rundschreiben frühjahr 11 · 2011. 4. 7. · Quartal 2011 zu starten, konnten wir nicht einhalten....

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Monitoring-Rundbrief 1/2011 Liebe Leserin, lieber Leser! So schnell konnte man Mütze und Schal kaum ausziehen, wie in den letzten Tagen der Frühling Einzug hielt. Betrachtet man allein die Temperaturen, so wurde der Frühling förmlich übersprungen. Dieses Gefühl schienen auch so manche Heimzügler zu verspüren, denn der eine oder andere trat un- gewöhnlich früh hierzulande und andernorts in Europa auf. So flogen die ersten Rauchschwalben bereits vor Mitte März umher und ihre in der Regel erst im April eintreffenden Verwandten, die Mehlschwalben, wurden bereits ab dem 25. März entdeckt. Ebenso sind Schwarzmilane vor Mitte März eher ungewöhnlich, mindestens ebenso Baumfalken, ein Kuckuck oder Gartenrot- schwänze im März. Einen Wiedehopf verschlug es vor lauter Vorfreude im März bis nach Schleswig-Holstein und in den ersten April-Tagen schlug be- reits die erste Nachtigall bei Hannover. Die besonders frühen Vorboten hier- zulande fügen sich in das Bild andernorts ein: Ungewöhnlich frühe Ankünfte – nicht nur von Einzelvögeln – gab es auch in Großbritannien, etwa von Baum- falken und Kuckucken. Angesichts des jetzt teils schon sommerlichen Wetters besonders weit- sichtig handelte allerdings ein Waldkauzpaar in Münster, das bereits Mitte März flugfähige Junge fütterte und sich somit vielleicht schon im Januar für den Nachwuchs entschied. Nach den langen, bereits im November einsetzen- den, eisigen und schneereichen Wochen hatten offenbar nicht nur wir an den ersten milderen Tagen des neuen Jahres das Gefühl, dass der Winter jetzt eigentlich zu Ende sein könnte. Hätten wir jetzt schon ornitho.de ... mag der eine oder andere jetzt denken. Uns geht es da nicht anders. Dann hätte man ein wesentlich vollständigeres Bild der Heimzügler zeichnen können. Aber es gibt gute Gründe, weshalb der Start etwas später erfolgen wird. Lesen Sie hierzu – sowie zu vielen wei- teren spannenden Ergebnissen und Entwicklungen in der Vogelwelt – mehr auf den folgenden Seiten. Wir wünschen allerseits viele spannende Beobachtungen und Entdeckungen in der Vogelwelt, sei es bei den Kartierungen der häufigen Brutvögel, des Rotmilans, einfach so bei Spaziergängen durch den herrlichen Frühling oder am 7. Mai beim Birdrace. Johannes Wahl, Christoph Grüneberg, Christopher König und Sven Trautmann Inhalt Wann kommt ornitho.de?.... 2 Birdrace 2011............. 3 Monitoring häufiger Brut vögel – erste Ergebnisse der Saison 2010 ......... 4 Volkszählung beim Rotmilan 6 Jahresreffen der Koord- inatoren des Brutvogel- monitorings und ADEBAR- Projektes ............... 8 ADEBAR trägt erste Früchte: Der Hessen-Atlas ist erschienen! ............. 9 Integriertes Monitoring Weißstorch – demografische Daten zeigen, wie es Ade- bar in Deutschland geht 10 Ehrenamtliches Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland ............ 14 2011 – Internationales Jahr der Freiwilligentätigkeit 16 „Vögel in Deutschland 2010“ zieht Bilanz: Nagoya – mehr als ein Silberstreif am Horizont? .......... 18 Vom Goldhähnchen-Laubsänger zur Schieferdrossel: Deut- sche Seltenheitenkommission wird Deutsche Avifaunisti- sche Kommission ........ 20 Zum Vorkommen der Raub- seeschwalbe im Nordosten Deutschlands ........... 24 Ergebnisse der dritten Löffler-Synchronzählung im deutschen Wattenmeer am 14./15. August 2010 .... 28 Jungvogelanteile von Schwänen und Gänsen im Winter 2010/11 – erste Eindrücke .............. 30 40 Jahre Dachverband Deut- scher Avifaunisten e.V. 33 Zähltermine 2011/12...... 34

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Monitoring-Rundbrief 1/2011

Liebe Leserin, lieber Leser!

So schnell konnte man Mütze und Schal kaum ausziehen, wie in den letzten Tagen der Frühling Einzug hielt. Betrachtet man allein die Temperaturen, so wurde der Frühling förmlich übersprungen. Dieses Gefühl schienen auch so manche Heimzügler zu verspüren, denn der eine oder andere trat un-gewöhnlich früh hierzulande und andernorts in Europa auf. So flogen die ersten Rauchschwalben bereits vor Mitte März umher und ihre in der Regel erst im April eintreffenden Verwandten, die Mehlschwalben, wurden bereits ab dem 25. März entdeckt. Ebenso sind Schwarzmilane vor Mitte März eher ungewöhnlich, mindestens ebenso Baumfalken, ein Kuckuck oder Gartenrot-schwänze im März. Einen Wiedehopf verschlug es vor lauter Vorfreude im März bis nach Schleswig-Holstein und in den ersten April-Tagen schlug be-reits die erste Nachtigall bei Hannover. Die besonders frühen Vorboten hier-zulande fügen sich in das Bild andernorts ein: Ungewöhnlich frühe Ankünfte – nicht nur von Einzelvögeln – gab es auch in Großbritannien, etwa von Baum-falken und Kuckucken.

Angesichts des jetzt teils schon sommerlichen Wetters besonders weit-sichtig handelte allerdings ein Waldkauzpaar in Münster, das bereits Mitte März flugfähige Junge fütterte und sich somit vielleicht schon im Januar für den Nachwuchs entschied. Nach den langen, bereits im November einsetzen-den, eisigen und schneereichen Wochen hatten offenbar nicht nur wir an den ersten milderen Tagen des neuen Jahres das Gefühl, dass der Winter jetzt eigentlich zu Ende sein könnte.

Hätten wir jetzt schon ornitho.de ... mag der eine oder andere jetzt denken. Uns geht es da nicht anders. Dann hätte man ein wesentlich vollständigeres Bild der Heimzügler zeichnen können. Aber es gibt gute Gründe, weshalb der Start etwas später erfolgen wird. Lesen Sie hierzu – sowie zu vielen wei-teren spannenden Ergebnissen und Entwicklungen in der Vogelwelt – mehr auf den folgenden Seiten.

Wir wünschen allerseits viele spannende Beobachtungen und Entdeckungen in der Vogelwelt, sei es bei den Kartierungen der häufigen Brutvögel, des Rotmilans, einfach so bei Spaziergängen durch den herrlichen Frühling oder am 7. Mai beim Birdrace.

Johannes Wahl, Christoph Grüneberg, Christopher König und Sven Trautmann

InhaltWann kommt ornitho.de?.... 2

Birdrace 2011............. 3

Monitoring häufiger Brut vögel – erste Ergebnisse der Saison 2010 ......... 4

Volkszählung beim Rotmilan 6

Jahresreffen der Koord-inatoren des Brutvogel- monitorings und ADEBAR-Projektes ............... 8

ADEBAR trägt erste Früchte: Der Hessen-Atlas ist erschienen! ............. 9

Integriertes Monitoring Weißstorch – demografische Daten zeigen, wie es Ade-bar in Deutschland geht 10

Ehrenamtliches Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland ............ 14

2011 – Internationales Jahr der Freiwilligentätigkeit 16

„Vögel in Deutschland 2010“ zieht Bilanz: Nagoya – mehr als ein Silberstreif am Horizont? .......... 18

Vom Goldhähnchen-Laubsänger zur Schieferdrossel: Deut-sche Seltenheitenkommission wird Deutsche Avifaunisti-sche Kommission ........ 20

Zum Vorkommen der Raub-seeschwalbe im Nordosten Deutschlands ........... 24

Ergebnisse der dritten Löffler-Synchronzählung im deutschen Wattenmeer am 14./15. August 2010 .... 28

Jungvogelanteile von Schwänen und Gänsen im Winter 2010/11 – erste Eindrücke .............. 30

40 Jahre Dachverband Deut-scher Avifaunisten e.V. 33

Zähltermine 2011/12...... 34

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2 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Wann kommt ornitho.de?

Christopher König und Johannes Wahl

Diese Frage wurde uns in den vergangenen Wochen und Monaten sicherlich Hunderte Male gestellt. Die Vorfreude scheint bundesweit (und inzwischen auch darüber hinaus) erfreulich groß zu sein. In diesem Beitrag wollen wir diese Frage beantworten und über die wichtigsten Fortschritte der letzten Zeit kurz berichten.

Solide Vorbereitung statt SchnellstartDas selbst gesteckte Ziel, im ersten Quartal 2011 zu starten, konnten wir nicht einhalten. Dafür, dass wir nicht „auf Teufel komm raus“ zum 31. März online gegangen sind, gibt es gute Gründe. Der wichtigste: Ein so umfangreiches Unterfangen wie ornitho.de muss solide vorbereitet und mit vielen Einrichtungen und Per-sonen abgestimmt werden, damit es von Beginn an eine breite Akzeptanz und Unterstützung erhält. Dazu sind wir inzwischen in den meisten Bun-desländern von Schleswig-Holstein bis Bayern und von Sachsen bis ins Saarland gereist, haben ornitho.de bei Fachverbänden und -behörden vorgestellt, Einführungen bei OAGs und Spezialistengruppen gegeben, mit dem Aufbau der regionalen Organisationsstrukturen begonnen und rechtlichen Rat bezüglich der Nutzung der Daten sowie der Spiel-regeln von ornitho.de eingeholt.

Luxemburg – herzlich willkommen in der ornitho-Familie!Im Februar haben sich die luxem-burger Kollegen von der Lëtzebuer-ger Natur- a Vulleschutzliga (LNVL) entschlossen, bei ornitho.de einzustei-gen. Die LNVL koordiniert die avi-faunistische Arbeit in Luxemburg, so dass sich viele Synergien auch bei der Entwicklung von Eingabemodulen für die systematischen Erfassungs-

programme ergeben. Durch die Zu-sammenarbeit mit der LNVL wird Französisch als dritte Sprache hin-zukommen. Damit sollte ornitho.de für die meisten nicht der deutschen Sprache mächtigen Vogelbeobach-ter verständlich sein. Ein sehr erfreu-licher Grund, weshalb ornitho.de et-was später starten wird.

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Eine tagesgenaue Antwort auf die Ausgangsfrage, wann ornitho.de nun startet, wird uns niemand entlo-cken können. Wir arbeiten jedoch Tag und Nacht an der Fertigstellung und hoffen, dass wir im Laufe des Aprils, spätestens im Mai gut vorbe-reitet starten können.

Der inhaltlich größte Fortschritt der vergangenen Monate war die Integration der Topographischen Karten bis zum Maßstab 1:25.000. Diese können im Wechsel mit Luftbildern von GoogleMaps genutzt werden. Möglich wurde die Nutzung durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rahmen des Vogelmonitorings mit dem Bundes-amt für Naturschutz und den Fachbehörden der Länder.

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7. Mai – Tag der Vogelartenvielfalt:

Birdrace 2011

Johannes Wahl und Christopher König

Am ersten Samstag im Mai findet – mittlerweile zum achten Mal – das bundesweite Birdrace statt. Ziel der Ver-anstaltung ist es – im Gegensatz den sonstigen Aktivitäten des DDA – nicht, wissenschaftlich exakte Daten zur Verbreitung oder Bestandsentwicklung von Vogelarten zu sammeln. An diesem Tag stehen vielmehr der Spaß an der Vogelbeobachtung und die Begeisterung möglichst vieler Menschen für die Vogelwelt im Vordergrund. Mithilfe der großen medialen Aufmerksamkeit, die der Beobachtungswettbewerb alljährlich hervorruft, wollen wir die breite Öffentlichkeit zudem auf die Vielfalt in der Vogelwelt und deren Erhaltung aufmerksam machen.

Die Artenvielfalt in der Vogelwelt hierzulande erkunden die Teams an diesem Tag intensiver als an jedem anderen im Jahr. Denn Ziel der ein-zelnen, aus drei bis fünf Beobachtern bestehenden Teams ist es, am 7. Mai zwischen 0 und 24 Uhr so viele Vo-gelarten wie möglich zu sehen oder zu hören. Eine Art darf gewertet werden, wenn sie von der Mehr-zahl der Teammitglieder bestätigt

wurde. Alle Teilnehmer verpflichten sich selbstverständlich zur absoluten Fairness – gegenüber den anderen Teams, vor allem aber gegenüber der Natur im Allgemeinen und der Vogelwelt im Speziellen: Klangat-trappen sind ebenso verboten, wie jedwede Beeinträchtigung speziell von Vögeln an ihren Brutplätzen.

Besonders dort, wo mehrere Teams antreten, ist eine exakte Fest-legung des Beobachtungsgebiets aus Gründen der Vergleichbarkeit wichtig. Deshalb orientiert sich die-ses in der Regel an der Grenze von (Land)Kreisen. Wenn einstmals weit verbreitete Arten wie Feldlerche oder Rebhuhn am Ende des Tages auf der Liste fehlen, dann lassen sich For-derungen etwa nach einer vielfälti-geren Landschaft gut in die Öffent-lichkeit transportieren. Selbstredend wird kein Kreis ein Artenschutzpro-gramm auflegen, um beim Birdrace besser abzuschneiden. Aber es wird dadurch einmal auf ganz andere Weise deutlich, dass unsere heimi-sche Natur schleichend an Artenviel-falt verliert.

Spendenrennen für ornitho.deOhne Frage ist das wichtigste Ziel aller Teams, am 7. Mai möglichst

viele Vogelarten zu entdecken und mit Freunden einen spannenden Tag voller interessanter Erlebnisse zu verbringen. Alle Teams sind jedoch auch dazu aufgerufen, Spenden für ein jährlich festgelegtes Projekt zu sammeln (keine Teilnahmevorausset-zung). Neben den Siegern im „Arten-rennen“ wird es somit auch Sieger im „Spendenrennen“ geben. Auf Be-schluss der Mitgliederversammlung des DDA fließen die Spendenein-nahmen in diesem Jahr wieder in das Projekt ornitho.de, und zwar in den Unterhalt für das erste Jahr so-wie die Weiterentwicklung. Die Bird-racerinnen und Birdracer des Jahres 2010 können stolz auf das Erreichte sein, denn durch ihre Spenden leiste-ten sie einen wichtigen Beitrag zum Aufbau des Portals in Deutschland, das in Kürze seine virtuellen Pforten öffnen wird.

Das Gimpel-Pärchen von Michael Sprinckstub wird dieses Jahr die Bird-race-Urkunde zieren. Das Original, das der Künstler eigens für das Birdrace anfertigte und uns spendete, verlosen wir unter allen Teilnehmern, deren Team mind. 100 Euro für ornitho.de einwirbt.

Alle Informationen rund um das Birdrace, einschließlich der Ergeb-nisse aller Teams aus den Vorjah-ren, finden sich im Internet unter www.dda-web.de/birdrace. Die Anmeldung ist ab dem 9. April möglich.

„Wannacks Topticker“ im Einsatz. Foto: DDA-Archiv.

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4 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Monitoring häufiger Brutvögel – erste Ergebnisse der Saison 2010

Alexander Mitschke

Die Saison 2010 war in dreifacher Hinsicht für das Monitoring häufiger Brutvögel ein einschneidendes Jahr. Ornithologisch wirkte sich in diesem inzwischen siebten Jahr des „neuen Monitorings“ vor allem der Kälte-winter 2009/10 aus. Inhaltlich war 2010 das letzte Jahr des „alten Monitorings“, mit Punkt-Stopp-Zählungen und Revierkartierungen auf frei ausgewählten Routen und Flächen. Nach mehr als 20 Jahren Laufzeit und einer insgesamt siebenjährigen Überlappungsperiode steht jetzt zum einen eine umfassende Auswertung des von Martin Flade und Johannes Schwarz koordinierten Programms an. Außerdem werden die beiden Zeitreihen aus dem „alten“ und dem „neuen“ Monitoring derzeit miteinander verrechnet, so dass in Zukunft Aussagen zur Bestandsentwicklung unserer häufigeren Brutvögel möglich sein werden, die bis ins Jahr 1990 zurückreichen. Und schließlich gab es Ende des Jahres 2010 im koordinativen Bereich eine personelle Veränderung.

Über den Zeitraum von sieben Jah-ren zeigt die überwiegende Zahl der häufigeren Brutvogelarten keine deutlichen Bestandsverände-rungen. Bei vielen weit verbreite-ten Arten deuten sich derzeit leicht ansteigende Bestände an (z.B. Am-sel, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke). Arten wie Buchfink und Rotkehlchen zeigen stabile Verhältnisse. Nur we-nige sehr häufige Arten weisen in den letzten Jahren deutlich negati-ve Entwicklungen auf, wobei hier ne-ben dem durch zwei harte Winter

in Folge in Mitleidenschaft gezoge-nen Zaunkönig vor allem der Star zu nennen ist, dessen Bestand 2010 um weitere 19 % einbrach.

Deutlich positiv haben sich in den letzten sieben Jahren die Bestände einiger mittelhäufiger Arten entwi-ckelt, deren Vorkommen in Deutsch-land sich derzeit in Ausbreitung be-finden (Birkenzeisig, Blaukehlchen, Graugans, Nilgans, Schnatterente, Schwarzkehlchen). Dagegen ziehen sich Arten wie Schlagschwirl, Stein-schmätzer oder Zwergschnäpper

derzeit zumindest aus dem Westen Deutschlands zurück.

Der Kältewinter 2009/10 hinterließ seine SpurenDie Brutsaison 2010 stand unter dem Einfluss des vorangegangenen Kälte-winters 2009/10. Auch wenn die hier präsentierten Zwischenergeb-nisse bisher nur auf den Daten von 169 für 2010 aufbereiteten Probe-flächen beruhen und daher sehr vor-läufigen Charakter haben, wird der kältebedingte Bestandseinbruch vor

Abb. 1: Bestandsentwicklung von a) Zaunkönig und Rotkehlchen sowie b) Rebhuhn und Wintergoldhähnchen 2004–2010 nach den Daten des Monitorings häufiger Brutvögel in Deutschland relativ zum Jahr 2006. Hinweis: Die Daten für das Jahr 2010 sind noch unvollständig.

