Restauro 5 / 14

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ALLES AN EINEM PLATZ: CHANCEN UND RISIKEN VON ZENTRALDEPOTS www.restauro.de Juli/August 2014 5 Zeitschrift für Restaurierung, Denkmalpflege und Museumstechnik WIE VERMITTELT MAN DAS KONSTANZER KONZIL? KUNSTSTüCK: KäFERPANZER ALS SCHMUCKELEMENTE BODENFUNDE – NEUE PRäSENTATIONSMöGLICHKEITEN

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Restauro 5 / 2014 mit den Themen Depot - Konstanzer Konzil 1414 - 1418 - Bodenfunde

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Alles An einem PlAtz: ChAnCen und Risiken von zentRAldePots

www.restauro.de

Juli/August 2014

5

Zeitschrift für Restaurierung, Denkmalpflege und Museumstechnik

Wie veRMittelt MAn DAs KonstAnZeR KonZil? KunststücK: KäfeRpAnZeR Als schMucKeleMente

BoDenfunDe – neue pRäsentAtionsMöglichKeiten

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Inhalt

5/2014 5/2014

rubriken

6 kunststück68 Firmen und Produkte70 Termine72 impressum73 Vorschau73 Stellenanzeigen74 Porträt

blickPunkT

8 naumburg: Was erzählen schwere chorbücher?10 Pompeji ist in guten Händen 12 reise-restaurierungsblog in china

kristin lengsfeld, Doris rösler, Martin krus, lars klemm14 Prima klima in Depots? beurteilung verschiedener Sanierungs- und erweiterungs baumaßnahmen

ulrike rothenhäusler, nicole Gebhard, kim Travis20 erst notkonserviert, dann umgelagert ein neues Zuhause für archäologische Textilien

irina Seekamp26 Der Fahnenumzug – ein erfahrungsbericht

Tanja kimmel, Stefan Fleck, Angelika Stephanides34 eine erste evaluierung Drei Jahre neues Zentraldepot des kunsthistorischen Museums Wien

uta baier42 Der Trend geht zur Schatz-konzentration

Manfred koller44 buchrezension: endlich eine enttabuisierung des Depotthemas

caroline Vogt und Hans-Joachim bleier46 Silber und Seide

Zur konservierung der Mitra aus dem kloster kreuzlingen interview50 konstanzer konzil – ein gut zu vermittelndes Thema

Hartmut von Wieckowski54 Geborgen = Verborgen? entwicklung einer in situ-bewahrung und erforschung für

archäologische Funde

ulrike uhlig, Alexander Gatzsche62 Zu wenig verbreitet: replikenherstellung mit 3-D-Technik Valentine brodard64 Ausstellungsrezension: Die Pfahlbauer – Am Wasser und über die Alpen

Volker koesling66 buchrezension: Per Hoffmanns buch gehört auf jeden Schreibtisch

THeMA: konSTAnZer konZil 1414 – 1418

THeMA: boDenFunDe – berGunG & VerMiTTlunG

TiTelTHeMA: DePoT – neubAu & uMlAGerunG

Titelmotiv

Das bild zeigt das neue Depot der klassikstiftung Wei-mar, die 2013 ihr Zentraldepot mit Werkstätten fertig-stellte und gerade die neuen räumlichkeiten bezieht. Hier wird der Sammlungsbestand aus 14 verschiedenen Depots zusammengeführt. Aber eine schwarze oberflä-che für ein klimatisiertes Gebäude? So wirke es in der landschaft weniger aufdringlich, sagen die Architekten.

46 1414 – 1418: Zeiten der Macht

14 ein neues Depot planen und beziehen

54 bodenfunde bergen und ausstellen Foto

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depot – neubau &umlagerung depot – neubau &umlagerung

Foto

:

Foto

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Irina Seekamp

Der Fahnenumzug – Ein Erfahrungsbericht

1 2

Die Fahnen aus dem Bestand sind teilweise sehr

groß, ihr Trägermaterial besteht aus verschiedens-

ten Textilien, nicht wenige wurden aus feiner Seide

gefertigt. Zudem weisen sie häufig Stickereien, Ap-

plikationen oder Malschichten auf. Im Laufe ihrer

Verwendung wurden viele dieser Fahnen im Freien

der Witterung ausgesetzt, obwohl ihre Herstel-

lungsmaterialien hierzu wenig geeignet sind. All

das führte dazu, dass der Fahnenbestand heute be-

sonders fragile Objekte aufweist, die einer speziel-

len Handhabung und Behandlung bedürfen. Auf-

grund ihres Erhaltungszustandes und ihrer Fragilität

sollten die Fahnen daher liegend gelagert werden.

