sich Tunesien endgültig als Diktatur entlarven. Im Mai 2002 kann der Präsident die Verfassungsänderung durchsetzen. Und im Oktober 2004 gelingt ihm erneut die Wiederwahl. Von außen und aus der Distanz wirkt Tunesien wie ein moderner pluralisti-scher Staat mit verschiedenen Parteien, doch die legalen „Oppositionspartei-en“ haben nichts zu sagen, die Justiz und die Medien sind mit dem Regime gleichgeschaltet, und die wirkliche Opposition wird verfolgt - die Linken, die Islamisten, die Frauen. Die Gefahr durch den Fundamentalismus ist wie in allen modern eingestellten arabischen Ländern gegeben und wird scharf un-terdrückt. Vor öffentlichen Gebäuden stehen schwerbewaffnete Posten, die Polizei kontrolliert die Verkehrswege, doch Urlauber werden meist freundlich und bevorzugt behandelt. Der Polizeiapparat hat inzwischen 130.000 offizielle Polizeiangehörige für nur 10 Millionen Einwohner, 130.000 beträgt in etwa auch die Anzahl der Polizeiangehörigen in Frankreich, aber für über 60 Milli-onen Einwohner. Das offizielle Budget des Innenministeriums ist seit 1986 unter Ben Ali vervierfacht worden und von 116,1 Millionen Dinar auf 535,2 Millionen im Jahr 1999 angestiegen. Auf ihren Kennkarten haben Tunesier einen Strichcode, durch ihn lässt sich bei der zentralen Datenbank des Innen-ministeriums jederzeit alles Wichtige abfragen: Strafen des Trägers, Angaben zu seiner beruflichen Laufbahn, Informationen über seine politische Überzeu-gung oder auch Kompromittierendes aus dem Privatleben. Regierungskritiker sagen, dass dieses harte Vorgehen aus einer gemäßigten islamistischen Bewe-gung mit begrenzter Unterstützung eine radikale Untergrundgruppierung mit weit verbreiteten Sympathien gemacht hat und so letztlich auch den Selbst-mordanschlag auf die La Ghriba Synagoge auf Djerba erst ermöglichte. Die Beziehungen zu dem Nachbarland Libyen sind wechselhaft. Seit Einrich-tung der Wirtschaftsunion der Maghreb-Länder im Jahr 1988 arbeiten viele Tunesier als gut bezahlte Gastarbeiter in Libyen. Staatsreligion: Staatsreligion ist der Islam Sunnitischer Richtung, zu dem sich 98 % der Einwohner bekennen. Ferner leben etwa 1 % Europäer im Land. Daneben gibt es eine jüdische Volksgruppe, die vermutlich nach der Zerstö-

  • Tunesien in Kürze

    rung Jerusalems durch Nebukadnezar im 6. Jh. v. Chr. mit den Phöniziern einwanderte. Der zweite Einwanderungsstrom erfolgte im 1. Jh. n. Chr. nach der Vertreibung der Israeliten aus Palästina durch die Römer. Heute ist die Zahl stark zurückgegangen, die meisten sind nach Israel ausgewandert. Auf Djerba lebt noch eine kleine Gemeinde mit der bedeutenden Synagoge El Ghriba, in der sich jedes Jahr im Mai Pilger aus dem gesamten Mittelmeer-raum einfinden. Im September findet eine Wallfahrt zum Grab des Rabbi Fraji in Testour statt. Staatssprache: Staats- und Amtsprache ist Arabisch, Französisch ist zweite Amtssprache. Wirtschaft: Nach einem Einbruch im Jahr 2002 (1,7%) stiegen die Wachs-tumsraten wieder deutlich an (2005: 4,2%, 2006: 5,2%). Die Stärkung der Wettbewerbs- und Exportfähigkeit des Landes stellt im Hinblick auf die Ver-wirklichung der Zollunion mit der EU im Jahre 2008 eine zentrale Aufgabe dar. Dieses Vorhaben ist wichtiges Element des zehnten und elften Entwick-lungsplans für den Zeitraum 2002 bis 2011. Hier liegen die Prioritäten bei der Reduzierung der Arbeitslosigkeit (derzeit nach offiziellen Angaben 13,9%), Schaffung von 380.000 Arbeitsplätzen, der Modernisierung der Wirtschaft und dem Aufbau einer Wissensgesellschaft bei gleichzeitiger Festigung der wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften. Das Auslaufen des Welttex-tilabkommens seit Januar 2005 stellte Tunesien vor neue Herausforderungen. Um mit Billigherstellern wie China und Indien konkurrieren zu können, muss die wichtige Textilindustrie verstärkt auf Qualität, Design und Marketing setzen. Doch scheint sie ihre Schwächephase bereits Ende 2004 überwunden zu haben. Die weitgehend auf den europäischen Markt orientierte Branche registriert bereits seit 2006 wieder steigende Investitionen, die Ausfuhrzahlen für die ersten Monate 2007 belegen den Aufschwung. Im internationalen Vergleich ist Tunesien als Produktionsstandort während der letzten Jahre attraktiver geworden. Die neuesten Exportzahlen für die ersten Monate 2007 zeigen einen deutli-chen Zuwachs, nachdem in den beiden Vorjahren eine rückläufige Tendenz festzustellen war. Die außenwirtschaftlichen Beziehungen Tunesiens sind stark auf die EU ausgerichtet, sie hat am tunesischen Handelsvolumen einen Anteil von fast 80%. Hauptpartner sind Frankreich (39%), Italien (24%) und Deutschland (7,9%). Wichtigste Ausfuhrgüter sind Textilien, Erdölprodukte, Phosphatprodukte (Düngemittel), Phosphate und elektromechanische Güter. 1966 wurde bei El Borma in der Nähe der algerischen Ölfelder Erdöl ent-deckt. Noch ist Tunesien in der glücklichen Lage, mehr Erdöl zu fördern als zu verbrauchen, doch werden die Vorräte schon bald ausgebeutet sein. Ersatz bildet vielleicht das Erdgas, das in immer größeren Mengen gefördert wird. Auch der zweitwichtigste Bodenschatz, das Phosphat, macht der Wirtschaft aufgrund kostspieligen Abbaus und sinkender Weltmarktpreise schwer zu schaffen. Landwirtschaftliche Exportprodukte (insbesondere Olivenöl, Datteln und Zitrusfrüchte) sind zwar in absoluten Zahlen von nachgeordneter Bedeutung,

  • Tunesien in Kürze

    spielen aber eine große arbeitsmarktpolitische Rolle, er beschäftigt etwa ein Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung. Deutschland ist drittgrößter Handelspartner Tunesiens. Etwa 40 % der tunesi-schen Importe aus Deutschland und 80 % der tunesischen Exporte nach Deutschland sind auf Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in Tune-sien sowie tunesische Lohnveredelungsbetriebe zurückzuführen. Die ca. 240 fast ausschließlich exportorientierten Unternehmen mit deutscher Kapitalbe-teiligung haben bisher etwa 200 Mio. EUR investiert. Sie genießen Steuerfrei-heit (sogenannte "off-shore"-Unternehmen). Die Erzeugnisse des traditionellen Kunsthandwerks werden vorwiegend an Touristen im Land verkauft, Teppiche zu 90 % exportiert. Die Einnahmen aus dem Tourismus decken fast die Hälfte des Außenhandelsbilanzdefizits. Im Jahr 2001 kamen 3,3 Millionen europäische Touristen ins Land, doch erfolgte durch den Anschlag auf Djerba im Jahr 2002 ein deutlicher Einbruch, die Besucherzahlen europäischer Touristen gingen bis auf 2,37 Millionen im Jahr 2003 zurück. Erst im Jahr 2005 überschritten sie wieder die Drei-Millionen-Grenze (3,16 Mill.). Neben Besuchern aus den Nachbarländern Algerien und Libyen kamen mit 1,17 Millionen am häufigsten die Franzosen. Deutsche Touristen standen mit 572 Millionen an zweiter Stelle, gefolgt von den Italie-nern (473 Mill.). Noch in den Jahren 1999 und 2000 waren über eine Million Deutsche ins Land gekommen.

    GESCHICHTE Die Geschichte Tunesiens ist eng mit der der übrigen Maghreb-Länder ver-knüpft, erst um die Wende vom 16. zum 17. Jh. entwickelte das Land eine eigenständige politische Einheit. Schon in der Vorzeit gab es in Nordafrika menschliche Besiedelung, wie Werkzeug- und Skelettfunde beweisen. Mit Beginn des überseeischen Seeverkehrs ab etwa 5000 v. Chr. geriet das mit 1.300 km Mittelmeerküste stark exponierte Land unter den Einfluss verschie-dener Eroberer. Phönizier ca. 1100 - 146 v. Chr. Um 1200 v. Chr. erreichen die Phönizier, ein großes Seefahrervolk aus dem heutigen Libanon, die tunesische Ostküste und errichten Handelsstützpunkte. Der erste war Utica. Dieser Zeitpunkt wird aber von manchen Forschern angezweifelt und in eine wesentlich spätere Periode verlegt. 814 v. Chr. landet die Phönizierin Elyssa aus Tyros mit einer Gruppe Verbannter in Nordtunesi-en und gründet auf einem von den Berbern überlassenen Stück Land Kartha-go. Die Stadt wächst rasch und erlangt durch den Seehandel großen Reichtum. Karthago stand zunächst unter direkter tyrischer Kontrolle, es wurde später das unabhängige Zentrum eines eigenen westphönizischen Handelsreiches, das sich in Nordafrika von der Großen Syrte bis an die Atlantikküste erstreck-te mit Stützpunkten auf Malta, Sizilien und in Spanien. Im 6. Jh. v. Chr. kommen die Karthager in Konflikt mit den Griechen, das 5. Jh. ist geprägt von ständigen Auseinandersetzungen mit ihnen, Hamilcar zieht