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allem beim Zaunkönig bereits sehr deutlich, welcher nach derzeitigem Stand um mehr als 40 % zurückging. Interessanterweise zeigte das Rot-kehlchen, welches während des letz-ten Kältewinters 2005/06 eine dem Geschehen beim Zaunkönig weit-gehend parallele Entwicklung auf-wies, aktuell keinerlei Bestandsver-lust (Abb. 1a). Weitere Arten, auf die sich der vorangegangene, stren-ge Winter negativ ausgewirkt hat, sind u.a. Rebhuhn (-41%) und Win-tergoldhähnchen (-31%, Abb. 1b).

Auf der anderen Seite waren in der Brutsaison 2010 beispielsweise bei Waldlaubsänger (+31%) und Stieglitz (+37%; Abb. 2a) deutlich mehr Reviere als in den Vorjahren besetzt. Und Zilpzalp (+25%) und Kleiber (+21%, Abb. 2b) setzten ihre längerfristig positiven Trends in der Saison 2010 ausgeprägt fort. Bei Fichtenkreuzschnabel und Erlen-zeisig wirkte sich die starke Fichten-fruktifikation vor allem in den Mittel-gebirgslagen sehr positiv aus. Dies führte offenbar zu einem Einflug mit verbreiteten Brutaktivitäten.

Danke!Ein herzlicher Dank gilt wieder al-len, die durch ihre Kartierungen zum erfolgreichen Fortgang und Aus-bau unseres Monitoringnetzwerkes in Deutschland beigetragen haben. 2010 beteiligten sich über 1.000 Vogelkundlerinnen und -kundler an der Bearbeitung von rund 1.400 Probeflächen. Unentbehrlicher Teil des Netzwerks sind auch die Lan-deskoordinatoren vor Ort in den Bundesländern, die einen großen Teil der Mitarbeiterbetreuung und Datenverarbeitung leisten. Herzli-chen Dank für Ihre/eure Unterstüt-zung!

Abb. 2: Bestandsentwicklung von a) Waldlaubsänger und Stieglitz sowie b) Zilzalp und Kleiber 2004–2010 nach den Daten des Monitorings häufiger Brutvögel in Deutschland relativ zum Jahr 2006. Hinweis: Die Daten für das Jahr 2010 sind noch unvollständig.

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Wechsel in der bundesweiten Koordination des „Monitorings häufiger Brutvögel“Zum Jahreswechsel 2010/11 hat die bundesweite Koordination des Monitorings häufiger Brutvögel gewechselt. Nach sieben Jahren Aufbauarbeit unseres neuen Monitorings war für mich die Zeit gekommen, meine unterschiedlichen beruflichen Schwerpunkte neu zu ordnen. Am Monitoring häufiger Brutvögel werde ich weiterhin als Landeskoordinator in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen sowie auf ehrenamtlicher Basis im Beirat des DDA mitarbeiten. Die bundesweite Koordination wird in den kommenden Monaten schrittweise an Sven Trautmann übergeben.

Wir alle können auf die letzten Jahre und das gemeinsam Erreichte sicherlich mehr als zufrieden zurückblicken. Vor allem dank des Engagements auf Landese-bene werden inzwischen auf mehr als 1.400 Probeflächen in ganz Deutschland all-jährliche Brutvogelkartierungen durchgeführt. Mir hat die Koordination des Monito-rings in den letzten Jahren sehr viel Spaß gemacht, und ich bin allen Beteiligten sehr dankbar für die Unterstützung und zahllose Anregungen zur Weiterentwicklung un-seres Programms. Im Rahmen unseres Projektes bin ich weit „herumgekommen“ und habe an verschiedensten Kartierer- und Regionaltagungen teilnehmen dürfen. Das gab mir die Gelegenheit, viele ehrenamtliche Kartierer in den Bundesländern per-sönlich kennen zu lernen. Für diese vielen Kontakte, netten Gespräche und motivie-rende Mitarbeit bin ich sehr dankbar! Ich bin überzeugt, dass es mit dem Wechsel des bundesweiten Ansprechpartners gelingen wird, die „Erfolgsgeschichte“ des Mo-nitorings häufiger Brutvögel nahtlos fortsetzen zu können!

Alexander Mitschke

Zum 1. Februar 2011 habe ich die Betreuung des „Monitorings häufiger Brutvögel“ in der Geschäftsstelle des DDA übernommen. Ne-ben der bundesweiten Koordination werde ich übergangsweise solange auch für Rheinland-Pfalz die Landeskoordination übernehmen, bis dort eine langfristig tragfähige Lösung ge-funden ist. Neben den rein organisatorischen Tätigkeiten möchte ich mich verstärkt mit Aus-wertungsmethoden des Vogelmonitorings be-schäftigen, Methodiken ausarbeiten und über-prüfen sowie über Bestandshochrechnungen und -trends hinausgehende Auswertungen an-gehen.

Ich bin Diplom-Biologe und schließe momentan parallel zu meiner neuen Tätig-keit im DDA meine Doktorarbeit am Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrum in Frankfurt am Main ab. Thema der Arbeit ist die statistische Modellierung der Ver-breitung von Vogelarten und -gemeinschaften unter dem Einfluss von Klima- und Landnutzungswandel. Ich würde mich sehr freuen, möglichst schnell nicht nur die Landeskoordinatoren, sondern auch ehrenamtliche Kartierer des „Monitorings häu-figer Brutvögel“ kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Sven Trautmann

Kontakt: Sven Trautmann, Dachverband Deutscher Avifaunisten e.V., An den Speichern 4a, 48157 Münster, Tel.: 0251.210140-14, E-Mail: [email protected]

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6 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Bundesweite Rotmilankartierung 2011/2012

Volkszählung beim Rotmilan

Christoph Grüneberg

Mit 10.000–14.000 Paaren brütet mehr als die Hälfte des weltweit nahezu ausschließlich auf Europa beschränkten Rotmilanbestandes hierzulande. Deutschland hat daher eine herausragende internationale Verantwortung für den Schutz dieser Art. Eine bundesweite Bestandserfassung, organisiert vom DDA und seinen Mitgliedsverbänden und unterstützt vom Bundesamt für Naturschutz und den Landesfachbehörden, soll die Voraussetzungen dafür schaffen, einen umfassenden nationalen Aktionsplan zum Schutz des Rotmilans aufzustellen. Dabei hoffen wir auf Ihre Mithilfe!

Gefährdungsanalyse als Basis für ein SchutzkonzeptDie Ergebnisse der Kartierung für den bundesweiten Brutvogelatlas ADEBAR geben die aktuelle Ver-breitung auf der Basis der Topogra-fischen Karten 1:25.000 bereits sehr gut wider (Abb. 1). Wozu benötigen wir also eine weitere Kartierung? Präzise Daten zu den Brutwäldern

oder Horststandorten sowie zum Brut-erfolg sind Voraussetzung für eine umfassende Gefährdungsanalyse, bei der beispielsweise die Lebens-raumausstattung, die Auswirkungen der Landnutzung auf Bruterfolg und Habitatqualität oder den Erfolg von Schutzmaßnahmen bewertet werden sollen. Diese Daten kann ADEBAR nicht liefern, in dessen Rahmen Be-

standsschätzungen in Größenklassen gefragt waren. Die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse sollen für die Umsetzung von Artenschutzprogram-men in den Bundesländern und für die Erstellung eines nationalen Ak-tionsplans zum Schutz des Rotmilans herangezogen werden.

Gefährdungsursachen noch unzureichend bekanntSeit Beginn der 1990er Jahre nahm der Brutbestand bundesweit um etwa 30 % ab. Die größten Verluste traten zwischen 1991 und 1997 auf: Allein im nördlichen Harzvor-land brach die lokale Population auf fast die Hälfte ein. Seitdem ist die Entwicklung uneinheitlich: Während der Rückgang in Ostdeutschland bis heute anhält, waren im Westen des Landes bis 2003 leicht positi-ve Tendenzen erkennbar; seitdem nahm der Bestand aber auch dort um bis zu 20 % ab. Für eine lang-lebige Art wie den Rotmilan ist dies ein alarmierender Wert.

Die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen deuten darauf hin, dass in ackerreichen Landschaften der schnelle und dichte Aufwuchs

Neben der Zahl der Reviere sind für weitergehende Auswertungen die Lage der Brutwälder oder Horste von besonderem Interesse. Foto: Christian Gelpke.

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von Wintergetreide und Ölsaaten zu einem Nahrungsengpass in der Auf-zuchtszeit führt. So ist der Bruterfolg dort geringer als in grünlandreichen Flussauen und Mittelgebirgslagen, wie z.B. in Nordhessen festgestellt wurde. Andere Gefährdungsursa-chen sind Störungen im Horstumfeld während der Brutzeit oder Wind-energieanlagen, in deren Nähe Rot-milane jagen oder nach Kollisions-opfern suchen und dabei häufig selbst verunglücken. In Spanien und Frankreich, wo ein Großteil der mit-teleuropäischen Population über-wintert, zählen illegale Vergiftun-gen und Abschüsse zu den häufigsten Todesursachen. Eine Verbesserung der Gefährdungssituation ist der-zeit nicht in Sicht. Jedoch sind wei-tere großräumige Untersuchungen notwendig, um das Ausmaß der ver-schiedenen Gefährdungsursachen zu quantifizieren und zu fundierten, allgemein gültigen Aussagen zu gelangen, auf deren Grundlage Schutzmaßnahmen konzipiert und umgesetzt werden können.

Ihre Mitarbeit ist gefragt!Rotmilane erfassen ist nicht nur etwas für Spezialisten. Ganz im Gegen-teil, sie sind anhand des charakte-ristischen Aussehens und des auffäl-ligen Fluges mit etwas Übung leicht für jede/n zu erkennen. Je mehr Be-obachter an dieser Erfassung teil-nehmen, desto genauer und aussa-gekräftiger werden die Ergebnisse. Alles was Sie benötigen, sind ein Fernglas und Zeit für drei Gelände-begehungen zwischen Mitte März und Mitte Mai, bei denen Rotmilane und deren Brutwälder erfasst wer-den. Sofern es ihre Zeit zulässt, sol-len darauf aufbauend die Horste gesucht und an zwei Terminen der Bruterfolg ermittelt werden.

Alle wichtigen Informationen rund um die bundesweite Rotmilankartie-rung haben wir in einem Kartierleit-faden zusammengefasst, den sie zu-sammen mit weiteren Informationen auf den Internetseiten des DDA un-ter www.dda-web.de/rotmilan fin-den. Bitte sprechen Sie mit ihrem Landeskoordinator (s. Tabelle), be-vor Sie mit der Arbeit beginnen!

Bundesland Kartierjahr Koordination Telefon E-MailBaden-Württemberg 2011/2012 Jochen Hölzinger

Jochen Walz07146 2 85 69 2907152 4 29 23

jochen.hö[email protected]@web.de

Bayern 2011/2012 Ulrich LanzHans Joachim Fünf-

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09174 47 75-3108821 9 43 01 15

[email protected]@lfu.

bayern.deBrandenburg / Berlin 2011/2012 Rainer Altenkamp 030 8 32 52 83 [email protected]

Hamburg 2011/2012 Alexander Mitschke 040 81 95 63 05 [email protected]

Hessen 2011 Christian Gelpke 0163 70 700 10 [email protected]

Mecklenburg-Vorp. 2011/2012 Frank Vökler 038203 77 63 30 [email protected]

Niedersachsen / Bremen

2011/2012 Knut Sandkühler 0511 30 34-32 22 knut.sandkuehler@nlwkn-

h.niedersachsen.deNordrhein-Westfalen 2011/2012 Jens Brune 02307 93 30 66 [email protected]

Rheinland-Pfalz 2011/2012 Thomas Wolf 06131 60 33-1432 [email protected]

Saarland 2011 Norbert Roth 06875 70 97 15 [email protected]

Sachsen 2011 Winfried Nachtigall 035933 3 11 15 [email protected]

Sachsen-Anhalt 2012 Stefan Fischer 039244 94 09-17 [email protected]

Schleswig-Holstein 2011/2012 Hans Wirth 04531 8 63 02 [email protected]

Thüringen 2011 Thomas Pfeiffer 03643 50 45 54 [email protected]

Abb. 1: Verbreitung des Rotmilans in Deutschland 2005–2009 nach den noch vorläu-figen Ergebnissen des Projektes ADEBAR (Atlas Deutscher Brutvogelarten).

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8 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Jahresreffen der Koordinatoren des Brutvogelmonitorings und ADEBAR-ProjektesVom 11.-13. Februar trafen sich in Lenzen an der Elbe im Vierländereck zwischen Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpom-mern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg die Koordinatoren des Monitorings häu-figer sowie seltener Brutvögel und des ADEBAR-Projektes, um auf der über tau-sendjährigen Burg der Stadt über aktu-elle Themen der Monitoringprogramme und des Atlasprojektes zu beraten.

Für die Koordinatoren des Brutvogel-monitorings war dies das erste Treffen dieser Art, mit dem – wie beim Monito-ring rastender Wasservögel – eine neue Tradition ins Leben gerufen werden soll.

Aktuelles zu den häufigen BrutvögelnAm Freitag berichteten Alexander Mitschke und sein Nachfolger Sven Trautmann über erste Ergebnisse zu den häufigen Arten aus der Saison 2010 und die Auswirkungen des vorange-gangenen Kältewinters (s. S. 4). Anhand von Beispielen wurde gezeigt, wie die Ergebnisse der bisherigen Punkt-Stopp-Zählungen mit denen der Linienkartie-rung kombiniert werden können. Ge-meinsam erörterten die Teilnehmer, wie und in welchem Umfang auf dieser Ba-sis auch landesspezifische Auswertungen zur Verfügung gestellt werden können und welche Unterstützung der DDA da-bei leisten kann.

Ein immer wieder angesprochenes Problem der Basismitarbeiter ist die zeitaufwändige Auswertung der Kartier-ergebnisse. Als eine mögliche Perspektive stellte Alexander Mitschke dazu ein Tool zur digitalen Dateneingabe und zentra-len Auswertung aus den Niederlanden vor, das dort 2010 erstmals erfolgreich getestet wurde. Deshalb wollen wir prü-fen, ob wir darauf aufbauend auch für Deutschland ein solches Tool in den kom-menden Jahren in Anbindung an ornitho.de realisieren können.

Pläne für das Monitoring seltener Brutvögel Am Samstagvormittag stand zuerst die Rotmilankartierung 2011/2012 im Mit-telpunkt. Eine Umfrage unter den Koor-dinatoren dieses Projektes weckte posi-tive Erwarten: Nach dem aktuellen Stand wird voraussichtlich bereits 2011 in vie-len Bundesländern ein Großteil des Be-standes erfasst werden können. Beson-ders positive Resonanz gibt es in den Ländern, in denen die Kartierer für ihren Aufwand eine finanzielle Entschädigung durch die Vogelschutzwarten oder ent-sprechenden Fachbehörden erhalten.

Für das Monitoring seltener Brut-vögel stellte Christoph Grüneberg das Konzept des DDA vor, das zukünftig – neben den seltenen – auch die Erfas-sung mittelhäufiger Arten vorsieht. Da-bei zeigt es sich, dass zu den sehr seltenen Arten, den Koloniebrütern sowie den im Fokus des Artenschutzes stehen-den Großvogelarten bereits sehr gute Daten vorliegen. Handlungsbedarf be-steht vor allem bei den an Gewässern und in Feuchtgebieten brütenden „mittel-häufigen“ Vogelarten, für die gebietsbe-zogene Erfassungen angestrebt werden sowie den weit verbreiteten „mittelhäufi-gen“ Vogelarten, für die aufbauend auf ADEBAR Erhebungen auf TK25-Qua-dranten und/oder Minutenfeldern (ca. 2 km²) angestrebt werden. Die Teilneh-mer des Koordinatorentreffens beschlos-sen, dass diese Ansätze konkretisiert und nach Abschluss der Rotmilankartierung ab 2013 in die Praxis umgesetzt wer-den sollen.

ADEBAR in der AuswertephaseAuf Einladung der Stiftung Vogelmoni-toring Deutschland und des DDA fanden

sich die Bundes- und Landeskoordinato-ren im Anschluss an die Koordinatoren-treffen zur Beratung über den weiteren Ablauf des ADEBAR-Projektes zusam-men. Obwohl die Korrekturphase der grundlegenden Kartierergebnisse und der darauf basierenden Datenbanken für die ADEBAR-Karten noch immer nicht abgeschlossen werden konnte, haben wir uns dazu entschlossen, jetzt mit der Er-stellung der Artkapitelentwürfe zu be-ginnen und diese zur Korrektur online zu stellen. Inzwischen liegen die ersten 100 Entwurfsfassungen vor, an deren Verbes-serung – nach dem Wikipedia-Prinzip – sich inzwischen auch schon viele versierte Ornithologen und Avifaunisten Deutsch-lands beteiligen.

Die Karten für die häufigen Brut-vogelarten Deutschlands, deren Ver-breitung auf der Grundlage der Kar-tierungen auf den Probeflächen des Monitoring häufiger Brutvogelarten mo-delliert wurden, liegen inzwischen in ei-ner Entwurfsfassung vor, die jetzt von den Landeskoordinatoren intensiv ge-prüft werden. Inzwischen fertig gestellt sind auch die meisten der die Artkapitel illustrierenden Aquarelle. Paschalis Dou-galis zeigt im wieder auf beeindrucken-de Weise seine mehrfach ausgezeichne-te Kunst und die eine oder der andere wird sich glücklich schätzen, bereits früh-zeitig zum ADEBAR-Paten bekannt zu haben. Apropos Patenschaften: Die Fa-milie der ADEBAR-Paten wächst bestän-dig weiter. Inzwischen hat bereits eine ganze Reihe von Arten ihre maximal fünf Spendenpaten gefunden. Noch wie in je-der Familie gibt es einige Nesthäkchen, die noch auf Ihre Unterstützung warten! Helfen Sie ADEBAR und werden auch Sie Pate! Wie es geht, all das erfahren Sie unter www.stiftung-vogelmonitoring.de.

Mit über 30 Teilnehmern war das Koordinatorentreffen auf Burg Lenzen gut besucht. Foto: Bernd Hälterlein.

Auf der gemeinsamen Exkursion bot der ehemalige Grenzturm einen weiten Blick über die Elbtalaue. Foto: Bernd Hälterlein.

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ADEBAR trägt erste Früchte: Der Hessen-Atlas ist erschienen!Stefan Stübing

Es ist geschafft – die hessischen Vogelkundler hielten vor Weihnachten die landesweiten Ergebnisse des Atlas Deutscher Brutvogelarten ADEBAR in den Händen. Nur gut ein Jahr nach Abschluss der letzten Erfassungen stellte die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. das mehr als 500 Seiten starke Werk bei einer Feierstunde im Museum Wiesbaden am 9. Dezember der Öffentlichkeit vor.