Das Schweizerische Nationalmuseum besitzt ne-

ben den hier thematisierten 570 Fahnen weitere

Objekte, wie zum Beispiel ca. 500 Bataillonsfahnen

und 1500 so genannte Landifahnen. Diese Objekte

werden in dem vorliegenden Beitrag jedoch nicht

besprochen, da sie aufgrund ihres Zustandes und ih-

rer geringeren Größe in Stapeln oder auch hängend

gelagert werden können. Auch waren der Transport

und die Einlagerung einfacher zu realisieren.

Situation in den alten DepotsDer Sammlungsbestand des Schweizerischen Nati-

onalmuseums war an zwei Standorten in Zürich un-

tergebracht. Ein Großteil der Fahnen befand sich in

AbstrAct

The Relocation of Ensigns – A field report

The collections of the Swiss Natio-nal Museum include a large and in-ternationally renowned inventory of flags and ensigns. These had to be packed and transported for the relocation of all the museum’s coll-ections and workshops to a new centre. This is a report of how this enormous manoeuvre was plan-ned and implemented.

Vor einigen Jahren verlegte das Schweizerische Nationalmuseum seine Sammlungsbestände so-wie die Restaurierungswerkstätten in ein zentrales Sammlungs- und Kompetenzzentrum. Die ein-zelnen Sammlungsbestände erforderten eine detaillierte, objektbezogene Vorplanung, um Schä-den beim Umzug zu vermeiden. Die Übersiedlung des Sammlungsbestandes der Fahnen stellte ganz besondere Anforderungen an das Personal und war zudem sehr kostenintensiv.

1Die Lagerung der Fahnen im neuen Depot

2Aufrollen der Fahnen im alten Depot

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KOnstanzer KOnzil 1414 – 1418 KOnstanzer KOnzil 1414 – 1418

Konstanzer Konzil – Ein gut zu vermittelndes Thema

Oliver Morr, leitender Restaurator und Susanne Rau, Archäologin und Museumspädagogin am Badischen Landesmuseum Karlsruhe (BLK) haben die Ausstellung „Das Konstanzer Konzil 1414–1418. Weltereignis des Mittelalters“ mit vorbereitet und begleiten sie mit Vorträgen und Vermittlungsangeboten. Die Besu-cherzahlen sind hoch, obwohl es sich um ein 600 Jahre altes Thema handelt. Eine Spurensuche.

Wie gut verstehen die Besucher ein 600 Jahre altes, religiöses Thema?Susanne Rau: Es gibt sehr viele Anknüpfungs-

punkte an die heutige Zeit. Die Frage, wie man

mit Religion umgeht, wie Religion umgesetzt

wird, ist sehr aktuell. In Hinblick auf Europa ist

das Konzilsthema relevant: Das Aufeinandertref-

fen verschiedener Kulturen spielt auch heute ei-

ne wichtige Rolle. Die Frage nach den Aspekten,

die vereinen oder entzweien, wird immer noch

gestellt, ebenso zum Beispiel Themen wie Mär-

tyrertum oder auch Tyrannenmord. Wenn die Be-

sucher erstmal die Hemmschwelle überwunden

haben, merken sie, dass es viel mehr aktuelle Be-

züge gibt, als es das Thema auf den ersten Blick

vermuten lässt.

Welches sind die restauratorischen Herausfor-derungen bei einer Ausstellung mit mittelal-terlichen Objekten?Oliver Morr: Wir präsentieren verschiedenste

Objekte aus organischen und anorganischen Ma-

terialien, die unterschiedlichster Klimatisierung,

Beleuchtung und Handhabung bedürfen. Das hat

die Ausstellung sehr aufwendig und anspruchs-

voll gemacht. Die Materialvielfalt ist schon etwas

Besonderes, aber jede Zeit hat ihre spannenden

Kunstwerke und Spezifika. Objekte aus Kunst-

stoff zum Beispiel bedeuten einen viel größeren

Aufwand bezüglich des Transportes, des Hand-

lings und der Präsentation.

Warum sind die Vorgaben für die Leihgabe sehr unterschiedlich?Morr: Die Leihanforderungen wurden in den letz-

ten Jahren immer höher. Dies ist natürlich unse-

rer Zeit geschuldet, da wir mehr über die präven-

tive Konservierung wissen. Durch die akademi-

sche Ausbildung wissen wir um die Schäden, die

eine falsche Klimatisierung oder Beleuchtung

auslösen können. Andererseits sehen wir in der

Ausstellung die Schönen Madonnen, die alle

zwei Jahre zwei bis drei Mal ausgestellt werden

und natürlich darunter leiden. Das muss reduziert

werden. Es bleibt die Frage, inwieweit wir die Ex-

ponate mit einer Sonderausstellung noch zusätz-

lich belasten können. Und wie lange wir uns das

noch finanziell leisten möchten.