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    481 mit einem riesigen Heer nach Sizilien, wo er vernichtend geschlagen wird und umkommt. Infolge der zunehmenden politischen Isolierung Karthagos im Mittelmeerraum wird das tunesische Hinterland von Hamilcars Sohn Hanno erobert und einbezogen, um die Versorgung sicherzustellen. 409 zieht Hamilcars Enkel Hannibal erneut nach Sizilien und macht mit der Eroberung Himeras die Niederlage seines Großvaters wieder gut. Um 404 schließt der Karthager Hamilcar mit Dionysios, dem Tyrannen von Syracus, einen Frie-densvertrag, der jedoch in den folgenden Jahren von Dionysios gebrochen wird und damit weitere Kriege nach sich zieht. Im Jahr 310 setzt Agathokles von Syracus mit einem Heer nach Afrika über und greift Karthago an, das noch nie auf eigenem Boden bedroht worden war und seine Siedlungen, abge-sehen von der Hauptstadt, nicht befestigt hatte. Neapolis, Hadrumetum, Utica, Hippo und Thapsus werden eingenommen, erst 307 kommt ein Friede zustan-de. Im Laufe des 4. und 3. Jh. kann der Stadtstaat Rom seine Macht und seine Gebiete erheblich ausdehnen. Mit Karthago gab es Verträge, das gegenseitige Gebiet zu respektieren. Als aber Rom der Stadt Messana militärische Hilfe leistet, kommt es dadurch zum 1. Punischen Krieg von 264 - 241, in dessen Verlauf der römische Feldherr Regulus mit einer starken Flotte nach Afrika fährt. Sie landen bei Aspis auf der Halbinsel Cap Bon. Nach anfänglichen Erfolgen erleidet Regulus eine Niederlage und stirbt in der Gefangenschaft. Entschie-den wurde der Krieg aber erst im Jahr 241 durch eine Seeschlacht bei Drepana. Kar-thago muss Sizilien an Rom abtreten und Kriegsentschädigungen zahlen. Hannibal In der Heimat war es unterdessen zum Aufstand der Söldner gekommen, die vergeblich den ihnen zustehenden Sold verlangten. Sie wurden zunächst nach Sicca Veneria abgeschoben, zogen aber bald vor die Tore Karthagos. Es kam zu einem grausamen Krieg, der 237 mit der Vernichtung der Söldner endete. In all diesen Kämpfen tut sich besonders der Heerführer Hamilcar Barkas hervor, der anschließend nach Spanien zog, um die iberische Halbinsel wegen ihrer Gold- und Silbervorkommen in seine Gewalt zu bringen. Dort rettet er bei einem Gefecht seinem Sohn Hannibal, später "Der Große" genannt, das Leben, fällt aber selbst. In Spanien kommt es 219 zum Ausbruch des 2. Punischen Krieges, als die Interessen Roms berührt wurden. Hannibal zieht mit seinem Heer und 38 Elefanten über die Alpen auf Rom zu und schlägt 216 bei Cannae die Römer. Im Jahr 204 landet der römische Konsul Scipio mit einem Heer in Afrika, gewinnt den Numiderfürsten Massinissa als Verbündeten und schlägt 202

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    Hannibal in der Schlacht von Zama. Die Karthager müssen ihre Flotte auslie-fern und gewaltige Kriegsentschädigungen zahlen. Massinissa - auf der Sie-gerseite - dehnt seine Macht auf große Gebiete in Nordafrika aus. Die Kartha-ger wehren sich gegen Massinissa, der immer wieder karthagische Städte vereinnahmt. Rom sendet eine Kommission unter der Leitung des Politikers Cato, die aber keine Lösung des Streites erreicht. Der von Hass gegen die Karthager erfüllte Cato beschloss nun jede seiner Reden im römischen Senat mit den Worten: "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam - und im übri-gen stimme ich dafür, dass Karthago zerstört werden muss." Als die Punier von den Numidern geschlagen werden, erzwingen die Römer die Herausgabe aller Waffen und fordern die Bewohner auf, zwecks Zerstö-rung die Hauptstadt zu verlassen. Die Karthager verschanzen sich und stellen in Windeseile neue Waffen her. Im Jahr 149 greifen die Römer im 3. Puni-schen Krieg an, können aber erst 146 nach dreijähriger Belagerung Karthago erobern. 50.000 Karthager werden in die Sklaverei verkauft, die Stadt bis auf die Grundmauern niedergerissen, die Fläche mit Salz bestreut und mit einem Fluch belegt, der jeden treffen soll, der Karthago wiederaufbauen will. Einige punische Städte, wie z. B. Utica, Hadrumetum, Thapsus und Leptis, waren rechtzeitig zu den Römern übergelaufen und behielten ihr Territorium. Das karthagische Land wird zur römischen Provinz Africa, die drei Söhne des toten Massinissa teilen sich die Macht über das Numiderreich. Römische Zeit 146 v. Chr. - 439 n. Chr. Die punische Sprache und Kultur blieb noch hundert Jahre erhalten, doch 46 v. Chr. kommt Caesar nach Afrika und verleibt das numidische Reich als Provinz Africa Nova ein. Er gründet Karthago neu und bildet damit den Grundstock für eine römische Zivilisation. 29. v. Chr. baut Augustus das neue Karthago aus. Auch im Landesinnern werden Städte und Fernstraßen ange-legt. Der in Leptis Magna (Libyen) geborene Lucius Septimius Severus wurde 193 n. Chr. zum römischen Kaiser gekrönt, er errichtet in der nordafrikani-schen Provinz den Limes Tripolitanus, ein Festungsgürtel, der für Schutz sorgen soll. Auf dem fruchtbaren Land neuangesiedelte italienische Bauern liefern Getreide und Olivenöl nach Rom, die nun Africa proconsularis ge-nannte Provinz erlebt einen wirtschaftlichen Aufschwung. Löwen, Leoparden, Elefanten und Nashörner, Giraffen, Gazellen und Strauße wurden in Massen nach Rom transportiert, um dort bei den Spielen im Amphitheater ihr Leben einzubüßen. Die einheimische Bevölkerung profitierte vom Tierfang als ein-träglicher Erwerbsquelle. Mosaiken zeigen, wie die Tiere von Jägern in die Transportkäfige getrieben werden. Die einheimische Bevölkerung nimmt allmählich die römische Kultur an, viele Familien erwerben das Bürgerrecht. Ab dem 2. Jh. n. Chr. dringt das Christentum bis Nordafrika vor, das dort seine ersten Märtyrer zu beklagen hat. Im 4. Jh. beginnt der Niedergang des römischen Reiches. Der Vandale Geiserich verlässt Spanien im Jahr 429 und landet mit 80.000 Mann in Tanger, erobert in den folgenden zehn Jahren mit Greueltaten, Raub

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    und Plünderungen ganz Nordafrika und lässt sich in Karthago nieder. Die Position der Berberstämme, von den Römern aufs Land vertrieben, stärkt sich, sie greifen zunehmend die Städte an. 533 sendet der byzantinische Kaiser Justinian seinen Feldherrn Belisar, um Nordafrika dem oströmischen Reich einzuverleiben. Binnen zwei Jahren erobert dieser die Küstenstädte, das Lan-desinnere bleibt großenteils in der Hand von Berberfürsten. Die von den Vandalen zerstörten Festungen werden von den Byzantinern wieder ausge-baut. Islamische Zeit ab 647 647 scheitert der erste arabische Vorstoß am Widerstand der Berber. Erfolg-reicher ist der zweite von Okba ibn Nafi, der 670/71 an strategisch günstiger Stelle den Stützpunkt Kairouan gründet. Er wird heftig bekämpft von den Berberstämmen unter Führung von Kahina, einer Stammeskönigin aus dem algerischen Aures-Gebirge, dreißig Jahre Krieg liegen vor der endgültigen Eroberung des Landes. Im Jahr 698 zerstört Hassab ibn Numan Karthago und gründet die Wilaya (Provinz) Ifriqiya mit Musa ibn Noceir als Statthalter. Der ganze Maghreb bis nach Marokko wird islamisiert. Islamische Herrscher in Tunesien Aghlabiden 800 – 909 Der Statthalter des algerischen Zab, Ibrahim ibn Al-Aghlab, erkauft im Jahr 800 durch Tributzahlung an den Kalifen von Bagdad Harun ar-Raschid die Unabhängigkeit und begründet die erste arabische Dynastie im Osten des Maghreb, sein Sitz ist die 2 km von Kairouan entfernte Festung Al-Abbasiya. Das Land erlebt einen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung. Die Macht erstreckt sich jedoch nur auf urbane Gebiete, nicht auf die ländlichen Berberstämme. Ibrahim II errichtet die neue Residenz Reqqada 10 km südlich von Kairouan. 800 - 812 Ibrahim ibn al-Aghlab, Residenz Festung al-Abbasiya 812 - 817 Allah I 817 - 838 Ziyadat Allah I 838 - 841 Abu er Iqal 841 - 856 Mohammed 856 - 863 Abu Ibrahim Ahmad 864 - 875 Mohammed II Abu el-

    Gharaniq

    875 - 902 Ibrahim II Residenz Reqqada, ab 894 Tunis 903 - 909 Ziyadat Allah II Fatimiden 909 – 972 Die Fatimiden, Nachkommen der Prophetentochter Fatima und Ali, erheben den alleinigen Machtanspruch im islamischen Reich und bekämpfen die Abbassiden in Bagdad. Einer ihrer Vertreter findet bei den Berbern der algeri-

