Sagen Sie öfter Danke: Wie ein Wort Ihre … · Es ist nie zu spät: ... Sie tun? So ähnlich ist...

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Ihr Experten-Team: Ralf Höller und Peter Düweke Ralf Höller ist als Journalist und Buchautor auf Kommunikations-Themen spezialisiert. Im Ex- perten-Interview: Dr. Peter Düweke, Biologe, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist, hat unter anderem das Buch „Anerkennung. Ohne sie geht gar nichts! Wie Respekt und Wertschätzung unser aller Leben bestimmen“ (Patmos Verlag) verfasst. A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z Suchwortverzeichnis Tipps & Trends Dankbarkeit im Alltag D 6/1 www.stil.de Ausgabe 5/2010 17 top-thema Sagen Sie öfter Danke: Wie ein Wort Ihre Lebensqualität und die Ihrer Umgebung steigert Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens (Jean-Baptiste Massillon, Hofprediger Ludwigs XIV. von Frankreich): Indem Sie Danke sagen, öffnen Sie sich für Ihre Mitmenschen – und lassen in ihnen ein posi- tives Gefühl zurück. Dafür zeigen diese sich häufig erkenntlich. So kann Dankbarkeit zu einer Win-win-Situation führen, von der alle profitieren. Doch warum bedanken Menschen sich so selten? Und wie lässt sich das ändern? Die Themen: Was fehlende Dankbarkeit bewirken kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Das Zauberwort für eine angenehme Atmosphäre . . . . . . . . . . . 9 Faustregel für den mündlichen Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Schriftlicher Dank I: Wenn Sie per Karte oder Brief reagieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Schriftlicher Dank II: Darf es auch eine SMS oder E-Mail sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Dankesrede: So würdigen Sie langjähriges Engagement . . . . . 16 Es ist nie zu spät: Verpasster Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 DARUM GEHT ES:

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Ihr Experten-Team:Ralf Höller und Peter Düweke

Ralf Höller ist als Journalist und Buchautor auf Kommunikations-Themen spezialisiert. Im Ex-perten-Interview: Dr. Peter Düweke, Biologe, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist, hat unter anderem das Buch „Anerkennung. Ohne sie geht gar nichts! Wie Respekt und Wertschätzung unser aller Leben bestimmen“ (Patmos Verlag) verfasst.

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Dankbarkeit im Alltag

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top-thema

Sagen Sie öfter Danke:Wie ein Wort Ihre Lebensqualität und die Ihrer Umgebung steigert

Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens (Jean-Baptiste Massillon, Hofprediger Ludwigs XIV. von Frankreich): Indem Sie

Danke sagen, öffnen Sie sich für Ihre Mitmenschen – und lassen in ihnen ein posi-tives Gefühl zurück. Dafür zeigen diese sich häufig erkenntlich. So kann Dankbarkeit zu einer Win-win-Situation führen, von der alle profitieren. Doch warum bedanken Menschen sich so selten? Und wie lässt sich das ändern?

Die Themen: Was fehlende Dankbarkeit bewirken kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Das Zauberwort für eine angenehme Atmosphäre . . . . . . . . . . . 9 Faustregel für den mündlichen Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Schriftlicher Dank I:

Wenn Sie per Karte oder Brief reagieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Schriftlicher Dank II:

Darf es auch eine SMS oder E-Mail sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Dankesrede: So würdigen Sie langjähriges Engagement . . . . . 16 Es ist nie zu spät: Verpasster Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

DARUM GEHT ES:

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D 6/2 Dankbarkeit im Alltag

Was fehlende Dankbarkeitbewirken kannSicher haben auch Sie schon einmal eine Situation erlebt,in der sich jemand Ihnen gegenüber undankbar gezeigthat. Und vielleicht erinnern Sie sich heute noch an dasGefühl von damals, wenn Sie das folgende Beispiel lesen.

mein erlebnis

e

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a

Ein Fund, der nicht belohnt wurde

Stellen Sie sich vor, Sie würden 400 Euro finden – inScheinen, auf der Straße, ohne Portemonnaie oder Brief-tasche, ohne Hinweise auf den Eigentümer. Was würdenSie tun? So ähnlich ist mir das passiert, in Form dreierEintrittskarten für die Veranstaltung „Rock am Ring“. Eswar der Freitagnachmittag vor Pfingsten, das Wochenen-de, an dem alljährlich das Festival in der Eifel stattfindet.