Dipl.-Rest. Oliver Morr

Studium an der Fachhochschule

Hildesheim. Verschiedene Aus-

landsprojekte, unter anderem in

Aleppo, Syrien. Von 1999 bis

2012 Werkstattleitung am Histo-

rischen Museum in Frankfurt am

Main. Seit 2013 am Badischen

Landesmuseum in Karlsruhe

Leiter des Referates „Restaurie-

rung und Konservierung“.

Dr. Susanne Rau

Studium der Ur- und Frühge-

schichte, Anthropologie,

Kunstgeschichte und Klassi-

schen Archäologie in Göttingen

und Kiel. Nach dem Volontariat

wissenschaftliche Mitarbeiterin

für die Bereiche Museums-

pädagogik und Öffentlichkeits-

arbeit bei zwei Landesausstel-

lungen. Seit 2013 Projektleiterin

Museumspädagogik für die

hier vorgestellte Landesaus-

stellung.

Wieviele Kuriere waren hier?Morr: In Spitzenzeiten 90 Personen. Wir muss-

ten die Flüge organisieren, Tagegeld, die Anwe-

senheitszeiten verteilen etc. Wir haben uns hier

mit einer kleinen Restaurierungswerkstatt und

Büros eingerichtet, um unsere Aufgaben zu be-

wältigen. Wir arbeiten ja sonst in Karlsruhe.

Rau: Es war eine logistische Meisterleistung der

Kollegen, da der gesamte Aufbau in nur knapp

acht Wochen über die Bühne gehen musste.

Bei welchem Objekt war die Meisterleistung am größten?Morr: Besonders ist mir dies bei der Mitra aus

Frauenfeld in Erinnerung geblieben. Wir haben

mehrere Tage benötigt, bis Kuratoren und Res-

tauratoren mit der Präsentation zufrieden waren.

Es ist uns gelungen, jedoch war es ein Prozess,

der alle Beteiligte gefordert hat. Es gab andere

Objekte, bei denen der Prozess schneller ging.

Müssen es denn immer die Original-Objekte sein? Die Chinesen gehen hier sehr weit voran und bieten 3-D-Abformungen an, die sogar mit Patina versehen sind. Kann das eine Lö-sung sein?Morr: Vielleicht. Allerdings wäre eine Ausstellung

nur mit Kopien oder Digitalisaten nicht dasselbe. Rau: Das finde ich schwierig. Originale sind ja da-

zu da, dass man sie zeigt. Und das merken wir

besonders auch bei dieser Ausstellung. Viele Be-

sucher fragen nach, welches Objekt denn wirk-

lich beim Konzil mit dabei war. Die Faszination ei-

nes Gegenstandes aus der Zeit kann nur ein

„echtes“ Exponat auslösen.

Transportieren die Kunstwerke mit ihrer Echt-heit auch eine Aura?Morr: Ja. Wir präsentieren Objekte aus dem litur-

gischen Bereich, die noch verwendet werden.

Dazu gehören zum Beispiel Reliquiare oder

Monstranzen. Hier gilt es, mit besonderem Res-

pekt und Zurückhaltung an diese Objekte heran-

zutreten, weil sie mehr sind als reine Kunstobjek-

te aus dem Museum.

Rau: Der Bischofstab von Papst Benedikt XIII.

zum Beispiel oder die Sporen, die dem Bürger-

meister von Konstanz durch König Sigismund

verliehen wurden, sind unmittelbare Zeitzeugen.

Da sind quasi noch deren Fingerabdrücke darauf.

Diese Aura wollen die Besucher erleben. Sie ist

niemals mit einer Replik erfahrbar.