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    schen Kabylei Anhänger und erobert von dort aus das aghlabidische Reich. 910 ernennt sich der Mahdi Obayed Allah in Kairouan zum Kalifen. Diese Schiiten, wie man die Anhänger Ali's nennt, werden von der Bevölkerung abgelehnt, die der strengen sunnitisch - maliktitischen Richtung angehört. 921 gründen die Fatimiden Mahdia als neue Residenzstadt. Von 944 – 947 belagern aufständische Berberstämme Mahdia. Die Fatimiden schlagen den Aufstand mit Hilfe des Sanhadj-Berbers Ziri ibn Manad nieder und festigen ihre Macht im gesamten Maghreb. Ismail verlässt 947 die Fes-tung Mahdia und gründet bei Kairouan die prächtige Residenz Sabra-Mansouriya, eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit beginnt. 969 erobern die Fatimiden Ägypten und verlegen 972 ihren Sitz in das neugegründete Kairo. Die Macht über Ifriqiya übergeben sie an ihre ziridischen Getreuen. 909 - 934 Obayed Allah el Mahdi Residenz Kairouan, ab 921

    Mahdiya 934 - 946 Abu Amrillah 946 - 953 Ismail 953 - 972 Al-Muizz ab 972 Sitz in Kairo Ziriden 972 - ca. 1160 972 bezieht der erste ziridische Statthalter Bologgin ibn Ziri die Residenz bei Kairouan. 984 tritt Al-Mansur seine Nachfolge an, distanziert sich aber von den Machthabern in Kairo. Der arabische Einfluss setzt sich in der Bevölke-rung durch, die Berberkultur kann sich nur in wenigen Bergregionen und auf Djerba halten. Im Jahr 1045 bricht Al-Muizz, der 4. ziridische Emir, endgültig mit Kairo und der schiitischen Glaubensrichtung und löst damit den Nieder-gang aus. Die arabischen Beni Hillal-Nomaden dringen um 1050 - angesta-chelt von den Fatimiden - von Osten ins Land ein und schlagen das ziridische Heer. Der letzte Ziride zieht sich in die Festung Mahdia zurück. Die Beni Hillal erobern und verwüsten 1057 Kairouan, das damit endgültig seine Vor-machtstellung verliert. Das Land verfällt in Anarchie, der wirtschaftliche Niedergang Ifriqiyas beginnt. 972 - 984 Bologgin ibn Ziri Sitz Tunis 984 - 996 Abu Fath al-Mansur 996 - 1016 Badis 1016 - 1062 Al-Muizz 1062 - Tamin später Al-Hassan bis 1148

    Almohaden 1160 – 1230 1130 erobern die Normannen den Küstenstreifen und besetzen die meisten Städte. 1148 wird Mahdia von ihnen eingenommen. Es entstehen mehrere

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    kleine Fürstentümer. 1160 erobern die Almohaden Mahdia und vertreiben die Normannen, Tunis wird Hauptstadt. 1207 wird Abd Al-Wahid ibn Abu Hafs, Vertrauter der Almohaden, zum Statthalter von Tunis eingesetzt.

    Hafsiden 1229 – 1574 Abu Zakariya, ein Nachkomme von Ibn Abu Hafs, macht sich 1236 unabhän-gig von den Almohaden und begründet die Hafsidendynastie. Von ihm und seinem Nachfolger Al-Mustansir (1249 - 1277) werden Ordnung und Frieden nach den langen Krisenjahren wieder hergestellt. Ifriqiya ist in dieser Zeit die einzige ruhige Oase in der zerstrittenen muslimischen Welt. Aus Spanien wandern viele maurische Flüchtlinge ein, die als qualifizierte Techniker, Künstler und Landwirte wertvoll für das Land sind. Mit dem Tode Al-Mustansirs endet diese friedliche Zeit, 100 Jahre voller Unruhen und Dynastiestreitigkeiten schwächen das Land und ermöglichen das Eindringen fremder Heere. Abu Al Abbas stellt 1370 die Ordnung wieder her, auch unter den langen Regierungszeiten seiner Nachfolger erlebt das Land eine wirt-schaftliche und kulturelle Blüte, die es weder vorher noch jemals nachher besaß. In dieser Zeit leben der Historiker Ibn Khaldoun und der berühmte Arzt Ibn Arafa. Der Niedergang der Dynastie beginnt mit dem Tod Othmans im Jahr 1488. 1504 schließen die türkischen Korsaren Horudsch und Chaireddin (oder Barbarossa) ein Abkommen mit dem Hafsidenherrscher. Sie bekommen einen Großteil der Küste bis Algerien in ihre Hand, der osmanische Großherr macht Chaireddin zum Gouverneur von Algier. 1534 greift Barbarossa mit seinen türkischen Truppen den Hafen von Tunis an. Sultan El-Hassan flieht und ruft Karl V. zu Hilfe. 1535 landet Karl V. mit der spanischen Flotte bei La Goulette und erobert Tunis. Eine grausame Plünderung und Brandschatzung der Stadt erfolgt, an der sich die 12.000 dort gefangen gewesenen christlichen Sklaven beteiligen. El-Hassan erhält sein Amt zurück, muss jedoch den Spa-niern Tribut zahlen. 1228 - 1249 Abu Zakariya 1249 - 1277 Abu Abdallah Mohammed

    al-Mustansir

    1370 - 1394 Abu al Abbas 1394 - 1434 Abu Faris 1435 - 1488 Othman Mohammed - 1541 El-Hassan 1541 - Ahmad 1535 - 1574 Karl V. / Phillip II.

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    Türkische Provinz 1574 – 1881 1574 landen die Türken mit Sinan Pascha am Cap Karthago, erobern Tunis und vertreiben die Spanier. Das Land wird türkische Provinz und erhält von Istanbul auf Zeit eingesetzte Paschas (Bey). Die Janitscharen, die Elitetruppe des Sultans, ermorden 1591 die Führungsschicht und ersetzen sie aus ihren Reihen. Diese Deys garantieren Ruhe und Ordnung im Land. Eine wichtige Einnahmequelle ist die Freibeuterei und die Gefangennahme christlicher Sklaven. Aber auch der Seehandel mit Europa blüht. 1615 erhält Murad Kursu das mächtige Amt des Bey und verfügt so über Truppen und Steuereinnah-men. In den folgenden Jahren machen er und seine Nachfolger den türkischen Deys die Herrschaft streitig. 1673 versuchen die Türken die Muraditen-Beys abzusetzen, die aber, verstärkt von einheimischen Truppen, die Türken zu-rückschlagen. 1702 beendet der Türke Ibrahim ash-Sharif die Herrschaft der Muraditen, kann sich aber nur bis 1705 halten. 1592 Ibrahim 1598 - 1610 Kara Othman Dey 1610 - 1637 Youssuf Dey 1637 - 1640 Sidi Murad 1640 - 1647 Ahmad Khuja 1665 - 1666 Mustapha Kara Kouz 1702 - 1706 Ibrahim ash-Sharif 1705 - 1706 Lasfar Dey Husseiniden 1706 - 1957 Hussein Ben Ali, Sohn eines Türken und einer Einheimischen, kann sich 1706 gegen die Türken durchsetzen und erhält von Istanbul seine Ernennung als Pascha, der Großherr hat jedoch keine wirkliche Macht mehr in Tunis. Ali Pascha, ein Neffe Husseins, setzt 1735 mit Hilfe algerischer Truppen seinen Onkel ab und wird zum Bey proklamiert. Durch seine strenge Amtsführung und die Ausbeutung des Landes macht er sich viele Feinde. Der algerische Dey, der Ali Pascha zu seinem Amt verholfen hatte und mit dem er sich in-zwischen überwarf, nimmt 1756 Tunis ein und setzt Mohammed, den Sohn Husseins, auf den Thron. Dieser muss die Vorherrschaft des Algeriers akzep-tieren. Unter der Regentschaft von Husseins Sohn Ali (1759 - 1782) kommt das Land zur Ruhe, er pflegt gute Beziehungen zu Algerien und Frankreich. 1807 kann sich sein Sohn Hammouda Pascha von der algerischen Vorherrschaft befrei-en. Nach seinem Tode 1814 gerät Tunesien unter die Regentschaft schwacher Herrscher, die das ehemals reiche Land ruinieren und sich bereichern. Ahmed Beys (1837 - 1855) Regierungsstil versucht, die europäischen Verhältnisse zu kopieren, ohne jedoch die erforderliche ökonomische Grundlage zu haben, sein Palast in Mohammedia wird nach dem Vorbild von Versailles umgestal-tet. 1857 verkündet Mohammed Bey auf Druck der europäischen Konsuln -

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    aber zur Verärgerung der arabischen Bevölkerung - die erste Verfassung, die allen Untertanen gleich welcher Rasse, Nationalität und Religion Sicherheit und gleiche Rechte garantiert. Unter der Regierungszeit von Mohammed es-Sadok Bey 1859 - 1882 kommt es daher und infolge der ungeheuren Steuerlast zu Aufruhr und Bürgerkrieg; Epidemien und Missernten verschlimmern die Lage, das Land verschuldet sich immer mehr und gerät dadurch in Abhängig-keit von den Europäern. 1706 - 1735 Hussein ben Ali 1735 - 1756 Ali Pacha 1756 - 1759 Mohammed ben Hussein 1759 - 1782 Ali ben Hussein 1782 - 1814 Hammouda Pacha 1814 - 1814 Othman 1814 - 1824 Mahmoud ben Mohammed 1824 - 1835 Hussein ben Mahmoud 1835 - 1837 Mustapha ben Mahmoud 1837 - 1855 Ahmed ben Mahmoud Wohnsitz Mohammedia 1855 - 1859 Mohammed Bey Wohnsitz Bardo 1859 - 1882 Mohammed ez-Zadok Wohnsitz Ksar Said 1882 - 1902 Ali Bey Wohnsitz La Marsa Ahmad ben Khuja ca. 1910 - 1920