Mehr als 700 Mitarbeiter hatten zwi-schen 2005 und 2009 die Brutvögel auf der Basis der Quadranten der Topographischen Karten 1:25.000 anhand der bundesweit einheitlichen Methode erfasst. Insgesamt wurden dabei 188 Brutvogelarten nachge-wiesen, darunter auch Besonderhei-ten wie Zwergohreule, Mantelmöwe, Spießente und Gelbkopf-Schafstel-ze. Völlig unerwartet war auch das in Deutschland als ausgestorben ge-führte Zwergsumpfhuhn dabei, von dem mehrere Reviere in der Wet-terau und im Hessischen Ried erfasst werden konnten.

Dank der tatkräftigen Unterstüt-zung des DDA und Dr. Thomas Gott-schalk (Universität Gießen) war es möglich, erstmals modellierte Ver-breitungskarten der häufigen Arten sowie deren Bestandstrends dar-zustellen. Die Grundlagen für die modellierten Verbreitungskarten wurden im Rahmen des vom Bundes-amt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums geförder-ten F+E-Vorhabens „Verbreitungs-analyse von Vogelarten und Analyse

des Einflusses des Klimawandels“ geleistet, das der DDA mit der Uni Gießen durchgeführt hat.

Großer Erkenntnis- zuwachs und neue WegeDer größte Erkenntnisgewinn war bei den so genannten „mittelhäufi-gen Arten“ festzustellen, weit ver-breitete Arten, die in meist geringer Siedlungsdichte brüten, so dass im Vorfeld viele Vorkommen unbekannt waren. Oftmals sind die Bestände dieser Arten zwei oder dreimal so groß, wie zuvor vermutet. Dies be-ruht jedoch nicht auf einer tatsäch-lichen Bestandszunahme, sondern allein auf der nun deutlich verbes-serten Datengrundlage.

Bei einem Waldanteil von 42 % weisen vor allem Spechte, Eulen und Greifvögel im Bundesmaßstab hohe Bestände auf, aber auch andere Ar-ten wie der Birkenzeisig sind über-proportional vertreten. Während bei Drossel- und Schilfrohrsänger oder Zwergdommel nach jahrzehn-telanger Abnahme endlich wie-der Zunahmen zu verzeichnen sind,

steht den Wiesenvögeln das Was-ser bis zum Hals. Kiebitz, Bekassine oder Wiesenpieper nehmen drama-tisch ab, das Braunkehlchen ist mitt-lerweile seltener als das Schwarz-kehlchen.

Die Bestände von 26 Vogelarten und damit etwa 15 % der hessischen Brutvogelfauna sind seit dem Jahr 1850 sogar erloschen. Um das Aus-sterben weiterer Arten zu verhindern, ist der Naturschutz auf eine breite öffentliche Basis angewiesen. Hier schlägt der hessische Brutvogelatlas einen neuen Weg ein. Die Kombina-tion aus bewusst kurz und informa-tiv gehaltenen Texten, einem anspre-chenden, modernen Layout und den großformatigen Verbreitungskarten und Artfotos von einzigartiger Qua-lität sollen auch Nicht-Vogelkundlern die „Faszination Vogel“ vermitteln und so für eine breite Unterstützung der Naturschutz-Anliegen werben.

Ein herzliches Dankeschön allen Beteiligten für ihre engagierte Mit-arbeit und allen Artpaten für ihre großzügige Unterstützung, ohne die die „Brutvögel Hessens in Raum und Zeit“ nicht so umfassend und zeitnah hätten erscheinen können!

Durch seine zentrale Lage in Deutschland und das große Ar-tenspektrum ist dieser Band auch für Vogelbeobachter außerhalb Hessens interessant.Das Buch kann zum Preis von 49,80 EUR zzgl. Versandkosten in der HGON-Geschäftstelle, Tel.: 06008-1803, E-Mail: [email protected] bestellt werden.

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Unter den gegenwärtig in Deutschland laufenden Vogelmonitoring-Programmen hat das Integrierte Monitoring Weißstorch in der ornithologischen Öffentlichkeit bisher vergleichsweise wenig Aufsehen erregt. Dabei ist es allein wegen der im Mittelpunkt stehenden Art von besonderer naturschutzpraktischer wie -politischer Bedeutung. Das von der NABU Bundesarbeitsgruppe (BAG) Weißstorchschutz und der Beringungszentrale Hiddensee (LUNG Mecklenburg-Vorpommern) gemeinsam organisierte Weißstorchmonitoring ist wohl eines der umfangreichsten Programme hierzulande und zugleich ein sehr lebendiges. Es stützt sich auf lange Zeitreihen und es mobilisiert alljährlich viele hundert Artspezialisten in Deutschland.

Aus der Bezeichnung geht bereits hervor, dass es sich beim Integrierten Monitoring um die Kombination zweier verschiedener Ansätze der Datenerhebung handelt, nämlich der herkömmlichen Zählung von Brut-paaren und deren Jungen sowie der Methode der individuellen Markie-rung. Die Anwendung beider metho-discher Ansätze beim Weißstorch hat in Ostdeutschland eine vergleichs-weise lange Tradition. Rechnet man die flächendeckend dokumentierten jährlichen Brutbestandszahlen und Reproduktionskennziffern mit ein, so reichen die Wurzeln bis in das Jahr 1979 zurück, als der zentrale Arbeits-kreis (AK) Weißstorchschutz der DDR gegründet wurde, der die kontinu-ierliche Erfassung der Brutbestände und des Reproduktionsgeschehens der Weißstörche nach einheitlicher Methodik landesweit organisierte.

Die durch ein Netz von ehrenamt-lichen Horstbetreuern ermittelten Daten wurden über Kreis- und Be-zirksbetreuer an den zentralen Vor-stand des AK gemeldet, der die

Ergebnisse zusammenfasste, auswer-tete und auch ihre Veröffentlichung veranlasste [1, 2]. Dieses Betreuungs-system wurde nach 1990 unter dem Dach des NABU als Bundesarbeits-

Abb. 1: Ergebnisse der flächendeckenden Erfassung von Brutbeständen des Weiß-storchs in Ostdeutschland am Beispiel des Landes Brandenburg: Horstpaare 1934-2008 (dunkle Balken: Horstpaare mit Bruterfolg). Quelle: http://bergenhusen.nabu.de/weissstorch/national/ , B. Ludwig (Rangsdorf).

Integriertes Monitoring Weißstorch – demografische Daten zeigen, wie es Adebar in Deutschland geht

Ulrich Köppen, Christoph Kaatz und Jan Schimkat

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gruppe (BAG) Weißstorchschutz – nun alle Bundesländer umfassend – bis heute erfolgreich weitergeführt.

Die Beringung von Weißstörchen hat in Deutschland sogar eine bis Anfang des 20. Jahrhunderts zurück-reichende Tradition. Sie wurde in der DDR ab den 1960er Jahren mit geschärftem Profil fortgesetzt [3] und im Jahr 1996 auf gemeinsame Initiative von BAG Weißstorchschutz, Beringungszentrale Hiddensee und der Naturschutzfachbehörden der fünf ostdeutschen Bundesländer neu fokussiert. Schwerpunkt ist seitdem die Datensammlung zu populations-ökologischen Fragestellungen, um Wissensgrundlagen für die tägliche Praxis wie auch langfristige Strate-gien des Weißstorchschutzes zu ge-winnen.

Langjährige, umfangreiche Datenreihen Dank der über Jahrzehnte zentral organisierten Bestandserfassungen existieren heute für alle ostdeutschen Bundesländer lange Zeitreihen zur

Abb. 2: Ergebnisse der flächendeckenden Erfassung von Brutbeständen des Weiß-storchs in Ostdeutschland am Beispiel des Landes Brandenburg: Brutverbreitung 2004. Quelle: http://bergenhusen.nabu.de/weissstorch/national/

Abb. 3: Jährliche Anzahlen von Weißstorch-Beringungen in Ostdeutschland (Linie) und registrierter Rückmeldungen beringter Störche (Säulen) 1964 – 2010, dunkle Säulenanteile: tot, krank oder geschwächt gefunden, hell: Ring am lebenden Vogel abgelesen.

Abundanz des Weißstorchs, zur räumlichen Verteilung seiner Brut-orte sowie zu wichtigen Reproduk-tionskennziffern (Abb. 1, 2).

Im Jahr 2010 wurden in allen 16 deutschen Bundesländern insgesamt ca. 4.400 Weißstorchpaare erfasst. Hinzu kommen ca. 300 Paare, die von Storchen“freunden“ zugefüttert werden und deren Bestand daher als mehr oder minder fütterungsab-hängig angesehen werden muss.

2010 wurden 1.231 Jungvögel von 23 speziell befugten Beringern nach strengen Standards markiert. Eine neue Jahresbestleistung er-brachten die vielen passionierten ehrenamtlichen Ringableser: 1.671 Rückmeldungen beringter Störche gingen bislang für 2010 ein (Abb. 3). Der Löwenanteil dieser Rückmeldun-gen betrifft erwartungsgemäß Hid-densee-Ringvögel (786 Ind.).

Ende des Jahres 2010 lagen damit insgesamt 51.674 Hidden-see-Beringungsdaten sowie 20.307 Rückmeldungen von Hiddensee-Ring-vögeln vor (Abb. 4). Letztere schlie-ßen etwa 5.800 Fernfunde (> 100 km vom Ort der Beringung) ein. Aus populationsökologischem Blickwinkel besteht aber der eigentliche „Daten-schatz“ in den 8.820 Nahfunden (11 bis 100 km vom Beringungsort), den 1.300 kurzfristigen Ortsfunden (< 11 km, < 91Tage nach Berin-gung) und 2.744 langfristigen Orts-funden (< 11 km, > 90 Tage nach Beringung).

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12 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Auf Zuwanderung angewiesenAnhand regionaler Reproduktions-daten und Sterblichkeitsschätzun-gen konnte nachgewiesen werden, dass die Nettoreproduktionsraten der Weißstorch-Brutbestände in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-An-halt und Niedersachsen in den Jahren 1994 bis 1999 nicht ausreichten, um deren einfache Reproduktion zu ge-währleisten [4]. Dafür wären in Sach-sen mittlere Jungenzahlen von 2,57 statt der realen 1,65 notwendig ge-wesen, in Sachsen-Anhalt 2,57 statt realer 2,00. Entsprechend ist der im selben Zeitraum beobachtete Be-standsanstieg nur auf Zuwanderung von Brutvögeln zurückzuführen, die rechnerisch bei durchschnittlich 8 % des Gesamtbestandes lag. Auch für das Gebiet Ostdeutschlands insge-samt ergaben Populationsmodellie-rungen für den Zeitraum 1984 bis 2000 eine sich immer weiter öffnen-de Schere zwischen der „aus eige-ner Kraft“, d.h. ohne Immigration, möglichen Bestandsentwicklung und den tatsächlich vorhandenen Brutbe-ständen (Abb. 5).

Diese z. T. alarmierenden Entwick-lungen stehen in engem Zusammen-hang mit dem weiter beschleunigten Verlust von Weißstorch-Lebensräu-men im zentraleuropäischen Brut-gebiet. Einen besonders negativen Stellenwert in der Populationsbilanz nehmen die noch immer dramati-schen Mortalitätsraten der Jungvögel durch Stromschlag an Freileitungen in den ostdeutschen Bundesländern wie auch auf dem südöstlichen Zug-weg einschließlich Israels ein [5].

Überwinterungsgebiete und ihr Einfluss auf die BestandsentwicklungDie Dynamik der hier betrachteten, größtenteils aus Ostziehern beste-henden Weißstorchpopulation wird maßgeblich auch von den Umwelt-verhältnissen auf dem Zuge und im Überwinterungsgebiet bestimmt. Das konnte anhand von über 30.000 Ringfunden ostdeutscher und polni-scher Weißstörche gezeigt wer-den [6]: Die jährlichen Überlebens-raten der Weißstörche beider Länder wiesen im Zeitraum 1984 bis 2001 weitgehend synchrone jähr-liche Schwankungen und ähnliche langjährige Mittelwerte auf. Mitver-antwortlich dafür sind Schwankun-

Abb. 4: Geografische Verteilung aller Rückmeldungen von Hiddensee-Ringstörchen 1964–2009 (n= 18.595).

Abb. 5: Reale Bestandsentwicklung des Weißstorchs in Ostdeutschland (Rauten), anhand einer Populationsmodellierung ohne Immigration ermittelte rechnerische Bestandsentwicklung (Kreise) sowie die Dismigrationsrate (Abwanderung; Quadrate) ostdeutscher Störche im Zeitraum 1984 bis 1999 (aus Schimkat 2008).

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gen der jährlichen Primärprodukti-on (gemessen anhand des NDVI = Normalized Difference Vegetation Index) in der östlichen Sahelzone in Afrika, aus denen sich bis zu 88 % der Variation der jährlichen Weiß-storch-Sterberaten erklärt (Abb. 6). Ein gutes Nahrungsangebot in die-sem ersten Zielgebiet auf dem afri-kanischen Kontinent, besitzt ganz offenbar lebenswichtige Bedeutung für viele ostziehende Weißstörche.

Danke!Das Integrierte Monitoring Weiß-storch in Ostdeutschland ist ein Ge-meinschaftswerk von ehrenamtlichen Horstbetreuern, Landes-, Regional- und Kreisbetreuern der NABU BAG Weißstorchschutz, von Weißstorch-beringern, ambitionierten Ringab-lesern und vielen weiteren Storchen-freunden. Sie alle leisten in ihrer Freizeit eine sehr wichtige Arbeit für den Weißstorch, für den Natur-schutz und für die ganze Gesell-schaft. Dafür danken wir ihnen aufs Herzlichste!

Abb. 6: Jahresspezifische Überlebensraten von ostziehenden Weißstörchen aus Polen (Quadrate) und Ostdeutschland (Kreise) in den Jahren 1983–2001, gefüllte Symbole: Altvögel, offene Symbole: Jungvögel, und deren Zusammenhang mit den Vegetations-verhältnissen in den afrikanischen Überwinterungsgebieten Sahel, Ostafrika und Südafrika (Karte rechts). Die farbigen Balkenab-schnitte (oben) stehen für Jahre mit starker (blau), mittlerer (grün) und geringer Vegetationsausbildung (gelb) in den betreffenden Gebieten (aus Schaub et al. 2005).

Literatur1 Dornbusch, M. (1987): Der Be-

stand des Weißstorchs (Ciconia ciconia) 1986 in der DDR. Mit-teilungen des Arbeitskreises Weißstorch 65.

2 Kretschmann, K. & C. Kaatz (1996): 15 Jahre Arbeitskreis Weißstorch - Ein Rückblick zum Weißstorchschutz im östlichen Deutschland. In: Kaatz C. & M. Kaatz (Hrsg.): Jubiläumsband Weißstorch. 3. Sachsen-Anhalti-nischer Storchentag. Tagungs-bandreihe des Storchenhofes Lo-burg am MLRU-LSA: 11-15.

3 Siefke, A. (1989): Beringung von Weißstörchen (Ciconia ci-conia) in der DDR - wie weiter? Ber. Vogelwarte Hiddensee 9: 10–15.

4 Schimkat, J. (2008): Untersu-chung der Populationsdynamik von Regionalbeständen ostzie-hender Weißstörche (Ciconia ci-conia) mittels eines Simulati-onsmodells. In: Kaatz C. & M. Kaatz (Hrsg.): 3. Jubiläumsband Weißstorch, 10.-15. Sachsen-An-haltinischer Storchentag 2001-2006, Loburg: 330–333.

5 Köppen, U., J. Schimkat & C. Kaatz (2010, Hrsg.): Bessere Einschätzung des Erhaltungszu-standes von Populationen durch Integriertes Monitoring - das Beispiel Weißstorch Ciconia ci-conia in Ostdeutschland. Bonn-Bad Godesberg.

6 Schaub, M., W. Kania & U. Köp-pen (2005): Variation of pri-mary production during winter induces synchrony in survival rates in migratory white storks Ciconia ciconia. J. Anim. Ecol. 74: 656–666.

Anschriften der Verfasser:Dr. Ulrich Köppen, Beringungszen-trale Hiddensee, Landesamt für Um-welt, Naturschutz und Geologie (LUNG) Mecklenburg-Vorpommern, Badenstr. 18, 18439 Stralsund; E-Mail: [email protected]

Dr. Christoph Kaatz, Vogelschutz-warte Storchenhof Loburg e.V., Chausseestr. 18, 39279 Loburg; E-Mail: [email protected]

Dr. Jan Schimkat, Naturschutzinstitut Region Dresden e.V., Weixdorfer Straße 15, 01129 Dresden; E-Mail: [email protected]

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14 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Ehrenamtliches Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland

Christoph Sudfeldt und Johannes Wahl

Ehrenamtliche bilden die tragende Säule der Avifaunistik in Deutschland: Kein Brutvogelatlas, kein bundes-weites Vogelerfassungsprogramm ließe sich in Deutschland ohne sie realisieren. Welcher zeitlicher Einsatz, aber auch welche Motivation und Erwartungen hinter diesem Engagement stehen, ist jedoch bislang kaum unter-sucht worden. Basierend auf Umfragen unter den Mitarbeitern der Wasservogelzählung und Teilnehmern von Tagungen zum Vogelmonitoring sowie eigenen Recherchen hat der DDA anlässlich der Fachtagung „30 Jahre Vogelschutzrichtlinie“ (s. S. 16) das ehrenamtliche Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland bilanziert [1].

Die Ergebnisse verdeutlichen, welch enorme gesellschaftliche Wertschöp-fung alljährlich allein im Rahmen des Vogelmonitorings erbracht wird: Rund 5.000 Mitarbeiter stellen jähr-lich über 200.000 Stunden ihrer Freizeit für die Bestandserfassungen zur Verfügung. Das entspricht einer Wertschöpfung von mindestens 2 Mio. Euro, legt man einen „ehren-amtlichen Stundenlohn“ von 10 Euro je Stunde zugrunde, die als Eigenleis-tung für ehrenamtliche Tätigkeiten z.B. in Nordrhein-Westfalen ange-setzt werden. Hinzukommt ein be-achtliches, ebenfalls größtenteils ehrenamtliches Engagement auf ko-ordinativer Ebene. Die Fahrtkosten in Höhe von rund 175.000 Euro sowie die beachtlichen Ausrüstungskosten werden ebenfalls größtenteils selbst getragen. Nicht eingerechnet ist da-bei das ehrenamtliche Engagement, das zwischen 2004 und 2009 bei ei-nem beachtlichen Teil der Mitarbei-ter für das ADEBAR-Projekt erbracht wurde, an dem sich über 3.000 Kar-tierer beteiligten.