Ich ging zur nächsten Telefonzelle und rief beim Fundbü-ro an. Nein, das hätte nur noch eine Viertelstunde geöffnet,dann wäre Wochenende, teilte man mir mit. Was tun? Ichversuchte herauszufinden, wo die Karten verkauft wordenwaren. In der Vorverkaufsstelle eines Warenhauses konnteman mir weiterhelfen: Die Tickets mussten, das sagte einaufgedruckter Code, zuvor über die Theke von Bonnsgrößtem CD-Laden gegangen sein. Schnurstracks begabich mich dorthin. Der Verkäufer konnte die Karten identi-fizieren, aber nicht den Kunden. Vielleicht würde dieser jaden Verlust bemerken und zurückkommen?

Ich ließ meine Visitenkarte zurück. Würden die Kartennicht abgeholt, wäre ich selbst mit Freunden zum Nür-burgring gefahren. Abends kam ein Anruf. Der CD-La-den meldete sich: Jemand hatte die Karten abgeholt.Meine Visitenkarte hatte der Verkäufer dem sichtlicherleichterten Kunden mitgegeben. Dort wird sie heutenoch liegen. Ich hörte nie wieder etwas in dieser Ange-legenheit.

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Warum fehlender Danknegative Auswirkungen hat

Sie können sich vorstellen, dass ich mich ungerecht be-handelt fühlte. Ob ich bei einem neuerlichen Eintrittskar-tenfund noch einmal genauso handeln würde? Die nichterhaltene Anerkennung gipfelte in dem spontanen Gelöb-nis, künftig alles Gefundene selbst zu behalten. Erst all-mählich verrauchte der Ärger, und auch die Bereitschaftwuchs wieder, von anderen verlorene Gegenstände an denzuständigen Stellen abzugeben.

Nachteile sind durch den Umstand, dass niemand sich beimir meldete, nicht entstanden. Die Suche nach dem ur-sprünglichen Besitzer der Karten verschlang zwar etwasZeit, aber es war Freitagnachmittag und zudem schönesWetter. Ich selbst wäre ohne den Zufallsfund nicht auf dieIdee gekommen, zum Rockfestival zu fahren. Den Eintritts-preis hätte ich mir überdies leisten können; zu den 40 EuroFinderlohn war ich zwar gesetzlich berechtigt, finanziell al-lerdings war ich nicht auf den Betrag angewiesen. Dochhäufig hat bewiesener Undank negative Auswirkungen.

Undank belastet

Häufig belastet der verdiente, aber nicht erwiesene Danksogar langjährige Freundschaften: Die Stimmung ist ver-hagelt, die hilfsbereite Person bleibt gekränkt zurück –und gewinnt womöglich den Eindruck, dass ihr selbstlo-ses Handeln heutzutage kein geschätzter Wert mehr ist.Darunter leiden private wie berufliche Beziehungen: Ver-trautheit und Verlässlichkeit im Umgang miteinander ver-schwinden. Im Beruf besteht die Gefahr, dass Undank zurUnternehmens-(Un)kultur wird.

Selbsttest: Wie würden Sie entscheiden?

Nicht immer ist der Fall, in dem ein Dank angebracht wä-re, so klar wie im Eingangsbeispiel. Im Alltag denken wir

SinkendeHilfsbereitschaft

„Werde ichausgenutzt?“

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D 6/4 Dankbarkeit im Alltag

oft, eine dankbare Reaktion erübrige sich, weil wir eineerwiesene Leistung oder einen gezeigten Gefallen alsselbstverständlich empfinden. Doch verhält es sich meis-tens ganz anders.

Im Folgenden möchte ich Ihnen sechs Situationen vorstel-len, in denen Sie gefragt sind: Würden Sie sich für einenDank entscheiden oder nicht?

Richtig oder falsch?

1. Ihr Chef hat Ihnen eine Prämie von 500 Euro gezahlt.Für Ihre zuverlässig guten Leistungen, heißt es in demBegleitschreiben. Das wurde auch einmal Zeit, denkenSie. Anerkennung ist Sache des Ranghöheren. EinDankeschön lassen Sie daher bleiben, außerdem sähees zu sehr nach Anbiederung aus.

richtig falsch?

2. Ihre gute Bekannte lädt Sie wie jedes Jahr zum Som-merfest ein. Sie sind bislang immer hingegangen. Die-ses Mal ist es nicht anders, ein Mitbringsel haben Sieauch schon. Für die Einladung müssen Sie sich nichtextra bedanken. Ein Brief wäre zu aufwändig, SMS, E-Mail oder Anruf stillos.

richtig falsch?