    Mohammed Naceur

    1942 - 1943 Moncef ben Naceur 1943 - 1957 Lamine Französisches Protektorat 1881 - 1956 1881 marschieren die Franzosen in Tunesien ein, der Bey muss in dem Ver-trag von Bardo dem französischen Protektorat zustimmen. Der Vertrag sichert formell die Position des Bey und des tunesischen Staates, räumt den Franzo-sen aber die Stationierung ihrer Truppen und Mitsprache in wichtigen Fragen ein. Eine Verwaltung nach französischem Muster wird aufgebaut, französi-sches Kapital und Siedler erschließen das Land modernen Betrieben, Eisen-bahn und Straßen werden gebaut. 1920 gründen tunesische Intellektuelle, die französische Schulen besucht hatten, die Destour-Partei mit dem Ziel, allen Bürgern gleiche Rechte zu geben und demokratische Verhältnisse einzuführen. Es gelingt aber nicht, breite Volksmassen zur Unterstützung zu gewinnen. 1934 gründen einige junge Intellektuelle, unter ihnen der Rechtsanwalt Habib Bourguiba, die mit der bisherigen Arbeit der Destour unzufrieden sind, die Neo-Destour-Partei mit dem Ziel der Unabhängigkeit. Sie finden eine breite Zustimmung in der Öffentlichkeit. Die Kolonisten greifen gegen die Neugründung sofort hart durch, können sie aber nicht zerstören. Ein Aufstand der Neo-Destour wird

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    1938 von den Franzosen blutig niedergeschlagen, die Funktionäre verhaftet. Die Nationalisten arbeiten unter Führung von Habib Thameur im Untergrund weiter. Am 9. November 1942 wird Tunesien von deutsch-italienischen Trup-pen besetzt, doch das französische Protektorat bleibt bestehen. Bourguiba und seine Gefährten kommen frei. Im Mai 1943 ziehen die Alliierten in Tunis ein. 1946 proklamiert die Neo-Destour die Unabhängigkeitsbewegung, der schließlich selbst das tunesische Schattenkabinett zustimmt. Als diese Forde-rung im Dezember 1951 von den Franzosen abgelehnt wird, kommt es zum blutigen Freiheitskampf, Bourguiba wird verhaftet und in die Verbannung geschickt. 1955 ist Frankreich gezwungen, dem Land die innere Autonomie zu bewilligen.

    Rommels Afrika-Korps Im Februar 1941 übernimmt Generalleutnant Erwin Rommel - der Wüsten-fuchs - in Libyen das Kommando über das deutsche Afrika-Korps mit dem Auftrag, der von den Briten bedrängten Kolonialmacht Italien beizustehen. In einem Überraschungsangriff - selbst Hitler war nicht informiert - erobert er die Cyrenaika zurück. Nach der Einnahme von Tobruk im Juni 1942, das brachte ihm den Rang eines Generalfeldmarschalls, überschreitet er die ägyp-tische Grenze und gelangt bis El Alamein vor den Toren Alexandrias. Fehlen-der Nachschub aus der Heimat ermöglicht den Briten einen vernichtenden Schlag, Rommel bleibt nur der Rückzug nach Tunesien, dessen Kolonial-macht Frankreich nach einem Waffenstillstandsabkommen mit Deutschland diesem neutral gegenübersteht. Er will sich in der von den Franzosen zum Schutz vor italienischen Angriffen aus Libyen errichteten Mareth-Stellung verschanzen, die nicht südlich umgangen werden kann. Eigene Soldaten wie auch der Gegner schätzen den Generalfeldmarschall wegen seiner zwar kühnen und entschlossenen, aber immer ritterlichen Krieg-führung. Rommel ist z.B. entsetzt, als er erfährt, dass der dringend benötigte Treibstoff in doppelten Böden von Lazarettschiffen transportiert wird. Am 8.11.42 waren Amerikaner und Briten in Marokko und Algerien gelandet und marschierten nach Osten. Hitler schickt nun endlich über Tunis und Bizerte die lang erhoffte Verstärkung - viel zu spät. Die Deutschen werden von den Tunesiern freundlich aufgenommen, sie halten die östlichen Küsten-städte, während im Westen die Alliierten vorrücken. Rommel kann zunächst noch Mitte Februar in der Schlacht am Kasserine-Pass einen Keil in die alli-ierte Front brechen, wird aber schon am 5. März bei Medenine - Metameur vernichtend geschlagen. Von Sfax aus fliegt er zum Führerhauptquartier, um Hitler um die Genehmigung zum Rückzug und Verlegung der Truppe nach Italien zu bitten. Doch er darf nicht nach Afrika zurück, 130.000 Mann gera-ten nach der endgültigen Kapitulation am 12.5.43 in Gefangenschaft. Wäh-rend des Afrikafeldzuges fielen insgesamt 100.000 Soldaten, darunter fast 20.000 Deutsche.

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    Unabhängiges Tunesien Am 20. März 1956 erlangt Tunesien die Unabhängigkeit, der Bey erhält den Königstitel. Doch schon am 25. Juli 1957 wird der König abgesetzt und Ha-bib Bourguiba zum Präsidenten der Republik ernannt, der Vater des moder-nen, westlich orientierten Tunesien. Er ist 30 Jahre ununterbrochen Staatsprä-sident, zuerst gewählt, später durch Verfassungsänderung auf Lebenszeit. 1978 gibt es blutige Auseinandersetzungen auf Grund der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Einparteienherrschaft. Am 7. November 1987 setzt Zine Al-Abidine Ben Ali überraschend und unblutig den schwer an Arteriosklerose leidenden, greisen Staatschef ab und übernimmt dessen Amt. Der Schritt stößt auf Erleichterung und große Zu-stimmung in der Bevölkerung. 1989 unterschreiben Tunesien, Algerien, Liby-en, Marokko und Mauretanien den Gründungsvertrag der Maghreb - Union. Durch ein 1994 neu eingeführtes Proportionalwahlrecht wird es der Oppositi-on ermöglicht, bei den Parlamentswahlen Mandate zu erringen. Am 1. März 1998 tritt Tunesiens Assoziierungsabkommen mit der EU in Kraft, das erste zwischen der EU und einem Mittelmeeranrainerstaat, das schrittweise Handelshemmnisse abbauen soll. Am 15. November 1998 wird ein Studentenaufstand, an dem 90.000 der insgesamt 130.000 tunesischen Studenten beteiligt waren, von den Sicher-heitskräften brutal niedergeschlagen, ebenso wie der Schüleraufstand im Februar 2000. Gymnasiasten und arbeitslose Jugendliche zahlreicher Regio-nen, die zu den ärmsten des Landes gehören (Zarzis, Gabes, El Hamma, Chenini, Medenine, Djerba, Ben Guerdane, Kebili, Douz, Moulares, Gafsa, Sfax, Kasserine), errichteten Barrikaden und zündeten sie mit geplünderten Autoreifen an. Sie brachten ihren Unmut über die Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln, die nachlassende Kaufkraft und die zunehmende Arbeitslosigkeit zum Ausdruck, aber auch ihren Groll gegenüber den öffentli-chen Autoritäten und der sich ausbreitenden Bestechungspraktiken. Im April 2002 explodiert vor der La Ghriba-Synagoge auf Djerba ein mit Gasflaschen gefüllter Kleintransporter, 14 der 19 Todesopfer waren Deutsche. Zu dem Anschlag bekennt sich die Terrororganisation al-Qaida. Der Touris-mus bricht deutlich ein.

    Zine el Abidine Ben Ali Staatspräsident Ben Ali wurde am 3. September 1936 in Hamman-Sousse geboren. Seine Ausbildung erhielt er an der französischen Militärakademie St. Cyr sowie an weiteren französischen und amerikanischen Militärschulen. In den USA erfolgte dann eine Ausbildung zum Elektronikingenieur. Ben Ali war über zehn Jahre Direktor des militärischen Sicherheitsdienstes. In der Zeit von 1974 bis 1977 diente er als Militärattaché in Marokko. Ab 1978 war er Chef des zivilen Sicherheitsdienstes. Von 1980 bis 1984 sammelte Ben Ali als Botschafter in Warschau diplomatische Erfahrungen. Nach seiner Rückkehr nach Tunesien war er Staatssekretär und Minister für Sicherheit und später

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    Innenminister. Im Oktober 1987 wurde er zum Premierminister ernannt. Nur einen Monat später setzte er den greisen Präsidenten Bourguiba aus gesund-heitlichen Gründen ab. Wiederwahl zum Präsidenten 1994, 1999 und 2004.

    Im Mai 2002 setzt der Präsident eine Verfassungsänderung durch, die ihm die Präsidentschaft auf Lebenszeit ermöglicht. Die entscheidenden Innovationen sind: • Die bisherige Bestimmung, wonach der amtierende Präsident zweimal für

    weitere Amtsperioden von fünf Jahren wiedergewählt werden kann, wird ersetzt durch die Bestimmung, dass das Höchstalter für die Kandidatur 75 Jahre beträgt. Auf diese Weise kann Ben Ali noch zweimal kandidieren und bis zum Jahr 2014 im Amt bleiben.

    • Der Artikel 41 der Verfassung wird dahingehend geändert, dass der Präsi-dent strafrechtliche Immunität während seiner Amtszeit erhält. Diese gilt auch "nach Ende seiner Funktionen für Taten, die er während der Aus-übung seiner Funktionen begangen hat."

    • Während der Parlamentsferien kann der Präsident in eigener Vollmacht Gesetze erlassen, die später den beiden Kammern zur Billigung vorgelegt werden (Art. 31).

    Im September 2003 wurde der Generalsekretär der Oppositionspartei Union Démocratique Unioniste der Korruption in Ausübung seines Amtes als Ge-schäftsführer der Flughafengesellschaft angeklagt und festgenommen. Er hatte sich als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen aufstellen lassen wollen. Ben Ali gewann im Oktober 2004 bei seiner dritten Wiederwahl nach amtlichen Angaben mit 94,48% aller Stimmen. Am 9. Dezember 2004 wurde Tunesien von der europäischen Kommission im Rahmen der guten Nachbarschaft ein Aktionsplan vorgelegt, der u.a. auch die Frage der Demokratisierung und der Menschenrechte behandelt sehen möchte. Eine engere Zusammenarbeit auf den Gebieten Außen-, Sicherheits-, sowie Wirtschafts- und Kulturpolitik sei wünschenswert. Tunesien versprach größe-re Anstrengungen im Bereich der Rechtsreform sowie der Respektierung der Menschenrechte.