Langfristiges Engagement als Basis Viele Ehrenamtliche engagieren sich dabei über den gesamten Jahres-verlauf durch die Mitarbeit in meh-reren Erfassungsprogrammen – oft über einen beträchtlichen Teil ihres Lebens. Das führte die Umfrage un-ter den Mitarbeitern der Wasservo-gelzählung eindrucksvoll vor Augen: Über ein Viertel der Ehrenamtli-chen war seit mehr als 25 Jahren an den Erfassungen beteiligt, und knapp 8 % der Antwortenden ga-ben im Winter 2004/05 an, dass sie seit über 38 Jahren, also seit Beginn des International Waterbird Census im Winter 1966/67, zählen. Der überwiegende Teil der Mitarbeiter blieb dabei vermutlich seinem Zähl-gewässer treu oder wechselte die-ses nur bedingt durch die Änderung des Wohnorts. Dieses hohe Maß an Kontinuität sichert somit nicht nur die Aufrechterhaltung des Programms, sondern erhöht gleichzeitig die Ver-gleichbarkeit der Zählergebnisse – eine essentielle Voraussetzung von

Erfassungsprogrammen, deren Ziel die langfristige Beschreibung von Bestandsveränderungen ist.

Deutlicher Männchen-Überschuss und später Start ins „Monitoringleben“Überraschend gering ist der An-teil der Mitarbeiterinnen an den Er-fassungsprogrammen: Ganz gleich, ob beim Monitoring häufiger Brut-vögel, bei der Wasservogelzäh-lung, bei den Möwen-Schlafplatz-zählungen oder bei Tagungen zum Vogelmonitoring, der Anteil der Mit-arbeiterinnen lag durchweg nur bei rund 10 %. Auch unter den Ehren-amtlichen in der Schweiz ist der An-teil der Mitarbeiterinnen mit 16 % gering (jedoch mit steigender Ten-denz [2]).

Durchaus typisch für das Vogelmonitoring – auch in anderen Ländern – scheint der geringe An-teil von Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern im unteren Drittel der Alters-pyramide zu sein. So schätzen wir den Anteil der Unter-30-Jährigen auf weniger als 5 %. Auch bei den

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Mitarbeitern der SOVON (4,2 % < 30 Jahre [3]), der Schweizerischen Vo-gelwarte Sempach (7 % < 30 Jah-re [2]) sowie den Kartierern des aus-tralischen Brutvogelatlasses (7,6 % < 40 Jahren [4]) war diese Alters-klasse deutlich unterrepräsentiert. Eine geringe Beteiligung der jungen Generation ist durchaus gut nach-vollziehbar: Ein Einstieg in eine län-gerfristige Mitarbeit erfolgt oft erst mit der Festlegung auf einen dauer-haften Wohnsitz, der Festigung sozi-aler Bindungen (Familie, Beruf) oder auch der Pensionierung.

Begeisterung für die Vogelwelt frühzeitig weckenObgleich der Einstieg in eine regel-mäßige und längerfristige Mitarbeit in Vogelerfassungsprojekte vielfach erst in der zweiten Lebenshälfte er-folgt, ist es wichtig, dass das für eine spätere Mitarbeit notwendige Inter-esse an der Vogelwelt auch im un-teren Drittel der Alterspyramide gelegt wird. Hier gilt es Ideen zu entwickeln, wie sowohl im Rahmen der schulischen Ausbildung als auch in der Freizeit attraktive Angebote geschaffen werden können, um Kin-der und Jugendliche für die Natur im Allgemeinen und die Vogelwelt im Speziellen zu begeistern und damit auch deren oft sehr geringe Arten-kenntnis zu verbessern [5]. Ein kleiner Baustein kann dabei auch ein Wett-bewerb wie das bundesweite Bird-race sein: 35 % der Teilnehmer im Jahr 2010 waren jünger als 30 Jah-re, 9 % jünger als 20 Jahre alt. Der Altersdurchschnitt lag bei 36,5 Jah-ren. Mit einer speziell auf Schüler zugeschnittenen Form des Wettbe-werbs könnten durch den sportlichen Charakter sicherlich viel weitere Kreise angesprochen werden. Einen wichtigen Beitrag hierzu wird hof-fentlich auch ornitho.de leisten.

Die Mitarbeit muss Spaß machen!Bei Umfragen unter Teilnehmern bei Tagungen zum Vogelmonitoring wur-den als wichtigste Beweggründe für eine Mitarbeit am Vogelmonitoring genannt, dass die Mitarbeit Spaß machen muss und zur Erweiterung der Kenntnisse und Erfahrungen bei-trägt. Etwas weniger bedeutsam war, an einem bundesweiten Ge-meinschaftsprogramm teilzunehmen,

durch die Unterstützung der Pro-gramme den Vogelschutz zu unter-stützen (was uns durchaus erstaunte), neue Kontakte aufzunehmen oder beruflichen Nutzen daraus zu ziehen. Die wichtigsten Erwartungen an die Organisatoren des Vogelmonitorings waren die Mitteilung von Ergebnis-sen, leicht verständliche Methoden-anleitungen, eine persönliche Betreu-ung und Weiterbildungsseminare.

Grenzen des ehrenamtlichen EngagementsDie Publikation schließt mit Ausfüh-rungen zu den Grenzen des ehren-amtlichen Engagements bzw. dessen Abgrenzung zu hauptamtlichen Bio-logen im Naturschutzmonitoring. Wir vertreten die Auffassung, dass von der Anerkennung des Naturschutzes als gesellschaftliche Aufgabe und der mittlerweile hohen Wertschät-zung ehrenamtlich erhobener Daten auch das Hauptamt profitiert hat. Eine für alle Beteiligten klare und nachvollziehbare Aufgabenteilung im Naturschutzmonitoring soll künf-tig helfen, die Akzeptanz für beide Standbeine des Monitorings zu er-höhen.

AusblickWir sind überzeugt, dass (deutlich) mehr Menschen für die Mitarbeit an systematischen Vogelerfassungspro-grammen begeistert werden können, wenn diese noch stärker auf die Möglichkeiten und Wünsche von Eh-renamtlichen ausgerichtet werden

und die Möglichkeiten des Internets konsequenter genutzt werden. Un-seres Erachtens sollten wir uns also nicht die Frage nach der Zukunft der Erfassungsprogramme an sich stel-len, sondern uns darauf konzentrie-ren, wie wir Interessierte insgesamt, aber auch einzelne Zielgruppen besser ansprechen, die Mitarbeit at-traktiver machen und Ehrenamtlichen eine Beteiligung an den Monitoring-programmen – bei gleichbleiben-der wissenschaftlicher Qualität – er-leichtern können.

Literatur1 Wahl, J. & C. Sudfeldt (2010):

Ehrenamtliches Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland. Naturschutz und Biologische Vielfalt 95: 199–230.

2 Furrer, C. (2008): Freiwilligen-arbeit bei der Schweizerischen Vogelwarte Sempach – Von der Bestandsaufnahme zum zukunfts-gerichteten Freiwilligenmanage-ment. Masterarbeit, Fachhoch-schule Nordwestschweiz Olten.

3 Vermanen, C. (2007): SOVON in kaart gebracht. SOVON-Nieuws 20: 17–18.

4 Weston, M., A. Silcocks, C. Tzaros & D. Ingwersen (2006): A survey of contributors to an Australian bird atlassing project: demography, skills and motivation. Austral. J. Volunt. 11: 51–58.

5 Zahner, V., S. Blaschke, P. Fehr, S. Herlein, K. Krause, B. Lange & C. Schwab (2007): Vogel-arten-Kenntnis von Schülern in Bayern. Vogelwelt 128: 203–214.

Eine in ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzende Aufgabe übernehmen die oftmals ebenfalls ehrenamtlich tätigen Koordinatorinnen und Koordinatoren der Er-fassungsprogramme. Im Bild einige Koordinatoren des Monitorings rastender Wasser-vögel bei ihrer jährlichen Tagung. Foto: Christoph Sudfeldt.

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16 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

2011 – Internationales Jahr der FreiwilligentätigkeitDas Jahr 2011 wurde von der Euro-päischen Union zum internationalen „Jahr der Freiwilligentätigkeit“ aus-gerufen. Gerade im Naturschutz stellt ehrenamtliches Engagement in vielen Bereichen eine unverzicht-bare Grundlage dar, um großräu-mig vergleichbare Daten zu erheben wie auch um lokal Arten- und Bio-topschutzmaßnahmen in die Tat umzusetzen. Dieses Engagement trägt entscheidend zu der in der Nationalen Strategie zur biologi-schen Vielfalt geforderten Verbes-serung der Datenbasis zum Zustand und zur Entwicklung der biologi-schen Vielfalt in Deutschland bei. Aus diesem Anlass veranstaltete das Bundesamt für Naturschutz (BfN) im Februar 2011 ein Dialogforum zum Thema „Ehrenamtliche Aktivitäten zur Erfassung der biologischen Vielfalt“. Rund 70 Vertreterinnen und Vertre-ter von Naturschutzverbänden, Ver-einen, Universitäten und Behörden tauschten sich über das gesellschaft-liche Engagement im Naturschutz aus und entwickelten gemeinsam Ideen für die zukünftige Zusammenarbeit. Das Vogelmonitoring wurde für vie-le Bereiche der Ehrenamtsförderung als „best practise“-Beispiel hervor-gehoben – einmal mehr eine große Anerkennung der im zurückliegenden Jahrzehnt erreichten Fortschritte!

Anerkennung und Würdigung des großen ehrenamtlichen Engagements BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel würdigte die enormen Leistungen der ehrenamtlich Aktiven im Natur-schutz: „Ohne die Unterstützung von Freiwilligen wäre der Naturschutz in Deutschland weniger leistungsfähig. Es gäbe keine Roten Listen gefähr-deter Arten und kein bundesweites Vogelmonitoring. Unser Wissen über Verbreitung und Bestandsentwicklung von Arten wäre nur spärlich. Ehren-amtlich erhobene Daten bilden die Basis für effiziente Naturschutzmaß-nahmen – und zwingen Behörden und Politik dazu, sich mit aktuellen Ent-wicklungen der biologischen Vielfalt auseinander zu setzen. Gerade in Zei-ten knapper Finanzen muss aber auch

darauf geachtet werden, dass auf-grund knapper Ressourcen nicht zu-nehmend staatliche Aufgaben ins Ehrenamt abgeschoben werden.“ Das Engagement Freiwilliger im Na-turschutz deckt ein weites Feld ab. Der Schwerpunkt liegt in Maßnah-men zum Artenschutz oder der Biotop-pflege, der Schutzgebietsbetreuung, der Arbeit in Beiräten („berufenes Ehrenamt“), Naturerlebnisangebo-ten bis hin zur Bestandserfassung von Tieren und Pflanzen. Die bundesweit tätigen Naturschutzverbände hatten 2010 ca. 5,2 Millionen Mitglieder von denen sich mehrere hunderttausend aktiv für den Naturschutz einbringen. Von einer effektiven Zusammenarbeit profitieren sowohl der staatliche, als auch der ehrenamtliche Naturschutz und letztendlich die Natur, die es zu schützen gilt. Voraussetzung sind eine stärkere Wertschätzung der eh-renamtlichen Arbeit, die finanzielle Unterstützung durch die Öffentliche Hand für koordinative Tätigkeiten, die Erarbeitung von bundesweit ein-heitlich Methoden und Standards, die das ehrenamtliche Engagement nicht überfordern, sowie eine ange-messene Aufwandsentschädigung

Boye, P., Vischer-Leopold, M., Paulsch, C., Ssymank A. und Beulshausen, F. (Bearb.; 2010) Drei Jahrzehnte Vogelschutz im Herzen Europas: Rückblick, Bilanz und Heraus-forderungen Referate und Ergebnisse der Fachtagung „30 Jahre Vogelschutzrichtlinie“ am 5. und 6. November 2009 in Bonn. 258 Seiten. ISBN 978-3-7843-3995-5. Preis: 20,00 Euro. Bezug: www.buchweltshop.de/bfn

Vor 30 Jahren, am 2. April 1979, setzte der Rat der Europäischen Gemein-schaften die Vogelschutzrichtlinie in Kraft und schuf damit ein wirksames Instrument für den Naturschutz in Europa. Bei einer Jubiläumstagung in Bonn haben Experten aus Behörden und Verbänden die Entwicklungen im Vogelschutz während der letzten 30 Jahre betrachtet, die aktuelle Situation von Arten, Lebensräumen und Vogelschutzgebieten dargestellt sowie über Monitoringprogramme diskutiert. Die Vorträge dieser Veranstaltung wurden kürzlich in Band 95 der BfN-Schriftenreihe „Naturschutz und Biologische Vielfalt“ veröffentlicht. Darin enthalten ist auch der Beitrag „Ehrenamtliches Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland“. Dieser ist auch auf der Internetseite des DDA unter www.dda-web.de/publikationen verfügbar.

Die Ergebnisse der Tagung sind auf der Homepage der Nationalen Stra-tegie zur biologischen Vielfalt www.biologischevielfalt.de eingestellt, die Vorträge stehen dort als PDF zum Herunterladen bereit.

Dr. Christoph Sudfeldt stellte auf dem „Dialogforum Ehrenamt“ die Verdiens-te des ehrenamtlichen Engagements im Vogelmonitoring heraus, an dem sich inzwischen mehr als 5.000 Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter beteiligen. Foto: Ursula Euler (BfN).

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Indikatorenbericht 2010 des BMU erschienenDas Bundesministerium für Umwelt, Na-turschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat den Indikatorenbericht 2010 für die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt vorgelegt. Er enthält 19 Indi-katoren, die ein breites Themenspekt-rum abdecken und in fünf übergreifen-de Themenfeldern „Komponenten der biologischen Vielfalt“, „Siedlung und Verkehr“, „wirtschaftliche Nutzungen“, „Klimawandel“ und „gesellschaftliches Bewusstsein“ gegliedert sind. Fast alle Indikatoren sind noch weit von ihren je-weiligen Zielwerten entfernt. Es zeich-net sich aber in einigen Bereichen eine positive Entwicklung ab: Beispielsweise bei den Indikatoren zum Gebietsschutz, zum Flächenverbrauch, zum ökologi-schen Landbau und zum Stickstoffü-berschuss der Landwirtschaft geht der Trend in die richtige Richtung.

Ergebnisse aus dem Vogelmoni-toring fließen insbesondere in den In-dikator „Artenvielfalt und Landschafts-qualität“ ein, der auch alljährlich in den Berichten „Vögel in Deutschland 200X“ behandelt wird. Dieser wurde entwi-ckelt, um den Zustand von Natur und Landschaft unter dem Einfluss vielfälti-

ger Nutzungen auf der gesamten Flä-che Deutschlands in zusammenfassen-der Form zu bewerten und stellt die Veränderungen der Bestände ausge-wählter Vogelarten dar. Der Indikator gilt als Schlüsselindikator für die Nach-haltigkeit von Landnutzungen im Rah-men der Nationalen Nachhaltigkeits-strategie und wurde in die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt über-nommen.

Der Berechnung des Indikators liegt die Entwicklung der Bestände von 59 Vogelarten zu Grunde. Für die sechs Hauptlebensraum- und Landschaftsty-pen (Agrarland, Wälder, Siedlungen, Binnengewässer, Küsten und Meere, Al-pen) wurden in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Vogelschutzwarten der Länder und dem Dachverband Deut-scher Avifaunisten (DDA) jeweils 10 - bzw. bei den Wäldern 11 - repräsen-tative Vogelarten als Indikatorarten ausgewählt.

Neu aufgenommen wurde der Indi-kator „Landwirtschaftsflächen mit ho-hem Naturwert (High Nature Value Farmland)“. Er soll den Umfang der Landwirtschaftsflächen mit hohem Na-

turwert an der gesamten Landwirt-schaftsfläche bilanzieren. Die HNV-Farmland-Flächen werden bundesweit in einer repräsentativen Stichprobe auf ca. 900 Flächen von je einem Quadrat-kilometer Größe erfasst, die aus dem Pool von Probeflächen ermittelt wur-den, die für das „Monitoring häufiger Brutvögel“ gezogen wurden.

Ein ausführliches Hintergrundpapier sowie den vollständigen Indikatorenbe-richt finden Sie im Internet unter http://www.bmu.de/Indikatorenbericht-NBS.

Bericht „Vogelmonitoring in Sachsen-Anhalt 2009“ erschienenZum Jahresende 2010 legte die Staat-liche Vogelschutzwarte Sachsen-An-halt zum siebten Mal einen vorbildli-chen Jahresbericht zum Vogelmonitoring in Sachsen-Anhalt vor. Unter anderem berichten Stefan Fischer und Gunthard Dornbusch über die Bestandssituation ausgewählter Brutvogelarten 2009. Be-sonders erwähnenswert sind neue Re-kordbestände für Schnatterente (103–111 gemeldete Paare), Kolbenente (12), Kormoran (1106), Fischadler (29), Seeadler (31), Wanderfalke (33), Kra-nich (278), Wachtelkönig (dank geziel-ter landesweiter Erfassung 248 Revie-re), Bienenfresser (407), Wiedehopf (46–49), Blaukehlchen (82–83), je eine Brutverdachtsmeldung für den Gänse-säger und die Kornweihe, erneute Bru-ten der Weißbartseeschwalbe (71), der niedrigste Bestand des Graureihers seit mindestens 1990 (1321; vgl. DDA-Rund-schreiben 2/2010), ein deutlich sinken-der Bestand beim Schwarzstorch (24), weiterhin dramatisch sinkende Brachvo-gelzahlen (62), das völlige Fehlen einer Rotschenkel-Brutmeldung und die wei-

terhin große Sorge um den Großtrap-pen-Bestand im grenzüberschreitenden Einstandsgebiet Fiener Bruch.

Martin Schulze berichtet über „Die Wasservogelzählung in Sachsen-Anhalt 2009/10“. Insgesamt sind in der Sai-son 970 Monatszählungen durchgeführt worden. Bedingt durch den harten Win-ter kam es bei etlichen Arten zu star-ken Ausweichbewegungen, so dass die Zahlen ab Januar recht niedrig waren. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist das Blässhuhn: Etwa zwei Drittel (rund 20.000) wanderten zwischen Mitte De-zember 2009 und Mitte Januar 2010 aus Sachsen-Anhalt ab. Ähnliches ist für den Eisvogel zu erhoffen, dessen Be-stand nach dem vorangegangenen eis-reichen Winter ohnehin schon stark de-zimiert war. Die Kälte und die großen Schneemengen v.a. im Norden und Osten Deutschlands (vgl. DDA-Rundschreiben 2/2010) führten hingegen beim Sing-schwan zu einem neuen Höchstbestand: über 3.600 wurden im März in Sachsen-Anhalt gezählt. Neben den detaillier-ten Ergebnissen werden für etliche Arten

Karten der Verbreitung in den Winter-monaten präsentiert.