3. Sie haben zum Geburtstag eine Eintrittskarte für einBundesligaspiel bekommen. Sie hassen Fußball. Die-selbe Person hat Ihnen vor einem Jahr das gleiche Ge-schenk gemacht. Da sind Sie nicht hingegangen. DiesesJahr verzichten Sie auf ein Dankschreiben. Vielleichtmerkt die Person so endlich, dass sie mit dem Ge-schenk danebenlag.

richtig falsch?

4. Ihre Kollegin springt für Sie beim Wochenenddienstein. Das ist selbstverständlich, denn Sie haben einenMonat zuvor dasselbe getan. Sie freuen sich über dasstille Einverständnis und wollen es durch weitere Äu-ßerungen nicht gefährden.

richtig falsch?

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Dankbarkeit im Alltag D 6/5

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5. In Ihrer Abteilung wurde eine Stelle ausgeschrieben.Zehn Bewerber schafften es ins Vorstellungsgespräch.Die Entscheidung zwischen den beiden Besten warsehr knapp. Sie senden allen ihre Unterlagen mit Dankzurück. Auf ein spezielles Dankschreiben für die Num-mer zwei verzichten sie: Diese Person würde sich überdie verpasste Chance nur ärgern.

richtig falsch?

6. Sie besitzen Eigentum in einer Wohnanlage, in der einHausmeister nach dem Rechten schaut. Das macht ergut. Dafür wird ihm am Ende des Jahres zusätzlich zumGehalt ein Betrag auf sein Konto überwiesen, mit demVermerk „Gratifikation“. So weiß er, was im kommen-den Jahr wieder von ihm erwartet wird.

richtig falsch?

Wenn alles so eindeutig wäre …

Sie haben es sicher geahnt: Einhundertprozentig richtigoder falsch können Sie die Fragen gar nicht beantworten.Aber es zeichnet sich eine klare Tendenz ab: Sie zeigt in dieRichtung, wie Sie Ihr künftiges Verhalten in Situationen, indenen ein Dank möglich erscheint, aussehen könnte. DieAuflösung der sechs Beispiele steht auf Seite D 6/7.

Bevor Sie dorthin blättern, möchte ich Ihren Blick nochrasch auf etwas anderes lenken: auf Ihr eigenes Ich.

Warum bedanken wir uns so selten?

Halten Sie doch einmal kurz inne und horchen Sie in sichhinein: Zeigen Sie sich immer für geleistete Dienste er-kenntlich? Bringen Sie den Menschen in Ihrer Umgebungdie Anerkennung entgegen, die sie verdienen und sichvielleicht auch wünschen? Vor allem Letzteres entgehthäufig unserer Aufmerksamkeit: In einer Gesellschaft, dieimmer mehr Leistung von uns verlangt und uns immerweniger Zeit lässt, sind wir häufig zu sehr mit uns selbstbeschäftigt. Doch das Lob, das uns selbst voranbringt, tut

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auch anderen gut – wie Peter Düweke, Biologe und Buch-autor, im Interview erklärt.

Experten-Interview: Anerkennung des Selbst und Anerkennung des anderen

Peter Düwekeist promovierter Biologe, Sachbuchau-tor und Wissenschaftsjournalist. Er hatunter anderem das Buch „Anerkennung.Ohne sie geht gar nichts! Wie Respekt undWertschätzung unser aller Leben bestim-men“ (Patmos Verlag) verfasst undschreibt für Psychologie Heute, DIEZEIT, die FAZ u. a.

Herr Dr. Düweke, bedanken wir uns zu wenig?

Ich fürchte ja. Allerdings sind es nicht phrasenhafte Dan-kesformeln, die zählen – auf diese können wir meist gutverzichten –, sondern Äußerungen der Aufmerksamkeitgegenüber anderen.

Warum fällt es Menschen häufig so schwer, sich erkennt-lich und dankbar zu zeigen?

Weil es einer Kränkung des Größen-Ichs gleichkommt,anderen Dankbarkeit zu erweisen. Eine innere Stimmesagt: Ich schulde dem doch nichts. Eher schuldet der mirwas! Wir geizen mit Dankbarkeit und Anerkennung ande-ren gegenüber. Wir erliegen dem Irrtum, unabhängig vonanderen zu sein. Wir wollen glauben, dass wir total selbst-ständig wären. Zugleich spüren und fürchten wir bis in dieKnochen, dass wir abhängig von anderen sind.

Gibt es Wege, die Dankhemmung zu überwinden?