    RELIGION Islam bedeutet Hingabe an Gott, der Muslim, d.h. der, der diese Hingabe übt, begibt sich ganz in die Abhängigkeit Gottes. Mohammed, Stifter der Religion, wurde 569 n. Chr. als Mitglied des Stammes der Kuraisch in Mekka geboren. Sehr bald Vollwaise, wuchs er bei einem Onkel auf und arbeitete als Kamel-treiber und Kaufmannsgehilfe. Er heiratete seine verwitwete Chefin, die viel ältere Khadija. Von der jüdischen Religion wie auch vom Christentum ge-prägt, begann er mit 40 Jahren die Existenz eines einzigen Gottes zu predigen und gegen den Lebenswandel seiner Landsleute zu wettern. Das brachte ihm nicht nur Sympathien, 622 musste er Mekka fluchtartig verlassen und ging nach Medina. Mit diesem Jahr, der Hidschra, beginnt die islamische Zeitrech-nung als Jahr 1. Das religiöse Leben richtet sich nach diesem auf die Mondpe-

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    riode gestützten Kalender, dessen Jahr etwa 11 Tage kürzer ist als nach dem Gregorianischen Kalender, der im Alltag benutzt wird. Daher verschieben sich die Termine der religiösen Feste von Jahr zu Jahr. Die folgenden Jahre waren geprägt von schweren Kämpfen mit den Gegnern, doch schon bei Mohammeds Tod im Jahr 632 waren nahezu alle Stämme der arabischen Halbinsel Anhänger des neuen Glaubens. Der Siegeszug des Islam führte nach Nordafrika, der Bereich des heutigen Tunesien war schon im 8. Jh. völlig islamisiert. Erst nach Mohammeds Tod wurden die ihm von Gott durch den Erzengel Gabriel über einen langen Zeitraum überlieferten Offenbarungen - der Koran (d.h. Vortrag) - schriftlich festgehalten. Zusammen mit der Sunna, den ge-sammelten Aussprüchen und Taten des Propheten, bildet dieses Buch die Grundlage der Gesetzesreligion, die das Leben des Gläubigen bis ins kleinste regelt. Das betrifft die genaue Abfolge der täglichen Gebete, Ehe- und Erb-schaftsgesetze, Handel, Vorschriften über Essen und Trinken bis zur Klei-dung. Einem Muslim ist der Übertritt zu einer anderen Religion nicht gestat-tet, ein Mann darf eine Nicht-Muslimin heiraten, wenn sie Angehörige einer Buchreligion ist, eine Frau dagegen nicht. Vornehmlich in der 27. Nacht des Ramadan, der Nacht der Verkündigung (des Koran), werden die bis zu sechs-jährigen Knaben beschnitten, als Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam. Der schmerzhafte Eingriff wird zur Belohnung mit einem großen Fest und vielen Geschenken gefeiert. Im Gegensatz zu dieser Sunnitischen Richtung des Islam entwickelten sich nach Mohammeds Tod durch Streitereien um die Nachfolge die Schiiten, die sich auf Ali, Ehemann der Prophetentochter Fatima, gründen. Sie bilden aller-dings in der islamischen Welt eine Minderheit und spielten in Tunesien nur im 10. Jh. unter den Fatimiden eine Rolle. Stützpfeiler der Religion sind die fünf Grundpflichten, die jeder Gläubige erfüllen muss: • Glaubensbekenntnis (Sahada): Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und Mohammed ist der Gesandte Gottes. Mit diesem Bekenntnis wird der Islam angenommen. • Das rituelle Gebet (Salat): Fünfmal täglich zu bestimmten Zeiten muss der gläubige Muslim im vorgeschriebenen Ritus beten, dazu gehört die Wa-schung, bedeckende Kleidung, eine Unterlage, Gebetsrichtung nach Mekka und vorgeschriebene Bewegungen. Nur bei Einhaltung aller Gebote ist das Gebet gültig. Gebetet werden kann überall, nicht selten sieht man Autofahrer an der Landstraße neben dem Wagen knien, nur am Freitag sollte möglichst die Moschee aufgesucht werden. Es gibt keine Geistlichen im christlichen Sinne, lediglich einen Vorbeter, den Imam. • Almosensteuer (Zakat): Sie wird durch den Staat erhoben und ist lt. Koran für die Sklaven, Schuldner, Reisenden und Glaubenskämpfer bestimmt. Darü-ber hinaus ist es für jeden Muslim verdienstvoll, freiwillige Spenden an Be-dürftige zu geben.

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    • Fasten (Saum): Im 9. Monat des islamischen Kalenders, dem Ramadan, muss jeder Muslim, mit Ausnahme von Kindern, Schwangeren und Kranken, von Sonnenauf- bis -untergang fasten. Das bedeutet völlige Enthaltung von Essen, Trinken und Geschlechtsverkehr, auch Rauchen ist verboten. • Wallfahrt nach Mekka (Hadsch): Wenigstens einmal im Leben sollte jeder Gläubige, der es nur irgendwie ermöglichen kann, im 12. Monat des islami-schen Jahres, dem Du El Hadscha, nach Mekka pilgern und darf sich danach Hadschi nennen. Auch hiermit ist ein bestimmter Ritus verknüpft.

    Auswirkungen des Ramadan im Alltag Während das rituelle Gebet längst nicht mehr von allen eingehalten wird, ist der Ramadan ein Muss, Nahrungsmittelaufnahme in der Öffentlichkeit absolut unmöglich. Und während Alkohol in der übrigen Zeit - obwohl verboten - toleriert wird, ist er im Fastenmonat tabu. Und dennoch ist er der Monat, in dem mehr Fleisch, Milch, Zucker und Eier denn je verbraucht werden, eine enorme Belastung für die Haushaltskasse. Tagsüber steht das Leben weitgehend still. Jeder versucht, den Tag so gut es geht, schlafend zu verbringen. Firmen, Behörden und Banken haben verkürzte Arbeits- und Öffnungszeiten, Cafés und Restaurants sind, abgesehen von Touristenhochburgen, tagsüber geschlossen, das Personal äußerst lustlos. Es ist verständlich, dass man Touristen nicht gern beim Essen oder Rauchen zusieht. Während gebildete Menschen sich meist tolerant zeigen, kann es in kleinen Dörfern passieren, dass Fremde beschimpft werden, wenn sie in der Öffentlichkeit essen oder trinken. Das Reisen in dieser Zeit ist dadurch etwas beschwerlich. Wer nicht mitfasten will, muss entweder selbst kochen oder sich nur in Ferienzentren aufhalten, die auf Fremde eingestellt sind. Nach Einbruch der Dämmerung, wenn " ein weißer Faden nicht mehr von einem schwarzen zu unterscheiden ist", gibt der Muezzin von der Moschee das Zeichen zum Gebet und anschließendem Fastenbrechen. Erwartungsvoll sitzen schon vorher alle am vollbeladenen Tisch, die Straßen sind menschen-leer. Es beginnt mit einer Suppe, Brik, Salat, dazu Datteln, Milch, Joghurt, Kuchen und Kaffee. Das sind jedoch nur die unverzichtbaren Bestandteile, bei vielen Familien kommt noch so viel dazu, dass sich der Tisch biegt. Kurz danach folgt ein warmes Essen. Danach beginnt der große Marsch, denn man braucht Hunger für die nächste Mahlzeit. Während Tunesien sonst kein Nachtleben kennt, sitzen die Männer im Ramadan bis zum frühen Morgen bei Kartenspiel und Wasserpfeife in den Cafés, oder es gibt Musikveranstaltun-gen. Gegen 3 Uhr wird zum letztenmal für die Nacht gegessen. In manchen Orten ertönt eine laute Sirene oder zieht ein Trommler durch die Straßen, um eventuelle Schläfer zu wecken. Nach dieser letzten Mahlzeit legt man sich zur Ruhe. Beginn und Ende des Fastenmonats sind nicht im voraus klar zu definieren, sondern richten sich nach dem Aufgang des neuen Mondes. Kurz vorher ist das Land in großer Spannung, an welchem Tag es denn nun losgeht, und noch viel mehr am Ende, wenn mit einem dreitägigen Fest die Beendigung der

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    schweren Zeit mit einem ausgiebigen Essen und vielen Geschenken gefeiert wird. Zuvor besucht man noch die Toten. Das erfolgt nicht wie bei uns in Stille und Zurückhaltung, es finden richtige Feste zwischen den Gräbern statt, die Kinder tollen herum. Da sich der islamische Kalender nach unserer Zeit-rechnung jährlich um 11 Tage nach vorn verschiebt, kann der Ramadan in jede Jahreszeit fallen. Im Winter ist das Fasten noch einigermaßen erträglich, doch im Sommer sind die Tage sehr lang und heiß, nicht ein Tropfen Wasser darf über die Lippen kommen.