Der 90-seitige Bericht kann bei der Staatlichen Vogelschutzwarte Sachsen-Anhalt, Zerbster Str. 7, 39264 Steckby, E-Mail: [email protected] kostenlos bezogen oder von der DDA-Homepage heruntergeladen werden (Meldung vom 4.1.2011).

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18 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

„Vögel in Deutschland 2010“ zieht Bilanz: Nagoya – mehr als ein Silberstreif am Horizont? Christoph Sudfeldt, Rainer Dröschmeister, Torsten Langgemach und Johannes Wahl

Vor knapp 20 Jahren wurde das Übereinkommen über die biologische Vielfalt auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedet. Seit dem In-Kraft-Treten im Jahre 1993 ist Deutschland Vertragspartei. Die 10. Vertragsstaatenkonferenz, die im Oktober 2010 in Nagoya/Japan abgehalten wurde, stellte den Höhepunkt des Internationalen Jahres der biologischen Vielfalt 2010 dar. Der Bericht „Vögel in Deutschland 2010“ be-fasst sich mit der in Nagoya verabschiedeten Mission 2020, die in der kommenden Dekade umgesetzt werden soll.

20 konkrete Ziele sollen bis 2020 erreicht werdenDie Mission 2020 umfasst „die Ergrei-fung wirksamer und dringender Maß-nahmen zur Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt, um sicher-zustellen, dass bis 2020 die Ökosys-teme widerstandsfähig sind und wei-terhin die wesentlichen Leistungen bereitstellen und auf diese Weise die Vielfalt des Lebens auf unserem Pla-neten sichern und zum menschlichen Wohlergehen und zur Beseitigung der Armut beitragen; um dies zu ge-währleisten, werden die auf die bio-logische Vielfalt einwirkenden Belas-tungen verringert, die Ökosysteme wiederhergestellt, die biologischen Ressourcen nachhaltig genutzt und die sich aus der Nutzung der gene-tischen Ressourcen ergebenden Vor-teile ausgewogen und gerecht geteilt, angemessene finanzielle Ressourcen bereitgestellt, die Kapazitäten ver-stärkt, die Belange und Werte der bi-ologischen Vielfalt durchgängig ein-bezogen, angemessene Strategien wirksam umgesetzt und die Entschei-dungsfindung auf fundierte wissen-schaftliche Erkenntnisse und den Vor-sorgegrundsatz gestützt.“

Da die Mission 2020 eher um-setzungs- als ergebnisorientiert ist, kommt den 20 konkreten, auf der Na-goya-Konferenz festgesetzten Kern-zielen eine besondere Bedeutung zu, auch wenn aus Sicht des Natur-schutzes das eine oder andere Ziel hätte durchaus ambitionierter ge-steckt werden können. Wichtige Ziel-stellungen sind:

• Die Biodiversität schädigende Anreizmaßnahmen, einschließ-lich der Subventionen, sind bis 2020 eliminiert, ausgelaufen oder reformiert, so dass nega-

tive Effekte minimiert oder ver-mieden werden.

• Die Verlustrate von natürlichen Lebensräumen einschließlich der Wälder ist mindestens zu halbie-ren und dort, wo es realisierbar ist, gegen Null zu senken. De-gradation und Fragmentierung sind signifikant zu reduzieren.

• Bis 2020 sollen land- und forst-wirtschaftlich genutzte Gebiete nachhaltig bewirtschaftet wer-den, um die Erhaltung der biolo-gischen Vielfalt sicherzustellen.

• Bis 2020 soll die Umweltver-schmutzung, einschließlich über-schüssiger Nährstoffe, auf ein Niveau zurückgeführt werden, das für die biologische Vielfalt nicht schädlich ist.

• Mindestens 17 % der Landfläche einschließlich der Binnenge-wässer (weltweit derzeit knapp 13 %) und 10 % aller Meere und Küstengebiete (weltweit derzeit weniger als 1 %) sind durch gut gemanagte, repräsentative und vernetzte Systeme von Schutz-gebieten und gebietsbezogene Schutzmaßnahmen zu erhalten.

• Bis 2020 sollen das Aussterben von gefährdeten Arten aufge-halten und der Schutzstatus ver-bessert oder zumindest nicht weiter verschlechtert sein.

Ausführliche Informationen zu den Beschlüssen der CBD sind unter fol-gendem Link abrufbar (ausschließ-lich in englischer Sprache): www.cbd.int/nagoya/outcomes. Seit Ja-nuar 2011 liegt eine deutsche Über-setzung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-cherheit vor, die noch ins Internet ge-stellt werden soll.

Vogelartenvielfalt und ihre GefährdungDie heimischen Brutvogelarten sind erwartungsgemäß ungleichmäßig über Deutschland verteilt. Aber es sind nicht nur spezialisierte Arten, die – weil sie beispielsweise aus-schließlich Lebensräume der Küsten oder in den Hochgebirgsregionen der Alpen besiedeln – das regionale Artenspektrum bereichern. Aktuelle Ergebnisse zeigen insgesamt eine Zu-nahme der Artenzahl von SW- nach NO-Deutschland. Insbesondere die Flussniederungen der mittleren Elbe, der Oder und die gewässerreichen Regionen der Nordostdeutschen Tiefebene zeichnen sich durch eine vergleichsweise reichhaltige Vogel-artenvielfalt aus, wie vorläufige Er-gebnisse aus dem ADEBAR-Projekt eindrucksvoll belegen (s. Karte 1). Dieser Gradient könnte im Zusam-menhang mit der intensiveren Land-nutzung in den westdeutschen Bun-desländern stehen.

Seit Beginn des 16. Jahrhunderts sind 132 der weltweit rund 10.000 Vogelarten ausgestorben, davon 19 in den letzten 30 Jahren. Vier wei-tere kommen zumindest in der Natur nicht mehr vor. Von 15 weiteren Ar-ten, die derzeit noch als „vom Aus-sterben bedroht“ auf der Roten Liste der IUCN geführt werden, konnten in rezenter Zeit keine Nachweise mehr erbracht werden, so dass in den letz-ten 500 Jahren etwa 150 Vogelar-ten verloren gegangen sind. Nur aufgrund gezielter, meist sehr auf-wändiger Artenschutzmaßnahmen konnte das Aussterben von mindes-tens 33 weiteren Vogelarten im letz-ten Jahrhundert verhindert werden.

In Deutschland sieht die Situation nicht besser aus: 42 % der heimi-schen Arten werden als mindestens

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„gefährdet“ eingestuft, weitere 8 % stehen auf der Vorwarnliste. Auch die Hotspots artenreicher Lebens-räume mit hohem Anteil an gefähr-deten Vogelarten sind nicht gleich-mäßig über Deutschland verteilt: Neben den insgesamt artenrei-chen Regionen Ostdeutschlands und des Oberrheingrabens fallen hier insbesondere die Küsten und die Alpen auf (s. Karte 2).

AusblickUm die Umsetzung des Übereinkom-mens über die biologische Vielfalt und ihres neuen Strategischen Plans zu unterstützen, sprachen sich die Vertragsstaaten dafür aus, 2011–2020 zur „UN-Dekade der Biodi-versität“ zu erklären. Sie soll helfen, den im Internationalen Jahr der Bio-diversität wieder aufgenommenen Schwung mitzunehmen und die drin-gend notwendige Integration des Biodiversitätsschutzes in alle Politik-bereiche zu fördern.

Ein erster Schritt wurde hierzulan-de bereits getan: Mit dem „Bundes-programm Biologische Vielfalt“ der Bundesregierung soll die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biolo-

gischen Vielfalt ab 2011 finanziell unterstützt werden. Vorgesehen sind jährlich 15 Mio. Euro an Fördermit-teln. Gefördert werden Maßnahmen zur Verbesserung ökosystemarer Dienstleistungen von Lebensräumen, zum Schutz von Tier- und Pflanzenar-ten, für deren Erhaltung Deutschland in besonderem Maße Verantwor-tung trägt, und in Zentren biolo-gischer Vielfalt (sog. Hotspots). In das „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ wurden sieben Vogelarten aufgenommen, für deren Erhaltung

Deutschland besonders verantwort-lich zeichnet: Bergente, Goldregen-pfeifer, Kiebitz, Mittelspecht, Rotmi-lan, Trauerente und Zwergschwan. Neben dem verstärkten Schutz die-ser Vogelarten strebt die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt die effektive Umsetzung der Vogel-schutzrichtlinie in Deutschland und den Ausbau des Schutzgebietssys-tems Natura 2000 zu einem wirk-samen Netz für den Schutz europä-ischer Vogelarten an.

Karte 1: Anzahl der Brutvogelarten je Topographischer Karte 1:25.000 (ca. 125 km²). Stand: Januar 2011; aus Baden-Württemberg und Bayern werden noch Nachmeldungen erwartet).

Karte 2: Anzahl gefährdeter Brutvogelarten in Deutschland. An-gegeben ist der prozentuale Anteil pro Kartenblatt der Topo-graphischen Karte 1:25.000 (ca. 125 km²). Stand Januar 2011.

Bezug von „Vögel in Deutschland 2010“: Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) e.V., Schriftenversand, An den Speichern 4a, 48157 Münster. Tel: 0251.210140-0; E-Mail: [email protected]

Die Schutzgebühr beträgt 7 Euro zzgl. Versandkosten. Die Auslieferung erfolgt im April 2011. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Vogelmonitoring in Deutschland erhalten die Broschüre kostenlos mit der nächsten Sendung über die zuständigen Koordinatoren.

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20 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Vom Goldhähnchen-Laubsänger zur Schieferdrossel: Deutsche Seltenheitenkommission wird Deutsche Avifaunistische Kommission

Kirsten Krätzel und Jan Ole Kriegs

Seltene Vogelarten faszinieren Vogelbeobachter seit jeher. Sei es, weil sie die Vorboten einer tief greifenden Ver-änderung im Wanderweg oder in der Verbreitung einer Art sein könnten, oder weil sie einfach nur das Salz in der Suppe im kargen Beobachtungsalltag darstellen. Besonders im ersten Falle ist es wichtig, Daten über das Auftreten und soviel Hintergrundinformationen wie möglich zu sammeln, auszuwerten und zu archivieren. Da seltene Vogelarten oft auch schwer zu bestimmen und Beobachter mit ihnen natürlich meist wenig vertraut sind, stellen Seltenheitenkommissionen durch ihre prüfende Tätigkeit eine solide Datenbasis für Auswertungen zur Verfügung.

Über zwanzig Jahren wurde die fau-nistische Arbeit mit seltenen Vogel-arten in Deutschland durch die Deut-sche Seltenheitenkommission (DSK) und besonders ihren Geschäfts-führer Peter H. Barthel ausgeübt. Er hatte im Jahr 1988 die Leitung

der Kommission (damals noch Bun-desdeutscher Seltenheitenausschuss, BSA) übernommen und ihre Arbeit reformiert. Seit dem 1. Januar 2011 steht er nun für die Geschäftsführung nicht mehr zur Verfügung. Für seine Verdienste um die Faunistik Deutsch-

lands sei Peter H. Barthel an dieser Stelle sehr herzlich gedankt.

Der Umgang mit Meldungen sel-tener Vogelarten in Deutschland steht derzeit vor einem Umbruch, u.a. weil mit dem Start von ornitho.de voraussichtlich ein Großteil der doku-mentationspflichtigen Beobachtun-gen in Deutschland zukünftig über dieses Portal eingehen wird.

Im Zuge einer notwendigen Re-strukturierung wird die Seltenheiten-kommission ab dem 1. Januar 2011 als inhaltlich unabhängige, orga-nisatorisch an den Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) ange-bundene Arbeitsgruppe ihre Arbeit fortsetzen, was die Mitgliederver-sammlung des DDA am 31. Oktober 2010 ausdrücklich begrüßt hat. Eine Vereinbarung zwischen der Deut-schen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G), DSK, der künftigen Selten-heitenkommission und dem DDA, in der u. a. die Übergabe des DSK-Ar-chivs verbindlich geregelt ist, wurde zum Jahreswechsel unterzeichnet. Der Name Deutsche Seltenheiten-kommission wird nicht fortgeführt; der künftige Name lautet Deutsche

Brillenente. Foto: Christoph Moning.

Mitarbeiter von DAK und DDA bei ihrem ersten Arbeitstreffen in Münster. Von links: Christoph Sudfeldt, Jan Ole Kriegs, Christoph Bock, Heiko Schmaljohann, Christian Dietzen, Kirsten Krätzel, Bernd Hälterlein, Ralf Aumüller und Johannes Wahl.

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Die DAK ist bereits für die Bearbei-tung der nationalen Seltenheiten des Jahres 2010 zuständig. Die DAK bittet daher alle Beobachter, die Dokumentationen per E-Mail oder per Post an die neue Melde-adresse (Deutsche Avifaunistische Kommission, c/o Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) e.V., An den Speichern 4a, 48157 Müns-ter; E-Mail: [email protected] zu schicken. Ein digitaler Melde-bogen steht unter www.dda-web.de/dak zur Verfügung.Avifaunistische Kommission (DAK).

Mitglieder der DAK sind Ralf Au-müller, Fabian Bindrich, Christoph Bock, Christian Dietzen, Kirsten Krät-zel (Sprecherin), Jan Ole Kriegs (Ko-ordinator), Thomas Noah und Heiko Schmaljohann. Christopher König in

der DDA-Geschäftsstelle fungiert als Archivar. Das neue Logo der DAK ist eine Schieferdrossel.

Die DAK kam bereits am 18./19. Dezember im LWL-Museum für Na-turkunde in Münster zu einem ersten Arbeitswochenende zusammen. Dis-kutiert wurden u. a. die neue, seit dem 1. Januar 2011 gültige Liste der dokumentationspflichtigen Ar-ten, die Integration der DAK-Ar-beit in ornitho.de und die Publikation der Seltenheitenberichte. Die neue Meldeliste und weitere Informatio-nen können auf der Internetseite des DDA abgerufen werden (www.dda-web.de/dak). Gemeinsam mit dem DDA wird zurzeit ein Konzept erar-beitet, wie das Melden einer Sel-tenheit und die Zusammenarbeit von

Logo der DAK.

avifaunistischen Landeskommissionen und DAK in Zukunft durch ornitho.de besonders benutzerfreundlich unter-stützt und erleichtert werden kann.

20 Jahre AK Feuchtwiesenschutz Westniedersachsen e.V.Trillernde Brachvögel, die gaukelnd fliegenden schwarz-weißen Kiebit-ze, das Meckern der auch „Himmels-ziege“ genannten Bekassine oder der laute „grütta-grütta“-Ruf der Uferschnepfen – Eindrücke, die wie die Wiesenblüte oder die rufenden Frösche im westlichen Niedersachsen zum Frühjahr dazugehören. Oder dazugehörten?

Der Arbeitskreis Feuchtwiesen-schutz Westniedersachsen (AKFW) hat anlässlich seines 20-jährigen Be-stehens Bilanz gezogen – und die fällt dramatisch schlecht aus. Auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten steht die Ufer-schnepfe ganz oben – und mit ihr der einst artenreiche Lebensraum Feuchtwiese. Der AKFW untersuchte in den letzten 20 Jahren – vielfach ehrenamtlich – ihren Bestand mehr-

fach intensiv auf 126.000 Hektar Grünland im westlichen Niedersach-sen. Das Ergebnis ist erschreckend: Trotz der Schutzbemühungen sind viele Bestände in den letzten zwei Jahrzehnten erloschen oder stark zu-rückgegangen.

Die Maßnahmen gegen den Schwund der vielfältigen Kulturland-schaft sind bekannt:

• Grünland erhalten, • Bauern den Aufwand bezahlen, • das Grundwasser nicht weiter

absenken. Aber in Zeiten, in denen für ei-

nen Hektar Ackerland, der mit Mais für Biogasanlagen bestellt werden kann, 1000 Euro gezahlt werden, bleibt für Wiesenvögel kein Raum, und ihr Schutz droht unbezahlbar zu werden. Besonders kritisch sieht der AKFW deshalb den Boom der

Bioenergie (und des großflächigen Maisanbaues), der inzwischen vieler-orts ein großes Problem für den Na-turschutz darstellt.

Interessierte können sich über die Arbeit des Arbeitskreises auf dessen Internetseite www.ak-feuchtwiesen.de ausführlich informieren. Von dort können auch die Ausgaben der re-gelmäßig erscheinenden „Feuchtwie-seninfo“ heruntergeladen werden.

Sonderangebot für Monitoring-MitarbeiterMitarbeiter am bundesweiten Vogel-monitoring erhalten „Die Vogelstim-men Europas, Nordafrikas und Vor-derasiens“ der Edition AMPLE für 49,95 Euro statt für 69,95 Euro. Das Standardwerk mit Gesängen, Rufen und anderen Lautäußerungen von 819 Vogelarten ist in zwei Versionen erhältlich: in Form von 17 Audio-CDs oder zwei MP3-CDs mit 64-seitigem Booklet. Ebenso können Sie den „Vo-gelstimmen-Trainer“ für 19,95 Euro

statt für 24,95 Euro vergünstigt er-werben. Die Aktionsangebote sind bis 30.06.2011 gültig.

Bestellanschrift:Musikverlag Edition AMPLE, Keller-straße 7a, 83022 Rosenheim. Tel.: 08031.26 94 12, Fax: 08031.46 37 87. E-Mail: [email protected]; Internet: www.tierstimmen.de. Bitte verwenden Sie das Stichwort „Vogelmonitoring“.

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22 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Population Trends of European Common Birds 2010

Die alljährliche Übersicht „Popula-tion Trends of European Common Birds 2010“ erschien in diesem Jahr erstmalig als Faltblatt und nicht, wie in den Vorjahren, als seitenstarke

Broschüre. Die Bestandstrends von 137 in Europa häufigen Brutvogel-arten für den Zeitraum von 1980 bis 2008 werden kurz und bündig dargestellt. Insgesamt 22 europäi-sche Staaten steuerten Daten aus ih-ren nationalen Monitoringprogram-men für die Auswertungen bei. Aus Deutschland stellten Alexander Mit-schke, Johannes Schwarz und Martin Flade die Daten aus dem DDA-Mo-nitoring häufiger Brutvögel bereit.

Durchschnittlich haben die Brut-bestände der häufigen Vogelar-ten über den Betrachtungszeitraum um 11 % leicht abgenommen. Der auf 36 Arten basierende europäi-

sche Indikator für die Agrarland-schaft zeigt für den betrachteten Zeitraum eine Abnahme um 49 %. Stabil (+ 1 %) – wenngleich fluktu-ierend – zeigt sich der Verlauf des Indikators für häufige europäische Waldvogelarten, der sich auf die Trendentwicklung von insgesamt 30 Arten stützt. Ergänzende Informatio-nen zum „Population Trends of Euro-pean Common Birds 2010“ sind auf der Homepage des EBCC zu erhal-ten (www.ebcc.info). Von dort kann auch das Faltblatt heruntergeladen werden.

