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URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/PM160610_Schulengagement.pdf Schule als gesellschaftlicher Mikrokosmos Psychologen ermitteln Zusammenhänge zwischen Erfahrungen in der Schule und der Bereitschaft von Jugendlichen, sich gesellschaftlich zu engagieren Foto: Anne Günther/FSU Schülerinnen und Schüler sind umso mehr bereit Engagement zu zeigen, je größer die Möglichkeiten an den Schulen sind, ein offenes Diskussionsklima zu erleben und den schulischen Alltag mitgestalten zu dürfen. Schulen sind nicht nur Institutionen der Gesellschaft, sie sind gleichzeitig auch Institutionen für die Gesellschaft. Laut des Thüringer Schul-gesetzes ist ihr wesentlicher Auftrag neben der Wissensvermittlung, jungen Menschen zur gesellschaftlichen Mitverantwortung und zur Mitgestaltung der demokratischen Grundordnung zu verhelfen. Ein Ziel, das gerade aktuell noch wichtiger erscheint als in politisch ruhigeren Zeiten. Ob Schulen das aber über-haupt leisten können und wenn ja, wie dieses Ziel erreichbar wird, haben Prof. Dr. Peter Noack und Dr. Katharina Eckstein vom Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena untersucht. Schule als gesellschaftlicher Mikrokosmos 1

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URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/PM160610_Schulengagement.pdf

Schule als gesellschaftlicher Mikrokosmos

Psychologen ermitteln Zusammenhänge zwischen Erfahrungen in derSchule und der Bereitschaft von Jugendlichen, sich gesellschaftlich zuengagieren

Foto: Anne Günther/FSU

Schülerinnen und Schüler sind umso mehr bereit Engagement zu zeigen, je größer dieMöglichkeiten an den Schulen sind, ein offenes Diskussionsklima zu erleben und den schulischenAlltag mitgestalten zu dürfen.

Schulen sind nicht nur Institutionen der Gesellschaft, sie sind gleichzeitig auch Institutionen für dieGesellschaft. Laut des Thüringer Schul−gesetzes ist ihr wesentlicher Auftrag neben derWissensvermittlung, jungen Menschen zur gesellschaftlichen Mitverantwortung und zurMitgestaltung der demokratischen Grundordnung zu verhelfen. Ein Ziel, das gerade aktuell nochwichtiger erscheint als in politisch ruhigeren Zeiten. Ob Schulen das aber über−haupt leistenkönnen und wenn ja, wie dieses Ziel erreichbar wird, haben Prof. Dr. Peter Noack und Dr.Katharina Eckstein vom Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena untersucht.

Schule als gesellschaftlicher Mikrokosmos 1

Offenes Diskussionsklima und schulischen Alltag mitgestalten sind wichtig

In einer neuen Studie wurde über ein Jahr verfolgt, wie sich die Bereitschaft von 1.000Regelschülern und Gymnasiasten im Alter von 12 bis 18 Jahren aus ganz Thüringen entwickelthat, gesellschaftliches und politisches Engagement zu zeigen. Ausschlaggebend waren dafür vorallem Möglichkeiten, ein offenes Diskussionsklima zu erleben und den schulischen Alltagmitgestalten zu dürfen.

"Die Ergebnisse zeigen, dass sich in dem Maße, in dem ein lebendiger Aus−tausch zwischenLehrern und Schülern auf Augenhöhe stattfindet, auch über kontroverse Themen, eine positivereHaltung gegenüber gesellschaftlichem und politischem Engagement entwickelt", sagt KatharinaEckert und ergänzt: "Auch die Absicht, selbst einmal aktiv zu werden, steigt." Dasselbe Ergebniszeigt sich, wenn Schüler die Chance haben, sich zu beteiligen und mitzuent−scheiden, etwa beider Planung von Klassenfahrten oder Schulfesten.

Worte allein reichen nicht aus

Diese Beobachtung unterstreicht den Anspruch an Schulen als Erfahrungs- und Übungsraum fürdemokratisches Handeln, der im aktuellen "Thüringer Bil−dungs−plan bis 18 Jahre" geäußertwurde. "Natürlich geht es nicht ohne Wis−sen", sagt Peter Noack, "aber wir können nur bestätigen,wie wichtig die Rolle von Schulen als gesellschaftlicher Mikrokosmos ist. Von Bedeutung ist, wieman dort miteinander umgeht, ob man sich als aktives Mitglied der kleinen Ge−meinschaftwahrnimmt und das auch in Situationen, in denen es erst einmal nicht um Politik geht." Die reineVermittlung gesellschaftlichen und politischen Wissens habe hingegen weniger deutlich einenEffekt auf die Einstellungen und das Engagement der Schüler. Worte allein reichen demnach nichtaus, viel−mehr sind die Lehrer angehalten, gemeinsam mit ihren Schülern zu handeln.

Die Jenaer Psychologen stellten darüber hinaus fest, dass die Erfahrungen, die Jugendliche in derSchule machen, je nach Schulform unterschiedlich ausfal−len. Bei Regelschülern fiel der Einflussauf die Bereitschaft, sich gesellschaft−lich zu engagieren, deutlicher aus, als bei Gymnasiasten."Auch in einer ande−ren Studie, an der Schüler mit und ohne Migrationshintergrund teilnahmen,stell−ten wir fest, dass schulische Erfahrungen nicht durchweg dieselben Effekte haben", soNoack, der die Professur für Pädagogische Psychologie an der Uni−versität Jena innehat. Für ihnsei der Zuwachs an Wissen zu solchen Zusam−men−hängen eine wichtige Basis für zukünftigeerfolgsversprechende Unter−richts−strategien. Schule soll heute mehr denn je leisten. Dass siegerade in Be−zug auf die Er−ziehung zur demokratischen Handlungsfähigkeit einiges beitra−genkann, macht sie gerade bei den aktuellen politischen und gesellschaft−li−chenHerausforde−run−gen zu einer der Stützen der demokratischen Grund−ord−nung.

Kontakt:Prof. Dr. Peter Noack, Dr. Katharina EcksteinInstitut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität JenaHumboldtstraße 27, 07743 JenaTel.: 03641 / 945241; 945244E-Mail: [email protected], [email protected]

Psychologen ermitteln Zusammenhänge zwischen Erfahrungen in derSchule und der Bereitschaft von Jugendlichen, sich gesellschaftlich zuengagieren 2