    Alter Volksglaube Eine weitverbreitete nordafrikanische Besonderheit ist die im orthodoxen Islam nicht vorgesehene Verehrung von Heiligen, den Marabuts. Mit dem Wort murabit bezeichnete man ursprünglich den Bewohner eines Ribat, eines befestigten, religiösen Ordenshauses. Später entstand daraus die Bezeichnung Marabut für alle Personen, denen Gott eine besondere Gabe, die Baraka, verliehen hatte. Männer und Frauen können mit dieser Gabe schon zu Lebzei-ten den Menschen helfen, bei Krankheit, Unfruchtbarkeit oder bei der Suche nach einem Ehemann. Aber die Baraka wirkt über den Tod hinaus, ja wird sogar stärker. Deshalb errichtet man den Toten ein Grabhaus mit Kuppel, im Gegensatz zu den einfachen Gräbern normaler Sterblicher, und bezeichnet dieses Häuschen mit dem gleichen Wort. Es gibt sehr kleine Koubbas mit wenigen Quadratmetern, aber auch große Gebäude mit Aufenthaltsräumen, Schlafplätzen und Koranschulen. Jeder Ort, jedes Viertel hat seinen eigenen Marabut, in dem die Bewohner regelmäßig zusammenkommen. Sie bringen Opfergaben mit, machen Musik, man tanzt, trinkt Tee und hat so Anteil an der Baraka. Im Marabut findet auch die Beschneidung der Knaben statt. Einmal im Jahr gibt es ein großes Fest, das Moussem.

    Hochzeitsfest Ein wichtiges Ereignis im islami-schen Leben ist das Hochzeitsfest. Zwar wird heute vor allem in Städten Rücksicht auf die Gefühle der jungen Brautleute genommen, doch in traditionellen ländlichen Stämmen wird immer noch der Bräutigam von den Eltern ausge-sucht. Die Hochzeit wird in einer Zeit gefeiert, in der nicht allzu viel Arbeit auf den Feldern an-liegt, also meist nach der Ernte

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    und niemals im Ramadan. Die Feierlichkeiten dauern eine Woche. Zunächst feiern Verwandte und Freunde von Braut und Bräutigam, getrennt nach Ge-schlechtern, in den beiden Familien mit Festessen, Musik und Tanz, die Braut wird gebadet, mit Hennah geschmückt und mit wohlriechenden Ölen einge-rieben. Erst am letzten Tag wird die Braut in einem feierlichen Zug in das Haus des Mannes geleitet. In der Stadt feiert man Hochzeiten etwas einfacher in großen Hotels mit gela-denen Gästen. Die Braut sitzt, eingepfercht in schwere, paillettenbestickte Kleider, unbeweglich wie eine Statue auf einem Podium. Nur der Bräutigam verlässt von Zeit zu Zeit den Platz, um mit den Gästen zu plaudern, die von einer sehr lauten Musikkapelle unterhalten werden. Gereicht werden alkohol-freie Getränke und Süßigkeiten.

    Pflanzen und Tiere Im ariden Süden des Landes herrscht Steppenvegetation vor mit Wildgräsern, Sträuchern und dem typischen Espartogras. Eine Ausnahme bilden die Oasen-gärten, in denen durch angelegte Bewässerungskanäle auf engstem Raum eine Vielzahl von Nutzpflanzen kultiviert werden. Auch die wenn auch nur selten auftretenden Regenfälle können die Vegetation über Nacht für kurze Zeit erblühen lassen. Im Nordteil des Landes herrscht eine typisch mediterrane Vegetation. Je nach Höhe sind hier Aleppo-Kiefern und Wacholderbäume, Laubwälder und Korkeichen und Weinberge typisch. Elefanten wurden noch zu Zeiten Hannibals vor den Toren Karthagos für den Kriegsdienst gefangen, Löwen und Panther von den Römern für Zirkusspiele gejagt. Doch heute ist das längst Vergangenheit, das Lieblingstier der Touris-ten ist das einhöckrige Kamel oder Dromedar. Wahrscheinlich hat man die-ses genügsame Wüstenschiff zuerst im Inneren oder im Süden von Arabien zum Haustier gemacht, vielleicht schon im vierten Jahrtausend vor Christus; es kam um 300 v. Chr. von der arabischen Halbinsel nach Nordafrika und ist bestens für ein Überleben in der Sahara vorbereitet. Die Frage, warum es in der sommerlichen Wüstenglut zehnmal so lange wie ein Mensch und viermal so lange wie ein Esel aushält, hat schon immer die Menschen beschäftigt und lange Zeit falsche Ergebnisse gebracht. Das Kamel hat weder in seinem Hö-cker noch in seinem Magen einen Wasservorrat gespeichert. Das eigentliche Geheimnis liegt darin, wie das Kamel das vorhandene Wasser nutzt. Wir Landtiere bestehen nun einmal größtenteils aus Wasser, und wir verlieren das Wasser im Körper alle nach genau den gleichen Gesetzen. Einmal durch die Nieren, weil wir in Wasser gelöste Harnsäure und Salze ausscheiden müssen, dann beim Atmen durch die Lungen, und schließlich verdunsten wir durch unsere Körperhaut oder die Schleimhäute des Mundes ständig Wasser, um dadurch kühler zu werden und unsere Körpertemperatur stets auf der gleichen Höhe zu halten. Wenn die Lufttemperatur in der Sonnenglut der Sahara auf über fünfzig Grad Celsius steigt verliert ein Mensch in einer Stun-de 1,1 l Schweiß. Hat ein Mensch mehr als 4,5 l Schweiß verdunstet ohne zu trinken, das heißt 5 % seines Körpergewichts, dann ist er schon darin behin-

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    dert, seine Umwelt richtig zu sehen und zu beurteilen. Bei 10 % Gewichtsver-lust hört er nichts mehr, hat schreckliche Schmerzen und wird irre. In kühler Umgebung können wir Menschen recht lange dursten, und wir sterben erst, wenn unser Körpergewicht durch Wassermangel um 20 % verringert ist. In der Wüstenhitze kommen wir dagegen bei 12 % Gewichtsverlust infolge Dürstens durch Hitzschlag um. Dies alles sind natürlich Durchschnittswerte und können im Einzelfall differieren. Versuche ergaben, dass ein Kamel dagegen 25 % seines Wassergehaltes im Körper verlieren kann ohne in Lebensgefahr zu geraten. Ein sparsamer Was-serverbrauch wird vor allem durch eine Regulierung der Körpertemperatur erreicht. Während diese beim Menschen immer gleich auf etwa 36,5 ºC bleibt, sinkt die der Kamele nachts bis auf 34 ºC ab, und tagsüber wird der Körper so langsam auf 40 ºC aufgewärmt, dass das Tier lange Zeit nicht zu schwitzen braucht, um seine Temperatur niedrig zu halten. Ferner bietet der Rückenhö-cker mit seinem dichten Fell und den Fettvorräten einen guten Schutz vor der Sonne. Esel sind ja auch Wüstentiere, sie können im Gegensatz zu uns Men-schen ebenfalls bis zu einem Viertel ihres Körpergewichts durch Dursten verlieren. Aber sie verlieren ihr Wasser im Körper dreimal so schnell wie ein Kamel. Ein ausgetrocknetes Dromedar trinkt hundertfünfunddreißig Liter Wasser in zehn Minuten und hat damit sein verlorenes Körpergewicht wieder ergänzt, während der Mensch dazu einige Stunden braucht. Ein Esel aber schafft es sogar in zwei Minuten, ein Viertel seines Körpergewichts wieder hinzuzutrinken. So hastig zu trinken hat Vorteile für Tiere in der Wildnis. Im Sommer ist das Wasser knapp, meistens gibt es nur einige wenige Wasserlö-cher, und an denen lauern die Raubtiere. Kann man in zwei Minuten nachtan-ken, so wird auch die Zeit der Gefahr kürzer. Die verbliebenen Nomaden halten auch heute noch Kamelherden, von denen manche Tiere gegen Lohn gehütet werden. Die Tiere weiden oft frei in der Wüste und werden an den Wasserstellen von ihren Besitzern anhand der Brandzeichen erkannt. Das Fell gibt Wolle zum Weben (auch für die Noma-denzelte), die Milch ist wichtige Nahrung, das Tier trägt den Hausrat beim Ortswechsel. Kamele gehen oft monatelang allein auf Futtersuche, im Herbst sammelt der Besitzer seine mit einem Brandzeichen markierten Tiere an den bekannten Wasserstellen ein. Während ein normales Lastkamel und Reittier für Touristen zwischen 500 und 700 Dinar kostet, ist das Mehari, das echte hochbeinige Reitkamel, ein kostbares Prestigeobjekt, für das man um die 2.000 Dinar bezahlt. In den Wüstengebieten des äußersten Südens kommen auch heute noch einige Antilopenarten vor, vor allem die zierliche Dorcasgazelle. Wildern ist zwar in Tunesien streng verboten, doch es kommt leider vor, so werden diese anmuti-gen Tiere immer seltener. Der Fennek oder Wüstenfuchs hat heutzutage auch kein leichtes Leben. Das putzige Nachttier wird allzu gern eingefangen und muss, angekettet, am Tag als Touristenattraktion dienen. Überdies wird der wie ein Schmusetier wirkende Sahararäuber von manchen Reisenden mit in

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    deutsche Wohnzimmer genommen und stirbt bei einer so artwidrigen Haltung bald. Bitte lassen Sie den Fennek in seiner Heimat und zahlen Sie auch keine Gebühren für Fotos, die nur dazu reizen, noch mehr der possierlichen Tiere einzufangen. Die sandfarbene Wüstenspringmaus gilt bei den Sahelbewohnern als Delika-tesse. Tagsüber schläft sie in ihrem ca. 2 m langen Gang unter der Erde und kommt nur nachts zum Vorschein. Sie ist bevorzugtes Beutetier der Schlan-gen, von denen es zweiundzwanzig Arten in Tunesien gibt. Nur fünf davon sind giftig. Die gefährlichste, die Levanteotter, lebt in den nördlichen Bergen, die schwarzweiße Kobra in Zentraltunesien. Den heißen Süden bevorzugen die sehr giftigen Horn- und Sandvipern. Sie lauern im Sand eingegraben auf ihr Opfer, ein Tritt mit dem bloßen Fuß auf eine solche Stelle hätte böse Fol-gen. Deshalb in der Wüste nie barfuss gehen! Doch kann man diese Schlange fast nicht mehr antreffen. Das zweite giftige Tier im Süden ist der Skorpion. Von den zehn vorkommenden Arten sind zwei so gefährlich, dass ihr Stich vornehmlich bei Herzkranken und Kindern zum Tod führen kann. Vor allem die Gegend um Sidi Bouzid im Zentrum des Landes ist berüch-tigt. Dort werden jährlich etwa 8.000 Menschen gestochen, von denen fast 20 sterben. Skorpione suchen die Nähe des Menschen, in einer warmen Mainacht fand ich in einem Haus bei Douz einen Skorpion an der Zim-merwand.