Neue Rote Liste der Brutvögel Schleswig-Holsteins erschienen15 Jahre nach der letzten Fassung ist die fünfte Fassung der Roten Liste der Brutvögel Schleswig-Holsteins herausgegeben worden, in der die Gefährdung der heimischen Arten und ihre Bestandsentwicklung dar-gestellt werden. Die Übersicht wurde von ausgewiesenen Kennern der Vo-gelwelt Schleswig-Holsteins in den Fachbehörden für Naturschutz sowie der OAG für Schleswig-Holstein und Hamburg erarbeitet.

Die Bilanz ist durchwachsen. Eine Reihe von Arten konnte aus der Ro-ten Liste entlassen werden. Das ist zum einen auf die Weiterentwick-lung des Bewertungsschemas zurück-zuführen. Zum anderen auf die deut-liche Zunahme milder Winter, die sich auf die Bestandsentwicklung ei-niger Standvogelarten und Kurzstre-ckenzieher positiv ausgewirkt hat, sowie auch auf die „natürliche“ Aus-breitung einiger Arten. Aber es ist auch das Ergebnis der jahrzehnte-langen, gemeinsam von ehrenamtli-chen und amtlichen Naturschützern durchgeführten intensiven Schutz-bemühungen. Sie waren so erfolg-reich, dass mit Kranich, Seeadler, Wanderfalke und Uhu vier Groß-vogelarten aus der Roten Liste ent-lassen werden konnten, die früher ganz oben auf der Liste standen. Ein

Beweis dafür, dass Artenschutz er-folgreich sein kann und Ansporn zu-gleich, diesen auch für die „Sorgen-kinder“ der heutigen Zeit konsequent umzusetzen.

Zu diesen gehören nach wie vor die Vögel der Agrarlandschaft. Das gilt sowohl für die Wiesenvögel, wie etwa Weißstorch, Kiebitz und Ufer-schnepfe, als auch für Rebhuhn, Feld-lerche oder Grauammer, die eher auf Äckern vorkommen. In Schles-wig-Holstein nehmen landwirtschaft-lich genutzte Flächen ca. 70 % der Gesamtfläche des Landes ein. Dem-entsprechend wirken sich in diesem Bereich festzustellende Individuen- und Artenverluste besonders aus.

Abhilfe kann hier eine verbes-serte enge Verknüpfung von Ag-rar-Fördermaßnahmen mit europäi-schen Naturschutzstandards bringen. Die positive Entwicklung von eini-gen Arten der Agrarlandschaft auf Stilllegungsflächen hat gezeigt, in welche Richtung es gehen könnte. Demzufolge ist es wichtig, im Rah-men der Neuausrichtung der Ge-meinsamen Agrarpolitik verstärkt wieder Flächen zu schaffen, die po-sitive Wirkungen für die Biodiversi-tät haben. Dazu gehören zum Bei-spiel Blühstreifen oder Brachflächen in der Landschaft.

Die Rote Liste der Brutvögel Schles-wig-Holsteins kann beim Landesamt unter der Tel.-Nr: 04347.704-230 oder per E-Mail: [email protected] für 3,50 Euro zzgl. Ver-sandkosten bezogen oder im Inter-net unter www.umweltdaten.landsh.de/nuis/upool/gesamt/voegel/rl_brutvoegel_2010.pdf herunterge-laden werden.

Quelle: nach einer PM des LLUR vom 21.12.2010

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Illegale Greifvogelverfolgung – Erkennen, Bekämpfen, VerhindernDie Zusammenarbeit zwischen Fach-verbänden, Vogelschutzorganisati-onen, Fachbehörden und Justiz zur Verhinderung der illegalen Greif-vogelverfolgung ist in Nordrhein-Westfalen vorbildlich – auch für an-dere Bundesländer. Doch nach wie vor werden in NRW viele Greifvögel geschossen, gefangen, vergiftet, ausgehorstet, Bruten gestört oder gar Brutplätze beseitigt, obwohl Greifvögel gesetzlich geschützt sind und ihre Verfolgung eigentlich längst der Vergangenheit angehören sollte. Und nicht in jedem Fall werden sol-che Vorfälle zur Anzeige gebracht. Um beteiligten Bürgern, Ermittlungs-beamten und Behörden eine Hilfe an die Hand zu geben, was im Falle il-

legaler Greifvogelverfolgung oder eines solchen Verdachtsfalles zu tun ist, haben das Komitee gegen den Vogelmord, die Nordrhein-West-fälische Ornithologengesellschaft (NWO) und der Naturschutzbund NABU NRW jetzt mit Unterstützung des Umweltministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen gemeinsam einen Leitfaden mit ausführlichen Tipps und Hintergrundinformationen veröffentlicht.

Die 36-seitige Broschüre kann kostenlos beim Komitee gegen den Vogelmord e.V. (An der Ziegelei 8, 53127 Bonn, Tel. 02 28-66 55 21, [email protected], www.komitee.de) bestellt oder auf der In-ternetseite heruntergeladen werden.

Dieser Leitfaden gehört in die Exkursionsausrüstung aller Ornis und ist anderen Bundesländern dringend zur Nachahmung emp-fohlen!

Bindegarn in der Landschaft – ein Problem für die Vogelwelt!Stroh- und Heuballen in der Land-wirtschaft müssen verschnürt wer-den, damit sie zusammenhalten und transportiert werden können. Bis Ende der 1960er Jahre geschah das aus-schließlich mit Schnüren aus Bast, Si-sal, gedrehtem Papier oder ähnlichen Materialien. Wegen der geringen Haltbarkeit und Lebensdauer dieser Materialien war die Einführung syn-thetischer Werkstoffe, vor allem des Polypropylens, für die Landwirtschaft ein echter Durchbruch. Wie bei vie-len zunächst unbedenklich scheinen-den Neuerungen wurde aber bald deutlich, dass das neue Material nicht ganz problemlos ist.

Unachtsamer Umgang mit dem einmal benutzten Produkt oder seinen Resten führte dazu, dass es in Futter-tröge gelangte und immer mehr auch in unsere Umwelt. Neben Störungen an den Landmaschinen durch verhedder-tes Bindegarn traten zunehmend Ver-dauungsprobleme bei Rindern auf. Im Gegensatz zu den früher verwende-ten Naturstoffen wird das Polypropy-len im Wiederkäuermagen fast nicht angegriffen. Ebenso wenig ist es in der Natur abbaubar. Über Auswirkungen auf die Vogelwelt wurde jedoch zu-nächst nur wenige bekannt. Um über die registrierten Zufallsfunde hinaus einen Eindruck über den Umfang von Verlusten zu erhalten, befragte die

Staatliche Vogelschutzwarte Branden-burg v.a. Beringer in ihrem Bundes-land. Das Ergebnis übertraf alle Er-wartungen: Fast alle Befragten hatten bereits Unfälle durch Bindegarn re-gistriert! Überraschend war nicht nur die Menge der gemeldeten Fälle, son-dern auch das Artenspektrum. Unter den bekannt gewordenen Opfern ste-hen Weißstorch (147), Kolkrabe (73) und Baumfalke (67) ganz vorn. Da in der Regel nur eine kleine Zahl von Be-ringern mit dem Problem konfrontiert wird, muss von einer großen Dunkel-ziffer ausgegangen werden.

Bei den Gegenmaßnahmen stehen die Verbesserung der Wahrnehmung und eine nachfolgende Verhaltensän-derung bei den Verursachern an ers-ter Stelle. Parallel dazu soll ein Hinweis auf die Bindegarn-Verpackungen ge-druckt werden, mit dem auf die Ge-fährdungen von Wildtieren hinge-wiesen wird. Seitens DBV (Deutscher Bauernverband) und VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagen-bau) wurde jetzt die Bereitschaft sig-nalisiert, beide Wege zu unterstützen. Zur Verbesserung der Argumentations-basis soll die Datensammlung noch einmal forciert werden.

Bitte alle Fälle melden!Die Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburg bittet darum, alle Daten

zu Vogelopfern durch Bindegarnres-te in der Landschaft mitzuteilen. Bitte melden Sie Ihre Beobachtungen an Dr. Torsten Langgemach, Staatliche Vo-gelschutzwarte Brandenburg, Bucko-wer Dorfstraße 34, 14715 Nenn-hausen / OT Buckow; E-Mail: [email protected].

Wichtig sind bei allen Fundmel-dungen die Vogelart, ggf. das Alter, der Ort und das Datum. Fotos sind sehr willkommen!

Eine ausführliche Darstellung des Problems findet sich in der Zeitschrift „Der Falke“, Heft 5 von 2001. Der Beitrag kann von der DDA-Homepage heruntergeladen werden (Meldung vom 24.2.2011).

Ein Mäusebussard hat sich in einem Knäuel aus Bindegarn verheddert. Wit-tenberge, Dez. 2008. Foto: Archiv VSW Brandenburg.

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24 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

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Die Raubseeschwalbe ist eine der seltensten Brutvogelarten in Deutschland. Ihr einziges, inzwischen nicht mehr alljährliches Brutvorkommen liegt bei Rügen. In weiten Teilen Deutschlands, insbesondere im Binnenland, ist die größte europäische Seeschwalbenart mit dem imposanten leuchtend roten Schnabel als Durchzügler ein echtes Highlight. In Mecklenburg-Vorpommern hingegen rasten – für viele Beobachter vermutlich unbekannt – vor allem im Herbst beachtliche Anzahlen.

Brutvorkommen in Mecklenburg-VorpommernDie Raubseeschwalbe brütete in Mecklenburg-Vorpommern von 1956 bis 2010 – mit einigen Unter-brechungen – mit 1 bis 2 Paaren. Die Brutplätze, ausschließlich im vor-pommerschen Landesteil gelegen, waren die kleinen Seevogelinseln NSG Heuwiese und NSG Beuchel im Raum Westrügen. Bis zur Jahrhun-dertwende 1900 brüteten Raubsee-schwalben auch auf der heute unter Mittelwasser liegenden Insel Stubber im Greifswalder Bodden.

Der Brutbestand der Ostsee-population, zu der auch die hiesigen Brutvögel zählen, betrug 1953 ca. 1.200 BP, stieg dann in den 1970–1980er Jahren auf 2.200–2.300 BP an, ging anschließend jedoch wieder deutlich zurück: Um 2000 lag der Bestand bei nur noch 1.500–1.770 BP [1, 2, 3, 4, 5]. Die Brutvögel der Ost-see werden mit jenen vom Schwar-zen Meer einer biogeographischen Population zusammengefasst, deren Bestand aktuell mit 8.000–11.000 Ind. angegeben wird. Der Schwellen-wert für Rastgebiete internationaler Bedeutung (1 %-Wert) liegt für diese Population bei nur 95 Individuen [6].

International bedeutende Rastansammlungen Während in den letzten Jahren Raub-seeschwalben hierzulande nur noch sehr sporadisch brüteten, kommt es nach der Brutzeit alljährlich zu be-merkenswerten Rastansammlungen vor allem an der vorpommerschen Ostseeküste – mit tendenziell zuneh-menden Anzahlen in den letzten zehn Jahren (Abb. 1). Zu einer Zu-nahme der Rastbestände kommt

es ab der 2. Junidekade, wobei es sich vermutlich um nach Brutver-lust umherstreifende Vögel handeln dürfte. Ab der 1. Julidekade setzt dann deutlich der Wegzug ein, der in der 2. und 3. Augustdekade gip-felt (Abb. 2, 3).

Hauptrasthabitate der Raubsee-schwalbe sind Sandhaken und Flach-wasserbereiche an der Ostseeküste. Die größten Ansammlungen liegen alle im Raum Darß-Rügen-Greifs-

Zum Vorkommen der Raubseeschwalbe im Nordosten Deutschlands

Werner Eichstädt und Dietrich Sellin

Abb. 1: Jahressummen (Summen der Dekadenmaxima) rastender Raubseeschwalben von 2001–2010 am Struck und Peenemünder Haken/Usedom.

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walder Bodden (Abb. 4). Die Tages-maxima an der vorpommerschen Küste werden auf 300–600 Ind. ge-schätzt. Dies kann aus Simultanzäh-lungen im Raum Hiddensee und Bock (z.B. 17.08.2002 360 Ind. [7]) und Peenemünder Haken und Struck ab-geleitet werden.

Neben diesen Hauptrastgebieten treten Raubseeschwalben auch an anderen Orten der vorpommerschen Küste und im Bereich der Bodden und küstennahen Feuchtgebiete mit deutlich geringeren Rastkonzentrati-onen auf (Abb. 4). Seltener wird die bereits vergleichsweise weit im Wes-ten gelegene Insel NSG Langenwer-der vor Poel aufgesucht.

Weiter westlich werden zwar zie-hende Vögel beobachtet, mehrtä-gige Rast wurde aber erst seit ei-nigen Jahren am Grünen Brink bei Fehmarn mit bis zu 8 Ind. [8] und am Sehlendorfer See bei Plön in den Jahren 2007 bis 2009 registriert (Ostküstenmitteilung 103, 104 106 der OAG-SH). Im schleswig-holstei-nischen Wattenmeer werden vor al-lem im Juli/August überwiegend durchziehende oder kurzeitig ras-tende Vögel in geringer Anzahl fest-gestellt (K. Günther, schriftl.).

Auch im Binnenland Mecklenburg-Vorpommerns rasten Raubseeschwal-ben auf dem Wegzug an größeren Gewässern, wo es zu Ansammlun-gen von mehr als 100 Vögeln an flachen Uferbereichen, Sandhaken und anderen günstigen Ruheplät-zen kommen kann. Solche Rastge-meinschaften wurden am Galenbe-cker See (1970 bis 1980), an der Müritz (Großer Schwerin bis 1990) und seit etwa fünf Jahren am Kum-merower See beobachtet. Entschei-dend für die Rast sind wie an der Ostseeküste günstige Rasthabitate in Form von Sand- und Schlamm-bänken (Galenbecker See), Wellen-brecher (Kummerower See) und aus dem Wasser ragende Steine (Mü-ritz, Großer Schwerin). Verschwin-den durch hohe Wasserstände diese Rastmöglichkeiten, ziehen die Vögel meist nur durch.

Der Wegzug führt zu einem er-heblichen Teil auch über das Binnen-land, wobei Leitlinien wie Flüsse (Oder, Peene) genutzt werden. Auch im Bereich der Untertrave wurde bei Zugvogelbeobachtungen in den

Abb. 2: Jahreszeitliche Verteilung rastender Raubseeschwalbe am Bessin (Balken; n = 8.564) und Gellen (Fläche; n = 1.518) auf Hiddensee. Dargestellt sind die mittleren Pentadenmaxima 1994–2004 (Bessin) und 1994–2001(Gellen). Quelle: 7.

Abb. 3: Verlauf des Durchzuges der Raubseeschwalbe in regelmäßig kontrollierten Gebieten an der Südküste des Greifswalder Boddens im Jahr 2010 (n = 920).

Während der Zugzeiten nutzen Raubseeschwalben vor allem Nehrungen, Sandbänke und Flachwasserbereiche zur Rast und Nahrungssuche. Foto: Christopher König.

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Jahren 2006 und 2007 bemerkens-werter Zug registriert (M. u. E.-C. Paulien). Die letzten Vögel verlassen die vorpommersche Region Ende Oktober. Für den November sind Nachweise selten.

Im Frühjahr erreichen die ersten Vögel Mecklenburg-Vorpommern im März. Die Hauptmenge zieht in der 3. Aprildekade durch. Die Rastgemein-schaften sind während des Heimzu-

ges wesentlich kleiner als während des Wegzuges (Abb. 2, 3).

Dank: Wir danken Herrn Bernd Schirmeister und Herrn Rainer Schwarz für die Übermittlung von Raubseeschwalbendaten aus ihren Beobachtungsgebieten und Herrn Volker Dierschke für die Übermitt-lung der Abbildung aus der Hidden-see-Avifauna.

Literatur1 Cramp, S. (1985): Handbook or

the Birds of Europe, the Mid-dle East and North Africa: the Birds of the Western Palearc-tic. Vol. 4: Terns to Woodpeck-ers. Oxford University Press, Oxford, New York. 960 S.

2 Sveriges Ornitologiska Förening (1978): Sveriges fåglar, Stock-holm. 268 S.

3 Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Non-passeriformes. Aula, Wiesbaden. 792 S.

4 BirdLife International (2004): Birds in Europe: population es-timates, trends and conserva-tion status. BirdLife Conser-vation Series No. 12, BirdLife International, Cambridge.

5 Birdlife International (2010): Species factsheet: Sterna cas-pia. www.birdlife.org, auf-gerufen am 25.10.2010.

6 Wetlands International (2006): Waterbird population estimates – fourth edition. Wetlands In-ternational, Wageningen.

7 Dierschke, V. & A. J. Helbig (2010): Avifauna von Hiddensee. Meer und Museum 21: 67–202.

8 Koop, B., K. Jeromin, R. K. Berndt, A. Mitschke & K. Gün-ther (2009): Ornithologischer Jahresbericht für Schleswig-Holstein 2003-2005. Corax 21: 105–207.