Wie erklären Sie den Besuchern, dass für eine solche Ausstellung sehr viel Recherche notwendig ist?Rau: Bei dem Fragment des Mantels von Jan

Hus ist dies besonders gut zu verdeutlichen. Er

wurde während des Konziles aufgrund seiner re-

formatorischen Lehren zum Tode verurteilt und

auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wir haben

ein Textilfragment eines Gewandes in der Aus-

stellung, das möglicherweise von Hus war. Das

Stück wurde erst vor kurzem von einer Kuratorin

des BLM bei einer Recherche im Museum Col-

mar wiederentdeckt. Hier gibt es für uns wichti-

ge Ansatzpunkte, die wir den Besuchern vermit-

teln wollen: Wie wertet man ein solches Ob-

jekt? Ist das wirklich ein Teil vom Mantel von

Hus? Wie ist die Provenienz? Woher wissen wir

das, was wir wissen? Das Fragment ist ein gu-

tes Beispiel dafür, wie man Quellen interpretie-

ren kann und auch, wo die Grenzen der Interpre-

tation liegen. Hier wird deutlich, wie wichtig es

ist, dass wir kritisch mit dem umgehen sollten,

was wir vermeintlich wissen, hören und sehen.

Wieder: Ganz brandaktuell.

Welche Rolle spielt dabei das Konzilgebäude?Rau: Die Möglichkeit, ein historisches Ereignis

an einem Originalschauplatz zu zeigen, ist wun-

derbar. Mir fällt spontan nichts Vergleichbares ein.

Die Räumlichkeiten haben eine authentische At-

mosphäre. Es ist wirklich inspirierend, an dem

„Ort der einzigen Papstwahl in Deutschland“ ar-

beiten zu dürfen.

Wie reagieren die Besucher?Rau: Die Besucher sind zunächst von der Größe

des Gebäudes und der Monumentalität der Bal-

ken beeindruckt. Oft kommt die Frage, ob das

alles noch Original sei. Erstaunlicherweise ha-

ben die Besucher aber bei der Orientierung im

Gebäude Schwierigkeiten. Sie erwarten moder-

ne Ausstellungsräume und Ausstattung, die wir

aber in einem historischen Gebäude nicht bieten

51

Susanne Rau und Oliver Morr sind überzeugt, dass sich das Thema „Konstanzer Konzil“ gut vermitteln lässt.

Das Konstanzer Konzil

zeitraum: 05. November 1414 bis 22. April 1418thema: Die Zusammenkunft aller europäischen Bischöfe des Mit-telalters diente der Klärung drei-er Fragen: der causa unionis, der causa reformationis und der causa fidei. Der erstere sollte die Machtverhältnisse in Europa klä-ren und die Einheit der Kirche wiederherstellen. Dies gelang

mit der Wahl des Papstes Martin V. zum alleinigen Oberhaupt der Kirche. Der zweite Punkt bezog sich auf interne Reformen. Und drittens sollten Fragen der Verkündigung und der Sakramentslehre geklärt werden. Insbesondere wurde der Umgang mit den Reformatoren Jan Hus, John Wyclif und Hieronymus von Prag diskutiert.Ort: Konstanz wurde als „neutraler Ort“ im kirchlichen Machtgefüge angesehen. Das Ge-bäude war ehemals ein Kaufhaus, das für das Ereignis umgebaut wurde.

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555/2014

Bodenfunde – Bergung & vermittlung

54 5/2014

thema: Bodenfunde – Bergung & vermittlung

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Die Neunfachbestattung von Salz-münde im „Show-Case“ zur tempo-rären Visualisierung

Bisheriger StandEine vollständig dreidimensionale Freilegung und

Säuberung eines Befundes für eine perfekte Be-

gutachtung und Dokumentation findet an den Um-

ständen archäologischer Ausgrabungen in der

Feldarbeit ihre Grenzen. Tiefere Freilegungen und

Säuberungen ohne Festigungsmittel können das

Kollabieren des Befundes verursachen. Umfas-

send wissenschaftliche Untersuchungen des

Befundes bleiben somit bedingt und den Umstän-

den geschuldet verborgen. Fragestellungen, zum

Beispiel zur erforschbaren Bestattungs- und Se-

pulkralkultur, können nur begrenzt beantwortet

werden.

Unkontaminierte Probenentnahmen sind oft

nicht gewährleistet, verursacht beispielsweise

durch Tageslicht/UV-Einwirkungen oder umherzie-

hende Kleintiere. Gründliche anthropologische Un-

tersuchungen können in der Regel erst später,

nach der sukzessiven Entnahme des Befundmate-

riales vorgenommen werden. Oft kollabiert das

Material des Befundes jedoch schon während der

Entnahme. Auch die nötige Zeit vor Ort ist oft auf-

grund von Baumaßnahmen nicht gegeben. Ferner

besteht die Gefahr von Vandalismus und Grabräu-

berei. Ein späterer, visueller 3-D-Zugang und eine

Betrachtung kleinster Details im Gesamtkontext

sind im Nachhinein nicht mehr möglich.