    Hornviper Ganz harmlos sind dagegen Dornschwanz und Chamäleon, mit denen No-madenkinder manchmal spielen. Das kleine, fast drachenartig aussehende Chamäleon kann seine Farbe der Umgebung anpassen. Sein größter Feind ist der Mensch; es wird im getrockneten Zustand als Arzneimittel verwandt, zum Käuferanlocken werden die possierlichen Tiere lebend im Laden angebunden. Der Dornschwanz, eine Echsenart, lebt in der steinigen Wüste. Im mächtigen Schwanz, der auch zur Verteidigung dient, speichert er Fett als Wasserreserve. Dieses Tier wird häufig ausgestopft als Souvenir angeboten. Völlig ungefähr-lich sind auch die auf Sanddünen häufig anzutreffenden Schwarzkäfer, es gibt in der Sahara mehr als 300 verschiedene Arten. Der Sandfisch geht zwar am Tage auf Insektenjagd, doch bekommt man das etwa 10 cm lange Schup-pentier selten zu Gesicht. Bei Hitze und Gefahr taucht der schlanke Körper blitzschnell im Sand unter.

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    Hunde werden in Tunesien nur von Nomaden als Hütehunde gehalten, nicht als Haustiere wie bei uns. Eine Besonderheit ist jedoch der Sloggi, ein Wind-hund, der früher zur Gazellenjagd eingesetzt wurde und heute noch beim Sahara-Festival von Douz zu bewundern ist.

    Nationalparks Zum Schutz von Fauna und Flora und zur Bewahrung des ökologischen Erbes hat Tunesien eine Reihe von Nationalparks geschaffen. Nationalpark der Inseln Zembra und Zembretta Nationalpark auf zwei kleinen Inseln im Mittelmeer mit einer Größe von 389 ha 60 km von Tunis. Interessante Fauna und Flora - vor allem aber Robben. Ichkeul Nationalpark mit einer Größe von 12.600 ha 75 km nordwestlich von Tunis. Zentrum ist ein mit großem, von verschilften Sümpfen umgebener Gebirgssee - ein Paradies zur Überwinterung von jährlich etwa 200.000 bis 300.000 Zug-vögel 180 verschiedener Arten, Tränke und Badesee für Wildschweine und Wasserbüffel. Der Park wird von drei Organisationen geschützt: • Ramsar Convention on Humid Areas of International Importance; • UNESCO Convention on "World Heritage"; und • UNESCO Convention on "Man and the Biosphere". Es gibt dort ein Öko-Museum. Chambi Nationalpark mit einer Größe von 6.723 ha 15 km von Kasserine im Westen des Landes. Das Waldgebiet wird von Tunesiens höchstem Gipfel, dem Djebel Chambi (1.544 m) überragt. In den Wäldern aus Aleppokiefer leben Gebirgsgazellen, Manschettenmufflons und Streifenhyänen, in den Felsen Adler, Geier und Wanderfalken. Geländewagenfahrten bis fast zum Gipfel werden angeboten. Es gibt ein Öko-Museum. Bou-Hedma Nationalpark mit einer Größe von 16.000 ha 85 km östlich der Oase Gafsa im Süden. Savannenlandschaft im Tell-Atlas mit einem der letzten Wälder von Busch- und Schirmakazien, in der mehrere Antilopenarten, Gazellen, Mufflon und Strauße sowie Schakale und Wüstenfüchse und sogar Königsadler leben. Nur mit dem Geländewagen (Touren können gebucht werden)! Nationalpark Djebel Bou Kornine 1.900 ha Waldgebiet östlich von Tunis bei Hammam Lif. Feija Nationalpark 2 600 Ha im Norden von Ghardimaou: Korkeichenwälder mit 500 Arten von Orchideen und Farnen, 25 Arten von Säugetieren, Reptilien und Amphibien.

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    Sidi Toui Nationalpark Bei Medenine im Süden, typische Flora und Fauna der Wüste.

    Die UNESCO-Liste des Welterbes Die "Internationale Konvention für das Kultur- und Naturerbe der Mensch-heit", die die UNESCO 1972 beschlossen hat, schützt Zeugnisse vergangener Kulturen und einzigartige Naturlandschaften, deren Untergang ein unersetzli-cher Verlust für die gesamte Menschheit wäre. Sie zu schützen liegt deshalb nicht allein in der Verantwortung eines einzelnen Staates, sondern ist Aufgabe der Völkergemeinschaft. 156 Staaten haben die Konvention inzwischen ratifiziert. Mit der Benennung von Kultur- und Naturdenkmälern für die Welterbeliste der UNESCO ver-pflichten sich die betreffenden Staaten zu fortdauernden Schutz- und Erhal-tungsmaßnahmen. Die anderen Unterzeichnerstaaten verpflichten sich dazu, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum Schutz dieser Stätten des Menschheits-erbes beizutragen. Über die Aufnahme von Denkmälern in die Liste des Welterbes entscheidet das UNESCO-Welterbekomitee, das prüft, ob die von den Unterzeichnerstaa-ten vorgeschlagenen Denkmäler die in der Konvention festgelegten Kriterien erfüllen. Hierzu zählen das Kriterium der "Einzigartigkeit" und der "Authenti-zität" (historische Echtheit) eines Kulturdenkmals (K) oder der "Integrität" eines Naturdenkmals (N). Außerdem muss ein überzeugender Erhaltungsplan vorliegen. Die internationalen Fachverbände für Denkmal- und Naturschutz (ICOMOS und IUCN) beraten das Komitee. In Tunesien stehen folgende Kulturdenkmäler auf der Liste: Amphitheater von El Djem (K/1979) Ruinen von Karthago (K/1979) Altstadt von Tunis (K/1979) Nationalpark Ichkeul (N/1980) Punische Stadt Kerkouan und ihre Totenstadt (K/1985) Altstadt von Sousse (K/1988) Altstadt von Kairouan (K/1988) Ruinen der antiken Stadt Dougga (K/1997)

  • Die Routen

    in Tunesien Die Routen

  • Tunis

    TUNIS Die tunesische Hauptstadt liegt im Nordosten des Landes am Golf von Tunis, vom Meer getrennt durch eine Lagune und den flachen Binnensee El Bahira, in dessen Mitte eine winzige Insel die Ruinen eines ehemals spanischen Kas-tells trägt. Direkt an der Küste sind die Vorstädte La Goulette mit dem großen Hafen, der Industrieort Le Kram, der Villenvorort Karthago mit Ausgrabungs-stätte und Präsidentenpalast, das malerische Künstlerdorf Sidi Bou Said und die Badeorte La Marsa und Gammarth. Sie sind mit der Stadt durch einen Damm verbunden, auf dem eine Autostraße und die Trasse der Schnellbahn verläuft. Tunis hat etwa eine Million Einwohner, im Großraum mit allen Vorstädten leben aber 2,28 Millionen Menschen.

    Geschichte Schon bevor die Phönizier die tunesische Küste erreichten, war Tunes eine Berbersiedlung. Ihr Fürst war es, der später Elyssa Land zur Gründung Kar-thagos überließ. Die kleine Siedlung blieb jedoch bedeutungslos, bis die Ara-ber das Land eroberten. War für alle vorherigen Eroberer der Hafen wichtig gewesen, zählte für das Reitervolk mehr die günstige Lage zwischen den Binnenseen. Sie bauten im 8. Jh. die Ölbaummoschee, und der letzte Aghlabidenherrscher Ibrahim II verlegte 894 seinen Sitz nach Tunis. Die nachfolgenden Fatimiden residierten bereits wieder in Mahdia. In den wechselvollen Jahren, die für das Land folgten, herrschte in der Stadt meist Frieden und Wohlstand. Ein Statthalter von Tunis, der Almohade Abd Al-Wahid ibn Hafs, begründet schließlich die Dynastie der Hafsiden, die mit Sitz in Tunis das Land über drei Jahrhunderte regierte. Abu Zakariya (1228 - 1249) ließ um die Ölbaummoschee die ersten gedeckten Souks anlegen, die Kasbah ausbauen und prachtvolle maurische Gebäude errichten. Im Jahr 1534 lagen die Türken zum erstenmal vor Tunis. Der Hafside El-Hassan floh und überließ die Stadt den Angreifern. Darauf landeten die Spa-nier im Jahr 1535 vor La Goulette, um die Türken zu vertreiben. Nach dem Sieg wurde Tunis grausam geplündert, El-Hassan erhielt unter der Oberauf-sicht der Spanier sein Amt zurück. Doch Jahrzehnte später eroberte Sinan Pascha endgültig Stadt und Land für das osmanische Reich und setzte einen Statthalter ein. Die Türken bauten die Festung La Goulette 1574 zu einer der mächtigsten Befestigungsanlagen der damals bekannten Welt aus. Für über 300 Jahre wird Tunis Hauptstadt der osmanischen Provinz und in den Bauten stark von den Türken geprägt; auch die aus Andalusien vertriebenen Mauren brachten neue Gewerbe und Wohlstand und beeinflussten Architektur und Kunst. Im Jahr 1881 marschieren die Franzosen in Tunesien ein. Das Land wird französisches Protektorat, der türkische Bey bleibt formal in seinem Amt, Tunis ist weiterhin Sitz der Regierung, was es auch nach der Unabhängigkeit bleibt. Das Europäerviertel zwischen der Medina und dem See El Bahira - die französische Botschaft war schon 1862 vor der Stadtmauer errichtet worden -

  • Tunis

    wurde ausgebaut im europäischen Stil mit breiten Boulevards, Verwaltungs- und Geschäftsgebäuden sowie Wohnanlagen im Grünen.