Anschriften der VerfasserWerner Eichstädt, Dorfstr. 110, 17375 Meiersberg; E-Mail: [email protected]

Dietrich Sellin, Dubnaring 1, 17491 Greifswald; E-Mail: [email protected]

Die Vogelwelt der Insel HiddenseeNicht zuletzt aufgrund ihrer Vogelwarte und deren renommierter Leiter ist Hiddensee unter Ornithologen weit über Deutschland hinaus bekannt. Doch auch aus feldornitho-logischer Sicht ist die Insel aufgrund ihrer Lage und der bis heute sehr ursprünglichen, vielfältigen Küstenlandschaft hochinteressant. 311 Vogelarten wurden auf der Insel oder von ihr aus beobachtet, davon 131 zumindest einmalig auch als Brutvogel. Die detaillierte Kenntnis der Avifauna Hiddensees verdanken wir vor allem dem letzten Leiter der Vogelwarte, der auf der Insel lebte, Dr. Andreas J. Helbig, der im Oktober 2005 viel zu früh und plötzlich verstarb. Volker Dierschke hat sich des umfangreichen Datenmaterials angenommen und dieses akribisch ausgewertet. Herausgekommen ist eine kompakte, höchst inhaltsreiche Beschreibung der Vogelwelt, die sehr detail-liert über das jahreszeitliche Auftreten, die Brut- und Rastbestände, teilweise Alters-verhältnisse und Zugrichtungen Auskunft gibt. Erschienen ist sie in Band 21 der Reihe „Meer und Museum“, der weitere interessante Beiträge enthält, etwa über die Ge-schichte der Vogelwarte Hiddensee oder die Lebensräume auf und um die Insel. Nicht zuletzt aufgrund des Preises von nur 20 Euro kann der Band – nicht nur allen „Ostsee-küsten-Ornis“ – wärmstens empfohlen werden. [jw]

Bezug: Deutsches Meeresmuseum, Katharinenberg 14-20, 18439 Stralsund; E-Mail: [email protected]

Abb. 4: Regelmäßig besetzte Rastgebiete der Raubseeschwalbe in Mecklenburg-Vorpommern. Hauptrastgebiete sind als größere (rote) Punkte, weniger bedeutende Rastgebiete sind als kleinere (orange) Punkte dargestellt.Hauptrastgebiete: 1 Peenemünder Haken, 2 Struck, 3 Karrendorfer Wiesen / Wam-pener Riff, 4 Zudar, 5 Bessin, 6 Gellen, 7 Bock, 8 Meiningen, 9 Kummerower See, 10 Müritz: Großer Schwerin.Weitere Rastgebiete: 1 Anklamer Stadtbruch-Polder Kamp, 2 Murchiner Wiesen, 3 Polder Anklam West, 4 NSG Große Wotig, 5 Salzwiese Ladebow, 6 Jasmunder Bodden / Lietzow, 7 Grabow, 8 Barther Oie, 9 Insel NSG Langenwerder vor Poel

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Stellnetzfischerei in der Ostsee gefährdet SeevögelDie Küstengewässer in Mecklenburg-Vorpommern und die Gewässer der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) sind wichtige Fanggebiete für die deutsche Küstenfischerei, zum Fang von Fischarten wie Dorsch und Hering. Gleichzeitig sind diese Gewässer in-ternational bedeutende Rast- und Überwinterungsgebiete für zahlreiche Seevogelarten (z.B. Tauch-, und Mee-resenten, Lappentaucher, Säger etc), vor allem im Winterhalbjahr. Die für den Fang verwendeten Stellnetze stel-len in Gebieten, in denen sich Fischerei-aktivitäten und hohe Seevogeldichten überlagern, eine große Gefahr für die Vögel dar. Die Seevögel verfan-gen sich bei der Nahrungssuche in den feinen Maschen der Stellnetze und ertrinken. Dieses Konfliktfeld wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens „Beifang von Seevögeln in der passi-ven Meeresfischerei der Ostsee“ unter-sucht, das im Auftrag des Bundesam-tes für Naturschutz (BfN) vom Institut für angewandte Ökosystemforschung durchgeführt wurde.

Die höchsten Beifangraten in der deutschen Stellnetzfischerei traten in den inneren Küstengewässern (Bod-den) und der 3-Seemeilenzone durch die Stellnetzfischerei zum Fang von Zander, Hecht und Barsch auf. Saiso-nal wurden die höchsten Beifangraten und Todesfälle in den Wintermonaten (Dez. bis April) festgestellt.

Eine auf den in dieser Studie ermit-telten Beifangraten beruhende Hoch-rechnung für die Stellnetzfischerei in Mecklenburg-Vorpommern ergab eine jährliche Anzahl von 17.345 bis 19.841 getöteten Seevögeln im Zeit-raum November bis Mai. Für die He-ringsfischerei im Greifswalder Bodden im Zeitraum Februar bis Mai erga-ben Hochrechnungen je nach Daten-grundlage jährliche Gesamtbeifänge von 918–2.259 Vögeln. Für die bio-geographischen Populationen von Eis- und Bergente zeigte die Analyse, dass die dokumentierten Beifangverluste durch die Stellnetzfischerei zusammen mit weiteren anthropogenen Verlus-ten einen möglicherweise bestands-

gefährdenden Umfang erreichen. Die Hochrechnungen basieren auf konser-vativen Schätzungen des Fischerei-aufwands, da offizielle Angaben zum Gesamtfischeraufwand fehlen. Die er-rechneten Beifangzahlen sind daher eher als konservativ anzusehen.

Die Studie kann unter www.bfn.de/habitatmare/de/downloads-berichte-der-forschungsvorhaben.php heruntergeladen werden.

Quelle: auf Basis einer Pressemitteilung des

BfN vom 25. März 2011]

Für den Bestand der bei uns überwin-ternden Eisenten stellt die Stellnetz-fischerei eine ernsthaft Gefahr dar. Foto: Kai Gauger.

State of the World’s Waterbirds 2010Während der letzten 30 Jahre hat die Rückgangsrate von Wasservogelbe-ständen weltweit insgesamt leicht ab-genommen. Dennoch weisen 47 % der Bestände von Wasservogelarten einen negativen Bestandstrend auf, nur bei 16 % der Arten sind Bestandszunah-men zu verzeichnen. Der Zustand der Wasservögel verbessert sich haupt-sächlich in Nordamerika und Europa. Am schlechtesten steht es um diese Artengruppe in Asien, wobei Lang-streckenzieher besonders gefährdet zu sein scheinen.

Das sind die zentralen Ergebnisse des Berichts State of the World’s Wa-terbirds 2010, der im Herbst 2010 von Wetlands International aus Anlass der Vertragsstaatenkonferenz zum „Über-einkommen über biologische Vielfalt“ in Nagoya, Japan, herausgegeben wurde. Die Veröffentlichung untersucht die Veränderungen der biogeogra-phischen Wasservogelpopulationen in den Jahren 1976 bis 2005. Grundla-ge bilden die vier Ausgaben der Wa-terbird Population Estimates.

Alarmierende Entwicklungen in AsienDie Auswertung verdeutlicht, dass sich der Zustand von Wasservogelpopula-tionen in Regionen verbessert, in denen strenge Naturschutzgesetzgebungen umgesetzt werden, z.B. in Nordameri-ka und Europa. In allen anderen Regi-onen der Erde, in denen keine strikten Gesetze zum Schutz der Natur existie-ren, sind die Bestandstrends negativ. Besonders alarmierend ist die Situati-on in Asien, wo 62 % der Bestände von Wasservögeln abnehmen oder bereits ausgestorben sind. In dieser Region wirkt sich die Kombination eines rasan-ten Wirtschaftswachstums und schwa-cher Naturschutzbemühungen verhee-rend aus.

Der Zustand von Langstreckenzie-hern unter den Wasservögeln ist ge-nerell schlechter als jener von Arten, die in Gebieten überwintern, in de-nen strenge Schutzmaßnahmen um-gesetzt werden. Das unterstreicht die besondere Bedeutung von koordinier-ten Schutzmaßnahmen entlang des ge-samten Zugwegs von den Brut- über

lebenswichtige Zwischenrastgebie-te bis in die Überwinterungsregio-nen. Dass koordinierte Schutzanstren-gungen zu deutlichen Verbesserungen führen, verdeutlicht die positive Be-standsentwicklung vieler Kranichpo-pulationen.

Deutschland trug durch Bereitstel-lung von Daten der vom DDA koordi-nierten Wasservogelerfassungen zum Gelingen des Werkes bei. Allen Was-servogelzählerinnen und -zählern, die mit ihrem Engagement einmal mehr die Erstellung einer solch beeindru-ckenden Publikation ermöglichten, sei herzlich gedankt!

Quelle: gekürzte Fassung der von Ani-

ta Schäffer angefertigten Übersetzung einer

Pressemitteilung von BirdLife International vom

8. November 2010

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28 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Ergebnisse der dritten Löffler-Synchronzählung im deutschen Wattenmeer am 14./15. August 2010

Thorsten Krüger, Gundolf Reichert und Klaus Günther

Die atlantische Population des Löfflers hat ihr Areal in den vergangenen Jahrzehnten deutlich nach Norden und Nordosten ausgedehnt. Mittler-weile sind alle Teile des Wattenmeers besiedelt. Im Zuge dieser Entwick-lung kam es ab 1995 zunächst an der niedersächsischen Küste, später auch in Schleswig-Holstein, zu größeren Ansammlungen an nachbrut-zeitlichen Rastplätzen. Bis vor kurzem war nicht klar, wie groß der Rast-bestand im deutschen Wattenmeer ist. Im August 2009 fanden daher zwei Synchronzählungen statt, die einen Gesamtbestand von 1.220 Löfflern am 22./23. August ergaben [1]. Im August 2010 wurde nun eine Synchronzählung für das gesamte Wattenmeer anberaumt, deren Ergebnisse in sehr geraffter Form vorgestellt werden 1.

Bei besten Witterungsbedingungen fand die erste wattenmeer-weite Synchronzählung am Wochenende 14./15. August statt. Im deutschen Teil des Wattenmeers wurden 1.468 Löffler gezählt, wovon das Gros, 1.027 Ind., in Niedersachsen rastete (Abb. 1). In der Gesamtbetrachtung wird deutlich, dass die Löffler sich in vergleichsweise wenigen Rastge-bieten konzentrieren. Der neue Ma-ximalbestand hierzulande wurde also nicht durch viele einzelne Vögel oder kleine Trupps ausgemacht, son-dern durch die großen Rastplatz-ansammlungen. Im Binnenland rasten nur wenige Löffler, v.a. am Unteren Niederrhein (max. 38 am 30.7.; D. Hubatsch schriftl). Der Gesamtbe-stand in Deutschland Mitte August dürfte damit bei rund 1.500 Ind. ge-legen haben.

In Schleswig-Holstein hielten sich 222 Ind. – und damit nahezu die Hälfte des schleswig-holsteinischen

Bestandes – im Hauke-Haien-Koog auf, 145 versammelten sich im Mel-dorfer Speicherkoog. In Nieder-sachsen rasteten mit 255 Ind. die meisten Vögel in der Leybucht. Der zweitgrößte Rastplatz war mit 198 Ind. das Stollhammer Watt im nord-östlichen Jadebusen mit der ihm zu-gehörigen Innengrodenpütte Eck-wardersiel. Bei diesen beiden Rastplätzen handelt es sich um die seit Jahren wichtigsten bekannten Gebiete. An dritter Stelle rangiert mit 103 Ind. erstmals der Rastplatz Vorland Neuharlingersiel mit der zugehörigen Pütte Friedrichsgro-den. Auch auf den ostfriesischen In-seln rasteten Löffler wieder in z. T. großer Zahl. In diesem Jahr beher-bergten Spiekeroog, Borkum, Nor-derney und Mellum die größten An-sammlungen. Auf den Inseln wurden maximal 101 Löffler an einem Rast-platz festgestellt.

AlterszusammensetzungAufgrund oft beträchtlicher Entfer-nungen zu den rastenden Löfflern konnten nur selten Angaben zur lo-kalen Alterszusammensetzung der Rasttrupps oder dem Anteil farb-markierter Individuen gemacht wer-den. Zudem ist eine genaue Unter-scheidung subadulter Vögel (jünger als 4. Kalenderjahr) gerade unter den vorgenannten Beobachtungsbe-dingungen äußerst schwierig [2].

Von sechs Rastplätzen in Nieder-sachsen liegen Angaben zur Alters-zusammensetzung vor, bei allerdings einer – gemessen am Gesamtbestand – vergleichsweise geringen Stich-probe von nur 177 Ind. (= 17,3 %). Daraus ergibt sich ein nahezu ausge-glichenes Altersverhältnis zwischen adulten (49 %) und subadulten Vö-geln (51 %).

„Es geht weiter steil nach oben“. So könnte man die Rastbestands-entwicklung beim Löffler nach der Synchronzählung vom 14./15. Au-gust 2010 zusammenfassen. An-gesichts dieser rasanten und span-nenden Entwicklung sowie der

Impressionen vom Hochwasserrast-platz Neuharlingersiel, wo die Löffler am 14.08.2010 sämtlich auf Lahnungen und Steinpackungen rasteten. Foto: Thorsten Krüger.

1 Eine ausführliche Darstellung der niedersächsischen Ergebnisse findet sich in einem Bericht, der unter http://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/52129 heruntergeladen werden kann.

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vergleichsweise leichten Erfassbar-keit rastender Löffler zur Hochwas-serzeit werden sicher weitere Syn-chronzählungen folgen und die Ausbreitung der charismatischen Vö-gel weiter gut dokumentiert.

DankWir bedanken uns herzlich bei allen, die an der Organisation der Zählun-gen und/oder den eigentlichen Er-fassungen mitgewirkt haben: L. ACHIL-LES, R. AUMÜLLER, V. BOHNET, K. DALLMANN, J. DROSTEN, O. EKELÖF, B. GNEP, HASSEL-MANN, M. HECKROTH (MELLUMRAT e. V.), J. KALUSCHE, M. KÜHN, H. KUNZE, J. KRON-BERG, T. LAU, V. LAUTENBACH, J. LUDWIG, H. MEINZ, P. NIERMANN, S. NISCHIK, O. NÜSSEN, T. PENKERT, C. PORTOFÉE, F. RA-BENSTEIN, H.-J. ROPERS, M. SCHNEIDER, M. SCHULZE-DIECKHOFF (NLWKN), F. SEG-GER-HARBERS, A. STEINBECK, P. SÜDBECK, TANZEN, N. UNGER, C. VOGEL, J. WEIN-BECKER, H. WIETJES, J. WILDBERGER und J. WITTENBRINK.

Literatur1 Krüger, T., P. Südbeck & K.

Günther (2010): Rastbestand und Verbreitung des Löfflers Pla-talea leucorodia im deutschen Wattenmeer im August 2009. Vo-gelwelt 131: 31–43.

2 Hellquist, A. (2011): Ageing Eurasian Spoonbill (Platalea leucorodia). www.surfbirds.com/mb/Features/spoonbill/ageing-spoonbill-0402.html, aufgerufen am 30.3.2011.

Anschriften der VerfasserThorsten Krüger, Staatliche Vogel-schutzwarte im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Ratsherr-Schulze-Str. 10 D-26122 Oldenburg; E-Mail: [email protected]

Gundolf Reichert, Nationalpark-verwaltung Niedersächsisches Wat-tenmeer, Virchowstr. 1, D-26382 Wilhelmshaven; E-Mail: [email protected]

Klaus Günther, Schutzstation Wat-tenmeer, Hafenstr. 3, 25813 Husum; E-Mail: [email protected]

Abb. 1: Verteilung von Löfflern im deutschen Wattenmeer als Individuensumme der Erfassungen am 14./15. August 2010 nach Zählgebieten (vgl. Legende; n = 1.027), ergänzt um die in Schleswig-Holstein am 14. August 2010 erfassten Individuen (n = 459; K. Günther, briefl.).

Nicht immer ist die Altersbestimmung so einfach wie hier: Juvenile Vögel (rechts) zeigen helle Schnäbel und schwarze Handschwingenspitzen, adulte Tiere (links) schwarze Schnäbel mit gelber Spitze und rein weiße Handschwingen. Immature Vögel (bis 4. Kalenderjahr, Mitte) sind intermediär gefärbt, mit nach wie vor dunklen Handschwingenspitzen. Foto: Jan Ole Kriegs.

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30 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Jungvogelanteile von Schwänen und Gänsen im Winter 2010/11 – erste Eindrücke

Axel Degen (Schwäne) und Kees Koffijberg (Gänse)

Auch im Winter 20010/11 wurden in verschiedenen Regionen Deutsch-lands die Jungvogelanteile der drei Schwanenarten sowie von Bläss- und Trundrasaatgans ausgezählt, um darüber einen Indikator für den Brut-erfolg im Sommer 2010 zu erhalten. Nach den ersten Auswertungen war der Bruterfolg der Singschwäne sowie von Bläss- und Tundrasaatgänsen 2010 offenbar erfreulich hoch – trotz des langen und schneereichen vor-angegangenen Winters mit einer geschlossenen Schneedecke über mehr als acht Wochen.

Während der Zählung Mitte Januar lag der Jungvogelanteil der Sing-schwäne im Emsland bei 17,3 % (n = 994), an der niedersächsischen Mittelelbe bei 19,3 % (1.177) und am Bodensee bei 20 % (856). Hier wurden die Bestände dankenswer-terweise wie schon 2010 vollständig getrennt nach Alt- und Jungvögeln ausgezählt. Es wäre sehr zu wünschen, dass dies auch in den kommenden Jahren eine Fortsetzung findet, um so eine Datenreihe für das südlichste bedeutende Überwinterungsgebiet in Mitteleuropa zu erhalten. Bei einer großflächigen Erfassung im Nordos-ten Deutschlands (überwiegend MV, nö BB) waren in der zweiten Janu-arhälfte von 3.593 nach Alter dif-ferenzierten Singschwänen 18 % im ersten Winter (T. Heinicke, schriftl.). Der Jungvogelanteil lag damit in al-len genannten Gebieten über dem langjährigen Mittel.

Bei den Höckerschwänen lag der Jungvogelanteil unter dem langjährigen Mittel. Mitte Janu-ar wurden an der niedersächsi-

schen Mittelelbe 17,2 (n = 1.053) und im Emsland 23,1 % Jungvögel (640) ermittelt. Bei den Zählungen im Nordosten Deutschlands (über-wiegend MV, nordöstliches BB) wa-ren unter 4.267 nach Alter diffe-renzierten Höckerschwänen gerade einmal 6 % im ersten Winter (T. Hei-nicke, schriftl.). Die Höckerschwäne hatten besonders unter den Witte-rungsbedingungen im ungewöhn-lich schneereichen Winter 2009/10 (s. Rundschreiben 2/2010), in dem es zu größeren Verlusten kam, zu lei-den. Ein unterdurchschnittlicher Brut-erfolg war daraufhin zu erwarten gewesen.

Beim Zwergschwan zeichnet sich ein deutlich unterdurchschnittlicher Bruterfolg ab. Die Beobachtung von vielen Familien, die im Sommer 2010 während einer russischen Expedition im Petschora-Delta beobachtet wur-den, hatten auf einen besseren Brut-erfolg hoffen lassen. Bei der Januar-zählung lag der Anteil im Emsland, das bundesweit die größten Über-winterungsbestände aufweist, bei

nur 7 % (n = 967). Auch in den Haupt-überwinterungsgebieten in den Nie-derlanden und England lagen die Jungvogelanteile mit rund 10 % nur unwesentlich höher. Im Gegensatz zu den letzten Wintern konnten nach den bislang ausgewerteten Daten im Osten des Überwinterungsge-biets somit keine höheren Jungvoge-lanteile festgestellt werden. Damit bleibt der Zwergschwan weiterhin das Sorgenkind unter den in Mittel-europa überwinternden Schwanen- und Gänsearten.