Die Haltung gegenüber anderen muss sich ändern. Wir sindgefährlich unausgeglichen zwischen einem narzisstischen(krankhaft selbstliebenden) Größen-Ich und einem amö-benhaften Ich, das keine feste Form, vielmehr eine stets

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wechselnde, fließende Gestalt besitzt. Dieses Ich hängt sehreng mit Personen in unserer Umgebung zusammen. Erstganz allmählich taucht ein Selbst auf, das mit anderen starkvernetzt ist. Dankbarkeit von Herzen ist eine Haltung, dieauf tiefer Erkenntnis beruht. Erkenntnis steckt z. B. im Sich-erkenntlich-Zeigen und natürlich in Anerkennung, die stetsAnerkennung des Selbst wie Anerkennung des anderen ist.Bemerkenswerterweise erfahren heute Begriffe wie Dank-barkeit und Demut auch außerhalb religiöser Systeme eineWiederbelebung. Dankbarkeit und Demut sind Ausdruckdes gefühlten Angewiesenseins auf andere.

Wie findet man die richtigen Dankesworte?

Treffende Worte oder besser, weil überzeugender, emotio-nale Zeichen wird man von selbst hervorbringen, wennman erlebt, dass man einem anderen etwas verdankt. Ambesten, ich schärfe meine Wahrnehmung für Handlungenanderer, die nicht selbstverständlich sind, sondern Auf-merksamkeit mir gegenüber ausdrücken.

Auflösung des Selbsttests: In welcher Situation ist ein Dankeschön angebracht?

Nun aber zur Auflösung unserer Beispiele: Was ist selbst-verständlich und was nicht? Welche Dank-Entscheidun-gen sind richtig, welche falsch?

Beispiel 1: Warum sollte nur der Vorgesetzte seinem Un-tergebenen danken? Auch Chefs freuen sich über Kompli-mente! Was schadet es, wenn Sie sich für eine erhaltenePrämie bedanken? An Ihrer Freude erkennt der Geber,dass er richtig gehandelt hat. Gönnen auch Sie ihm diesesGlücksgefühl. Vielleicht gönnt er Ihnen später eine weite-re Prämie …

Beispiel 2: Sich für eine Einladung zu bedanken, lässt nurGewinner zurück. Die gastgebende Person kann mit Ihnenrechnen und gewiss sein, dass die Einladung angekom-men ist – im besten Sinne. Ein Antwortbrief wäre viel-

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D 6/8 Dankbarkeit im Alltag

leicht wirklich zu aufwändig. Um eine Einladung zu be-stätigen, ist weder eine SMS noch eine E-Mail und schongar nicht ein kurzes Telefonat stillos.

Beispiel 3: Die schlechteste Antwort auf ein Geschenk istkeine Antwort! Zeigen Sie, dass Sie sich, wenn schonnicht über das Geschenk, dann über die Geste freuen.Dass Sie sich nicht für Fußball interessieren, brauchen Sienicht einmal zu verheimlichen. Sagen Sie, dass Sie dieKarte an Ihre Tochter oder Ihren Sohn weitergegeben ha-ben. Erwähnen Sie auch, dass sie beziehungsweise er be-geistert war! Die schenkende Person wird zufrieden sein –und Ihren Geschmack beim nächsten Mal vielleicht bessertreffen.

Beispiel 4: Die eine hilft dem anderen: Unter Kollegenhilft diese Einstellung am besten weiter. Doch ein Danksollte schon geäußert werden, auch wenn beide Seiten dasgegenseitige Einspringen inzwischen für eine Selbstver-ständlichkeit halten. Der Satz „Danke, dass du mein Wo-chenende gerettet hast!“ rüttelt nicht am stillen Einverneh-men. Er bestärkt es.

Beispiel 5: Knapp vorbei ist auch daneben – einerseits.Knapp vorbei könnte beim nächsten Mal bedeuten: allesrichtig gemacht, diesmal aber voll ins Schwarze getroffen.Ein spezielles Dankschreiben an einen Zweitplatziertenist Anerkennung und Motivation zugleich, es beim nächs-ten Wettbewerb genauso gut zu machen und weiter aufdas notwendige Quäntchen Glück zu hoffen.

Beispiel 6: Eine Anerkennung finanzieller Art tut gut.Noch besser wirkt sie, wenn sie von herzlichen Wortenbegleitet wird. Natürlich weiß unser Hausmeister durchdie Gratifikation, dass er seine Arbeit gut gemacht hat.Mindestens ebenso gern hört und liest er ein Dankeschön.

fazit: Mit sechsmal Danke liegen Sie bei den Beispie-len goldrichtig – auch wenn es sich in einigen Fällen umSelbstverständlichkeiten handelt.

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Das Zauberwort für eine angenehme Atmosphäre„Danke. Sonst nichts.“ So sollte – folgt man den zahlrei-chen Image-Ratgebern vor allem US-amerikanischer Pro-venienz – die Antwort auf ein Kompliment lauten. Sie ha-ben Recht. Mehr ist in einem solchen Fall nicht nötig.Vielleicht noch ein „Das freut mich sehr“. Besser aber istdas schlichte Danke, verbunden mit einem Lächeln, dasvon Herzen kommt.