    Tipps zur Stadtbesichtigung Geschäftszeiten 9 bis 18.30 Uhr, Sonntag geschlossen Die Besichtigung ist am besten zu Fuß möglich. Jeder Tag endet in einem unübersehbaren Verkehrschaos, Parkplätze sind kaum verfügbar, erst recht nicht bewacht, Parksündern wird unerbittlich eine Kralle an die Räder mon-tiert. Sollte Ihr Auto wegen falschen Parkens abgeschleppt worden sein, so können Sie es gegen Entrichtung einer Gebühr von etwa 30 TND bei der "Fourrière" auslösen. Der öffentliche Nahverkehr ist sehr gut ausgebaut, es gibt Busse und die - überirdische - Metro. Außerdem die alle 20 Minuten verkehrende TGM-Bahn (TGM = Tunis - La Goulette - La Marsa), vor mehr als hundert Jahren von den Italienern gebaut. Sehr bequem und billig sind die Taxis, die man per Handzeichen rufen kann. Sie haben einen Taxameter, eine Fahrt quer durch die ganze Stadt kostet kaum mehr als 2 TND. Ab 21 Uhr wird ein Nachtzu-schlag von 50 % erhoben. In der Touristeninformation ist ein genauer Stadt-plan von Tunis und speziell von der Medina kostenlos erhältlich.

    Neustadt Zentrale Ader der Neustadt ist die Avenue Habib Bourguiba, die auch nach dem Sturz des greisen Staatschefs ihren Namen nicht verloren hat. Anders erging es seinem Reiterstandbild auf der Place d'Afrique (heute Platz 7. No-vember) am östlichen Ende, es wurde nach Ben Ali's Machtübernahme ent-fernt und durch eine Uhr auf einem Betonsockel ersetzt. Die Prachtstraße beginnt am Lac (See) de Tunis, dort ist der Bahnhof des TGM-Zuges. An der Kreuzung mit der Avenue Mohammed V liegt die Hauptverwaltung des ONTT (Office Nationale du Tourisme Tunisien). Dahinter erhebt sich die umgekehrte Pyramide des Hotel du Lac. In der Avenue Mohammed V ist das ONAT-Artisanat, eine große, staatliche Ausstellung mit Waren des traditionellen Kunstgewerbes. Diese haben Festpreise, eine gute Gelegenheit, sich über die Preise zu informieren. Gegenüber ist die Galerie Yahia, in der regelmäßig Gemäldeausstellungen gezeigt werden.

  • Tunis

    1 Theater 2 Markthalle 3 Moschee Sidi

    Mehrez 4 Dar El Bey 5 Moschee

    Youssef Dey 6 Tourbet El Bey 7 Dar Ben Abdal-

    lah 8 Moschee Ez-

    Zitouna 9 Moschee

    Hammouda Pascha

    10 Jugendherber-ge

    An der Avenue folgt nun die „Dachilia“, das gut bewachte Innenministerium ist der Ort, an dem die Politik im Lande bestimmt wird. Danach das 22-stöckige Luxushotel Africa. Ferner gibt es eine große Anzahl von kleineren Hotels, Reisebüros, Banken, Galerien, Autovermietungen, Kinos und Cafés mit einer baumbestandenen Promenade in der Mitte. Diese erinnert mit ihren Blumenständen und Kiosken - es gibt auch ausländische Zeitungen - ein wenig an die Champs Elysée von Paris. In den Baumwipfeln treffen sich am Abend Hunderttausende von Staren zu einem Höllenkonzert. Am späten Nachmittag ist diese Promenade ein belieb-ter Flanierboulevard der Einheimischen wie der Touristen. An der Kreuzung mit der Avenue de Carthage ist auf der Promenade ein Kiosk des ONTT, dort gibt es einen guten Stadt- und Medinaplan. Kurz da-nach das von den Franzosen erbaute Stadttheater (1), in dem beachtliche Inszenierungen gezeigt werden. Ein Besuch in diesem Jugendstil-Palast mit seinen roten Plüschsesseln hat auch seinen Reiz, wenn man die arabische Sprache nicht versteht. Theater hat im Land bereits eine Tradition, das erste tunesische Drama wurde im Jahr 1911 aufgeführt. Das Colisée auf der ande-ren Straßenseite ist ein Treffpunkt der tunesischen Jugend. In der Ladenpassa-

  • Tunis

    ge gibt es außer einem Kino vor allem ein großes Café, hinter dessen dezenten Vorhängen sich die männlichen Einwohner in der Dämmerstunde zum Bier-konsum treffen. Etwas weiter das El Hana International, das zweite große Hotel des Boulevards mit einem beliebten Café und der Disco Joker. Die breite Avenue Habib Bourguiba endet am Place de l'Indépendance mit einer Statue des berühmtesten Sohnes der Stadt, des Philosophen und Historikers Ibn Khaldoun.

    Abdul Rahman Ibn Khaldoun wurde 1332 als Sohn reicher andalusischer Flüchtlinge in Tunis geboren. Nach seiner Ausbildung an der Ez-Zitouna ging er zum Studium von Logik, Mathematik und Koran an die berühmtesten Universitäten der islamischen Welt, wo er als Professor lehrte und in den Wirren der damaligen Zeit ein sehr unstetes Leben zwischen höchsten Ämtern und Kerker führte. Berühmt wurde er als Historiker, er verfasste ein Werk zur modernen Geschichtsschreibung und war der Begründer der Soziologie. Er starb 1406 in Kairo

    Gegenüber die neoromanische Kathedrale St. Vincent-de-Paul aus dem Jahr 1882, in der täglich katholische Messe gelesen wird. Die Avenue de France als Fortsetzung ist schmaler, an ihr liegt die französische Botschaft. Viele der Gebäude stammen noch aus der Kolonialzeit, in einem ist das Magasin Générale, ein Kaufhaus mit mehreren Etagen. Unter den Arkaden haben Schuhputzer schon recht etablierte Stationen mit Batterien von Bürsten und Cremes aller Farben. Die Grenze zwischen Alt- und Neustadt schließlich ist die Porte de France oder Bab Bhar (Meerestor). Rechts dahinter die engli-sche Botschaft in einem weißgrünen Haus im andalusischen Stil. Aber nicht nur die breite Hauptader, auch die Seitenstraßen sind überaus belebt. Tunis ist ein richtiges Einkaufsparadies mit einfachen und eleganten Läden. Die Haupt-geschäftsstraße ist die Rue Charles de Gaulle. Dort ist die Kaufhalle Monoprix (Mo. - Sa. 8.30 - 19 Uhr) mit recht günstigen Preisen und Alkoholverkauf, letzterer allerdings nicht am Freitag. Gegenüber in der bekannten Patisserie Ben Yedder in reicher Auswahl köstliche Torten und Gebäck, die jeder Tune-sier heiß und innig liebt. Etwas weiter folgt die große, nur vormittags geöffne-te Markthalle (2) mit einem unübersehbaren Angebot an Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch. Auch ausländische Wurst und Käse sind zu haben. In der gleichen Straße liegt die Hauptpost mit dem Musée des Timbres, einer inte-ressanten Sammlung von historischen Postutensilien und Briefmarken. Der Eingang zum Museum liegt in der Rue Gamal Abdel Nasser, es hat die glei-chen Öffnungszeiten wie die Post. Einen Besuch wert ist die Parallelstraße zur Habib Bourguiba, die Rue Yougoslavie, da dort und in der kleinen Seitenstra-ße Ibn Khaldoun viele preiswerte Restaurants und Hotels sind. In der Avenue de Paris liegt das französische Kulturzentrum mit Bibliothek und das Hotel Majestic. Fortsetzung ist die Geschäftsstraße Avenue de la Liberté, gegenüber dem schwerbewachten Rundfunksender ein moderner Monoprix-Supermarkt. Die Straße endet am Belvédère-Park, einem beliebten Sonntagsausflugsziel. Dort ist der Zoo, im Winter geöffnet 9 - 17 Uhr, im

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    Sommer 9 - 19 Uhr, 300 M, Fotos 100 M. Eingang an der Südspitze neben einem kleinen See mit hübschem Gartencafé. Von der Koubba auf dem Hügel, einem Pavillon aus dem 18. Jh., bietet sich ein schöner Blick über die Stadt. Im Park ist außerdem das Museum für moderne Kunst, in dem Werke zeit-genössischer tunesischer Maler ausgestellt sind. Am Bab Souika, nordöstlich der Medina, ist das Halfaouine-Viertel völlig neu entstanden. Dieser Bezirk, der seinen Namen von den früher dort ansässigen Halfagrasmatten-Flechtern erhielt, war vor Jahren einer der schlimmsten Stadtteile mit abbruchreifen Häusern. Die wichtige Durchgangsstraße wurde teilweise unter die Erde verlegt, die verfallenen Häuser abgerissen, andere saniert. So entstand ein beeindruckendes Wohn-, Büro- und Geschäftsviertel im islamo-arabischen Stil in den Farben weiß und grün. Das alte Mausoleum des 1022 gestorbenen Medina-Schutzheiligen Sidi Mehrez (3), einem Be-schützer der Armen, zu dem vor allem junge Frauen kommen, die einen Ehe-mann suchen, wurde in die moderne Konstruktion integriert. Leider ist Nicht-moslems der Zutritt zu dieser prächtigen Grabstätte nicht gestattet, obwohl auch unter den Touristinnen wohl so manch ein heiratswilliges Mädchen sein mag. Im Jahr 1991 hat der Rat der arabischen Wohnungsbauminister Tunis für dieses Projekt mit einem Preis geehrt. Besonders stolz ist man darauf, dass nur einh