Für die weitere Untersuchung und Bergung ei-

nes überdimensionalen und komplexen Befundes

wurden und werden mithin tonnenschwere Block-

bergungen in situ durchgeführt. Seit Gedenken re-

stauratorischer Feldarbeit wird ein Block mit Hilfe

einer faserverstärkten armierten Gipskapsel oder

eines Kastenrahmens zweidimensional gesichert

und dann mit einem unter den Befund getriebe-

nen ca. fünf Millimeter dicken Stahlblech geho-

ben. Alternativ wird mit Hilfe von aneinander ge-

setzten, angeschraubten Bohlen an der Unterseite

eines Kastenrahmens gearbeitet, die den Block

Stück für Stück unterfangen.

Diese so gehobenen Blöcke sind nach deren

Bergung oft nur in ebenerdigen Depots oder in

Freiluftüberdachungen der Museen zu lagern. Ein

erforderliches Raumklima ist meist nicht vorhan-

den, und ohne eine sofortige, alles durchdringen-

de Konservierung sowie nachhaltige Kontrollen

nehmen die Befunde Schaden. Entweder trock-

nen sie aus, werden porös und bilden Risse, oder

das Fundmaterial wird durch feuchtes Klima bak-

AbstrAct

Retrieved = Hidden away? A new method for the in-situ safekeeping of colossal archaeological finds

In the light of mankind’s history and with a view to the protection and maintenance of important components of our cultural herita-ge along with academic research into them, the author has develo-ped a new technology for the reco-very, restoration and securing of large-scale finds in-situ. This is the very first description of this new technology.

Unter den Aspekten, prägende Bestandteile des kulturellen Erbes zu erhalten und wissenschaftlich auch nachhaltig erforschen zu können, entwickelte der Verfasser eine neue Technologie zur Ber-gung, Konservierung, Restaurierung und vor allem auch eine Technologie für leicht handhabbare, vertikale Präsentationsmöglichkeit von überdimensionalen und komplexen Fundsituationen in situ.

Hartmut von Wieckowski

Geborgen = Verborgen?Entwicklung einer in situ-Bewahrung und Erforschung für archäologische Funde

teriell befallen. Neben weiteren korrosiven Gefah-

ren bilden sich zahlreiche Schimmelpilze. Das Kul-

turgut wird unwiederbringlich zersetzt. Dies alles

sind Gründe, die eine Ausstellung in situ oft ver-

hindern. Alle wissenschaftlichen Untersuchungen

bleiben bedingt und erfolgen unter den Umstän-

den der „nagenden Zeit“.

Eine bislang vorgenommene, sukzessive Umbet-

tung verändert die exakte Fundlage in allen Di-

mensionen und es kommt zu Veränderungen oder

gar Fehlstellen, was folglich zu einem Informati-

onsdefizit führt.

Entwicklung der TechnologieDie oben genannten Gründe und vor allem die Op-

tion, einen komplexen, überdimensionalen Befund

dauerhaft unter einer erheblichen Gewichtsredu-

zierung – dazu in situ – zu erhalten, mithin Raum

sparend in vertikaler, leicht handhabbarer Position,

führten zur Entwicklung der hier vorgestellten

Technologie, die ein Novum in der Archäologie

und Denkmalpflege ist.

Die Technologie wird hier primär an einem ein-

zigartigen Fundkomplex – der „Neunfachbestat-

tung der Salzmünder Kultur“ – beispielhaft vorge-

stellt. Die ebenso gesicherten Mehrfachbestattun-

gen von Eulau befinden sich bereits als vertikal

präsentiertes Triptychon in der neuen Daueraus-

stellung im Landesmuseum für Vor- und Frühge-

schichte in Halle.

Zustand der NeunfachbestattungDie Freilegung in Feldarbeit der Neunfachbestat-

tung von vier Frauen und fünf Kindern zeigte

Brandspuren an den Skeletten sowie das Fehlen

von Körperteilen. Der Erhaltungszustand der Ske-

lette ist entsprechend des Alters gut, partiell je-

doch sehr porös und stark fragmentiert, insbeson-

dere in den Bereichen der Thoraxe und Schädel.

Die komplex verschlungene Lage mit partiellen

Überschichtungen der einzelnen Individuen lie-

ßen vor Ort noch viele direkte Fragen zur Situati-

on und dem Hergang der Bestattung offen. Eine

sukzessive Entnahme der Skelette sollte auf-

grund einer derart einzigartigen Fundsituation und

deren Fragestellungen vermieden werden – ge-

paart mit dem Anspruch, den Befund dauerhaft in

situ zu erhalten, zu erforschen und zu präsentie-

ren. Eine enorme Herausforderung an die Restau-

rierung.