Es sind übrigens nicht nur die offensichtlichen Anlässe,etwa ein teures Geschenk, die einen Dank erfordern. Siemüssen mit der Anerkennung auch nicht warten, bis je-mand Sie aus einer lebensgefährlichen Situation rettet.Richten Sie Ihr Augenmerk lieber auf andere Anlässe, beidenen jemand sich besondere Mühe gegeben hat, um Ih-nen zu helfen oder eines Ihrer Anliegen zu unterstützen.

Sterben und leben lassen

Der Komponist und Dirigent Gustav Mahler erreichte 1897den Höhepunkt seiner Karriere: Er wurde KünstlerischerDirektor der Wiener Hofoper. Doch wurde er am damalsgrößten Theater der Welt nie so recht glücklich. Verbittertnahm er zehn Jahre später seinen Abschied. 1911 starb er.Wenige Tage vor seinem Tod klagte er gegenüber Freunden:„Österreich ist schon ein seltsames Land. Muss man hierunbedingt erst gestorben sein, damit einen die Leute lebenlassen?“ Seine Äußerung legt nahe, dass er sich über einanerkennendes „Danke“ zu Lebzeiten gewiss gefreut hätte.

Faustregel für den mündlichen DankSobald Sie einen Dank aussprechen, zeigen Sie Ihre Wert-schätzung für andere Menschen – und für das, was diese fürSie getan haben. Gründe, jemandem dankbar zu sein, gibt es

Wie antwortenSie auf einKompliment?

Wertschätzungzu Lebzeiten

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viele. Gelegenheiten, diesen Dank sofort mündlich zu äu-ßern, kaum weniger: Doch wie äußern Sie diesen Dank?

Nach dem Auspacken eines Geschenks, in Anerkennungeines guten Service, als Reaktion auf eine kleine Gefällig-keit oder eine spontane Hilfeleistung im Alltag, als Ant-wort auf eine hilfreiche Auskunft reicht meistens ein Satz:

„Danke, ich freue mich so!“

„Danke, Ihren Service fand ich ausgezeichnet!“

„Danke, das war total nett von dir!“

„Danke, Sie haben mir sehr geholfen!“

Dankbekundungen wie diese werden Ihnen vielleicht et-was knapp erscheinen. Das mag sein. Doch sind sie alleehrlich und wirken authentischer als so manche Lo-beshymne.

Dankesworte an die Service-Kraft?

Vielleicht lässt sie noch eine andere der genannten Ant-worten stutzen: Nummer zwei. Sollte man sich wirklichbei der Bedienung in einer Gaststätte bedanken? Für eineLeistung, die mit einem Trinkgeld schon abgegolten ist?Die Antwort lautet: ja!

Früher war es in Restaurants und Kaffeehäusern oftselbstverständlich, das Personal nicht wahrzunehmen.Also war es auch nicht üblich, sich mit Dankesworten andie Service-Kraft zu wenden. Heute hat sich das gewan-delt. Der Kellner oder die Serviererin ist ein Mensch, dersich Mühe gibt, es Ihnen recht zu machen, und für dessenService Sie ihm ruhigen Gewissens danken dürfen – etwabeim Hinausgehen oder wenn die Gelegenheit gerade

Hier hilft Ihnen eine faustregel:

Je länger das Ereignis zurückliegt, desto ausführli-cher sollte Ihr Dank ausfallen.

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günstig ist. Sagen Sie einfach: „Danke für den guten Ser-vice! Ich hatte heute in Ihrem Restaurant einen wunderba-ren Abend.“

Große Worte sind nicht nötig

Um sich zu bedanken, brauchen Sie nicht viel zu sagen.Nennen Sie schlicht und einfach den Anlass, warum Siesich bedanken. Lassen Sie Ihr Gegenüber wissen, wie Siesich fühlen, was genau Sie an seiner Leistung schätzenund welchen Nutzen Sie daraus gezogen haben.

Investieren Sie dafür umso mehr in Ihre Gestik und Mi-mik: Ihre Augen sollten strahlen und Ihr Herz sollte mitla-chen. Ihr Adressat wird dies aufmerksam registrieren.Auch ohne dass Ihrerseits große Worte kommen, wird deroder die Betreffende merken, ob die Freude echt ist undder Dank von innen heraus kommt.