Meldung beringter SingschwäneIn der Brutsaison 2010 wurden in verschiedenen Ländern insgesamt 258 Singschwäne mit Halsringen markiert. Die Meldeadressen für die einzelnen Beringungsprojekte können auf der Seite www.cr-bir-ding.be gefunden werden. Über die häufig genutzte Seite www.geese.org sind nur lettische Singschwäne (blaue Halsringe mit den Kodierun-gen 1C00 bis 5C99 und 0E00 bis 3E99) zu melden.

Jungvögel lassen sich, wie dieses am Schlupfort in Litauen beringte Indivi-duum, leicht an der grauen Gefieder-färbung erkennen. Foto: Axel Degen.

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Erfreulich guter Bruterfolg bei arktischen GänsenVor allem in den Niederlanden und Deutschland wurden in diesem Win-ter wieder Gänsetrupps von Spe-zialisten nach Alt- und Jungvögeln durchgemustert. In der Brutsai-son 2010 scheinen viele Gänsear-ten recht erfolgreich gebrütet zu haben. Die auf Spitzbergen brü-tenden Kurzschnabelgänse kamen mit 22 % diesjährigen Vögeln aus den Brutgebieten zurück – das bes-te Ergebnis seit 1995 (F. Cottaar, J. Madsen). Auch die Hellbäuchigen Ringelgänse (Unterart hrota), die ebenfalls auf Spitzbergen brüten, kehrten gar mit so vielen Jungvögeln zurück, wie fast noch nie zuvor seit Beginn der systematischen Erfassun-gen (P. Clausen). Bei den wegen der Kälte aus Dänemark ausgewander-ten Hellbäuchigen Ringelgänsen an

der Nordseeküste der Niederlande war zu Beginn des Winters sogar die Hälfte der Trupps diesjährig und es wurden Familien mit bis zu 5 Jungtie-ren beobachtet.

Bei den Brutvögeln der russischen Tundra war der Bruterfolg hingegen eher mäßig. Aus bislang 46.000 kontrollierten Blässgänsen geht ein Jungvogelanteil von 20 % hervor. Das ist immerhin der höchste Wert seit 2005 und deutlich besser als in den miserablen Jahren 2007 und 2008 mit nur 9 % bzw. 9,2 % Jung-vögeln unter den überwinternden Vögeln. Ähnlich ist die Situation bei der Tundrasaatgans: 23 % Jungvö-gel waren unter den 3.245 kontrol-lierten Individuen. Der tatsächliche Wert dürfte jedoch niedriger lie-gen, da noch keine Daten aus den wichtigen Rastplätzen in z.B. Sach-sen und Thüringen eingeflossen sind.

Der Anteil von Jungvögeln ist dort gemeinhin niedriger als weiter west-lich. Dennoch, auch bei den Tundra-saatgänsen war 2010 erfolgreicher als die vergangenen Jahre: zuletzt lag der Jungvogelanteil 1997 bei über 20 %.

Anschriften der Verfasser:Axel Degen, Elsa-Brandström-Str. 4, 49076 Osnabrück; E-Mail: [email protected]

Kees Koffijberg, Friedhofstr. 66b, 46562 Voerde; E-Mail: [email protected]

Auftreten und Herkunft der Wasservögel am Sempachersee: Auswertung des Lebenswerks von Josef Hofer

Hofer, J., P. Korner-Nievergelt, F. Korner-Nievergelt (2010): Auftreten und Herkunft der Wasservögel am Sempa-chersee. Der Ornithologische Beobachter, Beiheft 11. 187 Seiten, durchgehend Abbildungen, meist farbig (Fotos, Zeich-nungen, Tabellen, Grafiken). Bezug: 25 CHF online über www.vogelwarte.ch (Kreditkarte), schriftlich: Schweizerische Vogelwarte Sempach, Bibliothek, CH-6204 Sempach. Oder bei www.christ-media.de für 19,80 Euro zzgl. Versand.

Am Anfang stand die Frage, wohin die zahlreichen Wasservögel, die im Winter das Nahrungsangebot mit ihm als Berufsfischer teilen, im Som-mer ziehen. Mit Hilfe einer selbst ge-bauten und im Laufe der Jahre per-fektionierten Reuse versuchte Josef Hofer, beginnend 1950, diese Frage zu beantworten. Daraus wurde ein Lebenswerk mit einer in Mitteleuropa einzigartigen Datenfülle: Im Verlauf von fast 60 Jahren gingen ihm am Sempacher See rund 70.000 Was-servögel von 43 Arten in die Reuse. Daraus resultierten fast 7.000 Kon-trollfänge, fast 6.000 Fernfunde so-wie über 300 Fremdfänge, die das Zugverhalten der Enten, Taucher und Möwen dokumentieren. Dieser Da-tenschatz wurde nun mithilfe von Fränzi und Pius Korner-Nievergelt teilweise gehoben und gut verständ-lich, grafisch ansprechend aufberei-tet publiziert.

Seine besondere Bedeutung er-hält der Datensatz nicht nur durch seinen Umfang, sondern auch durch

die Länge der Zeitreihe. Vor allem für die häufiger gefangenen Arten, allen voran Stock- (3.363 Beringun-gen), Tafel- und Reiherente (15.150 bzw. 27.435), Gänsesäger (1.801) Kormoran (2.968), Blässhuhn (9.254) und Lachmöwe (5.031) sind detail-lierte Aussagen zu den Herkunfts-gebieten, zur Aufenthaltsdauer, zum Alters- und Geschlechterverhältnis, zur Winterortstreue, bis hin zur Zug-geschwindigkeit, zur Gewichtsent-wicklung und zu Überlebensraten und deren Veränderungen über die Zeit möglich. Insgesamt 21 Wasser-vogelarten werden in separaten Einzelkapiteln betrachtet. Eine hoch spannende Lektüre für alle Wasser-vogelfreunde, bei der die Ehrfurcht vor dem Lebenswerk Josef Hofers mitschwingt.

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32 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Tagung „Wasservogelökologie und Feuchtgebietsschutz“ in Blankensee

Die Tagungsexkursion führte unter kurzweiliger Leitung von Lothar Kalbe in die frühlingshafte Nuthe-Nieplitz-Niederung. Insbesondere für alle „Zugereisten“ ein eindrucksvolles Erlebnis. Foto: Torsten Langgemach.

Auf Einladung der Staatlichen Vogel-schutzwarte Brandenburg sowie des DDA kamen vom 18. bis 20. März 2011 rund 70 Wasservogelinteres-sierte in Blankensee südlich von Ber-lin zu einer bundesweiten Wasservo-geltagung zusammen. Die Initiative zu dieser Tagung ging von Dr. Lothar Kalbe aus, um – nach einer Tagung in etwas kleinerem Rahmen im Oktober 2007 in Lebus – eine gute Tradition aus der Vorwendezeit wieder zu be-leben, als in regelmäßigen Abstän-den Wasservogelexperten in der DDR zu Fachtagungen zusammenka-men um aktuelle Forschungsergeb-nisse und Themen des Wasservogel-schutzes zu diskutieren.

Die diskutierten Themen umfassten denn auch ein weites Spektrum der Wasservogelökologie: Das Monito-ring von Wasservögeln in Deutsch-land (J. Wahl), die Bedeutung von Wasservögeln im Ökosystem (L. Kal-be), die Geschichte der Ramsar-Kon-vention, die 2011 ihr 40-jähriges Jubiläum feiert (J. Mooij), die Brut-biologie des Kormorans in Branden-burg (T. Dürr), den Küstenvogel-schutz in Mecklenburg-Vorpommern

(G. Graumann), die brandenburgi-sche Moorlandschaft im Mittelalter und ihre reichhaltige Vogelwelt (L. Landgraf), die Bedeutung von Tage-baurestgewässern in der Lausitz für Wasservögel (H. Donath), Schutzstra-tegien für die Zwerggans (J. Mooij) sowie eine aktuelle Übersicht über die westeuropäische Winterpopula-tion der Waldsaatgans (T. Heinicke),

deren Bestände deutlich zurückge-hen und die – bei weiter anhaltend negativer Entwicklung – bald eben-so selten werden könnte, wie Zwerg- oder Rothalsgans. Abends führte W. Suckow mit herrlichen Aufnah-men durch die Nuthe-Nieplitz-Nie-derung, die auch Exkursionsziel am Sonntag war.

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Ergebnisse der WVZ in Berlin und Brandenburg onlineSeit Jahren werden die Ergebnisse der Wasservogelzählungen in Berlin und Brandenburg in einem jährlichen Rundbrief, der auch auf der Home-page der ABBO abgerufen werden kann, zusammengestellt und die Da-ten für einzelne ausgewählte Arten und Zähltermine in Kartenform prä-sentiert. Wenn man aber für acht Zähltermine pro Jahr und für mehr als 30 Arten Karten erstellen will, braucht man viel Papier und Geld – oder das Internet. Die Ergebnis-se der Zählungen seit 2001 sind auf der Homepage der ABBO, die die Wasservogelzählungen in Berlin und Brandenburg koordiniert, abrufbar. Unter: www.abbo-info.de/kartie-rung/wvz_arten.php können Monat, Jahr und Art ausgewählt und für je-des Zählgebiet die Größenklassen der Ergebnisse auf einer Google-Maps-Karte dargestellt werden.

Karsten Siems

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40 Jahre Dachverband Deutscher Avifaunisten e.V.

Christoph Sudfeldt

Am 11. Januar 1970 wurde der DDA im hessischen Alsfeld gegründet, unter dessen Dach sich schon bald die meisten der in den westlichen Bundesländern avifaunistisch aktiven Organisationen zusammenfanden. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten gründeten sich in den ostdeutschen Ländern schnell neue ornithologische Verbände, andere setzten ihre in der DDR-Zeit unterbrochene traditionsreiche Arbeit fort. Die ostdeutschen Verbände fanden im DDA schnell eine neue Heimstatt, brachten ihre Programme und Ideen ein und beteiligten sich an den im Westen etablierten Vorhaben.

Im DDA sind mittlerweile 16 Fach-verbände in den Bundesländern und 33 weitere Organisationen Mit-glied. Sie vertreten rund 10.000 Vogelkundler und -freunde, darun-ter mehr als 5.000 aktive Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter, die vor al-lem die Avifaunistik in Deutschland fördern. Im Vordergrund stehen da-bei die deutschlandweiten Vogeler-fassungsprogramme und das Projekt „ADEBAR“ (Atlas deutscher Brutvo-gelarten). Am 30. Oktober 2010 feierte der DDA in Bollmannsruh am Beetzsee nordöstlich von Bran-

denburg im Kreise seiner Mitglieds-organisationen, Fördermitglieder sowie guter Freunde aus dem ver-bandlichen wie behördlichen Natur-schutz, insbesondere den Staatlichen Vogelschutzwarten und dem Bundes-amt für Naturschutz (BfN), nun sein 40-jähriges Bestehen.

„Der DDA ist als feste Größe, die Vogelmonitoring und Vogelschutz auf wissenschaftlich seriöser Basis mit großem Erfolg betreibt, wie auch als fachlich kompetenter Berater für den behördlichen wie verbandlichen Natur- und Vogelschutz bundesweit

anerkannt. Dies ist insbesondere ein Verdienst des enormen bürgerschaft-lichen Engagements. Unsere Ehren-amtlichen spenden alljährlich durch-schnittlich 50 Stunden ihrer Freizeit, indem sie die bundesweiten Vogel-erfassungsprogramme unterstützen. Darauf sind wir stolz und dafür wol-len wir an diesem Tage allen Betei-ligten ganz herzlich danken“, stellte der DDA-Vorsitzende Stefan Fischer auf der Jubiläumsfeier heraus.

Dr. Alfred Herberg, Leiter des Fachbereichs „Schutz, Entwicklung und nachhaltige Nutzung von Natur und Landschaft“ im Bundesamt für Naturschutz, hob in seinem Festvor-trag den hohen Stellenwert hervor, den das Vogelmonitoring heutzuta-ge für die Beantwortung von Natur-schutzfragen auf internationaler wie nationaler Ebene hat. Gleich mehre-re gesellschaftlich anerkannte Indi-katoren auf EU- wie auf nationaler Ebene basieren auf Daten, die uns die Vogelerfassungsprogramme lie-fern. Für keine andere Artengruppe liegen derart umfangreiche Infor-mationen über Verbreitung, Be-standsgröße und Bestandstrend vor. Mit ihrer Hilfe lässt sich der Erhal-tungszustand der Natur bewerten

Am idyllischen Beetzsee bei Branden-burg a. d. Havel fand am letzten Oktoberwochenende 2010 die Fest- veranstaltung zum 40-jährigen DDA- Jubiläum statt. Foto: Johannes Wahl.

Das Jubiläumsprogramm wurde durch eine Exkursion mit der Beobachtung von Groß-trappen im Havelländischen Luch und großen Gänse-Schwärmen am Gülper See ab-gerundet. Foto: Christoph Sudfeldt.

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34 DDA-Monitoring-RundbriefFrühjahr 2011

Zähltermine 2011/12Wasservogelzählung sowie Monitoring „Gänse und Schwäne *• 17. Juli 2011• 14. August • 18. September int. Gänsezäh-

lung, v.a. Graugans• 16. Oktober • 13. November int. Gänsezäh-

lung, v.a. Bläss- und Saatgans• 18. Dezember • 15. Januar 2012 int. Gänse-

zählung• 12. Februar • 18. März int. Gänsezählung,

v.a. Weißwangengans

• 15. April • 13. Mai• 17. Juni

* Angegeben ist jeweils der Sonntag des Zählwochenendes. Im Wattenmeer und in Nieder-sachsen gelten die auf die Hoch-wasserzeiten abgestimmten Zähl-termine. Ebenso finden im Rahmen des Trilateralen Wattenmeermon-itorings TMAP an weiteren Termi-nen Zählungen statt.

Möwen-Schlafplatzzählung10. Dezember 2011 und21. Januar 2012

Kormoran-SchlafplatzzählungIn Bundesländern, in denen syn-chrone Kormoran-Schlafplatz-zählungen stattfinden, sollten diese an den Wochenenden der Wasservogelzählung durchge-führt werden.

Hinweis: Wichtig ist, dass so nah wie möglich am Stichtag er-fasst wird. Die Gewässer können also selbstverständlich auch un-ter der Woche aufgesucht wer-den, z.B. wenn durch schlechte Sicht o.ä. eine Zählung am vor-gegebenen Wochenende nicht möglich ist.

(Artenvielfalt, gefährdete Arten, Landschaftsqualität, Einfluss der Landnutzung und des Klimawandels) und die Wirksamkeit der nationalen Biodiversitätsstrategie überprüfen.

Eine begeisternde Festrede hielt auch Dr. Einhard Bezzel, der die Gründung des DDA im Jahre 1970 maßgeblich vorantrieb: Er ließ in seinem Vortrag zunächst die Grün-dungszeiten Revue passieren, als es darum ging, die Untersuchung von Vogelbeständen und ihrer Dynamik in Raum und Zeit neben der wissen-schaftlichen, vor allem an den Uni-versitäten gelehrten Ornithologie zu etablieren. Sodann rief er dazu auf, die Herausforderungen der Zukunft anzunehmen, wozu alle Kräfte be-nötigt würden. Denn einerseits müsse man mit Forschung und Wissenschaft Schritt halten, andererseits Gesell-schaft und Politik durch Information wie auch emotionales Engagement erreichen. Und nicht zuletzt müsse die Avfaunistik auch künftig Spaß machen! Mit Hans Oelke, DDA-Vor-sitzender 1974, und Jürgen Dien, der das Protokoll der Gründungs-versammlung verfasste, stießen zwei weitere DDA-Gründungsväter auf den 40. Geburtstag an, ebenso wie die beiden ehemaligen DDA-Vor-sitzenden Klaus Witt und Hermann Hötker.

Eine ausführliche Darstellung der Geschichte des DDA finden sich im Beitrag „Dachverband Deutscher

Avifaunisten: Eine Geschichte der Feldornithologen und Vogelbeob-achter in Deutschland“ von Klaus Witt von 2003. Der im Falke erschie-nene Beitrag steht auf der DDA-Ho-mepage unter www.dda-web.de/publikationen zur Verfügung.

Viele neue Gesichter im DDA-VorstandAuf der sehr gut besuchten DDA-Mit-gliederversammlung am folgenden Sonntag ging dann eine Ära zu Ende: Stefan Fischer trat nach achtjähri-ger Amtszeit als Vorsitzender zurück. 2001 als Beisitzer in den erweiterten DDA-Vorstand gewählt, führte er ab 2002 selbst Regie. In seiner Amtszeit erfuhr der DDA umwälzende Ver-änderungen, die ihren Höhepunkt in der 2008 mit Bund und Ländern geschlossenen Verwaltungsverein-barung Vogelmonitoring fanden. Seitdem werden die vom DDA koor-dinierten Monitoringprogramme dau-erhaft von Bund und Ländern unter-stützt.

Die Mitgliederversammlung dank-te Stefan Fischer für sein großes En-gagement mit einem Gemälde des Vogelmalers Paschalis Dougalis. Es zeigt den Rotmilan, Wappenvogel des DDA und zugleich die Vogelart, für die Deutschland aufgrund des hohen Populationsanteils die höchste Verantwortung trägt. In seiner letz-ten Amtshandlung dankte Stefan Fi-scher dem scheidenden Schatzmeis-

ter Stefan Garthe sowie Martin Boschert, der nach neun Jahren nicht mehr kandidierte, für ihre langjähri-ge und tatkräftige Unterstützung im DDA-Vorstand. Dank gebührt auch Nils Anthes, der ebenfalls als Beisit-zer ausschied.

Als neuer Vorsitzender wurde Bernd Hälterlein gewählt, beruflich in der Nationalparkverwaltung Schles-wig-Holsteinisches Wattenmeer tätig und zugleich Vorsitzender der OAG für Schleswig-Holstein und Ham-burg. Als 2. Vorsitzender wurde Ste-fan Stübing im Amt bestätigt. Neu-er Schatzmeister ist Werner Eikhorst, der als Kassenprüfer in den letzten Jahren im wahrsten Sinne des Wor-tes Einblick in sein künftiges Metier erhielt.

Dem neu eingerichteten sieben-köpfigen Beirat gehören neben Ste-fan Fischer und Stefan Garthe, die ihre über viele Jahre gewachsenen Erfahrungen weiterhin in den DDA einbringen möchten, Ulrich Köppen (Greifswald), Mathias Kramer (Tü-bingen), Johannes Melter (Osna-brück), Alexander Mitschke (Ham-burg) und Johannes Schwarz (Berlin) an, die alle auf eine langjährige avifaunistische Erfahrung zurück-greifen können. Der DDA ist damit personell sehr gut für die spannen-den Aufgaben und Herausforderun-gen der Zukunft gerüstet!