Das Unwort (nicht nur) beim mündlichen Dank

Ein Wort sollten Sie beim Dank auf jeden Fall vermeiden.Sie entnehmen es einer Anekdote, die der Opern- undTheaterregisseur Hans Neuenfels anlässlich einer Preis-verleihung seinem Publikum erzählte:

Halten Sie es beim Dank, wie Hans Neuenfels in seinerRede gefordert hat: Zeigen Sie sich immer ohne Ein-

Immer ein störendes AberMeine Eltern hatten immer ein Aber, auch beim Lob.Zur heutigen Ehrung hätten sie gesagt: „Gut, dass duda bist, aber warum hast du keine Krawatte an?“ Sol-che Begrenzungen haben mich immer gestört; ich habeimmer auf das Aber gewartet. Ihnen, meine Damen undHerren, danke ich ganz besonders für die Anerken-nung, die ich ganz ohne ein Aber bekommen habe.

Reizwort „Aber“

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D 6/12 Dankbarkeit im Alltag

schränkung für etwas erkenntlich, ohne „aber“ zu sagenoder Ihre Anerkennung zu relativieren. Echter Dank kenntkein Aber.

Schriftlicher Dank I:Wenn Sie per Karte oder Brief reagierenAls Reaktion auf Geschenke, auch wenn Sie diese persön-lich überreicht bekamen, in Anerkennung wiederholterGefälligkeiten und besonderen Einsatzes im Berufslebenwie auch einer außergewöhnlichen privaten Hilfeleistungist ein schriftlicher Dank angebracht. Er ist am stilvolls-ten, wenn er per Brief oder Karte erfolgt.

So zeigen Sie, dass Sie sich über ein Geschenk gefreut haben

Je größer das Geschenk, das Sie erhalten haben, destoausführlicher sollte der Dank ausfallen. Doch was heißtausführlich in diesem Zusammenhang? Ganz einfach: Abeiner bestimmten Geschenkgröße sollten Sie – oder sollteIhr Kind, nachdem es etwas bekommen hat – sich schrift-lich bedanken.

Ein Brief oder eine schöne Postkarte signalisiert: Das Ge-schenk ist mir so viel wert, dass ich mir für meine Dankes-worte Zeit nehme. Versenden Sie Ihren Dank eine, spätes-tens zwei Wochen nach Erhalt des Geschenks. VersuchenSie sich dabei in die Situation des Empfängers zu versetzen.Lesen Sie noch einmal die dem Präsent beiliegenden Zeilenoder schauen Sie sich das Geschenk noch einmal genau an.Dann fallen Ihnen garantiert die richtigen Worte ein! Je in-dividueller Sie auf das Geschenk eingehen, desto besser.

Dazu noch ein wichtiger tipp: Wurde das Geschenk voneinem handschriftlichen Brief begleitet, sollten Sie auchIhre Dankesworte unbedingt handschriftlich verfassen.

Schriftlichoder mündlich?

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Bedanken Sie sich für das Engagement,von dem Sie profitieren

Auch im Berufsleben sind Dankesworte wichtig. VieleAufgaben, die Kollegen täglich für uns übernehmen, fin-den wir selbstverständlich. Das sollte aber niemanden da-von abhalten, sich gelegentlich dafür zu bedanken.

Legen Sie beispielsweise Ihrer Sekretärin, die jedenWerktag vollen Einsatz zeigt und viele zusätzliche Aufga-ben übernimmt, eine schöne Postkarte mit einem Blumen-strauß auf den Schreibtisch – verbunden mit folgendenDankesworten:

„Liebe Frau Schmidt, Sie erleichtern mir meine tägli-che Arbeit ungemein. Leider sage ich Ihnen aber nichttäglich, wie dankbar ich Ihnen dafür bin. Heute will iches deshalb umso deutlicher tun: Danke, Frau Schmidt,für Ihre hervorragende Arbeit und Ihren nimmermüdenEinsatz!“

Bei besonderenAnlässen ist es ange-messen, dem Dank mit einem kleinen Geschenk Nach-druck zu verleihen.

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Bei vielen Anlässen erfreut – und motiviert – ein kurzesSchreiben viel stärker als ein mündlicher Dank, etwawenn ein Mitarbeiter

für einen kranken Kollegen einspringt;

eine anspruchsvolle Aufgabe mit Bravour bewältigt hat;

ein schwieriges Problem gelöst hat;

immer für ein gutes Arbeitsklima in Ihrer Abteilung sorgt;

einen schwierigen Geschäftspartner zufrieden gestellt hat.

Würdigen Sie Aufmerksamkeiten und uneigennützige Hilfeleistungen

Vielleicht ist Ihnen Ähnliches im letzten Winter passiert:Ich hatte einen Termin an einem Ort, den ich nur per Auto

Danke, dass ihr so gut wart!

In einem Unternehmen für Hebekräne hatte ein jungerMann gerade seinen ersten Kran verkauft. Hocherfreutbedankte er sich schriftlich bei allen, die an der Aktionmitgewirkt hatten. Er sprach dem Leiter der Transport-abteilung seine Anerkennung aus, weil der Auftragprompt bearbeitet und die Ware ohne Pannen ausgelie-fert worden war. Er teilte der Lackiererei mit, wie stolzer war, als nach dem Auspacken des Krans die rote Far-be so schön leuchtete. Und er machte es sich zur Ge-wohnheit, alle Beteiligten wissen zu lassen, dass sieWertvolles für ihn geleistet hatten. Im Lauf der Jahrewurde der junge Mann zum angesehensten Mitglied derBelegschaft – und später sogar Präsident des Unterneh-mens. Seine Strategie, sich schriftlich zu bedanken,eignet sich auch für Schüchterne, denen es schwerfällt,ihre Gefühle anderen zu zeigen.

Napoleon Hill, Ein Jahr des Erfolgs. Bonn 1996

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erreichen konnte. Da der Wagen bei extremer Kälte eineWoche lang nicht bewegt worden war, sprang er nicht mehran. Ein Nachbar, mit dem ich nie viel zu tun hatte, hörtemein Schimpfen und sah meine vergeblichen Bemühun-gen. Fünf Minuten später stand sein Auto neben meinem,und er gab mir Starthilfe. „Ist doch selbstverständlich“,meinte er nur, „unter Nachbarn hilft man sich eben.“

Solche selbstlosen Einsätze sollten mit einem handschrift-lichen Dank gewürdigt werden. Eine Postkarte oder einkurzer Brief reicht aus, eventuell auch noch ein kleinesGeschenk. Das kann eine Minifigur mit Kettenverschlusssein, die sich zum Beispiel im Wageninnenraum amRückspiegel befestigen lässt, oder auch eine Schachtel mitedler Schokolade oder Lübecker Marzipan.

Schriftlicher Dank II:Darf es auch eine SMS oder E-Mail sein?Nicht immer müssen Sie für ein Dankschreiben zur Federgreifen. Auch eine kurze Meldung per SMS aufs Handyoder via elektronischer Post kann diesen Zweck erfüllen.Falls Sie also, beispielsweise für einen hilfreichen Tipp,kurz danken wollen, tun Sie dies per SMS, und sei es nurals Ankündigung eines späteren mündlichen Dankes:

„Lieber Hans, Dein Tipp war Gold wert, und meine Prä-sentation ein voller Erfolg! Mehr dazu später, ich meldemich. Jetzt erst einmal: Danke!“

Wann eine Dankes-E-Mail angemessen ist

Wenn Sie mit jemandem häufiger per E-Mail kommuni-zieren, ist dieser Weg auch für einen Dank nicht verkehrt.Selbst eine persönliche E-Mail an gute Freunde, beispiels-weise als Ergänzung zur vorgedruckten, allgemein gehal-tenen schriftlichen Danksagung nach einer Hochzeit, ist

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D 6/16 Dankbarkeit im Alltag

erlaubt: Zeigt ein solches persönliches Schreiben dochdem Empfänger, wie sehr das Brautpaar sich über dessenliebevoll ausgesuchtes Geschenk oder den sorgfältig vor-bereiteten Beitrag zur Feier gefreut hat.

Dankesrede:So würdigen Sie langjähriges EngagementEs gibt Anlässe, die einen ganz besonderen Dank erfor-dern. Warum nicht im Rahmen einer Rede? Einen beson-deren Stellenwert besitzen und eine besondere Würdigungerfordern

die langjährige Mitgliedschaft in einem Verein;

die langjährige Unterstützung eines guten Zweckes;

die langjährige Tätigkeit in einem Ehrenamt.

Die Besonderheit all dieser Tätigkeiten ist die lange Dauerdes Einsatzes. Signalisieren Sie mit Ihrer Dankesrede,dass so viel Engagement nicht selbstverständlich ist. Ge-rade diejenigen Menschen haben eine Anerkennung ver-dient, die sich schon seit langer Zeit für eine gute Sacheverdient gemacht haben und ihrem Ehrenamt vermutlichauch in Zukunft verbunden bleiben.

Eine schöne Gelegenheit, um für langjähriges Engage-ment zu danken, ist ein Jubiläum. Denken Sie aber daran:Ihre Rede sollte in erster Linie den Jubilar erfreuen. Diegeehrte Person muss das Gefühl haben, Sie kennen sie gutoder haben sich zumindest ausgiebig über ihre Leistungeninformiert. So fühlt der Jubilar sich ernst genommen undim wahrsten Sinne des Wortes geehrt.

Eine Dankesrede, die Freude bereitet

Gehen Sie auf die persönlichen Verdienste des Jubilarsein. So laufen Sie nie Gefahr, dass Dankesreden jedes Malgleich klingen.

Besonderer Dankzum Jubiläum

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www.stil.de Ausgabe 5/2010

Suchen Sie nach historischen Bezügen in Ihrer Dankesre-de – und bringen Sie diese mit den herausragenden Eigen-schaften des Jubilars zusammen. Ist er technisch begabt?Ein Tüftler? Ein Bastler? Dann stellen Sie den Bezug zuzwei historischen Persönlichkeiten her:

Sie müssen allerdings nicht bis zum Jubiläum warten, umsich bei jemandem zu bedanken. Die größte Freude mit ei-nem Dank bereiten Sie jemandem, der nicht damit rech-net. Eine solche Referenz lässt sich in jede Rede einbau-en. Bleiben wir beim Vereinsleben:

Gutenberg + Watt = Schmidt

Weil er langwierige Arbeitszeiten und einen kostbarenRohstoff, die Tinte, einsparen wollte, erfand JohannesGutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts den Buchdruck.

James Watt suchte 1765 nach Möglichkeiten, die teureSteinkohle durch einen preiswerteren Energieträger zuersetzen: Er nutzte den Dampf als Antriebskraft und er-fand die Dampfmaschine.

Leiten Sie zu dem Dienstjubiläum über: „Sie, lieber HerrSchmidt, sind mit Ihren praktischen Ideen, Ihrem Erfin-dungsreichtum und Ihrer Tatkraft seit 25 Jahren der Jo-hannes Gutenberg und James Watt unserer Firma.“

mein erfolgs-

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Die größte Freude: Unerwarteter Dank

Ich selbst erlebte einmal, wie bei der Meisterschaftsfei-er eines Fußballklubs der Vorsitzende sich ausdrücklichbeim Platzwart bedankte: An ihm lag es, dass die –technisch beschlagene – Heimmannschaft ihre Spielestets unter hervorragenden Bedingungen austragenkonnte. Der Platzwart hatte eine solche Anerkennungzwar verdient, aber nicht erwartet, und das gesamte Pu-blikum war zutiefst gerührt.

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D 6/18 Dankbarkeit im Alltag

Es ist nie zu spät: Verpasster DankZum Schluss möchte ich noch ein Problem anschneiden,dass auch Ihnen eventuell schon begegnet ist: Es gibt Situ-ationen, in denen man sich nicht bedanken kann: weil dieZeit drängt, weil man nicht zu Wort kann, weil ein blöderZufall oder ein Sachzwang es verhinderte.

Für einen verspäteten Dank empfiehlt sich die schriftlicheForm. Am besten eignet sich ein Brief. Nehmen Sie sichbeim Formulieren Zeit. Rufen Sie sich die Situation nocheinmal in Erinnerung und erklären Sie, warum der Dankausblieb. Der Empfänger, das garantiere ich Ihnen, wirdsich freuen!

Auch für solche Fälle verhinderten Dankes gibt es einefaustregel: „Es ist nie zu spät.“

Der Dank des berühmten Schriftstellers

Von den Werken B. Travens wurden 40 Millionen Exem-plare verkauft. Der Schriftsteller lebte und starb in Mexi-ko. Geschrieben hat er auf Deutsch, früher lebte er inMünchen. Dort nannte er sich Ret Marut und gab den Zie-gelbrenner heraus, eine linke Zeitschrift. Nach der Zer-schlagung der Münchner Räterepublik im Mai 1919 lan-dete er vor einem Feldgericht und sollte erschossenwerden. Als der Mann, der vor ihm an der Reihe war, sichheftig wehrte, nutzte Marut die entstehende Unruhe zumSprung aus einem geöffneten Fenster. In einer weiteren,illegal gedruckten Ausgabe des Ziegelbrenner ließ er dieLeserinnen und Leser wissen, dass sein Entkommen nichtallein sein Verdienst war:

„Zwei Soldaten, in denen einen Augenblick lang wohlein Funken Menschlichkeit aufstieg, als sie sahen, wiehier mit dem Kostbarsten, was der Mensch besitzt, mitdem Leben, umgegangen wurde, waren an diesem Ent-kommen nicht unbeteiligt. Ihnen sei an dieser Stelle ge-dankt für die Erhaltung eines Menschenlebens.“

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